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Lager + Umschlag Staplereinsatz
Wenn die Kette zum
Stapel wird
BSH Bosch Siemens Hausgeräte
sorgt im Logistikzentrum
Nauen mit pfiffigen Ideen
rund um den Staplereinsatz
für einen sauberen
Warenumschlag.
U
Still
naufhörlich, durcheinander und
aufgereiht wie die bunten Plastikperlen einer Aufziehkette kommen Waschmaschinen unterschiedlichen
Typs über eine Fördertechnikbrücke aus
der benachbarten Produktion ins Logistikzentrum. Am Standort Nauen in Brandenburg fertigt der Haushaltsgerätehersteller BSH Bosch Siemens Hausgeräte
jedes Jahr rund 850.000 dieser Haushaltshelfer der Marken Bosch und Siemens.
VR/Voigt
Packen zu ohne zu zerdrücken: Mit ihren Klammern heben die Stapler 18 Waschmaschinen
VR/Voigt
Die LKW-Beladung im Versand übernimmt
eine Flotte von Elektrofrontstaplern
Ein Gurtförderer belädt den ganzen Trailer
für den Werkverkehr auf einmal
36 15/2011 VerkehrsRundschau
tet. „Wir überprüfen die Wirtschaftlichkeit
unserer Stapler regelmäßig, im Moment ist
der Kauf die für uns sinnvollste Variante“,
erklärt Falk Engel, Leiter Lageradministration bei BSH in Nauen.
Regale hätten sich für die Lagerung der
Haushaltsgeräte wegen des größeren Platzbedarfs nicht gerechnet. Einige Regalmeter
sind dennoch aufgestellt worden, da sich in
ihnen flexibler lagern lässt als in der Bodenblocklagerung. Für diese teilen gelbe
und grüne Farbmarkierungen auf dem
Stapelbau im Automaten
Beton die Fläche in einzelne Sektoren ein.
Im 45.000 Quadratmeter großen Logistik- Innerhalb der Sektoren lagern die Geräte
zentrum (siehe Kasten rechts) angekom- jeweils typenrein. Die Farben erhöhen die
men, werden die Geräte von einem Scan- Flexibilität im Vergleich zu einer völlig
ner anhand ihres Barcodes identifiziert starren Lageraufteilung. So steht Gelb für
und über ein System aus Rollenbahnen wenige große Sektoren und Grün für viele
nach Typen getrennt. Anschließend rollen
kleine Sektoren. Der aktuelle Gerätemix
sie über die Bahnen in einen Stapelauto- entscheidet, welche Einteilung greift: große
maten, der sie zu lagerfähigen Türmen Stückzahlen von wenig verschiedenen
stapelt: entweder als Zwölferblock drei Typen oder kleine Stückzahlen von vielen
Maschinen breit, zwei hoch, zwei tief oder verschiedenen Typen. Bei der Variante
als 18er-Block, dann kommt noch eine Gelb werden einige Gänge geschlossen und
dritte Lage oben drauf. 400 Geräte pro als Lagerfläche genutzt. Was in welchen
Stunde lassen sich so auftürmen.
Block kommt, entscheidet eine ABC-AnaDurch das Stapeln gelangen die Geräte aus lyse. Schnelldreher lagern vorne bei den
ihrem Ankunftszwischengeschoss auf den Toren, Langsamdreher am Hallenende.
Hallenboden des Logistikzentrums. Dort
Geht den Elektrostaplern bei den Transangekommen greift sich ein Gabelstapler port- und Hebearbeiten zwischendurch
den ganzen Block
die Puste aus, könund bringt ihn zu seinen sie sich an einer
Ein Blocklager mit flexiblen
nem Platz im Blockder vier Stationen
lager. Bis zu sechs Sektoren beherbergt die automa- mit HochfrequenzWaschmaschinen tisch gestapelten Waschmaschinen ladegeräten eine
türmen sich hier
neue Kraftzelle hoübereinander auf.
