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12-20 Sternekoch_8/04.qxp:ok Rom 12-20 Sternekoch.qxp 01.02.2010 17:06 Uhr Seite 12 Der Herr der Kräuter TITELSTORY Ob Lemon-Ysop, Schildampfer oder Weinraute: Peter Scharff, Küchenchef im LandArtHotel Wartenberger Mühle, hat für jedes Kraut ein Rezept in petto Fotos: KÜCHE/Claudia Rothenberger W ir sind auf Stippvisite in der Kräutergärtnerei von Bernd Simon in Wartenberg. Peter Scharff, Küchenchef im benachbarten LandArtHotel Wartenberger Mühle, hat glänzende Augen. Der Diplom-Gärtner und der Koch schreiten die langen Reihen der Kräuterbeete ab und fachsimpeln über die kulinarischen Vorteile von spanischem Salbei, die aktuellen Ernteprobleme bei Blattpetersilie und die prächtige Entwicklung der brandneuen Feigenminze. Eigentlich ist Peter Scharff längst „Selbstversorger“. Der Kräutergarten der Wartenberger Mühle ist seit Eröffnung des Hotels mit Gourmet-Restaurant und Bistro-Vinothek im Frühjahr 2001 beträchtlich gewachsen. Auf rund 1000 Quadratmetern gedeihen über 80 Kräuter und Gewürze, die für Peter 12 Scharffs Cuisina Herba Barona unverzichtbar sind. Dennoch – bei Bernd Simon wird er stets aufs Neue inspiriert. Garantiert hat der ambitionierte Kräutergärtner wieder eine neue Pflanze entdeckt, und was im Kräutergarten der Wartenberger Mühle gerade nicht so prächtig oder in zu geringer Menge gedeiht, baut „der Bernd“ für ihn an. Die Freundschaft mit Bernd Simon ist für Peter Scharff ein Glücksfall. In der Eröffnungsphase der Wartenberger Mühle lernten sie sich durch Zufall auf dem Wochenmarkt in Kaiserslautern kennen und wurden fortan zu einem unzertrennlichen Gespann, das beim Diskutieren über Anbaudetails, den richtigen Erntezeitpunkt oder die Geschmacksnuancen eines Krauts schnell die Zeit vergisst. „Der Bernd ist Peter Scharff pflegt als Küchenchef im LandArtHotel Wartenberger Mühle in Wartenberg-Rohrbach eine Küche in Einklang mit der Natur und kocht mit Hochachtung und Ehrfurcht vor dem Produkt ZUR PERSON Peter Scharff (35) hat sich auf zahlreichen Stationen das Rüstzeug für den Beruf des Kochs und des Pâtissiers geholt. Die Kochausbildung absolvierte er 1986 bis 1989 im Ringhotel Schwäbisch Hall, die Konditorlehre ab 1989 in der Köhlerstube des Hotel Traube Tonbach, Baiersbronn. Es folgten u.a. Stagièren im Restaurant Zum kleinen Obristen in Dinkelsbühl, bei Hans Peter Wodarz’ Pomp, Duck and Circumstance in Frankfurt, Barcelona und Hamburg, im Restaurant Le Grand Chalet in Gstaad/Schweiz, als Küchenchef im elterlichen Betrieb Hotel Eisenkrug in Dinkelsbühl sowie bei den Drei-Sterne-Köchen Harald Wohlfahrt und Dieter Müller. Seit Ostern 2001 ist er Küchenchef im LandArt-Hotel Wartenberger Mühle, dessen Gourmet-Restaurant nur fünf Monate nach Eröffnung mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde. Im Oktober 2003 folgten 16 von 20 Punkten bei Gault Millau. Peter Scharff brillierte als Bester Fischkoch beim Bocuse d‘Or-Deutschland Open 2000 und gewann 2001 Platz zwei bei der Wahl „Aufsteiger des Jahres“ (Der Feinschmecker). Er ist jeden zweiten Freitag Fernseh-Pâtissier in der Sendung „Kaffee oder Tee?“ des SWR Baden-Baden, hat Auftritte im ARD Buffet und ist Mitautor des Buchs „Die Frucht der Verführung – das kulinarische Apfelbuch“. 12-20 Sternekoch_8/04.qxp:ok Rom 12-20 Sternekoch.qxp 01.02.2010 17:06 Uhr Seite 14 KALT-WARME VARIATION VON DER GÄNSESTOPFLEBER UND GRANNY SMITH-APFEL Für ca. 6 – 8 Portionen Apfelsorbet: ca. 3 Granny Smith-Äpfel 550 g Läuterzucker 350 g Zitronensaft 180 g Calvados 1 EL Glukose Gänseleber-Kalbskopf-Krokette auf Apfel-Kerbel-Vinaigrette: 3 Scheiben Kalbskopfterrine, ca. 1 cm dick 2 Scheiben rohe, marinierte Gänsestopfleber Kalbsfarce Wiener Panade Kalbsjus 1 dl Traubenkernöl 1 dl Olivenöl extra vergine 1 dl Sojaöl 2 Granny Smith, in feinen Würfeln 1,5 EL geröstete Pinienkerne, gehackt 1 cl Calvados 1 dl Apfelessig 3 g Salz Pfeffer aus der Mühle Gebratene Gänsestopfleber auf Apfel-Ingwer-Kompott mit Rosmarinkaramell: 200 g Granny Smith ohne Schale, in Würfeln 60 g kalte Butterwürfel 30 g Zucker 1 Ingwernuss, in Sirup geviertelt 15 g frischer geriebener Ingwer 25 g Zitronensaft, frisch gepresst 1 Prise Salz 3 cl Calvados adelige Kräuterküche“. Damit