2 Marktforschung 11

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2 Marktforschung 11
2. Teil: Marktforschung
A. Grundlagen
Institut für Marketing
Prof. Dr. Claudia Fantapié Altobelli
1
Begriff
•
•
•
Marktforschung:
Beschaffung und Verarbeitung von Informationen bzgl. der
Unternehmensmärkte
Ziel: Versorgung des Unternehmens mit marketingrelevanten
Informationen zur Verbesserung der Entscheidungsfindung
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2
Typische Forschungsansätze in der Marktforschung
Explorative Studien
• Ziel: Gewinnung erster Einsichten zum aktuellen Forschungsproblem
• Anwendung: Neuartige, komplexe und schlecht strukturierte
Forschungsprobleme
Deskriptive Studien
• Beschreibung von Sachverhalten und Ermittlung der Häufigkeit ihres
Auftretens
• Ermittlung des Zusammenhangs zwischen Variablen
• Vorhersage von Entwicklungen
Kausale Studien
• Überprüfung von Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den
untersuchten Variablen
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Der Marktforschungsprozess
Formulierung von Forschungsproblem und Forschungsziel
Zeit-, Organisations- und Finanzplanung
Planung
Festlegung des Untersuchungsdesigns
Wahl des Forschungsansatzes
Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Festlegung des Auswahlplans
Bestimmung, Messung und Skalierung der heranzuziehenden Variablen
Realisation
Kontrolle
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Datensammlung und Datenauswertung
Datenerhebung
Datenaufbereitung
Datenanalyse
Interpretation und Präsentation der Ergebnisse
Kontrolle
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2. Teil: Marktforschung
B. Planung und Realisierung von
Marktforschungsvorhaben
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
1. Überblick
Sekundärforschung (desk research):
• Suche und Aufbereitung von Daten, die vom Unternehmen selbst
oder von externen Stellen zu einer ähnlichen oder auch
verschiedenen Fragestellung früher bereits erhoben wurden
Primärforschung:
• Wenn originäre Daten zum spezifischen Problem vom Unternehmen
selbst oder von einem vom Unternehmen beauftragten externen
Institut erhoben werden
• Grundformen: Befragung, Beobachtung
• Spezialformen: Experiment, Panelerhebung
i.d.R. Sekundärforschung vor Primärforschung!
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Erhebungsverfahren der Primärforschung
Panelerhebung
Beobachtung
Befragung
Experiment
(Tests)
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
2. Sekundärforschung
•
•
•
Sekundärforschung (desk research): Suche und Aufbereitung von
Daten, die vom Unternehmen selbst oder von externen Stellen zu
einer ähnlichen oder auch verschiedenen Fragestellung früher bereits
erhoben wurden
→ Aufbereitung und Auswertung bereits vorhandener Daten
es werden keine zweckgebundenen eigenen Untersuchungen
durchgeführt.
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Unternehmensinterne Quellen der Sekundärforschung
Quellen
Beispiele
Rechnungswesen und Controlling
•
•
•
•
Absatz- und Vertriebsstatistik
• Auftragseingänge und -bestände
• Außendienstberichte
• Kundendienstberichte (Garantiefälle,
Reklamationen, Mahnungen etc.)
• Vertriebswegeerfolgskennziffern…
Produktions- und Lagerstatistik
• Produktionskapazität
• Kapazitätsauslastung
• Lagerbestände…
Frühere Primärerhebungen
•
•
•
•
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Kostenstruktur und -entwicklung
Deckungsbeiträge
Bilanzkennzahlen
Rentabilität/Gewinn…
Produktanalysen
Kundenanalysen
Wettbewerbsanalysen
Imageanalysen…
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Ausgewählte unternehmensexterne Quellen der Sekundärforschung
Quellen
Beispiele
Amtliche Statistik
y
y
y
y
Statistisches Bundesamt
Statistische Landesämter
Statistische Ämter der Gemeinden
Statistisches Amt der Europäischen Gemeinschaften
Ministerien und staatliche
Institutionen
y
y
y
y
Bundes- und Landesministerien (z. B. für Wirtschaft, Finanzen, Landwirtschaft)
Öffentliche Anstalten, Ämter und Verwaltungen (z.B. Kraftfahrtbundesamt, Bundesagentur für Arbeit, Industrie- und Handelskammern)
Internationale Behörden (EU, OECD, GATT, UNCTAD)
Internationale Organisationen (z.B. IWF, Weltbank, FAO)
Wirtschaftsverbände
y
y
y
y
Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI)
Zentralverband Elektrotechnik und Elektronikindustrie (ZVEI)
Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA)
Spezialverbände wie z.B. ZAW (Zentralausschuss der deutschen Werbewirtschaft), kommunikationsverband.de etc.
Wirtschaftswissenschaftliche Institute
y
y
y
y
y
IFO-Institut, München
Institut für Handelsforschung an der Universität zu Köln
Hamburger Weltwirtschaftsinstitut (HWWI)
Institut für Weltwirtschaft, Kiel
Forschungsstelle für den Handel, Berlin
Markforschungsinstitute
y
y
y
y
y
GfK-Gruppe
TNS Infratest
Institut für Demoskopie Allensbach
AC Nielsen
Forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen
Allgemeine
Fachpublikationen
y
y
y
y
Zeitungen und Zeitschriften
Fachbücher, Fachzeitschriften
Firmenveröffentlichungen
Bibliographien
Datenbanken
y
y
Offline-Datenbanken
Online-Datenbanken
Internetbasierte
Informationsquellen
y
y
y
y
Online-Publikationen
Suchmaschinen (z. B. Google, Lycos)
Webkataloge (z. B. Yahoo!)
Link-Listen
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Vor- und Nachteile der Sekundärforschung gegenüber der Primärforschung
Vorteile
Nachteile
y Schnelligkeit
y Kostengünstigkeit
y u. U. einzige verfügbare
Datenquelle
y Unterstützung der
Primärforschung
y liefert erste Einblicke in die
relevante Fragestellung
y mangelnde Verfügbarkeit
relevanter Informationen
y mangelnde Entsprechung mit
dem untersuchten Sachverhalt
y mangelhafte Aktualität
y ungeeignete
Gliederungssystematik
y mangelnde Objektivität,
Reliabilität und Validität der
Daten
y mangelnde Vergleichbarkeit
y Exklusivität nicht gewährleistet
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
3. Befragung
Systematisierungskriterien von Befragungsmethoden
(1) Methodischer Ansatz
(2) Art der Kommunikation
(3) Standardisierungsgrad des Fragebogens
(4) Anzahl der Teilnehmer
(5) Häufigkeit der Befragung
(6) Befragungsgegenstand
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
(1) Methodischer Ansatz
Quantitative Befragung
• Anwendung: Deskriptive und kausale Studien
• Ziel: Gewinnung einer Vielzahl statistisch auswertbarer Daten
• Ergebnisse aus der Stichprobe können auf die Grundgesamtheit übertragen werden
• Methode: Standardisierter Fragebogen, Einzelbefragung (z. B. einzelne Personen,
einzelne Haushalte)
Qualitative Befragung
• Anwendung: Insb. explorative Studien zur Erkundung psychologischer oder
soziologischer Phänomene
• Ziel: Umfassenden Sammlung von Informationen zu dem interessierenden
Untersuchungsgegenstand
• Methode: Persönliche (Face-to-face)-Befragung einer vergleichsweise kleinen Anzahl
an Probanden
• In der Regel nicht oder nur teilweise standardisiert
• Dient zur Gewinnung von Hypothesen für quantitative Studien
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
(2) Art der Kommunikation
Schriftliche Befragung
• Die Fragen werden in schriftlicher Form vorgelegt und schriftlich
beantwortet.
Mündliche (Face-to-face-) Befragung
• Die Fragen werden im Rahmen eines persönlichen Gesprächs
mündlich gestellt und mündlich beantwortet
Telefonische Befragung
• Die Fragen werden im Rahmen eines Telefongespräches mündlich
gestellt und mündlich beantwortet
Computerbefragung i. e. S. (Direkte Computer-Befragungssysteme)
• Der Befragte beantwortet den Fragebogen direkt am Computer
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Vor- und Nachteile der Befragungsmethoden
Kriterien
Repräsentanz
Zeitbedarf pro
Erhebungsfall
Kosten pro
Erhebungsfall
Flexibilität
Kontrollierbarkeit der
Erhebungssituation
Verzerrungen durch
Interviewsituation
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Schriftliche
Befragung
mittel
mittel
sehr gering
gering
gering
gering
Face-toTelefonische
faceBefragung
Befragung
OnlineBefragung
hoch
hoch bis
mittel
hoch bis
mittel
sehr hoch
hoch
hoch
niedrig bis
sehr niedrig
gering
gering
niedrig
sehr gering
hoch
hoch
mittel
potenziell
hoch
mittel bis
hoch
gering
sehr gering
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
(3) Standardisierungsgrad des Fragebogens
Standardisierte Befragung
• i.d.R. als repräsentative, einmalige Befragung
• Fragen werden sämtlichen Auskunftspersonen mit dem gleichen
Wortlaut und in derselben Reihenfolge gestellt (Ausnahmen:
Filterfragen, Rotation)
• → Vergleichbarkeit der Antworten
• Typisch für quantitative Befragungen
Freies (nicht-standardisiertes) Interview
• persönliche, mündlichen Befragung
• offene Fragestellung, aber i.d.R. Interviewer-Leitfaden
• Typisch für qualitative Befragungen
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Beurteilung des standardisierten im Vergleich zum freien Interview
Vorteile
•
•
•
•
Sehr hohe Vergleichbarkeit der
Antworten
Einfache quantitative
Auswertung
Hohe Zuverlässigkeit wegen
starker Einschränkung äußerer
Verzerrungsgefahren
Geringe Anforderungen an die
Interviewer
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Nachteile
•
•
•
•
Anpassungsmöglichkeiten an
individuelle Situationen fehlen
Problem der
Standardisierbarkeit qualitativer
Momente
Beeinträchtigung der Gültigkeit
der Ergebnisse durch
Standardisierungszwänge
Orientierung an den jeweils
schwächsten Positionen (z.B.
sprachliche Anpassung)
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
(4) Anzahl der Teilnehmer
Einzelinterview
• Es wird eine einzige Person befragt (Standardfall)
Gruppeninterview
• Es wird eine meist kleinere Gruppe von Personen gleichzeitig
interviewt bzw. zu einer Diskussion aufgefordert
• Ziel: Nutzung gruppendynamischer Effekte
• Von dem Gespräch wird i.d.R. eine Tonbandaufnahme bzw.
Videoaufzeichnung gemacht.
• Anwendung: Qualitative Befragungen
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Beurteilung des Gruppeninterviews im Vergleich zum Einzelinterview
Vorteile
Nachteile
• Es besteht die Gefahr, dass der
• Während der Diskussion werden
Einzelne seine Meinung an die
Hemmungen der Teilnehmer
Gruppennorm oder an einen
abgebaut, sodass sich die
Meinungsführer orientiert, sodass
Teilnehmer gegenseitig zu
abweichende Einschätzungen, die
Äußerungen anregen.
für das Problem relevant sein
• In der Gruppe werden häufig
könnten, unterdrückt werden.
Meinungen geäußert, die man beim
Einzelinterview nicht zum Ausdruck • Der Erfolg einer Gruppendiskussion
ist sehr stark von der Qualität der
bringen würde; dadurch eignen sich
Moderation abhängig.
Gruppendiskussionen besonders zur
Erforschung sensibler Sachverhalte
• Der Forscher kann Einblicke in die
Beeinflussungsmechanismen und in
die verbalen und non-verbalen
Ausdrucksweisen innerhalb der
Gruppe gewinnen
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
(5) Häufigkeit der Befragung
Einmalige Befragung (Ad-Hoc-Forschung)
•
Einmalige Befragungen erfolgen im Rahmen von
Querschnittsanalysen
•
Ziel ist die Ermittlung zeitpunktbezogener Sachverhalte
Mehrmalige Befragung (Tracking-Forschung)
•
Mehrmalige Befragungen erfolgen im Rahmen von
Längsschnittsanalysen
•
Ziel ist die Feststellung von Entwicklungen im Zeitablauf
•
Formen:
• Panelerhebung
• Wellenerhebung
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Beurteilung der mehrmaligen Befragung im Vergleich zur einmaligen Befragung
Vorteile
• Aufzeigen von Entwickungen
möglich
• Bei entsprechendem
Forschungsdesign Aufstellung von
Ursache-Wirkungsbeziehungen
möglich (z.B. Sonderpreisaktionen
im Handel)
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Nachteile
• Teuer
• Zeitaufwändig
• Strukturbrüche und sonstige
Störvariablen können die Ergebnisse
verzerren
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
(6) Befragungsgegenstand
Einthemenbefragung
• Eine Einthemenbefragung erfolgt zu einem einzigen
Befragungsgegenstand
• Sie wird im Auftrag eines einzelnen Unternehmens durchgeführt
Mehrthemenbefragung (Omnibusbefragung)
• Die Auskunftspersonen werden zu unterschiedlichen
Erhebungsgegenständen befragt
• Sie wird meist im Auftrag mehrerer Auftraggeber durchgeführt
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Beurteilung der Omnibusbefragung im Vergleich zur Einthemenbefragung
Vorteile
• Die auf das einzelne Unternehmen
anfallenden Kosten sind relativ
gering
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Nachteile
• Zahl der Fragen pro Thema
eingeschränkt
• Es muss auf Zielgruppenkongruenz
wie auch auf
Überschneidungsfreiheit der
einzelnen Befragungsthemen
geachtet werden
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Fragebogengestaltung
Spezifikation des konkreten Informationsbedarfs
Festlegung der Befragungsart
Festlegung des Frageninhalts
Festlegung der Befragungstaktik
Festlegung der Fragenformulierung
und der Antwortmöglichkeiten
Festlegung der Reihenfolge der Fragen
sowie der Länge des Fragebogens
Formale Gestaltung des Fragebogens
Fragebogen-Pretest
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Frageninhalt
•
•
•
•
•
Überprüfung jeder Frage, ob sie für den Untersuchungszweck auch
wirklich erforderlich ist
Ggf. zusätzlich Fragen, die nicht direkt mit dem Forschungsproblem
zusammenhängen, um den Untersuchungszweck zu verschleiern
Bei sensiblen Sachverhalten: Zu Beginn der Befragung einige
neutrale „Eisbrecherfragen“
Kontrollfragen, um Validität und Reliabilität zu gewährleisten
Einzelne Fragen ggf. in mehrere Teilfragen aufspalten, um z. B.
mehrdeutige Antworten oder unterschiedliche Bezugsebenen zu
vermeiden
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Frageninhalt
Beispiel für mehrdeutige Antworten:
„Empfinden Sie die kalorienreduzierten Tiefkühl-Lasagne von X als wohlschmeckend und
gesund?“
Die Antwort „ja“ ist eindeutig, nicht aber die Antwort „nein“, da unklar ist, ob der Befragte
den Geschmack, die Gesundheit oder beides verneint. Korrekt wäre es, zwei Fragen zu
stellen:
„Empfinden Sie die kalorienreduzierten Tiefkühl-Lasagne von X als wohlschmeckend?“
„Halten Sie die kalorienreduzierten Tiefkühl-Lasagne von X für gesund?“
Beispiel für die Ansprache unterschiedlicher Bezugsebenen:
„Warum kaufen Sie Babynahrung der Marke X?“
Die möglichen Antworten könnten lauten: „weil sie qualitativ hochwertiger ist als andere
Marken“ oder „weil sie mir vom Kinderarzt empfohlen wurde“. Dadurch werden zwei
unterschiedliche Bezugsebenen angesprochen: zum einen der Grund für die
Bevorzugung der Marke im Vergleich zu Konkurrenzprodukten, zum anderen der Anlass
für das Kennenlernen bzw. für die erstmalige Nutzung der Marke. Korrekt wären daher
folgende Fragen:
„Wie kamen Sie erstmalig dazu, Babynahrung der Marke X zu kaufen?“
„Was gefällt Ihnen besonders an Babynahrung der Marke X?“
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Befragungstaktik
Ziel: Erhöhung von Auskunftsfähigkeit und Auskunftsbereitschaft
der Befragten
Gründe für mangelnde Auskunftsfähigkeit:
•unzureichende Information,
•fehlendes Erinnerungsvermögen
•Unfähigkeit, bestimmte Antworten zu artikulieren.
