TEST nEuhEiTEn-DuEll
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> neuheiten-Duell TEST 42 | FREERIDE 4|13 Schlagabtausch Downhiller: Rose gegen Kona Superenduros: Trek gegen Scott Downhiller: Radon gegen GT Neue Bikes braucht das Land! Wir haben uns die spannendsten Räder der Eurobike-Messe geschnappt und zum ultimativen Schlagabtausch gegeneinander antreten lassen. Lest hier, wer sich die blutige Nase holte und wer die Arme nach oben reißen durfte. Fotos: Daniel Simon (Bike & Details) Ale di Lullo (Action) FREERIDE 4|13 | 43 > neuheiten-Duell: Downhiller Django gegen Aggy 2.0 Deutschland gegen Kanada, Versender gegen Kultmarke! Versender Rose konstruierte mit „The Unchained“ ein komplett neues Big Bike. Und Kona schneiderte den Rahmen seines bewährten „Operator“ für 2014 aus Carbon. Wer gewinnt den Schlagabtausch? Ihr werdet es gleich wissen. Text: Laurin Lehner In der einen Ecke des Rings: ein Neuling, das Big Bike vom deutschen Direktversender Rose mit dem abenteuerlichen Namen: „The Unchained“. Damit verabschiedet sich Rose von seinem Kassenschlager „Beefcake“ mit den geraden Rohren und dem etwas old-schoolig anmutenden Rahmen. Die Neuentwicklung kommt mit modern-geschwungenen Linien und schickem Paint-Job daher. Dank verstellbarem Federweg und Kettenstrebenlänge will es einen großen Einsatzbereich abdecken, von Park-Freeride bis Downhill-Racing. Ganz neu bei Rose: ein Teile-Konfigurator. So kann der Kunde sein Bike selbst zusammenstellen und den Preis bestimmen. Rose schickte uns ein günstig ausgestattetes Modell mit hochwertigen Federelementen. In der anderen Ecke des Rings ein auf den ersten Blick alter Bekannter: das Kona „Operator“. Neu: die Kultschmiede aus B. C. wechselte den Werkstoff. Das Rampage-erprobte „Operator“ (gerade konnte man damit Teamfahrer Graham „Aggy“ Agassiz über Klippen wirbeln sehen) besitzt jetzt einen Carbon-Hauptrahmen. Die Kohlestoff-Kur brachte zwar nur einen geringen Gewichtsverlust (300 Gramm), sieht aber sehr schick und wertig aus. Der Alu-Hinterbau wurde von den Kanadiern versteift und mit einer neuen Federkennlinie ausgestattet. Unser Test-Bike ist mit der günstigeren Fahrwerksausstattung ein bisschen schwächer auf der Brust als das Rose. Optisch kommt es mit seinem geschwungenen Rahmen aber sehr edel daher. Detailstark: Die innenverlegten Züge verschwinden durch die Gabel-Anschlaggummis im Rahmen. Rose verbaut teuere Federelemente – und das für nur knapp über 3000 Euro. Je nach Wunsch kann man das „Unchained“ für Downhill-Missionen mit 220 Millimetern im Heck fahren oder im Freeride-Modus mit nur 200 Millimetern. Auch die Kettenstrebenlänge lässt sich variieren. Der Blick aufs Datenblatt verrät: Die Geometriedaten der beiden Kontrahenten ähneln sich stark – ideal für einen fairen Schlagabtausch. Die ersten Testfahrten unternahmen wir im neuen Bikepark Serfaus. Hier sollten die Bikes vor Alles neu: Neuer Konstrukteur, neues Bike. Der Direktversender aus Bocholt gönnte sich für 2014 ein neues Big Bike mit freshem Look. „The Unchained“ hat uns mit satter Leistung und breitem Einsatzbereich überzeugt! E LR L DU E SI G E Rose The Unchained herstellerangaben Vertrieb Material/Größen Preis/Gewicht ohne Pedale messdaten Federweg vorne/hinten Hinterbausystem ausstattung Gabel/Dämpfer Kurbeln/Schaltung Bremsanlage Laufräder Rose Versand GmbH, www.roseversand.de Alu/S,M,L, 3 044 Euro/17,3 kg 200 mm/200-220 mm Viergelenker RockShox Boxxer WC/ RockShox Vivid R2C Shimano