Erfahrungsbericht - Hessen

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Erfahrungsbericht - Hessen
Erfahrungsbericht
Hessen-Massachusetts Austauschprogramm
Spring Semester 2014 an der University of Massachusetts Amherst
Ekaterina Kel
1. Einleitung ............................................................................................................... 1
2. Amherst und die Five College Area....................................................................... 2
3. Studium an der UMass ........................................................................................... 2
4. Unterkunft und Mobilität ....................................................................................... 3
5. Finanzierung .......................................................................................................... 4
6. Fazit........................................................................................................................ 4
1. Einleitung Ich wollte erfahren, wie das Studium in den USA ist, wie es sich vom Studium in
Deutschland unterscheidet und wie Professor_innen in meinem Fach anders an die
Thematiken herangehen. Das Hessen-Massachusetts Austauschprogramm hat mich
angesprochen, da es die Studiengebühren für ein Semester übernimmt und dadurch
einen Studienaufenthalt in den USA erst zugänglich macht. Zusätzlich sprach mich
die geographische Lage von Massachusetts an, da es an der Ostküste der Staaten liegt
und dadurch Zugang zu wichtigen Großstädten der USA bietet.
Das Hessen-Massachusetts Austauschprogramm bot für mich die ideale Gelegenheit,
für ein halbes Jahr als Graduate Student an der University of Massachusetts Amherst
im Spring Semester 2014 (Anfang Januar bis Anfang Mai) zu studieren. Im
Folgenden berichte ich von meinen Erfahrungen.
In Deutschland studiere ich an der Justus-Liebig-Universität Gießen Angewandte
Theaterwissenschaft im Master. Für mich spielten sowohl akademische als auch
kulturelle Gründe eine Rolle bei der Entscheidung um den Ort und die Universität und
obwohl Boston eine größere Stadt ist, habe ich mich nach sorgfältiger
1 Auseinandersetzung mit dem Kursangebot an der UMass Amherst für das „Flagship“
der University of Massachusetts im kleinen Städtchen Amherst entschieden.
2. Amherst und die Five College Area Die University of Massachusetts Amherst ist eine riesige Campus-Uni, im Norden der
kleinen Stadt Amherst. Die UMass an sich ist mindestens genauso groß, wie die Stadt
selbst und die Studierenden machen einen großen Teil des Gesamtbildes der Stadt
aus: Überall, wo man hingeht, sieht man junge College-Studierende. Hinzu kommt,
dass sich im Süden der Stadt ein weiterer Campus befinden, der vom privaten und
renommierten Liberal Arts Amherst College, mit dem typischen Charme eines älteren
Campus in Neu England.
Amherst ist Teil der sogenannten „Pioneer Valley“, einer Region in Massachusetts,
wo sich auf relativ kleinem Raum fünf große und bekannte Colleges befinden: Die
UMass Amherst als größtes unter ihnen, das Amherst College, das schnuckelige
Smith College und das Mount Holyoke College, die beide reine Mädchen-Colleges
sind und das Hampshire College, das für seine alternativen Lehrrichtlinen in den USA
bekannt ist.
Als Student_in der UMass oder jedes anderen Colleges von diesen fünf kann man das
gesamte Kursangebot wahrnehmen.
Eine Erklärung am Rande: Ein College ist ein Teil der Universität, an dem man in der
Regel keine Graduate Studies machen kann, also nur auf Bachelor studiert. An der
UMass nimmt es einen großen Teil ein, da der größte Teil der Studierenden die
„Undergraduate“ sind, diejenigen, die noch keinen Abschluss haben und also auf
Bachelor studieren (in den USA vier Jahre).
An der UMass kann man im Master studieren und promovieren, das ist der Teil, der
sich University nennt. Demzufolge gibt es an den anderen vier Colleges keine MasterKurse speziell für Graduate Studierende, was aber die Qualität der Kurse nicht
unbedingt heruntersetzt.