Gründe für mangelnde Auskunftsbereitschaft:
•Die Beantwortung erfordert zuviel Zeit und Mühe,
•die Frage erscheint im gegebenen Kontext als unpassend
•die Frage berührt einen sensiblen Sachverhalt.
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Befragungstaktik
Beispiele:
„Welche Zahnpasta-Marken haben Sie in den letzten 6 Monaten
verwendet?“
Diese Fragestellung wird wahrscheinlich dazu führen, dass der Befragte sich –
wenn überhaupt – an nur sehr wenige Marken erinnert. Sinnvoller ist es, im
Rahmen z. B. eines gestützten Recalls den Befragten eine Liste von Marken
vorzugeben, auf der er die genutzten Marken ankreuzen kann. Zur Überprüfung
des Wahrheitsgehalts der Antwort werden häufig auch fiktive Markennamen
einbezogen.
„Welchen Stil bevorzugen Sie bei Ihrer Wohnungseinrichtung?“
Die Antworten auf eine derart formulierte Frage werden – wenn überhaupt –
„antik“, „modern“, „keine bevorzugte Stilrichtung“ u. Ä. umfassen; für einen
Möbelhersteller dürften die Antworten dennoch wenig hilfreich sein. Sinnvoller ist
es, den Befragten Bilder von Möbeln und sonstigen Einrichtungsgegenständen
zu zeigen und nach deren Präferenzen zu fragen.
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Befragungstaktik
Beispiel:
„Würden Sie mir bitte sagen, welchen Betrag Sie jährlich für Versicherungen
ausgeben?“
Natürlich ist jeder Haushalt in der Lage, die entsprechenden Unterlagen
zusammenzusuchen und die Einzelbeträge zusammenzurechnen. Ob ein Befragter
hierzu Zeit und Lust hat, ist allerdings fraglich. Einfacher zu beantworten wäre
folgende Fragestellung:
„Geben Sie bitte an, welche ungefähren Beträge Sie jährlich für die nachfolgend
angeführten Versicherungen bezahlen:
€ 200- € 400unter unter unter über
weiß habe ich
200 € € 400 € 600 € 600 nicht nicht
1. Wohngebäudeversicherung
2. Hausratversicherung
3.
Haftpflichtversicherung
...
9. Ausbildungs-/Aussteuerversicherung
Der Forscher kann dann die entsprechenden Beträge addieren.
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Befragungstaktik
Beispiele:
Auf die Frage:
„Haben Sie Schulden? Wenn ja: Auf welcher Höhe belaufen sie sich?“
wird der Forscher kaum eine ehrliche Antwort erhalten. Besser ist folgende
Formulierung:
„Die schwache Konjunkturlage und die ständigen Preiserhöhungen führen
dazu, dass mittlerweile ein Großteil der Deutschen verschuldet ist. Sind Sie
auch davon betroffen? Wenn ja: in welchem Umfang?“
Auf die Frage:
„Leben Sie gesundheitsbewusst?“
werden viele Befragte aus Prestigegründen mit „ja“ antworten. Besser ist es,
Indikatoren wie Konsum von z. B. Alkohol und Tabak, sportliche Aktivitäten,
Kauf von Reformhausprodukten etc. abzufragen, da daraus eher auf das
tatsächliche Gesundheitsbewusstsein geschlossen werden kann.
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Befragungstaktik
Beispiele:
„Wie häufig duschen Sie durchschnittlich pro Woche?“
Diese aus der Sicht eines Herstellers von Körperpflegemitteln durchaus
wichtige Frage kann in dieser Form nicht gestellt werden, da viele Befragte
aus Prestigegründen häufigeres Duschen angeben werden, als dies in
Wirklichkeit der Fall ist. Geeigneter ist folgende Formulierung:
„Viele Menschen sind der Ansicht, dass zu häufiges Duschen der Haut
schadet. Könnten Sie mir sagen, wie häufig Sie pro Woche durchschnittlich
duschen?“
Die Frage
„Was ist Ihre Haltung zu Steuerhinterziehung?“
wird einen hohen Anteil sozial erwünschter Antworten erzeugen. Besser ist
folgende Formulierung:
„Glauben Sie, dass viele Deutschen bei ihrer Einkommenssteuererklärung
mogeln? Wenn ja, warum glauben Sie das?“
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Fragenformulierung und Antwortmöglichkeiten
Fragenformulierung:
•Festlegung des konkreten Wortlauts der einzelnen Fragen
•Eng mit der Befragungstaktik verbunden
•Wortwahl soll verständlich und eindeutig sein
•Ggf. Orientierung an „schwächste“ Position
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Fragearten nach der Antwortmöglichkeit
Fragearten
Offene Fragen
Geschlossene Fragen
Alternativfragen
Normalform
Spezialform:
Dialogfrage
Mehrfach-Auswahl-Fragen
(Selektivfragen)
Normalform
Ja - Nein Frage
Unbegrenzte Anzahl von
Nennungen
Neutrale Fassung
Begrenzte Anzahl von
Nennungen
Spezialform:
Skalafrage
nach oben begrenzt
nach unten begrenzt
nach oben und unten begrenzt
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Alternativfragen
Beispiel:
(1) Ja-Nein-Frage
„Beabsichtigen Sie, in diesem Sommer in den Urlaub zu fahren?“
ja
nein
weiß nicht
(2) Neutrale Frage
„Beabsichtigen Sie, in diesem Sommer in den Urlaub zu fahren,
oder bleiben Sie lieber zu Hause?“
Ich fahre in den Urlaub.
Ich bleibe zu Hause.
Ich weiß es noch nicht.
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Dialogfrage
Also dieses Jahr bleibe ich im
Sommer sicher zu Hause. Der
Stress mit dem Urlaub ist mir
zuviel, und teuer ist es auch
noch. Ich spare lieber für
sinnvolle Anschaffungen.
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Ich finde, einmal im Jahr sollte
es schon drin sein – die
Erholung brauche ich einfach.
Ich werde diesen Sommer ganz
sicher verreisen!
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Mehrfachauswahlfragen (Multiple Choice)
Beispiel:
„Welche Kriterien spielen beim Kauf eines Fernsehgeräts für Sie eine Rolle?“
Preis im Vergleich zu ähnlichen Modellen
Haltbarkeit
Bildqualität
Erfahrung mit der Marke
Service vor Ort
Garantieleistungen
Sonstiges, und zwar……………………………………………………......
(1) Unbegrenzte Zahl von Nennungen
„Bitte kreuzen Sie alle Kriterien an, die für Sie zutreffen!“
(2) Nach unten begrenzte Zahl von Nennungen
„Bitte kreuzen Sie mindestens zwei Kriterien an, die für Sie zutreffen!“
(3) Nach oben begrenzte Zahl von Nennungen
„Bitte kreuzen Sie bis zu drei für Sie zutreffende Kriterien an!“
(4) Nach oben und unten begrenzt
„Bitte kreuzen Sie die drei für Sie wichtigsten Kriterien an!“
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Skalafragen
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Aufbau des Fragebogens
1. Der Fragebogen sollte mit Kontaktfragen beginnen, um Misstrauen
abzubauen und die Auskunftspersonen zur Mitarbeit zu motivieren.
2. Spezifische Fragen sollten erst nach allgemeineren Fragen gestellt werden
(Trichter-Prinzip).
3. Die Fragen sollten in einer logischen Reihenfolge gestellt werden. Alle
Fragen zu einem bestimmten Themenkomplex sollten gestellt werden, bevor
ein neuer Themenkomplex beginnt.
4. Der Fragebogen sollte möglichst abwechslungsreich gestaltet werden, um
Monotonie zu vermeiden.
5. Ausstrahlungseffekte sollten vermieden werden (Halo-Effekt).
6. Filter- und Gabelungsfragen sollten sorgfältig konzipiert werden, da die
Befragten durch zu viele Gabelungsfragen verwirrt werden können.
7. Schwierige oder sensible Fragen sollten gegen Ende des Fragebogens
platziert werden
8. Persönliche Angaben sollten den Fragebogen abschließen.
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Länge des Fragebogens
•
•
Die einem Befragten „zumutbare“ Länge hängt von Faktoren wie Art
der Befragung (z. B. schriftlich, face-to-face, telefonisch), Art des
Befragten (Konsument, Einkäufer im Betrieb etc.), Thema der
Befragung etc. ab
Faustregel:
• Endverbraucherbefragungen: 30 – 45 Minuten
• Face-to-face-Befragungen erlauben eine längere Durchführungszeit (1-2
Stunden) (insb. bei qualitativen Befragungen)
• Telefonische Befragungen sollten 20 Minuten nicht überschreiten
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
4. Beobachtung
•
•
Unter Beobachtung versteht man die zielgerichtete, planmäßige
Erfassung von sinnlich wahrnehmbaren Sachverhalten im Augenblick
ihres Auftretens.
Systematisierungskriterien:
(1) Strukturierungsgrad der Untersuchung
(2) Beobachtungsumfeld
(3) Partizipationsgrad des Beobachters
(4) Durchschaubarkeit der Beobachtungssituation
(5) Form der Datensammlung
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
(1) Strukturierungsgrad der Untersuchung
•
•
Ausmaß, in welchem Anlage und Inhalt der Beobachtung, die
Beobachtungssituation sowie die Art der Aufzeichnung standardisiert
bzw. vorstrukturiert sind.
Standardisierte Beobachtung:
• Der zu beobachtende Sachverhalt wird durch ein vorgegebenes
Beobachtungsschema strukturiert
• Nur solche Sachverhalte werden erfasst, welche in die vorgegebenen
Beobachtungskategorien fallen
• Erleichtert die Quantifizierung und Auswertung der Daten
•
Nichtstandardisierten Beobachtung:
• Keine Vorstrukturierung des zu beobachtenden Sachverhalts
• Kann zur Hypothesengewinnung im Rahmen explorativer Studien
eingesetzt werden
• Eine Kodierung, Quantifizierung und Auswertung der beobachteten
Sachverhalte ist allerdings äußerst schwierig.
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
(2) Beobachtungsumfeld
•
•
Ort, an dem die Beobachtung stattfindet
Feldbeobachtung:
• die interessierenden Vorgänge werden in der gewohnten, natürlichen
Umgebung des Probanden erfasst
• Der Beobachtete muss nicht unbedingt von der Beobachtung erfahren
•
Laborbeobachtung:
• Erhebung erfolgt in einem Studio unter künstlich geschaffenen
Bedingungen
• Zustimmung der Teilnehmer erforderlich
• Isolierbarkeit und Kontrollierbarkeit der interessierenden Faktoren
• Verhaltensverzerrung aufgrund der künstlichen Situation
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
(3) Partizipationsgrad des Beobachters
•
•
Frage, welche Rolle der Beobachter im Rahmen der
Beobachtungssituation einnimmt und ob seine Rolle dem
Beobachteten bekannt ist
Teilnehmende Beobachtung:
• Der Beobachter wirkt am Beobachtungsgeschehen mit, d. h. er spielt bei
der Untersuchung eine aktive Rolle und nimmt auf die Abläufe Einfluss
• Beispiel: Mystery Shopping
• Zeit- und kostenaufwändig
• Starker Einflusses des Beobachters auf das Beobachtungsgeschehen
•
Nichtteilnehmende Beobachtung:
• Der Beobachter hat lediglich die Aufgabe, das Geschehen
wahrzunehmen und zu registrieren
• Hat Vorteile im Hinblick auf Objektivität und Nichtdurchschaubarkeit der
Situation
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
(4) Durchschaubarkeit der Erhebungssituation
•
•
Ausmaß, in welchem dem Teilnehmer die Untersuchungssituation
bewusst ist
Offene Beobachtung:
• Dem Beobachteten ist die Beobachtung bewusst
• Verzerrungseffekte möglich
•
Verdeckte Beobachtung:
• Die Beobachtungssituation wird verschleiert
• Keine Verhaltensverzerrung
• Beispiel: Wartezimmertest in der Werbeforschung
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
(5) Form der Datensammlung
•
•
•
•
•
Ob die Aufzeichnung des Beobachtungsgeschehens durch den
Beobachter selbst oder durch technische Hilfsmittel erfolgt
Aufzeichnung durch Beobachter:
Anwendung: Quantitative Tatbestände wie z. B. Aufzeichnung von
Kundenwegen oder Zählungen von Kunden
Aufzeichnung durch technische Hilfsmittel:
Anwendung: komplexere Untersuchungsgegenstände wie z. B.
Erfassung von Verhaltensreaktionen oder psychischer Zustände
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I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Apparative Aufzeichnungsverfahren der Beobachtung
Apparative Verfahren
Aktualgenetische
Verfahren
Psychomotorische
Verfahren
Mechanische
Verfahren
•Tachistoskop
•Pupillometer
•Blickregistrierung
•Anglemeter
•Psychogalvanometer
•Lichtschranke
•Sichtspaltdeformation
•Hirnstrommessung
•Bewegungsmelder
•Schnellgreifbühne
•Messung der
Lidschlagfrequenz
•Infrarotmessung
•Nyktoskop
•Perimeter
•Messung der
Stimmfrequenz
•Thermografie
•Perimeter
•Audio-, Foto-,
Videografie
•Programmanalysator
•Daktyloskop
•Telemeter
•Antwortzeitmessung
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46
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Ausgewählte Aufzeichnungsverfahren der Beobachtung
•
Schnellgreifbühne: Es handelt sich hierbei um einen Kasten, in dem mehrere
Gegenstände rotieren. Bei kurzer Öffnung einer Klappe muss der Proband zu dem
Objekt greifen, das ihm spontan am besten gefällt.
•
Hautwiderstandsmessung (elektrodermale Reaktion): hierbei werden mittels Sensoren
Veränderungen des elektrischen Hautwiderstandes gemessen, welche als Folge
unterschiedlicher Aktivierungsniveaus auftreten. Dadurch können Aufmerksamkeit und
Interesse des Probanden bezüglich des Untersuchungsobjektes erfasst werden.
•
Blickregistrierung: Mit Hilfe einer brillenähnlichen Vorrichtung werden die
Augenbewegungen der Versuchspersonen bei der Wahrnehmung von Objekten
registriert und mit Hilfe einer Videokamera registriert.
•
Film- und Videoaufzeichnungen: Hierbei wird das Verhalten der Probanden mit Hilfe
einer Kamera aufgezeichnet; damit sind Beobachter nicht erforderlich.
