Direktlötverfahren für flexible Leiterplatten

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Direktlötverfahren für flexible Leiterplatten
Pressemitteilung - 23. Februar 2009
Direktlötverfahren für flexible Leiterplatten
Inhalt:
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Einleitung
Lötverfahren
Aufbau und Design
Einleitung
Die primäre Funktion von starrflexiblen Leiterplatten ist die Kombination von
starren Leiterplatten und flexiblen Verbindungen. Früher - wie heute nutzen Medizin-, Luft- und Raumfahrt- und andere Produkte die Vorteile dieser nichtlösbaren Verbindungstechnik, wie deren Zuverlässigkeit oder das Miniaturisierungspotential.
Unabhängig davon stellen sich viele Entwickler vor allem in der Startphase von
Starrflex-Projekten die Frage, ob alternativ zur Starrflex-Technik zwei starre Leiterplatten durch Auflöten von flexiblen Zwischenstücken verbunden werden können.
Vorteilhaft wäre, dass Leiterplatten unterschiedlicher Technologien kombiniert
werden und die Einzelkomponenten in Summe möglicherweise preiswerter bezogen werden können. Tatsächlich findet sich eine Reihe von Anwendungen, die
diese Vorteile sinnvoll ausnutzen. So können Halbleiter-, Keramik- oder Glassubstrate mit flexiblen Leiterplatten löttechnisch verbunden werden.
Bezüglich der HF-Performance bieten Direktlötverfahren gegenüber vielen anderer Verbindungstechnologien mehrere Vorteile:
1.) Die HF-Eigenschaften von Polyimid qualifizieren es für Übertragungsraten im
GHz-Bereich.
2.) Im Flexbereich ist es möglich, viele parallele Leiter mit definierter Impedanz
zu designen. Damit wird die aufwändige Montage von Koaxialkabeln überflüssig.
3.) Die Verbindung selbst weist ein Minimum an Störstellen auf. Die Signale verlaufen geradlinig von der einen zur anderen Leiterplatte und müssen weder Steckerpins noch Bonddrähte überwinden.
Früher wurden TAB-Bauteile (Tape Automated Bonding) direkt auf Leiterplatten
montiert. Als TABs bezeichnet man Packages aus Polyimid-Filmstreifen, die ein
einseitiges, sehr feines Fan-Out-Layout aufweisen. Auf diese Streifen werden die
Halbleiter gebondet und vergossen. Dieser Interposer wird dann face-down u. a.
im Bügellötverfahren montiert.
Abb. 1: TAB-Bauteil und TAB-Anschlussfläche auf einer Leiterplatte
Die flexiblen Leiterplatten weisen an den Kontaktstellen meist längliche Lötpads
auf, die an ZIF-Direktstecker oder PCI-Steckkontakte erinnern. Der Unterschied
besteht jedoch im größeren Abstand der Pads, der beim Löten Kurzschlüsse zwischen benachbarten Potentialen verhindern soll.
Diese Kontaktstellen können nun direkt auf die mit Lotpaste versehenen Pads der
Basisplatine platziert werden. Alternativ zum Lotpastenauftrag kann auf den Anschlussstellen der flexiblen Leiterplatte ein galvanisches Lotdepot abgeschieden
werden, welches beim Löten aufschmilzt. In diesen Fällen ist die Lötstelle vorher
nur noch mit Flussmittel zu benetzen. Die Legierung von Lotdepots ist bleihaltig,
weshalb sich die Verbreitung und Verfügbarkeit zunehmend einschränkt.
Abb. 2: Querschnittbild durch ein Pad mit galvanischem Lotdepot
Lötverfahren
Für Lötungen im Reflow-Ofen werden die Einzelteile mit passend geformten Lötrahmen in Position gehalten. Registrierstifte, die die Basisplatine und die Flexfolie
verbinden, sorgen ggf. für eine einfachere und genauere Positionierung, während
federnde Niederhalter die Flexfolie an geeigneten Stellen fixieren und die Verbindungsstellen bis nach dem Löten in Kontakt halten.
