ContraSalon No. 01
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ContraSalon No. 01
ContraSalon Dipl.-Ing. Jürgen Wahl ☼ Mein politischer Privatbrief No 1 – 15.1. 2011 wie helmut kohl e-autos plante und scheiterte + auch tognum-werke stoppen brennstoffzellen + wie der adac das 'auto der zukunft' fand + thomas jansen zur lage in italien + klima-krach in der fdp + die vorbilder der wdrintendantin monika piel + wie der 'polnische spiegel' baron guttenberg sieht ----------------------------------------------------------------------------------------- Zähe alte Lügen, von Professoren-Genossen abgesegnet Seit dem Brandt-Kniefall-Jubiläum 7.12. suchen Teile der SPD die Deutungshoheit über die deutsche Ostpolitik zurück zu gewinnen und verleumden wieder Helmut Kohl Zwei Ereignisse haben im Dezember 2010 und über den Jahreswechsel hinaus dazu beigetragen, alte und uralte Lügen aus der jüngeren deutschen Zeitgeschichte kräftig zu beleben. Im ersten Fall geht es um Willy Brandts Ostpolitik und besonders um seine Haltung zu Polen. Im zweiten Fall sorgte die von Joschka Fischer veranlasste Untersuchung der AA-Geschichte seit 1933 für Proteste, begleitet von Beweisen für unwissenschaftliches Arbeiten der Verfasser von "Das Amt" und erfolglosen Beschwerden gegen die Fischer-Crew. Verfälschte und unwahre Geschichten über Brandts Polen-Politik... ◙ Brandt habe für die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze gesorgt und damit dem Frieden gedient. Der mit Recht renommierte ZDF-Moderator Klaus Clever irrte, Brandt habe die Grenze 1970 "endgültig anerkannt". Falsch. Am Tag nach der Ratifizierung der Ostverträge im Bundestag (1972) wurde dort einmütig erklärt, eine völkerrechtlich wirksame Anerkennung der Ostgrenze habe nicht stattgefunden. Folglich und logisch wurde nach dem Fall der Mauer 1989 rasch von BK Kohl verlangt, diese Grenze "endlich" anzuerkennen. ◙ Brandt habe anlässlich seines Polen-Besuchs im Dezember 1985 Lech Walesa sehen wollen, dies habe aber nicht geklappt. Mir sagte Walesa, weder er noch die Führung der Solidarność hätten Brandt sehen wollen, wenn er nicht zuvor das Wirken der Volksbewegung voll anerkenne. ► Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) hat ein Buch ('Versöhnung und Politik') herausgebracht, in welchem der Brandt-Besuch von 1985 in mehrfacher Hinsicht grob falsch und lückenhaft dargestellt wird. Wahr ist, dass sich die Solidarność nach dem Besuch von der SPD ganz distanzierte und Versöhnungsversuche aus Bonn stecken blieben. ◙ Parallel zu plump geschönten TV-Medienbeiträgen über Brandts Ostpolitik wurden seit Anfang Dezember 2010 die bekannten Lügen über Helmut Kohl wiederholt: 1. er habe die Anerkennung der Ostgrenze 1989 und auch später nicht gewollt oder "immer wieder gezögert". 2. die Westmächte hätten Kohl drängen müssen. Wahr ist 1., dass Kohl seit 1983 Seiten voll Einseitigkeiten und Unwahrheiten: dreimal vom polnischen Auslandsnachrichtendienst 425 Von der Friedrich- Ebert- Stiftung 2010 abgesegals Politiker zitiert wurde, der sowohl CDU-intern wie netes Buch aus dem Dietz Verlag. Schon das in Gesprächen mit westlichen Politikern sagte, die Titelbild ist schräg: Johannes Paul II. unterstützte Ostgrenze "bleibt da wo sie ist, wenn Deutschland die polnische Opposition aktiv, Willy Brandt nicht seine Einheit wieder erreicht hat". 2. dass der Kohl-Berater Horst Teltschik Premier Mazowiecki im Namen von Kohl rechtzeitig versicherte, mit der Grenze werde es keinerlei Probleme geben, "wenn erst die polnische und die deutsche Volksvertretung zugestimmt haben". Und das ging nicht so rasch. - Alois Mertes informierte mich damals: "Der Kohl muss sonst fürchten, dass einer der rechten Scharfmacher nach Karlsruhe läuft und eine einstweilige Anordnung gegen die Grenzanerkennung erreicht." Weil Mazowiecki leider Teltschik misstraute, sprach der Premier 1990 die Grenzfrage diskret im Elysée an. Kohl regierte, sofort aus Paris informiert, sauer. Bis heute fehlt leider eine sehr wünschenswerte Aussöhnung Kohl-Mazowiecki. Dies