•
Telemeter: Hierbei handelt es sich um ein Zusatzgerät, das an einen herkömmlichen
Fernseher angeschlossen wird. Mit dessen Hilfe werden Einschaltdauer und
Programmwahl von Personen bzw. Haushalten registriert.
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47
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Beispiel Blickverlauf (Quelle: Eumara.com)
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48
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Ergebnisse einer Eye-Tracking-Studie (Quelle: Eumara.com)
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49
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Kundenlaufstudie einer Sparkassenfiliale
-Beratungsplätze weisen kaum Frequenz auf
Quelle: gdp 2004
-An den Überweisungsautomaten etc. kommt es zu Staus
-Die einzige Kasse ist zu versteckt; direkt vor den Toiletten kommt es häufig zu Staus
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50
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Beurteilung der Beobachtung
Vorteile:
• Unabhängig von Auskunftsbereitschaft und Verbalisierungsfähigkeit der Probanden
• Ermöglicht die Erfassung von unbewussten Sachverhalten (z.B. Gewohnheitskauf)
• Erfassung auch non-verbaler Verhaltensweisen (Gestik oder Mimik)
• Ganzheitliche Erfassung komplexer Zusammenhänge, z. B. Verwendungsverhalten
• Bestimmte psychische Konstrukte (z.B. Aktivierung) lassen sich unter Anwendung
technischer Hilfsmittel deutlich zuverlässiger erfassen als durch eine Befragung
• Vorgänge können unmittelbar im Augenblick ihres Geschehens erfasst werden
• Beobachtungen sind geeignet, gruppendynamische Prozesse zu erfassen.
Nachteile:
• Nur das äußere Verhalten ist beobachtbar
• z. T. erhebliche Repräsentanzprobleme (keine Zufallsauswahl, kleine Stichproben)
• Beobachtereinfluss
• Begrenzte Datenaufnahmekapazität bei komplexen Fragestellungen
• Z.T. Beobachtungseffekt
• Ein und dasselbe Verhalten kann unterschiedlich gedeutet werden
• Abfolge der beobachteten Ereignisse ist vom Forscher nicht direkt steuerbar
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51
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
5. Panelerhebung
Panel:
• Unterform einer Längsschnittanalyse
• Erhebung, im Rahmen derer
•
•
•
•
•
der stets gleiche Sachverhalt
zu stets gleichen, wiederkehrenden Zeitpunkten
bei der stets gleichen Stichprobe
auf die stets gleiche Art und Weise erhoben wird
Ziel ist nicht nur die Erfassung des Marktgeschehens, sondern
insbesondere die Ermittlung von Marktveränderungen, etwa als
Folge von Marketingmaßnahmen
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52
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Arten von Panels
PANEL
Händler-Panel
EinzelhandelsPanel
allgemein
GroßhandelsPanel
speziell (z.B. Drogerien, Apotheken)
Verbraucher-Panel
Vorverbraucher-Panel
(z.B. Handwerksbetriebe, Baufirmen)
EndverbraucherPanel
Haushalts-Panel
(allgemein)
VerbrauchsgüterPanel
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Spezial-Panel (z.B.
Produkttest, Hörer- u.
Seher-Forschung)
GebrauchsgüterPanel
EinzelpersonenPanel
speziell (z.B. Autobesitzer, Hausbesitzer)
allgemein
53
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Handelspanels
•
•
•
•
Aufgabe: Ermittlung der Entwicklung von Warenbewegungen,
Preisen und Lagerbeständen der einbezogenen
Handelsgeschäfte
Handelspanels werden vorwiegend von der GfK (Nürnberg) und
von A. C. Nielsen (Frankfurt) durchgeführt
Die Datenerfassung kann sowohl scanningbasiert erfolgen als
auch durch Mitarbeiter des Instituts (Inventur)
Standardinformationen umfassen
• Wert- und mengenmäßige Absatzzahlen und Marktanteile von
Produkten,
• Distributionsgrad der Produkte (Anteil der Geschäfte, die das Produkt
führen, und zwar ungewichtet sowie nach Umsatzgrößen gewichtet),
• Durchschnittspreise, Regalplatz und Promotion-Maßnahmen
•
Die Informationen können dabei nach Geschäftstypen,
Umsatzgrößenklassen oder Standorte weiter untergliedert
werden.
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54
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Verbraucherpanels
•
•
•
•
Verbraucherpanels die Erhebung von Einkäufen der
Endverbraucher
Nicht erfasst werden Großverbraucher wie Kantinen,
Krankenhäuser etc.
Neben Endverbraucherpanels existieren noch sog.
Vorverbraucherpanels, etwa Autoreparaturbetriebe,
Heizungsinstallateure etc.
Standardinformationen aus Verbraucherpanels sind
•
•
•
•
•
Anzahl der Käufer (Erstkäufer und Wiederholungskäufer),
Einkaufsmenge und Einkaufswert (insgesamt und pro Käufer),
Durchschnittspreise (mengen- und wertmäßig),
Marktanteile (mengen- und wertmäßig),
Aktionseinkäufe (mengen- und wertmäßig) und Aktionspreise.
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55
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Verbraucherpanels
•
•
•
•
Die größte Bedeutung im Rahmen von Verbraucherpanels haben
Haushaltspanels
Im Rahmen eines Haushaltspanels werden Warengruppen
erfasst, die grundsätzlich gemeinsam vom Haushalt (und nicht
von einzelnen Haushaltsmitgliedern) ge- bzw. verbraucht werden
Erfasst wird allerdings nicht der eigentliche Ge- oder Verbrauch,
sondern der Einkauf der einzelnen Produkte
In Haushaltspanels werden dabei sowohl Waren des Food- als
auch des Non Food-Bereichs erfasst
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56
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Verbraucherpanels
Erhebungsmethoden
• PoS-Scanning
• Die Panelteilnehmer weisen sich an der Kasse mit einer ID-Karte aus
• Die gekauften Artikel werden per Scanner erfasst
• Inhome-Scanning
• Die Haushalte werden mit mobilen Lesegeräten ausgestattet, mit deren
Hilfe der EAN-Code der gekauften Artikel eingelesen werden kann
• Über eine Tastatur werden zusätzlich Einkaufsdatum, Einkaufsstätte,
Einkaufsmenge und Preis eingegeben
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57
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Informationszuordnung bei Scanner-Daten
Haushaltsidentifikation
(mit ID-Karte)
Preis von i
Zeitpunkt des
Kaufes von i
Verkauf von
Artikel i
Ort/Geschäft des
Kaufes von i
Warenkorb per
Einkauf
Käuferzahl für
Produkt i
Preise und Mengen
der Konkurrenz
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58
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Methodische Probleme von Panelerhebungen
•
Marktabdeckung (Coverage): Bestimmte Marktteilnehmer sind
nicht enthalten, etwa Versandhandel in Handelspanels oder
Ausländerhaushalte und Großhaushalte in Verbraucherpanels
•
Auswahlverfahren: Erfolgt auf der Grundlage einer bewussten
Auswahl, i. d. R. in Form einer mehrstufigen Klumpenauswahl, die
mit einer Quotenauswahl kombiniert wird
•
Verweigerungsrate: Ist bei bestimmten Bevölkerungsgruppen
besonders hoch, z. B. bei höheren Einkommensschichten,
jüngeren Zielgruppen und in größeren Gemeinden
•
Panelsterblichkeit: Ausfall von Panelteilnehmern aus einem
laufenden Panel
•
Panel-Effekt: Verhaltensbeeinflussung aufgrund wiederholter
Befragung
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59
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
6. Experiment
•
•
•
•
Systematische Variation einer oder mehrer unabhängiger
Variablen durch den Forscher unter kontrollierten Bedingungen
zur Überprüfung von Kausalhypothesen
Experiment schließt i.d.R. Beobachtungen und/oder Befragungen
ein
Untersuchung der funktionalen Beziehungen zwischen der
unabhängigen Variablen (z.B. Preis, Werbeausgaben) und der
abhängigen Variablen (z.B. Absatzmenge, Umsatz)
Anwendung: Kausale Studien
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60
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
ex
p
u n e ri m
ab
h en
(z . ä n g te l l
e
B.
i
W e g e V r In p
na rb ari ut;
hm e m a b
e n a ß - le
)
Elemente eines Experiments
Testelemente/
Testeinheiten
kontrollierte
Variablen
Reaktion,
abhängige
Variable
(z.B. Absatz)
S
u m tö rv a
r
we
lt b ia b le
e
n
Ko
I
nku nput zoge ;
r r e ( z .B n e r
n zw .
e rb
un
g)
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61
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Arten von Experimenten
Unterscheidungskriterien von Experimenten
1. Experimentelles Umfeld (Feld- vs. Laborexperiment)
2. Zeitlicher Einsatz der Messung (projektives Experiment vs. Expost.facto-Experiment)
3. Versuchsanordnung (informales vs. formales Experiment)
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62
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Laborexperiment
Vorteile
• gute Wiederholungs-
möglichkeit des
Experiments
• gute Kontrolle der
unabhängigen Variablen und anderer
Einflussfaktoren
• Zeit- und Kostenvorteile
• gute Geheimhaltung
vor Wettbewerbern
(z.B. beim Test von
Neuproduktentwicklungen)
• hohe interne Validität
Nachteile
•geringe Realitätsnähe
aufgrund der
künstlichen Situation
• relativ geringe
Generalisierbarkeit
(externe Validität) der
Ergebnisse
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Feldexperiment
Vorteile
• hohe Realitätsnähe
aufgrund der
natürlichen Situation
• hohe Generalisierbarkeit (externe
Validität) der
Ergebnisse
Nachteile
•schlechte Wiederholungsmöglichkeit
des Experiments
• schlechte Kontrolle
der unabhängigen
Variablen und
anderer Einflussfaktoren
• Zeit- und Kostennachteile
• geringe interne
Validität
• Geheimhaltung vor
Wettbewerbern
63
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Informale vs. formale Versuchsanordnungen
EBA
Informale Experimente
Formale Experimente
Differenzbetrachtung
Komplexe Streuungsanalyse
EB-CA
EA-CA
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EBACBA
Vollständiger
Zufallsplan
Zufälliger
Blockplan
Lateinisches
Quadrat
64
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Informale Versuchsanordnungen (vorexperimentelle Designs und Quasi-Experimente)
Idee:
• Es wird darauf verzichtet, Zufallseinflüsse durch Anwendung geeigneter
statistischer Verfahren zu analysieren;
• die Wirkung einer unabhängigen Variablen auf eine abhängige Variable wird
durch reine Differenzbildung ermittelt.
Bezeichnungen:
E: Versuchsgruppe (Experimental Group)
C: Kontrollgruppe (Control Group)
B: Messung vor (before) Einsatz bzw. Einflussnahme des unabhängigen
Testfaktors (der unabhängigen Variablen)
A: Messung nach (after) Einsatz bzw. Einflussnahme des unabhängigen
Faktors.
X: Messwert in der Experimentiergruppe
Y: Messwert in der Kontrollgruppe
0: Messwert vorher (Index)
1: Messwert nachher
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65
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Ausgewählte informale Versuchsanlagen (I)
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66
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Ausgewählte informale Versuchsanordnungen (II)
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67
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Formale Versuchsanordnungen (Echte Experimente)
•
Explizite Erfassung von Störgrößen
•
Auswertung nicht mehr durch Differenzenbildung, sondern durch
Varianzanalyse
•
das Ergebnis des Experiments wird getrennt nach
- Wirkung der Versuchsanordnung
- Wirkung von Störeinflüssen
•
Effekte können auf ein bestimmtes Signifikanzniveau abgesichert
werden
•
Es kann mehr als ein Testfaktor berücksichtigt werden, und zwar in
mehreren Ausprägungen (Treatments)
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68
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Vollständiger Zufallsplan
•
Treatments
1
...
j ... m
•
Replikationen
1
.
.
.
i
.
.
.
p
x 11
.
.
.
x i1
x p1
...
x 1j
.
.
.
x ij
.
.
.
x pj
Spaltenmittel
x .1
...
x .j
.
.
.
...
...
...
...
...
...
Vollständiger Zufallsplan
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x 1m
.
.
.
x im
.
.
.
x pm
x .m
•
•
Ein Testfaktor (z.B.
Werbekampagne)
in verschiedenen Ausprägungen
(z.B. alternative Werbespots)
Störfaktor indirekt dadurch
berücksichtigt, dass für die
verschiedenen Treatments
wiederholt Messungen
(„Replikationen“) durchgeführt
werden
und zwar so, dass die Testobjekte
(z.B. Personen) zufällig den
verschiedenen Treatments
zugeordnet werden
(„Randomisierung“)
69
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Zufälliger Blockplan
Treatments
1
...
j ... m
Blöcke
1
.
.
.
k
.
.
.
n
x11
.
.
.
xk1
.
.
.
xn1
...
Spaltenmittel
x.1
...
...
...
x1j ... x1m
.
.
.
.
.
.
xkj ... xkm
.
.
.
.
.
.
xnj ... xnm
x .j
...
x.m
Zufälliger Blockplan
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•
Im Gegensatz zum vollständigen
Zufallsplan wird ein Störfaktor
explizit berücksichtigt
•
Schritte:
Zeilenmittel
x1.
.
.
.
•
Identifizierung des Störfaktors
(z.B. Art des Geschäfts,
Geschlecht)
•
Bildung von Blöcken nach den
verschiedenen Ausprägungen
des Störfaktors
xk.
.
.
.
xn.
x .. ( =x )
•
Auf Replikationen kann verzichtet
werden, da der Störfaktor explizit in
der Versuchsanlage berücksichtigt
wird
70
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Lateinisches Quadrat
•
Geschäfte
Perioden
1 2 3
1
2
3
A B C
B C A
C A B
•
•
•
2 Störfaktoren (z.B. Geschäft,
Saison) können gleichzeitig
berücksichtigt werden
z.B. Umsätze bei verschiedenen
Platzierungen in verschiedenen
Ladentypen zur Haupt- und
Nebensaison
Die Treatments so zugeteilt, dass
sie in jeder Spalte und in jeder
Zeile nur einmal vorkommen
Dadurch kann der erforderliche
Stichprobenumfang in Grenzen
gehalten werden.
