- Friedrich-von-Spee

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Friedrich Spee – Name und Herkunft
Bis heute wird der wegen seines Kampfes gegen die Hexenverfolgung bekannte Jesuitenpater Friedrich Spee (1591-1635) in Veröffentlichungen mit unterschiedlichen Namen bezeichnet. So findet sich neben ‚Friedrich Spee‘ auch ‚Friedrich von Spee‘, ‚Friedrich Graf von Spee‘
oder ‚Friedrich Spee von Langenfeld‘. Der Zusatz des Adelsprädikats ‚von‘ lässt sich aber
trotz seiner Abstammung aus einem alten niederrheinisch-holländischen Adelsgeschlecht
weder mit den historischen und sprachwissenschaftlichen Gegebenheiten noch mit der
Selbstsicht des Theologen vereinbaren.
Gegen die Ausschmückung seines Namens mit ‚von‘ spricht grundsätzlich schon,
dass Friedrich Spee sich selbst nie anders als schlicht Friedrich Spee genannt hat (genau genommen gab er seinen Vor- und Zunamen in der latinisierten Form ‚Fridericus Spe‘ wieder)1
und zu Lebzeiten nie anders genannt worden ist.2 Auch sein Vater und Großvater sind nur
mit dem schlichten Zunamen Spee überliefert.3
Dies ist sprachhistorisch auch kaum verwunderlich, da sich das Adelsprädikat ‚von‘
in der heutigen Interpretation als Kennzeichnung adeliger Familien erst in der Mitte des 17.
Jahrhunderts durchsetzte - und damit nach dem Tode Friedrich Spees. Bis dato findet sich
ein ‚von‘ nur bei sogenannten Herkunftsnamen, also Zunamen, welche auf die Herkunft eines Menschen hinweisen.4 Bei dem Familiennamen der Spees handelt es sich aber um einen
Eigenschaftsnamen, wobei Spee auf die ältere Form ‚Spede‘ zurückgeht. Diese zuerst überlieferte Namensform stammt sprachhistorisch aus derselben Wurzel wie der heutige Ausdruck
‚Spähen‘ und trägt in etwa die Bedeutung ‚Der Wachsame‘, daher auch der Hahn im
Speeschen Familienwappen.5 Damit handelt es sich beim Zunamen Spee/Spede aus Sicht
der Onomastik um einen Eigenschaftsnamen und nicht um einen Herkunftsnamen, was bedeutet, dass alle Vorfahren Friedrich Spees6 und er selbst kein ‚von‘ vor dem Zunamen geführt haben können.7
O. A.: Wer war Friedrich Spee. In: Gunther Franz und Helmut Weber (Hrsg.): Friedrich Spee (1591-1635) – Leben
und Werk und sein Andenken in Trier. 3. überarbeitete Auflage. Trier 2004, S. 7-8, hier S. 7. Latinisierte Namensformen waren im 16. und 17. Jahrhundert, also in der Nachblüte des deutschen Humanismus und zu Lebzeiten
Spees, in Mode. Auch der Vater Friedrichs, Peter Spee, nannte sich stets ‚Spe‘; vgl. Karl-Jürgen Miesen: Friedrich
Spees Kindheit und Jugend in Kaiserswerth und Köln. In: Gunther Franz (Hrsg.): Friedrich Spee. Dichter, Seelsorger, Bekämpfer des Hexenwahns. Trier 1991, S. 23-28, hier S. 24; Ders.: Friedrich Spee: Pater, Dichter, HexenAnwalt. Düsseldorf 1987, S. 29-30. Die Selbstbezeichnung Friedrich Spe wurde auch auf der Tumba Spees in der
Gruft der ehemaligen Trierer Jesuitenkirche übernommen (dort steht ‚P. Fre. Spe‘).
2 Vgl. Hermann Lohausen: Friedrich Spee SJ (1591-1635). Name - Nimbus – Herkunft – Verwandtschaft. In: Jahrbuch der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde e.V. 272, 2012, S. 113-152, hier S. 116. So lautet auch die
Grabinschrift in der Gruft der ehemaligen Jesuitenkirche in Trier: ‚Hic iacet Fridericus Spee‘; siehe Karl Keller:
Friedrich Spee von Langenfeld (1592-1635). Seelsorger, Dichter, Humanist. 2. Auflage. Kevelaer 1969, S. 11.
3 Vgl. hierzu auch Theo G. M. van Oorschot SJ: Die Lebensdaten. In: Anton Arens (Hrsg.): Friedrich Spee im Lichte der Wissenschaften (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte Bd. 49). Mainz 1984,
S. 9-15, hier S. 9.
4 Vgl. Konrad Kunze: dtv-Atlas Namenkunde. Vor- und Familiennamen im deutschen Sprachgebiet. 5. durchgesehen und korrigierte Auflage. München 2004, S. 87.