Zee/Shimano Zee Avid Code R Spank Spoon Systemlaufradsatz, Continental Der Kaiser 2,5 Reifen 40 125 450 Reach 407 mm Stack 598 mm BB-Drop + 10 mm 588 73,9° 1187 432 63,5° 355 Performance DH-Technisch DH-Highspeed 44 | FREERIDE 4|13 9,5 allem ihre Parkeigenschaften beweisen. Sprungbock oder Bügeleisen – oder doch von beidem etwas? Um den Fahrwerken ihre wahre Potenz zu entlocken, jagten wir die beiden Boliden anschließend über unseren Rumpel-Downhill in Bozen. Die Strecke entlarvt jedes Bike und deckt Fahrwerksschwächen gnadenlos auf. Die Praxis Gong! Auf in die erste Runde! Tatort: Serfaus, Freeride-Jump-Strecke. Das „Operator“ fühlt sich auf dem Track gleich wohl. Es entwickelt für ein Big Bike enormen Pop und feuert sich bei Tables kräftig nach oben. Die kurzen Kettenstreben machen es wendig und verspielt. Die hohe Front verleiht dem Bike Freeride-Feeling. „The Unchained“ von Rose wirkt im direkten Vergleich behäbiger. Die sprunglastige Strecke lässt sich mit der flachen Front nicht ganz so verspielt fahren – trotz Freeride-Set-up mit knapperem Federweg und kurzem Heck. Allerdings: Mit einigen Tuning-Maßnahmen lässt sich das an beiden Rädern modifizieren, denn sie besitzen einen fast identischen Stack-Wert. Dennoch: Punktsieg fürs Kona (wenn auch knapp!) Zweite Runde: Ab auf die schwarze Strecke in Serfaus – ein zahmer Downhill mit vielen Wurzeln. Hier prescht das Rose mit seinem satten Fahrwerk am Kona vorbei und zeigt eine bessere Downhill-Performance. (Dafür steckten wir das Heck auf 220 Millimeter Federweg um, bei kurzer Kettenstrebe). Das Rose flubbert durch Wurzelteppiche und lässt sich mit viel Druck auf dem Vorderrad kontrolliert steuern. Das Kona dagegen glänzt eher an Stellen, wo Wendigkeit gefragt ist, der Trail eng ins Tal zackt und sich die Strecke nicht all zu ruppig zeigt. Die Gabel des Kona Kona Operator Carbon herstellerangaben Vertrieb Kona Europe, www.konaworld.com Hybrid/S,M,L 3 699 Euro/17,6 kg Material/Größen Preis/Gewicht ohne Pedale messdaten Federweg vorne/hinten Hinterbausystem 200 mm/200 mm Mehrgelenker hat Probleme, ihren Federweg auszunutzen, selbst bei harten Drop-Landungen. Auch der Hinterbau des „Operator“ kann mit dem des Rose nicht mithalten. Also: Punktsieg für Roses „Unchained“. Runde 3: Die Entscheidung! Wir scheuchten die Bikes über unseren Knüppel-Downhill in Bozen. Auf der technisch-verblockten und rumpeligen Strecke bestätigt sich, was wir auf der zahmen Downhill-Strecke in Serfaus befürchtet hatten: Das kürzere Kona kann mit seinen günstigen Federelementen nicht mit dem Rose mithalten. Besonders, wenn es schnell und ruppig wird, stößt es an Grenzen und wird früher nervös. Die Gabel arbeitet zu straff. Selbst nachdem wir eine weichere Feder einbauten, ließ sich der komplette Federweg nicht nutzen. Das leicht stelzige Kona stößt an seine Grenzen, während das Rose laufruhig und mit viel Druck auf dem Vorderrad davonbügelt. Das Rose-Fahrwerk arbeitet einwandfrei und der Hinterbau schluckt alles, was im Weg liegt. Festhalten und Bremsen auf: Das Rose begeistert mit seiner DownhillPerformance – „The Unchained“ im Wortsinn! Fazit: Der Kampf wird immer nach Punkten entschieden. Der Gewinner heißt: Rose „The Unchained“. Das Bike ist vielseitiger und bietet einen breiteren Einsatzbereich. Die Downhill-Performance hat uns überzeugt. Zudem bekommt man beim Versender ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, denn die Federelemente sind hochwertiger. Das Kona ist bei