Lateinisches Quadrat
(Beispiel)
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71
I. Festlegung von Informationsquellen und Erhebungsmethoden
Faktorielle Pläne
1. Faktor
Treatments
2. Faktor
Treatments Replikationen
1
j
•
erlauben die Untersuchung von
mindestens zwei Testfaktoren
(z.B. Platzierung eines Produktes
im Supermarkt + Werbespot)
m
1
1
i
p
x111
x1i1
x1p1
x11j
x1ij
x1pj
x11m
x1im
x1pm
•
und der Interaktionen
(Wechselwirkungen) zwischen
diesen
k
1
i
p
xk11
xki1
xkp1
xk1j
xkij
xkpj
xk1m
xkim
xkpm
•
Voraussetzung: verschiedene
Messungen (Replikationen) für die
einzelnen Faktorkombinationen
n
1
i
p
xn11
xni1
xnp1
xn1j
xnij
xnpj
xn1m
xnim
xnpm
•
Randomisierung
Vollständiger bifaktorieller Zufallsplan
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72
II. Auswahl der Erhebungseinheiten
1. Überblick
•
•
•
Die Auswahl der Erhebungseinheiten umfasst zunächst die
Entscheidung zwischen einer Voll- und einer Teilerhebung
im Falle einer Teilerhebung ist darüber hinaus der Auswahlplan
festzulegen
Auswahlplan: die Art und Weise, wie aus einer Grundgesamtheit eine
Stichprobe zu gewinnen ist
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73
II. Auswahl der Erhebungseinheiten
1. Überblick
Abgrenzung der Grundgesamtheit
Bestimmung der Erhebungsgesamtheit
Festlegung von Auswahlprinzip,
Auswahlverfahren und
Auswahltechnik
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Bestimmung des
Stichprobenumfangs
74
II. Auswahl der Erhebungseinheiten
1. Überblick
Auswahlverfahren
Vollerhebung
Teilerhebung
Nichtzufällige
Auswahl
Willkürliche
Auswahl
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Bewusste
Auswahl
Quotenauswahl
Auswahl nach
dem Konzentrationsprinzip
Zufallsauswahl
Uneingeschränkte
Zufallsstichprobe
Geschichtete
Auswahl
Klumpenauswahl
Mehrstufige
Auswahlverfahren
75
II. Auswahl der Erhebungseinheiten
2. Nichtzufällige Auswahl
•
•
•
Verzicht auf einen Zufallsmechanismus bei der Stichprobenziehung
dadurch ist der Zufallsfehler nicht berechenbar
Zur nichtzufälligen Auswahl gehören
• willkürliche Auswahl sowie
• Verfahren der bewussten Auswahl (Quotenverfahren,
Konzentrationsverfahren).
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76
Konzentrations-prinzip
Quotenauswahl
Willkürliche
Auswahl
II. Auswahl der Erhebungseinheiten
Merkmale
y Wahl solcher Elemente aus der
Grundgesamtheit, die besonders
leicht zu erreichen sind
Beurteilung
+ sehr einfach
+ sehr kostengünstig
− in der Regel nicht repräsentativ
y
+ relativ einfach
+ relativ kostengünstig
+ liefert in der Regel gute Ergebnisse
− Auswahl der Quotenmerkmale
schwierig
− Gefahr der Willkür bei der Auswahl
der Erhebungseinheiten durch den
Interviewer
− Es können nur wenige Merkmale
quotiert werden.
y
y
y
y
Beispiele
y Befragung von Passanten einer
bestimmten Straße zu einer
bestimmten Tageszeit
y Befragung von Freunden/
Bekannten
y Erhebung einer Stichprobe von
Verteilung bestimmter Merkmale
Studenten, deren Verteilung im
in der Grundgesamtheit soll mit
Hinblick auf Geschlecht,
der Merkmalsverteilung in der
Staatsangehörigkeit,
Stichprobe (Quoten)
Studiengang und Alter der
übereinstimmen
Verteilung der gesamten
Jeder einzelne Interviewer erhält
Studentenschaft an einer
Quotenanweisungen
bestimmten Universität
Innerhalb der Quotenanweisungen
entspricht
ist der Interviewer bei der Auswahl
konkreter Erhebungseinheiten frei
y Befragung von
Cut-off-Verfahren:
Kundenunternehmen, die
Beschränkung der Erhebung auf
zusammen einen Marktanteil
solche Elemente, die für den
von 80 % haben
Untersuchungsgegenstand eine
y Befragung typischer Hausfrauen
besondere Bedeutung haben
über bevorzugte
Typische Auswahl:
Reinigungsmittel
Herausgreifen jener Elemente aus
der Grundgesamtheit, die als
besonders charakteristisch
erscheinen
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+ einfach und kostengünstig
− Ergebnisse sind stark vom
subjektiven Urteil des Untersuchers
geprägt
− Repräsentativität fraglich
77
II. Auswahl der Erhebungseinheiten
Vorgehensweise bei einer Quotenstichprobe
1. Schritt:
2. Schritt:
3. Schritt:
4. Schritt:
Festlegung der erhebungsrelevanten Merkmale (Alter,
Beruf, Einkommen, ...)
Feststellung der Verteilungen der Ausprägungen dieser
Merkmale in der Grundgesamtheit (z.B. aus einer
Volkszählung)
Bestimmung der Quoten (relative Häufigkeiten) der
Merkmalsausprägungen in der Stichprobe
Vorgabe dieser Quoten für die Stichprobenerhebung für
jeden einzelnen Interviewer
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78
II. Auswahl der Erhebungseinheiten
Beispiel einer Quotenstichprobe
Grundgesamtheit Stichprobe per
(z. B. Einwohner Quotenauswahl
einer Stadt)
(n=500)
Quotenanweisung für
einen Interviewer (n=20)
100.000
Geschlecht
weiblich
männlich
60.000
40.000
300
200
[12] 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
[ 8] 1 2 3 4 5 6 7 8
Alter
16 – 25 Jahre
26 – 35 Jahre
36 – 45 Jahre
46 – 55 Jahre
> 55 Jahre
10.000
15.000
30.000
20.000
25.000
50
75
150
100
125
[
[
[
[
[
Wohnort
– Stadtteil A
– Stadtteil B
– Stadtteil C
30.000
50.000
20.000
150
250
100
[ 6] 1 2 3 4 5 6
[10] 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
[ 4] 1 2 3 4
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2] 1 2
3] 1 2 3
6] 1 2 3 4 5 6
4] 1 2 3 4
5] 1 2 3 4 5
79
II. Auswahl der Erhebungseinheiten
Beurteilung der Quotenstichprobe
Vorteile
y Einfach durchführbar
y Kostengünstig
y Hohe Flexibilität durch einfachen
Austausch von Ausfällen
y Führt zu befriedigenden Ergebnissen
y Hohe Ausschöpfungsquote
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Nachteile
y Gefahr von Verzerrungen der Erhebungsergebnisse
y Subjektive Verzerrung (z. B. Auswahl nach
Sympathie)
y Bequemlichkeitseffekt (Auswahl leicht zu
erreichender Personen wie Freunde und Bekannte)
y Klumpeneffekt (Beschränkung der Auswahl auf
bestimmte Regionen oder soziale Schichten)
y Bewusste Nichteinhaltung/Verfälschung von Quoten
y Es können nur wenige Merkmale quotiert werden, da
sonst der Erhebungsaufwand zu groß wird
y Sog. Restquoten sind häufig kaum zu erfüllen
y Subjektiver Einfluss bei Wahl der zu quotierenden
Merkmale
y Statistische Fehlerberechnung nicht möglich
y Ergebnisverzerrungen durch Ausfälle bzw.
Auskunftsverweigerungen unbekannt
y Repräsentativität ist auf die quotierten Merkmale
beschränkt
y Datenmaterial für die Quotenbildung kann veraltet sein
80
II. Auswahl der Erhebungseinheiten
3. Zufallsauswahl
•
•
•
•
•
•
Auswahl der Merkmalsträger erfolgt auf der Grundlage eines
Zufallsprozesses
Jedes Element der Grundgesamtheit (bzw. – genau genommen – der
Erhebungsgesamtheit) besitzt eine angebbare, von Null verschiedene
Wahrscheinlichkeit, in die Stichprobe zu gelangen.
Dadurch kann der Stichprobenfehler (Zufallsfehler) berechnet werden.
Aus den Stichprobenergebnissen kann auf die „wahren“ Werte der
Grundgesamtheit geschlossen werden (Repräsentationsschluss)
Für den „wahren“ Wert kann ein bestimmter Bereich (sog.
Konfidenzintervall) angegeben werden, innerhalb dessen er sich mit
einer bestimmten Wahrscheinlichkeit befindet
Die Größe des Konfidenzintervalls hängt dabei c. p. von der Streuung
des interessierenden Merkmals ab
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81
Mehrstufige
Stichprobe
Klumpenauswahl
Geschichtete
Zufallsstichprobe
Einfache
Zufallsstichprobe
II. Auswahl der Erhebungseinheiten
Merkmale
y Unmittelbare Ziehung einer Stichprobe aus
der Grundgesamtheit
y Grundlage: Urnenmodell
Beispiele
y Zufällige Ziehung von 100 Käufern
aus der Gesamtheit der Käufer
eines Produkts
y Grundgesamtheit wird in mehrere Schichten
aufgeteilt
y Aus jeder Schicht wird eine einfache
Zufallsstichprobe gezogen
y proportionale Aufteilung: Aufteilung des
Stichprobenumfangs proportional zum
Umfang der Schichten
y optimale Aufteilung: Aufteilung proportional zu
den Streuungen innerhalb der Schichten
y Aufteilung der Grundgesamtheit in Klumpen
(meist natürliche Gruppierungen von
Untersuchungseinheiten)
y Aus der Gesamtheit der Klumpen wird zufällig
eine Stichprobe gezogen
y Alle Elemente der gezogenen Klumpen gehen
in die Stichprobe ein
y Aufteilung der Grundgesamtheit in Teilmengen
(Primäreinheiten)
y Zufallsauswahl aus der Menge der
Primäreinheiten
y Zufallsauswahl von Untersuchungseinheiten
aus jeder ausgewählten Primäreinheit
(Sekundäreinheiten)
y Aufteilung der Kunden in
gewerbliche und Privatkunden
y Ziehung je einer Zufallsstichprobe
aus den gewerblichen und den
Privatkunden
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Beurteilung
+ einfache Durchführung
− im Vergleich zu den anderen Verfahren
der Zufallsauswahl größerer
Stichprobenumfang erforderlich
− sämtliche Elemente der
Grundgesamtheit müssen erfasst und
zugänglich sein.
+ Im Vergleich zur einfachen
Zufallsstichprobe Reduzierung des
Stichprobenfehlers (bei gleichem
Stichprobenumfang)
− Verteilung der interessierenden
Merkmalsdimensionen muss bekannt
sein
y Ziehung einer Stichprobe von
Einzelhandelsgeschäften
y Beobachtung des Markenwahlverhaltens aller Käufer der
betrachten Läden während eines
vorgegebenen Zeitraums
+ Struktur der Grundgesamtheit braucht
nicht im Einzelnen bekannt zu sein
+ Durchführung der Erhebung i. d. R.
weniger aufwändig
− Repräsentation der Grundgesamtheit
durch die Klumpen ist fraglich
y Aufteilung der Grundgesamtheit in
Gemeinden
y Zufällige Auswahl einer Stichprobe
von Gemeinden
y Aus den gewählten Gemeinden
Zufallsauswahl von Personen
+ Vereinfachung der Durchführung der
Erhebung, wenn die Grundgesamtheit
hierarchisch gegliedert ist
+ Geeignet, wenn keine Auswahlbasis für
eine einfache Zufallsauswahl verfügbar
ist
82
III. Bestimmung, Messung und Skalierung der heranzuziehenden Variablen
Begriff
•
•
•
Messung: Systematische Zuordnung von Werten zu
beobachteten Merkmalsausprägungen
Üblicherweise Zahlen, jedoch auch andere Zuordnungen möglich
Isomorphe Zuordnung (Objekte mit identischen
Eigenschaftsausprägungen sollen identische Werte erhalten)
Probleme bei komplexen Konstrukten (z. B. Einstellungen):
• Konstrukte nicht direkt beobachtbar
• Konstrukte häufig mehrdimensional
•
Messung erfordert Operationalisierung und Skalierung der
interessierenden Eigenschaften bzw. Konstrukte
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83
III. Bestimmung, Messung und Skalierung der heranzuziehenden Variablen
Definition
des Konstrukts
Operationalisierung
Kaufabsicht bzgl. Marke X
Zahl der Personen, die in den nächsten 3 Monaten
Marke X zu kaufen beabsichtigen
„W erden Sie Zahnpasta der Marke X in den
nächsten 3 Monaten kaufen?“
Skalierung
1
2
3
4
ganz sicher nicht
ganz sicher
Befragter Y
Messung
1
2
ganz sicher nicht
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5
3
4
5
ganz sicher
84
III. Bestimmung, Messung und Skalierung der heranzuziehenden Variablen
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85
III. Bestimmung, Messung und Skalierung der heranzuziehenden Variablen
Anforderungen an Messmethoden
Validität (Gültigkeit):
• Es soll tatsächlich auch das gemessen werden, was - nach der begrifflichen
Abgrenzung - gemessen werden soll.
• Das, was die nummerischen Werte einer Messung angeben, soll also in
geeigneter Weise die Relationen zwischen den Objekten abbilden (isomorph).
Reliabilität (Zuverlässigkeit):
• Es müssen Stabilität und Genauigkeit einer Messung sowie Konstanz der
Messbedingungen vorliegen.
• Bei erneuten Messungen unter vollkommen gleichen Messbedingungen müssen
dieselben (bzw. konsistente) Ergebnisse eintreten.
• Die Relabilität stellt eine Voraussetzung für die Validität dar.
Objektivität:
• ein Messverfahren muss frei von subjektiven Einflüssen sein.
• Zwei Forscher müssen mit derselben Methode dasselbe Ergebnis bekommen
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III. Bestimmung, Messung und Skalierung der heranzuziehenden Variablen
Übersicht über systematische Messfehler
Untersuchungsträger
Interviewer
Probanden
Planung
Auswahlplan
Nichtbeantwortung
Organisation
Antwortbias
Falschbeantwortung
Durchführung
Suggestion
Situation
Auswertung
Registrierung
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87
IV. Datenerhebung
Teilaufgaben im Rahmen der Datenerhebung
Durchführung der Feldarbeit
Auswahl der
Feldorganisation
Schulung der
Interviewer
Erstellung
von Aufgabenbeschreibungen
Erstellung von
Anforderungsprofilen
Anwerbung
von Interviewern
Einweisung in
Befragungstechniken und
-taktiken
Einweisung in
Techniken der
Antwort- bzw.
Verhaltensregistrierung
Projektabwicklung
Kontaktieren der
Erhebungseinheiten
Durchführung
der Feldarbeit
i. e. S.
Registrierung der
Antworten bzw.
des Verhaltens
Durchführung
von Nachfassaktionen
Kontrolle
zeitliche
Kontrolle
Budgetkontrolle
sachliche
Kontrolle
- Interviewerkontrolle
- Kontrolle der
Stichprobenrepräsentanz
Quelle: Fantapié Altobelli 2011
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88
V. Datenaufbereitung
Teilschritte im Rahmen der Datenaufbereitung
1. Überprüfung der Fragebögen: Nicht auswertbare Fragebögen sind
auszusondern, die verbleibenden müssen ggf. redigiert werden
2. Kodierung: Bildung von Antwortkategorien (sofern sie nicht bereits
existieren); den einzelnen Antwortkategorien werden dabei möglichst
einfache Symbole zugeordnet, i. d. R. Zahlenwerte
3. Übertragung und Speicherung der Daten auf einen Datenträger:
Dies kann manuell, opto-elektronisch (Lesestift, Scanning) oder
automatisch erfolgen (CATI, CAPI)
4. Korrektur: Im Anschluss an die Dateneingabe und -überprüfung ist
oftmals eine Korrektur erforderlich, z. B. Behandlung von Missing
Values, Gewichtung, Variablentransformation
5. Erstellung der Datenmatrix: Die Spalten der Datenmatrix enthalten
die einzelnen Variablen, die Zeilen die verschiedenen Fälle (z. B.
Befragte).
