(Leptinotarsa decemlineata Say) mit P
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Pflanzengesundheit 129 Vergleichende Untersuchungen zur Regulierung des Kartoffelkäfers (Leptinotarsa decemlineata Say) mit Pyrethrum/Rapsöl-, Neemöl- und Bacillus thuringiensis-Präparaten Comparative investigations to control Colorado Potato Beetle (Leptinotarsa decemlineata Say) by Neem, Pyrethrum/Rape oil and Bacillus thuringiensis 1 1 1 S. Kühne , B. Pallutt , M. Jahn , E. Moll 1 Key words: Colorado Potato Beetl, Neem, Pyrethrum, Bacillus thuringiensis Schlüsselwörter: Kartoffelkäfer, Neemöl, Pyrethrum, Bacillus thuringiensis Abstract: The Colorado Potato Beetle is one of the most important pests of potatoes. The effect of various plant protection products with neem oil (NeemAzal-T/S), pyrethrum/rape oil (Spruzit Neu) and Bacillus thuringiensis-B.t.t.(Novodor Neu) against this pest was compared in a field experiment 2004. Neem oil and B.t.t. reduced the number of Colorado Potato Beetle larvae as well as the losses of plant material due to feeding by beetle larvae significantly in the same way. Beneficial arthropods were not affected. The application of pyrethrum/rape oil has shown in this experiment no significant effect to reduce the number of Colorado Potato Beetles. However, the number of beneficial arthropods was reduced from 2.2 individuals/plant (untreated control) to 1.0 individual/plant. Einleitung und Zielsetzung: Der Kartoffelkäfer gehört zu den wichtigsten Schädlingen im Kartoffelbau. Auf den nach EU-Ökorichtlinien zertifizierten Versuchsflächen der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (Kontrollnr.: D-BB-043-4143 A; Sandlöß sL, 48 Bodenpunkte, 536 mm mittlerer Jahresniederschlag) in Dahnsdorf (Land Brandenburg) wurden die dem Ökologischen Landbau zur Verfügung stehenden Pflanzenschutzmittel zur Regulierung des Kartoffelkäfers in Kartoffeln der Sorte „Agria“ im Jahr 2004 vergleichend geprüft. Neben dem auf Neemöl basierende NeemAzal-T/S und dem Bacillus thuringiensis var. tenebrionis (B.t.t.)-Präparat Novodor FC, für die Erfahrungen bereits vorliegen (z. B. SCHROD et al., 1996, BASEDOW et al., 1997), wurde erstmals ein auf Natur-Pyrethrum und Rapsöl basierendes Pflanzenschutzmittel (Spruzit Neu) im ökologischen Kartoffelanbau einem Wirkungsvergleich unterzogen. Dabei sollten auch die Nebenwirkungen der Mittel auf Nützlinge untersucht werden. Methoden: Die Versuche wurden entsprechend der EPPO-Richtlinie PP 1/12 (3) durchgeführt (siehe auch www.bba.de/eppo/i_12.pdf). In einer Blockanlage mit vier Wiederholungen wurden drei Spritzvarianten (Spruzit Neu, Novodor FC und NeemAzal-T/S) und eine unbehandelte Kontrolle angelegt. Die Parzellengröße jeder Variante betrug 6 m x 34 m. Die Anzahl der Kartoffelkäfer, der prozentuale Fraßschaden an den Kartoffelpflanzen sowie die Anzahl der Nützlinge wurden im Bestand wöchentlich an 10 markierten Pflanzen pro Variante erhoben. Das ermöglichte, die Varianz der Ergebnisse durch das lokale Auftreten der Kartoffelkäfer einzuschätzen und die Befallsentwicklung für jede einzelne Pflanze nachzuvollziehen. In