bedauern in der EVP nicht wenige Parteiführer, z.B. in Wien und Brüssel. Nicht unerwartet wegen der Euro-Probleme wurde im Dezember 2010 auch die Lüge wiederholt, Bonn habe als "Preis für die Wiedervereinigung" vorher dem Euro zustimmen müssen, Paris habe dies verlangt. Falsch! Wahr ist, dass die Gemeinschaftswährung 1989 schon einige Jahre vorbereitet war (auch im Europäischen Parlament), ja dass sie 1988 beim deutschen EU-Gipfel in Hannover quasi abgehakt wurde mit dem Auftrag an Präsident Jacques Delors, die Arbeiten in der Kommission abzuschließen. Horst Teltschik: "Das einzige, was man sagen dürfte, wäre, dass die Abschlussarbeiten durch die Entwicklung in Deutschland rascher vorankamen." Jetzt zur Fischer-Aktion: Dass FAZ und andere Blätter seit Wochen durch Zuschriften die Schlampereien der Autoren von "Das Amt" deutlich machen, ist allein ein 'positiver Skandal'. Schlimm ist vor allem, dass sich jeden Tag neue Zeitzeugen melden, die erklären, dass die vier Autoren Zuschriften nie beantworteten, nicht einmal bestätigten. Inzwischen hat die FAZ derart viele Beweise für die Haltlosigkeit der Ausführungen der "Amt"-Autoren, dass sich ein Contra-Buch lohnen würde. Die FAZ blieb einmalig, kein anderes Blatt bewies mehr Fehler in dem Buch "Das Amt". Zeitlich fast parallel zeigte der Sender Phönix am 9.1.2011 einen alten und total irreführenden Film über das AA, der teilweise gefälschte DDR-Propaganda verwendete und sich auf einen Informanten (Reinhard Strecker, jetzt 80) stützte, den die Berliner SPD 1968 mit dem Vorwurf ausschloss, er arbeite für DDR-Propagandisten. Wir erleben auch den wegen der realen Medien-Situation leider Erfolg verheißenden Versuch, die Deutungshoheit über die gescheiterte linke Ostpolitik, für die schwache SPD zurück zu gewinnen und dabei auch noch Helmut Kohl kräftig zu verleumden. // Horst Teltschik schrieb kürzlich Freunden, er sei wieder zu Vorträgen unterwegs, weil sich Helmut Kohl aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr wehren könne. Eine Unzahl von Zeitzeugen, die ich noch kannte - von Krone über Barzel bis Wehner - lebt nicht mehr. Fälscher haben heute zunehmend freies Schussfeld, weil ihnen selten von Zeugen widersprochen wird. Ein schönes Beispiel: Im Buch der Ebert-Stiftung (FES) heißt es, Brandt hat 1985 in Warschau in der Deutschen Botschaft mit dem 'Vorsitzenden' des Warschauer 'Klubs der Katholischen Intelligenz' KIK) Andrzej Swięcicki, gesprochen, 'also' mit der Opposition. Wahr ist, dass der KIK diesen Mann längst abgelöst hatte, weil er sich dem Diktator General Jaruzelski als Berater zur Verfügung stellte. Wahr ist ferner, dass 1985 die noch illegale Führung der Solidarność ein Zusammentreffen mit Brandt ablehnte. Auch Mazowiecki wollte deshalb nicht. Er ging nur deshalb zu Brandt in die Botschaft, um den Standpunkt der echten Opposition zu vertreten. Am Abend des gleichen Tages gaben die polnischen Kommunisten im Schloss Jablonna einen Empfang für Brandt und Genossen. Dabei blieben alle Bischöfe ostentativ weg. Nur zwei Kleriker mussten anwesend sein, weil sie an einer Staatsuniversität lehrten. Die SPD hat sie jedoch als Kirchenvertreter bezeichnet. Einer, Prof. Juros, wehrte sich dagegen mit Leserbriefen. Die Schilderung im Buch der FES enthält weitere Verfälschungen, auf die ich aus Platzgründen noch nicht eingehen will. Ich war 1985 zum Brandt-Besuch in Warschau, verbrachte auch viele Stunden bei Mazowiecki, war bei dem erwähnten Jablonna-Empfang und informierte mich nach der Brandt-Abreise bei mehreren bekannten Oppositionspolitikern. ................................................................................................................................................... P.S. In eigener Sache: Das Verhalten der SPD gegenüber Polen habe ich jetzt in meinem Buch "Von Mazowiecki bis Tusk" (Solidarität europäischer Christdemokraten mit Polen) teilweise beschrieben. Dies war jedoch bei meiner Arbeit erst Nebenthema. Erst im Laufe von 2010 wurde klar, dass die SPD mit Hilfe geneigter Autoren