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89
V. Datenaufbereitung
Datenmatrix
Variablen
1
K
j
K
m
1
x 1i
K
x 1j
K
x 1m
M
i
M
Fälle
M
n
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x i1
M
K
M
x n1
x ij
M
K
M
K
x nj
x im
M
K
x nm
90
VI. Datenanalyse
1. Überblick
Kriterium
Ausprägungen
Kennzeichnung
(1) Zahl der berücksichtigten Variablen
−
univariate Verfahren
− bivariate Verfahren
− multivariate Verfahren
−
Betrachtung der Merkmalsausprägungen einer einzigen Variablen
− Untersuchung der Beziehungen zwischen zwei Variablen
− Untersuchung der Beziehungen zwischen drei und mehr Variablen
(2) Geltungsanspruch
−
deskriptive Verfahren
− induktive Verfahren
−
(3) Partitionierung
der Datenmatrix
−
Verfahren der Dependenzanalyse
−
Verfahren der Interdependenzanalyse
Aussagen über Strukturen in der Stichprobe
− Übertragung von Stichprobenbefunden auf die Grundgesamtheit
Untersuchung der Abhängigkeit von einer oder mehreren abhängigen Variablen von einer oder mehreren unabhängigen Variablen
− Untersuchung der wechselseitigen Beziehungen zwischen zwei
und mehr Variablen
−
(4) Richtung der Datenkompression
−
auf Variablen gerichtete Verfahren
− auf Elemente gerichtete Verfahren
−
(5) Ausgangspunkt
der Auswertung
−
strukturprüfende Verfahren
(konfirmatorisch)
− strukturentdeckende Verfahren
(exploratorisch)
−
(6) Auswertungszweck
−
Verfahren der Datenreduktion
− Verfahren der Klassifikation
− Verfahren zur Messung von Beziehungen
− Verfahren zur Messung von Präferenzen
−
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Aussagen über Strukturen von Variablen
− Aussagen über Strukturen einzelner Objekte
Überprüfung der Konsistenz der Daten mit postulierten Zusammenhängen
− Aufdeckung von Zusammenhängen innerhalb eines Datensatzes
Komprimieren der Rohdaten auf wenige überschaubare Größen
− Aufteilung einer Gesamtheit von Objekten in Gruppen
− Ermittlung der Zusammenhänge zwischen Variablen
−
Beschreibung und Erklärung von Auswahlentscheidungen
91
VI. Datenanalyse
Datenniveaus und
zulässige
Analyseverfahren
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92
VI. Datenanalyse
2. Deskriptive Datenanalyse
•
•
Bildung von Häufigkeitsverteilungen
Lokalisations- und Streuungsmaße
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93
VI. Datenanalyse
Häufigkeitsverteilungen
•
•
•
•
•
•
Typische Fragestellung: „Wie häufig treten bestimmte Ausprägungen
der betrachteten Variable in der Stichprobe (bzw. in der
Grundgesamtheit) auf?
Basis: beobachtete Einzelwerte, die zunächst ungeordnet vorliegen.
Reihung der Einzelwerte der Größe nach
Zuordnung der zugehörigen (absoluten bzw. relativen)
Auftrittshäufigkeiten zu den möglichen Beobachtungswerten
→Häufigkeitsverteilung
Liegen sehr viele Beobachtungswerte vor, so kann eine
Klassenbildung vorgenommen werden
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94
VI. Datenanalyse
Exemplarische Häufigkeitsverteilung der Variable „Alter“
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95
VI. Datenanalyse
Überblick über gebräuchliche Lokalisationsmaße
Lageparameter
Messniveau
Charakterisierung
Beispiele
Nominal
Modus
Beobachtungswert, der am häufigsten
vorkommt
am häufigsten gekaufte Marke eines
bestimmten Produkts
Ordinal
Median
Beobachtungswert, welcher die Reihe
der (nach ihrer Größe geordneten)
Beobachtungswerte halbiert (50 %Quantil)
Note, welche die 50 % besseren von
den 50 % schlechteren Schülern trennt
Arithmetisches Mittel
(durchschnittlicher Beobachtungswert)
Durchschnittliche Kinderzahl in der
Stichprobe
Metrisch
1 n
x = ∑xi
n i =1
Geometrisches Mittel
(durchschnittliche Entwicklung der
Beobachtungswerte)
xg = n
Durchschnittliches Wachstum des BSP
im Betrachtungszeitraum
n
∏ xi
i =1
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96
VI. Datenanalyse
Überblick über gebräuchliche Dispersionsmaße
Streuungsmaße
Messniveau
Charakterisierung
Beispiele
Nominal
Anteil realisierter Ausprägungen
Ordinal
Variationsbreite
(Differenz zwischen dem größten und dem
kleinsten Beobachtungswert)
Anteil erinnerter Marken bezogen auf die
Gesamtheit der im Rahmen eines Werbetests
präsentierter Marken
n*
p* =
n
V = x max − x min
Spanne, innerhalb welcher sich die
Notenergebnisse einer bestimmten Klausur
bewegen
Quatilsabstand
Notenspanne, innerhalb welcher 50 % der Schüler
(Differenz zwischen dem 3. und dem 1. Quartil) fallen; die 25 % schlechtesten und 25 % besten
α = x 75 − x 25
sind nicht enthalten
Metrisch
1
Mittlere absolute Abweichung e =
n
1 n
2
Varianz s 2 = ∑ (x i − x )
n i =1
n
∑ xi − x
i =1
Durchschnittliche (absolute oder quadratische)
Abweichung des Einkommens (in Euro) vom
Durchschnittswert in der Stichprobe (in Euro)
1 n
∑ (x i − x )2
n i =1
s
Variationskoeffizient VK =
x
Standardabweichung s =
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97
VI. Datenanalyse
3. Multivariate Datenanalyse
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98
VI. Datenanalyse
Wichtige Verfahren multivariater Datenanalyse
•
Verfahren der Dependenzanalyse messen die Abhängigkeit einer
oder mehrerer abhängiger Variablen von einer oder mehreren
unabhängigen Variablen
• Regressionsanalyse (bei metrisch skalierten abhängigen und
unabhängigen Variablen) sowie
• Varianzanalyse (bei einer metrisch skalierten abhängigen Variable und
einer oder mehreren nominalskalierten unabhängigen Variablen).
•
Verfahren der Interdependenzanalyse untersuchen die
wechselseitigen Beziehungen zwischen Variablen
• Kontingenzanalyse
• Korrelationsanalyse
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99
VI. Datenanalyse
Grundmodell Regressionsanalyse
•
•
y
a
bk
xk
e
Mit Hilfe der Regressionsanalyse werden Richtung und Stärke des
Zusammenhangs zwischen metrisch skalierten Variablen untersucht,
Grundmodell:
K
y = a + ∑ bk ⋅ xk + e
k =1
= abhängige Variable,
= Konstante der Regressionsfunktion,
= zu ermittelnde Regressionskoeffizienten (k = 1, …, K),
= unabhängige Variablen (k = 1, …, K),
= Residuum (Schätzfehler).
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100
VI. Datenanalyse
Rechenbeispiel zur linearen Einfachregression
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101
VI. Datenanalyse
Gleichungssystem der linearen Einfachregression am Beispiel
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102
VI. Datenanalyse
PASW-Ausgabe der Regressionsanalyse
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103
VI. Datenanalyse
Graphische Darstellung
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104
VI. Datenanalyse
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105
Anpassungsgüte der Regressionsgeraden im Beispiel
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106
VI. Datenanalyse
Varianzanalyse
•
•
Verfahren zur Auswertung von Experimenten
Überprüfung, ob Unterschiede in einer (metrisch skalierten) abhängigen
Variablen in Abhängigkeit der Ausprägungen einer oder mehrerer
nominalskalierten, unabhängigen Variablen (Faktoren) signifikant sind
Einfaktorielle Varianzanalyse
Es wird die Wirkung eines einzigen Faktors (unabhängige Variable) mit s
Ausprägungen (Faktorstufen) überprüft
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107
VI. Datenanalyse
Varianzanalyse
Beispiel:
• Auswirkung der Platzierung eines Schokoriegels auf die Absatzmenge
• Experimentanordnung: Es werden 3 Platzierungen getestet:
• Regal (k = 1)
• Kassenbereich (k = 2)
• Regal + Zweitplatzierung im Kassenbereich (k = 3)
•
•
•
Je eine Platzierung k wird in einem repräsentativen Supermarkt
getestet
Das Experiment wird während eines Zeitraumes von n Tagen
durchgeführt
an jedem Tag und in jedem Supermarkt wird die jeweilige
Absatzmenge erfasst
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108
VI. Datenanalyse
Ausgangstableau der einfaktoriellen Varianzanalyse
k
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11
1k
1s
i1
ik
is
n1
nk
ns
1
k
s
109
VI. Datenanalyse
Ausgangspunkt der einfaktoriellen Varianzanalyse
Summe der quadrierten Abweichungen der Beobachtungswerte vom
Gesamtmittelwert (QSTot) setzt sich zusammen aus
• Streuung innerhalb der Gruppen (QSF) und
• Streuung zwischen den Gruppen (QStreat)
QSTot = QSF + QStreat
mit
n
∑
(yik − y )2
(
)
s
QSTotal = ∑
i =1 k =1
s
QStreat = n ⋅ ∑ yk − y
k =1
n
s
2
=QSTot − QSF
QSF = ∑ ∑ (yik − yk )
2
i=1 k =1
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110
VI. Datenanalyse
Varianzen (MQ): Division der Quadratsummen durch die Zahl der Freiheitsgrade:
•FGTotal = nxs - 1
•FGF = nxs - s
•FGtreat = s - 1
Damit erhält man die empirischen Varianzen als:
•MQTot = QSTot / (nxs - 1)
→
Varianz insgesamt
•MQtreat = QStreat / (s - 1)
→
Varianz zwischen den Gruppen
(abhängig von den „Faktorstufen“)
•MQF = QSF / (nxs - s)
→
Varianz innerhalb der Gruppen
(abhängig vom Zufall)
•Je größer die Varianz zwischen den Gruppen QStreat im Vergleich zur Varianz innerhalb
der Gruppen QSF, umso größer ist der Einfluss der Versuchsanordnung im Vergleich zum
Zufallseinfluss.
•Statistische Überprüfung anhand des empirischen F-Wertes
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Femp =
MQ treat
.
MQF
111
VI. Datenanalyse
Ergebnistabelle der einfaktoriellen Varianzanalyse
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112
VI. Datenanalyse
Beispiel zur einfaktoriellen Varianzanalyse
•
•
•
•
•
Das Unternehmen Hicks möchte für seine Babynahrung eine kurzfristige
Absatzsteigerung erzielen und testet vorab in drei ausgewählten
Einzelhandelsgeschäften folgende Promotionmaßnahmen:
P1: Einsatz von Hostessen am Point of Sales;
P2: Gewinnspiel;
P3: Sonderpreisaktion.
Die Ergebnisse des Store-Tests sind im folgenden Ausgangstableau enthalten
Promotionaktion
Beobachtungswerte
(Absatz/Tag)
Summe
Gruppenmittelwert
Gesamtmittelwert
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yk
y
P1
P2
P3
31
12
26
69
32
15
28
75
30
20
28
78
23
25
26
24 2
3
113
VI. Datenanalyse
Beispiel zur einfaktoriellen Varianzanalyse
•
•
•
Angesichts der Testergebnisse nimmt das Unternehmen an, dass die Art der
Promotionmaßnahme das Ergebnis signifikant beeinflusst. Es wird folgende
Nullhypothese formuliert:
H0: μ(P1) = μ(P2) = μ(P3).
Streuungszerlegung:
(
)2 + (12 − 24,6 )2 + (26 − 24,6 )2 + (32 − 24,6 )2 + (15 − 24,6 )2 +
2
2
2
2
+ (28 − 24,6 ) + (30 − 24,6 ) + (20 − 24,6 ) + (28 − 24,6 ) = 422
QSTot = 31 − 24,6
QStreat
(
= 3 23 − 24,6
)2 + 3(25 − 24,6 )2 + 3(26 − 24,6 )2 = 14
QSF = (31 − 23)2 + (12 − 23)2 + (26 − 23)2 + (32 − 25)2 + (15 − 25)2 +
+ (28 − 25)2 + (30 − 26)2 + (20 − 26)2 + (28 − 26)2 = 408
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114
VI. Datenanalyse
Beispiel zur einfaktoriellen Varianzanalyse
•
Durch Division mit der zugehörigen Anzahl von Freiheitsgraden erhält man die
Varianzen als:
QSTot
422
=
= 52,75
n⋅s −1 3⋅3 −1
QStreat
14
=
=7
MQtreat =
s −1
3 −1
QSF
408
MQF =
=
= 68
n⋅s − s 3⋅3 − 3
MQTot =
•
Der anschließende Signifikanztest führt zu folgenden Ergebnissen:
Femp =
MQtreat
7
=
= 0,1
MQF
68
⇒ Femp = 0,1 < 5,14 = Ftheor
Ftheor = Fs −1;n⋅s −s;1− α = 5,14
•
Somit ist die Nullhypothese anzunehmen, d. h. es kann nicht von einem
signifikanten Einfluss der Promotionmaßnahme auf die Absatzmenge
ausgegangen werden.
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115
VI. Datenanalyse
Scheffè-Test bei einfaktorieller Varianzanalyse
•
•
Ergebnis der Varianzanalyse ist, ob sich die jeweiligen Mittelwerte
„insgesamt“ unterscheiden; sie sagt jedoch nichts darüber aus, welche
Mittelwerte sich voneinander unterscheiden→es sind Einzelvergleiche
durchzuführen.
Für bestimmte Mittelwerte können Hypothesen aufgestellt werden, etwa:
H10 :D1 = y1 − y 2 = 0
H02:D2 = y1 − y3 = 0,
etc.
•
•
Beim Scheffé-Test wird überprüft, welche Einzelvergleiche
(Mittelwertdifferenzen) signifikant sind;
der gesamte Hypothesenkomplex (über sämtliche Einzelvergleiche) wird auf
Signifikanz hin überprüft (bei einem bestimmten Signifikanzniveau α).
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116
VI. Datenanalyse
Scheffé-Test bei einfaktorieller Varianzanalyse
⎯y1
⎯y1
⎯y2
...
⎯yk
...
⎯ys
0
D12
...
D1k
...
D1s
0
...
0
D2k
...
...
...
D2s
...
0
...
0
Dks
...
⎯y2
..
.
⎯yk
..
.
⎯ys
D krit =
0
2( s − 1) ⋅ MQ F ⋅ Ftheor ( s − 1; s ⋅ ( n − 1);1 − α )
n
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117
VI. Datenanalyse
Kontingenzanalyse
Ziel:
• Feststellung des Zusammenhangs zwischen zwei Variablen
Anwendung:
• nominalskalierte Variablen oder klassierte höherskalierte Variablen.
Methode:
• Ausgangspunkt: zwei Variablen, die jeweils verschiedene
Ausprägungen aufweisen
• Den möglichen Merkmalskombinationen (Kombinationen von je einer
Ausprägung der beiden Merkmale) werden zunächst die jeweiligen
Fallzahlen zugeordnet
• Anschließend werden die Werte in den Zellen relativiert (anhand von
Plausibilitätsüberlegungen)
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118
VI. Datenanalyse
Zweidimensionale Kreuztabellierungen
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119
VI. Datenanalyse
Zweidimensionale Kreuztabellierungen
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120
VI. Datenanalyse
χ²-Unabhängigkeitstest
•
•
•
•
Kritik an der Kreuztabulierung: Nach einer Ermittlung von relativen
Häufigkeiten erfolgt eine rein verbale Interpretation auf der Grundlage
einer (optischen) Inspektion der Werte.
