METHODEN DES LERNENS AM ARBEITSPLATZ

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METHODEN DES LERNENS AM ARBEITSPLATZ
LEARN & WORK
METHODEN DES LERNENS AM
ARBEITSPLATZ
Maria João Filgueiras-Rauch
BFZ - Bildungsforschung
NÜRNBERG
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1. EINLEITUNG
3
1.1 Begründung
3
1.2 Methodische Vorgehensweise
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2. THEORETISCHER HINTERGRUND DES “LERNENS AM ARBEITSPLATZ”8
2.1 Allgemeine Charakterisierung/Lernkonzepte
8
2.2 Spezielle Charakterisierung
2.2.1 Traditionelle Methoden
2.2.2 Handlungsorientierte Formen des betrieblichen Lernens
2.2.3 Gruppenorientierte, dezentrale Weiterbildung
2.2.4 Individuelle arbeitsplatzintegrierte Weiterbildung (Nutzung
konventioneller Ressourcen und Methoden)
2.2.5 Individuelle arbeitsplatzintegrierte Weiterbildung
(auf neuen Technologien basierende Methoden)
13
13
15
17
2.3 Selbstgesteuertes Lernen
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3. LERNEN AM ARBEITSPLATZ IN DER PRAXIS
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3.1 Die Human Ressource Entwicklung als Unternehmensphilsophie
(VISION – ein gutes Beispiel sein)
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3.2. Integration neuer Mitarbeiter in das Unternehmen
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3.3. KMU als Lernende Organisationen
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3.4. Einige Beispiele von Maßnahmen des Lernens am Arbeitsplatz – Neue
Lernmethoden
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4 : FALLSTUDIEN
40
Fall 1: MERCEDES, Gaggenau
40
Fall 2: NUMMI - New United Motor Manufacturing Inc., California (USA)
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Fall 3: Spagl GmbH, Hutthurm
44
Fall 4: Bolta Werke, Diepersdorf
50
Literatur
52
2
1. Einleitung
1.1 Begründung
Innerhalb des letzten Jahrzehnts basierten die Organisationstrends bezüglich
des Unternehmensmanagements und der Arbeitsmodelle auf einer Abstufung
von Hierarchien sowie einer Dezentralisierung von Arbeitsstrukturen bei mehr
und besserer Partizipation. Arbeitsintensive Modelle wurden nun durch
technologieintensive Modelle ersetzt. Diese Merkmale sind die natürliche
Konsequenz von Rationalisierungen zusammen mit einer größeren Notwendigkeit zu Wettbewerbsfähigkeit, um in einer globalen Welt zu überleben
(dies war unter anderem die Einführungszeit von Lean Production und Just in
Time). Diese Trends bedeuten auch für die Mitarbeiter einen veränderten
Kontext. Während es bei tayloristischer Arbeitsteilung möglich war, einen Beruf
auf Lebenszeit zu erlernen, steht man heute ständig neuen Lernanforderungen
gegenüber, Flexibilität und Autonomie sind gefordert, Anforderungen und
Standards ändern sich.
Dieser tiefe Wandel in den Charakteristiken des Arbeitsmarktes stellt auch eine
große Herausforderung für das System der beruflichen Bildung dar. Er bedeutet
den Wandel von einem strukturierten und traditionellen Bildungsmodell hin zu
einem Modell des lebenslangen Lernens. Diese Situation beeinflusst ebenso die
Ansprüche in Bezug auf Angebote für das lebenslange Lernen und Weiterbildung
auf dem Markt. Dies sind die Hauptgründe, warum in den letzten Jahren ein
neues Interesse bezüglich informeller Lernformen und deren Bewertung als ein
flexiblerer Weg diesen genannten Veränderungen zu begegnen, erwacht ist.
Wegen dieses Bedarfs, auf die Ansprüche des Marktes zu reagieren, folgte die
Entwicklung des beruflichen Bildungssystems nicht dem strukturierten Modell der
Erstausbildung und hatte sehr schwache und eher willkürliche Verbindungen zum
System der Erstausbildung. Diese Lücke zwischen den beiden Systemen hat den
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Bedarf nach alternativen Lernwegen, welche dies überbrücken, geweckt. Die
Lernwege sollten auf flexibleren Modellen basieren, welche der wachsenden
Schwierigkeit
begegne n,
Kompetenzanforderungen
vorauszuplanen,
aber
dennoch durch die geforderten Bewertungsmethoden Verbindungen zum
formalen System herstellen.
Der Entwicklungsstand der Arbeitsorganisation stellt hohe Ansprüche an
Flexibilität und Innovation. Arbeit ist nicht nur im Bezug auf die an die Mitarbeiter
gestellten Anforderungen umstrukturiert, sondern auch in Bezug auf deren
Entscheidungsfähigkeit und Verantwortung. Die Qualifikation der Mitarbeiter
muss steigen, um sie zu Kompetenzen wie Selbststeuerung, Selbstverantwortung und Selbstlernen zu befähigen.
Diese neuen Organisationsmodelle und die daraus folgenden Qualifikationsanforderungen erfordern mehr denn je ein neues Lernmodell, in welchem der Lernprozess hauptsächlich am Arbeitsplatz unter einer integrierenden Perspektive
stattfindet.
Auch die Europäische Kommission betonte diese Ideen schon vor langer Zeit im
Weißbuch ”Wachstum, Wettbewerb und Beschäftigung“ 1993; in neuerer Zeit im
Weißbuch über „Erziehung und Bildung – Lehren und Lernen für eine wissensbasierte Gesellschaft“. Letzteres geht sogar noch weiter, indem es die Idee hin
einer „Lerngesellschaft“ propagiert, in welcher die erfolgreich sein werden, die
lernen, seien es Individuen oder Unternehmen. Die EU-Politik will ganz klar den
Zugang zu Bildung und Weiterbildung
für jeden Bürger erleichtern und die
Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, insbesondere KMU, erhöhen, indem sie
ihr Humankapital verbessern und flexibilisieren, durch Einsatz von Informations und Kommunikationstechnologien.
In jüngeren Veröffentlichungen zeigt der Bedarf nach Konzepten, die Arbeits- und
Lernprozesse integrieren, dass dies ein Thema ist, welches, insbesondere da es
hohe Effizienz bietet, noch immer überall in Europa diskutiert wird. Die
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Transferfähigkeit auf den Arbeitsprozess erhöht die Motivation der Mitarbeiter viel
schneller, indem sie in sehr kurzer Zeit die Ergebnisse ihrer Anstrengung sehen.
Aus diesen Gründen kann man auch verstehen, dass sich auch die
Kosten/Effizienz-Relation entscheidend verbessert. In diesem Handbuch werden
einige Beispiele dargestellt.
Zusammenfassend kann man sagen, dass das in den Arbeitsprozess integrierte
Lernen am Arbeitsplatz speziell für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in
Zukunft entscheidend sein wird, weil:
•
es möglich ist, die Arbeitskräfte auf den neuesten Wissensstand zu bringen,
ohne sie in eine Weiterbildungseinrichtung zu schicken; so können die
entsprechenden Kosten gespart werden;
•
es durch den direkten Transfer in die Arbeitspraxis stärker auf Motivation
abzielt;
•
es dazu befähigt, den wachsenden Bedarf nach Anpassung von Kompetenzen, basierend auf einem kontinuierlichen Lernschema, zu erfüllen;
Daher begannen immer mehr Unternehmen, diese Formen des Lernens in ihre
eigenen Systeme des lebenslangen Lernens und der Anpassung von Kompetenzen zu integrieren.
1.2 Methodische Vorgehensweise
Im Kontext der Reorganisation des Arbeitsprozesses ist es klar, dass die
sogenannten informellen Lernformen, die Verwertung von Arbeitserfahrung und
die Anpassungsfähigkeit an neue Strukturen immer wichtiger werden. Im
Gegensatz dazu verlieren die zielgerichteten und organisierten/strukturierten
Weiterbildungsformen an Bedeutung. Jedoch muss man betonen, dass beide
Formen existieren müssen, da es aus ökonomischen Gründen teilweise immer
noch passender ist, standardisierte Weiterbildungsprozesse zu nutzen.
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In diesem Rahmen wandeln sich die Lernmethoden in der Weiterbildung von der
Input-, Trainer-, Hierarchie-, Arbeitsteilungs- und Wissensorientierung hin zu
Methoden, die integrativ, mitarbeits- und lernerorientiert sind. Durch die Natur
des Lernprozesses wird es auch immer schwieriger, Grenzen zwischen Arbeitsund Lernprozess zu ziehen. Diesen Integrationsgrad bemerken bereits einige
Mitarbeiter. In einer Umfrage der Qualifikations -Entwicklungs-Management AG
1998 stimmten 78% der befragten Mitarbeiter folgender Aussage zu: "Viele
Arbeiten sind so herausfordernd, dass Lernen am Arbeitsplatz sowieso ständig
notwendig ist.“.
Jüngsten Trends im Bereich der Erstausbildung zufolge gibt es auch einen
Wandel in Weiterbildungskonzepten: den Ersatz des Begriffes „Qualifikation“, der
die zertifizierbaren Fähigkeiten eines Einzelnen meint, durch den Begriff
„Kompetenz“, der die unbegrenzten und vielschichtigen Fähigkeiten eines
Einzelnen umfasst. In diesem Kontext kann man von der Entwicklung von
Kompetenzen statt von beruflicher Bildung sprechen und dies befähigt zur
Selbstanpassung an den sich verändernden Kontext.
Vor diesem Hintergrund will dieses Handbuch die KMUs in dem schwierigen
Prozess der ständigen Anpassung an veränderte Anforderungen unterstützen,
indem es ihnen ein praktisches Instrument an die Hand gibt, wie man einen
Lernen und Arbeiten integrierenden Prozess konstituiert.
Da die Charakteristik und der derzeitige Stand für die KMU in den verschiedenen
Ländern der Projektpartnerschaft sehr unterschiedlich ist, wurde entschieden, die
drei Blöcke der Möglichkeiten des Lernens am Arbeitsplatz zu präsentieren. Die
Bestimmung dieser Blöcke basiert auf der existierenden Literatur, versucht aber
auch, die verschiedenen diskutierten Theorien systematisch zu arrangieren. Die
drei Blöcke sind: die eher traditionellen Methoden, inklusive der handlungsorientierten Lernformen im Unternehmen und der dezentralisierten Lernformen;
ein zweiter Block individuelles Lernen am Arbeitsplatz und ein dritter Block mit
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dem modernsten Konzept von selbstorganisierten Lernprozessen basierend auf
dem Konzept der Entwicklung von Kompetenzen.
In diesem Zusammenhang ist Kapitel 2 ein theoretisches Kapitel, in welchem die
Blöcke
und
entsprechenden
Formen
mit
den
zusammengefassten,
unterstützenden, theoretischen Konzepten vorgestellt werden und mit den
entsprechenden Literaturempfehlungen zur weiteren Vertiefung, wenn wünschenswert und notwendig, ergänzt werden. Das dritte Kapitel versucht, eine
Anleitung zu den einzuführenden Verfahrensweisen zu geben, um die jeweilige
Methode des Lernens am Arbeitsplatz zu nutzen. Man muss sehr klar
hinzufügen, dass es keine fertigen Rezepte gibt. Was möglich ist, ist die
Ergebnisse von Erfahrungen bei der Einführung zu systematisieren. Zumeist
werden in der Praxis mehrere der vorgestellten Methoden gleichzeitig eingeführt.