Geschichtsverfälschung übte. KOMMT ELEKTROAUTO DER ÄRA KOHL WIEDER? WIE? WAS BITTE? Von Dr. Ing. Günter Keil, Bonn (gestraffter Auszug aus "Der Fluch der Technik" in NOVO-Argumente) Die von Berlin neu erweckte Begeisterung für Elektroautos lässt ein Déja-vu-Gefühl aufkommen: Da war doch schon mal was ? In der Tat führte zwischen 1992 und 1995 die damalige Regierung – begeistert befürwortet durch Forschungsminister Heinz Riesenhuber und Umweltministerin Angela Merkel einen großen Feldtest für Elektroautos auf Rügen durch. Und der damalige Innenminister Manfred Kanther formulierte forsch das Ziel, mindestens 10 Prozent aller neu zugelassenen KFZ sollten schon im Ziel-Jahr 2000 Elektroautos sein. Es kam schrecklich und natürlich ganz anders. Die weitgehend auf Erinnerungsschwäche beruhende neue Begeisterung für das alte Thema ignoriert weiterhin das Fehlen zuverlässiger und kostengünstiger Antriebsbatterien. Das ist seit etwa 100 Jahren der Fall, als sofort nach der Erfindung des Automobils auch der Elektroantrieb begann. Nach einigen Jahren hängte jedoch der Verbrennungsmotor, der seine Energie aus den mit Abstand besten Speichern holt – das sind flüssige Kohlenwasserstoffe - den E-Antrieb hoffnungslos ab. Seither arbeiten Generationen von Experten der physikalischen Chemie an der Verbesserung von Akkumulatoren. Doch die heutige erstaunliche Weiterentwicklung von Diesel- und Benzinmotoren hält den Vorsprung aufrecht. Man rechnet in wenigen Jahren mit einem Diesel der Golfklasse, der nur drei Liter pro 100 km braucht. // Wenn man die in 100 Jahren erfolgten gewaltigen Investitionen an Geist und Kapital in die Batterietechnik in Betracht zieht, wird klar, dass mit einem sensationellen Durchbruch bei Lebensdauer, Kältefestigkeit und Preis innerhalb weniger Jahre nicht zu rechnen ist. Soeben haben TÜV-Experten bewiesen, dass E-Autos durch lange Kälte auf halbe Batterieleistung abstürzten. Dennoch: Medienwirksame E-Auto-Aktivitäten der KFZ-Industrie behalten die Aufgabe, umweltfreundlich zu wirken. Kritische Stimmen stören und werden kaum gedruckt. Doch ein Experte wie Franz Fehrenbach, Chef der Bosch-Geschäftsführung, warnte, dass bis zu einer breiten Elektrifizierung "noch viel Zeit vergehen" werde und dass "alle, die etwas anderes behaupten, entweder den Stand der Technik nicht kennen oder verantwortungslos handeln.“ Und weiter: "Selbst noch 2015 müssen wir für einen ElektroGolf voraussichtlich mit 8000 bis 12000 Euro allein für die Batterie rechnen.“ Damit würde allein eine solche Lithium-Ionen-Batterie, die gerade einmal für eine 200 km-Reichweite gut sein könnte, mehr als ein Kleinwagen kosten und sie würde dazu, wie Bernd Bohr, ebenfalls Robert Bosch GmbH, betonte, "250 kg schwer sein.“ Und Christoph Huss von der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik betonte, wir dürften "nicht vergessen ... dass die technisch-physikalischen Grenzen elektrochemischer Energiespeicher nicht durch politische Sonntagsreden außer Kraft gesetzt werden können.“ Doch die Berliner Regierung verabschiedete einen "Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität“, der neben vernünftiger Forschungsförderung die finanziell katastrophalste und unwirksamste aller staatlichen Technikförderungen wiederholt, nämlich ein Markt-Anreizprogramm mit Zuschüssen für den Kauf noch unbrauchbarer Technik, an dem sich auch ausländische Billighersteller bereichern könnten, wie bei der Photovoltaik-Förderung nach dem EEG. 2020 soll es abermals eine Million EFahrzeuge geben - Pleitier Kanther lässt grüßen. Nichts beschreibt das Unvermögen der Planer besser als die neue Selbsttäuschung. Die Rache der Physik wird kommen. Und wieder bluten die Steuerzahler. Warum beschreibe ich den Vorgang eingehend? Weil der Leser aus den genannten Daten mit einer einfachen Rechnung das Scheitern der Pläne vorhersagen kann: Der Golf wird bereits um 2015 mit 1 kg bzw. 1 Liter Diesel 33 km weit fahren können. Das E-Auto mit dem Staatlich gefördert - doch "kaum für unsere Polizei" geeignet. Neue E-Autos in Rom Strom