Mai 2010

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Mai 2010
€ 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,-
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an.schläge
das feministische monatsmagazin. mai 2010
Filmarbeit And the Oscar goes to . . . Frauen hinter der Kamera: Filmemachen als Beruf Lohn ohne Zettel Solidarität mit undokumentierten Arbeiter_innen We ❤ digital Life Queer-feministische Blogs & Banden Reif für die freie Liebe Am Nacktbadestrand mit Elfriede Vavrik Plus: Abtreibungspolitiken weltweit >> FrauenFrühlingsUni >> Tarantinos Geschlechterbilder >> Moskauer Attentäterinnen >> 100 Jahre VBKÖ >> Nurse Jackie >> Rosa stinkt? >> und vieles mehr an.schläge Nr. 5/10, 24. Jahrgang, € 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,- ISSN 1993-3002, P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1010 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M
Politik
ll
an.schläge
an.riss politik
>>> 06
Lohn ohne Zettel
Die deutsche Gewerkschaft ver.di öffnet sich für illegalisierte Arbeitende
>>> 08
Allianzen für Selbstbestimmung
Abtreibung ist weltweit umkämpft – gemeinsame Strategien sind gefragt
>>> 10
The American Way of Health
Feministinnen kritisieren die Deals hinter der US-Gesundheitsreform
>>> 12
an.riss international
>>> 14
Thema: Filmarbeit
No Oscar for Old Men
Interview: Silke J. Räbiger erklärt, warum es ein Frauenfilmfestival braucht
>>> 20
an.sage: Q&A Relaunch
sprechblase: Sager des Monats
plusminus: Anny Hartmann vs. Durst
an.frage: FrauenFrühlingsUni
medienmix: CUT, Trikster, ORANGE 94.0
an.sprüche: pro & kontra Rosa
an.lesen: Anna Mitgutsch
an.klang: Baby Dee, Lali Puna, Tender Forever,
Goldfrapp, Cherry Sunkist, Mieze Medusa
an.sehen: Nurse Jackie
an.künden: Termine & Tipps
05
06
06
07
15
23
38
41
Kolumnen
>>> 16
Rubriken
81:1
Filmschaffende Frauen in Österreich geben Einblick in ihre Arbeitsbedingungen
neuland
zeitausgleich
heimspiel
lebenslauf
lesbennest
katzenpost
zappho des monats
11
24
29
33
37
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46
42
43
Gesellschaft
an.riss arbeit wissenschaft
>>> 24
Feminism kills!
Quentin Tarantinos „Death Proof” wäre gern subversiv
>>> 26
verniedlicht, vermonstert
Interview: Claudia Brunner analysiert Medienbilder über Selbstmordattentäterinnen
>>> 28
We ❤ digital Life
Wohin geht queer-feministische Netzkultur im Web 2.0?
>>> 30
Kultur
an.riss kultur
>>> 32
Look, a hidden ballroom!
Die Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs feiert ihr 100-jähriges Bestehen
>>> 34
Reif für die freie Liebe
Interview: Elfriede Vavrik genießt – und schweigt nicht
>>> 36
editorial
Seit Stefan Ruzowitzky („Die Fälscher”) und Christoph
Waltz („Inglourious Basterds”) mit dem Oscar ausgezeichnet wurden, wähnt sich Österreich neuerdings als
Filmnation. Doch nicht der nationale Freudentaumel,
sondern die erste Oscar-Auszeichnung an eine Regisseurin – Kathryn Bigelow nahm für „The Hurt Locker” den
diesjährigen Oscar in der Kategorie „Beste Regie” entgegen – gab uns Anlass, im Thema der aktuellen an.schlägeAusgabe der Frage nachzugehen: Wie sehen hierzulande
und anderswo die Arbeits- und Zugangsbedingungen für
Filmemacherinnen aus?
Wir stellen fest: Den problematischen identitären
Festschreibungen zum Trotz sind auch im Filmbereich die
Quoten-Diskussion und das Abarbeiten an der Kategorie
„Frauenfilm” noch lange nicht vom Tisch. Nicht zuletzt
deshalb, weil die prekären Arbeitsverhältnisse, die typisch
für die gesamte, sehr hierarchisch strukturierte Filmbranche sind, weibliche Filmschaffende gleich in mehrfacher Hinsicht treffen: Im Vergleich zu ihren männlichen
Kollegen sind sie weniger repräsentiert, werden weniger
(finanziell) gefördert und haben schlechtere Chancen
aufzusteigen.
Ungeachtet aller Widrigkeiten werden von Barbara Albert, Sabine Derflinger, Jessica Hausner und Co. ausgezeichnete Filme gemacht. Und sie und ihre Kolleginnen
– von den Produzentinnen bis zu den Kamerafrauen – zeigen den Männern der Branche unbeirrt, was eine Klappe
ist. Und das nicht erst seit gestern.
Feminist Superheroines
Sojourner Truth aka Isabella Baumfree (1797–1883), ehemalige Sklavin, Freiheitskämpferin, Abolitionistin und Wanderpredigerin. Mitte des 19. Jahrhunderts thematisierte sie
bereits die politischen Zusammenhänge zwischen „Women’s
Rights“ und den Rechten der afroamerikanischen Bevölkerung, so auch in ihrer berühmten Rede „Ain’t I a Woman?“
von 1851.
Fotoarbeitung: Lina Walde
Und jetzt: Vorhang auf für die neuen an.schläge – alle
Infos zum Relaunch gibt’s auf Seite 5.
impressum
Herausgeberinnen und Verlegerinnen: CheckArt, Verein für feministische Medien und Politik. A-1030 Wien, Untere Weißgerberstr. 41, T. 01/920 16 76, e-mail: [email protected],
[email protected], www.anschlaege.at l Koordinierende Redakteurinnen: Sylvia Köchl, [email protected], T.01/920 16 78, Vina Yun, [email protected], T. 01/920 16 76
Buchhaltung, Abos: Svenja Häfner, [email protected], [email protected] l Termine, Tipps: Andrea Heinz, [email protected] l Inserate: Michèle Thoma, [email protected]
Redaktion: Bettina Enzenhofer/be, Svenja Häfner/svh, Andrea Heinz/han, Sylvia Köchl/sylk, Silke Pixner/pix, Fiona Sara Schmidt/fis, Lea Susemichel/les, Irmi Wutscher/trude, Vina
Yun/viyu l Praktikum: Claudia Amsler/claude, Alexandra Fugger/af, Verena Stern/vers, Lina Walde l Texte: Claudia Amsler/claude, Elke Auer, Sarah Diehl, Sonja Eismann, Gertraud
Eiter, Denice Fredriksson, Silke Graf, Beate Hammond, Christine Hartmann, Gabi Horak, Kathrin Ivancsits/kaiv, Mia Kager/miak, Leonie Kapfer/leka, Kerstin Kellermann/kek,
Birge Krondorfer, Rudolfine Lackner, Katharina Ludwig, Svenja Schröder, Verena Stern/vers, Esther Straganz, Michèle Thoma, Anita Welzmüller/nita l Layoutkonzept & Layout: Lisa
Bolyos l Coverfoto: heal and inspire back home again/flickr l Cartoons & Illustrationen: Claudia Amsler, Paula Bolyos, Nadine Kappacher, Lina Walde, Zappho l Fotos: aism/photocase,
an.schläge-Archiv, Nick Albert, comfortzone, Edition a/Bubu Dujmic, DVIDSHUB/flickr, Peter von Felbert, Andre Günther/photocase, Uve Haußig, http://thegenderblenderblog.
fildes.wordpress.com, Jenzig71/photocase, Rotraud Kern, Roberta Lima, Annabel Mehran, Lance McCord/flickr, Mobilefilm, Jovan Mrvaljevic, Milija Paivcevic, www.pepper-
minta.ch, Steve Rhodes/flickr, Showtime, Stéfan/flickr, Tin Angel Records, Verein Wiener Jugendzentren, Women on Waves/Mrova, Tricky Women, 106313/photocase l Homepage:
Mirjam Bromundt, www.anschlaege.at l Druck: H.R.G. Druckerei © an.schläge: Titel, Vorspann und Zwischentitel von der Redaktion. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht
der Auffassung der Redaktion entsprechen. Kürzungen vorbehalten. l ISSN 1993-3002
04 l an.schläge Mai 2010
an.sage
Q & A Relaunch
Die an.schläge-Redaktion steht Rede und Antwort.
Q. Huch, bin ich hier überhaupt richtig? Die Zeitschrift, die
ich kenne, sah bisher ganz anders aus.
A. Willkommen bei den neuen an.schlägen! Stimmt, wir
haben unser Outfit gewechselt – aber wir sind immer noch
das feministische Monatsmagazin mit Berichten aus Politik,
Gesellschaft, Arbeit, Wissenschaft und Kultur.
Q. Und warum habt ihr jetzt am Layout herumgeschraubt?
A. Es war einfach mal wieder Zeit für eine neues Gewand!
Wir haben ja auch nicht alles revidiert – zum Beispiel der
bekannte Titelschriftzug, der vor zehn Jahren von Martha
Stutteregger eigens für die an.schläge gestaltet wurde, ist
geblieben.
Q. Hilfe, meine Lieblingsrubrik ist verschwunden! Was ist passiert?
A. Keine Sorge, alles ist noch da – wir haben nur manches
umbenannt: Aus „wyber.space” wurde „medienmix”, der
„an.spruch” hat seinen Namen in „an.sage” geändert, und
unser Pro & Kontra-Format (bisher „an.sage”) heißt nunmehr „an.sprüche”. Wo vorher „an.riss Österreich” stand,
findet sich jetzt „an.riss politik” – hier wird es zukünftig
Kurzmeldungen nicht nur aus Österreich, sondern auch aus
Deutschland und der Schweiz geben.
Brandneu sind einige Kolumnen, die abwechselnd von verschiedenen Autorinnen bespielt werden: „zeitausgleich” widmet sich Fragen dies- und jenseits der Arbeitswelt, „lebenslauf” berichtet vom Älterwerden und die Cartoon-Kolumne
„zappho des monats” enthüllt, dass Lesben einander im Bett
nie die Haare kämmen.
Übrigens: Ab Juni dürfen wir lokale Musikprominenz in unseren Reihen begrüßen, wenn Mieze Medusa und Clara Luzia
als Kolumnistinnen das an.schläge-Team verstärken werden.
Q. Warum ist plötzlich das Inhaltsverzeichnis viel länger, die
Zeitschrift aber nicht dicker?