5 Vgl. Keller: Spee (wie Anm. 2), S. 6, 98; Miesen: Pater (wie Anm. 1), S. 33.
6 Vgl. Keller: Spee (wie Anm. 2), S. 97.
7 Vgl. Kunze: Namenkunde (wie Anm. 4), S. 87.; siehe auch Keller: Spee (wie Anm. 2), S. 96.
1
Ein besonderer Fall ist schließlich der oftmals fälschlich benutzte Name ‚Friedrich
Spee von Langenfeld‘. Zur Verdeutlichung dient ein kurzer Blick in die Familiengeschichte
des Geschlechtes Spee: Urkundlich ist das Adelsgeschlecht der Spede/Spee erstmals am 22.
Februar 1166 nachweisbar, als der Edelherr Bruno Spede eine Amtshandlung des Kölner
Erzbischofs Reinald von Dassel (1118/1120-1167) bezeugt.8 Bruno Spede führte nachweislich
kein ‚von‘ im Namen, was auch wie bereits dargelegt für die damalige Zeit als Kennzeichnung adliger Geschlechter unüblich war.
Aus dieser ursprünglichen Familie Spee/Spede gingen mit der Zeit vier Linien (Langenfeld, Aldenhof, Velde, Pöhlland) hervor, die sich durch den Zusatz des Residenzortes
voneinander unterschieden. Die Linie, aus welcher Friedrich Spee abstammt, siedelte sich
auf dem Rittergut Langefeld bei Wankum am Niederrhein an. Dieser Familienzweig zu
Langefeld ist urkundlich erstmals am 15. November 1348 nachweisbar, als zur Bekräftigung
eines Rechtsgeschäftes das Siegel von Goedart Spede van Langenfeld9 benötigt wurde. Diese
Bezeichnung ‚von Langenfeld‘, welche die Linie ab dato führte, war aber an die Belehnung
der Spees mit dem Rittergut geknüpft und darf nicht als beständiges, sondern muss als an
den Besitz geknüpftes Adelsprädikat, also als ein zusätzlicher Namensbestandteil, verstanden werden.10 Der Zusatz ‚von Langenfeld‘ verfiel dann auch im Jahre 1532, als Cornelia
Spee von Langenfeld11 starb und der Besitz des ‚Hauses Langenfeld‘ auf eine andere Adelsfamilie überging.12 Dem entsprechend konnte auch Friedrich Spee nicht den Namenszusatz
‚von Langenfeld‘ führen, was er nachweislich auch nicht tat.
Aus der Familiengeschichte des Hauses Spee bis 1591 ergibt sich also, dass der spätere Jesuitenpater Friedrich als Zunamen weder ein ‚von‘ noch das ‚zu Langenfeld‘ im Namen
trug, sondern lediglich als ‚Spee‘ zu bezeichnen ist.
Die jüngere Spee-Forschung geht mitunter noch einen Schritt weiter, denn es steht die
Frage im Raum, ob der Jesuit denn überhaupt als Adeliger oder vielmehr als Bürgerlicher
adeliger Herkunft bezeichnet werden muss. Diese Unsicherheit liegt in der Herkunft der
unmittelbaren Vorfahren Friedrich Spees begründet. Friedrich wurde 1591 als ältester Sohn
von fünf Kindern der Eheleute Peter Spee, Amtmann zu Kaiserswerth bei Düsseldorf, und
Mechthild Duicker geboren.13 Womöglich war jener Peter Spee derselbe, der in der urkundlichen Überlieferung als uneheliches Kind des Junckers Friedrich Spee mit dessen Magd
Vgl. Anton Fahne: Urkundenbuch des Geschlechtes Spede, jetzt Spee. 1. Band: Bis 1444, Köln 1874, S. 41-170,
hier S. 45, 48; siehe auch Miesen: Pater (wie Anm. 1), S. 30; Michael Embach: Spee, Friedrich. In: Friedrich Wilhelm Bautz und Traugott Bautz (Hrsg.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Band 14. Herzberg 1998,
Sp. 1497-1506, hier Sp. 1497.
9 Theodor Joseph Lacomblet: Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins. Band 3. Düsseldorf 1853, S. 713,
Nr. 809. Text der Urkunde ist in altniederländisch, daher das ‚van‘; siehe auch Miesen: Spees Kindheit (wie Anm.
1), S. 23.