versierten Park-Freeridern genau richtig aufgehoben. Tipp: Ab einer Körpergröße von 1,78 Metern raten wir unbedingt zu Rahmengröße L – besonders für Fahrer, die besonderen Wert auf die Downhill-Performance legen. Augenschmaus: Kona setzt auf Rohre aus Carbon. In Medium und der gelieferten Ausstattung ist das Kona auf Park-Freeriden getrimmt. In Rahmengröße L allerdings, einem tieferen Cockpit (Direct Mount) und einer besser funktionierende Gabel könnte das Kona im Downhill Punkte gut machen. ausstattung Gabel/Dämpfer RockShox Boxxer RC/ RockShox Kage RC Kurbeln/Schaltung Shimano Zee/SRAM X9 Bremsanlage Avid Code R Laufräder Formula Naben, Sun Ringle MTX33 Felgen, Maxxis High Roller 2 2,4 Reifen 50 110 420 Reach 407 mm Stack 595 mm BB-Drop + 8 mm 580 74,9° 1191 420 63° 350 Performance DH-Technisch DH-Highspeed 10 8,5 FREERIDE-RANKING: maximal 10 Punkte. Die Note gibt den Gesamteindruck wieder und ist nicht der Durchschnitt aus Uphill- und Downhill-Performance. Die Performance-Punkte beziehen sich auf die jeweilige Bikekategorie. Sie ist nicht mit anderen Bikekategorien vergleichbar. FREERIDE 4|13 | 45 > neuheiten-Duell: SuperEnduros Aluhieb gegen Carbongenie Die zwei spannendsten Neuerscheinugen im Endurosektor für 2014 sind in unseren Augen das „Genius LT“ von Scott und das neue „Slash“ von Trek. Beide rollen natürlich mit 650B an den Start, ansonsten sind sie grundverschieden. Aber welches ist besser? Text: Christian Schleker Als Trek für 2010 das „Slash“ herausbrachte, begeisterte uns das Enduro. Ein Winner-Bike, ohne Frage. Für die neue Saison erfuhr das bewährte Bike einen Relaunch. Trek reagierte auf den Laufradgrößen-Hype und bockte sein Bike auf – mit 650B. Die Vergrößerung erforderte ein längeres Oberrohr, kürzere Kettenstreben und flachere Winkel. Auf den ersten Blick wirkt das neue „Slash“ allerdings nur leicht überarbeitet, denn die Rahmenform ist identisch. Doch der Reach von fast 440 Millimetern, der niedrige Stack und die 650B-Laufräder sind klare Anzeichen dafür, dass hier ein neues Bike am Start steht. Auch das Gewicht ist angemessen für den Einsatzbereich, wenn auch nicht sensationell niedrig. Das Scott hat dagegen sämliche Ähnlichkeit zum Vorgänger abgelegt: Der markante Pullshock-Dämpfer hinter dem Sitzrohr ist weg. Wie gut die Firma mittlerweile mit Carbon zurechtkommt, zeigt der Blick auf die Waage: 12,3 Kilo sind ein Wert, der auf optimale Werkstoffnutzung schließen lässt. Die bekommt man aber nur beim „LT Tuned“. Eine Klasse drunter ist der Hinterbau aus Alu und das Gewicht steigt. Treu ist Scott dem Langhubkonzept (170 Millimeter vorne / 178 Millimeter hinten) und dem Verstellhebel am Lenker geblieben, der Gabel und Dämpfer parallel ansteuert. Vorne wird sukzessive die Plattform erhöht, hinten verkürzt sich zusätzlich der Federweg auf 130 Millimeter. Beim ersten Aufsitzen sind wir von der neuen Geometrie angetan. Der Reach von 442 Millimetern (Größe M) ist in Verbindung mit dem sehr tiefen Tretlager extrem, das fühlt sich aber extrem gut an. Der Hinterbau ist für ein Enduro eher lang, der Gesamt-Radstand üppig. Viel besser als der alte PullshockDämpfer Marke Eigenbau wirkt der Fox. Das Heck arbeitet feinfühlig und potent. Die „Float“-Gabel passt beim Probedrücken gut dazu. Beiden Bikes fühlten wir bei Endurorennen am Reschensee und auf Trails in Südtirol auf den Zahn. Die Praxis Zuerst das Scott: Gleich der erste Anstieg zeigt den Fortschritt des Fahrwerks gegenüber dem Vorgänger: Die