sind die Grundlagen seiner Arbeit abgesteckt: Die handwerkliche Basis seiner Kreationen ist die klassische Küche, die Inspirationen holt er sich hauptsächlich aus der italienischmediterranen Küche, und die Messlatte für Qualität und Anspruch liegt auf höchstem Niveau. Das Rüstzeug für den Spagat zwischen Frühstücksservice, 1000-PersonenCatering und Sternemenü holte er sich während seiner Lehr- und Wanderjahre, auf denen ihn große Meister ihres Fachs geprägt haben. Im KÜCHE-Interview verrät Peter Scharff, welche Stationen die herausragenden waren, warum er „auf Kräuterkurs“ gegangen ist und wieso Köche stärker in Einklang mit der Natur arbeiten müssen. Gänseleberterrine mit Apfel-Portwein-Gelee: 1 Gänseleber, von Gallenresten, Sehnen und Häutchen befreit Salz, Pfeffer Cognac, Sherry Madeira 0,2 l heller Traubensaft, bis zur Glace reduziert je 0,5 l klarer Apfelsaft und weißer Portwein 4 Granny Smith, ohne Kerngehäuse, geviertelt 12 Blatt eingeweichte Gelatine 3 cl weißer Portwein Zubereitung: Granny Smith schälen, klein schneiden, bis zum gekennzeichneten Rand in Pacojet-Becher füllen, mit einem gekochten Sirup aus Läuterzucker, Zitronensaft, Calvados und Glukose bis zum Rand auffüllen. Gänseleber-Kalbskopf-Krokette auf Apfel-Kerbel-Vinaigrette: Für die Vinaigrette alle Zutaten verrühren, Apfelwürfel und Pinienkerne ergänzen, ziehen lassen, zum Schluss Kerbel zugeben. Kalbskopfterrinenscheiben rund ausstechen. Für eine Krokette drei runde Scheiben Kalbskopfterrine und zwei Scheiben etwas kleiner ausgestochene Gänsestopfleber schichtweise zusammensetzen, sodass die Gänsestopfleber in der Mitte verteilt ist. Das Türmchen rundherum mit Kalbsfarce einstreichen und panieren. Bei 170 °C kurz frittieren. Auf der Vinaigrette anrichten, mit Kalbsjus verfeinern. Gänsestopfleber auf Apfel-Ingwer-Kompott: Alle Zutaten außer Calvados in einer großen Pfanne schnell zum Kochen bringen, die Apfelwürfel zugeben und glasieren, mit Calvados ablöschen. Rosmarinkaramell: Karamell herstellen, mit Wasser verdünnen und mit Rosmarin aromatisieren. Gebratene Gänsestopfleber auf dem Kompott anrichten und mit Rosmarinkaramell und Geflügeljus vollenden. Gänseleberterrine mit ApfelPortwein-Gelee: Gänseleber von Gallenresten, Sehnen und Häutchen befreien, mit Cognac, weißem Port, Sherry, Madeira, Salz, Pfeffer marinieren, kühl und dunkel 24 Stunden durchziehen lassen. Gänseleber in Terinenform geben, bei 65 °C Dampf pochieren, schnell abkühlen. Leber zu Dreiecken schneiden, anrichten, mit Apfel-Portwein-Gelee umranden. Dafür Traubensaft bis zur Glace reduzieren. Apfelsaft und weißen Port sowie geviertelte Granny Smith zugeben, fünf Minuten sanft garen, passieren. Eingeweichte Gelatine ergänzen und kurz vor dem Erstarren weißen Port. Zum Schluss durch ein Passiersieb streichen. Fotos: KÜCHE/Claudia Rothenberger TITELSTORY nicht nur Gärtner. Er ist selbst Hobbykoch und hat ein enormes Wissen, was man mit welchem Kraut alles machen kann“, schwärmt Peter Scharff. Dabei ist der Kopf der Weißen Brigade in der Wartenberger Mühle längst selbst Profi in Sachen Anbau, Pflege und EinUnter historischem satz bekannter wie Kreuzgewölbe aus ausgefallener Küchendem Jahr 1730 gekräuter und -gewürze. nießt der Gast die Bereits als Kind hatte Kräuterküche von Peter Scharff – an er einen kleinen Kräutergarten beim elter- schönen Tagen auch auf der Terrasse inlichen Gastronomie- mitten des hauseigebetrieb in Rothenburg nen Kräutergartens o.d. Tauber. Doch vom Schuljungen mit Kräuter-Faible bis zum Sternekoch mit Kräuter-Leidenschaft war es ein langer Weg. Peter Scharffs Werdegang war geprägt vom Wechsel 14 zwischen seinen beiden Berufen Koch und Konditor, doch im Laufe vieler Stationen in der Top-Gastronomie stellte er fest, dass sein Kochherz einfach stärker schlägt. Zum Glück der Gäste: Peter Scharff pflegt in der Wartenberger Mühle eine Küche in Einklang mit der Natur und kocht mit Hochachtung und Ehrfurcht vor dem Produkt. Bei ihm kommt nicht das auf die Karte, was sein Händler gerade preiswert anbietet, sondern was seinen optimalen Reife- bzw. Erntezeitpunkt erreicht hat. Mutig überschreibt er die Positionen auf der Speisekarte in Scharffs Gourmet-Restaurant mit dem jeweiligen, das Gericht bestimmenden Kraut oder Gewürz, und die Gäste „spielen“ begeistert mit: Sie ordern „Kümmelthymian“ und entscheiden sich damit für ein Zwischengericht mit Ziegenkäse; sie bestellen „Olivenkraut“ und KÜCHE 8/2004 meinen damit den Hauptgang vom Steinbutt, oder sie entscheiden sich für „Arabisches Basilikum“ und bekommen die Variation von der Erdbeere serviert. Mit 35, nach 18 Jahren im Beruf, hat Peter Scharff geschafft, wovon er mit 24 einst träumte: „Dass ich nicht länger kochen muss, was die Gäste wollen, sondern dass sie gezielt wegen meiner Kreationen zu mir kommen, gespannt, was der Küchenchef heute abend für sie kocht.