Kolloquium 1:KulturGut

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Kolloquium 1:KulturGut
Kolloquium 1:KulturGut
19.02.2009
14:13 Uhr
Seite 13
Aus: Uwe Peltz, Olivia Zorn (Hrsg.) KulturGUTerhalten, Kolloqiumsband - Standards in
der Restaurierungswissenschaft und Denkmalpflege, Philipp von Zabern, 2009
KorneliusGoetzundIrmhildSchäfer
Einheitsbreioder…?
DasTechnischeKomiteeCEN/TC346:‘Conservationof
CulturalProperty ’undseindeutscherSpiegelausschuss–
eineZwischenbilanz
The “Conservation of Cultural Property” (CEN/TC 346) technical committee was set up by the European Committee for Standardization (CEN) in 2004 with the goal of developing a uniform
scientific method for dealing with the problems presented in the
preservation of our cultural heritage. Specific standards (concerning terms, inspections and procedures) are to be created,
which harmonise and standardise the technical methods used in
Europe. The idea is that this should act to improve the competence of all of those involved. However, this project has been
subject to critical questions from the very beginning: Will the
norms be developed without due attention to current practice,
thus robbing them of the chance of being put into practice at
all? Should the scientifically-based, object-specific methods
used by restorers be restricted in any way? Can a standard really
take into consideration the particularities of all European countries? This article presents CEN/TC 346 and its German shadow
committee and takes stock of its work up to now.
Einleitung
Das Technische Komitee „Conservation of Cultural Property“ (CEN/TC 346)
wurde 2004 bei dem Europäischen Normungsinstitut (CEN) mit dem
Ziel eingerichtet, eine einheitliche wissenschaftliche Herangehensweise
an die Probleme bei der Erhaltung des kulturellen Erbes zu erarbeiten.
Konkret sollen Normen (Begriffs-, Prüf- und Verfahrensnormen) geschaffen werden, mit denen die fachlichen Methoden in Europa harmonisiert
und vereinheitlicht werden (Abb. 2). Dadurch sollen alle Akteure in ihrer
Kompetenz gestärkt werden. Von Beginn an wird dieses Vorhaben allerdings auch von kritischen Fragen begleitet: Werden die Normen an der
Praxis vorbei entwickelt und haben sie deshalb keine Chance auf praktische Anwendung? Soll die wissenschaftlich fundierte, objektspezifische
Vorgehensweise der Restauratoren eingeschränkt werden? Kann eine
Norm die Besonderheiten aller europäischen Länder berücksichtigen? Dieser Beitrag stellt CEN/TC 346 und seinen deutschen Spiegelausschuss mit
einer Zwischenbilanz der bisherigen Arbeit vor.
Wie werden europäische Normen gemacht?
Abb. 1
Einheitsbrei oder …?
Einheitsbrei oder ...?
Europäische Normen (EN) sind – der Name sagt es – in erster Linie normative Dokumente. Für die inhaltliche Erarbeitung von Normen sind die
so genannten interessierten Kreise zuständig. Dort sollen alle Personen,
Firmen und Institutionen vertreten sein, die von den Auswirkungen einer
Normung in ihrem jeweiligen Gebiet betroffen sein können. Diese grundsätzliche Partizipation aller Betroffenen soll zur freiwilligen Akzeptanz von
Normen führen. Das ist der wichtigste Aspekt von Normen: Ihre Wirksamkeit beruht vor allem auf der freiwilligen Übereinkunft zwischen den An-
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Arbeitsgruppe
WG 1
General Guidelines & terminology
on the activity carried out
Abb. 2 Europäische Normen sind ein wesentliches Element für
das Funktionieren des Europäischen Binnenmarktes.
Abb. 3
Die Struktur der Normierungsarbeit.
wendern. Normungsarbeit ist deshalb ein auf bestmöglichen Konsens zielendes Verfahren!
Die interessierten Kreise selbst können allerdings keine Normen machen. Sie benötigen dafür einen bei ihrem nationalen Normierungsinstitut
angesiedelten Ausschuss, einen so genannten nationalen Spiegelausschuss, der eben das europäische Normierungsgeschehen reflektieren soll.
In Deutschland ist für die Geschäftsführung u. a. von Spiegelausschüssen
exklusiv das Deutsche Institut für Normung e. V. in Berlin (DIN) zuständig.
(Abb. 3)
Die Arbeit von CEN/TC 346 und seines
deutschen Spiegelausschusses NA 005-01-36 AA
,Erhaltung des kulturellen Erbes’
Das CEN hat aufgrund einer Initiative aus Italien das Thema „Conservation
of Cultural Property“ als Normungsaufgabe akzeptiert. Daraufhin wurde
2004 in Venedig das Technische Komitee mit der Ordnungszahl 346 gegründet (CEN/TC 346). Die Europäischen Normen dieses CEN/TC werden
in seinen fünf Arbeitsgruppen erarbeitet werden. Im Geschäftsplan sind
deren Titel und Arbeitsgebiete definiert:
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Arbeitsgebiet
terminology relevant to movable
and immovable artefacts, and to
the conservation of the artefacts
and of the material constituting
the artefacts themselves, so that
a common European terminology
can be created;
WG 2
Materials constituting
the cultural property on the
activity carried out
guidelines for a methodological
approach to the knowledge of
the artefacts and of the materials
constituting the artefacts, of the
deterioration processes, and of
conditions of optimum long term
conservation (preservative conservation) preservation work;
WG 3
Evaluation of methods
and products for
conservation works
test and analysis methods for the
diagnosis and for the characterisation of the artefacts and of
their state of conservation with
regards to outdoor and indoor
environmental parameters;
WG 4
Environment on the activity
carried out
WG 5
Transportation and packaging
methods on the activity
carried out
test and analysis methods (in laboratory and in-situ) for the evaluation of the performance of the
products and methodologies to
be used in the conservation work
(ordinary and/or extraordinary
maintenance);
test and analysis methods for the
evaluation of conservation conditions of indoor cultural property.