aus einem teuren Kilo Batteriegewicht aber nur 800 Meter. Das ist der Faktor 42. Im Winter ist die Dieselheizung gratis; im E-Auto sänke die ohnehin geringe Reichweite um mindestens ein Drittel. Da sind auch Stromkosten kein Trost: Selbst bei größter Subventionierung wird kaum jemand ein solches Vehikel freiwillig kaufen. Der konventionelle PKW besitzt also weiterhin einen uneinholbaren Vorsprung, und er wird bei Betankung mit Biosprit der 2. Generation sogar noch zu einem echten Umweltmobil. In der ferneren Zukunft wird auch die zurückgehende Ölförderung dem klassischen Verbrennungsmotor nicht schaden, da nach 2040 zunehmend synthetisches Benzin auf dem Markt sein wird, - produziert mit Hilfe der dann einsatzbereiten Hochtemperatur-Kernreaktoren (HTR), mit deren Prozesswärme Wasserstoff billig durch thermische Wasserspaltung erzeugt und in Kohle-Hydrierwerken zu Benzin umgewandelt wird. Diese geniale deutsche Erfindung ("Reaktoren der 3. Generation") ist jedoch durch deutsche Regierungen, z.B. in NRW, nach erfolgreicher Entwicklung eingemottet worden und wird jetzt in China und Japan zur Marktreife gebracht. Der deutsche AtomAusstieg garantiert, dass der beschriebene Sprit hierzulande nicht hergestellt werden darf. über E-Autos in Zeitungen Es gibt eben immer wieder deutsche Technologie-Entwick- Spott nimmt seit einiger Zeit kräftig zu. lungen, die erst gefördert, erfolgreich entwickelt, dann verhindert und schließlich der internationalen Konkurrenz überlassen werden - vom Transrapid bis zu Bau moderner Kernkraftwerke, der vor allem Frankreich weltweit immer mehr neue Aufträge bringt. Im Augenblick etwa dreißig. ERGÄNZUNGEN zum vorstehenden Text: @ Inzwischen gibt es Warnungen vor dem E-Auto-Optimismus auch in zwei renommierten deutschen Auto-Magazinen, im Fernsehen und in THs, die mit dem TÜV kooperieren. Interessant die Planung Israels: E-Autos sollen sein, aber gesetzlich in Mini-Territorien stationiert werden, wo sie nur bis 100 km maximal täglich fahren. Außerdem plant Israel dazu mehr als eine halbe Million E-Tankstellen. Der LKW-Verkehr soll dagegen mit Diesel laufen. @ Die Deutsche Reichspost unterhielt schon vor dem Krieg Elektro-Paketpost-Lastwagen, die innerstädtisch maximal 40 km tgl. fuhren und nachts mit verbilligtem Strom (durch NS-Planwirtschaft) aufgetankt wurden. Heute wird erwogen, Busse mittlerer Größe ähnlich einzusetzen. Bisher gelten sie aber als "praktisch unbezahlbar". @ Der süddeutsche Motorenbauer Tognum hat Ende 2010 seine Arbeit für die Entwicklung von Brennstoffzellen eingestellt: "Serienfertigung nicht rentabel möglich". Er folgt damit FORD und BMW. 60 Millionen € wurden bei Tognum in den Sand gesetzt. Interessant: Doch grüne Mitglieder der IG Metall protestierten und glauben weiter an "Öko-Motoren". @ Der SPIEGEL (2/2011) hat veröffentlicht, dass der ADAC (17 Mio Mitglieder) den Toyota Auris 1,8 Hybrid (3.8 Liter/100 km) zum "Auto der Zukunft" ernennt, ausgesucht aus 431 Autos, die keine erste Qualifikationshürde nahmen. Sämtliche schon existierenden E-Autos scheiterten schließlich an zentralen Akzeptanz-Kriterien. - Der gleiche ADAC veröffentlichte in seiner "Motorwelt" die These "Die Zeit drängt" und hofft, dass das von der Bundesregierung erhoffte E-Auto in zwei Jahren läuft. Mit einer Million Stück (abermals...), meint Umweltminister Norbert Röttgen. Berlin fördert in acht Projekt-Regionen Modell-Versuche mit zusammen 190 Mio € ___________________________________________________ In der nächsten Ausgabe wird es Lageberichte aus der Ukraine und aus Ungarn geben. Achten Sie auf die Straßburger Ungarn-Debatte am kommenden Montag ◄ Ukraine: Opposition verliert Boden, Kreml-Herrscher sind zufrieden. Thomas Jansen Die Normalität der Krise // Zur politischen Kultur Italiens Stark gekürzter Auszug aus der "Politischen Meinung" (Thomas Jansen war EVP-Generalsekretär und lebt jetzt in Triest) Italiens Parteienlandschaft hat sich zweimal radikal verändert. In der „ersten Republik“, seit Ende der 40er Jahre, dominierten die beiden großen