“ In der Wartenberger Mühle arbeitet Peter Scharff im familiären Umfeld. Patrons sind sein Bruder Martin und Schwägerin Anja. Eigentümer der aufwändig renovierten Dreiseithof-Anlage aus dem 16. Jahrhundert ist der Architekturprofessor Horst Ermel, Schwiegervater seines Bruders. Auch Peter Scharffs Frau Claudia, Mutter seiner vierjährigen Zwillinge, ist Küchenmeisterin und Mitglied der Weißen Brigade. Das Gesamtkonzept der Wartenberger Mühle verspricht Urlaub vom Alltag in KÜCHE 8/2004 traumhafter Lage inmitten der Natur rund zwölf Kilometer nördlich von Kaiserslautern und zeichnet sich durch Vielseitigkeit aus: Hotel mit 14 Zimmern; Bistro-Vinothek; Gourmet-Restaurant, zwei Außenterrassen mit insgesamt rund 80 Plätzen; Banketts, Tagungen und Familienfeiern im Haus; externe Caterings mit zum Teil weit über 1000 Gästen – ein Spektrum, das Peter Scharff und seine elfköpfige Brigade fordert, ihn aber nicht daran hindert, sich Freiräume für die Weiterentwicklung seiner Cuisina Herba Barona zu schaffen. Die eigenwillige Wortschöpfung übersetzt er mit „Die französisch-italienische : Sie kommen aus einer Gastronomenfamilie. Ihr Bruder ist Koch und staatlich geprüfter Gastronom. Ihre Mutter betreibt den Gasthof Goldener Anker in Dinkelsbühl. Wann hat Sie die Leidenschaft fürs Kochen gepackt? Scharff: Als mein Bruder in die Kochlehre ging und er meiner Mutter, einer Autodidaktin, das professionelle Kochen beibrachte, wusste ich plötzlich nachts um halb eins beim Spätzlemachen: Das willst du auch werden! : Warum haben Sie sich dann entschlossen, noch Konditor zu lernen? Scharff: Während meiner Kochausbildung im Ringhotel Hohenlohe in Schwäbisch Hall entdeckte ich mein großes Interesse an der Pâtisserie. Mein damaliger Küchenchef Helmut Pfizenmaier hat es glücklicherweise unterstützt und stellte mich für ein Konditorpraktikum frei. Daraufhin habe ich mich für eine Konditorlehre in der Köhlerstube des Hotels Traube Tonbach in Baiersbronn entschieden und in Rudolf Staudinger einen sensationellen Lehrmeister gefunden. Nur die Arbeitszeiten waren für mich nach der Kochlehre gewöhnungsbedürftig: Ich habe morgens um acht angefangen und hatte abends um sechs Feierabend. Ich habe mich gelangweilt. Irgendwann bin ich nach Dienstschluss nicht mehr nach Hause gegangen, sondern in die Küche und habe auf dem Gardemanger-Posten mitgearbeitet. Die Euphorie unter den Köchen hat mich sehr begeistert. So bin ich auf Gilles Vacher und Jörg Walter, das Pâtisserieteam vom Harald Wohlfahrt in der Schwarzwaldstube, aufmerksam geworden. Ich habe das erste Mal 20 verschiedene Petits fours auf dem Ständer gesehen und war fasziniert. Ich habe alles fotografiert, um die neuen Eindrücke festzuhalten. Gilles Vacher sagte: „Gut, du 15 12-20 Sternekoch_8/04.qxp:ok Rom 12-20 Sternekoch.qxp 01.02.2010 17:06 Uhr Seite 16 Fotos: KÜCHE/Claudia Rothenberger TITELSTORY kannst hier was lernen, aber wenn du Rezepte haben willst, musst du sie dir erarbeiten – mit Abstauben ist nichts!