In particular, standardisation on
transportation and packaging
methods, shall take in due accounts the needs and problems
related to itinerant exhibitions
and exchanges of works of art,
in the permanent presentation
conditions in museums, galleries,
libraries and archives, in temporary exhibit galleries, in stores
and in transport packaging.
Der am DIN seit 2006 bestehende deutsche Spiegelausschuss „Erhaltung
des kulturellen Erbes“ (DIN-interne Nomenklatur: NA 005-01-36 AA) vereinigt 21 Experten aus den von der Normung betroffenen interessierten
Kreisen: Restauratoren, Kunstversicherungen und Transportunternehmen,
Hersteller, Anwender, materialkundlich orientierte Forschungseinrichtungen u. a. m. Die deutschen Experten beteiligen sich aktiv an den europäischen Arbeitsgruppen und nehmen dadurch bereits von Beginn der
Entstehung einer Norm an größtmöglichen Einfluss auf den Inhalt der
Normentwürfe.
Bislang2 wurden insgesamt sechs Norm-Entwürfe erarbeitet, jeweils
drei aus den Arbeitsgebieten von WG3 und WG4. Die offiziellen Titel der
Entwürfe (E) lauten:
– Conservation of cultural heritage – Guidelines of management of environmental conditions – Storage facilities: definitions and functional
characteristics of areas dedicated to preservation and management of
cultural heritage (WG4).
– Conservation of cultural heritage – Guidelines of management of environmental conditions – Recommendations for a showcase used for
the exhibition and preservation of cultural heritage (WG4).
– Conservation of cultural property – Packing methods (WG5).
– E DIN EN 15757 „Erhaltung des kulturellen Erbes – Vorgaben für
Temperatur und relative Feuchte zur Reduzierung von klimabedingter
mechanischer Beschädigung in organischen hygroskopischen Materialien“
– E DIN EN 15758 „Erhaltung des kulturellen Erbes – Methoden und Instrumente für die Messung der Lufttemperatur und der Oberflächentemperatur von Objekten“
– E DIN EN 15759 „Erhaltung des kulturellen Erbes – Spezifikation und
Kontrolle des Raumklimas - Beheizung von Kirchen“
– E DIN EN 15801 „Erhaltung des kulturellen Erbes – Prüfmethoden –
Bestimmung der Wasserabsorption durch Kapillarität“
– E DIN EN 15802 „Erhaltung des kulturellen Erbes – Prüfmethoden –
Messung des statischen Kontaktwinkels“
– E DIN EN 15803 „Erhaltung des kulturellen Erbes – Prüfmethoden –
Bestimmung des Wasserdampfleitkoeffizienten“
Das in Angriff genommene europäische Normungsprojekt hat bei Organisationen aus dem Bereich der Kulturguterhaltung großes Interesse geweckt, die selbst nicht Mitglied bei CEN sein können. Das Committee for
Conservation des Internationalen Museumsrats (ICOM-CC) hat daher bei
CEN einen Antrag auf Liaison gestellt, der im Juli 2007 von CEN bewilligt
wurde. Diese Liaison bedeutet, dass das ICOM-CC über die Arbeiten des
CEN/TC 346 informiert wird und hierzu auch seine Kommentare und Vorschläge an das CEN/TC 346 senden kann. Es ist eine Art Beobachterstatus ohne Stimmrecht, jedoch mit der Möglichkeit, an den Sitzungen
teilzunehmen. Den gleichen Liaison-Status haben kürzlich das International Institute for Conservation of Historic and Artistic Works (IIC) und die
Sektion Preservation and Conservation der International Federation of
Library Associations and Institutions (IFLA) beantragt.
Auch bei diesen Projekten werden unsere Experten in den jeweiligen Arbeitsgruppen mitarbeiten und so den deutschen Einfluss von Anfang an
zur Geltung bringen.
Konsistente Terminologie
Nach Annahme der Manuskripte für o. g. Entwürfe im Februar 2008 auf
dem jährlich tagenden Plenum von CEN/TC 346 wurden diese von CEN
als Entwürfe an die nationalen Mitgliedsländer zur Kommentierung und
Abstimmung versendet. In Deutschland wurden sie als nationale Entwürfe
(E DIN EN) in deutscher Sprache veröffentlicht, um der Öffentlichkeit
Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die nationalen Spiegelausschüsse müssen über jede eingegangene Stellungnahme entscheiden. Am
Ende der Einspruchsfrist muss eine deutsche Stellungnahme und Abstimmung an CEN abgegeben werden. In CEN/TC 346 bzw. in dessen Working
Groups werden alle Rückmeldungen der Mitgliedsländer geprüft und bei
Annahme in ein neues Manuskript übernommen. Dieses wird wiederum
von CEN als Schluss-Entwurf an alle Mitgliedsländer zur Abstimmung
gestellt. Wenn die erforderliche Mehrheit zustande kommt, wird der
Norm-Entwurf als Schluss-Entwurf angenommen und zur EN-Norm.
Danach muss er unverändert als deutsche Norm übernommen werden
(DIN EN Norm). Für die sechs Normentwürfe wird dieses Prozedere
voraussichtlich 2009 zum Abschluss kommen. Bei Annahme werden dann
die ersten Normen für die Erhaltung des kulturellen Erbes als DIN EN zur
Verfügung stehen.