A. Was bislang aus Platzgründen leider nicht möglich war,
holen wir jetzt nach: Ab sofort sind sämtliche Artikel der
jeweiligen Ausgabe im Inhaltsverzeichnis aufgelistet. Wurde
auch höchste Zeit!
Q. Wer steckt hinter dem neuen Aussehen der an.schläge?
A. Lisa Bolyos hat mit dieser Ausgabe das Layout übernommen – kein leichter Job, denn es brauchte viele Treffen,
Klausuren und einen Crash-Kurs in Sachen Typografie, bis
sich das Redaktionskollektiv auf eine Richtung einigen konnte. Mittlerweile lieben wir Bell Gothic, Creampuff, Library
Gothic und Bullpen Italic – so heißen die wichtigsten Schrif-
ten in unserem neuen Repertoire. Überzeugt hat uns auch
die flexiblere Seitengestaltung, die nun erlaubt, Bildbeiträge
unterschiedlich zu platzieren.
Q. Zeichnet ihr jetzt eure Bilder selbst?
A. Mit der Relaunch-Ausgabe haben wir neue Illustratorinnen an Bord geholt: In Zukunft werden Lina Walde, Nadine
Kappacher und Bianca Tschaikner (ab Juni) mit ihren tollen
Grafiken ausgewählte Kolumnen und Rubriken regelmäßig
schmücken.
Q. Was wurde aus „In 80 Pickerln um die Welt”? Ich habe genau mitgezählt – das waren noch gar keine achtzig Aufkleber!
A. Drei Jahre lang wurden die an.schläge-Aufkleber in der
ganzen Welt „verpickt”. Jetzt ist noch genau ein Pickerl übrig, das in der Redaktion gehütet wird wie ein Schatz. Zeit also
für eine neue Serie: „Feminist Superheroines” (siehe Seite 4).
Q. Apropos Superheldin: Wer ist denn diese süße Figur mit
Augenmaske, Pony und Exhibitionistinnen-Cape (siehe oben
und Seite 48)?
A. Schuld ist Lina Walde, unsere superengagierte Grafik-Praktikantin aus Kassel, die für uns die „Superheldin” erfunden
hat. In Zukunft wird die charmante Kostümträgerin an.schlägePlakate, Postkarten, Taschen und einiges mehr zieren und die
Botschaft in die Welt tragen: Feminism will save us all!
Q. Bedeutet Relaunch auch, dass die an.schläge teurer werden?
A. Nein, der Preis für Einzelheft und Abo bleibt unverändert
(Abo-Preisliste siehe Seite 46).
Q. Umso besser – mir gefallen die neuen an.schläge so gut, ich
brauche sofort ein Abo! Was muss ich dafür tun?
A. Eine E-Mail an [email protected], und schon landet die
nächste Ausgabe in deinem Postkasten. Übrigens: Wer bis
zum 30. Juni ein Jahresabo bestellt, erhält ein dufte AboGeschenk!
Q. Gibt’s auch eine Party zum Relaunch?
A. Am 4. Juni feiern wir im Wiener fluc am Praterstern. Die
Plattenteller werden von den Tanzflächen-Expert_innen des
feministisch-queeren DJ-Kollektivs Quote bedient, durch den
Abend samt mitternächtlicher Tombola-Show führt „lesbennest”Star Denice Fredriksson. Kommt und feiert mit uns!
Q. Wohin jetzt mit Lob und Kritik?
A. Schreib uns einfach: [email protected]. l
Mai 2010 an.schläge l 05
an.riss politik
Reporterinnen, Baustellenparty und was noch?” Jetzt schon gibt es jeden
Freitag von 15.00 bis 20.00 Uhr die offene Ideenwerkstatt im Mädchencafé-Büro im Musischen Zentrum. Mädchen und junge Frauen von zehn
bis 18 Jahren können einfach vorbeikommen. trude/sylk
Kontakte für Interessierte: [email protected], T. 0676/897 060 308 oder
über http://de.netlog.com/mc_1070, Mädchencafé-Büro im Musischen Zentrum: 1080
Wien, Zeltgasse 7
notstandshilfe
Frauenarmut minus „Partnereinkommen“
Foto: Verein Wiener Jugendzentren
mädchencafé
Schinkensemmel und Schokoeis
Derzeit ist im siebten Bezirk Wiens erstes Mädchencafé in Planung. Die
zukünftigen Nutzerinnen sollen schon bei der Lokalsuche, Planung und
Gestaltung dabei sein und mitentscheiden können. Daher werden Mädchen gesucht, die in Wien Neubau wohnen, in die Schule gehen oder dort
ihre Freizeit verbringen, und die sich bei diesem Projekt gerne engagieren möchten. Geplant wird das Mädchencafé von Caro und Birgit von den
Wiener Jugendzentren. An die zukünftigen Nutzerinnen und jene, die
gleich in das Projekt einsteigen wollen, haben sie einige Fragen: „Was
wollt ihr in so einem Mädchencafé tun – Freundinnen treffen, plaudern,
Musik hören, was trinken und was noch? Was braucht so ein Mädchencafé, um gemütlich zu sein und gut zu funktionieren – knallrote Sessel oder
zartlila Sofas, Schinkensemmel oder Schokoeis ...? Was fällt euch ein,
vor der Eröffnung schon zu tun – Fotoshooting im 7. Bezirk, rasende

„
hört es, meine
ihr seht es: Konservative
Frauen sind schlauer
„Ihr
linken Freundinnen,
als ihr,
und sie sind
schärfer.“
Gewitzt (+)
Sarah Palin weiß: Wenn schon Frauen in
der Politik, dann geile. Intelligenz allein
reicht nämlich nicht, wenn frau nach
oben will. Palin verfolgte einst selbst eine
Karriere als „Beauty Queen“, bevor sie in
die Politik ging und im letzten US-Präsidentschaftswahlkampf Negativschlagzeilen machte. Mit ihrer Ansage auf einer
Kundgebung des rechtskonservativen „Tea
Party Movement“ in Boston beweist Palin
einmal mehr, warum das Frauenbild der
Neo-Cons ewig gestrig bleiben wird. leka
06 l an.schläge Mai 2010
85 Prozent der abgelehnten Anträge auf Notstandshilfe – das Überbrückungsgeld nach dem Arbeitslosengeld – in Österreich betreffen Frauen.
Der Grund: Bei der Berechnung auf Anspruch wird auch das Einkommen
des/der Partner_in einbezogen. Übersteigt dieses gewisse Freigrenzen,
wird die Notstandshilfe gekürzt oder überhaupt gestrichen. Frauen
betrifft diese Regelung wesentlich öfter, da die Einkommensunterschiede
zwischen Männern und Frauen in Österreich sehr hoch sind. Die Einrechnung eines „Partnereinkommens” wird übrigens selbst dann vorgenommen, wenn gegenüber dem/der Partner_in gar keine Unterhaltspflicht
besteht. Die Grüne Frauensprecherin Judith Schwentner, die diese Zusammenhänge kürzlich thematisierte, führte dafür ein aktuelles Beispiel
an: Eine alleinerziehende Frau zog aus Geldmangel zu einem Freund,
der nicht der Vater ihrer Tochter ist. Dennoch wurde sein Einkommen
einberechnet und verminderte ihre Notstandshilfe auf gerade einmal 180
Euro im Monat. trude/sylk
diestandard.at, apa, www.gruene.at/frauen
leitfaden
Gewalt trifft Armut
Frauen, die in ihrer Beziehung Gewalt erleben, gehören zu den am
stärksten armutsgefährdeten Bevölkerungsgruppen. Wie aus der im März
veröffentlichten Gewaltstatistik für Österreich hervorgeht, verfügt ein
plus
Einer der wenigen deutschen Kabarettistinnen haben wir es nun zu verdanken, dass auch
das Thema „Abtreibung” Einzug ins deutsche
Kabarett hält: Anny Hartmann nimmt in ihrer
Show „Schwamm drüber” die deutsche Abtreibungspolitik genauer unter die Lupe und
lässt Herrn Singhammer und die katholische
Kirche in einem ziemlich schlechten Licht
dastehen. Auch andere feministische Themen
wie Schlankheitswahn oder Prostitution
verpackt sie auf humorvolle Art und Weise.
Klasse! leka
Verschwitzt (–)
Geht es nach „Durst”, dem StudentInnenmagazin der Wiener Stadtzeitung „Der Falter”,
sieht das Binnen-I „einfach scheiße aus. Und
man kann es auch nicht wirklich konsequent
durchhalten. (...) Deshalb verwenden wir geschlechtsneutrale Formen, wo immer es geht.
Ansonsten setzen wir auf die Intelligenz und
das Sprachgefühl der Frauen.” Bleibt festzustellen: Flüssigkeitsmangel wirkt sich negativ
auf die Denkleistung aus. Wir spendieren
gerne einen Drink und empfehlen: Zurück ins
Gender-Seminar! viyu
an.frage
Viertel aller Frauen, die in den österreichischen Frauenhäusern Schutz
suchen, über kein eigenes Einkommen. Denn oft haben die Frauen aufgrund der erlebten Gewalt ihren Job verloren, gleichzeitig bedeutet für
die Frauen die Trennung vom Gewalttäter auch ein Leben alleine (oft mit
Kindern) und eine massive Verschlechterung ihrer finanziellen Situation.
Zusammen mit der Statistik haben die Autonomen Österreichischen
Frauenhäuser (AÖF) einen Leitfaden zur gesundheitlichen Versorgung
gewaltbetroffener Frauen herausgebracht. Dieser richtet sich vor allem
an Ärzt_innen, Hebammen und Krankenpflegekräfte – denn sie spielen
eine zentrale Rolle bei der Früherkennung häuslicher Gewalt. Sowohl
Leitfaden als auch Gewaltstatistik stehen auf der Seite der Autonomen
Österreichischen Frauenhäuser zum Download bereit. trude
Autonome Österreichische Frauenhäuser: www.aoef.at
antidiskriminierung
„Rasse“ aus dem Grundgesetz
Das in Berlin ansässige Deutsche Institut für Menschenrechte (DIM) hat
dem Gesetzgeber empfohlen, den Begriff „Rasse” aus dem Diskriminierungsverbot in Artikel 3 des Grundgesetzes zu streichen. Stattdessen
wird das „Verbot ,rassistischer’ Benachteiligung oder Bevorzugung”
gefordert. Anlässlich der Veröffentlichung des Positionspapiers „Ein
Grundgesetz ohne Rasse” Mitte April erklärte Institutsdirektorin Beate
Rudolf: „Eine Änderung des Grundgesetzes wäre ein wichtiges Signal,
um die scheinbare Akzeptanz von Rassekonzeptionen zu beenden.” Jede
Theorie, die auf die Existenz unterschiedlicher Rassen abstelle, sei in
sich rassistisch. Das Europäische Parlament habe sich bereits gegen den
Begriff „Rasse” in Gesetzestexten der Europäischen Union ausgesprochen, und einige europäische Länder hätten ebenfalls schon in ihrem
nationalen Recht von dem Begriff „Rasse” Abstand genommen. „Ein
solcher Schritt ist in Deutschland längst überfällig”, so Rudolf. viyu
www.institut-fuer-menschenrechte.de
tirol
Nullbudget für feministische Einrichtungen
Nachdem das Autonome FrauenLesbenZentrum (AFLZ) in Innsbruck
bereits vor einem Jahr von der Schließung bedroht war (siehe an.schläge
07-08/2009), wurde nun erneut vier feministischen Einrichtungen in
der Tiroler Hauptstadt das Budget gestrichen bzw. gekürzt: Neben dem
AFLZ ist auch ArchFem, das interdisziplinäre Archiv für Feministische
Dokumentation, das Filmprojekt kinovi[sie]on, das ausschließlich Filme
von Regisseurinnen featuret, und die Frauenbibliothek AEP betroffen.