3. Studium an der UMass Die Graduate Kurse und eigentlich alle Kurse im höheren Bereich (die Kurswahl geht
nach Zahlen, also ab 500 aufwärts sind es fortgeschrittene Kurse), sind generell sehr
anspruchsvoll. Besondern, was den Workload angeht. Es ist nicht ungewöhnlich, dass
die Kurse zweimal wöchentlich stattfinden und dass man zu jeder Veranstaltung
mehrere Papers oder im Durchschnitt ca. 70 Seiten Text lesen muss und sich darauf
mit schriftlichen Reading Responses oder Einträgen in Online-Foren vorbereiten
muss, die gesichtet werden. Für Faulenzen ist nicht viel Zeit. Natürlich kann ich nur
über die Perspektive der Geisteswissenschaften sprechen. Ich denke aber, dass es in
den Naturwissenschaften ähnlich, wenn nicht strenger zugeht. Die Gewöhnung daran
ist etwas schwierig am Anfang, aber machbar, wenn man sich darauf vorbereitet.
Deswegen kann aber auch der soziale Aspekt des Auslandsaufenthaltes etwas leiden,
besonders weil Kommilitonen mindestens genauso beschäftigt sind.
2 Bei der Kurswahl sollte man wirklich auf die Empfehlungen achten. 3 Kurse im
Graduate Bereich sind mehr als genug, um Full-time-student zu sein und viel zu tun
zu haben. Mit Referaten und kleinen schriftlichen Aufgaben halten die Professoren
dich gut beschäftigt. Meinen vierten Kurs, den ich mir ausgesucht habe, musste ich
nach den ersten 3 Wochen auf „Audit“ umschreiben. Das heißt, ich konnte ihn
besuchen und zuhören bzw. mitsprechen, aber ich musste keine Prüfungsleistung
abgeben. Dieser wurde dann im Transcript of Records als „Audit“ markiert und stand
ohne Note da. Das ist eine tolle Möglichkeit, vom Kursangebot und von den
Professoren zu profitieren, ohne sich unter zu viel Stress zu setzen und schlechte
Noten zu bekommen und so auch den Kursen, die benotet werden, mehr Beachtung zu
schenken.
Mit dem Leiter meines Studiengangs in Deutschland habe ich abgesprochen und
durch das Learning Agreement verabredet, dass mir alle Kurse, die ich in den USA
gemacht habe, anerkannt werden.
4. Unterkunft und Mobilität Ich bin privat als Untermieterin bei einer netten Frau im Herzen Amherst in ihrem
großen Haus untergekommen. Es gab die Möglichkeit, am Campus in kleinen
Apartments für Graduate Students untergebracht zu werden, die auch über eine Küche
verfügten, die jedoch viel teurer war, als eine Privatunterkunft. Ich hatte einen Weg
von zehn Minuten mit dem Fahrrad zur Uni und fünf Minuten in die Stadt. Das
Fahrrad habe ich mir gebraucht bei „Hampshire Bike“ im Südwesten der Stadt
gekauft und kann sagen, dass es die beste Entscheidung war, die ich dort überhaupt
getroffen habe. Dank meinem Fahrrad konnte ich flexibel sein, wenn es ums
Einkaufen ging und habe ein paar Mal sehr schöne Ausflüge rund um Amherst
machen können.
Das Einkaufen ist etwas kompliziert, denn innerhalb Amhersts gibt es keine
Supermärkte. Wenn dir also die Tomatensoße mitten in der Woche ausgeht und du
keine Zeit hast, eine halbe Stunde hin und eine halbe Stunde zurück mit dem Bus in
die Einkaufsmall außerhalb Amhersts zu fahren, dann bist du so ziemlich auf Nudeln
ohne Soße angewiesen. Die Busse fahren zwar relativ oft, doch bei minus 15 Grad
macht es auch keinen Spaß, lange auf ihn zu warten, wenn er mal 15 Minuten zu spät
ist.
In den USA haben fast alle ihre eigenen Autos. Und wenn du für länge hierher ziehen
solltest, dann besorg dir auch eins, die sind relativ günstig hier. Aber für ein halbes
Jahr mach es keinen Sinn, deshalb werden du und die umgebenden Buslinien beste
Freunde. Mit dem Bus kommt man auch gut in die Nachbarstadt Northhampton, die
im Südwesten von Amherst liegt. Dort ist auch das Smith College, sowie wohnt über
die Hälfte aller Profs aus der Umgebung hier. Es ist eine etwas größere und
lebendigere Stadt als Amherst und hier lässt es sich eventuell besser zur
Zwischenmiete in einer WG wohnen. Nur das Pendeln zur UMass könnte lästig
werden. Die Stadt ist aber definitiv einen Sonntags-Ausflug wert. Hier gibt es schöne
Cafés, Restaurants, Clubs, Bars etc. und im Gegensatz zu Deutschland haben hier die
Läden gerade am Sonntag alle lange auf.