Keine statistisch fundierte Aussagen über die Abhängigkeit der beiden
Variablen möglich.
Lösung: ergänzend einen χ²-Unabhängigkeitstest durchführen!
Dieser Test erlaubt, die H0-Hypothese zu testen, dass die beiden
Variablen unabhängig voneinander auftreten
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121
VI. Datenanalyse
χ²-Unabhängigkeitstest
Notation:
• k
: Ausprägungen der Variablen 1 (k = 1,..., s),
• l
: Ausprägungen der Variablen 2 (l = 1,..., m),
• nkl : Häufigkeit des Auftretens der Merkmalskombination (k, l)
(k = 1,..., s; l = 1,..., m),
• nk. = Σl nkl (Zeilensummen),
• n.l = Σk nkl (Spaltensummen).
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122
VI. Datenanalyse
Häufigkeitstabelle der Kontingenzanalyse
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123
VI. Datenanalyse
Vorgehensweise der Kontingenzanalyse
•
Um die H0-Hypothese zu testen, müssen ein empirischer χ2-Wert (χ2e) und ein
theoretischer χ2-Wert (χ2th) bestimmt werden.
•
Grundlage für die statistische Überprüfung des Zusammenhangs: Summe der
quadratischen Abweichungen zwischen den beobachteten und den theoretischen
Häufigkeiten (nkl – Nkl)2.
•
Empirischer χ2-Wert:
χ2emp =
s m (n − N )2
∑ ∑ kl kl = ∑ ∑
Nkl
k =1l=1
k l
⎛⎜ n − nk • ⋅n•l ⎞⎟
n ⎠
⎝ kl
2
nk • ⋅n•l
n
•
(χ2th): Tabelle der
χ2-Verteilung bei gegebener
Theoretischer
χ2-Wert
Irrtumswahrscheinlichkeit α und Zahl der Freiheitsgrade der χ2-Verteilung c = (k-1)(l-1)
•
Wenn χ2e < χ2th, ist die H0-Hypothese anzunehmen, also von einer Unabhängigkeit der
beiden Variablen auszugehen.
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124
VI. Datenanalyse
Beispiel zur Kontingenzanalyse
•
Eine Kosmetikfirma möchte feststellen, ob Männer und Frauen bzgl. Haarstylingmitteln
ein unterschiedliches Markenwahlverhalten aufweisen. Im Rahmen eines Store-Tests
wurden dabei 4 Marken untersucht. Die nachfolgende Tabelle zeigt die beobachteten und
– in Klammern – die erwarteten Häufigkeiten.
Marke
1
2
3
4
nk•
Männlich
12
14
8
16
50
1
(13,5)
(14,5)
(9,5)
(12,5)
Weiblich
15
15
11
9
2
(13,5)
(14,5)
(9,5)
(12,5)
n•l
27
29
19
25
Geschlecht
N11 =
50
100
50 ⋅ 27
= 13,5.
100
•
Beispiel:
•
Interpretation: Bei gleichem Markenwahlverhalten von Männern und Frauen müssten von
den 27 Käufern von Marke 1 50 %, d. h. 13,5 Käufer, Männer sein.
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125
VI. Datenanalyse
Beispiel zur Kontingenzanalyse
•
Der empirische χ2-Wert errechnet sich als
(
12 − 13,5
2
χemp
=
13,5
•
)2 + (14 − 14,5)2 + K + (9 − 12,5)2
14,5
12,5
≈ 2,802.
Aus der χ²-Tabelle resultiert bei einem Signifikanzniveau α von 5 % und 3
Freiheitsgraden folgender Wert:
χ2theor = χ(2k −1)(l−1),1− α = χ(24 −1)( 2−1);0,95 = 7,82.
•
2
2
χemp < χ theor , ist die H -Hypothese anzunehmen, d. h. es besteht kein
Da
0
signifikanter Zusammenhang zwischen Geschlecht und Markenwahlverhalten.
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126
VI. Datenanalyse
Korrelationsanalyse
•
Im Rahmen der Regressionsanalyse wird nach der Art des
Zusammenhanges zwischen zwei Variablen gefragt (s.o.)
•
Im Rahmen der Korrelationsanalyse wird die Stärke des
Zusammenhanges zwischen den Variablen mit Hilfe von
Korrelationskoeffizienten gemessen.
•
Je nach Skalenniveau der beiden Variablen ist eine Vielzahl an
Korrelations-Koeffizienten möglich.
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127
VI. Datenanalyse
Arten von Korrelationskoeffizienten
Merkmal y
Intervallskala
Merkmal x
Intervallskala
Dichotomes
Merkmal
Ordinalskala
Produkt-MomentKorrelation
Punktbiseriale
Korrelation
Rangkorrelation
φ-Koeffizient
Biseriale
Rangkorrelation
Dichotomes
Merkmal
Ordinalskala
Rangkorrelation
Quelle: Bortz (2005), S. 224.
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128
VI. Datenanalyse
Produkt-Moment-Korrelationskoeffizient
∑
(x
(X
−X
n
i=1
r=
∑
i
•
i
i
)(
− X Yi − Y
)
2
(
)
⋅ ∑ Yi − Y
i
)
2
Für den Definitionsbereich des Korrelationskoeffizienten gilt:
-1 ≤ r ≤ + 1.
•
Die Größe des Korrelationskoeffizienten r zeigt die Stärke des
Zusammenhanges, das Vorzeichen von r die Richtung des Zusammenhanges
an.
•
Je stärker sich die im zweidimensionalen Raum als Punkte abgebildeten Daten
einer Geraden annähern, desto größer ist der Wert des Korrelationskoeffizienten
•
Im Extremfall (r = +/- 1) liegen alle Wertepaare auf einer Geraden.
•
Aber: nur linearer Zusammenhang angegeben!
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129
VI. Datenanalyse
Beispiele für Korrelationsdiagramme
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130
VI. Datenanalyse
Rechenbeispiel für die Korrelationsanalyse
•
Im Rahmen der Regressionsanalyse kann der zugehörige Korrelationskoeffizient errechnet
werden als
n
∑ (pi − p )(xi − x )
r=
i=1
2
2
∑ (pi − p ) ⋅ ∑ (xi − x )
Es liegen n = 5 Beobachtungswerte vor. Der empirische t-Wert errechnet sich als:
t emp =
•
− 30
= −0,866 .
1200
i
i
•
=
r n−2
1− r 2
=
0,866 ⋅ 3
= 2,999.
0,250
Aus der Tabelle der t-Verteilung kann bei einem Signifikanzniveau α von 5 % und n-2 = 3
Freiheitsgraden der theoretische t-Wert (zweiseitige Fragestellung) ermittelt werden als:
t theor = t3;0,975 = 3,182.
•
Da der empirische t-Wert kleiner ist als der theoretische, ist die Nullhypothese
anzunehmen
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131
VI. Datenanalyse
Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman
Ausgangspunkt:
• Es liegen zwei ordinalskalierte Variablen vor, etwa:
• Beurteilung der Intelligenz von n Untersuchungseinheiten durch 2
verschiedene Psychologen
• Beurteilung von n Produkten durch 2 verschiedene Konsumenten
• etc.
• 1. Schritt:
Die Befragten sollen die n Untersuchungseinheiten in eine
Rangfolge bringen.
• 2. Schritt:
Für jede Untersuchungseinheit i (i = 1,..,n) wird die Differenz
aus den Rangplätzen gebildet, die ihr die zwei Befragten x und
y vergeben haben; diese Differenzen werden
anschließend quadriert.
• 3. Schritt:
Berechnung des Korrelationskoeffizienten
n
•
rs = 1 -
6 ∑ di2
i=1
2
n ⋅ (n − 1)
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132
VI. Datenanalyse
Fall (1): Unverbundene Ränge
Produkt
i
Rang
Rang
Konsument Konsument
x
y
1
2
3
4
5
2
5
1
4
3
4
5
2
3
1
di
d²i
-2
0
-1
1
2
4
0
1
1
4
Σ = 10
n
rs = 1 -
6 ∑ di2
i=1
2
n ⋅ (n − 1)
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Im Beispiel:
rs = 1 -
6 ⋅ 10
= 0,5
5 ⋅ ( 25 − 1)
133
VI. Datenanalyse
Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman
Fall (2): Verbundene Ränge
1. Schritt: Vergabe von Rangplätzen
Produkt i
1
2
3
4
5
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Rang Konsument x Rang Konsument y
1
3
2
4
5
1
1
3
5
3
134
VI. Datenanalyse
Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman
2. Schritt: Vergabe von Rangzahlen
Rangzahl: Durchschnitt der Rangplätze, die bei Untersuchungseinheiten mit
gleichem Rangplatz vergeben würden, wenn die Untersuchungseinheiten nicht
denselben Rangplatz erhalten hätten
i
x
y
x´
1
2
3
4
5
1
3
2
4
5
1
1
3
5
3
1
3
2
4
5
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y´
1,5
1,5
3,5
5,0
3,5
d´i
d´²i
-0,5
1,5
-1,5
-1,0
1,5
0,25
2,25
2,25
1,00
2,25
Σ=8
135
VI. Datenanalyse
Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman
3. Schritt: Berechnung des Korrelationskoeffizienten
n
⎛ n3 − n ⎞
⎟ − T −U− di²
2⋅⎜⎜
⎟
⎝ 12 ⎠
i =1
=
s
⎛ n3 − n
⎞ ⎛ n ³ −n
⎞
⎜
− T ⎟⎟⋅⎜
−U ⎟
2⋅ ⎜
⎠
⎝ 12
⎠ ⎝ 12
∑
r
mit
k( x)
∑
T=
j=1
k( y)
( t 3j − t j )
12
∑ (uj3 − uj )
U=
j= 1
12
tj = Anzahl der in tj zusammengefassten Ränge der Variablen x
uj = Anzahl der in uj zusammengefassten Ränge der Variablen y
k(x)= Anzahl der verbundenen Ränge in der Variablen x
k(y)= Anzahl der verbundenen Ränge in der Variablen y
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136
VI. Datenanalyse
Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman
Im Beispiel:
i
1
2
3
4
5
x
1
3
2
4
5
y
1
1
3
5
3
x´
1
3
2
4
5
y´
1,5
1,5
3,5
5,0
3,5
d´i
-0,5
1,5
-1,5
-1,0
1,5
d´²i
0,25
2,25
2,25
1,00
2,25
Σ=8
k(x) = 0 (bei der Variablen x treten in keinem Fall verbundene Ränge auf)
k(y) = 2 (bei der Variablen y treten in 2 Fällen verbundene Ränge auf)
tj = 0 für alle j (keine verbundenen Ränge in der Variablen x)
u1 = 2 (es wird zweimal Rang 1 vergeben)
u2 = 2 (es wird zweimal Rang 3 vergeben)
Damit ist:
T=0
U=
( 2³ − 2) + ( 2³ − 2)
=1
12
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rs =
⎛ 5³ − 5 ⎞
2⋅⎜
⎟ − 0 − 1− 8
⎝ 12 ⎠
⎛ 5³ − 5
⎞ ⎛ 5³ − 5 ⎞
− 0⎟ ⋅ ⎜
− 1⎟
2⋅ ⎜
⎝ 12
⎠ ⎝ 12
⎠
= 0,579
137
VII. Interpretation und Präsentation der Ergebnisse
•
Zusammenstellung der Ergebnisse
• Tabellierung
• Visualisierung
•
Interpretation der Ergebnisse
• Möglichst große Objektivität
• Vermeidung von Ergebnismanipulationen
•
Verfassen des Forschungsberichts
•
•
•
•
•
Management Summary
Beschreibung des Untersuchungsdesigns
Darstellung der Ergebnisse
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Präsentation der Ergebnisse beim Auftraggeber
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138
2. Teil: Marktforschung
C. Ausgewählte Methoden der Marketingforschung
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139
I. Produktforschung
Gegenstand der Produktforschung
Bei neuen oder veränderten Produkten:
• Ermittlung von Produktalternativen bzw. Produktvarianten,
• Identifikation der besten Alternative aus einer Vielzahl von
Produktvorschlägen,
• Ermittlung der optimalen Gestaltung einzelner Produktelemente
(Name, Design etc.),
• Überprüfung eines Produkts in seiner Gesamtheit, um dessen
Marktchancen beurteilen zu können.
Bei bereits auf dem Markt etablierten Produkten:
• Ursachenanalyse bei unerwarteten Marktanteilsverlusten,
• Überprüfung von Produkteigenschaften und Produktimage im
Vergleich zu Konkurrenzprodukten,
• Überprüfung der Anmutung und der Marktchancen eines Produkts bei
Veränderung einer oder mehrerer Produkteigenschaften.
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140
I. Produktforschung
Alternativen der Produktforschung
Produkttests
• Ziel: Überprüfung der Produktleistung
Testmarktuntersuchungen
• Ziel: Überprüfung der Durchsetzungsfähigkeit des Produkts am Markt
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141
I. Produktforschung
1. Produkttests
Kriterium
Varianten
Testumfang
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Form der Darbietung
Testdauer
Testort
Zahl der Testprodukte
Testinhalt
Volltest
Partialtest
Blindtest
identifizierter Test
teilneutralisierter Test
Kurzzeittest
Langzeittest
Home-Use-Test (Feldtest)
Studiotest (Labortest)
monadischer Test
nichtmonadischer Test
Eindruckstest
Präferenztest
Diskriminanztest
Deskriptionstest
Evaluationstest
Akzeptanztest
Abb. 5.1: Arten von Produkttests
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142
I. Produktforschung
Vorteile
höhere Realitätsnähe auf Grund der
Feldsituation
• Stichprobenauswahl i. d. R. repräsentativ auf der Grundlage eines
umfangreichen Adressenpools
• hohe Rücklaufquote
•
Nachteile
zeitaufwändig
• keine Kontrolle des Testablaufs
• keine Kontrolle der Fragebogenausfüllung
• Ge- bzw. Verbrauch des Produkts
nicht beobachtbar
•
Abb. 5.2: Vor und Nachteile des Home-Use-Tests im Vergleich zum Studiotest
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143
I. Produktforschung
Ausgewählte Testanordnungen
•
•
•
Konzepttest: Beurteilung der Produktidee
Produkttest i. e. S.: Beurteilung der Produktleistung
Partialtest: Beurteilung einzelner Produkteigenschaften
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144
I. Produktforschung
Konzepttest
•
Es wird die allgemeine Produktkonzeption getestet, d.h. noch vor der
technischen Realisierung. Dadurch wird nicht das eigentliche fertige
Produkt getestet, sondern die Produktidee.
Vorteile:
• Der Test kann bereits in einem frühen Stadium des
Produktentwicklungsprozesses durchgeführt werden.
• Er kann somit die Daten für die Wirtschaftlichkeitsanalyse liefern.
• Vor der technischen Entwicklung können schon
Verbesserungsanregungen der Testpersonen berücksichtigt werden.
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145
I. Produktforschung
Mögliche Inhalte
eines
Konzepttests
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146
I. Produktforschung
Beispiel für ein Konzepttest
Beispiel 5.1: Cute I Concept Test (Schaefer Marktforschung GmbH)
Cute I Concept Test zielt auf die Ermittlung der Attraktivität und der denkbaren Probierneigung bzw.