Ohne öffentliche Förderungen sind all diese Einrichtungen von der
Schließung bedroht. In einem offenen Brief an Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek und mit einem Protestmarsch durch Innsbruck
machten sie auf ihre prekäre Lage aufmerksam und beklagten das Unverständnis der zuständigen Landesrätin Patrizia Zoller-Frischauf. Diese
soll zur Budgetkürzung gemeint haben: „Frauenliteratur ist sicher ganz
wichtig. Sie kann aber auch in anderen Büchereien stehen. Und Veranstaltungen, wo die Einkommensschere bejammert wird, nützen nichts. Es
geht darum, dort anzusetzen, wo man etwas verändern kann.” trude
www.frauenlesbenzentrum.at, www.leokino.at/kinovisieon/kinovisieon.php,
www.archfem.at, AEP – Arbeitskreis Emanzipation und Partnerschaft: http://aep.at
Freiräume
für Feminismus
Von 21.-23. Mai findet in Klagenfurt/Celovec die FrauenFrühlingsUni (FFU) statt. Seit den 1970ern wird mit der FFU
ein Raum für Frauen und Trans*frauen geschaffen, der einen
Austausch unabhängig von Bildungsgrad und Alter ermöglicht.
Mittlerweile wird die FFU jährlich in einer anderen österreichischen Universitätsstadt organisiert. Verena Stern interviewte das
aktuelle Organisator_innen-Kollektiv.
Welche Themenschwerpunkte erwarten die Teilnehmer_innen
der FFU 2010?
Die für heuer geplante Themenachse lautet „Frauen – Wege –
Utopie”. Allerdings sind bisher noch relativ wenige Vorschläge für
Workshops zu Utopie eingelangt. Dafür bieten wir sonst einiges:
von Frigga Haug bis Feminismus in Ungarn, von Hexenverbrennung bis Frauenbewegungen in Lateinamerika. Da es sich um
einen offenen Raum handelt, können jedoch bis zum letzten Tag
neue Ideen für Workshops eingebracht werden. Weiters gibt es an
allen drei Tagen Ausstellungen von Künstler_innen aus Slowenien,
Ungarn und Deutschland, am Freitag findet eine Podiumsdiskussion zum Thema „Wer schön sein will, muss leiden?! Schöpferischer Selbstentwurf oder Normierung des Körpers?” statt, und
am Samstag wird ein großes Frauenfest gefeiert.
Wie sahen die Vorbereitungen aus?
Die Arbeit im Kollektiv hat bemerkenswert gut funktioniert.
Jeder Beschluss wurde konsensual angenommen, außerdem gab
es immer Protokolle (inklusive Einspruchsmöglichkeit), die auch
an weitere Interessierte per E-Mail weitergeleitet wurden, um
Transparenz zu wahren. Die Organisation generell war – Kollektiv und Basisdemokratie zum Trotz – sehr effizient, obwohl viele
verschiedene Biografien von Frauen aufeinander trafen: Es waren
Künstler_innen, hauptsächlich Studierende sowie berufstätige
Student_innen und studierende Mütter beteiligt.
Wie steht ihr zur Frage des „Women Only“?
Nach langen Debatten haben wir uns gegen ein generelles
„Women Only” entschieden. Uns war wichtig, dass die Konzeption
und die administrative wie inhaltliche Organisation durch Frauen
erfolgte. Alle Workshopleiter_innen können aber selbstverständlich selbst entscheiden, wie sie das handhaben wollen. Abgesehen
davon sind Männer als Teilnehmende und Mithelfende herzlich
willkommen.
Was macht die FFU so einzigartig?
Vermutlich hat jede, die an der FFU teilnimmt, eine eigene
Definition von Feminismus. Doch trotz verschiedener Zugänge ist
es eine Bewegung, die sich nicht auseinanderdividieren lässt. Die
FFU kann als Teil feministischer Bildung betrachtet werden, als
Freiraum nicht vereinnahmbarer, autonomer Frauen.
Student_innen können die Reisekosten als Refundierung bei der ÖH
beantragen, freie Übernachtungsmöglichkeiten werden geboten.
Programm und Infos auf: http://ffuni.blogsport.de/2010
Mai 2010 an.schläge l 07
undokumentierte arbeit
Lohn ohne Zettel
Undokumentierte Arbeit von MigrantInnen
dokumentieren und deren Rechte einfordern – die deutsche Dienstleistungsgewerkschaft ver.di
hat sich für illegalisierte Arbeitende geöffnet.
Von Katharina Ludwig
Foto: Andre Günther/photocase
Illegalisierter Aufenthalt heißt isoliert
arbeiten im Graubereich. So lautete
lange der Schluss, wenn es um die
Arbeitssituation von MigrantInnen ging.
Doch auch Menschen ohne Papiere
haben klare Rechte, was ihre Arbeit
betrifft – und sie können diese auch einklagen. In Deutschland wurden während
der letzten zwei Jahre in Hamburg,
Berlin und zuletzt auch in München
Beratungsstellen für Arbeitende ohne
Papiere gegründet, in Kooperation
zwischen der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und migrantischen sowie
antirassistischen Organisationen. Wer
zum Beispiel für geleistete Arbeit nicht
den vereinbarten Lohn bekommt, bei
Überstunden leer ausgeht oder nach
einem Unfall keine ärztliche Versorgung
erhält, kann sich bei diesen Stellen
zweimal im Monat Unterstützung holen.
Mit Stundenliste und SMS vor’s
Gericht. Die Erstberatung bei Problemen mit ArbeitgeberInnen ist kostenlos,
auch für Nicht-GewerkschafterInnen.
Als erstes gehe es darum, überhaupt
zu wissen, dass man Rechte besitzt,
erzählt Conny Roth vom „Arbeitskreis
undokumentierte Arbeit” bei ver.di ,
der die Beratung in Berlin organisiert.
08 l an.schläge Mai 2010
Dann werde erklärt, wie man Belege
über das Arbeitsverhältnis sammeln
kann, um diese Rechte auch wahrzunehmen: Das können selbst geschriebene
Stundenzettel sein, Fotos vom Arbeitsplatz, Aufträge in Form von SMS oder
Klebezetteln, wie sie Haushaltskräfte
häufig bekommen. Das Dokumentieren
der undokumentierten Arbeit ist also
Programm. Weiters empfiehlt das Beratungsteam, zu Einstellungsgesprächen
einen Zeugen/eine Zeugin mitzunehmen
und dem Chef bzw. der Chefin generell möglichst wenig Persönliches zu
erzählen. Dadurch mache man sich bei
Problemen weniger angreifbar.
Stellt sich im Zuge der Beratung
heraus, dass Ansprüche wie Lohnnachzahlungen geltend gemacht werden
können, kann der/die Betroffene ver.di
beitreten und mit gewerkschaftlicher
Rückendeckung aktiv werden. Das Neue
daran: Es geht auch ohne Aufenthaltsberechtigung, ohne Meldeschein und
ohne Bankkonto, denn den monatlichen
Mindestbeitrag von 2,50 Euro kann
man auch bar bezahlen.
Die erste ver.di-Gewerkschafterin ohne
Papiere war Ana S. Die Kolumbianerin
hatte nach abgelaufener Au-PairBeschäftigung bei einer Hamburger
Familie weiter Hausarbeit geleistet, für
einen Euro pro Stunde bei 24-StundenBereitschaft. Die Dokumentation „Mit
einem Lächeln auf den Lippen. Eine
Hausarbeiterin ohne Papiere zieht vors
Arbeitsgericht” von Anne Frisius erzählt
von Ana S.’ Arbeitskampf. Mit dem
kostenlosen Rechtsbeistand von ver.di
erreichte die Frau schließlich in einem
Vergleich die Nachzahlung von Löhnen.
Signalwirkung und Meldepflicht. „Die
Kosten sind keine Hürde”, meint Conny
Roth von ver.di. „Die eigentliche Hürde
ist, den rechtlichen Weg überhaupt zu
beschreiten – aus Angst, den Arbeitsplatz ganz zu verlieren oder dass der
illegale Aufenthalt aufgedeckt werden
könnte.” Denn die ArbeitsrichterInnen
agieren selbst in einem Graubereich.
Nach deutschem Aufenthaltsgesetz müssen öffentliche Stellen die Ausländerbehörden informieren, wenn sie von einem
„illegalen” Aufenthalt erfahren. RichterInnen steht es aber frei, den Aufenthaltsstatus im Verfahren überhaupt zu
prüfen. So leitete die Richterin im Fall
Ana S. die Akten weiter. Den Aufenthalt
von MigrantInnen in Deutschland während des Lohnstreits nicht zu gefährden,
hat für ver.di Priorität. Garantie gibt es
undokumentierte arbeit
aber keine. In den meisten bekannten
Gerichtsfällen war der illegale Aufenthalt laut Roth aber nicht Thema. „Da
ging es darum herauszufinden, ob es ein
Arbeitsverhältnis gab, welcher Lohn
vereinbart wurde und ob es Lohnrückstände gibt.” Meistens einigt man sich
beim ersten Gerichtstermin, der sogenannten Güteverhandlung, einvernehmlich mit einem Vergleich. KlägerInnen
müssen dabei nicht selbst anwesend
sein und riskieren damit nicht, während
des Gerichtstermins von der Polizei aufgegriffen zu werden. Kontrollen direkt
bei der Beratungsstelle sind in Berlin
bislang nicht vorgekommen. „Letztendliche Sicherheit gibt es nicht”,
meint Roth. „Aber es gäbe ein ziemlich
großes Medienecho, wenn Leute von
ver.di abgefangen würden. Ich halte das
für sehr unwahrscheinlich.”
und Beratungsstellen voraus. Jahre, in
denen sich Gewerkschaften mehr um
den „Schutz” des nationalen Arbeitsmarktes vor „Schwarzarbeit” als um
die Rechte von undokumentierten
ArbeiterInnen kümmerten, in denen es
„Schwarzarbeiter-Telefone” gab, um
illegale Beschäftigung und damit illegal
Beschäftigte zu melden, und in denen
GewerkschafterInnen teilweise Polizeirazzien begleiteten.