der Praxis gelten Kartoffelflächen als bekämpfungswürdig, wenn bei der Bonitur von 25 über den Schlag verteilten 1 Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, Stahnsdorfer Damm 81, 14532 Kleinmachnow, [email protected] 130 Pflanzengesundheit Pflanzen im Durchschnitt ein Eigelege oder zehn Larven (L1, L2) je Pflanze zu finden sind. Am 21. Juni (T1) konnten an insgesamt 160 Pflanzen, über den Schlag und alle Varianten verteilt, durchschnittlich 16 Kartoffelkäferlarven (L1, L2) pro Pflanze gezählt Tabelle1: Pflanzenschutzmittel zur Kartoffelkäferregulierung im Vergleich Wirkstoffgehalt Wirkung gegen Gefahrensymbole Gewässerschutz Bienenschutz Nutzorganismen Aufwandmenge l/ha Wasseraufwandmenge l/ha Preis pro Einheit Applikationskosten Kosten insgesamt Spruzit Neu NeemAzal-T/S Novodor FC 825,3 g/l Rapsöl 4,95 g/l Pyrethrum Käfer und Larven Xi - reizend Mindestabstand zu Gewässern einhalten; giftig für Fische, Fischnährtiere und Algen nichtbienengefährlich können geschädigt werden 10 g/l Azadirachtin (Neem) Larven Keine Kein Mindestabstand zu Gewässern notwendig 20 g/kg Bacillus thuringiensis (B.t.t.) Larven Xi - reizend Kein Mindestabstand zu Gewässern notwendig 8,0 nichtbienengefährlich mit Ausnahme von Schwebfliegen (Episyrphus balteatus) nicht schädigend 2,5 1000 400 nichtbienengefährlich schwach schädigend für SiebenpunktMarienkäfer (Coccinella septempunctata) 3,0 (L1 bis L2) 5,0 (L3 bis L4) 500 8 €/l 10 €/ha 76 €/ha 55 €/l 10 €/ha 147 €/ha 16 €/l 10 €/ha 58 €/ha (bei 3l/ha gegen L1 bis L2) werden. Die Anwendung der Pflanzenschutzmittel (Tab. 1) erfolgte daraufhin am 22. Juni entsprechend der Herstellerangaben zwischen 9:00 und 11:00 Uhr bei maximal 23 °C. (Tab. 1). Die Applikation von Spruzit Neu musste aufgrund der hohen Wasseraufwandmenge von 1000 l/ha mit zwei Überfahrten realisiert werden. Drei Tage (25. Juni - T2), neun Tage (2. Juli – T3), 13 Tage (6. Juli – T4) und 24 Tage (16. Juli) nach der Spritzung erfolgten die Bonituren an den Pflanzen. Ergebnisse und Diskussion: Abbildung 1 veranschaulicht die Entwicklung der Larvenzahl pro Pflanze in den verschiedenen Varianten. In der unbehandelten Kontrolle erhöhte sich bis zum 6. Juni die Anzahl auf maximal 28 Larven pro Pflanze. In den nachfolgenden 10 Tagen war für die meisten Larven der Entwicklungszyklus beendet und sie wanderten in den Erdboden zur Verpuppung ab. In allen drei Behandlungsvarianten war das Larvenauftreten reduziert. Mit Hilfe eines paarweisen Mittelwertvergleiches (Welch-Test mit dem Signifikantsniveau α = 0,05) konnte der Unterschied im Larvenbefall zwischen NeemAzalT/S sowie Novodor FC zur unbehandelten Kontrolle für die Bonituren neun (T3) und 13 Tage (T4) nach der Behandlung statistisch gesichert werden. Demgegenüber ist der Vergleich des Larvenbesatzes zwischen der Spruzit Neu- und der Kontrollvariante während des gesamten Versuches nicht signifikant. Entscheidend für den Kartoffelertrag ist der Verlust an Blattfläche durch den Larvenfraß, der bei jeder Bonitur für jede Pflanze eingeschätzt wurde. Auch hier sind die Ergebnisse eindeutig und korrelieren mit der