Teil 1_Generation Myspace
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Teil 1_Generation Myspace
INSPIRATION Botschaften an die Generation Y Teil 1: Generation Myspace von TIMO BRAUN & JOHANNES BRAUN ! Ihr Drang nach Individualität verbindet junge Menschen zwischen 15 und 35 mehr als in jeder Generation zuvor. „Lebendig muss es sich anfühlen“ – das ist ihr Kriterium. Mit Durchschnitt geben sie sich nicht zufrieden. Das ist eine große Chance für das Reich Gottes; aber auch ein großer Druck, dem nur mit dem richtigen Blickwinkel beizukommen ist. ! ! Wir Glücklichen. Noch nie war das Universum so klein. Nie waren die Sterne so greifbar. „Lebe deinen Traum!“ Das raten wir einander, wenn uns die Frage umtreibt, welchen Weg wir einschlagen sollen. Sogar viele Eltern raten uns das. Früher hätte es geheißen: „Überlege es dir gut, Hauptsache, es ist vernünftig und im Rahmen des Üblichen.“ Wir hätten uns den Einschränkungen der Welt unterwerfen müssen. Heute ist die Welt, ja das ganze Universum, in unserem Inneren beheimatet. In Myspace.!! Unsere Identität: anders sein als alle anderen Wie sieht es aus in Myspace? Das ist schwer zu sagen, denn das Besondere an Myspace ist, dass es bei jedem anders aussieht. Wie keine Generation vor uns haben wir uns darin geübt, das Leben zu individualisieren. Schon als Kinder haben wir Bücher vorgelesen bekommen, die den Titel Du bist einGENERATION Y: malig tragen. Früh haNoch wird um den Begriff gerungen, aber ben wir gelernt, dass ein Trend zeichnet sich ab: Die Nachfolger es uncool ist, die Klader „Generation X“ bekommen ein „Y“ motten der älteren und heißen „Generation Y“ (Englisch ausGeschwister zu übergesprochen, wie „why“). Gemeint sind nehmen und dass es alle, die zwischen 1980 und 2000 geboren unbedingt dazugewurden, also die „Millenials“ oder auch „Digital Natives“. Während die Generatihört, einen eigenen on X (geb. 1965-1980) bereits hinlänglich „Style“ zu finden. als Rebellen, Nerds oder Golf-Fahrer beWobei viele von uns schrieben wurden und die gar keine Geschwister „Babyboomer“ (geb. 1955-1965) als dishatten, mit denen sie ziplinierte Nachkriegsgeneration, lässt ihre Klamotten, gesich die Generation Y erst allmählich chaschweige denn ihre rakterisieren. Einig ist man sich auf jeden Eltern hätten teilen Fall in einem Punkt: Das Internet prägt sie müssen. Viele von uns so sehr wie kaum ein anderes Medium... sind in dem Bewusst- PASSION INSPIRATION · Botschaften an die Generation Y sein aufgewachsen, dass sie im Leben alles haben und erreichen können; dass ihnen alle Wege offenstehen; dass sie Anspruch haben auf die saftigsten Romanzen, die größten Abenteuer und die tollsten Feste. Und dass es nur eine Regel gibt: Es muss das Richtige für mich sein. Wer daran nichts Besonderes findet, der weiß nicht, wie es den Generationen vor uns ergangen ist. Über Jahrhunderte hinweg war es üblich, den Beruf des Vaters zu übernehmen (nebenbei auch den Vornamen). Wenn es überhaupt eine Wahl gab, dann die zwischen Schreiner und Zimmermann. Wenn’s hochkommt, zwischen Katholisch und Evangelisch oder zwischen zwei Herzensdamen aus der Nachbarschaft. Das Wort „Individualität“ konnten die meisten nicht einmal buchstabieren. Freilich, im Laufe des 20. Jahrhunderts haben die Möglichkeiten der persönlichen Lebensgestaltung kontinuierlich zugenommen. Doch so durch und durch konfigurierbar wie heute war das Leben noch nie. Wir stellen es uns zusammen wie ein Menü bei Mc Donald’s. Dabei wollen wir es zu einem Kunstwerk machen, oder besser: zu einem Hollywood-Blockbuster. Wir wollen es in seiner ganzen Einzigartigkeit aufscheinen lassen. Alles muss erfüllt sein Wir sind aufgewachsen in einem Gefühl der grenzenlosen Sicherheit. Stillschweigend nehmen wir materielle und emotionale Versorgung als gegeben hin – wir kennen es nicht anders. Nur Wenige von uns müssen Dinge tun, nur um zu überleben. Das hat uns im besten Sinne wählerisch gemacht. Unsere Zeit ist uns zu schade für