Auch heute noch argumentieren andere
Gewerkschaften, illegale Beschäftigung
mache die Löhne kaputt und würde
inländische Arbeitsplätze besetzen.
Die Gewerkschaft „Nahrung-GenussGaststätten” hat noch vor drei Jahren
unter anderem mit dem Bundesministerium für Finanzen ein „Bündnis
gegen Schwarzarbeit und illegale
Beschäftigung in der Fleischwirtschaft”
Auch Menschen ohne Papiere haben klare
Rechte, was ihre Arbeit betrifft – und sie können diese auch einklagen.
Die Gerichtsverhandlungen haben für
die hauptberufliche Mediatorin vor
allem „Signalwirkung für ArbeitgeberInnen, dass illegal Beschäftigte
nicht grenzenlos ausbeutbar sind. Die
ArbeitgeberInnen bekommen Grenzen
gesteckt und merken, dass sie mit ihren
Beschäftigten ohne Papiere nicht machen können, was sie wollen.” In vielen
Fällen muss es dafür gar nicht bis zum
Gericht gehen, es reicht eine offizielle
Lohnforderung, verfasst vom ver.diRechtssekretär, mit offiziellem Briefpapier. Wenn ArbeitgeberInnen merken,
dass das Gegenüber seine/ihre Rechte
kennt und eine Gewerkschaft mit rund
2,1 Millionen Mitgliedern hinter sich
hat, hinterlässt das oft schon wirksamen
Eindruck.
Fünf Minuten und fünf Jahre. Ein
Stück Papier für mehr Arbeitssicherheit
– obwohl so einfach, hat die Öffnung
einer der größten internationalen
Gewerkschaften für undokumentierte
Arbeitsformen lange auf sich warten
lassen. Ihr gingen Jahre der Bündnisarbeit zwischen Flüchtlings- und
MigrantInnenorganisationen, antirassistischen und feministischen Gruppen,
einzelnen Gewerkschaftsmitgliedern
geschlossen. Die Industriegewerkschaft
„Bauen-Agrar-Umwelt” forderte diesen
April zusätzliches Personal für die
„Finanzkontrolle Schwarzarbeit”, um
Mindestlöhne zu kontrollieren – und
illegale Beschäftigung zu bekämpfen.
Für antirassistische Initiativen wie
„respect” und „kanak attak berlin”
steht dahinter eine nationalistische und
rassistische Vorstellung „einer neuen
Form der ,Schmutzkonkurrenz’”, die
„einer Gruppe von Menschen ein Vorrecht auf einen Arbeitsplatz gegenüber
einer anderen einräumt”. So formulierten es die Initiativen 2003 – im selben
Jahr, als sich eine der AktivistInnen
beim ver.di-Bundeskongress fünf Minuten Rederecht erkämpfte und forderte,
auch die Interessen von illegalisierten ArbeiterInnen zu vertreten. Ver.
di-Vorsitzender Frank Bsirske sprach
sich daraufhin noch am Kongress für
die Legalisierung von Arbeitskräften
aus, die in Deutschland mit prekärem
Status oder ohne Aufenthaltspapiere
arbeiten. „Ich halte es für richtig, dass
wir uns als Gewerkschaften dieses
Themas annehmen. Ich kann mir eine
Legalisierung vorstellen”, erklärte er,
betonte aber auch, dass zuerst eine
intensive Diskussion dazu notwendig sei.
Fünf Jahre später, 2008, nahm MigrAr,
die erste Beratungsstelle für Arbeitende
ohne Papiere in Hamburg, die Arbeit
auf.
Besondere Branchen, beschränkte
Ressourcen. Dass es auch bei ver.di
noch Unsicherheiten im Umgang mit
undokumentierter Arbeit gibt, zeigt die
strukturelle Einbindung der Beratungsstellen. Diese sind angesiedelt im
„Fachbereich 13 – Besondere Dienstleistungen”, gemeinsam mit Zeitarbeit,
Callcentern, Prostitution und allem,
was nicht in andere Fachbereiche passt.
Dabei kommen die Anfragen an den
„Arbeitskreis undokumentierte Arbeit”
aus ziemlich alltäglichen Branchen: von
Hausarbeiterinnen und Zeitungslieferern, aus Gastronomie, Hotellerie und
Reinigung oder aus Fitnessstudios.
Ver.di stellt die Räume und Bürotechnik
und gegebenenfalls die AnwältInnen
zur Verfügung. Die Beratung selbst ist –
wie auch die anderen ver.di-Beratungen,
etwa für Lohnsteuer oder SeniorInnen
– ehrenamtlich organisiert. Der Pool
aus rund zwanzig MitarbeiterInnen
speist sich aus antirassistischen Initiativen wie „respect”, der medizinischen
Flüchtlingshilfe oder „FelS” („Für eine
linke Strömung”).
Das öffentliche Interesse an ihrer
Arbeit sei so groß, erzählt Roth, dass
für viele Anfragen und zusätzliche
politische Arbeit keine Ressourcen
bleiben. „Es gibt zwar einen bezahlten
Rechtssekretär, der für uns zuständig
ist, aber der hat auch noch viele andere
Aufgabengebiete. Darum ist ein Ziel von
uns eine feste Stelle, die die Beratung
gewährleistet.”
Zu tun bleibt noch einiges – die Liste
der möglichen Forderungen ist lang:
etwa die bundesweite Aufhebung
der Meldepflicht für Sozialämter,
Krankenhäuser und Schulen, die
Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen und nicht zuletzt der
kostenlose und anonyme Zugang zum
Krankensystem. l
Katharina Ludwig schreibt als freie
Journalistin in Berlin, aktuell zu
den Schwerpunkten Arbeit/Soziales.
Mai 2010 an.schläge l 09
Allianzen für
Selbstbestimmung
Strategien zur EU-weiten Legalisierung von Abtreibung zu entwickeln
ist das Ziel einer Vernetzung von Pro-Choice-Aktivistinnen
aus Irland, Polen und Deutschland. Die Aktivistin und Filmemacherin
Sarah Diehl beschreibt den internationalen Stand der Dinge.
Weltweit sind jedes Jahr etwa achtzig
Millionen Frauen ungewollt schwanger,
etwa die Hälfte von ihnen lässt eine
Abtreibung vornehmen. Laut WHO
stirbt weltweit alle sieben Minuten
eine Frau an den Folgen eines illegalisierten Schwangerschaftsabbruchs.
Weitere fünf Millionen Frauen leiden
an daraus folgenden Verletzungen oder
Infektionen, manchmal ein Leben lang.
So dramatisch diese Zahlen sind, noch
dramatischer ist die Erkenntnis, dass es
sehr leicht wäre, dies durch eine Legalisierung zu verhindern.
Auch die gesamtgesellschaftlichen Konsequenzen sind weitreichend: 220.000
Kinder werden jedes Jahr zu Waisen,
weil ihre Mütter an unsicheren Abtreibungen sterben. Gerade in Ländern, wo
sich vor allem Frauen um die Erziehung
und Versorgung der Kinder kümmern,
hat das dramatische Folgen für die gesamte Lebensplanung, Eigenständigkeit
und Produktivität dieser Familien. Auch
die Belastungen der Gesundheitssysteme aufgrund unsicherer Abtreibungen
sind enorm.
Foto: Women on Waves/Mrova
Links:
europeanprochoicenetwork.wordpress.com
http://reclaimfeminism.blogsport.de
www.abortion-democracy.de
www.youtube.com/watch?v=IEoFPN3mR1Y
10 l an.schläge Mai 2010
Probleme in der (Arzt-)Praxis. Allerdings reicht eine Legalisierung allein
oft nicht aus. In vielen Ländern werden
auch vorhandene Gesetze, die den
Abbruch unter bestimmten Umständen –
wie Gesundheitsrisiken, Vergewaltigung
oder Inzest – straffrei stellen, nicht
eingehalten. Ein Grund dafür ist, dass
ÄrztInnen und Krankenhauspersonal
eine direkte Zielscheibe für organisierte
AbtreibungsgegnerInnen darstellen, da
sie letztendlich jene Instanz sind, die
entscheidet, ob Frauen tatsächlich Zugang zu Abtreibungen bekommen. Viele
ÄrztInnen haben Angst um ihren Ruf
– und der Ruf, „Babys zu töten”, wie
AbtreibungsgegnerInnen das nennen, ist
dabei wirkungsmächtiger als der Ruf,
sich für Frauenrechte einzusetzen.
Oft wird in der Ausbildung zum/zur
GynäkologIn Abtreibung auch gar nicht
thematisiert, weder als medizinisches
noch als soziales Problem. Das mangelnde Bewusstsein der ÄrztInnen in
der Auseinandersetzung mit dem Thema
hat den von Konservativen erwünschten
tabuisierenden Effekt, und ÄrztInnen
zeigen trotz ihrer medizinischen Ausbildung oft eine erschreckend einseitige
Perspektive auf das Thema. Darüber
hinaus sprechen sich viele ÄrztInnen
offiziell gegen eine Legalisierung aus,
da sie somit horrende Summen für
Abtreibungen fordern können, die sie
heimlich in ihren Praxen anbieten.
Kleine Schritte vor und zurück. Seit
der Internationalen Konferenz für
Bevölkerung und Entwicklung in Kairo
1994, die zum ersten Mal reproduktive
Rechte von Frauen anerkannte, gab es
leider viele Rückschritte. Die Konferenz
hatte zwar Abtreibung als Mittel der
Familienplanung ausgeschlossen, jedoch
wurde festgehalten, dass jeder Mensch
Zugang zu Instrumenten und Dienstleistungen der Familienplanung erhalten
können soll. Die USA haben jedoch
seit Kairo AbtreibungsgegnerInnen in
Schlüsselpositionen der UNO gewählt
und nicht nur mit der Streichung der
finanziellen Unterstützung für NGOs,
die zum Thema Abtreibung arbeiten,
sondern auch mit „Aufklärungsprogrammen”, die ausschließlich Abstinenz propagieren, großen Schaden angerichtet.