Rund 30 Experten aus 14 Ländern haben in der Working Group 1 die Aufgabe der Terminologiearbeit für das großangelegte Normungsprojekt
CEN/TC 346 übernommen (Abb. 4). Sie stellen sich damit der Herausforderung, Begriffe für Sachverhalte zu definieren, die schon in einem
einzigen Land, erst recht in den europäischen Ländern insgesamt unter-
Daneben wurden im Jahr 2008 neue Projekte zur Erarbeitung erster Arbeitsunterlagen vom Plenum des CEN/TC 346 einstimmig angenommen
(Titelangabe in der englischen Arbeitssprache von CEN/TC 346):
Tabelle 1 CEN/TC Fünf Working Groups und ihre Themen. Die
Arbeitssprache von CEN/TC 346 ist Englisch.1
Standards zur Erhaltung von Kunst- und Kulturgut
– Conservation of cultural property – Condition survey of immovable heritage (WG1).
– Conservation of cultural heritage – Condition report of movable heritage: Visual inspection and description of the condition of movable
heritage (WG1).
Einheitsbrei oder ...?
Abb. 4 Experten der Working Group 1 bei einem Arbeitstreffen zur
Terminologiearbeit in der Bayerische Staatsbibliothek in München,
Oktober 2008.
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Arbeitsgruppe
WG 1
General Guidelines & terminology
on the activity carried out
Abb. 2 Europäische Normen sind ein wesentliches Element für
das Funktionieren des Europäischen Binnenmarktes.
Abb. 3
Die Struktur der Normierungsarbeit.
wendern. Normungsarbeit ist deshalb ein auf bestmöglichen Konsens zielendes Verfahren!
Die interessierten Kreise selbst können allerdings keine Normen machen. Sie benötigen dafür einen bei ihrem nationalen Normierungsinstitut
angesiedelten Ausschuss, einen so genannten nationalen Spiegelausschuss, der eben das europäische Normierungsgeschehen reflektieren soll.
In Deutschland ist für die Geschäftsführung u. a. von Spiegelausschüssen
exklusiv das Deutsche Institut für Normung e. V. in Berlin (DIN) zuständig.
(Abb. 3)
Die Arbeit von CEN/TC 346 und seines
deutschen Spiegelausschusses NA 005-01-36 AA
,Erhaltung des kulturellen Erbes’
Das CEN hat aufgrund einer Initiative aus Italien das Thema „Conservation
of Cultural Property“ als Normungsaufgabe akzeptiert. Daraufhin wurde
2004 in Venedig das Technische Komitee mit der Ordnungszahl 346 gegründet (CEN/TC 346). Die Europäischen Normen dieses CEN/TC werden
in seinen fünf Arbeitsgruppen erarbeitet werden. Im Geschäftsplan sind
deren Titel und Arbeitsgebiete definiert:
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Arbeitsgebiet
terminology relevant to movable
and immovable artefacts, and to
the conservation of the artefacts
and of the material constituting
the artefacts themselves, so that
a common European terminology
can be created;
WG 2
Materials constituting
the cultural property on the
activity carried out
guidelines for a methodological
approach to the knowledge of
the artefacts and of the materials
constituting the artefacts, of the
deterioration processes, and of
conditions of optimum long term
conservation (preservative conservation) preservation work;
WG 3
Evaluation of methods
and products for
conservation works
test and analysis methods for the
diagnosis and for the characterisation of the artefacts and of
their state of conservation with
regards to outdoor and indoor
environmental parameters;
WG 4
Environment on the activity
carried out
WG 5
Transportation and packaging
methods on the activity
carried out
test and analysis methods (in laboratory and in-situ) for the evaluation of the performance of the
products and methodologies to
be used in the conservation work
(ordinary and/or extraordinary
maintenance);
test and analysis methods for the
evaluation of conservation conditions of indoor cultural property.
In particular, standardisation on
transportation and packaging
methods, shall take in due accounts the needs and problems
related to itinerant exhibitions
and exchanges of works of art,
in the permanent presentation
conditions in museums, galleries,
libraries and archives, in temporary exhibit galleries, in stores
and in transport packaging.
Der am DIN seit 2006 bestehende deutsche Spiegelausschuss „Erhaltung
des kulturellen Erbes“ (DIN-interne Nomenklatur: NA 005-01-36 AA) vereinigt 21 Experten aus den von der Normung betroffenen interessierten
Kreisen: Restauratoren, Kunstversicherungen und Transportunternehmen,
Hersteller, Anwender, materialkundlich orientierte Forschungseinrichtungen u. a. m. Die deutschen Experten beteiligen sich aktiv an den europäischen Arbeitsgruppen und nehmen dadurch bereits von Beginn der
Entstehung einer Norm an größtmöglichen Einfluss auf den Inhalt der
Normentwürfe.
Bislang2 wurden insgesamt sechs Norm-Entwürfe erarbeitet, jeweils
drei aus den Arbeitsgebieten von WG3 und WG4. Die offiziellen Titel der
Entwürfe (E) lauten:
– Conservation of cultural heritage – Guidelines of management of environmental conditions – Storage facilities: definitions and functional
characteristics of areas dedicated to preservation and management of
cultural heritage (WG4).
– Conservation of cultural heritage – Guidelines of management of environmental conditions – Recommendations for a showcase used for
the exhibition and preservation of cultural heritage (WG4).
– Conservation of cultural property – Packing methods (WG5).