“ Also hat er mich mit drei Kilo Pralinenmasse in den Froster gestellt und mich alles per Hand abdrehen lassen. Eine Heidenarbeit, aber Hauptsache, ich hatte das Rezept. : Nach Ihrer Konditorlehre haben Sie bei Ihrem Bruder in Dinkelsbühl gearbeitet, der im Restaurant Zum kleinen Obristen bereits einen Stern hatte. Was hat Sie bewogen, von dort zu Pomp Duck and Circumstance zu gehen? Scharff: Ich las eine Annonce, über die Hans Peter Wodarz Mitarbeiter für das Gastspiel in Barcelona suchte. Ich hatte keine Ahnung, was Pomp Duck and Circumstance ist, aber die bebilderte Anzeige hat mich spontan angesprochen. Ich wurde als Commis-Pâtissier eingestellt, doch als es losging, war der Chef-Pâtissier nicht da. So habe ich von März bis Ende Juni mit einem Commis 35 000 Desserts produziert, jeden Tag frisch und mit sehr viel Euphorie. Da habe ich das Improvisieren gelernt – es war die verrückteste Zeit meines Lebens. : Was haben Sie für sich mitgenommen? Scharff: Ich war ein halbes Jahr in der Pâtisserie und bin dann beim Gastspiel in Hamburg auf den Poissonier-Posten gewechselt. Da haben wir in der Woche 350 Kilogramm Lachs filetiert und jeden Abend 250 Hauptgänge mit sechs Köchen in 23 Minuten geschickt. Die Routine, die man dabei entwickelt, hat man gespeichert. 16 GEGRILLTER BRETONISCHER STEINBUTT AUF EINEM PÜREE VON GRÜNEN MANDELN MIT GEBACKENEN SCHWEINSOHREN & GELEE VON ARABISCHEM MAJORAN Für ca. 10 Portionen 600 g Steinbuttfilet Püree von grünen Mandeln: 325 g geschälte grüne Mandeln 0,5 l frische Vollmilch 7g Meersalz Gebackene Schweinsohren: 800 g Mire-poix 4 Liter Wasser 0,5 l Weißwein 2 Knollen Knoblauch, halbiert 6 Nelken 10 g Wacholderbeeren je 5 g Kümmel und Rosmarin 40 g Meersalz 4 kleine Lorbeerblätter 15 g schwarze Pfefferkörner, ganz 10 g Thymian, frisch Tempurateig: 80 g Tempuramehl 190 g Schweinskochfond gem. Kümmel, Knoblauch, Salz Gelee von arabischem Majoran: 1/2 l Wasser 15 g frischer Majoran 1 Zehe Knoblauch 5g Zucker, etwas Meersalz 2,5 g Agar-Agar-Pulver Wenn ich heute Menüvorschläge für 500, 700 oder 1 000 Personen schreibe, kommt mir das sehr zugute. Ich weiß, dass die Planung im Vorfeld über die spätere Qualität entscheidet. Man muss Produkte wählen, bei denen es trotz Standzeit keine Qualitätsverluste in Farbe, Geschmack oder Volumen gibt. Und man muss das Menü auf die Qualifikation seiner Köche abstim- Zubereitung: Fürs Mandelpüree die Zutaten einmal zusammen aufkochen, dann 30 Minuten sanft kochen lassen. Pürieren, in Pacojet-Dosen abfüllen und mindestens 24 Stunden gefrieren. Bei Bedarf aufmixen, im Wasserbad erwärmen, mit etwas Salz, Zucker und Mandelöl vollenden. Schweinsohren: Mire-pox in Öl anschwitzen, mit Wasser und Weißwein ablöschen, Gewürze und Kräuter zugeben, ca. 20 Minuten sanft garen. Küchenfertige Schweinsohren zugeben und in zirka 2,5 Stunden weichkochen, dann links und rechts vom Knorpel entfernen, auf Backpapier auskühlen lassen. In Form schneiden, salzen, mehlieren und durch den Tempurateig ziehen, bei 180 °C knusprig ausbacken. Für das Gelee von arabischem Majoran Wasser mit Majoran, Knoblauch und Zucker bis auf 600 ml einkochen, AgarAgar einrühren und einmal gut aufkochen. Das noch heiße Gelee auf ein Blech gießen und erstarren lassen. Vor dem Anrichten in feine Balken schneiden und erwärmen. Anrichten: Steinbutt würzen und grillen, auf dem Mandelpüree anrichten, Geleebalken anlegen und mit den gebackenen Schweinsohren garnieren. Reduzierten Schweineglace angießen, Teller jeweils mit einem Zweig arabischem Majoran vollenden. Warum arabischer Majoran? Er hat eine sehr ausgewogene Geschmacksintensität, die sich mit Fisch wie Fleisch optimal verbindet. Sein größter Vorteil besteht darin, dass er auf der Zunge keine Schärfe entwickelt wie die meisten Vertreter seiner Gattung. men. Kürzlich haben wir für Zirkus Sarasani über vier Tage 2 500 Gäste bekocht, das hat wie am Schnürchen geklappt. : Bei Pomp Duck and Circumstance haben Sie das Improvisieren und Organisieren gelernt – Ihre wichtigste Station? Scharff: Nein, das war das Restaurant Le Grand Chalet in Gstaad/Schweiz, ein Ableger des berühmten Palace Hotel. KÜCHE 8/2004 Foto: KÜCHE/Claudia Rothenberger AUF EINEN BLICK LandArt Hotel Wartenberger Mühle Historie: Im Mittelalter stellte die Mühle die Versorgung des Schlosses der Wartenberger Grafen sicher; in der Barockzeit wurden die Gebäudeteile zur einer Dreiseithofanlage zusammengefasst. Der idyllisch im Lonsbachtal rund zwölf Kilometer nördlich von Kaiserslautern gelegene Dreiseithof wurde von Architekturprofessor Horst Ermel zum heutigen LandArtHotel umgebaut, in dem sich alte Bausubstanz und moderne Architektur harmonisch verbinden. Das Gourmet-Restaurant ziert ein neuteiliges Kreuzgewölbe von 1730, dessen Mittelteil mit vier Säulen original erhalten ist. Inhaber: Horst Ermel Patron/Pächter: Martin und Anja