Diese ideologischen Verschiebungen zeigen auch in anderen Ländern Wirkung:
Im März beschloss zum Beispiel die
kanadische Regierung nicht nur, dass
die staatliche Entwicklungshilfe das
Thema Abtreibungen aussparen muss,
es wurden sogar alle Gelder für Sexualaufklärung und Verhütung gestrichen.
Eine positive Entwicklung brachte 2005
die Verabschiedung des sogenannten
Maputo-Protokolls der Afrikanischen
Union. Darin wird immerhin der Zugang
zu Abtreibungen in Fällen von Vergewaltigung und Inzest und bei Gesundheitsproblemen der Frau befürwortet.
Das Protokoll wurde seither von 25
beginnt. Damit wären alle Formen von
Abtreibungen auf einen Schlag illegal
und die Resolutionen der UNO, der EU
und der Afrikanischen Union irrelevant. In der Dominikanischen Republik
wurde dies im Januar 2010 tatsächlich
durchgesetzt.
Vernetzung stärken. Aber auch innerhalb der EU gibt es immer noch Länder,
in denen Abbrüche illegal sind. In Polen
finden jedes Jahr etwa 200.000 illegale
Abtreibungen statt, während jeden Tag
durchschnittlich 17 Frauen aus Irland
für eine Abtreibung nach England
reisen müssen.
In Polen finden jedes Jahr etwa 200.000 illegale Abtreibungen statt, während jeden Tag
durchschnittlich 17 Frauen aus Irland für eine
Abtreibung nach England reisen müssen.
afrikanischen Staaten ratifiziert –
gegen den Protest der katholischen
Kirche. AbtreibungsgegnerInnen wie
Human Life International hatten mit
dem Argument dagegen mobilisiert,
dass es sich dabei um den rassistisch
motivierten westlichen Plan handle, die
afrikanische Bevölkerung zu dezimieren.
Päpstliche Diplomatie. Die katholische
Kirche setzt ihre Macht und die Angst
der PolitikerInnen vor Stimmenverlust
sehr gezielt ein, wenn diese bei der
Mobilisierung gegen Abtreibung nicht
mitmachen. So kam es unter anderem
zum Komplettverbot in Nicaragua und
zur Rekriminalisierung in Polen. Papst
Benedikt XVI. versucht sehr effektiv,
auf internationaler Ebene mit PolitikerInnen zusammenzuarbeiten, die helfen
können, seine Vorstellungen umzusetzen
– wie etwa 2009, als unter Beteiligung
hochkarätiger PolitikerInnen zum fünften Mal der Weltkongress der Familien
in Amsterdam stattfand. Dort wurde
das Thema Abtreibung von der Kirche
eindeutig zu dem Zweck instrumentalisiert, die Selbstbestimmung von Frauen
allgemein zu diskreditieren.
Aber es geht noch weiter: In vielen
Ländern mobilisiert die katholische
Kirche sogar für Verfassungsänderungen, mit denen festgelegt werden soll,
dass das Leben bei der Empfängnis
Es gab bereits Versuche, das Verbot
beim Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte anzufechten: 2005
verklagte Alicja Tysiac den polnischen
Staat, derzeit findet in Irland ein Prozess statt, in dem drei Frauen gegen das
betreffende Gesetz klagen.
Am 2. April 2010 trafen sich in Berlin
irische, deutsche und polnische ProChoice-Aktivistinnen, um kollektiv Strategien dafür zu entwickeln, Abtreibung
innerhalb der EU zu legalisieren und
frei zugänglich zu machen. Eines der
Resultate ist der Blog europeanprochoicenetwork.wordpress.com – damit wird
in Zukunft der Informationsaustausch
zwischen den oft isolierten Pro-ChoiceOrganisationen in den einzelnen
Ländern vereinfacht, und auch gemeinsame Aktivitäten gegen die an Einfluss
gewinnenden AbtreibungsgegnerInnen
können leichter geplant werden. l
Sarah Diehl ist Autorin und Filmemacherin
in Berlin und arbeitet zum Thema Frauenrechte und Abtreibung in Politik, Gesetzen,
Medien und Medizin weltweit.
neuland
entdeckungen im alltag
Beate Hammond
Spiegelangst
Neulich passte ich auf ein Baby auf – es war ein sechs
Monate altes Mädchen. Eigentlich ein liebes Mädchen,
nur interessiert das an einem Sonntag um sechs Uhr
früh wenige. Das Mädchen war bereits seit einer Stunde
wach, verständlich, denn die Sonne war ja auch schon
aufgegangen. Ihre Eltern waren an der Aufgabe gescheitert, es wieder zum Schlafen zu bringen. Das Mädchen
wollte spielen.
Ich bot mich als Aufpasserin an. Schließlich war ich
ebenfalls wach geworden, nicht mehr müde und hatte ein
spannendes Buch dabei. Was kann schon passieren, dachte ich? Babys im Alter zwischen drei und neun Monaten
bewegen sich nur sehr unbeholfen, können meist weder
schnell krabbeln noch laufen. Solange sie in Sichtweite
ist, kann ich getrost mein Buch lesen, dachte ich. Sie wird
mich schon nicht stören, war ich überzeugt.
Dies stellte sich nach ein paar Minuten als kolossale
Fehleinschätzung heraus. Das Mädchen wollte nämlich
permanente Aufmerksamkeit, und wenn sie diese länger
als circa zehn Sekunden nicht bekam, weinte sie – erst
leise, dann lauter. Außerdem war sie äußerst wählerisch.
Mehr als fünf Minuten lang interessierte sie gar nichts.
Ihre Rassel war ihr bald langweilig. Ihr Stoffhase ebenso.
Nur mein Buch fand sie immerhin so anziehend, dass
sie bald auf einer Seite herumkaute, was mich gar nicht
entzückte. Durch Zufall entdeckte ich etwas, was sie
dauerhaft zu fesseln verstand – ihr eigenes Spiegelbild.
Ich hielt sie vor einen Spiegel, und sie war fasziniert von
dem sechsmonatigen Baby, das ihr entgegenschaute. Das
Baby, das lächelte, wenn sie lächelte, das winkte, wenn
sie winkte, das gähnte, wenn sie gähnte. Sie konnte ihr
Abbild gar nicht oft genug sehen.
Wir Erwachsenen sind da ganz anders. Spiegel sind nicht
mehr unsere Freunde, sie sind eher wie alte Bekannte,
die man mit Absicht aus den Augen verloren hat. Je mehr
Jahre vergehen, um so weniger schauen wird uns ins
eigene Gesicht. Das Leben hat uns gezeichnet, und das
nicht immer sehr schmeichelhaft.
Beate Hammond macht ihre Entdeckungen in Wien.
Mai 2010 an.schläge l 11
gesundheitspolitik
The
American
Way of
Health
Ist die Gesundheitsreform in den USA tatsächlich der
große Erfolg, als der sie gefeiert wird? Vor allem Feministinnen kritisieren den „Faustischen Pakt”, den
Präsident Obama mit AbtreibungsgegerInnen – auch
aus dem eigenen politischen Lager – eingegangen ist.
Von Sylvia Köchl
Quellen:
www.thedailybeast.com
www.thenation.com
www.msmagazine.com
http://msmagazine.com/blog
www.feministing.com
http://maedchenmannschaft.net
12 l an.schläge Mai 2010
„Ich bin froh, dass das Gesetz zur
Gesundheitsversorgung verabschiedet
wurde”, schreibt die US-amerikanische
Journalistin Dana Goldstein im OnlineMagazin „The Daily Beast”. „Es wäre
auch seltsam, von der Zahl von 31
Millionen unversicherter Menschen, die
nun Zugang zu einer leistbaren Krankenversicherung haben werden, nicht
berührt zu sein. Aber wir sollten uns
dennoch klar machen, dass das Gesetz
zulasten der reproduktiven Rechte armer
Frauen geht.”
Die Wahl von Barack Obama zum Präsidenten der USA hatte bei feministischen Organisationen große Hoffnungen
geweckt, denn in seinem Wahlkampf
hatte er versprochen, das sogenannte
Hyde Amendment aus dem Jahr 1976
abzuschaffen. Demzufolge dürfen
keine Bundesmittel von Medicaid (das
Gesundheitsfürsorgeprogramm, das von
den jeweiligen Bundesstaaten und der
Bundesregierung paritätisch finanziert
wird) für die Refundierung der Kosten
von Abtreibungen mittelloser Frauen
Foto: http://thegenderblenderblog.files.wordpress.com
verwendet werden. Ausnahmeregelungen gibt es nur in 17 Bundesstaaten, in
denen die Kosten bei medizinisch notwendigen Schwangerschaftsabbrüchen
von Medicaid übernommen werden.
Eben jenes Hyde Amendment war
nun Gegenstand des Deals, der die
Verabschiedung des Gesetzes, das von
Präsident Obama am 23. März 2010
unterzeichnet wurde, erst möglich
machte: In einem „Faustischen Pakt”
(Goldstein), mit republikanischen, aber
auch demokratischen AbtreibungsgegnerInnen unter den Abgeordneten,
sicherte Obama zu, das Hyde Amendment per Erlass in das neue Gesetz
aufzunehmen.
Weiterhin keine Wahl. Obwohl bislang
nur etwa 13 Prozent aller Abtreibungen
über Versicherungen verrechnet werden,
sei die Meinung weit verbreitet, so
Goldstein, dass abtreibungswillige Frauen auch immer eine bekommen. Doch
diese Schlussfolgerung ist falsch: Eine
Studie aus dem Jahr 1999 über die
Situation armer Frauen in North Carolina fand heraus, dass ein Drittel dieser
Frauen Schwangerschaften nur deshalb
ausgetragen hatte, weil Medicaid
nicht bezahlte. Eine Abtreibung kostet
zwischen 350 und 1.000 Dollar, das entspricht einigen Monatsmieten oder auch
den Lebensmitteleinkäufen mehrerer
Monate. „Damit kommen die Kosten
einem Abtreibungsverbot gleich”, meint
Goldstein. Das Resultat dieser Notlage,
den Schwangerschaftsabbruch nicht bezahlen zu können, ist ein weiteres Kind,
dessen Versorgung sich Frauen aus der
ArbeiterInnenklasse wiederum kaum
leisten können, von einer guten Ausbildung ganz zu schweigen. Die aktuelle
Rekordarbeitslosigkeit tut hier ihr Übriges. „Das ist also die Art von ,Wahl’, die
wir in Amerika heute haben”, beklagt
Goldstein, „auf jene beschränkt, die es
sich leisten können.”
