Grand-Prix-Memorial Rudolf Caracciola
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Grand-Prix-Memorial Rudolf Caracciola
Grand-Prix-Memorial Rudolf Caracciola Neu in der Liste historischer Veranstaltungen ist seit dem letzten Frühsommerdas Grandprix-Memorial Rudolf Caracciola. Als Startort haben die Veranstalter die neu ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommene Stadt Kassel ausgesucht, der entfernteste Ort der zweieinhalb Tage dauernden Veranstaltung war Dresden. Dazwischen: Schönste Nebenstrassen durch abgelegene Landschaften, alles sorgfältig ausgesucht und zusammengestellt. Ab und zu wähnte man sich in italienischen Gefilden, so zahlreich wurde man in den Ortschaften, speziell bei den Zeitkontrollen, von einem interessierten Publikum begrüsst. wurde der Tross ins Kasseler-Heiligtum geführt: Start war in der Fussgängerzone Königsalle. „Ich konnte es nicht glauben, dass der Veranstalter die Bewilligung erhielt. Sonst sind dort nur Feuerwehr- und Sanitäts-Fahrzeuge geduldet,“ freute sich der Kasseler Mercedes-190-SLPilot Veith Steinmetz. Knapp 80 Autos, vom Jahrgang 1924 bis zu neuzeitlichen Morgans, die in einer Sonderwertungsklasse am Start waren, nahmen die etwas über 820km unter die Räder, darunter absolute Raritäten wie Mercedes SSK und Blower-Bentleys aus den ausgehenden 20er Jahre und Vorkriegs-Pretiosen wie Alfa Romeo, Treffpunkt war die Wilhelmshöhe in Kassel, ein riesiger Park und berühmt für seine Wasserspiele und die Herkules-Statue. Nach dem üblichen Anmeldeprozedere (geprüft wurde gerade mal, ob’s wirklich ein Auto mit allen vier Rädern dran ist), dem Bekleben mit der Startnummer Kleeblatt 1/2014 7 den. Über Chausseen, flankiert von Bäumen, führte die Strecke zum zweiten Etappenort. Auf dem Theaterplatz in Dresden, umgeben von der Semper-Oper, der Frauenkirche und dem Zwinger war der Zieleinlauf. Fast ein Frevel ob der schönen Stadt – aber: Am Samstag, wieder um 07.00 Uhr war Start zur dritten und letzten Etappe. Über menschenleere Strassen, ein vernünftiger Dresdner lag in dieser frühen Morgenstunde noch im wohlverdienten Schlaf im Bett, rollte der Tross wieder in Richtung Kassel zurück. Und erneut ein Kompliment an den Veranstalter: Grossmehrheitlich waren es erneut Nebenstrassen, die durch die drei Länder Sachsen, Thüringen und Hessen führten. Treffpunkt war in Kassel ein grosser Parkplatz. Dort war das Memorial Rudolf Caracciola zwar zeitlich zu Ende – der Tross wurde dann gesammelt unter Führung der Polizei wie in Italien in die Innenstadt zu Orangerie geführt, wo unter grossem Publikumsaufmarsch dann der Schlusspunkt gesetzt wurde. Alvis, Lagonda oder Riley. Es war keine Kaffee-Fahrt. Die Nachtetappe, gestartet um 17.00 Uhr dauerte viereinhalb Stunden – nach 22.00 Uhr fiel man etwas müde ins Bett im Etappenort Eisenach. Das erste Auto rollte am andern Morgen bereits um 07.00 Uhr von der Startrampe. Am Freitag standen nebst schönen Landschaften (mehrere Minuten begegnete man keinem andern Auto, Dörfer lagen mehrere Kilometer auseinander), zwei Rennstrecken auf dem Programm. Das Schleizer-Dreieck und der Sachsenring, beide vor allem in Motorradkreisen berühmt (und berüchtigt). Auf dem Schleizer-Dreieck waren sechs Wertungsprüfungen mit Lichtschranken angesagt, auf dem Sachsenring musste dreimal eine möglichst identische Rundenzeit erzielt wer- Resultate: 1. Stegemann / Stegemann (D), Alfa Romeo Giulia Sprint; 2. Prym / Prym (D), Jaguar XK 140 DHC; 3. Diekmann / Lang (D), Fiat 520 Competizione; 4. Suter / Steinegger (CH, Alfa Romeo 2000 Touring Spider; 5. Schönborn / Schönborn(D), Morgan +8; 6. Boll / Boll (D), Jaguar XK 120 DHC; 7. Christmann / Michalik (D), Renault Alpine A110; 8. Golm / Golm (D), Opel Rekord C; 9. Kirby / Kirby (GB), Triumph TR 3; 10. Finkemeier / Finkemeier (D), Rally Cyclecar AZ. - Weiteres inkl. komplette Resultatübersicht: www.gp-rudolf-caracciola.de Resumée Mit dem Grand-Prix-Memorial Rudolf Ca- Bildlegende: Ganz oben: Einfahrt vor imponierender Kulisse in Dresdeen Mitte: Grabmal der Caracciolas in Lugano-Castagnola Oben: Rudolg Caracciola (links) und Bernd Rosemeyer, zwei Heros der Vorkriegszeit Kleeblatt 1/2014 8 Bildlegende: Links: Ein Sakrileg - die Oldtimer in der Kasseler-Fussgängerzone... Oben: Caracciolas Karriere endete 1952 beim GP der Schweiz in Bern an einem Baum Unten: Siegerauto beim Memorial - natürlich ein Alfa Romeo! racciola taucht eine weitere Oldtimer-Veranstaltung auf. Noch eine mehr auf dem grossen Feld von Veranstaltungen, kann man sich fragen, was soll das? Irrtum, wer sich auf diese Fragestellung einlässt. Obwohl die Erstauflage kleine Mängel hatte – der Veranstalter kann Stolz auf das sein, was er den Teilnehmern geboten hatte. Angefangen mit Kasseler-Highlights wie Wilhelmshöhe, Königsallee oder Dresden mit dem Theaterplatz, den zwei Rennstrecken Schleiz und Sachsenring und den perfekt ausgewählten Strassen und Regionen: Dies muss zuerst jemand auf demselben Level servieren! Zwei, drei kleine Korrekturen und in Hessen ist eine Oldtimer-Veranstaltung etabliert, die zu einem „Must“ wird. Caracciolas Karriere in Kurzform Geboren 1901 in Remagen, ab 1922 erste Autorennen, erster GP 1926, 1932 Wechsel zu Alfa Romeo (Mercedes stellte Renntätigkeit nach der Weltwirtschaftskrise ein), 1933 schwerer Unfall beim GP in Monaco, schwerste Becken- und Beinverletzungen, an denen er bis zum Karriereende schwer zu tragen hatte, ab 1934 wieder Rennen für Mercedes, 1937 Europameister (entspricht heutigem Formel-1-Weltmeister-Titel), 1938 Weltrekord auf Mercedes (Rosemeier stirbt bei diesen Rekordfahrten), fuhr ab 1946 wieder Rennen (z.B. Indianapolis), ab 1952 für Mercedes Sportwagenrennen, 1952 verunglückte er in Bern, Karriereende, Rückzug ins Tessin, 1959 Tod in Kassel. Thomas Suter Kassel und Dresden Was haben Kassel und Dresden mit Rudolf Caracciola zu tun? Remagen (dort ist er aufgewachsen) oder Lugano (in Castagnola ist er begraben) stehen eher in Verbindung mit einem der erfolgreichsten Rennfahrer der Vorkriegsaera. Aber: In Kassel startete er in den 20er-Jahren zum „Herkules-Bergrennen“ und in einem Spital in Kassel starb er 1959. In Dresden bekam der junge „Caratsch“, wie ihn seine Freunde nannten, eine Anstellung als Autoverkäufer in einer Mercedes-Vertretung. Sein Monatsgehalt waren 100 DM plus 1.5% Prozent Provision. Viel verkaufte er nicht, vielmehr machte er Gebrauch, am Wochenende Autos für die Teilnahme an Autorennen ausführen zu dürfen … Caracciola und die Schweiz Freud und Leid von Caracciola sind eng mit der Schweiz verbunden. Schon früh zog er ins Tessin und wohnte dort bis zu seinem Tod, begraben wurde er 1959 auf dem Friedhof von Lugano-Castagnola. In Arosa kam 1934 seine erste Frau „Charly“ bei einem Lawinenunglück ums Leben. 1942 kam er dem Wunsch der Nazis, ins „Reich“ zurück zu kehren nicht nach – darauf wurde ihm die Rente gestrichen. Beim GP der Schweiz 1952 verunglückte er in einem Mercedes-Benz 300 SL (dem berühmten Flügeltürer) so schwer, dass er seine Karriere als Rennfahrer aufgeben musste. Kleeblatt 1/2014 9