Um mehr Klarheit in den praktischen Prozess zu bringen, beinhaltet Kapitel 4 die
Beschreibung verschiedener Fälle von Unternehmen, welche die verschiedenen
Methoden erfolgreich eingeführt haben. Da die meisten der Unternehmen größer
sind und die Prozesse von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich sind,
bilden diese Beispiele wiederum ein Hilfsinstrument, welches mit den
Beschreibungen in Kapitel 3 zu verbinden ist. So können alle notwendigen
Elemente gesammelt werden, um die individuelle, passende Lösung für jedes
Unternehmen zu entwickeln.
Im Anhang findet sich eine Sammlung von Instrumenten, die für die Einführung
der im Handbuch vorgestellten Methoden hilfreich sein können.
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2. Theoretischer Hintergrund des “Lernens am Arbeitsplatz”
2.1 Allgemeine Charakterisierung/Lernkonzepte
Wie bereits erwähnt, gab es innerhalb des letzten Jahrzehnts einen
entscheidenden Wandel im Hinblick auf Organisation und Inhalt der Arbeit, häufig
entgegen der tayloristischen Prinzipien, hin zu einem ganzheitlichen Ansatz statt
eines fragmentierten. Dies führt zu einem wachsenden Bedarf an weitreichenderen Schlüsselkompetenzen und folglich der Entwicklung neuer
Lernformen in der beruflichen Weiterbildung.
Andererseits haben sich auch die pädagogischen Modelle von Trainingskonzepten, in denen der Dozent die zentrale Rolle spielte, zu Modellen, die sich
auf den Lernenden konzentrieren, verändert. Das heißt, nun spielen der
Lernende und das, was er lernen muss, nämlich zu lernen wie man lernt, die
wichtigste Rolle.
Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, um diesen Wandel zu begleiten;
Intensivere und stärker arbeitsintegrierte Formen des Lernens erfordern ein
enges Nachverfolgen grundsätzlicher Einflussfaktoren und ihres Veränderungseffekts auf persönlicher und organisatorischer Ebene. Unter diesen Faktoren
findet sich die persönliche Interaktion und wie damit umgegangen wird, die Art
der Arbeit, die Ziele und Anforderungen für das Lernen am Arbeitsplatz, die
Verteilung des Lehr- und Lernprozesses auf verschiedene Lernorte, das
Erforschen verschiedener Lernmethoden und Ressourcen, etc.
Die Modelle, die diesem herausfordernden Wandel entsprechen sollen, müssen
jedoch eine Übereinstimmung mit ökonomischen und pädagogischen Zielen
beachten. Das bedeutet, man muss gleichzeitig die Bedürfnisse der Unternehmen, die Anpassung an technische Entwicklungen durch den auf den
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Arbeitsplatz konzentrierten Lernprozess und an die persönlichen Entwicklungsbedürfnisse erfüllen.
Die in der beruflichen Weiterbildung angenommenen Lernmethoden müssen
heutzutage nicht nur den Bedarf nach Transfer von Wissensinhalten, sondern
auch nach Aneignung abstrakter Lernkompetenzen und sozialer Kompetenzen
erfüllen.
In der beruflichen Weiterbildung am Arbeitsplatz werden die Aufgaben, im
Gegensatz zur Erstausbildung, an die Bedürfnisse des Arbeitsprozesses
angepasst. Sie werden entsprechend didaktischer Kriterien ausgewählt und die
potenzielle „Manipulation“ ist beschränkt. Dann, wenn der Lernprozess auf die
Arbeitsaufgaben konzentriert ist, muss der pädagogische Einfluss auf der
Präsentation und, wenn nötig und möglich, auf der Reorganisation dieser
Arbeitsaufgaben liegen.
Das bedeutet:
•
die
Arbeitsaufgaben
und
ihre
Abfolge
müssen
dem
Mitarbeiter
in
zusammenhängender und folgerichtiger Weise präsentiert werden, um einen
verständlichen und einfachen Zugang zu gewährleisten;
•
das Arbeitsumfeld und, wenn möglich, die Arbeitsaufgaben selbst, müssen
didaktisch
aufbereitet
werden
und
basieren
auf
der
Bereitstellung
didaktischer Mittel am Arbeitsplatz: Medien, Methoden, Organisation,
Kommunikation
Die gewählten Methoden müssen sich darauf konzentrieren, dass sie die
Vereinbarkeit von Arbeits- und Lernprozess am Arbeitsplatz unterstützen. Vom
Arbeitsprozess kann man keinen bestimmten Grad an qualifizierendem Potential
erwarten. Daher ist dies der Faktor, der durch pädagogische Eingriffe
methodischer und methodologischer Verfahren ausgeglichen werden muss. Sie
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bilden die notwendige Brücke zwischen den persönlichen Bedürfnissen der
Lernenden und dem im Arbeitsprozess integrierten Lernpotential.
Die Definition pädagogischer Methoden ist in diesem Kontext relativ weit: sie
geht von komplexeren pädagogischen Verfahren zur Annahme der Aufgaben
selbst und zu eher verständlichen und beobachtbaren Übungen, die den
Lernprozess fördern. Beispiele sind: die Geschwindigkeit automatischer
Prozesse zu verringern, um Beobachtung zu ermöglichen oder Kommunikations kanäle zwischen einzelnen „Trainees“ (in diesem Fall Lernende). Das beinhaltet
jede pädagogisch orientierte Veränderung, die durch den Arbeitsprozess
hervorgerufen wurde.
Idealform des integrierten Lernens am Arbeitsplatz
Lernender
Arbeitsprozess
Individuelle
Lernbedürfnisse
LernProzess
Arbeitsplatz
Lernbedürfnisse
Lernen am Arbeitsplatz mit Hilfe Pädagogischer Methoden
Lernender
Arbeitsprozess
Individuelle
Lernbedürfnisse
Lernprozess
Ausgewählte
Methoden
ArbeitsplatzLernbedürfnisse
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Zusammenfassend kann man sagen, dass die pädagogischen Methoden
Instrumente der pädagogischen Experten beruflicher Weiterbildung sind, die den
beruflichen Qualifikationsprozess mit dem Arbeitsprozess verbinden.
Berücksichtigt man das oben genannte, wird klar, dass die Auswahl der
Methoden eng mit pädagogischen Zielen und dem Lerninhalt verbunden ist. Die
Lernziele beinhalten nicht nur technische/fachliche Inhalte, sondern auch die
sogenannten Schlüsselkompetenzen oder Soft Skills, verbunden mit sich
ändernden Einstellungen und persönlicher Entwicklung der Lernenden.
Die verschiedenen Lernformen am Arbeitsplatz sind also mit den Arten des
Arbeitsprozesses verbunden und können sich orientieren an: dem Ablauf, den
Regeln oder Prozeduren, die mit dem Prozess einhergehen. In jedem Fall sind
die zu wählenden Methoden natürlich unterschiedlich, genau wie die zu
nutzenden didaktischen Ressourcen.
Aus Tabelle 1 kann man den Zusammenhang zwischen Lernorientierung,
Methoden und didaktischen Ressourcen ablesen.
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Tabelle 1: Zusammenhang zwischen Lernorientierung, entsprechenden
Methoden und didaktischen Ressourcen
Lernorientierung:
Methoden
Didaktische Ressourcen
ablauforientiert
Sprachgestütztes
Training
aufgabenrelevanter
Arbeitsabläufe (Bezug:
Einzelaufgabe
Lernkarten zur
Unterstützung einer
bildhaft-begrifflichen
„Doppel-Codierung“.
regelorientiert
Erarbeitung und
Vermittlung von Regeln
zum Umgang mit
Situationen und
Problemen.
Regelwerke zur
Selbststeuerung
problemorientierten
Verhaltens
verfahrensorientiert
Sprach- und
Verfahrensvorschriften,
regelgestütztes Training Regelwerke und
effizienter
Wissensspeicher
Arbeitsverfahren
(Bezug:
Aufgabenklassen)
Quelle: Severing "Arbeitsplatznahe Weiterbildung " - 1994, S. 103
Die in Tabelle 1 genannten Methoden nutzen die realen Arbeitselemente und
nicht die pädagogischen Lernsequenzen mit ihren Elementen. Aus diesem Grund
ist es notwendig, die Beziehung zwischen diesen Methoden und den Lernformen,
die damit einhergehen, zu schaffen.
Tabelle 2: Berufliche Weiterbildung am Arbeitsplatz
Traditionelle Methoden der
Arbeitsunterweisung am Arbeitsplatz
Vormachen/Nachmachen
4-Stufen-Methode;
Analytische Arbeitsunterweisung
Handlungsorientierte Formen des
betrieblichen Lernens
Projektlernen
Gruppenorientierte, dezentrale
Weiterbildung
Qualitätszirkel
Leittextmethode
Lernstatt
Lerninseln
Erkunden und Präsentieren
Job-Rotation
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Individuelle arbeitsplatzintegrierte
Weiterbildung
Einarbeitung
Training a m Arbeitsplatz
Selbstqualifikation am Arbeitsplatz mit
computergestützten Lerntechnolgien
Selbstgesteuertes Lernen
Quelle: Severing "Arbeitsplatznahe Weiterbildung " – 1994, S. 103
Versucht man, ein „Profil“ für das Lernen am Arbeitsplatz zu definieren, kann
man sagen, dass diese Lernformen generell folgende Charakteristik besitzen:
•
ORT – Arbeits- und Lernplatz sind der selbe;
•
ZEIT – Die Lernprozesse laufen normalerweise während der Arbeitspausen
ab;
•
INHALT – Bezieht sich so viel wie möglich auf die Arbeitsbedürfnisse;
•
ORGANISATION – Individuelles Lernen.
2.2 Spezielle Charakterisierung
Im Kontext der Präsentation aus Tabelle 2 folgt eine spezifischere Charakterisierung jeder der 4 Gruppen von Lernmethoden am Arbeitsplatz.
2.2.1 Traditionelle Methoden
Die
traditionellen
Methoden
werden
weit
verbreitet
in
der
beruflichen
Erstausbildung genutzt, speziell in KMU. Im Kontext der beruflichen Weiterbildung gibt es weniger Informationen, in wie weit sie genutzt werden. Jedoch
und wegen der relative n Nähe der Methode zur Arbeitspraxis und auch wegen
des niedrigen Bedarfs an benötigten Ressourcen, wird angenommen, dass sie
wahrscheinlich nicht selten als Lernprozess im Unternehmen genutzt werden.
a) Vormachen/Nachmachen
Die erste Art der genannten traditionellen Methoden ist die „Learning by Doing“
genannte Strömung. In dieser Lernform wird der Lernende einem anderen
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Arbeitnehmer zugeordnet, der ihn unterweist und als Beispiel dient. Dieser
“Modell-Mitarbeiter“ zeigt und erklärt dem Lernenden, was er tut. Der Lernende
beobachtet die Arbeitsabfolge, um sie so perfekt wie möglich selbst ausführen zu
können.
Es gibt bereits einige Variationen dieses Lerntyps, in welchen das “Modell” den
Lernenden über andere technische Mittel wie Video oder modernere Kommunikationstechnologien wie CD-ROM oder ähnlichem anleitet.
b) 4-Stufen-Methode
Der Name dieser Methode ist mit den vier formalen Schritten einer normalen
Weiterbildung, die der Lernende nutzt, verbunden: Vorbereitung, Vorführung,
Nachvollzug und Abschluss/Übung. Diese vier Schritte haben Auswirkung auf die
Handlung des Lehrenden und des Lernenden. Ersterer muss: erklären was und
wie etwas zu tun ist, es beispielhaft vorführen, korrigieren wann immer nötig und
bewerten; der Lernende muss: zuhören, beobachte n, um das Beispiel
nachzumachen und üben. Diese Methode stellt eine Weiterentwicklung des
„Learning by doing“ dar, aufgeteilt in vier aufeinander folgende Schritte, um
pädagogisch leichter nachvollziehbar zu sein.
c) Analytische Arbeitsunterweisung
Diese Methode ist wiederum eine Weiterentwicklung der vorhergehenden
Methode. Die Vier-Stufen-Methode wird in diesem Fall durch die Analyse von
Praxis und Wissen des “Modell-Mitarbeiters“ oder Lehrenden systematischer und
detaillierter genutzt. Dies bedeutet eine detaillierte Analyse des Arbeitsinhalts
und seiner entsprechenden Methoden.