Die Aussichten, diese Situation zu
verändern, sind laut Goldstein düster.
Die DemokratInnen waren bislang die
wichtigsten Verbündeten im Kampf
für reproduktive Rechte. Diese Allianz
aus Teilen der Partei, feministischen
Organisationen und anderen progressiven Gruppen ist allerdings durch die
Entscheidung, den erwähnten Kompromiss einzugehen, zerbrochen.
Hoffen auf neue Mehrheiten. Auch die
Journalistin Sharon Lerner berichtet
in ihrem Hintergrundartikel über das
Zustandekommen der Gesundheitsreform in der linken Wochenzeitung „The
Nation” von den Hoffnungen, die „nach
den dunklen Jahren der Bush-Regierung” in Obama gesetzt wurden. Die
Pro-Choice-Bewegung, die sich durch
gesundheitspolitik
Obamas Wahlsieg politisch gestärkt und
durch die demokratischen Mehrheiten
in beiden parlamentarischen Häusern
(Repräsentantenhaus und Senat) auch
sicher fühlte, habe mit diesem Gesetz
eine durchaus unerwartete und enttäuschende Niederlage erlitten. Gerade
die Abschaffung des Hyde Amendment
sei als langfristiges Ziel durch den
Regierungswechsel in den Bereich des
Machbaren gerückt, nun müssten völlig
neue Strategien entworfen werden, um
das grundsätzlich von allen progressiven
Seiten begrüßte neue Gesetz wieder
abzuändern.
entstanden ist. Dies ist zumindest die
Hoffnung von feministischen LobbyOrganisationen.
Der Abstinenz-Deal. Abgesehen von
diesem Pakt mit den AbtreibungsgegnerInnen liegt der erfolgreichen Verabschiedung des Gesetzes aber noch ein
anderer Deal zugrunde. 250 Millionen
Dollar jährlich gehen nämlich für die
nächsten fünf Jahre an die sogenannte
Abstinence-only Education. Geld aus
diesem Fonds erhalten Bildungsprogramme, die laut Definition des Gesundheitsministeriums lehren, „dass sexuelle
„Wir sollten uns klar machen, dass das Gesetz zur Gesundheitsreform zulasten der reproduktiven Rechte armer Frauen geht.“
(Dana Goldstein)
Wichtig dabei ist laut Lerner die Einsicht, dass eine demokratische Mehrheit
nicht gleichbedeutend mit einer ProChoice-Mehrheit ist. Die demokratische
Mehrheit im Repräsentantenhaus etwa
sei weitgehend durch die Entscheidung
der Partei gewonnen worden, sozialkonservative KandidatInnen und darunter
auch AbtreibungsgegnerInnen aufzustellen. Die Pro-Choice-Lobbyarbeit kann
sich also nicht mehr nur auf die demokratischen Abgeordneten konzentrieren
oder sich wie bisher auf die Grundsatzfrage „für oder gegen Abtreibung”
versteifen, sondern muss nun bei den
anstehenden Mid-term Elections (Parlamentswahlen in der Mitte der vierjährigen Amtszeit des Präsidenten) auch
dort ansetzen, wo WählerInnen etwa
für gewisse rechtsstaatliche Argumente
zugänglich sind. Da könnte argumentiert
werden, dass es im Kontext des neuen
Gesetzes doch ungerecht sei, wenn für
eine legale medizinische Prozedur, die
eine Abtreibung ja ist, keine Versicherungsleistung in Anspruch genommen
werden darf.
Die betroffenen Frauen selbst könnten
durch die Gesundheitsreform ermutigt
werden, für ihre reproduktiven Rechte
einzustehen. Wenn viele von ihnen nun
erstmals Zugang zu einer Krankenversicherung haben, wird ihnen auch die
Ungerechtigkeit auffallen, die durch die
Ausklammerung der Abtreibungskosten
Abstinenz der einzige sichere Weg ist,
um unerwünschte Schwangerschaften
und sexuell übertragbare Krankheiten
zu vermeiden”. Weiters müssen die
Programme verbreiten, dass Sex vor
der Ehe „schlimme psychologische und
physiologische Auswirkungen” habe.
Beinahe lächerlich wirkt dagegen die
Dotierung der Sex Education, die zwar
ebenfalls Abstinenz predigt, zugleich
aber über Verhütung informiert: 75
Millionen Dollar pro Jahr.
Die besonders hohe Rate an TeenagerSchwangerschaften in den USA, die die
Wirkungslosigkeit, ja Gefährlichkeit
solcher Abstinenz-Programme belegt,
wird dadurch wohl kaum sinken.
Verbesserter Gesundheitsschutz. Dennoch bringt die Gesundheitsreform, die
in den nächsten vier Jahren schrittweise
umgesetzt wird, auch zahlreiche Verbesserungen für Frauen, die Jessica Stites
im Blog des feministischen „Ms. Magazine” auflistet. Da Verhütungsmittel von
den Versicherungsleistungen gedeckt
sind, werden in Zukunft Millionen mehr
Frauen Zugang zur Familienplanung
erhalten.
Daneben betreffen die wichtigsten
Neuerungen die Praktiken der privaten
Versicherungskonzerne. Für Frauen, die
sich bisher nur billige private Versicherungen leisten konnten, war zum
Beispiel die Schwangerschaftsvorsorge
nicht enthalten. Diese aber auch andere
Leistungen wie Krebsabstrich und Mammografie müssen zukünftig Teil eines
Basispakets für Frauen sein – und zwar
ohne Zuzahlungen. Das sogenannte Gender Rating, das fast fünfzig Prozent der
Versicherungen praktizieren, wird damit
verboten. Frauen dürfen für dieselbe
Versicherungsleistung also nicht mehr
höhere Prämien verrechnet werden als
Männern. Das Gender Rating wurde
unter anderem damit berechnet, dass
Geburten mit Kaiserschnitt, Gewalterfahrungen in der Familie oder Vergewaltigungen als „Vorerkrankungen”
eingestuft wurden.
Harte Dollars. Unter den zahlreichen
Online-Postings zu den hier zitierten Artikeln liefert eine Leserin ein weiteres
mögliches Argument für den zukünftigen Kampf gegen das Hyde Amendment: „Wisst ihr, dass Bundesmittel für
Viagra und Penis-Implantate vergeben
werden? Dann sollten alle diese religiösen Fanatiker mal auf die Kirche hören,
die Sex ja nur für Fortpflanzungszwecke
erlaubt! Wenn diese alten Männer also
nur so Sex haben wollen, will ich ihnen
mit meinem Steuergeld nicht dabei
behilflich sein. Keine Abtreibungsdollars
für mich? Dann auch keine ,harten’
Dollars für sie!”
Bemerkenswert ist, dass in den USA die
Frage der Bezahlung von Schwangerschaftsabbrüchen durch Medicaid respektive die Krankenkassen ein politisches
Thema ist. Das Problem, dass Abtreibungen teuer und damit beileibe nicht
für alle Frauen zugänglich sind, existiert
aber auch in vielen anderen Ländern – so
auch in Österreich, wo das Thema im hiesigen öffentlichen Diskurs jedoch kaum
angesprochen werden kann. l
Mai 2010 an.schläge l 13
an.riss international
irak
Adé, Frauenquote
1.815 Frauen kandidierten für die
diesjährigen irakischen Parlamentswahlen im März, 82 davon
wurden direkt als Abgeordnete
gewählt – das sind 21 Frauen mehr
als die durch die Verfassung festgelegte 25-Prozent-Quote. Nirgendwo sonst im Nahen Osten sitzen so
viele Frauen im Abgeordnetenhaus
wie in Bagdad, der Frauenanteil ist
sogar höher als der im Kongress in
Washington. Trotz dieses positiven
Ergebnisses soll die seit 2005 in
der Verfassung verankerte Quotenregelung mit den nächsten Wahlen
abgeschafft werden, folglich
werden dann keine Sitze mehr für
Frauen reserviert.
Die Politikerinnen sind darüber uneins: So fordert etwa die
sunnitische Abgeordnete Maisun
Wählerin in Nasiriyah, Irak. Foto: DVIDSHUB/flickr
al-Damludschi zusammen mit einer
Reihe von Parlamentarierinnen
die Ausweitung der Frauenquote auf weitere Bereiche des irakischen
festung europa
Staates. Im Gegensatz dazu meint die konservative Politikerin Marah
Dublin II kippen!
al-Duri, die der Partei des schiitischen Geistlichen Muktada al-Sadr
angehört: „Für die letzte Wahl war die Quote sehr wichtig, um Frauen
Vor kurzem sind zwei Publikationen erschienen, die sich kritisch mit der
überhaupt die Chance zu geben, in der Politik eine Rolle zu spielen. Aber
herrschenden Migrationspolitik der EU und der Abschiebepraxis aus der
in Zukunft sollte die Quote abgeschafft werden. Frauen sollten sich unter
„Festung Europa” auseinandersetzen.
den gleichen Bedingungen zur Wahl stellen wie Männer, denn sie haben
Die Online-Publikation über das NoBorder-Camp auf Lesvos im Sommer ihre politische Kompetenz bereits unter Beweis gestellt.”
2009 wurde von transact!, einem antirassistischen Bündnis diverser
Trotz der aktuell starken Frauenbesetzung im Parlament fürchtet die
Initiativen und einzelner Aktivist_innen aus ganz Europa, herausgegeirakische Wahlleiterin Hamida al-Husseini, dass Frauen zukünftig kaum
ben. Lesvos ist nicht nur zentrales Eingangstor für tausende Flüchtlinge
noch eine Chance haben, ohne Mindestquote in der vorherrschenden
und Migrant_innen, die nach Europa wollen – durch das Dublin IIpatriarchalischen Gesellschaft gewählt zu werden. claude
Abkommen der EU, das die Zuständigkeiten der einzelnen Mitgliedswww.taz.de, www.dw-world.de, www.aknews.com
staaten in Asylfragen regelt, werden auch zahlreiche Flüchtlinge nach
Griechenland rückgeführt. Die Proteste der NoBorder-Aktivist_innen
richteten sich u.a. gegen das dort angesiedelte geschlossene Aufnahmelager Pagani, das sich zwei Kilometer außerhalb der Hauptstadt Mitilini
australien
befindet und auch aufgrund seiner inhumanen Aufenthaltsbedingungen
Gender Trouble: Zwei Schritte vor, drei zurück
bereits vielfach von und Asyl- und Menschenrechtsorganisationen kritisiert wurde.