verbesserte Kinematik bleibt beim Treten ruhig und taucht auch in steilen Anstiegen nicht zu tief ein. Durch das lange Oberrohr steigt das Vorderrad nicht und man tritt effektiv. „Slash“ 2.0: Trek hat auf den LaufradgrößenHype reagiert und seinem Erfolgsenduro größere Laufräder spendiert. Das neue „Slash“ ist lang und racig. Die Verspieltheit des 26erVorgängers ist etwas verloren gegangen. Trek Slash 9, 650B herstellerangaben Vertrieb Bikeeuope B.V./ Trek Deutschland www.trekbikes.com Material/Größen Alu/15,5 17,5 18,5 19,5 21,5 Preis/Gewicht ohne Pedale 4 999 Euro/13 kg messdaten Federweg vorne/hinten Hinterbausystem 130-160 mm/160 mm Float Link mit ABP Pivot ausstattung Gabel/Dämpfer Fox 34 Talas 160 FIT CTD/ Fox Float DRCV CTD Kurbeln/Schaltung SRAM XX1/SRAM XX1 Bremsanlage Avid XO Trail Laufräder Bontrager Rhythm Comp Disc Systemlaufradsatz, Bontrager XR4 Team 2,35 Reifen 70 598 100 470 Reach 439 mm Stack 585 mm BB-Drop -6 mm 74,7° 1184 433 65,6° 350 Performance Uphill Downhill 46 | FREERIDE 4|13 9 Eine Verstellung braucht das Heck also eigentlich nicht. Trotzdem will man natürlich drücken, wenn es was zu drücken gibt. Nach einigem Hin- und Hergestelle muss man konstatieren: Idee o.k., aber das Ergebnis ist suboptimal: Während die Gabel auf der mittleren Position vorne nur ein bisschen straffer wird, sorgen Hubverkürzung und härtere Druckstufe hinten für XC-Feeling. Schön auf Schotter bergauf, unpassend bei hohem Tempo im Gelände, wo man mal mehr Druckstufe will, dabei aber ungern auf fast 30 Prozent Federweg hinten verzichtet. Auf Position 3 ist die Gabel quasi blockiert, während es hinten im Wiegetritt noch etwas einnickt. Unausgewogen also und in unseren Augen so auch nicht wirklich praxisgerecht. Scott arbeitet für die Serie noch an einer besseren Abstimmung der Gabel, am Federwegsverkürzer wollen sie aber festhalten. Das wäre aber nur ein Problem, wenn das Bike die Verstellung wirklich benötigen würde. Doch dem ist nicht so. Vielmehr hat uns das Scott im offenen Modus in allen Renn- und Trailsituationen extrem gut gefallen. Die Federelemente arbeiten harmonisch, sehr laufruhig und dabei auch dank des geringen Gewichts gut im Handling. Der sehr niedrige Tretlagerbereich und der damit einhergehende hohe Stackwert sorgen dafür, dass der Fahrer extrem tief im Rad steht. Folge: ein hohes Sicherheitsgefühl. Das unterstützen bei Highspeed auch die 650B-Laufräder, ohne dass spürbare Nachteile im Handling da wären. Das Bike besitzt guten Pop bei Absprüngen und der Federweg wird effektiv genutzt. Allerdings ist die Grundabstimmung eher auf sportliches Endurieren ausgelegt. Plüschig fühlen sich die fast 180 Millimeter Hub am Heck nicht an. Vielmehr liegt man im Bereich anderer 160er-Raceenduros. Das Bike wirkt direkt und effektiv, verlangt vom Fahrer aber trotzdem eine aktive Fahrweise. Sitzenbleiben und Drüberbügeln ist nichts für das „Genius LT“. Trotzdem ist der Spaßfaktor enorm hoch. Scott Genius LT Tuned herstellerangaben Vertrieb Material/Größen Preis/Gewicht ohne Pedale Scott Sports AG www.scott-sports.com Carbon/S,M,L,XL 6 499 Euro/12,3 kg messdaten Federweg vorne/hinten Hinterbausystem 170 mm/178 mm Mehrgelenker Nun zum Trek. Hier sieht die (etwas schmalere) Lenkzentrale deutlich aufgeräumter aus. Die „34 Talas CTD“ und der „DRCV“-Dämpfer mit größerer Lufkammer haben jeweils das obligatorische Verstellhebelchen. Hier muss man zwar vorne und hinten rumfingern, aber die Druckstufen passen sehr gut zueinander: Stufe 1 straffer, Stufe 2 quasi locked out für Sprints und Teeranstiege. So geht das „Slash“ sehr gut bergauf, einzig der Gewichtsunterschied von fast einem Kilo im Vergleich zum Scott ist spürbar – dafür ist das Trek aber auch satte 1500 Euro günstiger! In Sachen Effizienz herrscht Ausgeglichenheit. Bergab ist der Hinterbau des „Slash“ richtig gut gelungen. Die lineare Kennlinie sorgt für guten Komfort und die 160 Millimeter Hub fühlen sich nach genauso viel Federweg an, wie die fast 180 Millimeter im Scott. Das Handling ist in der tieferen Tretlagereinstellung (350 Millimeter) angenehm und direkt. Auch das Trek hat einen angenehm langen Reachwert, allerdings ist das Tretlager im Verhältnis zur Steuerrohroberkante 3 Zentimeter höher. Die Folge: Man hat im Stehen mehr Gewicht auf den Händen und sitzt nicht so „im“ Bike. Außerdem hat die „Talas“ einen deutlichen „Bauch“ in der Kennlinie. Beim Anbremsen taucht sie weiter durch als die „Float“. Das sorgt in Verbindung mit der etwas frontlastigeren Geo für ein weniger sicheres Fahrgefühl, wenn es steil, verblockt und schnell wird. Auch mit zwei Spacern unter dem Vorbau konnten wir den Effekt nicht ausschalten. Mehr Druckstufe vorne half zwar, machte aber das Fahrwerk unausgewogener. Fazit: Das neue „Slash“ mit den großen Laufrädern ist gelungen: moderne, lange Geo, gewohnt guter Hinterbau. Aber das Bessere ist des Guten Feind: Das „Genius LT“ ist leichter, hat eine noch bessere Geometrie und ein harmonischeres Fahrwerk. Ein klarer Sieg also – trotz des deutlich höheren Preises. Schmuckstück: Das „Genius LT“ ist in unseren Augen einfach todschick. Einzig das Kabel gewirr am Lenker stört die aufgeräumte Optik. Die Fahr werksverstellung ist eher marathonspezifisch ausgelegt. Hinten fänden wir, statt der Federwegsverkürzung, eine zur Gabel passende Druckstufen verstellung sinnvoller. ausstattung Gabel/Dämpfer Fox 34 Float 170 Fit CTD/ Fox-Scott Nude CTD Kurbeln/Schaltung SRAM X1/SRAM X1 Bremsanlage Shimano XTR Laufräder Syncros AM 1.5 Systemlaufradsatz Schwalbe Hans Dampf 2,35 Reifen 50 604 110 440 Reach 442 mm Stack 617 mm BB-Drop -16 74,4° 1180 440 ELL DU SI E G E R 66,3° 335 Performance Uphill Downhill 10 10 FREERIDE-RANKING: maximal 10 Punkte. Die Note gibt den Gesamteindruck wieder und ist nicht der Durchschnitt aus Uphill- und Downhill-Performance. Die Performance-Punkte beziehen sich auf die jeweilige Bikekategorie. Sie ist nicht mit anderen Bikekategorien vergleichbar. FREERIDE 4|13 | 47 > neuheiten-Duell: Downhiller Sturzflug gegen Raserei Interessante neue Big Bikes ploppten bei der Eurobike dieses Jahr wie Pilze aus dem Boden. Das Radon „Swoop 210“ und das GT „Fury Expert“ haben wir mal fix vom Stand gepflückt und ausprobiert. Welches ist schneller – der neue Wurf von Kinematikpapst Bodo Probst oder Gee Athertons Worldcup-Waffe? Text: Christian Schleker Das neue GT „Fury“ hatte einen ziemlich spektakulären ersten Auftritt im diesjährigen Worldcup-Zirkus: Quasi noch handwarm wurde es von Gee und Rachel Atherton im Gleichschritt zum Sieg gesteuert. Erstaunlich war auch, dass in der heutigen Zeit ein Großserienhersteller wie GT mit einem Aluminiumbike an den Start geht, wo der Vorgänger doch bereits aus Carbon bestand. Aber der Erfolg gab den Amis Recht. Für dieses Duell haben wir um eine bezahlbarere Variante gebeten, denn das „Fury“ sollte gegen das neue Radon „Swoop 210“ antreten. Ebenfalls eine Neuentwicklung, allerdings noch ohne Worldcupsiege, dafür mit