Besatzdichte der Larven. Abbildung 2 Pflanzengesundheit 131 veranschaulicht den durchschnittlichen Spritzung am 22. Juni 2004 Blattflächenverlust, 25 der mit Hilfe einer 20 * quadratischen Reg15 ressionsfunktion für * * die verschiedenen * 10 Varianten berechnet 5 wurde. Am 16. Juli T1 T2 T3 T4 T5 (T5) sind in der Kon21. Juni 25. Juni 2. Juli 6. Juli 16. Juli +3 Tage +9 Tage +13 Tage +24 Tage trolle zwischen 15 und 20 % der Blattfläche unbehandelte Kontrolle Spruzit Neu durch den Larvenfraß NeemAzal-T/S zerstört worden. Da zu Novodor FC diesem Zeitpunkt die Abb. 1: Durchschnittliche Anzahl Kartoffelkäferlarven pro PflanLarvenentwicklung ze in den verschiedenen Behandlungsvarianten; * statistisch überwiegend abgegesicherter Unterschied zur unbehandelten Kontrolle (Welchschlossen war, könTest, α = 0,05) nen sich die Blattverluste in der Folgezeit nur geringfügig erhöht haben. Die einmalige Anwendung von Spruzit Neu konnte die Fraßschäden nicht signifikant verringern. NeemAzal-T/S und Novodor FC führten zu einer Reduzierung der Blattflächenverluste auf 11 bzw. 10 % (T5). Bereits mit dem 10. Tag nach der Behandlung konnten die Unterschiede statistisch abgesichert werden (Vertrauensintervalle überschneiden sich nicht – schraffierte Fläche). Kartoffelkäferlarven/Pflanze 30 Insgesamt konnten 495 Nützlinge an den Kartoffelpflanzen geSpritzung am 22. Juni 2004 15 zählt werden (5 Boniturtermine mit jeweils 10 160 Pflanzen über alle Varianten). Davon war5 en die Marienkäfer (Coccinellidae) – Ima0 gines, Larven, Puppen T1 T3 T4 T5 T2 21. Juni 25. Juni 2. Juli 6. Juli 16. Juli – mit 81 % am häufigs+9 Tage +13 Tage +24 Tage +3 Tage ten vertreten, gefolgt statistisch gesicherter Unterschied unbehandelte Kontrolle von Novodor FC und Spruzit Neu von Spinnen (Aranae) Spruzit Neu jeweils zur unbehandelten NeemAzal-T/S mit 10 %, Florfliegen Kontrolle Novodor FC (Chryso-pidae) – Abb.2: Blattflächenverlust pro Pflanze in den verschiedenen Imagines, Larven – mit Varianten, hervorgerufen durch den Kartoffelkäferfraß (Quadra5 % und Schwebflietische Regressionsfunktion mit Konfidenzschätzung bei α = gen (Syrphidae) – 0,05) Larven, Puppen – mit 4%. Erst am letzten Boniturtermin (T5), dem 16. Juli wurden entsprechende Nützlingszahlen ermittelt, die einen statistischen Vergleich ermöglichten. Der Mittelwertvergleich mit dem Welch-Test (α = 0,05) konnte einen Unterschied zwischen dem durchschnittlichen Nützlingsauftreten zwischen der unbehandelten Kontrolle (2,2 Nützlinge/Pflanze) und der Spruzit Neu-Variante (1,0 Nützlinge/Pflanze) statistisch absichern. Bei den anderen Varianten ließen sich demgegenüber keine Unterschiede nachweisen. Es ist möglich, dass die Marienkäfer empfindlicher auf das PflanzenBlattflächenverlust in % 20 132 Pflanzengesundheit schutzmittel reagierten als die Kartoffelkäfer. Da die Entwicklungszeit des Siebenpunkt-Marienkäfers unter Laborbedingungen bei durchschnittlich 23 °C 25 Tage andauert, können die Auswirkungen der Spruzit Neu–Applikation unter den kühleren Freilandbedingungen nach diesem Zeitraum deutlich in Erscheinung treten. Im Jahr 2004 wurden auf den ökologisch bewirtschafteten Flächen des Versuchsfeldes hohe Kartoffelerträge von durchschnittlich 367 dt/ha erzielt. Statistisch gesicherte Ertragsunterschiede konnten zwischen den Varianten aufgrund der geringen Ertragsdifferenzen und großen Streuungen nicht nachgewiesen werden. Um den Ertrag bewerten zu können, sei an dieser Stelle auf die Fruchtfolge (Luzerne-Klee-Gras – Luz.