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2.2.2 Handlungsorientierte Formen des betrieblichen Lernens
Dies sind einige der sogenannten modernen Methoden, in welchen die
Autonomie und die Selbstaktivität der Lernenden im Lernprozess speziell
gefördert werden. Diese Methoden wurden entwickelt, um auf die neuen Ansprüche in der beruflichen Weiterbildung zu reagieren, die aus der Einführung
neuer Technologien in den Produktionsprozess der Unternehmen entstanden
sind.
Diese Methoden werden sehr oft in der beruflichen Erstausbildung, weniger
häufig in der beruflichen Weiterbildung, genutzt.
a) Projektlernen
Die Projektmethode, eine der meist genutzten in den letzten Jahren, umfasst
eine Aufgabe oder ein Problem aus der Arbeitspraxis, welches die Basis eines
Selbst- oder Team-Lern-Prozesses ist. Diese Methode, in welcher der Einzelne
oder das Team den Lernprozess und die entsprechenden Aufgaben selbst
organisieren, wird häufig in technischen oder organisatorischen Bereichen
genutzt und basiert auf einer Simulation realer Arbeitsprobleme der Produktion.
Um ein besseres Selbstmanagement des Lernprozesses zu ermöglichen,
entstand die zweite Methode in dieser Kategorie: Die Leittextmethode.
b) Leittextmethode
Diese Methode, heute in einigen Varianten entwickelt, zielt vor allem darauf ab,
eine Orientierung für den Selbstlernprozess, welcher speziell in der Projektlernmethode abläuft, zu schaffen.
Die Methode konzentriert sich auf die Entwicklung von Werkzeugen und
Instrumenten,
die
den
Selbstlernprozess
unterstützen,
indem
sie
eine
Orientierung dafür schaffen. Dies geschieht in Form von schriftlichem Material
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mit Leitfragen, um den Lernprozess durch Fokussierung und Strukturierung zu
vereinfachen.
In der beruflichen Erstausbild ung beinhaltet diese Methode sechs Phasen:
•
Informieren: Die Leitfragen müssen dem Lernenden ein Bild der erwarteten
Lernergebnisse verschaffen;
•
Planen: Der Lernende muss seinen eigenen Arbeits-/Lernplan entwickeln,
allein oder im Team;
•
Entscheiden: In dieser Phase fällt die Entscheidung, ob der vom Mitarbeiter/Lernenden präsentierte Plan durchführbar ist und welche Ressourcen und
welches Wissen notwendig sind.
•
Einführen: Der Arbeits-/Lernplan wird nun vom Mitarbeiter/Lernenden eigenverantwortlich durchgeführt;
•
Kontrollieren: Der Lernende muss, immer mit den nötigen Leitfragen als
Instrument, eine ständige Selbstkontrolle durchführen,
•
Bewerten: Die letzte Bewertung ist eine konkrete Produktbewertung.
Diese
auf
der
Individualisierung
Individualisierung
des
basierende
Lernprozesses
am
Methode
Arbeitsplatz.
ermöglicht
die
Flexibilität
und
Selbststeuerung sind entscheidende Bedingungen der Integration von Lern- und
Arbeitsprozess.
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2.2.3 Gruppenorientierte, dezentrale Weiterbildung
Die früher beschriebenen Methoden bezogen sich auf den Arbeitsplatz, um
speziell die berufliche Erstausbildung so nah wie möglich am Arbeitsprozess
durchzuführen, um Zeit für den Transfer (Anwendung des Gelernten auf den
Arbeitsprozess) zu sparen.. Jedoch wurden sie nicht in den Arbeitsplatz
integriert. Die unter dezentralisierter beruflicher Weiterbildung vorgestellten
Methoden beziehen sich direkt auf den Arbeitsplatz.
Diese Methoden basieren auf der Organisation von Gruppen, die darauf
abzielen, technische und organisatorische Probleme zu analysieren und
entsprechende Lösungen zu finden, indem sie eine Lerndynamik unter den
verschiedenen Mitgliedern schaffen. Diese Arbeits/Lerngruppen befassen sich
normalerweise mit Themen wie der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und
der Reduzierung von Produktionskosten und ziehen sich durch den kompletten
Produktionsprozess hindurch. Das bedeutet, dass der Lernprozess mit der
Vervollständigung der Methode Hand in Hand geht.
Aus dem Erklärten kann man schließen, dass diese Methode durch einen
gemeinsamen Arbeits- und Lernprozess mit der Kompetenzentwicklung der
Gruppenteilnehmer einhergeht, was besonders wichtig ist in der beruflichen
Weiterbildung.
a) Qualitätszirkel
Qualitätszirkel sind Arbeitsgruppen mit 3 bis 10 Teilnehmern, die in Teamarbeit
technische und organisatorische Probleme analysieren und nach entsprechenden Lösungen für Verbesserungen suchen. Die Gruppe hat einen Leiter, der
die Arbeit des Teams strukturiert und erleichtert. Die Gruppe und jeder Teilnehmer muss den Arbeitsplatz nicht nur als Arbeiter, sondern auch aus der
Perspektive von Planung und Qualitätskontrolle sehen.
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Diese Gruppen sind besonders auf Gebieten wie Kommunikation und Teamarbeit
wichtig und können zu wirklichen Verbesserungen in Arbeitsprozess und
Arbeitsabläufen mit daraus folgenden Einsparungen führen. Neben den Organisationseffekten spielt diese Art von gemeinsamer Arbeit eine Rolle für die
Kompetenzentwicklung jedes einzelnen Teilnehmers der Gruppe.
Qualitätszirkel sind am besten für die Lösung von Problemen im Bezug auf den
Arbeitsablauf oder –prozess geeignet. Als Methode der beruflichen Weiterbildung
verstärkt sie insbesondere die Kooperation in der Problemlösung und dadurch
die Verbesserung des kooperativen Selbstlernens und den transferorientierten
Weiterbildungsprozess. Die Grenzen der Methode liegen in der Tatsache, dass
man immer von einem zu lösenden Problem ausgehen muss.
b) Lernstatt
Diese Methode ist viel stärker lernorientiert als der Qualitätszirkel, in welchem
lernen durch Analyse und Verbesserung auf organisatorischer Ebene stattfindet.
Die Lernstatt, eine Mischung von „Lernen” und “Werkstatt”, ist eine pädagogische
Selbstlernmethode im Betrieb, die auf die Bedürfnisse des Arbeitsplatzes
ausgerichtet ist.
Aus pädagogischer Sicht können sich Teilnehmer, wie auch in jeder anderen
strukturierten
Weiterbildungsmethode,
sowohl
Sozial-
als
auch
Fach-
kompetenzen aneignen. Jedoch ist das Lernen, das in der Praxis der Unternehmen stattfindet, sehr häufig auf Qualitätszirkel beschränkt, auch wenn es
„Lernstatt“ genannt wird.
Normalerweise wird diese „Lernstatt” von einer zentralen „Lernstatt“ organisiert
und koordiniert, in welcher sich pädagogische und Weiterbildungsexperten
befinden. Diese zentrale Einheit koordiniert, plant und begleitet die Arbeit jeder
einzelnen dieser dezentralisierten „Lernstätten“ im Produktionsbereich. Die
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Koordinatoren dieser individuellen Einheiten sind Moderatoren, die ebenso aus
dem Produktionsbereich kommen. Sie unterstützen die Arbeit der Lerngruppen,
die aus mehreren Mitarbeitern aus verschiedenen Bereichen bestehen, jedoch
ohne Anwesenheit von Aufsehern oder Vorarbeitern, um Hierarchiekonflikte zu
vermeiden. Diese Gruppen werden gebildet, um sehr präzise Probleme zu lösen.
Die Mitglieder werden entsprechend der Art des Problems ausgewählt.
In dieser Methode unterstützen das Wissen und die Erfahrung der teilnehmenden
Mitarbeiter den Lernprozess direkt.
Ein Schlüsselfaktor ist die Rolle der Moderatoren, die ebenso dafür
weitergebildet werden müssen, die genannte Unterstützungsrolle zu spielen. Zur
Unterstützung des Lernprozesses können in diesem Fall einige der bereits
vorgestellten Methoden, wie beispielsweise die Leittextmethode, verwendet
werden. Die Grenzen dieser Methode liegen in der relativ begrenzten
Orientierung auf die Arbeitsabfolge. Dies hatte zur Folge, dass der Einsatz sich
normalerweise an didaktischen Gruppenmodellen für spezielle Lernsituationen/bedürfnisse orientiert.
c) Lerninseln
Diese Methode wurde im wesentlichen von großen Unternehmen, speziell in der
Automobilbranche, entwickelt, um die Erstausbildung im Dualen System
(Deutsches Ausbildungssystem) und die neuen Organisationsformen in der
Produktion zu vereinbaren. Sie ermöglichte es, einen Teil der Erstausbildung
direkt in der Produktion durchzuführen (am Arbeitsplatz).
Das
Konzept
der
Lerninseln
basiert
darauf,
einige
ausgewählte,
aufeinanderfolgende Schritte des Produktionsprozesses an speziellen Arbeitsplätzen (Insel-Arbeitsplätze) außerhalb des normalen Produktions prozesses
durchzuführen.
Auf
diesen
Arbeitsplätzen
führen
die
Auszubildenden-
19
/Beschäftigten ihre Aufgaben unter Aufsicht von Trainern entsprechend vorher
entwickelter pädagogischer und didaktischer Kriterien durch.
Die
Lerninseln
Arbeitsplätzen
werden
außerhalb
innerhalb
des
des
Produktionsbereiches,
Produktionsprozesses,
aber
untergebracht.
an
Der
Lernprozess wird von den Praktikanten (Einzelne oder Gruppen) nach einem
Katalog pädagogischer Ziele und unter Aufsicht der Trainer organisiert und
geplant. Normalerweise wird sie nicht isoliert eingesetzt, sondern im Rahmen
kombinierter Lernmethoden.
Diese Methode wird bisher in der beruflichen Weiterbildung wenig eingesetzt und
dies trotz passender Charakteristik: die Praktikanten bringen ihre Aufgaben
selbständig in die Produktion ein; Teamarbeit findet statt; Integration qualifizierten technischen Personals wird integriert; durch Rückgabe von Ergebnissen
aus dem Qualifikationsprozess in den Produktionsprozess selbst entstehen
innovative Wirkungen.
Dies ist alles möglich durch die große Parallelität zwischen Lern- und
Produktionsprozess
und
dem
Potential
des
Transfers
innerhalb
des
Weiterbildungsprozesses.
d) Job-Rotation
Der Prozess von Job-Rotation-Programmen wird durch den Wechsel Einzelner
innerhalb
verschiedener
Arbeitsplätze,
normalerweise
mit
technischen
Ähnlichkeiten, erreicht. So sollen flexible Einsatzmöglichkeiten innerhalb des
Unternehmens erzielt und auch die Sozialkompetenzen, die mit einer guten
Beziehung zwischen den Kollegen, die verschiedene Funktionen ausüben,
einhergehen, gefördert werden.