Im März beanspruchte der australische Bundesstaat New South Wales
Der Reader versammelt Zeugnisse von Migrant_innen und Flüchtlinfür sich, die Bezeichnung „not specified” hinsichtlich der individuellen
gen, die hier landen, sowie Erlebnisberichte und Reflexionen aus dem
Geschlechtszugehörigkeit in seinen amtlichen Dokumenten zuzulassen.
NoBorder-Camp.
Australien wäre damit das erste Land der Welt gewesen, das auf die
Ebenfalls frei zum Download ist die Kampagnen-Zeitung „Über die
traditionelle „male/female”-Klassifizierung verzichtet.
Grenze”, herausgegeben vom antirassistischen Netzwerk „Welcome to
Den Antrag auf ein „non specified gender” stellte der_die 48-jährige
Europe”: „Wir haben eine Zeitung erstellt, die die Problematik der Dub- Norrie May-Welby. Nach einer male-to-female-Geschlechtsanpassung
lin II-Regulation anhand der Situation in Griechenland darstellt. Ebenso
und jahrelanger medizinischer Behandlung entschloss sich May-Welby,
beleuchtet werden jedoch das Sterben im Mittelmeer, Einzelschicksale
auf eine lebenslange Hormontherapie zu verzichten und eine geschlechtsund Ausblicke auf 2010.” viyu
neutrale Identität anzunehmen. Im Jänner 2010 konnten ÄrztInnen
Infopoint During NoBorder Lesvos 2009, http://lesvos09.antira.info/files/2010/03/
Norrie May-Welbys Geschlecht nicht mehr mit Sicherheit bestimmen,
Infopoint.pdf, Print-Broschüren erhältlich unter [email protected]. Über die Grenze,
was mit der Ausstellung eines Dokuments mit dem Geschlechtsmerkmal
http://dublin2.info/zeitung, Printausgabe erhältlich unter [email protected]
„unspezifiziert” amtlich bestätigt wurde – eine Lösung, die auch den
14 l an.schläge Mai 2010
an.riss international
Empfehlungen der australischen Menschenrechtskommission von 2009
über die Rechte von sex- und genderdiversen Personen entsprochen
hätte.
Nur drei Wochen nach Bekanntwerden der Causa und einem gewaltigen
Medienansturm bekam die zuständige Behörde kalte Füße und zog die
Bestätigung als „von Rechtswegen ungültig” zurück. Norrie May-Welby
legte indes Beschwerde bei der Australian Human Rights Commission
ein. Gegenüber dem britischen Online-Magazin „Pink News” erklärte
May-Welby: „Mein Anliegen ist nicht, als ,geschlechtslos’ anerkannt zu
werden. Vielmehr geht es mir darum, dass der Staat würdigt, dass simple
Geschlechtsbezeichnungen wie ,männlich’ oder ,weiblich’ meiner Person
nicht gerecht werden.” viyu
www.pinknews.co.uk, http://may-welby.blogspot.com, www.ggg.at
eu/spanien
Schutz vor häuslicher Gewalt
Mit dem Vorschlag, ein Observatorium zur Bekämpfung und Prävention
von Gewalt gegen Frauen einzurichten, verfolgt die spanische EU-Ratspräsidentschaft ihr Ziel, die Position von Frauen in Europa zu stärken.
Unterstützung erhält der Entwurf von zwölf der 27 Mitgliedsstaaten.
Österreich befürwortet diese Form des Opferschutzes nicht, da es sich
lediglich auf straf-, jedoch nicht auf zivilrechtliche und polizeiliche
Maßnahmen erstrecke, so Wolfgang Bogensberger vom Justizministerium
in einer Diskussionsrunde des österreichischen Informationsbüros des
Europäischen Parlaments zum Thema.
Das geplante EU-weite Netzwerk soll Daten über Misshandlungen von
Frauen sammeln und austauschen, um einen einheitlichen Gesetzesrahmen in Europa zu gewähren und Frauen über die Landesgrenzen hinaus
schützen zu können. Dies war bisher aufgrund unterschiedlicher Rechtssysteme kaum möglich.
Die stellvertretende spanische Regierungschefin María Teresa Fernández
de la Vega dazu: „Die Zahlen von häuslicher Gewalt gegen Frauen sind

Leute machen Kleider
lautet der Untertitel des DIY-Magazins CUT,
und genau darum geht’s: Seit einem Jahr
können wir uns an einem 150 Seiten starken
Magazin für Schneider_innen und solche, die
es noch werden wollen, erfreuen. Im Heft
gibt’s Schnitte, Nähanleitungen, Modestrecken,
Porträts und vieles mehr. Freund_innen reißen
sich bereits um die restlos ausverkaufte erste
Ausgabe, die nur mehr auf Ebay erhältlich ist.
CUT erscheint zweimal jährlich und ist im gut
sortierten Zeitschriftenhandel oder im Abo
erhältlich: www.cut-magazine.com. be
nicht bekannt, sie sind versteckt. Wir müssen die bestehende Informationslücke schließen.”
Trotz des 2004 in Spanien verabschiedeten Gesetzes „Ley Integral”, das
neben physischem Schutz, finanzieller und sozialer Unterstützung auch
den kostenlosen juristischen Beistand sowie den Einsatz von dafür eigens
abgestellten Richtern, den „Juzgados de Violencia sobre la Mujer”, garantiert, bezeichnet Amnesty International die dortige Situation der Frau
weiterhin als besorgniserregend. nita
www.aoef.at, www.europarl.at, www.eu2010.es, www.boe.es, www.es.amnesty.org
eu-vergleich
Frauenarmut in Zahlen
Rund 80 Millionen Menschen in der EU sind von Armut bedroht, bei
Frauen liegt die Quote sogar um zwei Prozentpunkte höher als bei Männern, folglich bei 17 Prozent. Die wesentlichen Ursachen sind altbekannt,
aber nicht minder brisant: Einkommensdiskriminierung sowie eine
überproportional hohe Beschäftigungszahl in „atypischen” Berufen und
schlecht entlohnenden Branchen. In Österreich liegt die „Gender Pay
Gap”-Quote, die Einkommensunterschiede anhand des durchschnittlichen
Bruttostundenverdienstes von Frauen und Männern misst, neben Estland
und Tschechien am höchsten (25,5 Prozent).
Besonders bedroht von Armut sind Alleinerzieherinnen, ältere Frauen
und Migrantinnen. Konkret leben 21 Prozent der Frauen über 65 Jahren
in der EU in Armut, 33 Prozent der Alleinerzieherinnen sind armutsgefährdet. Innerhalb einer Familie sind Frauen oftmals stärker betroffen
als ihre Männer oder Kinder.
Neben der Sensibilisierungsarbeit will die EU im „Europäischen Jahr
der Armutsbekämpfung” dazu beitragen, den gesellschaftlichen Konsens
für die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung zu stärken.
claude
medienmix
www.armutskonferenz.at, www.againstpovertyeu10.at

Queer Norden
Das 2008 gegründete „Nordic Queer Journal”
trikster.net überzeugt nicht nur mit seinem
charmanten Titel: In der aktuellen vierten
Ausgabe des elektronischen Magazins aus Norwegen geht’s unter anderem um die politischen
Kämpfe der Trans*bewegung in Dänemark, das
Verhältnis zwischen Queer-Theorie und -Aktivismus und um den aktuellen lesbischen BabyBoom. Wer den Norwegisch-Kurs verpasst hat,
kann aufatmen: Etwa die Hälfte der Artikel ist
in englischer Sprache verfasst. Schickes Styling
und Blog inbegriffen. viyu

Radio-Einstieg
Der Freie Radiosender in Wien ORANGE
94.0 bietet zwischen 22. Mai und 1. Juni
wieder einen neuen Grundkurs mit Fokus auf
queer-feministische Radioarbeit in Inhalt und
Form an. Die Kursteilnehmer_innen können
mit queer-feministischen Radio-Expert_innen
anhand praktischer Übungen eigene Umsetzungskonzepte erarbeiten und schließlich gleich
selbst on air gehen. Anmeldungen werden bis
13. Mai auf http://o94.at/workshops/register
entgegengenommen. Die Kurskosten betragen
25 Euro. claude
Mai 2010 an.schläge l 15
thema: filmarbeit
81 : 1
Jessica Hausner während der Regiearbeiten zu „Lourdes”. Foto: Uve Haußig
Unter welchen Bedingungen arbeiten weibliche Filmschaffende in Österreich?
Andrea Heinz* befragte eine Reihe von Filmemacherinnen und erfuhr: Wo es mehr Geld,
Förderungen und Anerkennung gibt, haben Männerbünde das Sagen.
Mittlerweile wissen es alle: Kathryn
Bigelow hat heuer den Regie-Oscar
gewonnen. Was bei weitem nicht alle
wissen, ist, dass es ganze 81 Jahre
gedauert hat, bis eine Frau den Oscar
für die „Beste Regie” bekam. Vor
Bigelows Nominierung wurden seit
so merkt die österreichische Regisseurin Sabine Derflinger kritisch an, gebe
es keinen Pressebericht, „in dem nicht
erwähnt wird, wie sagenhaft gut und
schön sie mit ihren 58 Jahren bei der
Oscar Verleihung ausgesehen hat.”
Eine Frau als „beste Regisseurin” –
„Frauen sind medial unterrepräsentiert. Nach
wie vor sind sie Ausnahmen und sollen froh
sein, überhaupt erwähnt zu werden. “ (Jessica
Hausner, Regisseurin)
* Mitarbeit: Alexandra
Fugger
1 Aus: „Zur sozialen Lage
der Künstler und Künstlerinnen in Österreich”. Hg. vom
BM:UKK, Wien 2008
2 „Daten zum österreichischen Film”. Hg. vom Österreichischen Filminstitut,
Wien 2002
16 l an.schläge Mai 2010
1929 gerade einmal drei Frauen für
den „Goldjungen” in dieser Kategorie
vorgeschlagen. Während diese Information von (fast) allen Medien links
liegen gelassen wurde, gab es hingegen
kaum einen Bericht, der unerwähnt
ließ, dass Frau Bigelow in früherer
Zeit (und wohl gemerkt gerade einmal
zwei Jahre lang) mit US-Regisseur
James Cameron verheiratet war und er
mit seinem Blockbuster „Avatar” ihre
größte Konkurrenz darstellte. Daneben,
damit wussten offenbar die wenigsten
BerichterstatterInnen umzugehen. Dass
Bigelows Geschlecht in diesem Zusammenhang eine solche Hürde darstellt,
ist aber kein Wunder. In Österreich
beispielsweise sind gerade einmal 35,2
Prozent der Filmschaffenden weiblich.1
Insgesamt sind hierzulande zwischen
700 und 1.400 FilmemacherInnen aktiv,
die wiederum einen jährlichen Gesamtumsatz von 130 Millionen Euro unter
sich aufteilen.2
Konventionell, aber preisfähig.