– E DIN EN 15757 „Erhaltung des kulturellen Erbes – Vorgaben für
Temperatur und relative Feuchte zur Reduzierung von klimabedingter
mechanischer Beschädigung in organischen hygroskopischen Materialien“
– E DIN EN 15758 „Erhaltung des kulturellen Erbes – Methoden und Instrumente für die Messung der Lufttemperatur und der Oberflächentemperatur von Objekten“
– E DIN EN 15759 „Erhaltung des kulturellen Erbes – Spezifikation und
Kontrolle des Raumklimas - Beheizung von Kirchen“
– E DIN EN 15801 „Erhaltung des kulturellen Erbes – Prüfmethoden –
Bestimmung der Wasserabsorption durch Kapillarität“
– E DIN EN 15802 „Erhaltung des kulturellen Erbes – Prüfmethoden –
Messung des statischen Kontaktwinkels“
– E DIN EN 15803 „Erhaltung des kulturellen Erbes – Prüfmethoden –
Bestimmung des Wasserdampfleitkoeffizienten“
Das in Angriff genommene europäische Normungsprojekt hat bei Organisationen aus dem Bereich der Kulturguterhaltung großes Interesse geweckt, die selbst nicht Mitglied bei CEN sein können. Das Committee for
Conservation des Internationalen Museumsrats (ICOM-CC) hat daher bei
CEN einen Antrag auf Liaison gestellt, der im Juli 2007 von CEN bewilligt
wurde. Diese Liaison bedeutet, dass das ICOM-CC über die Arbeiten des
CEN/TC 346 informiert wird und hierzu auch seine Kommentare und Vorschläge an das CEN/TC 346 senden kann. Es ist eine Art Beobachterstatus ohne Stimmrecht, jedoch mit der Möglichkeit, an den Sitzungen
teilzunehmen. Den gleichen Liaison-Status haben kürzlich das International Institute for Conservation of Historic and Artistic Works (IIC) und die
Sektion Preservation and Conservation der International Federation of
Library Associations and Institutions (IFLA) beantragt.
Auch bei diesen Projekten werden unsere Experten in den jeweiligen Arbeitsgruppen mitarbeiten und so den deutschen Einfluss von Anfang an
zur Geltung bringen.
Konsistente Terminologie
Nach Annahme der Manuskripte für o. g. Entwürfe im Februar 2008 auf
dem jährlich tagenden Plenum von CEN/TC 346 wurden diese von CEN
als Entwürfe an die nationalen Mitgliedsländer zur Kommentierung und
Abstimmung versendet. In Deutschland wurden sie als nationale Entwürfe
(E DIN EN) in deutscher Sprache veröffentlicht, um der Öffentlichkeit
Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die nationalen Spiegelausschüsse müssen über jede eingegangene Stellungnahme entscheiden. Am
Ende der Einspruchsfrist muss eine deutsche Stellungnahme und Abstimmung an CEN abgegeben werden. In CEN/TC 346 bzw. in dessen Working
Groups werden alle Rückmeldungen der Mitgliedsländer geprüft und bei
Annahme in ein neues Manuskript übernommen. Dieses wird wiederum
von CEN als Schluss-Entwurf an alle Mitgliedsländer zur Abstimmung
gestellt. Wenn die erforderliche Mehrheit zustande kommt, wird der
Norm-Entwurf als Schluss-Entwurf angenommen und zur EN-Norm.
Danach muss er unverändert als deutsche Norm übernommen werden
(DIN EN Norm). Für die sechs Normentwürfe wird dieses Prozedere
voraussichtlich 2009 zum Abschluss kommen. Bei Annahme werden dann
die ersten Normen für die Erhaltung des kulturellen Erbes als DIN EN zur
Verfügung stehen.
Rund 30 Experten aus 14 Ländern haben in der Working Group 1 die Aufgabe der Terminologiearbeit für das großangelegte Normungsprojekt
CEN/TC 346 übernommen (Abb. 4). Sie stellen sich damit der Herausforderung, Begriffe für Sachverhalte zu definieren, die schon in einem
einzigen Land, erst recht in den europäischen Ländern insgesamt unter-
Daneben wurden im Jahr 2008 neue Projekte zur Erarbeitung erster Arbeitsunterlagen vom Plenum des CEN/TC 346 einstimmig angenommen
(Titelangabe in der englischen Arbeitssprache von CEN/TC 346):
Tabelle 1 CEN/TC Fünf Working Groups und ihre Themen. Die
Arbeitssprache von CEN/TC 346 ist Englisch.1
Standards zur Erhaltung von Kunst- und Kulturgut
– Conservation of cultural property – Condition survey of immovable heritage (WG1).
– Conservation of cultural heritage – Condition report of movable heritage: Visual inspection and description of the condition of movable
heritage (WG1).
Einheitsbrei oder ...?
Abb. 4 Experten der Working Group 1 bei einem Arbeitstreffen zur
Terminologiearbeit in der Bayerische Staatsbibliothek in München,
Oktober 2008.
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schiedlich verstanden werden können. Das Hauptziel ist daher, in der
Arbeitssprache Englisch in sich stimmige Definitionen zu erstellen, zunächst in der Arbeitssprache Englisch. Für die Stellungnahmen der Öffentlichkeit wird der Norm-Entwurf zur Terminologie dann in die jeweilige
europäische Sprache übertragen vor. Es hat sich bei den Diskussionen im
deutschen Spiegelausschuss relativ bald gezeigt, dass WG1 auch für die
Konsistenz der Begrifflichkeiten innerhalb des gesamten Normungsprojekts CEN/TC 346 Sorge tragen sollte, denn es gilt immer wieder sicherzustellen, dass ein und derselbe Begriff von allen WGs auch gleichlautend
definiert und angewandt wird.3 Diese WG-übergreifende Arbeitsweise hat
Deutschland überzeugend einbringen können, und ein entsprechender
Antrag im Plenum von CEN/TC 346 hatte Erfolg.