Erstkaufbereitschaft sowie der Erwartungen an Produkteigenschaften und Benefits bei
Neuproduktideen ab. Die Testpersonen werden in erster Linie schriftlich-postalisch aus einem 45.000
Haushalte umfassenden Produkttest-Panels (PTP) rekrutiert. Darüber hinaus unterhält das Institut seit
2001 auch ein Online-Panel (SPOT) mit rd. 25.000 Teilnehmern, um Konzepttests auch interaktiv via
Internet durchführen zu können.
Die Testteilnehmer erhalten das Konzeptblatt entweder per Post zugesandt, oder das Konzept wird auf
der SPOT-Homepage vorgestellt. Begleitend erhalten die Testpersonen einen Fragebogen, um die
vorgestellte Produktidee zu bewerten. Das Konzeptblatt kann dabei ein einfaches Verbalkonzept, ein
Verbalkonzept plus Abbildung oder ein Anzeigen ähnliches Sujet sein. Typische Fragestellungen sind:
•Likes & Dislikes,
•Bewertung der Kommunikationsleistung bzgl. relevanter Produkteigenschaften und Benefits,
•Bewertung von Glaubwürdigkeit, Überzeugungskraft und Verständlichkeit (u. U. auch emotionale
Ansprache),
•Uniqueness des Produkts,
•denkbare Verwendungsanlässe,
•Kaufbereitschaft und Preisvorstellung.
Als methodische Alternative werden Conjoint-Verfahren eingesetzt, um die Erfolgschancen
verschiedener, systematisch variierter Konzeptalternativen zu erforschen.
Quelle: Schaefer Marktforschung GmbH 2003, S. 6 ff.
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147
I. Produktforschung
Produkttests i. e. S.
•
•
•
•
•
•
Eindruckstest (Soforttest):
Ermittlung des ersten Eindrucks der Testpersonen bei Vorlage des
Testprodukts (z. B. Schnellgreifbühne)
Präferenztest:
Nach probeweise Ge- oder Verbrauch soll die Testperson entscheiden, ob sie
das Produkt gegenüber einem oder mehreren Vergleichsprodukten vorziehen
würde
Diskriminanztest:
Überprüfung, ob die Testpersonen in der Lage sind, zwischen
Vergleichsprodukten zu differenzieren (i. d.R. als Blindtest)
Deskriptionstest:
Erfassung, welche Produkteigenschaften in welcher Ausprägung vom
Probanden wahrgenommen werden
Evaluationstest:
Erfassung, wie das Produkt von den Probanden bewertet wird
Akzeptanztest:
Erfassung der potenziellen oder aktuellen Kaufabsicht
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148
I. Produktforschung
Untersuchung der aktuellen Kauf-,
Ge- oder Verbrauchsbereitschaft
Untersuchung der potenziellen Kauf-,
Ge- oder Verbrauchsbereitschaft
Qualitätsbezogener
Akzeptanztest
Preisbezogener
Akzeptanztest
Qualitätsbezogener
Akzeptanztest
Preisbezogener
Akzeptanztest
Anbieten des Produkts (nach dem
probeweisen
Verbrauch) „zum
Dank für die Mitarbeit“ zu einem Preis
unter dem potentiellen Marktpreis
Anbieten des Produkts zu einem bestimmten Preis, der
von Testperson zu
Testperson variiert
werden kann
z. B. Vorlegen eines
Fragebogens mit
Antwortkategorien
von „ich würde dieses Produkt bestimmt
…“ bis „… bestimmt
nicht kaufen“
Einbeziehung des
Preises in die Antwortkategorien des
qualitätsbezogenen
Akzeptanztests; Frage nach dem Preis,
zu dem die Testperson das Produkt kaufen würde
Quelle: Berndt 1995, S. 108.
Abb. 5.3: Ausgewählte Ausprägungen von Akzeptanztests
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149
I. Produktforschung
Partialtests
•
•
•
•
•
Geschmacks- bzw. Dufttest
Namenstest
Packungstest
Klangtest
Handlingtest
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150
I. Produktforschung
Namens- und Verpackungstest
Namenstest
• Geprüft wird die Erinnerungswirkung verschiedener Namen bzw. die
durch verschiedene Namen geweckten Assoziationen (positiv oder
negativ).
• Evtl. wird nach Vorschlägen der Konsumenten gefragt
• Negativbeispiel: Einführung der Automarke „Nova“ in Spanien.
Verpackungstest
• technische Eigenschaften (Schutz- und Transportfunktion),
• kommunikative Eigenschaften (Design, Auffälligkeit)
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151
I. Produktforschung
Beispiel für einen Klangtest
Beispiel 5.6:
Die Firma Bahlsen hat eigens für die Entwicklung und Überprüfung
von Süßgebäck wie z. B. „Leibnitz Butterkekse“ und „Russisch Brot“
einen Test entwickelt, um zu untersuchen, ob das Knack-Geräusch des
Gebäcks die selben Qualitätsanforderungen wie Design oder
Geschmack erfüllen kann. Insbesondere soll das Geräusch Frische
signalisieren und zum Verzehr animieren. Zu diesem Zweck verfügt
Bahlsen über ein Entwicklungsteam, das Klangtests in einer
hauseigenen Testküche in Hannover durchführt.
Quelle: Hötinghof 2004
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152
I. Produktforschung
2. Testmarktuntersuchungen
Testmarktuntersuchungen
•
•
Überprüfung der Wirksamkeit eines Produkts bzw. von
Marketingmaßnahmen für das Produkt, bevor Produkt auf den Markt
eingeführt bzw. bevor Marketing-Maßnahme durchgeführt wird
Varianten:
•
•
•
•
Regionaler Markttest
Testmarktsimulation (Labor-Testmarkt)
Kontrollierter Markttest (Store-Test)
Elektronischer Testmarkt
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153
I. Produktforschung
Regionaler Markttest
•
•
•
•
•
•
Probeweiser Verkauf von neuen/veränderten Produkten
unter kontrollierten Bedingungen
in einem räumlich abgegrenzten Markt
bei Einsatz ausgewählter oder sämtlicher Marketing-Instrumente
(z.B.: Saarland)
Ziel: letzte Kontrolle vor endgültiger (nationaler) Produkteinführung
Problem: Konkurrenz wird über neues Produkt informiert
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154
I. Produktforschung
Testmarktsimulation (Labor-Testmarkt)
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Anwerben von Testpersonen
Interview zur Ermittlung von Konsumgewohnheiten, Markenpräferenz
etc.
Präsentation eines Werbeblockes, in dem Spot für das zu testende
Produkt enthalten ist
Einkauf im Testladen (künstlich aufgebauter Supermarkt im Labor)
Nachkauf-Interview
Produktverwendung zu Hause
Follow-up-Interview (Zufriedenheit mit Produkt)
Umsatz- und Marktanteilsprognose
Vorteil:
schnell, flexibel, billig, Konkurrenz kann ausgeschaltet
werden
Nachteil:
Realitätsnähe gering
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155
I. Produktforschung
Kontrollierter Markttest (Store-Test)
•
•
•
•
•
Probeweiser Verkauf von Produkten unter kontrollierten Bedingungen
in einer Reihe ausgewählter Handelsgeschäfte
Geheimhaltung möglich
Marktnahe Bedingungen
i.d.R. nur wenige Testgeschäfte (10-15)
Ækeine Repräsentativität, nur Tendenzaussagen
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156
I. Produktforschung
Vorher-nachher-Test mit Test- und Kontrollgruppe
Dieses Testmodell mit einer oder mehreren Testgruppen und einer
Kontrollgruppe ist die klassische Testanordnung. Sie zeichnet sich durch eine
breite Anwendungsmöglichkeit aus. Voraussetzung ist, dass Testgruppe(n) und
Kontrollgruppe(n) strukturgleich sind.
A
B
A
A
A
B
B
A
Lateinisches Quadrat (2x2)
Diese in den dreißiger Jahren von dem amerikanischen Statistiker Fisher
entwickelte Form des Experiments hat gegenüber dem Vorher-nachher-Test
den Vorteil, mögliche Unterschiede zwischen den Gruppen von Geschäften
dadurch auszugleichen, dass jede Testmaßnahme in allen beteiligten
Geschäften durchgeführt wird. Saisonale und sonstige Entwicklungseffekte
werden durch die Rotation der Testmaßnahme kompensiert. Der Einfluss der
Testmaßnahme kann exakt isoliert werden. Mittels Varianzanalyse und F-Test
wird die Signifikanz des Testergebnisses statistisch berechnet.
Side-by-side-Test
Dieses seltener angewendete Testverfahren liefert besonders präzise
Ergebnisse, da ein und dieselbe Testsituation in allen Geschäften während der
gesamten Testzeit realisiert ist. Im Gegensatz zum lateinischen Quadrat hat
der Verbraucher die Wahl zwischen zwei oder mehreren Alternativen. Die
Präferenzordnung der Konsumenten wird genau ermittelt, wobei das Ergebnis
aber gelegentlich überzeichnet wird.
A
B
Quelle: A. C. Nielsen o. J. b, o. S.
Abb. 5.4: Testmodelle von A. C. Nielsen Kontrollierter Markttest
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157
I. Produktforschung
Elektronischer Testmarkt: GfK BehaviorScan
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Es wird die Werbekonzeption für ein bestimmtes Testprodukt untersucht.
Dieses Produkt wird in bestimmten Testgeschäften vorrätig gehalten.
Testgruppe bilden 2000 HH mit Kabelanschluss und GfK-Box am TV-Gerät.
Diese HH bekommen via Kabel die zu testenden Werbespots für das Produkt.
1000 HH ohne GfK-Box als Kontrollgruppe
Verkauf des Produktes in Testgeschäften per Scanner erhoben
Teilnehmer an GfK-BehaviorScan weisen sich mit Identifikationskarte aus.
Werbewirkung durch Vergleich der Verkaufszahlen bei Test- und
Kontrollgruppe erfasst.
Vorteil:
Werbung isolierbar
Nachteil:
Beobachtungseffekt
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158
I. Produktforschung
Struktur von GfK BehaviorScan
Testprodukt
Distribution und Preis
durch GfK
Testgeschäfte
90-95% Umsatzbedeutung/LEH
Testrealisation und
Kontrolle durch GfK
Kassen/Scanner
GeschäftsInformationen
Verkaufsdaten
Single
Source
Daten
HaushaltsInformationen
Reales
Einkaufsverhalten
Identifikationskarte
Klassische
Printwerbung
Repräsentative Testhaushalte
Verkaufsförderung
1000 HH ohne GfK-Box
TV-Werbung
Targetable TV
Alle TV-Anstalten
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2000 HH mit Kabel-TV
GfK-Box am TV-Gerät
TV-Reichweiten
200 HH mit
Modem
159
I. Produktforschung
Beurteilung
Testmarktalternativen im Vergleich
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160
I. Produktforschung
Projektionsverfahren für Testmarktdaten
Anzahl der
Wiederkäufer
im Testmarkt
Absatz auf dem
Gesamtmarkt
=
Umsatz auf dem
Gesamtmarkt
=
Anzahl der
Einwohner im
Testmarkt
Umsatz im
Testgebiet
x
Anzahl gekaufter Einheiten
pro Wiederkäufer pro Jahr
x
x
Hochrechnungsfaktor β
x
Anzahl der
Einwohner im
Gesamtmarkt
Korrekturfaktor
Ermittlung des Hochrechnungsfaktors β
Einfache Bevölkerungsprojektion
Marktanteilsmethode
Umsatzverhältnismethode
Kaufkraftindexmethode
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β=
nationale Bevölkerun g
Testmarkt - Bevölkerun g
β=
Umsatz der Produktgru ppe im Gesamtmark t
Umsatz der Produktgru ppe im Testmarkt
β=
Umsatz des Vergleichs produkts im Gesamtmark t
Umsatz des Vergleichs produkts im Testmarkt
β=
nationales Einkommen
Einkommen im Testgebiet
161
II. Werbeforschung
Gegenstand der Werbeforschung
•
•
•
Werbeträgerforschung: Messung der Reichweite der einzelnen
Medien
Werbemittelforschung: Wirkung von Werbemitteln auf ökonomische
und psychologische Zielgrößen
Beispiel: AIDA-Regel
•
•
•
•
Attention
Interest
Desire
Action
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162
II. Werbeforschung
1. Werbeträgerforschung
•
•
•
Ziel: Analyse der Werbeträger im Hinblick auf ihren Beitrag zur
Erreichung der Werbeziele
Kern der Mediaforschung: Mediaanalysen
Mediaanalysen: primärstatistische Erhebung von Kontaktmenge und
Kontaktqualität der einzelnen Werbeträger
• Leserforschung / Leseranalyse (z. B. Allensbacher Werbeträger Analyse)
• Fernsehzuschauerforschung (GfK Nürnberg auf der Grundlage eines
repräsentativen Zuschauerpanels)
•
Daraus können verschiedene Kennziffern für die Mediaplanung
ermittelt werden
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163
II. Werbeforschung
Affinität
Kennzahl zur Bewertung der Kontaktqualität. Sie gibt an, in welchem Ausmaß die Nutzer eines Werbeträgers
den Zielgruppen der Werbung entsprechen und kann als Prozentsatz oder als Indexwert berechnet werden. Als
Prozentsatz berechnet sich die Affinität als
absolute Reichweite in der Zielgruppe
x 100.
absolute Reichweite in der Gesamtbevö lkerung
Den Indexwert erhält man, indem der o. a. Prozentsatz durch den Anteil der Zielgruppe an der Gesamtbevölkerung
dividiert wird. Ein Indexwert >1 (<1) bedeutet, dass die Zielgruppe in der Nutzerschaft des Mediums über-(unter-)
repräsentiert ist.
Durchschnittskontakt
Als Durchschnittskontakt wird die durchschnittliche Anzahl der Kontakte mit einem Werbeträger bezeichnet, bezogen auf alle Personen, welche vom Werbeträger erreicht wurden, also (mindestens einen) Kontakt mit dem
Werbeträger hatten.
Einschaltquote
Kennziffer, welche von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Auftrag der sieben größten Fernsehsender ermittelt wird. Die Einschaltquote besagt, wie viel Prozent der Fernsehhaushalte in Deutschland eine bestimmte Sendung über die gesamte Sendezeit gesehen haben.
Gross Rating Points
(GRP)
Addierte Zahl der Kontakte (ohne Überschneidungen), ausgedrückt als Prozentwert einer Zielgruppe. Die Kennziffer dient der Bewertung des relativen Werbedrucks.
Kontakthäufigkeit
Durchschnittliche Anzahl der Kontakte der Zielpersonen bzw. Zielgruppen mit einem oder mehreren Werbträgern
oder Werbemitteln. Sie wird auch als Kontaktfrequenz bezeichnet.
Leser pro Ausgabe
(LPA)
Rechnerisch ermittelte Zahl der Leser einer durchschnittlichen Ausgabe eines Printmediums. Für ein bestimmtes
Erscheinungsintervall resultiert der LPA-Wert als Quotient aus der Summe der Leser-pro-Nummer-Werte der in
diesem Zeitraum erschienenen Exemplare und der Anzahl der erschienenen Exemplare.
Leser pro Exemplar
(LPE)
Zahl der Personen, die ein Exemplar eines Printmediums lesen. Der LPE-Wert wird nicht direkt erhoben, sondern resultiert als Quotient aus Leser im Erscheinungsintervall und verbreiteter Auflage im Erscheinungsintervall.