Dieses Lernkonzept basiert auf dem Prinzip der Erkundung und wurde anfangs
speziell für die berufliche Orientierung Auszubildender/Praktikanten während der
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ersten Schritte der Erstausbildung genutzt. Dies ist der am weitesten verbreitete
Einsatz der Job-Rotation-Methode.
Im Fall der beruflichen Weiterbildung spielt sie normalerweise eine Rolle in der
Verbesserung von Kooperation und Teamarbeit, da sie jedem Mitarbeiter
ermöglicht, mehr über die Aufgaben und Erwartungen der Anderen zu erfahren
und diese so besser zu verstehen.
Die Gruppen oder Einzelnen, die einem Erkundungsprozess folgen, vollziehen
ihn anhand eines selbstentwickelten Katalogs von Leitfragen. Dieser Prozess
erhöht die Transparenz innerhalb des Unternehmens und verbessert das
Verständnis unter dem Personal. Die Bewertung der Ergebnisse erfolgt durch die
allgemeine Präsentation, welche die vollzogene Erkundung reflektiert.
Diese Methode stellt ein gutes Nutzenpotenzial in der beruflichen Weiterbild ung
dar, durch:
•
Verbesserung der selbstgesteuerten Durchführung in verschiedenen Funk tionen/Arbeitsplätzen für die einbezogenen Mitarbeiter;
•
Verbesserung der Flexibilität der Mitarbeiter-Flexibilität;
•
Transfer von Wissen zwischen den Mitarbeitern verschiedener einbezogener
Funktionen.
Jedoch ist das Qualifizierungspotenzial beschränkt und kann aus Gründen von
Erfordernissen der Personalorganisation langfristig eine Reduzierung der
Effizienz des Produktionsprozesses zur Folge haben.
2.2.4 Individuelle arbeitsplatzintegrierte Weiterbildung (Nutzung
konventioneller Ressourcen und Methoden)
Innerhalb dieser Methode der beruflichen Bildung findet der Lernprozess weder
in Bezug auf Ort noch auf Zeit separat vom Arbeitsplatz statt. Daher kommt die
Notwendigkeit integrierten Lernens am Arbeitsplatz. Der große Unterschied zu
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den anderen bisher genannten Formen ist die Tatsache, dass Lernen in diesem
Fall ein individueller, fortlaufender Prozess ist, der am Arbeitsplatz jedes
Mitarbeiters stattfindet. In den meisten anderen Lernmethoden spielte die Gruppe
oder das Team eine wichtige Rolle.
Es sind einige Voraussetzungen nötig:
•
Der Arbeitsplatz muss auf einen Arbeitsprozess bezogen sein, an dem die
Arbeit zum Lernen unterbrochen werden kann, ohne die Aufgaben anderer
Mitarbeiter zu behindern. Diese Voraussetzung erlaubt es dem Mitarbeiter,
seinen eigenen fortlaufenden Lernprozess frei und autonom selbst zu
managen;
•
Der Lernprozess kann nur dann stattfinden, wenn der Arbeitsplatz mit den
notwendigen Lerninstrumenten und Werkzeugen ausgestattet ist (Bücher,
CBT und Kommunikationsmöglichkeiten zu Tutoren oder Trainern).
Die Methode ist durch die Nähe zu den Bedürfnissen der Arbeitsrealität und den
persönlichen Möglichkeiten der Mitarbeiter, eine der meist empfohlenen für die
berufliche
Weiterbildung.
Die
nächsten
Punkte
beziehen
sich
auf
die
konventionellen Methoden auf diesem Gebiet.
a) Einarbeitung
Dies ist der Normalfall, wenn ein Mitarbeiter lernen muss, neue Funktionen oder
Aufgaben an einem neuen Arbeitsplatz zu verrichten. Die Anforderungen dieser
neuen Verrichtungen müssen gelernt werden. In den meisten Fällen passiert
dieser Lernprozess im Kontakt mit Kollegen oder direkten Vorgesetzten und nicht
mit Trainern. Der Inhalt des Lernprozesses ist eng mit der Durchführung der
eigenen Aufgabe/Arbeit verbunden (entweder in technischer Hinsicht oder
bezüglich der zur Durchführung notwendigen Einstellungen/ Verhalten/ Sozialkompetenzen).
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b) Training am Arbeitsplatz
Diese Methode ist durch das “Coaching” weiter verbreitet. Es ist ein Lernprozess,
der speziell für das Training von Managern eingesetzt wird.
Der Prozess basiert auf der Aneignung von Wissen und Erfahrung und wird bei
der Arbeitsausführung unter durchgängiger Unterstützung eines Trainers,
welcher normalerweise auch sehr erfahren auf seinem Gebiet ist, implementiert.
c) Selbstqualifikation
Diese Methode basiert auf der Interaktion zwischen Lern- und Arbeitsprozessen,
die der Mitarbeiter selbst entsprechend seiner Bedürfnisse organisiert. Trotz
großer Bedeutung bezüglich des angeeigneten Wissens ist der Lernakt
normalerweise nicht formal und daher schwierig wahrzunehmen oder zu messen.
Um es zu ermöglichen, am Arbeitsplatz zu lernen, ist es notwendig, den
Arbeitsprozess anzupassen. Die Fähigkeiten, die Arbeit auszuführen, müssen
durch den Arbeitsprozess angeeignet werden und können am Anfang nicht sofort
vorhanden sein. Der Mitarbeiter muss am Arbeitsplatz mit dem Arbeitsprozess
lernen. Es gibt einige Aufgaben, die durch ihre Charakteristik bedingt nicht direkt
mit dem Arbeitsprozess gelernt werden können. In dem Fall ist es notwendig, die
richtigen Instrumente – Lern-/Didaktische Ressourcen, die den entsprechenden
Prozess unterstützen. Diese Instrumente können alle die sein, die auch für die
anderen Arten beruflicher Weiterbildung genutzt werden. (Bücher, Handbücher,
technische
Informationen,
mögliche
Kommunikation
mit
Tutoren
oder
Trainern/Coaches)
2.2.5 Individuelle arbeitsplatzintegrierte Weiterbildung
(auf neuen Technologien basierende Methoden)
Mit dem Aufkommen der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien
in den letzten Jahren war es auch möglich, neue, an das Lernen am Arbeitsplatz
23
angepasste, Lern- und Trainingsressourcen zu entwickeln, die eine Reihe von
Möglichkeiten eröffnen.
Für die Unternehmen waren diese Ressourcen anfangs sehr attraktiv, da sie
unter anderem:
•
Einen Standard in der Qualität der beruflichen Weiterbildung schufen;
•
Dezentralisiert und wo immer nötig, auch am Arbeitsplatz, einsetzbar waren
(Flexibilität des Lernprozesses);
•
Reduzierung der Trainingszeit bei wachsender Qualifikationseffizienz;
•
Vereinbarkeit mit anderen Lern-/Arbeits-/Informationsressourcen und die
Integrationsfähigkeit dieser Lernsystem mit dem Arbeitsprozess und der
einfache
Weitergabe-/Vervielfältigungseffekt
auf
Unternehmensebene
(national und international);
•
Mobilisierung des Lernpotenzials durch Einführung selbstorganisierter,
individualisierter Lernprozesse und andererseits wachsende Akzeptanz der
neuen Technologien.
a) CBT - Computer Based Training und WBT - Web based training
Diese beiden Lernmethoden, unterstützt durch elektronische Geräte, haben die
Eigenschaft, einen individuellen und autonomen Lernprozess zu ermöglichen.
Der Inhalt wird pädagogisch strukturiert, um einen Selbstlernprozess am
Computer zu ermöglichen.
Das
CBT
ist
als
Selbstlerninstrument
bereits
weit
verbreitet,
welches
normalerweise nicht den selben Grad an Interaktivität beinhaltet, wie das durch
Web Based Training mögliche Online -Lernen.
Interaktive Online Seminare sollten Kompone nten wie die folgenden umfassen:
-
Tutorien, die es dem Lernenden ermöglichen, zu üben und seine Fortschritte
im Lernprozess selbst zu bewerten und zu entscheiden, weiter zu gehen oder
zu wiederholen;
24
-
Der Teletutor ist technisch kompetent und verfügbar, steht bei auftauchenden
Problemen zur Verfügung;
-
Das Kommunikationsforum – den Austausch von Ideen und Erfahrungen
unter Kollegen zu ermöglichen;
-
Feedback zum Seminar – in welchem der Lernende gebeten wird, die von
ihm nachverfolgten Lerneinheiten zu bewerten, um Verbesserungen zu
ermöglichen.
25
2.3 Selbstgesteuertes Lernen
Diese Lernmethode wird noch in einigen Ländern Europas untersucht. Aufgrund
der wachsenden Bedeutung, Mitarbeitern die notwendigen Kompetenzen zu
vermitteln, verantwortungsvoller, flexibler und unabhängiger in der Ausübung
ihrer Arbeit zu werden, sogar die Anpassungsfähigkeit an neue notwendige
Fähigkeiten betreffend, machte es ebenso erforderlich, den Lernprozess zu überdenken, um auf diese Ansprüche zu reagieren.
Die Charakteristik dieser neuen Lernformen ist weitgehend mit dem Bedarf
verbunden, zu “Lebenslangem Lernen” zu befähigen, also das Lernen zu Lernen.
Auch die Methoden zur Analyse des Weiterbildungsbedarfs sind weit entfernt von
der Praxis des Arbeitsprozesses, betrachtet man diese neuen Ansprüche und
schnellen Änderungen.
Anbetracht all dieser Argumente war es wichtig, eine Methode zu entwickeln, in
welcher die Mitarbeiter befähigt werden, ihren eigenen Lernbedarf festzustellen,
ihren eigenen Lernprozess zu organisieren und die Ergebnisse dieses Selbstlernprozesses in Bezug zu ihrer Arbeit oder ihren Aufgaben systematisch zu
bewerten.
Das in Deutschland durch die beruflichen Fortbildungszentren (bfz) und das
Institut für sozialwissenschaftliche Beratung (ISOB) in Kooperation mit einigen
Unternehmen entwickelte Projekt, basiert auf den Prinzipien der Selbstevaluation
als Selbstlerninstrument. Das Projekt nannte sich „Navigationssystem für
selbstständig lernende Mitarbeiter“.
Das mit dem Projekt einhergehende Konzept war es, durch 6 Module einen
Selbstlernprozess
zu
entwickeln:
Analyse
der
eigenen
Arbeitssituation
(Arbeitsplatz, Gruppe, Produkt), miteinander reden (Kommunikation unter
Kollegen), Lerngelegenheiten entdecken, Wissensquellen nutzen, Input nutzen
26
(die drei Module erlauben es, Lerndefizite zu entdecken und Chancen in der
Arbeitsumgebung zu entdecken, um zu lernen, was gebraucht wird), Bilanzierung
eigener Lernprozesse (dieses letzte Modul zielt darauf ab, den begleitenden
Selbstevaluationsprozess zu analysieren und ihn als Arbeitsmethode zu festigen
(Integration von Arbeiten und Lernen).
Navigationssystem für selbstständig lernende Mitarbeiter
(Quelle: Selbständig Lernen im Betrieb, BIBB Modellversuch bfz Bildungsforschung)
Analyse der
eigenen
Arbeitssituation
Miteinander
reden
Lerngelegenheiten
entdecken
Navigationssystem für
selbstständig
lernende
Mitarbeiter
Bilanzierung
eigener
Lernprozesse
Input nutzen
Wissensquellen
nutzen
27
Die Einführung zu jedem Modul erfolgt durch Initial-Workshops als Impuls für den
folgenden selbstorganisierten Lernprozess.