Die WG1 bearbeitet derzeit insgesamt fünf Projekte: drei zur Terminologie (General terms, Glossary of damage, List of materials), zwei zu
Allgemeinen Richtlinien (Condition survey of immovable heritage, Condition report of movable heritage). Am weitesten gediehen ist das Projekt
„General Terms“, für das zunächst eine begrenzte Zahl an allgemeinen Begriffen der Restaurierung/Konservierung auszuwählen war. Ein Vorschlag
Großbritanniens führte zu einer inhaltlich geordneten und hierarchisierten
Liste der rund 50 bis auf weiteres nur alphabetisch sortierten Termini, die
bei „A.0 cultural heritage“ beginnt und bei „E.5.1 renovation“ endet. Ein
gewichtiger Vorschlag zur Terminologie zentraler Begriffe der Restaurierung/Konservierung kam vom ICOM-CC, das Liaison-Status bei CEN hat:
ICOM-CC hat sich seit längerem und völlig unabhängig von CEN/TC 346
mit der Klärung der häufig verwirrenden Vielfalt gerade zentraler Begriffe
der Restaurierung wie „conservation“ und „preservation“ beschäftigt. Gaël
de Guichen hat diese Vielfalt eindrucksvoll in seiner Forbes Prize Lecture
auf dem IIC-Kongress 2006 in München demonstriert.4 Um zu verhindern,
dass an zwei Stellen unterschiedliche Begriffsdefinitionen entstehen, hat
ICOM-CC Kontakt mit WG1 aufgenommen. Der Vorschlag lautete, die von
ICOM-CC langjährig bearbeiteten Definitionen zu übernehmen: „Conservation“ soll zukünftig der Dachbegriff für „preventive conservation“, „remedial conservation“ und „restoration“ sein. Andere Termini, wie etwa „curative conservation“ wären als Synonym von „remedial conservation“ ins
Abseits zu stellen. Der Vorschlag wurde von WG1 grundsätzlich akzeptiert.
Die Termini flossen in das Dokument „General Terms“ ein, das fristgemäß
zum 16. November 2008 bei CEN eingereicht wurde. CEN/TC 346 wird das
Manuskript als Norm-Entwurf voraussichtlich im Januar 2009 an die nationalen Spiegelausschüsse zur Kommentierung und Abstimmung versenden. In Deutschland wird dieser Norm-Entwurf vom DIN für Stellungnahmen der Öffentlichkeit mit einer Fristsetzung von fünf Monaten in
deutscher Sprache publiziert. Die für weite Fachkreise akzeptable deutsche
Übersetzung der englischen Termini wird eine große Herausforderung sein.
2.
3.
4.
Zwischenbilanz
Normen haben u. a. das Ziel, technische Aspekte zu definieren und zu vereinheitlichen. Bei der Erhaltung des kulturellen Erbes sind Normen zunächst nur schwer vorstellbar, weil es sich dabei nicht nur um technische
Aspekte handelt. Deshalb wird immer wieder die Frage gestellt, ob Normung überhaupt auf dieses Gebiet angewendet werden kann. Eine Antwort darauf möchten wir mit dieser Zwischenbilanz geben.
1. Das Ziel von CEN/TC 346 besteht in der Schaffung von Normen, mit
denen die fachlichen Methoden im Bereich der Erhaltung des kulturellen Erbes in Europa harmonisiert und vereinheitlicht werden. Gemessen an diesem Anspruch fällt die Zwischenbilanz zur Arbeit von
16
5.
CEN/TC 346 gemischt aus: Fünf von sechs der bisher veröffentlichten
Norm-Entwürfe (E DIN EN 15758, und E DIN EN 15801-03) betreffen
thematisch eng gefasste Mess- oder Prüfmethoden beziehungsweise
Vorgaben für Temperatur und relative Feuchte (E DIN EN 15757); ihr
Gegenstand ist relativ eindeutig als Norm beschreibbar. Deshalb ist für
diese fünf Norm-Entwürfe bei den Endabstimmungen mit ihrer Annahme zu rechnen. Die sogenannte ,Kirchenheizungsrichtlinie‘ dagegen (E DIN EN 15759) hat einen viel umfassenderen Gegenstand zum
Inhalt, bei dem die kritische Frage gestellt wurde, wie denn eine einzige ,Kirchenheizungsrichtlinie‘ die Besonderheiten aller europäischen
Länder berücksichtigen könne? Die federführende WG4 versuchte diesen Einwand durch Etablierung eines Algorithmus für die Spezifikation
und Kontrolle des Raumklimas zu entkräften. Dennoch kam es in den
nationalen Anhörungen zu kontroversen Debatten und zu zahlreichen
Einsprüchen – allein in Deutschland über einhundert. Im Ergebnis läuft
dieser Norm-Entwurf Gefahr, bei der Endabstimmung nicht die erforderliche Mehrheit zu erreichen.
Bei dem Arbeitsgebiet von WG5 (Transport und Verpackung) ist in den
kommenden beiden Jahren mit Norm-Entwürfen zu rechnen. Diese
beiden Themen werden im Leihverkehr eine bedeutende Rolle spielen.
Entsprechend groß ist das Interesse der Versicherungswirtschaft und
der Transportunternehmen, bei der Normung mitzuarbeiten.