Volksparteien der Christlichen Demokraten (als permanente Regierungspartei) und der Kommunisten (als permanente Oppositionspartei); eine Reihe kleinerer Parteien (Sozialdemokraten, Sozialisten, Republikaner Wieder einmal knapp im Parlament überlebt: Silvio Berlusconi und Liberalen) garantierten als Koalitionspartner der Democrazia Cristiana (CD) die – CDU und Centro Cristiano Democratico Mehrheit in der Mitte, während das neo-fa- CCD) orientierten. Aus der Kommunistischen schistische Movimento Sociale Italiano (MSI) Partei wurde die Partei der Linken (PDS), die vom „Verfassungsbogen“ ausgeschlossen allerdings im Zuge ihrer Umwidmung mehreblieb. re Abspaltungen am linken Rand ertragen Nach dem Zusammenbruch dieses Systems musste; mit dem Ergebnis, dass sich nun wurde zu Beginn der 90er Jahre ein neues links von der PDS einige kleine kommuniWahlrecht eingeführt, das die politischen stische, linkssozialistische und grünradikale Kräfte bei einer Reduzierung der Zahl der im Parteien tummelten, die sich durch SpaltunParlament vertretenen Parteien in zwei Lager gen auch noch vermehrten. Rechts von der teilen und den politischen Wettbewerb zwi- PDS befanden sich, mit einer Tendenz zur Mitte, neben der PPI verschiedene Gruppieschen diesen ermöglichen sollte. Die Bipolarität wurde erreicht. Nach einem rungen, die den vormaligen Radikaldemogewissen Hin und Herr einzelner politischer kraten, Sozialdemokraten, Republikanern Gruppen und Parteien, die sich ihres Ortes und Liberalen eine vorläufige Heimat boten; anfangs nicht sicher gewesen waren, stan- sie schlossen sich umfassenderen Mitteden sich schließlich ein rechtes und ein lin- Links-Koalitionen mit der PDS an und vereikes Lager in zunehmender Unversöhnlichkeit nigten sich schließlich zum Parteienbündnis gegenüber.Allerdings leistete das neue Wahl- Margherita. recht nicht die Übersichtlichkeit der Parteien- Im rechten Spektrum gründete Silvio Berluslandschaft durch Verringerung der Konkur- coni die Bewegung Forza Italia (FI), die eirenten, deren Proliferation bei Abwesenheit nen großen Teil der Wählerschaft vor allem eines Parteiengesetzes immer wieder von der DC, aber auch der anderen, mit ihr früpersönlichen oder ideologischen Ambitionen her verbündeten Parteien anzog. In der Koabeflügelt wurde. Die großen Parteien auf der lition mit der Lega Nord, der Alleanza NazioLinken und auf der Rechten boten allen nale (AN - Nachfolger der neo-faschistischen möglichen kleineren Gruppen Bündnisse an, MSI), und der Christlichen Demokraten um ihnen, in der Hoffnung auf eine Verbrei- (CDU und CCD) übernahm Berlusconi seit terung der eigenen Koalitionsmöglichkeiten 1994 im Wechsel mit Mitte-Links-Regieund unter Umgehung der vorgeschriebenen rungen unter Romano Prodi und Massimo Prozentklauseln, zu Parlamentssitzen zu D`Alema mehrfach Regierungsverantworverhelfen. Eine permissive parlamentarische tung. Geschäftsordnung führte sodann wieder zu Schließlich kam es im Oktober 2007, angeeiner Vielzahl von Fraktionen. sichts des spektakulären Scheiterns der ReSeitdem stellte sich die Parteienlandschaft gierung Prodi, der es mit einer unmöglichen zwar nicht vereinfacht, jedoch stark verän- Koalition aller Kräfte links von der Mitte unter dert dar: aus der Konkursmasse der DC ent- Einschluss der verschiedenen kommunisstanden mehrere kleine Parteien, die sich tischen Splittergruppen zu tun hatte, zur nach links (Partito Popolare Italiano - PPI) Gründung des Partito Democratico (PD), der im Wesentlichen die Margherita und die PDS oder nach rechts (Cristiani Democratici Uniti zusammenfasste. Aufgrund der in dem breiten Linksbündnis gemachten Erfahrungen beschloss ihr Gründer, Walter Veltroni, in Zukunft ohne Verbündete zur Wahl anzutreten. Das führte bei den folgenden Wahlen tatsächlich zu einem Ausschluss sämtlicher Splittergruppen links von der PD aus dem Parlament. Die turbulente Entwicklung der Parteienlandschaft hat im Laufe der beiden zurückliegenden Dekaden schließlich doch zu einer Vereinfachung durch eine starke Reduzierung der im Parlament