Dies ist ein sehr flexibler Lernprozess und kann an alle Weiterbildungsbedürfnisse angepasst werden. Aus diesem Grund ist es für die berufliche
Weiterbildung sehr gut geeignet. Ein Schlüsselfaktor für den Erfolg dieser
Methode liegt darin, dass die Workshops einen Reflexionsprozess der Mitarbeiter
in Gang setzen und sie befähigen, Lernprozesse zwischen den Workshops
fortzuführen..
Anmerkungen:
Wie in der Einleitung dieses Handbuchs genannt, haben wir versucht, die
verschiedenen Methoden des Lernens am Arbeitsplatz kurz und in verständlicher
Weise darzustellen, strukturiert in einer Form, die der jeweiligen Entwicklung
entspricht.
Für weitergehende Informationen über die Arten beruflicher Weiterbildung am
Arbeitsplatz empfehlen wir folgende Literatur:
1 Severing, Eckard
Arbeitzplatznahe Weiterbildung
Grundlagen der Weiterbildung /Luchterhand 1994
2 Docherty, Peter/ Nyhan, Barry
Human Competence and Business Development
Springer-Verlag London Limited 1997
3 Internationaler-Bund
Berufsbildungszentrum
Jena
und
Startshilde
Sondershausen e. V. - Lernen im Arbeitsprocess -Band 3 - Didaktischmethodisches Konzept
INBAS 1999
28
3. Lernen am Arbeitsplatz in der Praxis
Die verschiedenen Methoden des Lernens am Arbeitsplatz können mehreren
Situationen innerhalb der Unternehmen, entsprechend des Unternehmensprofils
und der Bedürfnisse, entsprechen.
Unternehmen, deren Werte und Philosophie/Kultur in der Entwicklung der
Humanressourcen als Kernfaktor des Unternehmenserfolgs verankert sind,
können einfach eine Strategie verfolgen, eine Lernende Organisation zu werden,
ohne den Zwang, Maßnahmen aufgrund aufgetretener Probleme ergreifen zu
müssen. Diese Unternehmen versuchen, Modellcharakter zu haben und die
betreffenden Mitarbeiter zu motivieren, sich selbst mit diesem Modell zu
identifizieren. Andere Unternehmen nehmen Maßnahmen des Lernens am
Arbeitsplatz als Instrument an, auf die innerhalb organisatorischer oder
technischer Probleme in einem der Unternehmensprozesse identifizierten
Lernbedarfe zu reagieren.
Das Konzept des “Wissensmanagements” ist ebenso eine Art, Wissen und
Erfahrung der Mitarbeiter auf persönlicher und beruflicher Ebene im Unternehmen zu erhalten und zu integrieren. Außerdem ist es sehr nahe am
Arbeitsplatz möglich.
Es muss ebenso berücksichtigt werden, dass jedes Unternehmen ein anderer
Fall ist und es keine fertigen “Rezepte” gibt, um der Vielzahl möglicher Probleme
zu begegnen. Besonders in KMU ist die organisatorische Charakteristik sehr
verschieden. Hier kann man unter anderem unterscheiden: Sektor – um nicht
tiefer zu gehen, KMU im industriellen Sektor unterscheiden sich stark von KMU
im Dienstleistungssektor; Umfang – Unternehmen mit 10 Mitarbeitern haben eine
völlig andere Charakteristik als Unternehmen mit 50, oder andere mit 100 oder
200 und wiederum zu denen mit 400 oder 500 Mitarbeitern; Art der Leitung –
einige sind Familienunternehmen, einige sind stärker strukturiert als andere. Dies
29
bedeutet, dass es nicht möglich sein wird, eine einzige Lösung zu finden.
Deshalb versucht dieser Leitfaden, einige erfolgreiche Fälle aufzuführen, die in
verschiedenen KMU eingeführt wurden. Sie können einerseits als übernehmbares Modell und andererseits als Beweis für die Durchführbarkeit der
beschriebenen Methoden genutzt werden.
3.1
Die Human Ressource Entwicklung als Unternehmensphilsophie
(VISION – ein gutes Beispiel sein)
Einige KMU entwickeln eine Vision und eine Mission für sich selbst. Um diese zu
erfüllen, spielen die Humanressourcen eine wichtige Rolle. Um zu einem Erfolgsund Wettbewerbsfaktor zu werden, müssen sie mit der selben Vision und Mission
identifiziert werden und eine starke emotionale Bindung zu den Kollegen und
zum Unternehmen entwickeln.
Einige Beispiele österreichischer Unternehmensvisionen:
KWB -Kraft Wärme Biomasse - "Ziel unseres Handelns ist die Herstellung der
Ausgewogenheit zwischen der langfristigen Erhaltung der Zufriedenheit unserer
MitarbeiterInnen und der ökonomischen Gesundheit unseres Unternehmens "
Hofmeister, Baumeister GmbH & Co KG - „Unsere Stärke ist der/die einzelne
Mitarbeiter/in und das gemeinsame gezielte Handeln. Sie prägen die hohe
Qualität unserer Dienstleistung/unseres Produktes. Im Mittelpunkt stehen
kompetente, verantwortungsbewusste und unternehmerisch denkende und
handelnde MitarbeiterInnen – und nicht mehr der Geschäftsführer.“
Um diesem Prinzip zu folgen, muss man die Unternehmensstrategie mit der
Entwicklung des Human Ressource Konzeptes verbinden.
30
Verknüpfung von Strategie und Personalentwicklung
Ein gutes Beispiel dieser speziellen Praxis ist die o. g. Hofmeister, Baumeister
GmbH.
a) Personalentwicklung
Die Firma Hofmeister hat sich von der punktuellen Personalentwicklung
abgewandt und eine systematische, strategische Vorgehensweise eingeschlagen.
Folgende
Punkte
sind
die
Basis
für
diese
systematische
Personalentwicklung:
•
•
•
•
Orientierung an den Unternehmenszielen und dem Leitbild
Organisationsentwicklung im Sinne einer „lernenden Organisation“
Partizipativer Führungsstil mit Offenheit für konstruktive Kritik
Betonung der Teamarbeit innerhalb einer hierarchisch flachen Organisationsstruktur
Die Firma Hofmeister betreibt eine bewusste und gezielte Weiterentwicklung der
Organisation im Sinne einer ständigen Verbesserung der Prozesse. Unter
Personalentwicklung wird nicht mehr nur Weiterbildung verstanden, sondern
auch die Organisation wird miteinbezogen.
Die
Umwelt
beziehungsweise
der
Markt
beeinflusst
das
Leitbild,
die
Unternehmensziele und die Unternehmensstrategie. Diese wiederum wirken sich
auf die Bereiche Organisation und Personal aus. Beide Bereiche müssen im
Unternehmen in Einklang gebracht werden. Aufgabe der Personalentwicklung ist
es, für alle MitarbeiterInnen des Unternehmens interne Informations- und
Kommunikationsflüsse zu verbessern. Dieses Vorhaben gelingt jedoch nur, wenn
die Organisationsstruktur entsprechend angepasst wird.
Die strategische Personalentwicklung ist auf das Leitbild sowie auf die
Unternehmensziele abgestimmt und an den individuellen Möglichkeiten und
Interessen der MitarbeiterInnen ausgerichtet. Auf diese Weise ist die strategische
31
Personalentwicklung der Firma Hofmeister auf die konsequente und geplante
Weiterentwicklung aller MitarbeiterInnen ausgerichtet.
Die Umsetzung der strategischen Personalentwicklung orientiert sich an
folgenden Punkten:
1)
Leitbild: Ein Leitbild ist zu entwickeln. In diesem spiegeln sich die
Unternehmensziele und die Unternehmensstrategie wider.
2)
Ein Personal- und Organisationsentwicklungskonzept wird geplant.
3)
Im
dritten
Schritt
werden
abgestimmt
auf
das
Konzept
die
Anforderungsprofile aller Berufsgruppen im Unternehmen erstellt.
4)
Darauf abgestimmt ist als nächstes das Ausbildungsprogramm
festzulegen. Ein entsprechender Zeitplan muss für die konsequente
Umsetzung des Ausbildungsprogramms sorgen.
5)
Im fünften Schritt werden die MitarbeiterInnen über das geplante
Weiterbildungskonzept vorinformiert.
6)
Anschließend findet intern die Projektpräsentation statt.
7)
Im siebenten Schritt ist der Entwicklungs- und Weiterbildungsbedarf
aller MitarbeiterInnen durch MitarbeiterInnengespräche zu erheben.
8)
Diese sind in Folge auszuwerten und entsprechend zu interpretieren. In
einem weiteren MitarbeiterInnengespräch findet dann konkret eine
Vereinbarung
über
die
künftige
Weiterentwicklung
der
Mit-
arbeiterInnen statt.
9)
Schließlich wird ein Zeitpunkt festgelegt, ab dem die Weiterbildungsmaßnahmen zu laufen beginnen.
10) Als weiteren zentralen Schritt gilt es die Transferunterstützung zu
fördern. Die MitarbeiterInnen müssen die Möglichkeit haben, bei
Umsetzungsproblemen des Gelernten, die nötige Hilfe von Kollegen zu
bekommen. Es gilt auch die Sinnhaftigkeit der Weiterbildungsmaßnahme
zu hinterfragen.
32
b) Strategische Organisationsentwicklung
Wichtig ist neben einer strategieorientierten Personalentwicklung auch die
Entwicklung einer strategischen Organisationsentwicklung. Diese wird in der
Firma Hofmeister wiederum in zehn Punkten umgesetzt:
Die Punkte eins bis sechs entsprechen jenen der strategischen Personaentwicklung.
7) Die Installation von bereichsübergreifenden Projektgruppen dient zur
Umsetzung
folgender
Aufgaben:
Entwickeln
von
Prozessen,
Ver-
besserung der Transparenz in der internen Information; Verbesserung der
Besprechungskultur intern.
8) Als achtes wird das Ziel gesetzt ein bedarfsgerechtes Wissens managementsystem zu implementieren. Der Kauf und die Nutzung von
Fachbüchern, Fachzeitschriften und die Weiterbildung sollen optimiert
werden.
9) Ausbau des Wissensmanagementsystems: Internetadressen, Projekt- und
Projektanalysedaten sowie Stammkundendaten sollen effizient verwaltet
und rasch zugänglich gemacht werden.
10) In
der
Organisationsentwicklung
ist
ebenfalls
auf
eine
ständige
Evaluierung zu achten. Die Abstimmung auf Unternehmensziel und
Reflexion der Maßnahmen sind unabdingbarer Bestandteil der lernenden
Organisation.
3.2. Integration neuer Mitarbeiter in das Unternehmen
Ein wichtiger Schritt im Personalentwicklungskonzept ist die Integration neuer
MitarbeiterInnen. Dies muss durch Lernen am Arbeitsplatz geschehen.
33
Wenn ein neuer Mitarbeiter eingestellt wird und seine/ihre Arbeit in einem
Unternehmen beginnt, muss er /sie in die Unternehmenskultur wie auch in den
mit seiner/ihrer Arbeit einhergehenden Prozess integriert werden.