Allgemein wurde häufig die Befürchtung geäußert, dass die Norm-Entwürfe an der Praxis vorbei entwickelt würden und sie deshalb keine
Chance auf praktische Anwendung hätten. Dieser Befürchtung kann
am besten dadurch begegnet werden, dass tatsächlich möglichst alle
interessierten Kreise an der Arbeit des deutschen Spiegelausschusses
beteiligt werden, und dass sich deutsche Experten in den europäischen
Arbeitsgruppen engagieren. Die Verankerung in der Praxis wird dadurch
verstärkt, dass die Experten in ihrer jeweiligen Branche gut vernetzt
sind; sie können somit als Sprecher ihres jeweiligen Fachgebietes stellvertretend für weitaus breitere Kreise gesehen werden.
Speziell von Restauratoren wurde gegenüber CEN/TC 346 kritisch angemerkt, ob durch die Normungsarbeit die wissenschaftlich fundierte,
objektspezifische Vorgehensweise der Restauratoren eingeschränkt
werden solle. Es gibt jedoch momentan keinerlei Tendenz zur Normung
der restauratorischen Behandlungsmethoden innerhalb von CEN/TC
346, auch wenn die offizielle Bezeichnung von WG3 “Evaluation of methods and products for conservation works” scheinbar eine andere
Sprache spricht. Aus restauratorischer Sicht würde dem auch sicher –
nicht nur in Deutschland – deutlich entgegen getreten werden: Restriktive Pauschallösungen wird es nicht geben, da dies die Komplexität der Objekte oder Ensembles nicht zulässt.
Bei Betrachtung aller bisher im CEN/TC 346 angefangenen Normungsprojekte fällt auf, dass ein roter Faden nur schwer zu erkennen ist. Das
erleichtert es Kritikern sehr, den Sinn des gesamten Normungsvorhabens in Zweifel zu ziehen. Deshalb wurde als wichtiges Steuerungsinstrument für den Gesamtprozess von CEN/TC 346 die Erarbeitung eines
Rahmenwerks („Matrix“ oder „Framework“) vorgeschlagen. Die Matrix soll zu einer Koordinierung der fünf Arbeitsgruppen von CEN/TC
346 und damit zu einer effizienteren Arbeitsweise führen und einen
Überblick über die noch fehlenden Arbeitsfelder bieten. Dieser Vorschlag wurde von mehreren Ländern (Frankreich, Norwegen, Großbritannien) unterstützt und wird von Deutschland aus gemeinsam mit den
Delegierten aus Großbritannien und Estland vorangetrieben.
Die bisherige Arbeit im deutschen Spiegelausschuss hat gezeigt, dass
auf die europäische Normungsarbeit von CEN/TC 346 mehrfach entscheidend Einfluss genommen werden kann:
Standards zur Erhaltung von Kunst- und Kulturgut
– Der bedeutendste Einfluss besteht in der Etablierung des am DIN geführten deutschen Spiegelauschusses, weil nur über ihn alle Beteiligungsrechte bei CEN/TC 346 gegeben sind.
– Dies ermöglicht die Entsendung von deutschen Experten in die fünf
Working Groups, wo der Inhalt von Norm-Entwürfen ab der Entstehungsphase am leichtesten mit gestaltet .wird. Das ist ein sehr entscheidender Punkt bei der konkreten Normungsarbeit.
– Das von CEN/TC 346 frei gegebene Manuskript wird als Norm-Entwurf
von den Mitgliedsländern abgestimmt. In Deutschland erfolgt dieses
Votum im nationalen Spiegelausschuss. Die von CEN/TC 346 angenommenen Stellungnahmen fließen in ein neues Manuskript ein, das
in einer Schlussabstimmung von den Mitgliedsländern abgestimmt
wird. Das Beispiel der sog. ,Kirchenheizungsrichtlinie' zeigt, dass auch
die Ablehnung eines Norm-Entwurfes möglich erscheint, wenn sein
Inhalt zu wenig Übereinstimmung mit der fachlichen Meinung der
interessierten Kreise zeigt.
Literatur
CEN/TC 346 (2007)
CEN/TC 346 N. 51 (internes Dokument): CEN/TC 346 Business Plan and
approved resolution by correspondence N 30/2007, Date: 2007-03-29.
de Guichen (2007)
G. de Guichen, Forbes Prize Lecture in: Studies in Conservation 52, 2007,
S. 69 – 73.
Im Jahr 2004 wurde ein Normungsprozess begonnen, der aufgrund des
potentiell unendlichen Gegenstandes von CEN/TC 346 erst nach und nach
in seiner ganzen Komplexität in Erscheinung tritt. Finanzierung und Interesse vorausgesetzt, kann uns dieses Thema noch viele Jahre beschäftigen!
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte die Autoren oder die
Website des Europäischen Normungsinstituts www.cen.eu, wo sie unter
„Standards under development“ eine Liste der von CEN angenommenen
Projekte mit ihrem aktuellen Bearbeitungsstatus finden.
1 CEN/TC 346 (2007).
2 Stand November 2008.
3 Deshalb spricht man bei dieser speziellen Normungsarbeit von einer sog.
‚Horizontalnorm’.