Speziell für die Direktverbindung von Flex auf Starr wurde das Bügellöten entwickelt. Hier presst eine Thermode mit einem kontrollierten Temperatur- und Andruckprofil die Lötflächen zusammen. Die Wärme wird also durch das FlexSubstrat hindurch geleitet und erwärmt die Lötstellen. Um das Flex-Substrat
nicht zu stark zu belasten, ist das Lötprofil an die jeweilige Anwendung anzupassen.
Dünne Flexverbinder und Basisplatinen mit geringer Wärmekapazität sind für das
Bügellöten zu bevorzugen, da sonst der schlechte Wärmedurchgang und die
schnelle Entwärmung verhindern, dass die Lötstelle überhaupt die Schmelztemperatur des Lots erreicht. Bei der Materialauswahl ist zusätzlich zu beachten,
dass kleberlose Polyimidsubstrate temperaturstabiler sind und mit einem größeren Prozessfenster verarbeitet werden können.
Bei zweiseitigen Flexverbindern darf die TOP-Lage im Bügellötbereich keine Kupferfläche enthalten, welche die Wärme auf dem Flex verteilt und eine Lötung
verhindert. Idealerweise wird die Deckfolie im Bereich der Bügelkontaktstellen
ausgespart.
Per Handlötung lässt sich die Verbindung ebenfalls herstellen. Hier empfiehlt es
sich, die Lötspitze am Übergangsbereich vom Flex zur Basisplatine zu positionieren und die Wärme über die Pads der Basisplatine auf die gesamte Lötverbindung
zu übertragen.
Wenn ein höherer Übergangswiderstand der elektrischen Verbindung zulässig ist,
kann man alternativ zum Löten über den Einsatz von anisotropen Leitklebern
nachdenken. Sowohl dispensierbare Flüssigkleber (ACA = anisotropic conductive
adhesive) als auch Leitklebefolien (ACF = anisotropic conductive foil) kommen
hier zum Einsatz. Letztere Verbindungstechnik ist z. B. bei der Kontaktierung von
LCD-Displays üblich.
Aufbau und Design
Für die Direktlötungen eignen sich je nach Art des Flexverbinders und dem vorgesehenen Lötverfahren verschiedene Anschlusskonfigurationen. Die Möglichkeiten und Auswahlkriterien werden im Folgenden dargestellt.
Aufbau 1: Einlagiger Standardaufbau mit geätzten Leiterbahnen und Deckfolie
Für das Bügellöten sollte hier kleberloses Material gewählt werden, während sich
für das Reflow- oder Handlöten auch kleberhaltige Basisfolien eignen.
Abb. 3: Einseitiger Standard-Flexverbinder
Aufbau 2: Einlagiger Flexleiter mit freiliegenden Leitern
Wenn Flexverbinder per Hand gelötet und die Lötstellen anschließend verlässlich
inspiziert werden sollen, bietet sich an, die Lötstellen komplett von Polyimid freizustellen, d. h. man arbeitet mit freiliegenden Kupferleitern ohne Trägerfolie.
Dieser Flex kann auch als eine Art THT-Bauteil direkt in Durchkontaktierungen
eingelötet werden. Nachteilig bei dieser Technologie ist, dass diese selbstgefertigten Kupferpins mechanisch empfindlicher sind als die üblichen Bauteilanschlüsse und daher sowohl vor als auch nach der Verarbeitung vorsichtig behandelt werden müssen. Dies gilt insbesondere für feine Raster und dünnem Kupfer.
Für normale Fingerkontakte sollte man einen Pitch von 0,5 mm nicht unterschreiten. In Sonderverfahren sind jedoch auch 100 µm breite freiliegende Leiter möglich. Für die Herstellung dieser Flexfolien muss nicht nur die Deckfolie, sondern
zusätzlich die Basisfolie strukturiert werden.
Abb. 4: Freiliegende Leiter als Anschlusspins aus Kupfer
Aufbau 3: Standard Flex-Bilayer
Bei zweilagigen Flexverbindern eignen sich unterschiedliche Aufbauten für die
verschiedenen Löttechniken.