Scharff Küchenchef: Peter Scharff Tournant/„Joker“: Claudia Scharff Gastronomie & Kapazitäten: Scharffs Gourmet-Restaurant (30 Plätze à la carte/60 Plätze Bankett), Bistro-Vinothek (50 Plätze), Chefs table (acht Plätze), Catering (intern und extern) für 30 bis 300 Personen Terrassen: ca. 100 Plätze Öffnungszeiten: Gourmetrestaurant Mittwch bis Sonntag, abends; Bistro Montag bis Sonntag, mittags & abends Hotelbereich: 14 individuell ausgestattete Zimmer von der Maisonette bis zur Suite mit Whirlpool Mitarbeiter: 35 Festangestellte Weiße Brigade: sechs Köche, sechs Auszubildende Kontaktadresse: Schlossberg 16, 67681 Wartenberg/Pfalz, Tel. 0 63 02/9 23 40, Internet: www.wartenberger-muehle.de 01.02.2010 17:06 Uhr Seite 17 Dort traf ich auf Christophe Chastellain, ein außergewöhnlicher Chef mit außergewöhnlich hohem Qualitätsanspruch. Er hatte seine Ausbildung bei Fredy Girardet in Grissier/Schweiz absolviert, mit Eckart Witzigmann und im Comme chez soi in Brüssel gearbeitet. Ich wollte damals zurück in die Küche, doch als ich meinen Dienst antrat, sagte er zu mir: „Guten Tag, Herr Commis-Pâtissier!“ : Wie haben Sie da reagiert? Scharff: Ich wäre am liebsten wieder nach Hause gefahren, aber dann habe ich doch Plätzchen fürs Weihnachtsgeschäft produziert und auf meine Chance gewartet. Ich erhielt sie, als der Chef-Pâtissier frei hatte. Da habe ich zwölf verschiedene Petits fours und Schokoladenmalerei gemacht. Das hat Christophe Chastellain beeindruckt, aber den Posten in der Küche hatte ich immer noch nicht. Erst als ein CommisEntremetier einen Kreislaufkollaps erlitt, hieß es: „Herr Scharff, ab morgen sind Sie auf dem Entremetier.“ : Hat sich das Warten gelohnt? Scharff: Unbedingt! Das Kochniveau und die Anforderungen waren hoch wie nie zuvor. In Spitzenzeiten hatte ich 27 verschiedene Gemüsebeilagen im Kühlschrank. Da kündigte der Küchenchef auch noch eine Wildkarte an und erwartete je neun verschiedene Gemüse- und Sättigungsbeilagen! Sein Erfolgsrezept: Er hat uns Lösungen erarbeiten lassen, aber insgeheim immer das Niveau bestimmt. Einmal Das Dutzend im Kräutergarten: Küchenchef Peter Scharff und seine Frau, Küchenmeisterin Claudia Scharff, mit der Weißen Brigade im Kräutergarten, der direkt an die Küche das LandArtHotels Wartenberger Mühle grenzt. So haben die Köche stets Zugriff auf topfrische Ware und leben und arbeiten quasi in einer Symbiose mit den Hauptdarstellern in ihrer Küche 18 CHAMPAGNERKUTTELN UND SPITZKOHL MIT PANCETTA, KRÄ UTERSAITLINGEN UND SCHILDAMPFER Foto: Fine Art PhotographyUli Sapounzdis 12-20 Sternekoch_8/04.qxp:ok Rom 12-20 Sternekoch.qxp Für ca. 10 Portionen 1 kg gewässerte, geputzte und fein geschnittene Kutteln 160 g Mehlbutter 80 ml Champagneressig, auf 20 ml reduziert je 0,25 l Milch und Sahne Salz, Pfeffer, Schlagsahne, Champagner Kuttelkochfond: 6l Wasser 1l weißer Kochwein 70 g Salz 8g Wacholderbeeren 8g ganze weiße Pfefferkörner 10 g ganze Pimentkörner 2 kleine Lorbeerblätter 200 g Zwiebelstücke 150 g gestückelte Karotten ohne Strunk 80 g Grünes vom Lauch 150 g kleine Stücke vom Knollensellerie 5 Zweige Estragon 3 Zweige Rosmarin 10 Stgl. Thymian 8 Stgl. Glattpetersilie Außerdem: 400 g Spitzkohl je 30 g Schalotten- und Gemüsebrunoise 30 g Brunoise von Pancetta (scharfer ital. Bauchspeck, ohne Schwarte) Chiliöl, Meersalz & Kümmel, gemahlen ca. 50 kleine Kräutersaitlinge 120 g Pancetta in dünnen Scheiben Knoblauch, frische Kräuter Zubereitung: Kuttelfond kochen, passieren, Kutteln darin bei milder Hitze weich kochen. Ein Teil des Kochfonds im separaten Topf erwärmen, Mehlbutter einrühren, dicklich einkochen, Milch, Sahne, Essigreduktion und gegarte Kutteln zugeben. Mit Schlagsahne und einem Spritzer Champagner vollenden. Brunoise in Chiliöl anschwitzen, Spitzkohl zugeben, abschmecken. Kräutersaitlinge anbraten, mit wenig Knoblauch & Kräutern verfeinern. Pancettascheiben unter dem Salamander knusprig grillen, noch heiß formen. Spitzkohl auf den Teller geben, Pancettaring aufsetzen. Kutteln und Kräutersaitlinge anlegen, mit Schildampfer dekorieren. Warum Schildampfer? Dieses hervorragende Kraut mit seiner fleischigen angenehmen Säure ersetzt den klassischen Schuss Essig in diesem Gericht. TITELSTORY ist mir der Behälter mit Ratatouille auf den Boden gefallen. Ich entschuldigte mich, doch Christophe Chaltellain sagte: „Macht nichts, Herr Scharff, das war eh’ nicht gut. Wenn ich etwas mit Liebe koche, stelle ich es nie so hin, dass es runterfällt.