-Klee-Gras – Winterweizen – Kartoffeln – Winterroggen – Sommergerste), die Düngung von 200 dt/ha Stallmist zur Kartoffel und den günstigen Witterungsverlauf hingewiesen. Schlussfolgerungen: Eine Regulierung des Kartoffelkäfers mit Hilfe von Pflanzenschutzmitteln ist häufig notwendig. Das Bacillus thuringiensis-Präparat Novodor FC und das Pflanzenschutzmittel NeemAzal-T/S (Neemöl) führen bei einem frühzeitigen Einsatz gegen das 1. und 2. Larvenstadium zu guten Bekämpfungserfolgen. Je älter die Larven sind, desto höher sind die erforderlichen Aufwandmengen und die Notwendigkeit von Wiederholungsspritzungen. Da beide Mittel nur wenige Tage nach der Ausbringung wirksam bleiben, kommt der Festlegung des optimalen Spritzzeitpunktes zentrale Bedeutung zu. Häufige Bestandeskontrollen auf erste Eiablagen und einsetzenden Massenschlupf der Kartoffelkäferlarven sind deshalb unbedingt erforderlich. Die Anwendung des Naturpyrethrum-Rapsöl-Präparates Spruzit Neu hat in dem durchgeführten Versuch keine statistisch gesicherte Wirkung gegen den Kartoffelkäfer erzielt. Hier muss jedoch beachtet werden, dass der Hersteller eine zweimalige Behandlung empfiehlt, um die entsprechende Wirkung zu erreichen. Auch konnte die Behandlung mit einer Wasseraufwandmenge von 1000 l/ha aus technischen Gründen nur durch zwei Überfahrten realisiert werden. Die Nützlingspopulation wurde dagegen schon mit der einmaligen Anwendung von Spruzit Neu reduziert. Nach Rücksprache mit dem Hersteller soll 2005 die Wasseraufwandmenge auf 600 l/ha begrenzt und die Spritzung in den frühen Morgenstunden, bei niedrigen Temperaturen durchgeführt werden. Als Kontakt- und Nervengift kann Spruzit Neu im Vergleich zu Novodor FC und NeemAzal-T/S den Vorteil bieten, auch gegen die Käfer und die älteren Larven (L3, L4) zu wirken und damit auch zu einem späteren Zeitpunkt angewendet werden zu können. Um eine hohe Wirkung von Novodor FC und NeemAzal-T/S zu erzielen, müssen diese Mittel zu einem sehr frühen Zeitpunkt des Befalls (Massenschlupf der Larven) eingesetzt werden, ohne zu wissen, wie sich der Befall entwickelt. Literatur: Basedow T, Peters, A (1997) Control of Colorado Potato Beetle (Leptinotarsa, decemlineata Say) by an azadirachtin-formulation (Neem-Azal T/S), by Bacillus thuriniensis tenebrionis (Novodor) and in combinations of both: short-term and long-term effects. th In: Neem Ingredients and Pheromones: Proc. of the 5 workshop vom 22. bis 25. Januar 1990 in Wetzlar, Germany, pp 59-66 Schrod J, Basedow T, Langenbruch GA (1996) Untersuchungen zur Bionomie und zur biologischen Bekämpfung des Kartoffelkäfers (Leptinotarsa decemlineata Say, Col., Chrysomelidae) an zwei Standorten in Südhessen (BRD). J. Appl. Ent. 120: 619-626