Das Layout von Flex-Bilayern, die reflowgelötet werden, kann frei gestaltet werden, da die Leiterplatte gleichmäßig erwärmt wird. So können z. B. Referenzebenen für Impedanz-Flexe bzw. Schirmflächen auf der TOP-Seite vollflächig ausgeführt werden. Für Hochfrequenz-Verbindungen bietet dieser Aufbau den Vorteil
einer geradlinigen Signalführung, bei der kaum Störstellen auftreten.
Abb. 5: Standard Flex-Bilayer mit Masseebene auf TOP (links) und Leiter auf BOT (rechts)
Aufbau 4: Flex-Bilayer mit einseitigem Leiterbild an den Lötstellen
Im Gegensatz zum Standard-Bilayer sollten für Hand- und Bügellötungen die Basisfolien kleberlos sein. Daneben dürfen im Padbereich keine Masseflächen vorhanden sein, die die Lötwärme abziehen würden. Dies erreicht man durch zurückgezogene Kupferstrukturen auf der TOP-Seite. Für einen besseren Wärmeeintrag sollte zusätzlich auch die Deckfolie auf TOP freigestellt werden. Wenn
dieses Layout für HF-Verbindungen eingesetzt wird, ist auf der Basisleiterplatte
bereits im Bereich der Anschlussflächen ein Referenzpotential vorzusehen.
Abb. 6: Bügel- und handlötfähiger Flex-Bilayer mit zurückgesetzter Massefläche und Deckfolie auf
TOP (links)
Aufbau 5: Flex-Bilayer mit Durchkontaktierungen in den Lötpads
Die Lötstellen von Flex-Bilayern lassen sich optisch inspizieren, wenn die Lötpads
auf beiden Seiten liegen und mit Durchkontaktierungen versehen sind. Durch die
Vias ist eine für das Handlöten notwendige Wärmeübertragung von TOP nach
BOT gewährleistet. Wenn die Lotpaste aufschmilzt, steigt das flüssige Lot durch
die Vias und benetzt das obere Pad. Dies dient als Kontrolle für die erfolgreiche
Lötung. Zwischen den Pads kann man bei Verwendung geeigneten Materials die
Situation zwischen den Pins begutachten und Lötbrücken erkennen.
Diese Konfiguration ist für hochbitratige Übertragungen nicht geeignet, da die
Lötstellen so geformt sind, dass sie HF-technisch Störstellen darstellten.
Abb. 7: Beidseitig lötbarer Flex-Bilayer mit durchkontaktierten Lötpads
Aufbau 6: Dreilagige Flex-Leiterplatten
Meist führt die Forderung nach einer rundum EMV-Abschirmung zu der Überlegung, dreilagige Flex-Leiterplatten zu entwickeln. Die äußeren vollflächigen Kupferlagen bestimmen die mechanischen Eigenschaften solcher Leiterplatten, d. h.
sie lassen sich plastisch verformen, behalten ihre Form und federn dann nicht
mehr in die Ausgangsgeometrie zurück.
Abb. 8: Querschnitt durch Flexverbinder mit Abschirmung von TOP und BOT
Obwohl sich diese quasi koaxialen Anordnungen prinzipiell für impedanzkontrollierte Leiter eignen, sind die erforderlichen Lagenabstände mit 150 µm so groß,
dass Gesamtstärken von mindestens 0,5 mm erreicht werden. Dadurch leidet die
Flexibilität der Schaltung. Für HF-Übertragungen ist diese Konfiguration auch
weniger geeignet, da die Lötstellen wiederum geometrisch ungünstig sind und als
Störstellen wirken können. Alternativ sollte man prüfen, ob einer der oben beschriebenen Bilayer in der Gesamtbetrachtung vorteilhafter ist.
Abb. 9: Dreilagiger Flexverbinder mit Abschirmung von TOP und BOT
Kontakt:
Dr. Christoph Lehnberger
Vertriebsleiter
ANDUS ELECTRONIC GmbH
LEITERPLATTENTECHNIK
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