“ Er verlangte das Äußerste, aber er bedankte sich hinterher z.B. auch für einen guten Service. : Sie haben später noch bei den DreiSterne-Köchen Harald Wohlfahrt und Dieter Müller gearbeitet … Scharff: Ohne die Zeit in Gstaad hätte ich es bei diesen beiden Kochgrößen nie geschafft. Dieter Müller hat mich in die neuzeitliche Küche auf höchsten Niveau eingeführt, Harald Wohlfahrt hat mich in Perfektion & Kontinuierlichkeit getrimmt. Da wurde mir klar, dass es ohne das Basiswissen in der französischen Küche keine perfektionierte Kreativität geben kann. Die vierwöchige Buchproduktion mit Harald Wohlfahrt – ich war Gardemanger – gehört zu den Highlights meiner Laufbahn. :Was hat Sie im Detail bewogen, danach sozusagen auf Kräuterkurs zu gehen? KÜCHE 8/2004 Scharff: Es hat mich immer gewun- dert, dass sich nie ein Koch in Deutschland wie Oskar Marti in der Schweiz oder Marc Veyrat in Frankreich wirklich auf Kräuter spezialisiert hat. Außerdem war es mir zu wenig, alles nur über den Händler zu bestellen. Das führt doch dazu: Der Küchenchef überlegt sich ein Gericht, beispielsweise Fisch mit Karotte. Dann bestellt er Karotten, ohne zu wissen, wie es um die aktuelle Qualität steht. Vielleicht sind die Karotten in dieser Woche nicht gut – vielleicht wäre Fenchel besser. Ich glaube, wir Köche müssen umdenken und zuerst die guten Produkte ausfindig machen, bevor wir unsere Kreationen entwickeln. : Dafür haben Sie hier mit dem eigenen Kräutergarten gleich neben der Küche die besten Voraussetzungen. Scharff: Genau, wir leben hier sozusagen in einer Symbiose mit den Hauptdarstellern unserer Küche. Wir sehen, ob sie sich gut entwickeln oder nicht so gut in Form sind. Heuer ist ein schlechtes Jahr für Petersilie. Letztes Jahr gab es große Pro- KÜCHE 8/2004 Wir kochen Olivenkraut mit Steinbutt und nicht etwa Steinbutt mit Olivenkraut Peter Scharff, Küchenchef Wartenberger Mühle bleme mit Salbei. Durch die Nähe zum Produkt können wir nicht nur die Qualitäten besser einschätzen, sondern dem Gast auch optimale Frische garantieren. Wir ernten in der Regel unmittelbar vor der Verarbeitung bzw. in den Morgenstunden, wenn die Pflanze im besten Zustand ist. : Wie genau integrieren Sie die frischen Kräuter und Gewürze in Ihre Küche? Scharff: Im Mittelpunkt unserer Gerichte im Gourmet-Restaurant steht stets ein Kräuteraroma. Das bedeutet im Klartext: Wir kochen Olivenkraut mit Steinbutt und nicht Steinbutt mit Olivenkraut. Um dies zu verdeutlichen, haben alle Ge- richte auf unserer Karte eine Überschrift. Sie heißen z.B. Majoran, Liebstöckel oder Salbei. Mein Ziel ist es, dass die Gäste ihre Bestellung am Kraut orientieren, und das funktioniert hervorragend. : Wie intensiv setzen Sie das Kräuteraroma in einem Gericht um? Scharff: Wenn das Gericht Spanischer Salbei heißt, ist Salbei möglichst in allen Komponenten des Gerichts: in der Soße, in der Füllung fürs Kaninchen, in der Gemüsebeilage. Um das Kaninchen zu würzen, mixen wir Meersalz mit Salbei. Ähnlich funktioniert es beim Gericht Zitronenbasilikum: Es gibt Zitronenbasilikumsalz, um die Meerbarbe zu würzen, und Zitronenbasilikumöl, um sie zu braten. Auch den Fenchel zur Rotbarbe bereiten wir mit diesen Aromen zu. So wird das Gericht insgesamt stimmiger. Es ist natürlich ein schmaler Grad, auf dem wir uns bewegen, aber das ist die gehobene Küche immer. Wenn man nicht aufpasst, ist es zuviel des Guten.Vor allem ist mir wichtig, dass der Gast das Aroma auf dem Teller für sich 19 entdecken kann. Ich halte nichts von leerer Effekthascherei auf der Karte. : Sie bauen 80 bis 90 Kräuter und Gewürze an. Schafft es jedes auf die Karte? Scharff: Bei einem Spaziergang durch den Kräutergarten können die Gäste unsere Philosophie verinnerlichen und sich zu ihrem Menü inspirieren lassen. Von allen Kräutern und Gewürzen, die wir hier anbauen, kommen etwa 50 für die Küche in Frage. Wir haben allein 23 verschiedene 01.02.2010 17:06 Uhr Basilikumsorten. Diese Vielfalt macht in der Küche keinen Sinn, aber es geht ja auch