len. Damit ist ihre
Die Trockner, die aus anderen Werken Leistungsfähigkeit rund um die Uhr sinach Nauen geliefert werden, lagern ob chergestellt. Jedem Flurförderzeug sind
ihres geringeren Eigengewichts sogar acht- über eine Nummer zwei Batterien fest zufach hoch.
geordnet. Die Buchstaben a und b kennDafür, dass die Klammern die neuen zeichnen jeweils den ersten und den zweiWaschmaschinen nicht in einen unför- ten Akku. Laut BSH sind die Hochfremigen Haufen Altmetall verwandeln, sorgt
quenzladegeräte 25 Prozent schneller als
ein Sensor, der den Druck limitiert. Entwi- konventionelle Ladestationen. Die Ladeckelt hat BSH die Klammern für die Stilldauer beträgt sechs Stunden. Gewechselt
Gabelstapler gemeinsam mit dem Anbau- werden die Batterien über den seitlichen
gerätespezialisten Cascade. Anders als
Batteriezugang ohne Kran von jedem Fahsonst bei großen Flotten häufig üblich, sind
rer selbst mit einem Hubwagen.
die Stapler bei Still gekauft und nicht ge- Waren, die nicht mit dem Zug (Kasten
least oder über ein Langzeitmodell gemie- rechts) das Logistikzentrum verlassen, wer-
Staplereinsatz Lager + Umschlag
den von Frontstaplern in LKW verladen.
Für jede Relation gibt es in der Verladezone
eine eigene Bereitstellungsfläche, die die
komplette LKW-Ladung bevorratet. Bei
Touren innerhalb Deutschlands oder in
Nachbarländer werden die Waschmaschinen vor dem Transport zum Schutz von
Hand mit Stretchfolie umwickelt. An den
Abgangstoren zu Regionen mit eher
schlechteren Straßenverhältnissen, wie
etwa Russland, stehen Wickelautomaten,
die den Job übernehmen. Hier ist mehr und
fester gewickelte Folie zum Vermeiden von
Transportschäden nötig: Je schlechter die
Straße, desto häufiger wird gewickelt.
Z ahlen zum BSH-Logistik zentrum in Nauen
wiegend Blocklager (3 Geräte nebeneinander, bis zu 8 übereinander)
■■ Regal: 600 Meter, Erweiterung auf 700
Meter ist geplant
■■ Lagerkapazität: 151.300 Haushaltsgeräte, aktuell 1200 verschiedene Artikel
■■ Umschlag: 3 Millionen Stück in 2010, tägliche Verladekapazität bis zu 20.000 Geräte
■■ Laderampen: 44
■■ Außengelände: 7000 Quadratmeter für
LKW und Container
■■ Flotte: 59 Stapler, 1 Terminalfahrzeug,
1 Rangierfahrzeug
■■ Mitarbeiter: 119 im Dreischichtrhythmus
Die Automatik für den Werksverkehr
Für den Werksverkehr in Nauen haben die
Logistiker noch eine Besonderheit parat.
Wenn größere Mengen Waschmaschinen
vom Stapelautomaten ans andere Ende des
Logistikzentrums transportiert werden sollen, kann eine komplette LKW-Ladung über
einen im Boden installierten Gurtförderer
auf einen Spezialtrailer verladen werden.
Der Trailer unterstützt auch den Entladevorgang. An ein Tor mit einer Starkstromsteckdose angeschlossen schiebt der Trailer
die Maschinen immer vor bis zur Ladekante, wo sie ein Stapler aufnehmen kann. „Das
ist einfacher und wirtschaftlicher, als die
Maschinen mit den Staplern durch die
ganze Anlage zu fahren“, sagt Engel. Auf
dem Gelände in Nauen zieht nicht etwa eine
VR/Voigt
■■ Lagerfläche: 45.000 Quadratmeter, über-
Reichlich Platz für Waschmaschinen, Trockner
und Kühlschränke von Bosch und Siemens
schon fertig beladenen Exportcontainer
direkt in Richtung Westhafen durchstartet.
„Der Einsatz von Containerchassis und
Terberg spart uns die Investition in einen
Reachstacker für den Containerumschlag“,
rechnet BSH-Logistiker Engel vor.