vertretenen und in der politischen Debatte maßgebenden Parteien geführt. Denn die Konzentration im linken Lager provozierte rechts von der Mitte den Zusammenschluss von FI und AN im Popolo della Liberta (PdL), dem sich acht kleinere Formationen anschlossen. Als Koalitionspartner in der Regierung, die aus den Wahlen vom April 2008 hervorgegangen ist, steht dieser Formation die Lega unter Führung von Umberto Bossi zur Seite. Diese Koalition verfügt über eine außerordentlich breite Mehrheit, nachdem das im Jahre 2005 verabschiedete Wahlgesetz, der Partei, die die relative Mehrheit der Stimmen erhält, eine Prämie zuweist, die ihren Anteil an Mandaten auf 55% hochrechnet. In der Opposition befindet sich seit den letzten Wahlen neben der zur Zeit von Pierluigi Bersani geführten PD die Partei Italia dei Valori (Italien der Werte), 2004er Neugründung des ehemaligen Staatsanwalts Antonio di Pietro, die Fundamentalopposition treibt. Mit Ausnahme des PD, der seit seiner Gründung im Herbst 2007 bereits zweimal einen Führungswechsel ertragen musste, leben alle Parteien vornehmlich von ihren charismatischen Führern, deren Namen sie in ihrem Logo führen. Am weitesten treibt der PdL seine Abhängigkeit von seinem Führer, Silvio Berlusconi, ohne den es diese Partei nicht geben würde. Seine Existenz, seine Intuition, sein Wille und sein Erfolg sind ihre einzigen Inhalte. Tatsächlich gibt es im PdL keine demokratische Struktur, es gibt kein von den Gliederungen diskutiertes Programm, das der Partei eine Identität geben könnte. Die Willensbildung verläuft ausschließlich von oben nach unten. Die Lega, die zwar auch auf das Charisma ihres Führers, Umberto Bossi, setzen kann, ist demgegenüber eine wirkliche Partei mit einer flächendeckenden Organisation, die lokal und regional stark verwurzelt ist und Wert auf die Arbeit an der Basis und das Gespräch mit den Bürgern legt. Daraus bezieht sie ihre Kraft, die sich zunehmend in Wahlerfolgen im Norden des Landes nieder schlägt. Programmatisch setzt die Lega auf den Föderalismus, zunächst auf einen so genannten Steuer-Föderalismus, der dafür sorgen soll, dass das jeweilige SteuerAufkommen in der Region bleibt, in der es erwirtschaftet wird. Letztlich geht es ihr aber um eine weitestgehende politische Autonomie der Regionen. Damit trifft die Lega eine besonders im Norden des Landes populäre Abwehrhaltung gegen römischen Zentralismus, dessen Wirkung vielfach gleichgesetzt wird mit der Ausbeutung der entwickelten Regionen im Norden und ihrer fleißigen Bürger durch den unterentwickelten Süden. Die PD hat es noch nicht geschafft, ein überzeugendes Profil zu gewinnen. Sie leidet unter Identitätsproblemen. Die Integration ihrer Mitglieder und der führenden Persönlichkeiten, die aus sehr unterschiedlichen Richtungen kommen, ist letztlich noch nicht gelungen. Es gibt deshalb auch noch keine vereinbarte Programmatik Das wird mehr und mehr als Handicap empfunden, nachdem sich die Einsicht durchgesetzt hat, dass der Anti-Berlusconismus zwar Anhänger mobilisiert, aber darüber hinaus nicht weit trägt. Als einzige noch selbständig existierende Nachfolgepartei der DC bemüht sich die Unione di Centro (UDC), die sich unter der Führung von Pierferdinando Casini erfolgreich dem Werben Berlusconis, eine Verbindung mit der PdL einzugehen oder sogar in der PdL aufzugehen, entzogen hat, um einen Kurs der Mitte, der als Angebot für eine neue Politik für die Zeit nach Berlusconi verstanden sein will. Sie wird im Vorfeld von Regionalwahlen von rechts und von links als Koalitionspartner umworben und wählt ihre Positionierung jeweils nach der Persönlichkeit des Spitzenkandidaten und des von ihm vertretenen Programms. Auf diese Weise sichert sie sich eine gewisse Präsenz mit einem entsprechenden Einfluss im Lande. Das stärkt ihre selbst gewählte, relativ schwache Rolle als Einzelgänger in einem bipolaren System, das auf Konfrontation ausgerichtet ist. Mit dieser Entwicklung einhergegangen ist eine außerordentliche Verarmung des innerparteilichen Gesprächs und eine Verrohung der