darum, den Gästen zu zeigen, was es alles gibt. Für die Botanik bietet das Lohnsbachtal bessere Bedingungen als etwa Südfrankreich. Wir erreichen nicht die Temperaturen, aber durch die Äquatorverschiebung haben wir prozentual mehr Tageslicht. Speziell Basilikum liebt Helligkeit und gedeiht hier prächtig. Jetzt kommt noch Zimtbasilikum dazu. Das passt z.B. zu einer TRILOGIE VOM HAUSKANINCHEN MIT JUNGEN LAUCHSCHOTEN, PFIFFERLINGEN UND SPANISCHEM SALBEI Für ca. 10 Portionen Kaninchen-Cannelloni: 100 g Nudelteig 150 g Füllung (aus Pfifferling-Duxelles, Kaninchennieren, -leber, geschmorter -schulter, Gemüsebrunoise) Kaninchenglace, Spanischer Salbei Confierte Kaninchenkeule: 1 kg Kaninchenfleisch 17 g Salz (Hälfte Salz, Hälfte Pökelsalz) Spanischer Salbei, Senfkörner Kaninchenkrone: 5 Kaninchenrücken Kaninchenfond Sherry Pfifferlinge Spanischer Salbei 2 EL Kaninchenjus Beilagen und Garnituren: Lauchschoten, blanchiert & glasiert gebratene Pfifferlinge Salbei-Juliennes 300 ml Kaninchenjus, mit Sahne, Sherry, Champagnersenf verfeinert Seite 19 Zubereitung: Füllung aus Pfifferling-Duxelles, Kaninchennieren, Kaninchenleber, geschmorter Kaninchenschulter, Gemüsebrunoise, Kaninchenglace und Salbei herstellen, Cannelloni damit füllen und im Heißluftdämpfer dämpfen. Cannelloni mit Butter, Kaninchenfond, Salbei-Julienne und etwas Kaninchenjus glasieren. Für die confierte Kaninchenkeule das Fleisch mit Kräutern, Salz, Senfkörnern und Salbei vakuumieren und mindestens 72 Stunden kühl lagern. Die Keulen in Schmalz bei 80 °C in zirka neun Stunden saftig schmoren, Keulenknochen entfernen und zuschneiden. Bei Bedarf die Keule mit Kaninchenjus und etwas Schmalz, Gemüsebrunoise und Salbei-Juliennes glasieren. Für die Kaninchenkrone aus Kaninchenfond, Sherry, Pfifferlingen und Spanischem Salbei einen kräftigen Sud herstellen. Kaninchenkrone bei 65 °C gar ziehen lassen, ebenfalls mit Kaninchenjus glasieren. Lauchschoten blanchieren und mit Salbei und Gemüsebrunoise abrunden. Pfifferlinge in geklärter Butter braten, mit Salz, Pfeffer und Salbei würzen. Kaninchenjus mit etwas Schlagsahne, einem Spritzer Sherry, etwas Champagnersenf und Salbei-Juliennes verfeinern. Warum Spanischer Salbei? Dieser Salbei hat nicht den typischen „medizinischen“ Charakter. Er ist der wohl beste Salbei, den man für die Verarbeitung in der Küche bekommen kann. mit Zimt heißgeräucherten Gänsestopfleber, die wir mit Zwetschgenragout, Zimtbasilikum & Sternanisjus servieren. : Registrieren Sie in Kollegenkreisen ein wachsendes Interesse an Ihrem Küchenstil? Scharff: Ich denke, wir waren mit die Ersten, die so konsequent auf Kräuterkurs gegangen sind und viele vergessene bzw. bislang unbekannte Sorten für die Küche entdeckt haben. Anfangs war es exotisch, mit Austernkraut und Olivenkraut zu arbeiten. Mittlerweile sehe ich es auch auf den Karten von Kollegen. In maximal zwei Jahren werden Dinge wie Olivenkraut und Austernkraut in der Küche gängig sein. Wenn ein Trend erst mal losgetreten ist, kann man die Entwicklung nicht aufhalten. Als Pionier hat man einen Vorsprung, aber man ist gefordert, immer wieder Neues zu bringen. Unser Kapital liegt in der exklusiven Zusammenarbeit mit Bernd Simon. Perfektes Duo: Peter Scharff mit seinem Bruder Martin, der die Verantwortung als Patron im LandArt Hotel Wartenberger Mühle trägt Er ist ständig auf der Suche nach Neuem. Weil er auch Bio-Gärtner ist, hilft er uns, Schädlinge natürlich zu bekämpfen und unseren Pflanzenbestand zu erhalten. : Ihr Kollege Jean-Marie Dumaine aus Sinzig hat das Thema Wildkräuter in Deutschland marktfähig gemacht und viele Kollegen inspiriert, es ebenfalls umzusetzen. Welchen Stellenwert haben Wildkräuter in Ihrer Philosophie? Scharff: Eine interessante Frage. Ursprünglich waren ja alle Kräuter Wildkräuter, nur die besten haben den Einzug in die Küche geschafft. Ich bin nicht davon überzeugt, dass sich jede essbare Pflanze aus der freien Natur auch für die Spitzengastronomie eignet, aus geschmacklichen wie verarbeitstechnischen Gründen. : Dokumentieren Sie Ihre kreative Arbeit? Scharff: Ja, ich fotografiere alle Gerichte, die ausgereift sind und rezeptiere sie über ein EDV-Programm. Dabei lege ich alles fest – von der Zubereitung bis zur