Tätigkeiten, deren Sinn wir nicht sehen. Deshalb zögern wir, wenn man uns in der Gemeinde Jobs anbietet, die „halt gemacht werden müssen“ – womöglich nur, um alte Strukturen zu bewahren. Und deshalb wollen so Wenige von uns einen trockenen Spezialberuf erlernen, sondern lieber „irgendwas mit Medien“ machen oder etwas Soziales. Wir möchten et- was bewegen, kreativ sein. Oft fallen die Älteren in betretenes Staunen, wenn sie zusehen müssen, wie leichtfüßig wir neue Lösungswege präsentieren. Bereitwillig geben wir uns auch mal dem Stress hin – sofern wir dafür mit Erfüllung, Spaß und Reiz belohnt werden. Was wir tun, muss sich „lebendig“ anfühlen. Wenn nicht, dann lassen wir’s einfach. Und da ist ein Gedanke, der uns tief im Innern antreibt: der Gedanke, die eine große Berufung zu leben, die nur allein für uns gemacht ist, die niemand sonst im Universum ausfüllen kann; die Berufung, die unser Leben zu einem Erfolg macht. Der ganz große Traum Aus diesem Antrieb heraus haben wir Schätze der Bibel neu entdeckt, Erzählungen von Menschen, mit denen Gott Geschichte geschrieben hat: Abraham, Josef, Josua oder Esther. Sie sind für uns nicht bloß Vorbilder, sondern vielmehr Prototypen. So wie sie wollen wir herausstechen, unsere „ganz besondere Bestimmung“ finden. Darüber predigen wir, mehr als über vieles andere. Wir geben uns mit der klassischen frommen Laufbahn nicht zufrieden: Taufe, regelmäßiger Gottesdienstbesuch, Mitarbeit in der Jugendgruppe und am Ende von der Gemeinde beerdigt werden. Und es reizt uns erst recht nicht, für den Traum eines anderen – zum Beispiel eines visionären Leiters – zu leben. Nein, Gott hat uns einen eigenen Traum gegeben, und wir glauben fest daran, dass er ihn Realität werden lässt. Nichts darf aus reinem Zufall geschehen oder weil es einfach der natürliche Lauf der Dinge ist. Dafür sind wir viel zu bedeutend, das Schicksal schuldet uns mehr. Das gilt für unseren Beruf, für unsere Partnerschaft, genauso wie für unseren geistlichen Werdegang oder das Land, in dem wir leben sollen. ! Ja, mit dieser Generation scheint fast alles möglich. PASSION INSPIRATION · Botschaften an die Generation Y die Karriere von Justin Bieber, wenn wir unsere selbstgeschriebenen Songs oder originellen Spaßfilmchen ins Netz stellen, die – Wir haben nur ein Problem. Aus dem theoretisch – in aller Welt abgerufen werden Wunsch, den ganz großen Traum zu leben, können. Jeder tritt an mit dem Ziel, in dieser erwächst auch ein immenser Druck. In ihrem schier unendlichen Masse aufzufallen. Und Buch Wir haben keine Angst beschreibt Nina je mehr es versuchen, desto aussichtsloser Pauer die größte Angst unserer Generation: wird es. Es ist die Angst, uns selbst zu verpassen. Wir „Individualitätszwang“2 nennt das ein Jourfürchten uns nicht vor Armut, Krankheit, nalist. Und obwohl wir exzessiv mit der AuGoogle oder dem Weltßenwelt kommunizieuntergang, wir fürchten ren, erscheinen uns unvielmehr, dass wir wo- „Wir bauen eifrig an unserem kleinen ser eigenes Leben, unmöglich gestern die Universum. Denn je stärker wir unsere sere Wünsche, Träume, Chance vertan haben, Individualität ausgestalten, umso gröProbleme und Ideen den Job oder den Part- ßer scheint uns die Chance, erfolgimmer mehr als das einer unseres Lebens zu reich gelebt zu haben.“ gentliche Universum. erkennen – und damit Myspace. Ein Univerunseren Traum leben zu sum, das so reich und glitzernd ist, dass wir können. „Wir wären auf ganzer Linie gedas viel größere Universum dahinter nur scheitert. Weil wir uns selbst verfehlt hätten. schwach wahrnehmen. Weil wir die einzige richtige Version unserer selbst nie gelebt hätten.