Leser pro Nummer
(LPN)
Zahl der Personen, die eine bestimmte Ausgabe eines Printmediums genutzt haben und damit einen Werbeträgerkontakt hatten. Die Ermittlung erfolgt durch Feststellung des letzten Lesevorgangs.
Leser-Blatt-Bindung
Intensität der Bindung eines Lesers an einen bestimmten Titel. Die Messung erfolgt meist auf der Grundlage von
Statements, welche Wertschätzung, empfundene Verzichtbarkeit u. Ä. seitens des Lesers zum Ausdruck bringen. Die Ermittlung der Leser-Blatt-Bindung beruht auf der Vermutung, dass diese die Intensität des Werbemittelkontakts beeinflusst.
Quelle: In Anlehnung an Fantapié Altobelli 2004.
Abb. 5.9: Kennziffern der Mediaforschung (I)
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164
II. Werbeforschung
Leserstruktur
Erhebung im Rahmen einer Leseranalyse. Folgende Variablen werden erhoben:
(1) Weitester Leserkreis (Personen, die in den letzten 12 Erscheinungsintervallen mindestens eine Ausgabe eines Printmediums genutzt haben);
(2) Fluktuation der Leserschaft (personenmäßige Veränderung im Leserkreis eines Printmediums bei gleichbleibender Gesamtzahl der Leser);
(3) Leser pro Ausgabe;
(4) Leser pro Nummer;
(5) Leser pro Exemplar;
(6) Leser pro Seite (Zahl der Kontakte einer oder mehrerer Personen mit einer bestimmten Seite eines Printmediums als Indikator für die Wahrscheinlichkeit eines Werbemittelkontakts).
Medienakzeptanz
Qualitatives Kriterium der Medienbewertung. Einflussfaktoren der Medienakzeptanz sind u. a. Glaubwürdigkeit,
Informationswert, Unterhaltungswert, Nutzerbindung.
Medien-KontaktEinheit (MKE)
Maßeinheit der Mediaforschung mit der Aufgabe, die Kontakte verschiedener Werbeträger vergleichbar zu machen. Die MKE bildet die Grundlage für die Berechnung der Nutzungswahrscheinlichkeit von Werbeträgern.
Bei Printmedien beträgt die MKE eine Ausgabe, beim Hörfunk eine Stunde, beim Fernsehen 30 Minuten und
beim Kino eine Woche.
Nutzungswahrscheinlichkeit
Die Nutzungswahrscheinlichkeit ermittelt sich als Quotient aus der Nutzerschaft pro Ausgabe (bzw. pro Sendetag) und dem weitesten Nutzerkreis (Personen, die im Referenzzeitraum mindestens eine Ausgabe des Mediums
genutzt haben); sie gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass ein Mediennutzer Kontakt mit einer durchschnittlichen
Ausgabe eines Mediums hat.
Reichweite
Zentrale Kennzahl der Werbeplanung. Sie beschreibt das Ausmaß, in welchem die Werbeadressaten erreicht
werden. Reichweiten können nach verschiedenen Kriterien klassifiziert werden:
(1) Bruttoreichweite (Zahl der erzielten Kontakte mit einem Werbeträger oder einem Werbemittel, unabhängig
von der Zahl der erreichten Personen) und Nettoreichweite (Zahl der erreichten Personen, die mindestens
einen Kontakt hatten);
(2) Werbeträgerreichweite (Zahl der erzielten Werbeträgerkontakte bzw. der durch einen Werbeträger erreichten Personen) und Werbemittelreichweite (Zahl der durch ein Werbemittel erreichten Personen bzw. erzielten Werbemittelkontakte);
(3) Quantitative Reichweite (Zahl der insgesamt erreichten Personen) und qualitative Reichweite (Anzahl der
erreichten Personen der Zielgruppe).
Quelle: In Anlehnung an Fantapié Altobelli 2004.
Abb. 5.9: Kennziffern der Mediaforschung
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165
II. Werbeforschung
2. Werbemittelforschung
Ziel:
Überprüfung der Wirksamkeit eines Werbemittels
Î Erfüllung festgelegter Werbeziele durch die Werbemittel
Typische (psychologische) Zielgrößen der Werbung:
• Aktivierung: Erregungszustand des Zentralnervensystems
• Aufmerksamkeit: Vorübergehende Erhöhung der Aktivierung
• Wahrnehmung: Aufnahme werblicher Stimuli
• Einstellung: „innere Haltung“ zum Produkt bzw. zum Unternehmen
• Involvement: Wichtigkeit und Stärke der persönlichen Bindung eines
Individuums gegenüber dem Produkt
Messung:
apparative Verfahren oder Befragung
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166
II. Werbeforschung
Zeitpunkt der Durchführung
Ort der Durchführung
Zu testende Variable
Wissensstand der Testpersonen
Zu testendes Werbemittel
Stadium in der Erstellung des Werbemittels
−
−
−
−
Pretest
Posttest
Labortest
Feldtest
Test zur Messung von
− momentanen Reaktionen
− dauerhaften Gedächtnisreaktionen
− finalen Verhaltensreaktionen
− versteckte Versuchsanordnung
− offene Versuchsanordnung
− Anzeigentest
− Plakattest
− Spot-Test
− Website-Test etc.
− Konzepttest
− Gestaltungstest
Abb. 5.10: Systematik von Werbemitteltests
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167
II. Werbeforschung
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168
II. Werbeforschung
Werbemittelpretests
•
•
Pretests werden durchgeführt, bevor ein Werbemittel fertiggestellt
und in einen Werbeträger eingeschaltet wird.
Arten:
• Konzepttests
• Gestaltungstests
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169
II. Werbeforschung
Konzepttest
•
•
•
Erfolgt in einem sehr frühen Stadium
Wird nicht mit fertigen Anzeigen, sondern mit Entwürfen durchgeführt
(z.B. Layouts oder Storyboards)
Nach der Vorlage des Entwurfs werden die Personen befragt, z.B. ob
die Besonderheiten des Produkts
•
•
•
klar
prägnant
überzeugend
kommuniziert werden.
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II. Werbeforschung
Gestaltungstests (am Beispiel von Anzeigen)
(1) Verfahren der explorativen Analyse
•
Tachistoskop
•
Leseverhaltens-Beobachtung
•
Elektrodermale Reaktion
(2) Verfahren mit verdeckter Versuchsanordnung
•
Folder-Test
•
Wartezimmer-Test
•
Illustrierten-Versand-Test
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II. Werbeforschung
Explorative Analyse
•
offene bzw. durchschaubare Versuchsanordnung
Typische Vorgehensweise:
• Kurzvorlage einer Anzeige (3 - 5 Sekunden) und Erfragen erster
spontaner Eindrücke
• Dauervorlage der Anzeige und Befragung der Testpersonen
• nach allen Anzeigenelementen,
• nach deren Verstehen,
• nach den damit verbundenen Empfindungen.
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II. Werbeforschung
Experimentelle Verfahren
Hilfsverfahren für explorative Analysen und Minimarkttests
Tachistoshop:
• genau regulierte kurzzeitige Darbietung der Anzeige
• Gemessen wird, welche Zeit erforderlich ist, damit Proband bestimmte
Elemente wahrnimmt/erinnert.
Blickregistrierung:
• Aufzeichnung des Blickverlaufs beim Lesen einer Anzeige
• welche Elemente werden zuerst registriert, welche später, welche gar
nicht
Elektrodermale Reaktion (Hautwiderstandsmessung)
• Damit wird die Aktivierung einer Person bei Vorlage z.B. eines Spots
gemessen.
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II. Werbeforschung
Verfahren mit verdeckter Versuchsanordnung
•
Versteckte Versuchsanordnung, möglichst realitätsnahe
Lesesituationen
• Folder-Test: Vorlage einer Mappe mit 15 - 20 Anzeigen
• Wartezimmer-Test: Durchblättern einer Illustrierten in einem
„Wartezimmer“
• Illustrierten-Versand-Test: Eine präparierte Ausgabe der Illustrierten wird
zugesandt.
•
Nach einem bestimmten Zeitraum werden Testpersonen befragt
• an welche Anzeigen sie sich erinnern (Recall) oder
• welche Anzeigen sie wiedererkennen (Recognition).
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II. Werbeforschung
Ergebnis eines fiktiven Anzeigentests mit
AdEval
1. Kontakt*
TOTAL
(in %)
Frau schneidet eine
Möhre
20
Frau schneidet sich in den
Finger
42
„Wenn nichts passiert“
* 1. Kontakt:
Total:
48
52
32
+
+
„ Sie schneidet eine Möhre klein
„ Frau zerschneidet eine Mohrrübe
„ Frau schneidet Gemüse
Frau schneidet sich in den Finger
„ Sie schneidet sich
„ Sie verletzt sich
„ Frau schneidet sich den Finger
ab
„ Es ist kein Blut zu sehen,
obgleich sie sich geschnitten hat
n=94
n=120
++ / -- stark positiv / stark negativ
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11
Frau schneidet eine Möhre
+ / - positiv / negativ
(+) / (-) schwach positiv / schwach negativ
175
II. Werbeforschung
50%
3,1
63%
2,4
87%
4,1
93%
2,3
100%
8,9
57%
2,1
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176
II. Werbeforschung
Werbemittelposttests
•
•
Posttests werden zur Erfolgskontrolle von Werbekampagnen
eingesetzt
Erfasst werden typischerweise:
•
•
•
•
Erinnerung des Werbemittels (Recall bzw. Recognition)
Markenerinnerung bzw. Markenbekanntheit
Einstellung zum Produkt
Kaufabsicht
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177
II. Werbeforschung
Typische Vergessenskurven bei Recall- und Recognition-Tests
100
Behaltenes verbales Material
(Werbebotschaften) in %
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
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Ta
ge
2
Ta
g
1
St
un
de
n
4
St
un
de
1
Te
st
ze
itp
un
kt
Zeit
Recognition
Recall
178
III. Preisforschung
Gegenstand der Preisforschung
•
•
Sammlung, Aufbereitung und Interpretation von Informationen als
Grundlage für Preisentscheidungen
Zentrale Fragestellungen:
• Ermittlung angemessener Preise (für ein gegebenes Produkt)
• Ermittlung von Preiselastizitäten und Preisabsatzfunktionen (für ein
gegebenes Produkt)
• Ermittlung der Preisbereitschaft für alternative Produktausstattungen (für
ein neues Produkt)
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179
III. Preisforschung
1. Ermittlung angemessener Preise
•
•
Ermittlung der Preishöhe, welche von einer Mehrheit der potenziellen
Konsumenten akzeptiert wird
Arten von Preistests
•
•
•
•
Preisbereitschaftstest
Preisschätzungstest
Preisklassentest
Preisreaktionstest
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180
III. Preisforschung
Preistests
Preisschätzungstest
Dem Probanden wird ein Produkt vorgelegt mit der Frage nach dem vermuteten
Preis; dadurch werden die subjektiven Preisvorstellungen sichtbar, bei großen
Preisunterschieden erhält man Hinweise auf unausgeschöpfte Preisspielräume
und damit auf die Möglichkeit einer Preisdifferenzierung
Preisreaktionstest
Dem Probanden wird ein Produkt vorgelegt mit alternativen Preishöhen. Für
jeden einzelnen Preis muss die Testperson angeben, ob er ihn als zu teuer, zu
billig oder angemessen empfindet. Damit können Rückschlüsse auf die
Preisbereitschaft und zu erwartenden Preiswiderstand der Konsumenten
gewonnen werden; auch können Preisobergrenzen für die einzelnen
Käuferschichten festgestellt werden.
Preisbereitschaftstest
Dieser Test zielt unmittelbar auf die Kaufbereitschaft der Konsumenten ab. Es
soll festgestellt werden, ob die Befragten ein Produkt zu einem vorgegebenen
Preis oder zu einem von ihnen als angemessen erachteten Preis kaufen würden.
Preisklassentest
Dieser Test dient zur Feststellung von Preisgrenzen. Den Befragten werden
folgende Fragen gestellt:
„Wenn Sie das Produkt X kaufen möchten, was wäre der höchste Preis, den Sie
zu zahlen bereit wären?“
„Was wäre der niedrigste Preis, den Sie noch für das Produkt X ausgeben
würden, ohne an der Qualität zu zweifeln?“
Damit kann für bestimmte Preisklassen die Anzahl der potentiellen Käufer
ermittelt werden; dies liefert Hinweise für eine Preisdifferenzierung.
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III. Preisforschung
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III. Preisforschung
Preis
in €
Personen, für die der Preis
von € … den höchsten
annehmbaren Preis darstellt
%
Personen, für die der Preis
von € … den niedrigsten noch
annehmbaren Preis darstellt
% kumul.
%
Anteil der
potenziellen
Käufer
% kumul.
%
4,49
0
0
4
4
4
4,99
0
0
26
30
30
5,49
3
3
45
75
75
5,99
21
24
15
90
87
6,49
45
69
7
97
73
6,99
28
97
3
100
31
7,49
3
100
0
100
3
Abb. 5.15: Beispiel für einen Preisklassentest
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III. Preisforschung
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III. Preisforschung
2. Ermittlung von Preiselastizitäten und Preisabsatzfunktionen
•
•
•
Ziel: Prognose der Auswirkungen von Preisänderungen auf die
Absatzmenge
Basis: Ermittlung der individuellen Zahlungsbereitschaften der
Konsumenten
Durch Aggregation der individuellen Zahlungsbereitschaften erhält
man die Preisabsatzfunktion
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185
III. Preisforschung
Verfahren zur Ermittlung der
Zahlungsbereitschaft der Nachfrager
Kaufdaten
ƒ Vergangenheitsdaten
ƒ Preisexperimente
Befragungen
ƒ Expertenbefragungen
ƒ Konsumentenbefragungen
Kaufangebote
ƒ Auktionen
ƒ Lotterien
Abb. 5.17: Verfahren zur Ermittlung der individuellen Zahlungsbereitschaft
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186
III. Preisforschung
Ermittlung auf der Grundlage von Kaufdaten
•
•
Regressionsanalytische Auswertung von Preis-Mengen-Wertepaaren
Vergangenheitsdaten:
• Paneldaten, welche kontinuierlich von Marktforschungsinstituten erhoben
werden
• Kosten: ca. 20.000 € zzgl. Datenbezug
• Vorteile: hohe externe Validität, Schnelligkeit der Auswertung, niedrige
Kosten
•
Preisexperimente:
• Test der Auswirkungen von Preisänderungen auf die Absatzmenge
• i. d. R. als Store-Test (Vorteil: reale Feldsituation), oder
• Labortest (Vorteil: unabhängig von Kooperationsbereitschaft des Handels)
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III. Preisforschung
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III. Preisforschung
Ermittlung auf der Grundlage von Befragungen
•
Konsumentenbefragung
• Direkt
• Indirekt, z. B. Conjoint-Analyse
•
Expertenbefragung
• Z. B. bei neuen Produkten
• Oder wenn Geheimhaltung erwünscht ist
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III. Preisforschung
200
180
160
149
140
123
121
120
92
100
100
75
80
60
84
44
40
20
0
70
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80
90
100
110
120
Preis (Index)
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III. Preisforschung
Ermittlung auf der Grundlage von Kaufangeboten
•
•
•
Den Probanden werden konkrete Kaufangebote vorgelegt
Die Zahlungsbereitschaft resultiert aus der Annahme bzw. Ablehnung
der Kaufangebote
Beispiel: Auktionen
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III. Preisforschung
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