3 5. Finanzierung Das teuerste am Aufenthalt an der UMass Amherst ist definitiv die
Krankenversicherung, die du kaufen MUSST (ca. 1100 Euro). Alles andere ist eher
eine allgemeine Erhöhung aller Lebenskosten um zehn Prozent. Besonders Gemüse,
Obst und Käse sind sehr teuer im Vergleich zu Deutschland. Und die Mietpreise
fangen alle erst ab 500 Dollar aufwärts an. Aber es gibt auch viele Angebote, SecondHand Läden für Kleidung und Bücher, Studierenden-Rabatte etc.
Das PROMOS-Finanzierungsprogramm von meiner Uni hat es mir ermöglicht, mein
Leben in den USA für ein Semester finanzierbarer zu machen und war eine große
Hilfe. Die Kosten während des Auslandsaufenthaltes waren ca. 900 US Dollar im
Monat inklusive Miete.
Natürlich wäre es mir ohne das Länderkooperationsprogramm überhaupt gar nicht
erst möglich gewesen, in den USA zu studieren, weil sogar an einer staatlichen
Universität die Semesterkosten alle Vorstellungskräfte übersteigen, und weil dank des
Programms diese Kosten entfallen.
6. Fazit Sehr prägend für meinen Aufenthalt in den USA war die Struktur des GraduiertenStudiums, die sich von der deutschen sehr unterscheidet. Da die Master- und PhDStudierenden an amerikanischen Universitäten im Durchschnitt älter sind und ihre
Studiengänge viel kleiner sind, ist das Verhältnis zu den Professor_innen sehr eng und
basiert auf ständigem Austausch und Feedback. Es war wichtig für mich, das erst
einmal zu erkennen und anzunehmen und dann dementsprechend davon zu
profitieren. Auch studieninhaltlich habe ich viel dazu gelernt und hatte sehr viel
Unterstützung von meinen Dozent_innen bekommen, um meine Interessen zu stärken.
Nach Anfang Mai, wenn das Semester rum ist, gibt es auch nichts mehr zu tun, der
Endsemesterstress fällt auf einmal ab und man kann die Tatsache genießen, dass man
noch etwas länger in den USA bleiben kann, dank der Grace Period des Visums über
30 Tage. Spart euch etwas Geld zum Ende auf und fahrt irgendwo hin. Ich bin nach
Kanada gefahren, Montréal ist nur 6 Stunden mit dem Bus in den Norden von
Amherst. Und Québec City ist auch nicht weit. Die Niagara Fälle sind ein tolles
Ausflugsziel.
Informiert euch über Finanzierungsmöglichkeiten so schnell wie möglich, mit so viel
Vorlauf wie möglich, manche Stipendienbewerbungen erfordern einen Vorlauf von
über einem halben Jahr!
4 Generell sollte man nicht zu viel Angst davor haben, auch mal etwas nicht zu wissen
(über Kultur, Leben vor Ort etc.). Es macht Spaß, solche Sachen erst vor Ort zu
erkunden, es macht einen zum Experten im alltäglichen Leben vor Ort und lässt einen
neue Sachen erkunden.
Da mein Gastland die USA waren, ist Englisch natürlich an der Tagesordnung. Wenn
ihr dort studiert, sind sehr gute Kenntnisse der Sprache unerlässlich, um überhaupt
dem Stoff zu folgen. Natürlich ist es auch für soziale und freundschaftliche
Situationen unheimlich wichtig. Es ist außerdem wichtig, offen zu sein gegenüber
Unterschieden, die man vielleicht zu schnell verurteilen würde. Lasst euch darauf ein.
Und vermeidet es allzu viel nur mit anderen Deutschen Auslandsstudierenden zu sein,
so könnt ihr das Land und die Kultur viel besser kennenlernen.
Vielen Dank Hessen-Massachusetts-Länderkooperationsprogramm! Ich habe ein
tolles und aufregendes Auslandssemester in den USA verbringen können.
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