“1 Eine intakte Familie, gute Beziehungen, ein Die Sehnsucht nach dem Größesolides Gemeindeleben – all das könnte uns ren nur bedingt trösten. Doch dann gibt es diese Momente, in denen wir uns in Myspace ziemlich einsam fühlen. Es sind Momente, in denen wir ahnen, Aufmerksamkeit! dass unser so eifrig eingerichteter Kosmos Was ist die Folge dieser Angst? Wir bauen sich nicht allein genügen kann. Wir verspüeifrig an unserem kleinen Universum. Denn ren den leisen Wunsch, einfach nur ein Teil je stärker wir unsere Individualität ausgestalvon etwas zu sein und nicht mehr das Ganten, umso größer scheint uns die Chance, ze. Wir sehnen uns nach einer Entspannterfolgreich gelebt zu haben. Alles ist dafür heit, die uns immer wieder sagt: „Du bist auf ok, wir können schrill, klug, sportlich, geeinem guten Weg. Du hast nichts verpasst.“ chillt, besonders geistlich, super ironisch oder alles zusammen sein. Nur eines dürfen Und wir fragen uns: Wo ist der Schlüssel, wir nicht sein: durchschnittlich. der Myspace für das größere Ganze öffnet? Aufmerksamkeit ist die Währung unserer Zeit. Deshalb inszenieren wir uns. Mit den banalsten Dingen – etwa Fotos von unserem Hisspace Mittagessen auf Facebook – versuchen wir Eine Geschichte ist es, in der sich mögliKlick für Klick die „Marke Ich“ aufzubauen. cherweise ein solcher Schlüssel findet. Es ist Pro Minute werden 72 Stunden Filmmaterial eine sehr lange Geschichte, sie beginnt am auf Youtube hochgeladen. Wir denken an Hast du dich vielleicht schon verpasst? ! 1 Nina Pauer: Wir haben keine Angst. Frankfurt a.M. 2012, S. 38 Oliver Jeges: Generation Maybe hat sich im Entweder-oder verrannt. In: Generation Maybe hat sich im Entweder-oder verrannt (http://www.welt.de/debatte/kommentare/article13939962/Generation-Maybe-hat-sich-im-Entweder-oderverrannt.html). Aufgerufen am 01.09.2013 2 PASSION INSPIRATION · Botschaften an die Generation Y Anfang von allem. Der allmächtige Gott Sache zu richten und alle Erwartungen auf formt – getrieben von Genialität – ein wundiese Sache zu lenken. dervolles Universum. Und als Krönung Für gewöhnlich haben wir unser eigenes schafft er – getrieben von Sehnsucht – die Leben im Fokus, wir trachten nach einem Menschheit. Das Glück währt nicht lange. erfüllten Alltag. Das Reich Gottes hat sich da Die Geliebten werden ihm entrissen und hineinzufügen. Überspitzt gesagt: Wir holen über Jahrtausende in Gefangenschaft gehalGott in unsere kleine Welt herein. Und so ten; sie drohen für immer verloren zu sein. enthalten unsere Gebete zu 90% FormulieDoch mit einem hingebungsvollen Plan gerungen wie: „Herr, bitte kümmere dich lingt dem Schöpfer die Befreiung. Freilich, um ... du weißt, dass ich ...“ Wir sehen Gott die Schlacht um die Herzen der Menschen meistens in den Angelegenheiten unseres hält an, und es ist etwas ganz Großes geAlltags: in diesem Gespräch, in jener Prüplant: Das Universum soll neu aufgebaut fung, beim Einkaufen. In christlichen Buchwerden, herrlicher als es jemals war. läden dominieren Titel, die uns erklären, wie Wir, die Generation Y, befinden uns inmitten unsere Beziehung zu Gott noch persönlidieser Geschichte. Es ist die Weltgeschichcher werden kann. Predigten, die wenig te, doch es ist in erster B ez u g z u u n s e re m Linie Gottes Geschichte. praktischen Alltag ha„Jesus schlägt uns einen PerspektivEr ist die Hauptperson, ben, sind nicht so unser wechsel vor. Nach dem Reich Gottes fest entschlossen, seinen Ding; dagegen ist es zu trachten bedeutet, unsere kleine Traum zu verwirklichen: wieder sehr wohl unser Welt zurückzulassen und uns in seine „Ich will euer Gott sein Ding, wenn wir nach Welt entführen zu lassen. und ihr sollt mein Volk der Anbetung feststelsein.“ len: „Wow, ich habe Gott lädt uns ein, unser kleines Universum was gefühlt! Gott hat mich ganz direkt bezu öffnen für sein seit Generationen währührt!