Sein/ihr direkter Vorgesetzter, abhängig von der Unternehmensstruktur kann dies
der Abteilungsleiter oder einfach der für den Mitarbeiter Verantwortliche sein,
muss:
•
das neue Teammitglied begrüßen und ihm/ihr den neuen Arbeitsplatz, den
Arbeitsinhalt und die neuen Kollegen mit den entsprechenden Aufgaben und
der Beziehung zu seinen/ihren eigenen Aufgaben vorstellen;
•
eine Führung durch das Unternehmen, um die verschiedenen Bereiche/Abteilungen des Unternehmens und die entsprechenden Mitarbeiter zusammen
mit einem Überblick ihrer Aufgaben vorzustellen;
•
mit
dem
neuen
Mitarbeiter
die
notwendigen
Voraussetzungen
zur
Arbeitsdurchführung durchsprechen und sie mit dessen Profil vergleichen, um
einen entsprechenden Weiterbildungs-/Lernplan zu vereinbaren. Dieser Plan
kann bevor der Mitarbeiter anfängt entsprechend seines Lebenslaufs und der
Charakteristik der Arbeit erstellt werden oder mit dem Mitarbeiter selbst, wenn
er anfängt. In jedem Fall soll er entsprechend der Arbeit und der persönlichen
Erfordernisse individualisiert werden.
Ein gutes Beispiel gibt die Kraft & Wärme aus Biomasse GmbH – KWB in
Österreich.
In
diesem
Unternehmen
werden
die
Schritte
durch
den
Abteilungsleiter des neuen Mitarbeiters durchgeführt, der:
-
vor dem ersten Arbeitstag des neuen Mitarbeiters einen Einführungsplan für
ihn/sie erstellt
-
ihn/sie begrüßt
-
ihr/im den Arbeitsplatz und die Kollegen vorstellt
34
-
eine Betriebsführung durch die übrigen Abteilungen macht und ihm die
entsprechenden Mitarbeiter und Prozesse vorstellt
-
den Einführungsplan mit dem Mitarbeiter besprechen und ihm/ihr die Möglichkeit geben, einige Zeit in anderen Abteilungen zu verbringen, um den
Arbeitsprozess im Unternehmen als ein Ganzes besser zu verstehen. So
bekommt jemand, der für gewöhnlich im Büro arbeitet, die Möglichkeit mit den
Monteuren einige Tage zu verbringen, um die Arbeitsschritte von der
Entwicklung bis zur Montage der Heizanlagen nachzuvollziehen.
Folgende Schritte müssen je nach Erfordernis und Stelle innerhalb der
Durchführung des Einführungsplan abgehandelt werden:
-
Einführung in die EDV im Haus durch den EDV-Beauftragten oder den
Abteilungsleiter
-
Einführung in die Möglichkeiten, seinen Arbeitsplatz zu gestalten (Räum lichkeiten, Telefonanlage, Umkleidemöglichkeiten, etc.) sowie Einweisung in
hausinterne Infrastruktur:
-
Einführung ins Qualitätsmanagementsystem
-
Einführung in die firmeninternen Prozessläufe
Stellenspezifische Schulungsinhalte sind ebenso eine ergänzende Maßnahme,
die für jede Stelle individuell geplant werden.
35
3.3. KMU als Lernende Organisationen
Eine Lernende Organisation ist die, die ihrem Personal alle Möglichkeiten gibt,
sich selbst persönlich und/oder beruflich zu entwickeln und ihre Teilnahme am
Unternehmensleben (Verbesserungsvorschläge, neue Organisation, etc.) zu
erhöhen,
um
ein
Wachsen/eine
Vervielfältigung
des
Lernprozesses
zu
generieren, der Menschen und Unternehmen integriert.
Ein gutes Beispiel für diese Art Strategie, in welcher eine enge Verbindung
zwischen lernen und arbeiten besteht, ist die ADLER Apotheke.
Dieses Unternehmen hat die Einführung eines Pilotprojektes, das auf die
Entwicklung einer Lernenden Organisation abzielt, 1990 begonnen. In der
Pilotphase wurden 4 Lernkreise installiert, die mittlerweile auf 9 Lernkreise angewachsen sind. Jede der Gruppen besteht grundsätzlich aus 3 Mitarbeitern, die
sich intensiv mit Aufgabengebieten wie den folgenden beschäftigen:
•
Moderne Mitarbeiterführung
•
Kundenorientierung und Kundenbindung
•
Interne Kommunikation
•
Methoden des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses
•
Umsetzung des Lehrlingsausbildungsprogrammes
•
Teamentwicklung
•
EDV/Software
Es gibt einen Steuerkreis, in der die Führungsebene vertreten ist, und welcher
die Lernkreise berät.
Einmal im Monat findet eine Sitzung im Betrieb statt, in welchem die Aktivitäten
aller Lernkreise berichtet werden. Auf diese Weise wird der Wissenstransfer
unter dem gesamten Personal ermöglicht. In den Lernkreisen selbst wird schließlich das Neue geübt und gemeinsam in einem „learning-by-doing“-Prozess
umgesetzt.
Die Geschäftsführung der Adler Apotheke ist um eine ständige Verbesserung der
Unternehmenssituation bemüht. Die genutzten Informationsquellen sind: die
36
Quartalsberichte, die Lieferantenreklamationen, Kundenrückmeldungen und
andere. Der dafür verantwortliche Lernkreis muss die Analyse dieser Informationen in der Sitzung präsentieren.
Alle Mitarbeiter des Unternehmens haben die Aufgabe, Verbesserungsvorschläge einzubringen. Die Vorschläge können erfolgen durch:
•
die monatlichen Betriebsversammlungen
•
ein für diesen Zweck entwickeltes Instrument – Das „Ideenblatt“
Jene Verbesserungsvorschläge, die in den Verbesserungsaktivitätenplan aufgenommen worden sind, werden mit einem Zieltermin versehen. Von den
Verantwortlichen sind die erforderlichen Umsetzungsschritte durchzuführen und
im Formular „Darstellung der Verbesserungsmaßnahme“ zu dokumentieren.
Die erzielten Ergebnisse werden in einer Betriebsversammlung präsentiert und in
die jeweiligen Tätigkeitsbeschreibungen und Prozessinstruktionen übertragen.
Die Überprüfung der Maßnahme wird von einem Prozessverantwortlichen
durchgeführt und dokumentiert. Erst dann ist die Maßnahme als abgeschlossen
zu betrachten.
3.4. Einige Beispiele von Maßnahmen des Lernens am Arbeitsplatz – Neue
Lernmethoden
Hier finden sich Maßnahmen wie das Training am Arbeitsplatz oder die Nutzung
von Lernunterstützung durch Multimedia, wie im vorhergehenden Kapitel
beschrieben. Wir werden Beispiele österreichischer und portugiesischer Unternehmen vorstellen.
Fa. Eloxal Heuberger (Österreich)
In diesem Unternehmen werden Weiterbildungsmodule von insgesamt 2 Stunden
pro Woche so verteilt, dass es allen Mitarbeitern möglich ist (die Arbeitszeit ist in
Schichten und Teams organisiert) mindestens einmal im Monat teilzunehmen.
37
Die Themen sind: Umweltschutzmaßnahmen, Sicherheit am Arbeitsplatz oder
andere fachspezifische Themen. Trainer ist der Geschäftsführer. Als didaktische
Materialien werden Flip Charts genutzt. Diese geschriebenen Materialien werden
fotografiert und in einem Ordner in der Nähe des Arbeitsplatzes untergebracht.
In diesem Unterne hmen wurde zusammen mit fünf ausländischen Firmen ein
interaktives Lernprogramm, basierend auf CD-ROMs, entwickelt. Dieses beinhaltet die Oberflächenbehandlung von Aluminium. Es erlaubt allen Mitarbeitern
der sechs Betriebe Zugriff zu dem Lernmaterial. Es soll über den Server der
örtlichen Universität für Studenten genutzt werden können.
FUSAG (Portugal)
Ein Unternehmen des Stahlsektors in Portugal identifizierte ein Problem darin,
die Anwendung der Gesundheits- und Sicherheitsregeln durch die jeweiligen
Maschinenbediener sicherzustellen. Ein Weiterbildungsanbieter des Sektors
kooperierte mit dem Unternehmen, um die Quelle des Problems zu identifizieren
und die entsprechende Lösung einzuführen. Es war eindeutig mit einem Mangel
an Integration der Arbeit der verschiedenen Bediener verbunden. Als Schema
wurde verfolgt, Weiterbildung am Arbeitsplatz für mindestens 2 Stunden am Tag
anzubieten, insgesamt 30 Stunden, für jede Schicht von Bedienern. Der Inhalt
liegt in der Begleitung des Produktionsprozesses, aufkommende Probleme zu
entdecken und zu korrigieren. Am Ende jeder Schicht wird ein Treffen aller
Bediener abgehalten, um die Probleme und entsprechenden Lösungen zu
diskutieren. Auch das Konzept des “internen Kunden” wird anerkannt.
Fa. Winkelbauer (Österreich)
In diesem Unternehmen gibt es eine eigene Methode, Probleme bezüglich der
Nutzung von IT zu lösen. Sie wird “Tipps und Tricks” genannt. Jeder Mitarbeiter
hat die Möglichkeit in einer Veranstaltung zwei Stunden lang mit einem
Fragenkatalog seine EDV-Probleme mit dem Fachmann zu besprechen und vor
Ort zu lösen. Es wird ein Protokoll über die Veranstaltung geführt und Probleme
38
und Lösungen schriftlich festgehalten. Diese Protokolle dienen jedem Mitarbeiter
bei zukünftigen Problemen als Nachschlagewerk.
Fa. Fiegl and Spielberg (Österreich)
Dieses Unternehmen ist eine Partnerschaft mit 4 Herstellerunternehmen eingegangen. Die Mitarbeiter werden von jedem dieser Zulieferer auf dem
entsprechenden technischen Gebiet geschult: Automatisierung von Lichtsteuerungsanlagen, Alarmanlagen oder Wasserversorgungsanlagen.
Jedes Jahr wird mindestens ein "trouble shooting meeting" mit jedem Zulieferer
abgehalten. Der Hersteller hat die Möglichkeit Verbesserungsvorschläge für
seine Produkte aufzugreifen. Im Gegenzug stellt der Hersteller Produktinnovation
vor, die den Impuls zu weiteren Schulungsmaßnahmen liefern.
39
4 : Fallstudien
In diesem Kapitel versuchen wir, Beispiele konkreter Fälle zu geben. Diese Fälle
sind normalerweise die größerer Unternehmen, da es ziemlich schwierig ist,
Beispiele von KMUs zu finden, die eine Vielfalt von Aspekten des Lernens am
Arbeitsplatz integrieren.
Da es von Interesse erscheint, diese verschiedenen integrierten Ansätze zu
zeigen, in welchen auch einige Teile ein Beispiel für KMU bieten können, wurde
entschieden, einige repräsentative Beispiele großer Unternehmen zu sammeln,
in welchen es möglich ist, verschiedene Modelle des Lernens am Arbeitsplatz
wiederzuerkennen.
Fall 1: MERCEDES, Gaggenau
Die
Mercedes
Gruppe
hat
in
Gaggenau
eine
der
wichtigsten
Berufsbildungszentren. Im Laufe der letzten Jahre hat sich die Unternehmens gruppe um die besten Lernbedingungen bemüht, um den unterschiedlichen
Ansprüchen durch Inhalte und Art der Vermittlung von Fähigkeiten und Wissen
gerecht zu werden. Die Entwicklung des beruflichen Weiterbildungskonzepts
betraf bezüglich der Lernbedürfnisse ebenso den Ort, an welchem der
Lernprozess stattfindet. Die Lernorte wurden entsprechend der unterschiedlichen
Bedürfnisse in pädagogischer, technischer oder sozialer Hinsicht ausgewählt:
Gelernt wurde entweder im Berufsbildungszentrum, in den Produktionseinheiten
oder an beiden Orten. Insgesamt wurden 5 verschiedene dezentrale Lernorte
identifiziert. Diese verschiedenen Orte wurden in Netzwerken kombiniert, um ein
zusammenhängendes Lernsystem zu erhalten. Das bedeutet, dass jeder der
Lernorte mit den anderen kooperierte.
