Köln: Politik will Härte zeigen - E-Paper - Rhein
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. www.rhein-zeitung.de Das Sams klingt heute einfacher Der Fleck muss wirklich weg! Koblenzer erforschen, wie schadstoffbelastet der Rhein ist Kinderbuchautor Paul Maar über das veränderte Leseverhalten. Kultur Tinte, Toner: Wir geben Tipps für die richtige Reinigung. Leben Problem Plastik und Medikamente. Seite 17 MONTAG, 11. JANUAR 2016 | 71. JAHRG. | NR. 8 5912 | B0 | KOBLENZ | 1,90 EURO UNABHÄNGIGE TAGESZEITUNG – SEIT 1946 Tausende protestieren in Polen Heute im Sport Deutsche Biathletinnen sind nicht zu bremsen M Biathlon. Drei Siege in drei Einzelrennen: Die deutschen Frauen haben den Heim-Weltcup in Ruhpolding dominiert. Laura Dahlmeier war in der Verfolgung und im Massenstart erfolgreich, Franziska Seite 11 Hildebrand im Sprint. Pressefreiheit Union erwägt Sanktionen M Warschau. Demonstrationen in 20 polnischen Städten, Sorgen in der EU und im Nachbarland Deutschland über die Rechtsstaatlichkeit in Polen: Die Politik der neuen Regierung in Warschau löst immer schärfere Reaktionen aus. Die Union im Bundestag erwägt Sanktionen gegen Polen, wenn die rechtskonservative Regierung dort Rechtsstaatsprinzipien wie Gewaltenteilung und Pressefreiheit verletzt. Polen wiederum sieht „antipolnische Äußerungen“. Der deutsche Botschafter in Warschau, Rolf Nikel, wurde für Montag zu einem Gespräch ins Außenministerium gebeten. Bei dieser Einladung handelt es sich aber nicht um eine förmliche Einbestellung. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz warf der nationalkonservativen Warschauer Regierung „gelenkte Demokratie nach Putins Art“ vor. „Die polnische Regierung betrachtet ihren Wahlsieg als Mandat, das Wohl des Staates dem Willen der siegreiMartin Schulz chen Partei unterzuordnen.“ Laut der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ wird die EU-Behörde am Mittwoch eine eingehende Prüfung der Rechtsstaatlichkeit in Polen auf den Weg bringen. Unionsfraktionschef Volker Kauder sprach sich in einem Gespräch mit dem „Spiegel“ dafür aus, Sanktionen in Betracht zu ziehen: „Wenn Verstöße gegen die europäischen Werte festzustellen sind, müssen die Mitgliedstaaten den Mut zu Sanktionen haben.“ Gegen das umstrittene neue Mediengesetz waren am Samstag Zehntausende Polen im ganzen Land auf die Straße gegangen. Mit Slogans wie „Hände weg vom Radio“ und „Die Regierung lügt“ forderten sie eine Rücknahme des Gesetzes, das der Regierung die Möglichkeit gibt, über Spitzenposten in den öffentlich-rechtlichen Medien zu entscheiden. Am Freitag war das umstrittene Gesetz in Kraft getreten. Bereits am selben Tag wurden neue Fernseh- und Hörfunkchefs ernannt und mehrere leitende Redakteure entlassen. Der polnische Verteidigungsminister Antoni Macierewicz wies die Proteste gegen das Gesetz zurück. Er warf Deutschland und anderen westlichen Staaten Einmischung in die Souveränität seines Landes vor. SERVICE & FREIZEIT Freizeit-Kompass 9 Intermezzo: Roman, Horoskop 29 Ihr aktuelles TV-Programm 30 WIR FÜR SIE Aboservice Tel: 0261/9836 2000 Anzeigen Tel: 0261/9836 2003 Redaktion Tel: 0261/892 240 €1,90 B0 1 4 190591 201903 Platz drei für Freund M Skispringen. Severin Freund hat den erhofften Sieg beim HeimWeltcup in Willingen verpasst. Der 27-Jährige wurde beim Sieg von Seite 11 Peter Prevc Dritter. Olympia-Quali verpasst Gegen Sexismus, aber auch gegen Rassismus: Nach den Übergriffen in der Kölner Silvesternacht demonstrierten Tausende Bürger. Foto: dpa Köln: Politik will Härte zeigen Übergriffe Union und SPD wollen schnell reagieren – Merkel auch für schärfere Asylgesetze M Berlin/Köln/Mainz. Nach den Angriffen auf Frauen in der Silvesternacht sind in Köln mehr als 500 Strafanzeigen eingegangen. Angesichts der Verunsicherung in der Bevölkerung sieht sich die Politik dazu gezwungen, Strafgesetze und Asylrecht nun rasch zu verschärfen. Union und SPD debattieren über leichtere Abschiebungen, härtere Strafen sowie mehr Polizei und Überwachung. Bereits heute will die Große Koalition über schärfere Vorgaben sprechen. Unionsfraktionsvize Thomas Strobl (CDU) sagte: „Wir gehen davon aus, dass wir jetzt wesentlich schneller in der Umsetzung der Pläne vorankommen müssen.