“ rendes Vorhaben. Wir dürfen die größte Diese Perspektive ist eine große ErrungenRomanze und das spektakulärste Abenteuer schaft der letzten Jahrzehnte. Ja, Gott interaller Zeiten miterleben, und wir dürfen bei essiert sich für unser Leben und er möchte der rauschenden Feier dabei sein. Alle ein Teil davon sein. Aber wollen wir den Sehnsüchte, die unsere Generation umSchöpfer des Universums wirklich in Mystreibt, werden im Evangelium des Reiches pace einzäunen? Gottes erfüllt. Das Evangelium ist kein bloJesus schlägt uns einen Perspektivwechsel ßer Erlösungsmechanismus für den Einzelvor. Nach dem Reich Gottes zu trachten benen. Es ist ein gigantisches Vorhaben, in deutet, unsere kleine Welt zurückzulassen dem es um nicht weniger geht als die Wieund uns in seine Welt entführen zu lassen. derherstellung der Menschheit. Da ist Platz für Träume, für Kreativität und auch für unseEine neue Perspektive ren „Style“. Aber das alles ist eingebettet in Wo kann ein solcher Perspektivwechsel beetwas viel Größeres. ginnen? Vielleicht hilft es, manche Dinge bewusst umzuformulieren. Zum Beispiel die Gott ist zu groß für Myspace Sache mit „meinem Traum“. Erweitern wir Jesus – der über das Reich Gottes mehr redoch den Gedanken und sprechen wir von dete als über alles andere – zeigt uns, wie „seinem Traum“. Wie wäre es mit diesem wir in dieses Größere hineinfinden: „Trachinspirierenden Gebet: „Herr, willst du mir tet vielmehr nach seinem Reich, so wird von deinem Traum für mich erzählen?“ euch das alles zufallen“ (Lukas 12,31). Zu Sicher reagiert Gott gerne auf diese Bitte „trachten“ bedeutet, seinen Blick auf eine und teilt uns eine Menge Überraschendes mit. PASSION INSPIRATION · Botschaften an die Generation Y Dann können wir ihn fragen: „Und was ist dein Traum für uns?” Ja, für uns! Wer die Bibel aufmerksam liest, stellt fest, dass Gott eigentlich eher selten nur zu Individuen spricht. Das nehmen wir nur so wahr, weil unsere westliche Denkweise zutiefst individualistisch ist. Meist sehen wir in den biblischen Aussagen die persönliche Botschaft an den Einzelnen. Die Wahrheit ist: Gottes Verheißungen richten sich meist an sein Volk; Prophetien und Androhungen gelten fast immer ganzen Städten und Ländern; Segnungen werden Sippen und Generationen zugesprochen; Paulus schrieb seine Briefe an Gemeinden und verwendete dabei meist die Plural-Form. Das sollte uns zu denken geben. Denn das bedeutet ja, dass wir noch weit mehr mit Gott erleben könnten, wenn wir uns nicht nur als Individuen betrachten würden. Hand aufs Herz: Mit welcher größeren Einheit, die über uns selbst hinausgeht, können wir uns ernsthaft identifizieren? Sprechen wir ehrlich von „wir“ oder sagen wir „meine Familie“, „die Gemeinde, in die ich gehe“, „die Firma, für dich ich arbeite“, „die Deutschen“ ...? Wenn Gott uns anschaut, dann sieht er nicht isoliert einen Menschen, sondern er sieht zugleich auch die größeren Einheiten, von denen wir ein Teil sind. Das ist eine echte Herausforderung für die Generation Myspace. Ein Teil von etwas zu sein, was wir uns nicht selbst ausgesucht haben, das widerspricht unserer Neigung. Aber: Es gibt nichts Heilsameres, als von der Absolutheit unseres Ich befreit zu werden und zu spüren, dass da noch andere sind, die zu seinem Plan gehören. eigenes kleines Universum mit Sinn zu füllen, sondern er vertraut uns einen Teil seines Reiches an. Fangen wir an, unser Denken und Reden neu zu dimensionieren. Lassen wir den Druck der Selbstverwirklichung hinter uns. Plagen wir uns nicht mehr damit ab, wenigstens ein Stück von Gott in unseren Alltag hineinzuzwängen. Werden wir Teil seines Alltags. ! ! Im Teil 2 der Artikelreihe „Botschaften an die Generation Y“ befassen wir uns mit dem Schlagwort „maybe“. Wie gehen wir um mit der erdrückenden Vielfalt von Möglichkeiten? Warum wollen wir am liebsten für immer „junge Erwachsene“ bleiben? Und wie kann Gott unser Verlangen gebrauchen, alle Dinge miteinander zu vernetzen? ! ! www.passion-online.de ! ! Eine noch größere Berufung Also: Es ist gut, dass wir gelernt haben, groß von uns denken. Denn Gottes Berufung für uns ist groß. Unsere Individualität ist dabei nichts schlechtes, denn sie gibt uns die Möglichkeit, unsere gottgegeben Fähigkeiten zur Entfaltung zu bringen und dadurch umso fruchtbringender für andere einzusetzen. Er traut uns nicht nur zu, unser PASSION INSPIRATION · Botschaften an die Generation Y