Es ist ebenso wichtig, zu erwähnen, dass die existierende Literatur, die diese
Orte charakterisiert, sich hauptsächlich auf die berufliche Erstausbildung bezieht,
40
genauer gesagt das Ausbildungssystem. In diesem System vollzieht sich der
Lernprozess entweder in einer beruflichen Schule oder im Unternehmen selbst.
Lokalisiert man die verschiedenen Lernorte innerhalb des Unternehmens
(Bittmann/Novak), findet man:
Unternehmen
Zentraler Lernort
Dezentraler Lernort
• Weiterbildungsworkshop
• Betriebseinsätze
• Technischer Bereich
• Lerninseln
• Praktischer Workshop
Der Weiterbildungsworkshop ist vollständig als pädagogischer Workshop
ausgerichtet, um den Wissenserwerb zu unterstützen. Der technische Bereich ist
mit den notwendigen Maschinen ausgestattet, um das praktische Lernen
außerhalb der Produktion zu unterstützen. Der Praktische Workshop schließlich
ist ein Workshop, in dem in kleinem Umfang und nur für interne Kunden wirkliche
Arbeit verrichtet wird.
Was die dezentralen Lernorte, also die Produktion selbst, betrifft, findet der
Lernprozess am Arbeitsplatz statt. Im ersten Fall werden einige Arbeitsplätze als
Beispiele ausgewählt, und die Mitarbeiter dort sind die Tutoren oder Coaches.
Die Lerninseln sind ebenso Arbeitsplätze, doch sie werden als Vorreiter für
Lernen, Entwicklung und Experiment genutzt. Das bedeutet, dass sie die Rolle
eines Versuchslabors für neue Entwicklungen im technischen oder im
organisatorischen Bereich spielen.
41
Fall 2: NUMMI - New United Motor Manufacturing Inc., California (USA)
Teamarbeit und Teamlernen
Das Unternehmen ist ein Joint Venture zwischen Toyota und General Motors,
das seit 1984 existiert. Die Organisations - und Produktionsentwicklung liegt in
der Verantwortung von Toyota. Es hat ca. 4500 Mitarbeiter und ist eine Fabrik,
die Automobile montiert.
1992 wurden 260.000 Automobile von Toyota Corolla, Chevrolet und Toyota
LKW produziert. Die Montage eines LKWs dauert rund 5 Stunden, trotz 2100
verschiedener Teile entlang einer 5 Meilen langen Produktionslinie.
Die Arbeitsorganisation bei NUMMI basiert im wesentlichen auf Teams und
Arbeitsgruppen. Jedes Team besteht normalerweise aus 6 Mitarbeitern und in
jeder Gruppe gibt es bis zu 6 Teams. Dies repräsentiert 170 Gruppenleiter und
mehr als 600 Teamleiter. Diese Leiter werden nicht auf Zeitbasis gewählt,
sondern durch das Management nach einem Beratungsprozess ernannt. Die
Gewerkschaften haben zudem ein Recht, die Ernennung zu bestätigen oder
nicht. Die Teams sind unter anderem für Themen in Verbindung mit der
Produktion, der Qualität, Sicherheit und Weiterbildung verantwortlich. In
letzterem Gebiet gibt es Verhandlungen mit den Abteilungen und den
Gruppenleitern.
Einer der Selbstverantwortungsbereiche der Teamarbeit ist die Qualitätskontrolle
und
die
Qualitätssicherung.
konfigurationen,
die
mit
Es
gibt
einige
Qualitätssensoren
Maschinen
und
anderen
und
System-
mechanischen
Kontrollen ausgestattet sind. Das Personal macht ständige Qualitätskontrollen
durch Beobachtung oder den Computer. Es gibt ein Signalsystem, das die
Qualitätsminderung anzeigt, was auch die Probleme sind, die in den
Arbeitsteams besprochen werden. Das “KAIZEN” System, der sogenannte KVP kontinuierliche Verbesserungsprozess – und andere problemlösende Methoden
42
werden von den Teams genutzt. Um jedem Mitglied des Teams die notwendigen
Kompetenzen zu geben, um an den Verfahren teilzunehmen, gibt es einige
Lernschemata, normalerweise “On the job” Teamlernen.
Die Teamarbeit folgt dem Prinzip “standardisierter Arbeit”, was bedeutet, dass
jede Arbeitsaufgabe, wie auch die entsprechende Abfolge und der Kontext,
detailliert beschrieben wird, um optimale Effi zienz und Qualität jedes Mitarbeiters
in der Produktionskette zu erzielen. Diese Optimierung erfolgt in Relation mit
jedem Arbeitsplatz im Produktionsprozess durch das Team als Teil des KVP –
Das standardisierte Arbeitsblatt. Jedes Teammitglied muss für diese standardisierte Arbeit qualifiziert werden. Da es keine Ingenieurabteilung gibt, muss
jedes Team fähig sein, einen kontinuierlichen Selbst-Rationalisierungs-Plan
einzuführen (das so genannte „Management by Stress“).
In einer ersten Einschätzung dieser Teamarbeit und des Teamlernens ist es
möglich, zu erkennen, dass der Kern der Innovationen in der Fabrik nicht in der
IT-Rationalisierung, sondern in einer anderen Nutzung der menschlichen
Ressourcen in einer nach-tayloristischen Arbeitsorganisation liegt.
In den Teams/ Gruppen wird ein hoch reguliertes, methodisch durchdachtes und
effizientes System für eine ständige Anpassung und Weiterqualifikation erstellt.
Die Teamarbeit basiert auf kreativen Arbeitsmethoden (unter anderem
Problemlösung, Kaizen), die mit moderner Arbeit und Organisationslerninhalten
(Weiterbildung am Arbeitsplatz, Job Rotation, etc) verbunden sind. Die
Unterscheidung zwischen Arbeits- und Lernmethoden ist schwierig vorzunehmen, da sogar die Arbeitsmethoden als Lernmethoden genutzt werden. Es ist
erwähnenswert, dass es eine deutliche Integration zwischen den Lern- und den
Arbeitsprozessen gibt. Es ist ebenso wichtig, zu betonen, dass dieser
Lernprozess sehr unternehmensorientiert ist und daher auch im Bezug zu den
Produktions- und Wertesystemen des Unternehmens stehen.
43
Unter welchen Bedingungen wird Teamarbeit empfohlen:
•
Die Mitarbeiter haben einen ähnlichen Qualifikationsstand;
•
Hoher Rotationsgrad
•
Verantwortung für eine relativ große Abteilung/ein Gebiet;
•
Autonomie in Bezug a uf Arbeitsteilung und –planung;
•
Bezug zu den anderen Strukturen und Prozessen im Unternehmen.
Fall 3: Spagl GmbH, Hutthurm
Kontinuierlicher Verbesserungsprozess – Mitarbeiter analysieren die
Arbeitsabläufe, um Störfaktoren ausfindig zu machen und Verbesserungsmöglichkeiten zu entwickeln.
Charakterisierung des Unternehmens:
Die Spagl GmbH ist einer der führenden europäischen Hersteller von
Bilderrahmenleisten und Bilderrahmen aus Holz. Es ist ein Familienunternehmen
mit einer etwa 100jährigen Tradition. Das Unternehmen hat den Sitz in Hutthurm,
Bayern und drei Tochterunternehmen in Berlin, Österreich und der Tschechischen Republik und beschäftigt insgesamt 200 Menschen.
Das Unternehmen arbeitet stark kundenorientiert: Einzelfertigungen nach Maß
werden auch bei kleinen Mengen angeboten. Dabei werden alle Verarbeitungsschritte, vom Materialeinkauf bis zum fertigen Bilderrahmen, im eigenen Hause
durchgeführt. Die Produktionsabläufe sind klar gegliedert und in einzelne
Abschnitte und Bereiche unterteilt. Bei den Tätigkeiten in den meisten
Teilbereichen handelt es sich um einfache Arbeiten, die keine spezielle
Fachausbildung voraus setzen. Gefordert ist alle rdings ein hohes Maß an
Präzision und Konzentration, vor allem bei der Handbearbeitung.
44
Damit ist die Arbeit besonders für Frauen aus dem ländlichen Umland, die oft
über keine Berufsausbildung verfügen, attraktiv. Sie wurden für die jeweils
spezifischen Tätigkeiten angelernt. Die Mitarbeiterinnen verbleiben in der Regel
in ihren Arbeitsgruppen und Tätigkeitsbereichen, Änderungen im Tätigkeitsspektrum oder eine Versetzung in einen andere Abteilung fanden zumindest in
der Vergangenheit selten statt.
In den letzten Jahren wurden schon wegen des auch in diesem Marktsektor
zunehmenden Konkurrenzdrucks und dem
Zwang
zu
kostengünstigerer
Produktion Produktionsverlagerungen und Veränderungen in den Produktions abläufen vorgenommen. Teile der Fertigung wurden ins Ausland in die Tochterunternehmen verlagert.
Am Standort Hutthurm wurden Produktionsschritte zusammengefasst und zum
Teil auf neue technische Verfahren umgestellt. Für die Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen kamen damit neue Tätigkeitsinhalte zu, auf die sie sich zum Teil
auch wegen einer nicht genügenden fachlichen Qualifikation nur schwer
einstellen konnten.
Hauptschwierigkeit bei der Umstellung auf die neuen Produktionsverfahren war
jedoch die mangelnde Motivation der Mitarbeiter, sich für die Betriebsbelange zu
engagieren: Bei einem Gutteil der Beschäftigten, die sich in meist langjähriger
Betriebszugehörigkeit eine hohe fachpraktische Kompetenz erworben haben und
über breites Erfahrungswissen verfügen, wirkte die Monotonie der Arbeitsaufgaben
und
das
nicht
einbezogen
sein
in
Entscheidungsprozesse
demotivierend. Einstellungen wie "Hauptsache, die Stückzahl stimmt, die
Kundenzufriedenheit ist nicht so wichtig" waren vorherrschend.
Um dem entgegen zu wirken, sollen daher die Beschäftigten künftig stärker in
Veränderungsprozesse eingebunden werden. Anders als in der Vergangenheit
sollen Analyse von Schwachstellen und Verbesserungsmöglichkeiten nicht als
Top-down-Prozess vonstatten gehen. Vielmehr sollen das Handlungswissen und
die Erfahrungen der Mitarbeiter genutzt werden und diese zu Akteuren im
Verbesserungsprozess gemacht werden.
45
Das Unternehmensprojekt
Das Hauptziel des Unternehmensprojektes war es, die Produktionsprozesse zu
optimieren. Angesichts dieser Firmenüberlegungen sollten die Mita rbeiter und
Mitarbeiterinnen jeweils in ihren Bereichen Arbeitsprozesse kritisch hinterfragen,
Schwachstellen (hinsichtlich des Produktionsablaufs, aber auch in Bezug auf die
Wirkung nach außen, beim Kunden) herausfinden und Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen. Es wurde erkannt, dass es hierzu notwendig ist, die
Mitarbeiter an dies „neue Verantwortlichkeit heranzuführen.
Der Lern- und Entwicklungsprozess im Betrieb
Ø Vorinformation der Mitarbeiter
Das Projekt startete in einer der Abteilungen. Im Vorfeld wurden die Mitarbeiter
der Abteilung eingeladen, um sich, bevor sie sich für die Teilnahme an dem
Modellversuch entscheiden, über das Lernkonzept und den geplanten Ablauf zu
informieren.