einem rekordverdächtig niedrigen Preis, gemessen an der hochwertigen Ausstattung. Während das Versenderbike aus Deutschland für knapp 3000 Euro tief in die Kiste der Topprodukte griff, bekommt man bei GT für 3800 Euro Bauteile, die zwei Schubladen tiefer lagern. Dafür ist der Rahmen des GT eine echte Augenweide: voluminöse Hydroforming-Bauteile, wohin man blickt. Schon der Hinterbau ist dicker als die meisten Hauptrahmen der Konkurrenz. Dagegen wirkt das „Swoop“ schlicht und im Tretlagerbereich sogar billig. Hier wurde ein kantiger Aluklotz eingeschweißt, der die untere Dämpferaufnahme hält. Schön ist anders, aber Optik allein entscheidet zum Glück kein Duell. Das „Fury“ verfügt über die neueste Version des iDrive-Konzeptes. Dabei ist das Tretlager ein von Hauptrahmen und Hinterbau entkoppeltes Bauteil. Dadurch war GT schon immer in der Lage, Eingelenker-Rahmen mit recht hohem Drehpunkt zu realisieren, ohne dass die Bikes unter Pedalrückschlag litten. Beim neuen „Fury Expert“ ist der Schwingendrehpunkt lange nicht mehr so hoch wie beim Vorgänger und die Bewegung des Tretlagers nach vorne-unten ist weniger stark ausgeprägt. Neben der neuen Kinematik bekam das Bike auch ein ganz neues Geometriekonzept. Hier haben die Athertons ein gehöriges Wörtchen mitgeredet. Der neue Rahmen ist gleich zwei Nummern länger und besitzt einen wesentlich flacheren Lenkwinkel. Der Schwerpunkt wurde deutlich abgesenkt. Wir waren erst nicht sicher, ob das Bike vielleicht in der falschen Rahmengröße geliefert wurde, aber nein, dieses mächtige Teil ist Größe M. Schmidtchen Schleicher: Klassische Linienführung, kein Heckmeck. Das Radon fällt optisch erstmal nicht sonderlich auf. Aber das Fahrwerk hat es in sich! Und bedenkt man den Preis, müsste man das Bike eigentlich knallrot anmalen und „Ich bin doch nicht blöd!“ schreien. E LR L DU E SI G E Radon Swoop 210 herstellerangaben Vertrieb H&S Bike Discount GmbH, www.radon-bikes.de Material/Größen Alu/S,M,L, Preis/Gewicht ohne Pedale 2 999 Euro/16 kg messdaten Federweg vorne/hinten Hinterbausystem 200 mm/210 mm Viergelenker ausstattung Gabel/Dämpfer Fox 40 Float Air Spring/ Fox DHX RC4 Kurbeln/Schaltung E*Thirteen LG1 R/SRAM X9 Bremsanlage Avid Elixir 9 Trail Laufräder Six Pack Kamikaze Systemlaufradsatz, Schwalbe Magic Mary 2,35 Reifen 50 120 430 Reach 433 mm Stack 584 mm BB-Drop +5 mm 596 75° 1192 428 64,5° 342 Performance DH-Technisch DH-Highspeed 48 | FREERIDE 4|13 9,5 Die Praxis Auf der IXS-Downhill-Strecke im Bikepark Spicak durfte der blau-rote Bolide zeigen, was er drauf hat. Die recht simplen Federelemente des „Expert“-Modells haben den Vorteil, dass man nicht lange tüfteln muss für das Grund-Set-up: Richtige Federhärte wählen, Zugstufe einstellen, das war’s. Erfrischend. Schon beim Anrollen hat man das Gefühl, mehr Passagier denn Pilot zu sein. Mit der Gelassenheit eines Hochseetankers rollt das „Fury Expert“ über die doch ziemlich heftigen Steinfelder. Dem satten Fahrwerk merkt man seine einfachen Federelemente nicht an. Solange es offen und schnell bergab geht, ist das Bike eine echte Macht. Aber in Spicak geht’s auch mal recht eng durch verblockte Kurven und da ist das Hochseetankerfeeling hinderlich. Das Bike wirkt dann ziemlich behäbig und verlangt nach energischem Körpereinsatz. Immerhin helfen die bissigen Bremsen, um vor solchen extremen Richtungsänderungen das Tempo anzupassen. Allerdings ist der Druckpunkt der Formulas sehr hart, so dass die Unterarme schneller ermüden. Nach