4 de Guichen (2007)
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schiedlich verstanden werden können. Das Hauptziel ist daher, in der
Arbeitssprache Englisch in sich stimmige Definitionen zu erstellen, zunächst in der Arbeitssprache Englisch. Für die Stellungnahmen der Öffentlichkeit wird der Norm-Entwurf zur Terminologie dann in die jeweilige
europäische Sprache übertragen vor. Es hat sich bei den Diskussionen im
deutschen Spiegelausschuss relativ bald gezeigt, dass WG1 auch für die
Konsistenz der Begrifflichkeiten innerhalb des gesamten Normungsprojekts CEN/TC 346 Sorge tragen sollte, denn es gilt immer wieder sicherzustellen, dass ein und derselbe Begriff von allen WGs auch gleichlautend
definiert und angewandt wird.3 Diese WG-übergreifende Arbeitsweise hat
Deutschland überzeugend einbringen können, und ein entsprechender
Antrag im Plenum von CEN/TC 346 hatte Erfolg.
Die WG1 bearbeitet derzeit insgesamt fünf Projekte: drei zur Terminologie (General terms, Glossary of damage, List of materials), zwei zu
Allgemeinen Richtlinien (Condition survey of immovable heritage, Condition report of movable heritage). Am weitesten gediehen ist das Projekt
„General Terms“, für das zunächst eine begrenzte Zahl an allgemeinen Begriffen der Restaurierung/Konservierung auszuwählen war. Ein Vorschlag
Großbritanniens führte zu einer inhaltlich geordneten und hierarchisierten
Liste der rund 50 bis auf weiteres nur alphabetisch sortierten Termini, die
bei „A.0 cultural heritage“ beginnt und bei „E.5.1 renovation“ endet. Ein
gewichtiger Vorschlag zur Terminologie zentraler Begriffe der Restaurierung/Konservierung kam vom ICOM-CC, das Liaison-Status bei CEN hat:
ICOM-CC hat sich seit längerem und völlig unabhängig von CEN/TC 346
mit der Klärung der häufig verwirrenden Vielfalt gerade zentraler Begriffe
der Restaurierung wie „conservation“ und „preservation“ beschäftigt. Gaël
de Guichen hat diese Vielfalt eindrucksvoll in seiner Forbes Prize Lecture
auf dem IIC-Kongress 2006 in München demonstriert.4 Um zu verhindern,
dass an zwei Stellen unterschiedliche Begriffsdefinitionen entstehen, hat
ICOM-CC Kontakt mit WG1 aufgenommen. Der Vorschlag lautete, die von
ICOM-CC langjährig bearbeiteten Definitionen zu übernehmen: „Conservation“ soll zukünftig der Dachbegriff für „preventive conservation“, „remedial conservation“ und „restoration“ sein. Andere Termini, wie etwa „curative conservation“ wären als Synonym von „remedial conservation“ ins
Abseits zu stellen. Der Vorschlag wurde von WG1 grundsätzlich akzeptiert.
Die Termini flossen in das Dokument „General Terms“ ein, das fristgemäß
zum 16. November 2008 bei CEN eingereicht wurde. CEN/TC 346 wird das
Manuskript als Norm-Entwurf voraussichtlich im Januar 2009 an die nationalen Spiegelausschüsse zur Kommentierung und Abstimmung versenden. In Deutschland wird dieser Norm-Entwurf vom DIN für Stellungnahmen der Öffentlichkeit mit einer Fristsetzung von fünf Monaten in
deutscher Sprache publiziert. Die für weite Fachkreise akzeptable deutsche
Übersetzung der englischen Termini wird eine große Herausforderung sein.
2.
3.
4.
Zwischenbilanz
Normen haben u. a. das Ziel, technische Aspekte zu definieren und zu vereinheitlichen. Bei der Erhaltung des kulturellen Erbes sind Normen zunächst nur schwer vorstellbar, weil es sich dabei nicht nur um technische
Aspekte handelt. Deshalb wird immer wieder die Frage gestellt, ob Normung überhaupt auf dieses Gebiet angewendet werden kann. Eine Antwort darauf möchten wir mit dieser Zwischenbilanz geben.
1. Das Ziel von CEN/TC 346 besteht in der Schaffung von Normen, mit
denen die fachlichen Methoden im Bereich der Erhaltung des kulturellen Erbes in Europa harmonisiert und vereinheitlicht werden. Gemessen an diesem Anspruch fällt die Zwischenbilanz zur Arbeit von
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5.
CEN/TC 346 gemischt aus: Fünf von sechs der bisher veröffentlichten
Norm-Entwürfe (E DIN EN 15758, und E DIN EN 15801-03) betreffen
thematisch eng gefasste Mess- oder Prüfmethoden beziehungsweise
Vorgaben für Temperatur und relative Feuchte (E DIN EN 15757); ihr
Gegenstand ist relativ eindeutig als Norm beschreibbar. Deshalb ist für
diese fünf Norm-Entwürfe bei den Endabstimmungen mit ihrer Annahme zu rechnen. Die sogenannte ,Kirchenheizungsrichtlinie‘ dagegen (E DIN EN 15759) hat einen viel umfassenderen Gegenstand zum
Inhalt, bei dem die kritische Frage gestellt wurde, wie denn eine einzige ,Kirchenheizungsrichtlinie‘ die Besonderheiten aller europäischen
Länder berücksichtigen könne? Die federführende WG4 versuchte diesen Einwand durch Etablierung eines Algorithmus für die Spezifikation
und Kontrolle des Raumklimas zu entkräften. Dennoch kam es in den
nationalen Anhörungen zu kontroversen Debatten und zu zahlreichen
Einsprüchen – allein in Deutschland über einhundert. Im Ergebnis läuft
dieser Norm-Entwurf Gefahr, bei der Endabstimmung nicht die erforderliche Mehrheit zu erreichen.