Für die Beschäftigten war es etwas Neues: „Lernen“ als Reflexion der
Arbeitsprozesse und der Lerngelegenheiten im Arbeitsumfeld, um die zur Verfügung stehenden Ressourcen für den eigenen Lern- und Entwicklungsprozess
bewusst nutzen zu können. Trotz gewisser Vorbehalte, haben beinahe alle
entschieden, an dem Projekt teilzunehmen.
•
Festlegen der Projektthemen durch die Analyse der Arbeits(platz)situation
Um Veränderungen, die sich im Betrieb / in der Abteilung in den zurück
liegenden Monaten ergeben hatten, und deren Konsequenzen für das Unternehmen zu diskutieren wurden moderierte Workshops organisiert.
Als Leitlinien für die Reflektion/Diskussion wurde ein Fragenkatalog vorbereitet
(Was hat sich verändert? Was ist leichter/schwieriger geworden?...). Dadurch
sollen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ihr Arbeitsumfeld und der
Zusammenhang mit vor- und nachgelagerten sowie die Entwicklungen im
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gesamten Unternehmen bewusst werden. Die daraus erwachsenden Anforderungen an die Qualifikation und Arbeitspraxis wurden deutlicher.
Es zeigte sich, dass die Beschäftigten eine sehr sichere Einschätzung
hinsichtlich der veränderten Marktbedingungen haben: Als bedeutendste
Entwicklung wurde die zunehmende Anspruchshaltung der Kunden benannt
(gleichbleibende Qualität der gelieferten Produkte, Zuverlässigkeit und Termintreue).
Eine systematische Problemanalyse durch die Gruppe mit einer Bewertung der
identifizierten führte zur Definition eines konkreten Lern- und Arbeitsprojekts
Die grundlegenden Ziele, welche die Unternehmensziele – Steigerung der
Wettbewerbsfähigkeit durch kostengünstige Produktion – berücksichtigten,
wurden in den weiteren Workshops fortlaufend analysiert:
→ Produktionsprozessoptimierung durch Identifizierung und Eliminierung
überflüssig gewordener Arbeitsschritte;
→ Produktionsprozessoptimierung durch die Beseitigung von Qualitätsproblemen.
→ Reflexion der Aktionsmöglichkeiten: Erstellen eines Aktionsplans
Die Teilnehmer der Pilotgruppe organisierten regelmäßige Gruppensitzungen,
auf denen die Problemsituationen jeweils genauer beleuchtet werden sollten und
entsprechende
Aktionen
festgelegt
wurden.
Bezüglich
der
Arbeitsplan-
optimierung sollten alle Arbeitsabläufe begutachtet und auf ihre (noch)
Sinnhaftigkeit überprüft werden. In die Ursachenforschung sollten alle Mitarbeiter
einbezogen werden: Ideen zur Sicherung der Qualität sollten gesammelt und
systematisiert werden.
•
Erste Erfahrungen mit der Umsetzung
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Eine wichtige Erkenntnis aus der ersten selbstorganisierten Lernphase war, dass
realistische Teilziele gesteckt werden müssen, die von den Mitarbeitern in der zur
Verfügung stehenden Zeit und im Rahmen ihrer Kompetenzen auch realisiert
werden können. Gemeinsam wurde daher der Aktionsplan überarbeitet und in
„kleine Schritte“ zerlegt, die der Reihe nach angegangen wurden.
Arbeitsplanoptimierung:
Um durch Umorganisation und/oder neue Produktionsverfahren überflüssig gewordenen
Arbeitsschritte herausfinden und eliminieren zu können wurden Arbeitspapiere von den
Mitarbeitern durchgesehen und, wenn notwendig, geändert. Sich daraus ergebende
neue Arbeitsschritte wurden beschrieben und in das PPS (Produktionsplanungssystem)
eingegeben. Auch die für die Beschreibung der Abläufe verwendeten Arbeitskarten
wurden überprüft und gegebenenfalls eliminiert.
Die vorgenommenen Veränderungen wurden in einem nächsten Schritt vom Projektteam
selbstständig einer praktischen Prüfung im Arbeitsalltag unterzogen und, wenn notwendig, weiter überarbeitet.
Überprüfung der Materialqualität:
Um die Qualität der verwendeten Materialien (in der Hauptsache Blattgold) schon vorab
zu testen, ohne aufwändige Bearbeitungsverfahren zu starten, sollen alle, auch kleine
Chargen, im Vorfeld stichprobenartig getestet werden. Erst wenn diese Stichproben als
gut eingestuft werden, wird das Material zur Bearbeitung frei gegeben. Der Ausschuss
wird so wesentlich verringert.
Die Zwischenstände der Diskussion in der Pilotgruppe wurde in den moderierten
Workshops präsentiert und kritisch hinterfragt. Aus Sicht der TeilnehmerInnen
waren diese Reflexionsschleifen für den Fortgang des Projekts notwendig und
hilfreich: Die eigenen Ideen wurden überdacht und durch Vorschläge der
KollegInnen ergänzt. Durch den Diskussionsprozess selbst und die Moderation
eines Bildungsexperten wurden zusätzlich weitere Kompetenzen (Soft Skills), wie
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z. B. Kommunikations - und Teamfähigkeit, sowie Selbstverantwortung, entwickelt.
Gemeinsam
wurde
überlegt,
welche
Informations -
und
Wissensquellen
notwendig sind und wie sie genutzt werden können. Diese Informationsquellen
können bei Kollegen oder anderen Experten sowie in Dokumenten Arbeitsblättern und Beschreibungen gefunden werden. Da deutlich wurde, dass für
manche der neuen Arbeitsabläufe eine gründliche Einarbeitung notwendig ist,
wurde dies mit den Vorgesetzten besprochen und entsprechende Maßnahmen
vereinbart.
Kontinuierliche Bearbeitung der
betrieblichen Projektaufgabe
Ursachenanalyse:
Beeinträchtigungen und
mögliche Ursachen
-
-
Erarbeitung von Verbesserungsvorschlägen
-
Erprobung der Vorschläge
im Arbeitsprozess
-
Bewertung der Ergebnisse
(Was hat es bisher gebracht?)
-
Überarbeitung der Vorschläge
-
Weitere Tests
Selbstevaluation des Projektortgangs
in den moderierten Workshops
-
Selbstreflexion: WelcheEntwicklungsfortschritte wurden gemacht?
-
Inputs: Diskussion weiteren
hilfreichen Fragestellungen
(Wer soll einbezogen werden?
Wer ist Experte? Wo gibt es
Infos? Was müssen wir selber
noch lernen? etc.)
-
Besprechung der jeweils nächsten
Schritte
-
Überlegungen zum Transfer der
Erfahrungen
Die Resultate
Neben den greifbaren Resultaten – deutliche Ausschussreduktion, verbesserte
Termintreue und größere Kundenzufriedenheit – ist das wichtigstes Ergebnis des
Lern- und Entwicklungsprozess sicherlich die geänderte Einstellung der
MitarbeiterInnen zu den ihnen übertragenen (neuen) Arbeitsaufgaben. Dies
machen die Aussagen der TeilnehmerInnen am Projekt deutlich:
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„Von Mal zu Mal ist es besser gegangen. Ich bin selbstbewusster bezüglich
meiner Arbeit geworden, ich traue mir mehr zu. Auch, Entscheidungen zu
treffen.“
„Jetzt mache ich mehr Sachen, die ich früher nicht gemacht hätte. Ich komme
auch mit den anderen besser zurecht.“
„Früher hat man mehr auf die Menge geschaut, auch wenn die Qualität nicht
immer gestimmt hat. Jetzt ist das anders.“
Fall 4: Bolta Werke, Diepersdorf
Durch
Wissensmanagement
werden
Kollegen
mit
einem
neuen
Arbeitssystem vertraut gemacht.
Ausgangspunkt für die Lerngruppe bei den Bolta Werke, die hochwertige
oberflächenveredelte Kunststoffteile für die Bereiche Automobil, Sanitär und
Multimedia
produzieren,
Lagerverwaltungssystems,
war
das
die
die
Einführung
Mitarbeiter
in
der
eines
neuen
Galvanikabteilung
selbstständig bedienen sollten. Die häufig verkehrten Meldungen hatten
Auswirkungen auf das Bestellwesen, die Lagerhaltung und die Produktion.
Eine erste Analyse durch die Pilotgruppe führte zu dem Ergebnis: Keiner weiß
genau, was zu tun ist, keiner fühlt sich zuständig, Schuldzuweisungen waren an
der Tagesordnung.
Die Gruppe setzte sich zum Ziel, dass alle KollegInnen lernen, das
Buchungssystem richtig zu bedienen. Dazu wurden folgende Arbeitsschritte
eingeleitet:
-
Kollegiale Weitergabe von Wissen und Weitergabe von Dokumentationen
über Buchungsvorgänge
-
Intensive Nachschulung der KollegInnen in der Anwendung des EDVProgramms
-
Ständige Nachbesserung der Arbeits- und Steckanweisungen
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Als Indikatoren wurden von der Gruppe Rückgang der Reklamationen durch
externe Zulieferer, aber auch der innerbetrieblichen Zurückweisungen zwischen
den Abteilungen ausgewählt. Als besonders wichtig wurde jedoch angesehen,
dass der Suchaufwand bei Falschbuchungen durch einen besseren Kontakt der
KollegInnen geringer wird.
Erste Erfahrungen: Durch die bessere Information und Einarbeitung kamen die
MitarbeiterInnen besser mit den neuen Verfahren zurecht. Die kollegiale
Zusammenarbeit hat die Entwicklung eines Multiplikatorsystems unterstützt, in
welchem nicht alle Mitarbeiter gleich intensiv in der Handhabung des Systems
geschult werden, sondern Multiplikatoren, die ihre Kenntnisse an die KollegInnen
weitergeben, was größere Akzeptanz fand.
Als
messbares
Ergebnis
des
Lern-
und
Entwicklungsprozesses
kann
festgehalten werden:
Als Folge drastisch reduzierter Falschbuchungen können Kundenaufträge besser
abgearbeitet werden, die Ausschussquote geht fast gegen Null und auch das
Vorschlagswesen im Sinne von KVP hat sich wesentlich verbessert.
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Literatur
1. Dehnbostel, Peter / Holz, Heinz/ Novak, Hermann
Neue Lernorte und Lernortkombinationen
BIBBW. Bertelsmann Verlag – Bielefeld, 1996
2. Dehnbostel, Peter / Markert, Werner/ Novak, Hermann
Hochschultage Berufliche Bildung 1998
Workshop
Kieser Verlag Gmbh,1999
3. Severing, Eckard
Arbeitspla tznahe Weiterbildung
Grundlagen der Weiterbildung /Luchterhand, 1994
4. Dehnbostel, Peter
Auf dem Weg zur hochentwickelten Arbeitsorganisation:
Organisationslernen, Gruppenlernen, dezentrale Weiterbildung
BIBB - Innovative Berufsbildung Konzepte und
Personalqualifizierung,
März 1997
5. Docherty, Peter/ Nyhan, Barry
Human Competence and Business Development
Springer-Verlag London Limited, 1997
6. Dehnbostel, Peter / Holz, Heinz/ Novak, Hermann/Schemme,
Dorothea
Mitten im Arbeitsprozess: Lerninsel
BIBB
W. Bertelsmann Verlag – Bielefeld, 2001
7. Reglin, Thomas
Betriebliche Weiterbildung im Internet
Ergebnisse und Erfahrungen aus dem Projekt CORNELIA
BFZgGmbH
Bertelsmann Verlag- Bielefeld, 2000
8. Cases 3 and 4 were compiled from the work of Brigitte Geldermann
and Dr. Barbara Mohr.
9. Selbständig Lernen im Betrieb, BIBB Modellversuch bfz
Bildungsforschung
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