Auseinandersetzung zwischen den Parteien. Nicht die Probleme des Landes oder die Projekte zu ihrer Lösung stehen auf der Tagesordnung der politischen Debatte, sondern tatsächliche oder vermeintliche Skandale. Das Klima ist vergiftet, wozu die durchweg parteiliche Presse und insbesondere das überwiegend mediokre Fernsehen durch vergröbernde Berichterstattung und eine große Zahl von scharfmacherischen Talkshows erheblich beiträgt. Und wenn es auch nicht einfach ist, im Einzelfall auszumachen, wer die Schuld an dieser oder jener Polemik und Schlammschlacht trägt, so ist doch zweifellos Berlusconi der Hauptverantwortliche für dieses Desaster, das zur Entleerung der Demokratie führt Bemerkenswert ist, dass die innerparteiliche Rebellion gegen den Berlusconismus nicht von den ehemaligen Christlichen Demokraten, Sozialisten oder Liberalen ausgeht, die nach dem Zusam-menbruch des Systems der „ersten Republik“ in Berlusconis Forza Italia geflüchtet waren, sondern von dem einst geächteten Führer der ehemaligen Postfaschisten Gianfranco Fini, der sich nun, angesichts der problematischen Verhaltensweisen des Regierungschefs, als Garant der Rechtsstaat-lichkeit, der politischen Ethik und der Demokratie hervortut. Er hatte sich noch im Jahre 2008 darauf eingelassen, der Fusion seiner Alleanza Nazionale mit Forza Italia zuzustimmen. Das eröffnete ihm immerhin die Aussicht auf die Nachfolge an der Spitze der aus dieser Fusion hervorgegangenen neuen Partei nach Abgang des um fünfzehn Jahre älteren Berlusconi. Gleichzeitig dokumentierte er damit endgültig den Bruch mit der faschistischen Vergangenheit. Gleichzeitig ermöglichte ihm die Mitgliedschaft in der Europäischen Volkspartei den Anschluss an den demokratischen Mainstream. den Im Zusammengehen mit Berlusconi in der gemeinsamen Partei wird Fini schon bald erfahren haben, dass dort wenig Raum für ein demokratisches Leben, Dialog und Mitgestaltung vorhanden war. Als Präsident der Abgeordnetenkammer ist er zudem darauf verpflichtet, den Respekt vor den demokratischen und parlamentarischen Rechten und Regeln einzufordern, wozu der Regierungschef ihm reichlich Anlässe gegeben hat. Das trug Fini zunehmend die Anerkennung der Opposition und der regierungskritischen Öffentlichkeit ein, während die Entfremdung von der Führung seiner eigenen Partei zunahm und schließlich zum Bruch führte, als Berlusconi ihn aus der gemeinsam gegründeten Partei ausschloss. Die seit einigen Monaten zu beobachtende Gründung einer beträchtlichen Zahl von Stiftungen, Diskussionszentren und Vereinigungen innerhalb oder am Rande der Parteien deutet darauf hin, die sich im Laufe der „zweiten Republik“ herausgebildet hat, die demokratischen Reflexe und die Bereitschaft zur Partizipation und Mitgestaltung nicht zum Erliegen gebracht wurde. Die Stiftungen von Gianfranco Fini („FareFuturo“) und dem früheren Ministerpräsidenten, Außenminister und Parteichef der Linken, Massimo D`Alema (“ItalianiEuropei”) haben mit ihren Veranstaltungen zunehmend den politischen Diskurs beleben können. An diesen Foren beteiligen sich auch namhafte Intellektuelle und Vertreter der Zivilgesellschaft, die sich auch unabhängig davon mehr und mehr zu Wort melden, um die Gefahr eines Abgleitens in ein unwürdiges Polittheater, in dem sich alles um Skandale dreht, zu geißeln und die Auseinandersetzung mit den konkreten Problemen des Landes anzumahnen. NAMEN SIND NACHRICHTEN ♦ Heide-Marie Rasch, Vorsitzende der FDP-Fraktion im Kreistag von Nordfriesland und schon seit 2009 bekannt als Gegnerin der Berliner Klimapolitik, hat einen sieben Seiten langen ätzenden und materialreichen Brief an den FDP-Bundestagsabgeordneten Michael Rasch geschickt und ins Internet gestellt: http:libertaer.wordpress.com. Mit Parteifreunden nennt sie Rasch, der Umweltsprecher seiner Fraktion ist, einen kompletten Ignoranten ohne jede naturwissenschaftlich-technische Bildung. Rasch macht - wie schon früher - Ausführungen, aus denen man eine breite fachliche "Anbindung" bei Wissenschaft und Wirtschaft ersehen kann. Ich