ein, zwei Abfahrten ist klar, dass das Bike gerne eine Nummer kleiner hätte sein dürfen – 3 Zentimeter weniger Reach und Radstand machen die Kiste eine Klasse handlicher, ohne dass das Fahrwerk nur einen Deut Leistung verliert. Wer unter 1,80 Meter groß ist, sollte das unbedingt in Erwägung ziehen, wenn er nicht nur mit der Stoppuhr zwischen den Zähnen gen Tal sausen will, sondern auch mal entspannt und ohne Kampf den ein oder anderen Sprung mitnehmen möchte. Wenn man vom „Fury“ direkt aufs Radon umsteigt, wirkt das „Swoop 210“ gleich normaler, weil deutlich kürzer und leichter. Ein knappes Kilo ist es, um genau zu sein (mit Continental „Der Kaiser“-Einheitsreifen). Der Lenkwinkel ist mit 64,5 Grad auch noch über 1 Grad steiler und das Tretlager GT Fury Expert herstellerangaben Vertrieb Material/Größen Preis/Gewicht ohne Pedale Cycling Sports Group, www.gtbicycles.com Alu/S,M,L 3 799 Euro/17,6 kg messdaten Federweg vorne/hinten Hinterbausystem liegt tiefer. Diese zahlreichen Unterschiede sorgen in der Summe für ein stimmigeres Gesamtbild. Auch das „Swoop“ liegt sehr gut bei Highspeed im Steinfeld. Der Hinterbau arbeitet satt und mit ausgezeichneter Bodenhaftung alle Schläge effektiv weg. Die Luft-Fox harmoniert sehr gut und reicht weniger Erschütterungen an die Handgelenke weiter als das günstigere Modell beim GT. Ganz anders als das „Fury“ funktioniert das Radon auch, wenn es langsamer und verwinkelter wird. Hier machen sich der kürzere Radstand und das geringere Gewicht positiv bemerkbar. Eine ganze Klasse handlicher geht’s um die Kurven. Mit seinem agilen Handling machte das Bike auch auf den angelegten Bikeparkstrecken viel mehr Spaß, weil es mit geringerem Kraftaufwand zu beschleunigen ist und dynamischer um die Ecken saust. Die Kennlinie des Hinterbaus ist der des GT aber ähnlich: sehr linear mit gerade ausreichend Endprogression. Allerdings bieten die hochwertigen Federelemente im „Swoop“ mehr Raum für Tuningmaßnahmen. Von plüschig-soft bis sportlichstraff ist alles möglich. Dem GT merkt man an, dass es für Siege auf modernen Rennstrecken konzipiert wurde. Fazit: Das Radon „Swoop 210“ ist ein sehr gutes Big Bike für relativ wenig Geld. Handlich und laufruhig mit breitem Einsatzbereich. Gelungen, auch wenn der Rahmen nicht wirklich hochwertig wirkt. Das GT kann bei seiner Größe und Geo nur auf offenen Highspeed-Rennstrecken extrem schnell sein. Um die spaßige Seite des hochwertigen Rahmens auszuloten, sollte man die nächstkleinere Größe wählen. Rechnet man dann noch den Kaufpreis mit ein, ist unser Sieger in diesem Duell klar das „Swoop“. Monsterbacke: Ein optisch fetteres Bike gab’s lange nicht. O.k., das alte Carbon„Fury“ war auch ein dickes Ding. Aber der Nachfolger wirkt schlicht gigantisch. Und gigantisch ist auch die Laufruhe, mit der das Teil durchs Geröll knattert. 200 mm/220 mm iDrive ausstattung Gabel/Dämpfer Fox 40R/Fox Van RC Kurbeln/Schaltung FSA Gravity Gap/SRAM X7 Bremsanlage Formula T1S Laufräder All Terra Tall Flanged Naben, Jalco HD 570 Felgen, Continental der Kaiser 2,5 Reifen 50 125 450 Reach 445 mm Stack 595 mm BB-Drop +12 mm 640 70° 1230 427 63,2° 352 Performance DH-Technisch DH-Highspeed 10 8,5 FREERIDE-RANKING: maximal 10 Punkte. Die Note gibt den Gesamteindruck wieder und ist nicht der Durchschnitt aus Uphill- und Downhill-Performance. Die Performance-Punkte beziehen sich auf die jeweilige Bikekategorie. Sie ist nicht mit anderen Bikekategorien vergleichbar. FREERIDE 4|13 | 49