Spezial Wohnen mit Stil 20/09
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Spezial Wohnen mit Stil 20/09
MODERNES LEBEN Lesestoff unterm Sessel Nils Holger Moorman entwarf den „Easy Reader“, Preis: 1298 Euro Cooles Cocooning „Quilt“-Sofa der Brüder Bouroullec für die britische Firma Established & Sons – leichtes Material, organische Formen, Preis auf Anfrage DESIGN Kreativschub Frecher und witziger denn je: mit Raffinesse der Rezession. Musik in der Luft Möbel statt Jeans: Diesel stellte seine erste Wohnkollektion vor – die Leuchte „Graf“ kostet bei Foscarini ab 250 Euro Frauenpower aus Schweden Anna Lindgren (v. l.), Sofia Lagerkvist, Katja Sävström und Charlotte von der Lancken bilden das Team Frontdesign 90 FOCUS 20/2009 Hinter Gittern Die Leuchte „Cage“, die Diesel mit Foscarini entwickelt hat, ist als Steh- und Hängelampe ab 395 Euro im Handel in der Krise Auf der Mailänder Möbelmesse trotzten Designer Ein Überblick über die originellsten Trends und Wohnideen Täuschend echt Sieht aus wie Holz, ist aber aus Stoff: Sofa-Prototyp „Soft Wood“ (Moroso) von Frontdesign Fotos: Established & Sons, B. Dalin/Moroso Frischer Wind in antikem Ambiente Das neue Möbellabel Moustache mit Inga Sempés „Vapeur“Leuchte und Matali Crassets „Instant Seat“ „Jean“ mit Fußteil – in unterschiedlichen Farben. Ein passendes Sofa gibt es dazu Malerische Front Shiro Kuramatas Schrank „Hommage an Mondrian“ (Cappellini), ab 7960 Euro Schräge Skulptur im Wohnzimmer Piero Lissonis Tisch „Rotor“ für Cassina mit eingelegten Tafeln aus Kastanie und Ahorn, 8100 Euro Fotos: Tania et Vincent – Les Arts Décoratifs Paris, Walter, N. Zocchi S Grüne Linie Für die Firma B&B Italia entwarf Antonio Citterio den Sessel 92 inkende Umsätze, Konsumflaute, löchrige Bilanzen – Grund genug hätten die Italiener für eine saftige Katerstimmung gehabt, als sich die Branche in diesem April auf der weltgrößten Möbelmesse in Mailand traf. Vielleicht fegte das laue Frühlingslüftchen schlechte Gefühle davon, vielleicht wollten es die kreativen Trendsetter in Krisenzeiten noch einmal wissen: Von lauer Stimmung jedenfalls war nicht viel zu spüren. Fast bis zur gegenüberliegenden Straßenseite erstreckte sich die Gästeschar der Mailänder Bar „Basso“, dem nächtlichen Wohnzimmer der Designwelt. Partys, Prominenz, Premieren, Prada und Pasta: „Milano war der Oberrausch, super, großartig, fantastisch!“, schwärmt etwa Claudia Neumann, die deutsche Pressesprecherin von Firmen wie Foscarini und Thonet. Fast könnte man meinen, die Kölnerin spräche von den schillernden Mailänder Modenschauen, nicht von drögem Industriedesign, technischen Lichtneuheiten oder funktionalen Sitzentwürfen, deren ersten Auftritt man während des „Salone del Mobile“ feiert. An den italienischen Exportschlager Mode reicht die Möbelproduktion im Stiefelstaat noch nicht heran, aber was den Reiz der Events anbelangt, steht der Designer-Branchentreff höher in der Publikumsgunst als Prada und Gucci. Selbst Filmstar Bruce Willis kreuzte in diesem Jahr auf der Messe auf, Stella McCartney kam wie jedes Jahr, um Ehemann Alasdhair Willis und seine Firma Established & Sons zu unterstützen. Die lokalen Mailänder VIPs wie Lapo Elkan, Margherita Missoni und Miuccia Prada schauten sowieso vorbei. Dabei können sich Italiens Einrichter noch lange nicht mit der Fashion-Branche messen. Rund 40 Milliarden Euro kommen durch den Export der Bekleidungsindustrie ins Land, nur etwa zwölf Milliarden schafft die Möbel- high design by Nespresso www.nespresso.com MODERNES LEBEN Runde Zukunft Pures Holz Ohne Metall: Stefan Diezs „CH04 Houdini“ kostet bei e15 ab 565 Euro Zeitloser Stil Der „Finn“-Stuhl (Zeitraum) der Designer Lorenz*Kaz in gebeizter Esche, 445 Euro branche bisher. Dafür sind die Wohndesigner robuster gegen die Rezession gefeit. Um vier Prozent sank der Export der Modeindustrie 2008, mit mindestens noch einmal fünf Prozent weniger rechnet man für 2009. Demgegenüber haben Italiens Möbelbauer im vergangenen Jahr lediglich 1,3 Prozent verloren. Längst liebäugelt die Modewelt mit dem Markt für „Home-Collections“. Armani, Versace, Esprit, Missoni, Fendi, neuerdings Joop! und sogar H & M produzieren fürs Wohnzimmer oder zumindest Textiles für Bad oder Küche. Einen glamourösen Auftritt inszenierte die Firma Diesel diesmal für ihre neue Kollektion – Möbel und Leuchten statt Jeans. Die Italiener Foscarini und Moroso an der Seite als Vertriebspartner, das Thema Rock ’n’ Roll als Motivation und Motiv, lancierte der Modekonzern einen Mailänder Messehit. Mit einem Augenzwinkern reagierten die Designer auf die Finanzkrise. Von der „Best Nonseller Collection“ des bayerischen Kleinunternehmers Nils Holger Moormann über futuristisch schillernde Leuchtobjekte des Briten Ross Lovegrove bis zum knallbunten Plüsch- sofa der brasilianischen Campana-Brüder erlebte vor allem der Stuhl ein Comeback. In Dutzenden von Variationen tauchte er auf, in Holz und Kunststoff, schlicht und verspielt. Zu einem riesigen Turm schichtete die Schweizer Firma Vitra die neue florale Sitzschale „Vegetal“ der Brüder Ronan und Erwan Bouroullec. Vier Jahre lang hatte das DesignerDuo den Stuhl aus dem robusten Kunststoff Miramid entwickelt. „In den letzten sechs Monaten hätten wir den wohl nicht produziert“, gesteht Ronan. Nun steht er da, in sechs Farben, für knapp 350 Euro das Stück. Nachhaltig und wandelbar sollen sie sein, die neuen Möbel der Rezession, und dabei auch noch gut aussehen. Wer kein Geld mehr für Reisen ausgeben will, holt sich die weite Welt mittels Fototapete ins traute Heim. Für Meritalia ließ Gaetano Pesce sein Sofa „Montanara“ mit digitalen Fotos von schneebedeckten Berghängen, Wasserfällen und Waldschluchten bedrucken. So werden Urlaubsträume auf dem ■ heimischen Sofa wahr. GABI CZÖPPAN Gastkuratorin Knalliger Effekt Kunstpelz verwendeten die Brasilianer Fernando und Humberto Campana für ihr „Cipria“-Sofa (Edra) Ambra Medda, Chefin der Design Miami/Basel, auf Kwangho Lees Sessel der „Craft Punk“-Schau FOCUS 20/2009 Foto: M. Drechsel Philippe Starcks neuer Stuhl „Masters“ aus Polykarbonat für Kartell, in Mailand effektvoll mit Robotern inszeniert, kostet um die 999 Euro