“ Kanzlerin Angela Merkel hatte sich am Wochenende für schärfere Asylgesetze ausgesprochen. „Das, was in der Silvesternacht passiert ist, das sind widerwärtige kriminelle Taten, die auch nach entschiedenen Antworten verlangen“, sagte die CDU-Chefin nach einer Klausur der Parteispitze am Samstag in Mainz. Die Opposition warnt dagegen vor Schnellschüssen. Gabriel für Paketlösung SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte eine Paketlösung für mehr Sicherheit. Die Verschärfung von Gesetzen reiche nicht aus, sagte Gabriel im RedaktionsNetzwerk Deutschland. „Wir brauchen einen starken und handlungsfähigen Staat auf beiden Seiten: für die Bekämpfung der Kriminalität, aber auch für Bildung und Integration.“ SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann plädierte für eine schnelle Verständigung mit der Union. Er sei „zuversichtlich, dass die Forderungen der SPD nach mehr Personal und mehr Videoüberwa- WETTER 7º Regen. Im Tagesverlauf ziehen Wolken vor die Sonne. Sie bringen zeitweise kräftigen Regen. Maximal 4 bis 7 Grad, starke bis stürmische Böen. Wetter Seite 32 chung schnell entschieden werden können“. Zudem müsse unvoreingenommen geprüft werden, ob man die Rechtslage ändern müsse. Justizminister Heiko Maas (SPD) zeigte sich offen für ein schärferes Vorgehen gegen straffällige Migranten. „Ich werde jetzt gemeinsam mit dem Innenminister noch einmal prüfen, ob unsere Möglichkeiten ausreichen, um Kriminelle zurückzuschicken“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Maas geht davon aus, dass die Angriffe organisiert waren. Der Innenausschuss im nordrhein-westfälischen Landtag kommt heute zu einer Sondersitzung zusammen. Erwartet werden neue Details, NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) steht unter Druck. Polizeipräsident Wolfgang Albers wurde in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Am Samstag löste die Polizei in Köln eine Demonstration von Rechtsextremisten und Pegida-Anhängern auf, die wegen der Übergriffe in der Silvesternacht auf die Straße gegangen waren. In der Nähe hatten gleichzeitig mehr als 1300 Menschen überwiegend friedlich gegen Rassismus und Sexismus protestiert. In Köln hatten sich in der Silvesternacht nach Polizeiangaben kleinere Gruppen aus einer Menge von rund 1000 Männern gelöst, die vor allem Frauen umzingelt, begrapscht und bestohlen haben sollen. Zahlreiche Opfer und Zeugen sprachen von Tätern nordafrikanischer oder arabischer Herkunft. Die Zahl der Strafanzeigen stieg am Wochenende sprunghaft an. In- Sexualstrafrecht: Wann beginnt die Vergewaltigung? Sexuelle Übergriffe sollen künftig auch ohne gewaltsames Vorgehen des Täters als Vergewaltigung strafbar sein. Ein entsprechender Gesetzentwurf zur Verschärfung des Sexualstrafrechts ist laut Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) seit Kurzem in der Länderabstimmung. Doch der CDUVorstand kündigte nach einer Klausur in Mainz an: „Für den Straftatbestand muss ein klares Nein des Opfers ausreichen, auch wenn nicht zugleich der Tatbestand der Gewalt oder Nötigung vorliegt.“ Dies ist im Entwurf bisher nicht vorgesehen. Der Straftatbestand der Vergewaltigung wäre laut Entwurf von Maas auch erfüllt, wenn sich das Opfer subjektiv als schutzlos empfindet oder der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt, etwa durch unvermittelte Attacke im öffentlichen Raum. Bislang wird im Strafrecht eine Sexattacke nur als Vergewaltigung gewertet, wenn das Opfer geschlagen, an Leib und Leben bedroht wurde oder sich in einer „schutzlosen“ Lage befand. Den Grünen geht Maas nicht weit genug. Ein eindeutiges Nein zu sexuellen Handlungen müsse eine Grenze bilden, sagte die Vorsitzende des Rechtsausschusses, Renate Künast (Grüne). Bei Maas aber bleibe es „im Grunde beim alten Tatbestand, der oftmals zu Freisprüchen führt“. zwischen sind es 516, teilte die Kölner Polizei mit. In etwa 40 Prozent der Fälle werde unter anderem wegen Sexualstraftaten ermittelt. Wie viele Tatverdächtige insgesamt im Fokus der Ermittler stehen, war von den