Bei dem Arbeitsgebiet von WG5 (Transport und Verpackung) ist in den
kommenden beiden Jahren mit Norm-Entwürfen zu rechnen. Diese
beiden Themen werden im Leihverkehr eine bedeutende Rolle spielen.
Entsprechend groß ist das Interesse der Versicherungswirtschaft und
der Transportunternehmen, bei der Normung mitzuarbeiten.
Allgemein wurde häufig die Befürchtung geäußert, dass die Norm-Entwürfe an der Praxis vorbei entwickelt würden und sie deshalb keine
Chance auf praktische Anwendung hätten. Dieser Befürchtung kann
am besten dadurch begegnet werden, dass tatsächlich möglichst alle
interessierten Kreise an der Arbeit des deutschen Spiegelausschusses
beteiligt werden, und dass sich deutsche Experten in den europäischen
Arbeitsgruppen engagieren. Die Verankerung in der Praxis wird dadurch
verstärkt, dass die Experten in ihrer jeweiligen Branche gut vernetzt
sind; sie können somit als Sprecher ihres jeweiligen Fachgebietes stellvertretend für weitaus breitere Kreise gesehen werden.
Speziell von Restauratoren wurde gegenüber CEN/TC 346 kritisch angemerkt, ob durch die Normungsarbeit die wissenschaftlich fundierte,
objektspezifische Vorgehensweise der Restauratoren eingeschränkt
werden solle. Es gibt jedoch momentan keinerlei Tendenz zur Normung
der restauratorischen Behandlungsmethoden innerhalb von CEN/TC
346, auch wenn die offizielle Bezeichnung von WG3 “Evaluation of methods and products for conservation works” scheinbar eine andere
Sprache spricht. Aus restauratorischer Sicht würde dem auch sicher –
nicht nur in Deutschland – deutlich entgegen getreten werden: Restriktive Pauschallösungen wird es nicht geben, da dies die Komplexität der Objekte oder Ensembles nicht zulässt.
Bei Betrachtung aller bisher im CEN/TC 346 angefangenen Normungsprojekte fällt auf, dass ein roter Faden nur schwer zu erkennen ist. Das
erleichtert es Kritikern sehr, den Sinn des gesamten Normungsvorhabens in Zweifel zu ziehen. Deshalb wurde als wichtiges Steuerungsinstrument für den Gesamtprozess von CEN/TC 346 die Erarbeitung eines
Rahmenwerks („Matrix“ oder „Framework“) vorgeschlagen. Die Matrix soll zu einer Koordinierung der fünf Arbeitsgruppen von CEN/TC
346 und damit zu einer effizienteren Arbeitsweise führen und einen
Überblick über die noch fehlenden Arbeitsfelder bieten. Dieser Vorschlag wurde von mehreren Ländern (Frankreich, Norwegen, Großbritannien) unterstützt und wird von Deutschland aus gemeinsam mit den
Delegierten aus Großbritannien und Estland vorangetrieben.
Die bisherige Arbeit im deutschen Spiegelausschuss hat gezeigt, dass
auf die europäische Normungsarbeit von CEN/TC 346 mehrfach entscheidend Einfluss genommen werden kann:
Standards zur Erhaltung von Kunst- und Kulturgut
– Der bedeutendste Einfluss besteht in der Etablierung des am DIN geführten deutschen Spiegelauschusses, weil nur über ihn alle Beteiligungsrechte bei CEN/TC 346 gegeben sind.
– Dies ermöglicht die Entsendung von deutschen Experten in die fünf
Working Groups, wo der Inhalt von Norm-Entwürfen ab der Entstehungsphase am leichtesten mit gestaltet .wird. Das ist ein sehr entscheidender Punkt bei der konkreten Normungsarbeit.
– Das von CEN/TC 346 frei gegebene Manuskript wird als Norm-Entwurf
von den Mitgliedsländern abgestimmt. In Deutschland erfolgt dieses
Votum im nationalen Spiegelausschuss. Die von CEN/TC 346 angenommenen Stellungnahmen fließen in ein neues Manuskript ein, das
in einer Schlussabstimmung von den Mitgliedsländern abgestimmt
wird. Das Beispiel der sog. ,Kirchenheizungsrichtlinie' zeigt, dass auch
die Ablehnung eines Norm-Entwurfes möglich erscheint, wenn sein
Inhalt zu wenig Übereinstimmung mit der fachlichen Meinung der
interessierten Kreise zeigt.
Literatur
CEN/TC 346 (2007)
CEN/TC 346 N. 51 (internes Dokument): CEN/TC 346 Business Plan and
approved resolution by correspondence N 30/2007, Date: 2007-03-29.
de Guichen (2007)
G. de Guichen, Forbes Prize Lecture in: Studies in Conservation 52, 2007,
S. 69 – 73.
Im Jahr 2004 wurde ein Normungsprozess begonnen, der aufgrund des
potentiell unendlichen Gegenstandes von CEN/TC 346 erst nach und nach
in seiner ganzen Komplexität in Erscheinung tritt. Finanzierung und Interesse vorausgesetzt, kann uns dieses Thema noch viele Jahre beschäftigen!
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte die Autoren oder die
Website des Europäischen Normungsinstituts www.cen.eu, wo sie unter
„Standards under development“ eine Liste der von CEN angenommenen
Projekte mit ihrem aktuellen Bearbeitungsstatus finden.
1 CEN/TC 346 (2007).
2 Stand November 2008.
3 Deshalb spricht man bei dieser speziellen Normungsarbeit von einer sog.
‚Horizontalnorm’.
4 de Guichen (2007)
Einheitsbrei oder ...?
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