Wenn es an Po und Genitalien juckt
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Wenn es an Po und Genitalien juckt
Wenn es an Po und Genitalien juckt von Dr. med. Jürgen Budde Er ist nicht nur peinlich. Er quält die Betroffenen geradezu: Gemeint ist der anhaltende Juckreiz im Anal- und Genitalbereich. Die Betroffenen sind in großer Not. Sie finden keine Ruhe zum Schlafen. Sie werden bei banalen Alltagstätigkeiten, wie etwa Radfahren gestört. Sie können sich nicht mehr konzentrieren. Eine entspannte und befriedigende Sexualität kennen sie nur noch aus der Erinnerung. Vielfach ist sie gar nicht mehr möglich. Alles in allem also ein Problem, das das Leben wahrlich überschatten kann. Der erste Gedanke gilt erfahrungsgemäß einer Pilzinfektion. Spezialisten sprechen in diesem Zusammenhang mitunter von einer „Pilzhysterie“. Die Infektionstheorie durch Pilze ist offensichtlich in jedem Kopf und auch mancher Arzt hängt ihr mitunter viel zu lange nach, denn viel zu viele Betroffene werden auch nach langfristiger Therapie mit Pilzmitteln nicht beschwerdefrei. Spätestens dann sollte die Diagnose überprüft werden. Und hier kommen eine Menge in Frage: Diese sind verschiedenen medizinischen Fachdisziplinen zuzurechnen, d. h. man muss ggf. mehrere Fachärzte aufsuchen, die vielleicht sogar zusammenarbeiten müssen, um die Ursache zu klären. Dazu zählen der Hautarzt, der Internist/Hausarzt, (bei Frauen) der Gynäkologe, der Proktologe und ggf. sogar der Psychiater Man sieht, auch unter diesem Aspekt handelt es sich nicht gerade um ein banales Leiden. Aus der Sicht des Hautarztes erklären sich die Beschwerden vielfach als oftmals isoliertes Symptom einer Neurodermitis, einer Schuppenflechte, einer Kontaktallergie (z. B. Feuchttücher) oder anderer eher seltener auftretender Erkrankungen. Der Hausarzt/Internist muss einen Eisen- und Vitaminmangel, einen Diabetes, eine Laktoseintoleranz oder auch eine Parasiteninfektion bedenken. Auch Hämorrhoiden sind häufige Ursache für analen Juckreiz. Hier ist der Proktologe gefragt. Und schließlich sind mitunter sogar neurologisch/psychische Störungen Ursache. Doch Vorsicht: Dies Aspekte werden häufig überbewertet, meist findet sich beim genauem Hinsehen ein körperliches Problem, dass die Beschwerden erklärt. Nur: Man muss halt genau hinsehen! Therapeutisch sollte, falls möglich, die Ursache des Juckreizes beseitigt werden. So kann z. B. die Behandlung von Hämorrhoiden oder Parasiten genauso den Juckreiz zum Versiegen bringen, wie etwa das Meiden von laktosehaltigen Nahrungsmitteln bei einer Laktoseintoleranz. Mitunter kann dann auch eine Pilztherapie helfen, wenn tatsächlich ein Pilz die Wurzel allen Übels ist. In vielen Fällen ist eine ursächliche Therapie aber nicht möglich, wie z. B. bei eine Neurodermitis oder Schuppenflechte im Genital- und Analbereich, oder anderen seltenen Hauterkrankungen. Für diese Fälle haben sich neuartige Medikamente bewährt, die in Salben- oder Cremeform angewendet werden. Sie enthalten z. B. Capsaicin/ Cannabinoidantagonisten. Sie bewirken bei fast zwei Dritteln der Betroffenen einen sehr guten Rückgang des intimen Juckreizes. Allerdings verursachen sie gerade zu Anfang der Therapie ein mehr oder weniger deutliches Brennen im behandelten Bereich. Bewährt haben sich auch sog. Calcineurininhibitoren (Tacrolimus/Pimecrolimus), die meist weniger brennen. Alles in allem: Intimer Juckreiz ist meist kein Problem, mit dem man sich einfach abfinden muss! Auch wenn es manchem peinlich ist, sollten die Betroffenen vertrauensvoll ihren Hausarzt oder einen geeigneten Facharzt auf ihr Problem ansprechen. Dr. med. Jürgen Budde ist Hautarzt und Allergologie am Facharztzentrum im Klinikpark an der Paracelsusklinik Marl