verschiedenen Polizeistellen bis Sonntagabend nicht genau zu erfahren. Der Kölner Polizei waren bis dahin 19 Personen namentlich bekannt, die für Straftaten in der Silvesternacht am und im Hauptbahnhof verantwortlich sein könnten. Es handele sich größtenteils um Asylsuchende und Personen, die sich illegal in Deutschland aufhielten, teilten die Ermittler weiter mit. Mehr Polizei, mehr Kameras Bis Freitagmittag hatte die Bundespolizei, die auf dem Bahnhofsgelände zuständig ist, 32 Tatverdächtige identifiziert. Darunter sind neun algerische, acht marokkanische, fünf iranische, vier syrische, ein irakischer, ein serbischer, ein US-amerikanischer sowie drei deutsche Staatsangehörige. 22 seien Asylbewerber. Nach dem Willen der CDU sollen kriminelle Asylbewerber schneller abgeschoben werden können – schon bei einer Bewährungsstrafe sollen sie ihr Recht auf Asyl verlieren. Gefordert wird, die Polizei zu verstärken und die Videoüberwachung zu verbessern. Mit einem neuen Straftatbestand sollen Polizisten gegen Übergriffe geschützt werden. Das Bundeskriminalamt (BKA) will systematisch gegen gemeinschaftlich begangene sexuelle Belästigung von Frauen vorgehen. Seite 2: Die Reaktionen Seite 3: Die politische Debatte WEITERE THEMEN HEUTE Skatspieler reizten um die Wette Was ist drin in Lebensmitteln? Rätselhafte Maja Maranow Pottwale stranden auf Wangerooge Im Mittelpunkt: Julia Klöckner Sehr konzentriert, dabei aber äußerst entspannt: Diese Atmosphäre herrschte beim RZSkatturnier in MülheimKärlich vor. Ein Klischee bleibt wahr: Skat spielen vor allem Männer. Lokales Seite 23 Was viele Kunden beim Einkauf irritiert, ist legal – etwa Kalbswiener mit viel Schweinefleisch. Union und SPD wollen nun Tempo machen für neue Richtlinien. Wirtschaft Seite 7 Sehr bekannt und doch rätselhaft: Maja Maranow gehörte seit Jahrzehnten zum deutschen TV-Geschäft. Ein Nachruf auf die verstorbene Schauspielerin. Panorama Seite 32 An der Insel Wangerooge wurden zwei tote Pottwale angetrieben. Vermutlich gerieten die Tiere versehentlich in die flache Nordsee. Was tun mit den riesigen Körpern? Panorama Seite 31 Nicht Angela Merkel, Julia Klöckner stand im Mittelpunkt der CDUVorstandsklausur in Mainz. Manche sprechen bereits von der Kronprinzessin der Bundeskanzlerin. Politik Seite 6 M Volleyball. Die deutschen Männer sind bei Olympia in Rio de Janeiro nur Zuschauer. Das Team verlor beim Qualifikationsturnier das Spiel um Platz drei gegen PoSeite 12 len mit 2:3. Kompakt Pariser Terrorist lebte in Recklinghausen M Recklinghausen/Paris. Der bei einem Angriff auf Pariser Polizisten erschossene mutmaßliche Islamist hat zuvor in einer Asylbewerberunterkunft in Recklinghausen gewohnt. Der Asylbewerber spielte den Behörden mindestens sieben Identitäten vor, verübte zahlreiche Straftaten und verbüßte eine einmonatige Freiheitsstrafe, wie der Direktor des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen, Uwe Jacob, berichtete. Es wurde wegen Rauschgifthandel und Körperverletzung ermittelt. Mehr lesen Sie auf Politik Die gute Nachricht Deutsche fühlen sich sicher in ihren Jobs Allen Krisen zum Trotz: Angesichts anhaltenden Wirtschaftswachstums und hoher Beschäftigung sind sich die Deutschen ihrer Arbeitsplätze sehr sicher. Rund zwei Drittel von 1000 Befragten gingen bei einer Umfrage des Beratungsunternehmens Gallup fest davon aus, dass sie in den nächsten zwölf Monaten nicht entlassen werden, weitere 28 Prozent halten eine Entlassung für nicht sehr wahrscheinlich. Nur jeder Zwanzigste hält es für ziemlich oder sehr wahrscheinlich, seine Arbeitsstelle zu verlieren. Gallup hat diese Frage seit 2001 zwölfmal gestellt; nur 2013 war die Zuversicht ebenso groß. Mit 58 Prozent halten die meisten Befragten die Wirtschaftslage für gut oder sogar hervorragend. Nur 6 Prozent erachten sie für schlecht. Jedoch rechnet knapp die Hälfte der Befragten damit, dass es schlechter wird. Rhein-Zeitung.de Informieren Sie sich schnell und immer aktuell über Nachrichten aus der Region und der Welt mit unserem Online-Angebot. Auch hier können Sie mit uns Kontakt aufnehmen: twitter.com/rheinzeitung facebook.com/rheinzeitung