Tellergröße, um Fehlerquellen auszuschalten. Diese Rezeptur kann jeder Koch nachlesen und hat einen klaren Anhaltspunkt für seine Arbeit. So schmeckt z.B. eine Polenta heute genauso gut wie in sechs Monaten. : Viele Kollegen verlassen sich da lieber auf ihr Fingerspitzengefühl… Scharff: Die Zeiten, in denen man aus dem Bauch heraus kochen konnte, sind vorbei. Heute passiert alles im Kopf. Und es gibt viel gute Konkurrenz, da darf man nichts mehr dem Zufall oder der Laune eines Kochs überlassen. Man muss seine Küche perfekt organisieren. Zur Unterstützung habe ich für jeden Posten einen Ordner, in dem alles Wichtige festgehalten ist. Und wenn ein neuer Koch oder Azubi anfängt, bekommt er die sog. Spielregeln. : Was bedeutet Perfektion für Sie? Scharff: Ich koche nur für mich und richte jeden Teller so an, als ob ich ihn für mich machen würde. Ich finde, von einem perfekt angerichteten Teller geht etwas Magisches aus. Dann bin ich zufrieden. : Fürchten Sie, dass Ihnen irgendwann einmal die Ideen ausgehen könnten? Scharff: Nein. Da draußen in unserem Garten steht noch das Potenzial für mindestens 1000 Rezepte. Interview: Sabine Romeis Seit August 2002 in dieser KÜCHE-Serie: Erhard Schäfer, Börsen-Restaurant Maître, Köln; Karl Ederer, Gasthaus Glockenbach, München; Martin Öxle, Restaurant Speisemeisterei, Stuttgart; Sven Elverfeld, Restaurant Aqua im The Ritz-Carlton, Wolfsburg; Margarethe Bacher, Hostellerie Bacher, Neunkirchen; Hans Stefan Steinheuer, Steinheuers Restaurant Zur Alten Post, Bad Neuenahr-Heppingen; Karl-Emil Kuntz, Hotel-Restaurant Krone, Herxheim-Hayna; Ernst-August Gehrke, La Forge im Schmiedegasthaus Gehrke, Bad Nenndorf; Heiko Antoniewicz, Art Manger, Dortmund; Josef Hubertus, Hotellerie Hubertus, Tholey/Saar; Dieter Müller, Restaurant Dieter Müller im Schlosshotel Lerbach, Bergisch-Gladbach; Jörg Sackmann, Restaurant Schlossberg im Hotel Sackmann, Baiersbronn; Klaus Erfort, Gäste-Haus Klaus Erfort, Saarbrücken; Rolf Straubinger, Burg Staufeneck, Salach; Gerd M. Eis, Restaurant Die Ente, Wiesbaden; Karlheinz Hauser, Süllberg-Gastronomie, Hamburg; Jens Rittmeyer, Restaurante Sao Gabriel, Almancil/Algarve KÜCHE 8/2004 Fotos: KÜCHE/Claudia Rothenberger 12-20 Sternekoch_8/04.qxp:ok Rom 12-20 Sternekoch.qxp TITELSTORY TÖRTCHEN VON BOURBONVANILLE UND WEINRAUTE MIT WALDERDBEEREN UND HIPPE Für ca. 10 Portionen Vanille-Weinrauten-Mousse 0,5 l Vollmilch 12 g frische Weinraute 1 Bourbon-Vanilleschote 8 Eigelb 150 g Zucker 5 Blatt Gelatine 400 ml Schlagsahne Törtchenbasis: 180 g Paillette Feuilletine (Knusperflakes) 80 g Kakaobutter Hippenmasse: 50 g Eiweiß 50 g Butter 50 g Puderzucker 50 g Mehl Walderdbeersorbet: 0,5l Walderdbeerpüree 110 g Zucker 110 g Trockenglukose 370 ml Wasser frischer Zitronensaft Walderdbeer- Weinrauten-Gelee: 400 ml Weißwein 600 ml Wasser 220g Zucker 1/2 Zitrone, Schale und Saft 1/4 1/2 12 g Vanillestange Zimtstange frische Weinraute Zubereitung: Fürs Walderdbeersorbet alle Zutaten verrühren und gefrieren. Hippenmasse: Zutaten vermischen, Ornamente auf Backmatte streichen, bei 160 °C backen, noch heiß formen. Für das Walderdbeer-Weinrauten-Gelee alle Zutaten außer der Weinraute aufkochen und 20 Minuten ziehen lassen. Weinraute zugeben und nochmals 15 Minuten unter dem Siedepunkt erhitzen, passieren. Mit eingeweichter Blattgelatine binden, Walderdbeeren in eine Hülse geben, mit Weinrautengelee (Zimmertemperatur) aufgießen. Für das Törtchen die Paillette Feuilletine mit Kakaobutter vermischen und auf dünne runde, mit Backpapier ausgelegte Böden streichen. Ringe daraufstellen. Vanille-Weinrauten-Mousse: Vollmilch mit Vanilleschote aufkochen und 30 Minuten ziehen lassen, Eigelb, Zucker schaumig rühren, die Milch noch heiß daraufpassieren, Creme auf dem Wasserbad binden, in kaltem Wasser eingeweichte Blattgelatine zugeben und die Creme auf Zimmertemperatur abkühlen. Dann Schlagsahne unterheben und bis knapp unter den Rand auf die mit Teig ausgelegten Ringe abfüllen. Etwas Weinrautengelee mit Gelatine (vier Blatt pro Liter) auflösen, Törtchen damit verschließen. Warum Weinraute? Das Kraut hat ein sehr intensives Mandelaroma, das perfekt zu Walderdbeere & Vanille passt. Vorsicht: Weinraute wird bei längerer Einwirkzeit bitter. 21