werde noch kurz auf ihre Hauptthesen eingehen und empfehle lieber das Internet. ♦ Peter Altmaier MdB, Präsident der Europa Union Deutschlands,(EUD) hofft, dass sich mehr als nur die Mitglieder seines Verbandes an der Erarbeitung eines neues EUD-Grund- satzprgramms beteiligen. Es soll in zwei Jahren fertig sein, was viele Mitglieder angesichts der steigenden Anti-Euro-Stimmung für zu spät halten. Ich bin gespannt, ob sich CDU. SPD und FDP, die alle drei über Jahrzehnte hinweg die EUD unterstützten, deutlich erklären, vor allem auch Angela Merkel. Am 3. Februar findet in Düsseldorf ein Bürgerforum der EUD statt. Anmeldung: [email protected] ♦ Karl-Theodor zu Guttenberg löst Fernwirkung an der Weichsel aus, weil Journalisten in Berlin den Überblick verlieren. Der "polnische SPIEGEL", das Magazin WPROST. "Wenn es kein Erdbeben gibt, wird Guttenberg zum ersten Bundeskanzler aus Bayern gewählt." Die "Nachricht" hat den gleichen Wert wie jene vom 11.1., in der es hieß, nur Norbert Röttgen und Guttenberg hätten eine Nachfolge-Chance, wenn Angela Merkel im 7-Wahlen-Jahr zu Fall komme. ♦ Ralf Stegner, SPD-Vorturner in Kiel, will nicht nur einen Linksruck der SPD fördern: "Wir müssen in Ländern wie NRW die Linkspartei an uns drücken und später mit ihr fusionieren." ENERGIEUMWELTKLIMAKERNKRAFTUMWELTKERNKRAFTKKLIM @ Anlässlich von Wochen ohne Strom aus Deutschlands schneebedeckten Solardächern machten Wissenschaftspublizisten auf eine vergessene UN-Studie aufmerksam, in der es vor zwanzig Jahren hieß: "Diese Installationen ("Solar-Ziegel" auf Dächern) sind für Länder nördlich der Alpen ungeeignet, in denen an mehr als 30 Tagen Schnee liegen kann." @ Krach aus ungewohnter Ecke: Der "Bund für Umwelt und Naturschutz" (BUND) hält CO2-Endlager für "zu teuer" und sogar für "umweltgefährdend". So BUND-Sprecher Robert Pörschmann. Doch mehrere deutsche Energie-Unternehmen "forschen" für solche Lager gegen Proteste immer weiter mit Hilfe von Steuergeldern. Ein RWE-Mann, der nicht genannt werden will: "Müssen wir, sagen unsere PR-Experten. Forschung löst ja immer Beifall aus." Gehe die Sache schief, habe man "jedenfalls geforscht". Bravo für BUND! @ Polen hat seine Beschwerden gegen den Brüsseler "Emissionshandel" intensiviert und stützt sich dabei auch auf den großen SPIEGEL-Report "Handel mit heißer Luft" im Dezember 2010. Premier Tusk liegt ein Bericht vor, der für die Branchen Papier, Chemie und Zement riesige Kostensteigerungen für den Fall enthält, dass sich Polen der EUUmweltpolitik anschließt. Tusk hat in sechs EU-Ländern Gespräche über gemeinsames Vorgehen angestoßen. MEDIEN ۞ Ein Kollege war dabei, als Wolfgang Schäuble im Dezember seinen Sprecher "abkanzelte" (BILD). Zahlreiche Kollegen hätten zu Lasten des Gescholtenen "wie Hyänen gewiehert". Niemand habe Schäuble kritisiert. "Doch zwei Stunden später wurden schon Redaktionsbefehle befolgt, wurde auch Schäubles Rücktritt empfohlen." ۞ Monika Piel, WDR-Intendantin und neuerdings ARD-Vorsitzende, klärte Besucher darüber auf, dass die Deutschen sich immer mehr von TV-Auslandsberichten abwenden. "Die Quoten halbieren sich, wenn wir aus fernen Ländern berichten. Und die Konkurrenz bei PHÖNIX hatte 2010 ihre Rekordquoten mit Übertragungen vom Stuttgart-21-Palaver." Piel sagte Besuchern auch noch, wen sie in ihrem Job als Vorbilder sieht: "Gisela Marx, Werner Höfer und Hans-Jochim Friedrichs." Keiner von diesen stand je der Union nahe, Gisela Marx war sogar radikal links und fand Johannes Rau als zu gemäßigt. ۞ Die Chefredakteure der Zeitungen des Verlags DuMont Schauberg distanzierten sich nach "Anregungen" aus dem Büro von Altverleger Neven DuMont "mit harschen Worten" ("Medienwoche") von dessen Sohn Konstantin, als der Alte denselben öfentlich fallen ließ. ====================================================================== Jürgen Wahl, Seibachstraße 6 + 53343 WACHTBERG Tel. 0228 – 324381 // e -mail: [email protected] Deine / Ihre Spende deckt Kosten bitte auf mein Konto 101403017 bei der Volksbank Wachtberg, Bankleitzahl 37069805