10 Bei Orts- und Besitzwechsel wechselte man damals also auch den Nachnamen.
11 Zwischenzeitlich änderte die Familie ihren Zunamen Spede in Spee. Der neue Name Spee ist urkundlich erstmals 1433 bei Reyner Spee, Richter zu Sonsbeck, nachweisbar; vgl. Keller: Spee (wie Anm. 2), S. 96.
12 Vgl. Lohausen: Spee (wie Anm. 2), S. 130; Keller: Spee (wie Anm. 2), S. 97.
13 Vgl. Keller: Spee (wie Anm. 2), S. 9, 97.
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Goune nachweisbar ist.14 Falls es sich dabei um denselben Peter Spee handeln sollte, war
dieser aufgrund seiner Herkunftsverhältnisse nicht von adeliger Geburt – und folglich wäre
Friedrich Spee auch nicht adeligen, sondern eher bürgerlichen Standes gewesen.15
Trotz dieser sprachhistorischen, genealogischen und standesrechtlichen Sachlage finden sich bis heute immer noch Veröffentlichungen, in welchen von ‚Friedrich von Spee‘ oder
‚Friedrich Spee von Langenfeld‘ gesprochen wird. Dieser Umstand liegt hauptsächlich in der
weiteren Familiengeschichte des Hauses Spee begründet, denn tatsächlich führte eine Linie
des Adelsgeschlechtes ab 1668 das Adelsprädikat ‚von‘. Hierbei handelt es sich um den Familienzweig, welcher auf dem Gut Aldenhof bei Kaldenkirchen ansässig war und 1626 mit
Schloss Heltorf belehnt wurde. Bereits damals waren die ehemals vier Linien der Familie auf
jene von Aldenhof zusammengeschmolzen.16 Aufgrund seiner militärischen Verdienste
wurde Christian Friedrich Spee 1668 in den Stand eines Reichsfreiherrn erhoben und durfte
sich ab dato ‚von Spee‘ nennen.17 Später wird seinem Enkel Ambrosius Franz eine weitere
Standeserhöhung zuteil, er und seine Nachfahren werden in den Reichsgrafenstand erhoben.
Alle heute noch lebenden Grafen der Familie Spee entstammen dieser Linie.18 Der Jesuitenpater Friedrich Spee wird mitunter fälschlicherweise diesem Familienzweig zugerechnet,
denn nur allzu leicht läuft man Gefahr, die verschiedenen Linien der Spees und der von Spee
zu verwechseln oder schlicht nicht zu kennen und mit dem Namen Friedrich Spee automatisch den Namen der Grafen von Spee zu assoziieren. Neben solchen auf Ungenauigkeiten
basierenden Fehlern wird es auch dazu gekommen sein, dass Friedrich Spee absichtlich zur
gräflichen Familie von Spee zugerechnet worden ist. Dies liegt einerseits darin begründet,
dass einige Autoren die (mittlerweile zweifelhafte) Zugehörigkeit Spees zum Adel bereits
durch den Namen offensichtlich werden lassen wollten, da dies ihres Erachtens für dessen
Ansehen förderlich sei und den Nimbus des Theologen erhöhe - besonders vor dem Hintergrund, welche Anerkennung und Achtung dem Namen Spee speziell im niederrheinischen
Gebiet zuteilwird. Andererseits bejahten auch die Grafen von Spee gerne einen familiären
Zusammenhang mit dem als Aushängeschild nützlichen großen Barockdichter und mutigen
Kämpfer gegen die Hexenverfolgung.19
Daniel Raths, StR für Deutsch und Geschichte an der Friedrich-von-Spee-Gesamtschule
Vgl. Lohausen: Spee (wie Anm. 2), S. 117. Lohausen vertritt die These der nicht-adeligen Herkunft Spees, die so
auch in den Akten des Hauptstaatsarchivs Düsseldorf verzeichnet ist, wohingegen Miesen (Spees Kindheit (wie
Anm. 1), S. 24) diese Vermutung als unsicher bezeichnet.
15 Ähnlich verhält es sich mit einer Großmutter mütterlicherseits, welche ebenfalls nicht adeliger Herkunft gewesen sein soll; vgl. Lohausen: Spee (wie Anm. 2), S. 118; Miesen: Spees Kindheit (wie Anm. 1), S. 24.
16 Vgl. Miesen: Pater (wie Anm. 1), S. 31.
17 Vgl. Ebd., S. 30; Keller: Spee (wie Anm. 2), S. 97.
18 Vgl. Miesen: Pater (wie Anm. 1), S. 31.
19 Vgl. Lohausen: Spee (wie Anm. 2), S. 119-121, 127.
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