Sattelzugmaschine den Auflieger, sondern
ein Terminalfahrzeug, Terberg RT 222.
Das Terminalfahrzeug kommt auch im Wareneingang zum Einsatz. Hausgeräte aus
den anderen BSH-Produktionsstandorten,
die per Seefracht in den Häfen Bremerhaven und Hamburg ankommen, werden im
Nachlauf nur noch von einer Spedition, der
Spedition Zippel, befördert. Diese befördert
die Container per Zug zum Westhafen Berlin, setzt die Container dort auf Containerchassis um, transportiert sie nach Nauen
und stellt sie dann auf den Abstellflächen
des Logistikzentrums bereit. Von dort werden sie mit dem Terberg zu den Ent- und
später den Beladestellen gefahren, während
die Zugmaschine des Spediteurs mit einem
Standgelder gespart
Zudem verhindere das Konzept, dass
Transportunternehmen wie an einer Aufziehkette aufgereiht an den Rampen auf
ihre Be- und Entladung warten. Standgelder gehören seit der Bündelung der
Containerverkehre im Vor- und Nachlauf
zu den Häfen der Vergangenheit an. ❙❚■
Serge Voigt
Der Stapler im Gestell rangiert die Waggons
Neues Logistikkonzept erhöht
Bahnumschlag um die Hälfte
Eine neue Gleisanlage, eine zusätzliche Laderampe mit drei Toren und ein Gabelstapler als
Rangierlok: Ab dem Frühjahr 2011 be- und entladen die Mitarbeiter des Logistikzentrums
Nauen von BSH Bosch Siemens Hausgeräte mit
einem neuen Logistikkonzept komplette Züge
aus 25 Großraumwagen in einem Durchgang.
590 Meter zusätzliche Schienenstrecke und
eine um 80 Meter verlängerte Laderampe nehmen die Züge auf, die mithilfe eines ausgeklügelten Rangierkonzepts be- oder entladen wer-
den können. Rund eine halbe Million Euro hat
BSH hierfür investiert. Dadurch lassen sich
künftig drei statt zwei Ganzzüge pro Woche
abfertigen. Bisher reichte die Kapazität der beiden Ladehallen für lediglich sechs Großraumwagen gleichzeitig, der übrige Teil eines Zuges
musste jeweils im zwei Kilometer entfernten
Bahnhof Nauen geparkt werden. Dies bedeutete viermal pro Tag zeit- und kostenintensives
Rangieren zwischen den Laderampen und dem
Bahnhof. Übernommen hatten den Job die
Bahnunternehmen CTL und Deutsche Bahn.
Die Stapler-Lok rangiert die Waggons
Die aus drei parallelen Gleisen bestehende
Schienenanlage macht es jetzt möglich, einen
kompletten Zug in unmittelbarer Nähe der
Laderampen bereitzustellen und schafft ein
System der kurzen Wege. Ein Waggonrangiergerät (WRG-SL6), angetrieben von einem
5-Tonnen-Dieselstapler, bringt die Waggons
zum Be- und Entladen. Das Gespann darf bei
BSH bis zu sechs volle Waggons gleichzeitig
bewegen. Die Bahnunternehmen haben diesen
Job verloren. Investiert hat BSH gut 20.000 Euro
in das WRG, hinzu kommt der Stapler. Funktionieren würde auch ein E-Stapler, allerdings hält
BSH den Verbrenner für wintertauglicher.
Anschließend lässt sich auf dieselbe Weise ein
neuer Zug formieren. Die Logistikexperten in
Nauen können so bis zu 400.000 Großgeräte
pro Jahr zusätzlich von der Straße auf die
Schiene verlagern. Das spart 2200 LKWFahrten und laut BSH rund 930 Tonnen CO2Emissionen. Im Jahr 2010 lag der per Bahn
abgewickelte Warenein- und ausgang in
Nauen bei insgesamt 889.132 Geräten. sv
VR/Voigt
Still
W e n n d e r S ta p l e r z u r L o k w i r d
1,3 Millionen Geräte reisen 2011 mit der Bahn
VerkehrsRundschau 15/2011
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