„Zunächst habe ich mich sehr gefreut,
dass erstmals eine Frau den RegieOscar bekommen hat”, sagt die Wiener
Regisseurin Jessica Hausner. „Und als
bester Film obendrein. Es ist erstaunlich, dass das bisher noch nie der Fall
war.” Nachdem sie den Film dann gesehen hatte, fand sie ihn jedoch „leider
sehr konventionell und ,männlich’: Der
Film folgt dem klassischen Genre des
Heldendramas – ein Genre, das von
Männern erfunden und perfektioniert
wurde. Kathryn Bigelow bedient sich
hier ohne irgendeiner Subversion oder
Erneuerung dieses Genres, und das
mit US-amerikanischen Soldaten im
Irak als Helden. Das ist klassisch und
politisch sehr fragwürdig. Enttäuschend.
Die früheren Filme von Bigelow waren
eigenwilliger. Aber dadurch anscheinend
eben nicht preisfähig.”
Und dennoch ist der Preis ein Stück
mehr Sichtbarkeit für Filmemacherinnen. „Jeder Preis für eine Filmschaffende, der in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, verändert ein kleines
thema: filmarbeit
bisschen – denn erst wenn Frauen aus
dem Schatten treten, werde sie eben
auch entsprechend wahrgenommen. Der
Oscar ist sicher der Filmpreis mit der
größten Breitenwirkung. Und je mehr
Frauen diesen Preis gewinnen, umso
mehr sickert durch, dass hervorragende
Leistungen in dieser Branche eben auch
von Frauen vollbracht werden”, stellt
Produzentin Gabriele Kranzelbinder
fest. Sabine Derflinger hat infolge des
Oscar bereits „eine zusätzliche Kraft
für uns Filmfrauen” festgestellt: „Wir
vernetzen und beflügeln uns jetzt
stärker.”
Mainstream = Manstream. Kathryn
Bigelow und ihr Oscar-Gewinn haben
ein helles Licht auf filmemachende
beeinflusst von der männlich geprägten
Filmsprache. „Inwieweit man überhaupt
von einer männlichen oder weiblichen
Filmsprache reden kann, ist fraglich.
Aber man kann nicht leugnen, dass
bestimmte Aspekte der Darstellung
von Männern und Frauen eben doch
geschlechtsspezifisch sind. Gerade in
der Darstellung von Frauen in Filmen
entwerfen Regisseurinnen andere Bilder
als männliche. Und diese wiederum sind
manchmal noch ungewohnt und fremd.
Daher stoßen sie auf Skepsis, mehr als
herkömmliche Rollenbilder.”
In der Kunst könne man sich eben
schnell auf den vermeintlich „persönlichen Geschmack” zurückziehen, meinte
auch Barbara Albert bei der Podiumsdiskussion „Gender Trouble. Frauen im
„Dort wo mehr Geld ist, findet man weniger
Frauen, ein Faktum, das sich nicht nur auf die
Filmbranche beschränkt.“ (Astrid Heubrandtner,
Kamerafrau)
Frauen geworfen. Es gibt sie zu Genüge,
jedoch fehlt es ihnen an Sichtbarkeit.
„Gehen Sie auf die Straße und fragen
Sie nach einer österreichischen Regisseurin. Ratlosigkeit wird sich breitmachen und manche werden entschuldigend den Namen Haneke murmeln”, so
die Filmwissenschafterin Brigitte Mayr
vom Verein „SYNEMA, Gesellschaft für
Film und Medien”. Zusammen mit Sabine Perthold organisiert sie die ganzjährige Veranstaltungsreihe „FRAUEN.
ARBEIT. FILM.”, die der aktuellen
Situation von filmschaffenden Frauen
wie Regisseurinnen, Drehbuchautorinnen, Cutterinnen, Schauspielerinnen,
Tonmeisterinnen, Filmmusikerinnen,
Kostümbildnerinnen, Kamerafrauen und
Produzentinnen und deren Arbeitsbedingungen auf den Grund geht.3
„Frauen”, so meint auch Jessica Hausner, „sind medial unterrepräsentiert.
Nach wie vor sind sie Ausnahmen und
sollen froh sein, überhaupt erwähnt zu
werden. Männer sind selbstverständlicher ernst zu nehmende Filmregisseure.
Wenn mal eine Frau in einer Auswahl
mit dabei ist oder gar einen Preis
gewinnt, ist das ungewöhnlich. Es ist
nicht ,normal’.” Die Wahrnehmung und
vor allem die Art der Wahrnehmung,
so glaubt Hausner, werden zusätzlich
Filmgeschäft – eine Bestandsaufnahme”
auf der diesjährigen Diagonale, dem
Festival des österreichischen Films, das
jährlich in Graz stattfindet.4 Auch wenn
der scheinbar subjektive Geschmack
tatsächlich Gewöhnung ist und sich am
schnöden Mainstream orientiert. Und
Mainstream, so stellt Sabine Perthold
treffend fest, ist eben immer auch
Manstream.
Schiefe Repräsentationslage. Ähnliches konstatiert Paul Poet, Obmann
des österreichischen Regie-Verbands:
„Ein großes Manko sind vor allem
Medienberichterstattung und Öffentlichkeitsrezeption, mehr noch als inhärente
Ungleichgewichte in der Branche, mit
der Folgewirkung, dass ,weibliche Themen’ – vertreten im Spielfilmbereich
etwa durch Albert, Hausner, Schweiger,
Derflinger, Dusl und andere – trotz
internationaler Erfolge nach wie vor ein
Rand- oder Nischen-Kino darstellen.”
Die Leiterin der Filmabteilung des
Bundesministeriums für Unterreicht,
Kunst und Kultur (BM:UKK), Barbara
Fränzen, sieht ebenso wie Poet in diesem Bereich einen Problemherd: „Auch
in der Filmkritik müssen weibliche
Aspekte stärker berücksichtigt bzw.
Filmprogramme und Programmierun-
gen diesbezüglich genauer analysiert
werden.”
Erst kürzlich etwa wies die Filmkritikerin Isabella Reicher in einer Rezension
in der Tageszeitung „Der Standard”
darauf hin, dass Frauen im Programm
„Deutschland in der Nacht” des
Filmmuseums überhaupt keinen Platz
gefunden hätten: „Ab Mitte der 60er
Jahre ging in der BRD eine ungewöhnliche große Zahl an Filmemacherinnen an die Arbeit, deutsche Realität
abzuklopfen, und schlug dabei auch
ästhetisch interessante Wege ein. Davon
ist in der Schau, die alleine ,Wahlkampf
1932’, ein eindringliches Zeitdokument
der Avantgardefilmerin Ella BergmannMichel, und zwei Arbeiten von Danièle
Huillet und Jean-Marie Straub (aner-)
kennt, rein gar nichts zu sehen.”5
Quote für die Gremien. Doch nicht nur
mangelnde mediale Repräsentation ist
schuld daran, dass die vielen Filmemacherinnen hierzulande kaum sichtbar
sind. „Frauen neigen oft dazu, sich
freiwillig in die zweite Reihe zu stellen.
Sie übernehmen ungern Funktionen in
Interessenvertretungen oder Verbänden. Gleichzeitig wird von diversen
Entscheidungsträgern zu wenig Bedacht
darauf genommen, bestimmte Gremien
oder Jurys mit ausreichend Frauen zu
besetzen”, stellt Gabriele Kranzelbinder
fest. Was die Verbände betrifft, hat sich
die Situation zwar gebessert, wie Astrid
Heubrandtner vom Kameraverband
anmerkt. Hier haben„innerhalb der
letzten zwei Jahre einige Kamerafrauen
die Präsidentschaft in den nationalen
Kameraverbänden von Frankreich,
Großbritannien, Portugal, Norwegen
und Österreich übernommen”. Auch, so
ergänzt Barbara Fränzen vom BM:UKK,
„gibt es in der gesamten Kunstsektion mittlerweile ein entsprechendes
Bewusstsein, sodass in den 14 Beiräten
der einzelnen Sparten mit insgesamt
74 Mitgliedern eine Aufteilung von 47
Frauen und 27 Männern gegeben ist.”
Tatsache bleibt jedoch, dass in den zahlreichen Filmverbänden in Österreich
Männer meist deutlich in der Überzahl
sind: Im Drehbuchverband etwa stehen
59 Autoren 24 Autorinnen gegenüber –
weniger als die Hälfte. Über die Gründe
kann Sandra Bohle vom Verband nur
spekulieren: „Während des Studiums
an der Filmakademie ist das Verhältnis
3 FRAUEN. ARBEIT.
FILM. Nächster Termin am
18.5., mehr Infos auf www.
frauenarbeitfilm.at oder
unter [email protected]
4 Mit Barbara Albert (Filmemacherin, Produzentin
coop99), Maria Anna
Kollmann (Dachverband
der Filmschaffenden),
Katharina Mückstein
(Filmemacherin), Kathrin
Resetarits (Filmemacherin,
Schauspielerin), Eva Testor
(Kamerafrau, Produzentin mobilefilm), Cordula
Thym (Filmemacherin).
Moderation: Andrea Braidt
(Filmwissenschafterin).
Zum Nachhören unter www.
diagonale.at/fetcharticle.
php?puzzle&page=9547
5 http://derstandard.
at/1267132124226/
Eine-Filmgeschichte-aufNebenwegen
Mai 2010 an.schläge l 17
thema: filmarbeit
etwa 50:50. Unsere Branche ist sehr
kompetitiv, die Entscheidungsträger in den
maßgebenden Positionen sind ausschließlich männlich, man traut den Frauen
weniger zu oder lässt sie nicht ran.”
Wie etwa beim Kameraverband Österreich, der gerade einmal vier Prozent
Frauen unter seinen Mitgliedern zählt.
„Kamera ist nach wie vor ein sehr männerdominierter Beruf”, erklärt dessen
Verbandsobfrau Astrid Heubrandtner.
„Komplizierte Technik“. Einzig beim
Verband für Film- und Videoschnitt
gestalten sich die Verhältnisse anders
als üblich: 34 Prozent Männer sind es
im bisherigen Jahr 2010, 2000 waren
es gar nur neun Prozent. Aber: „Man
kann sagen, dass es, bedingt durch eine
rasante technische Entwicklung mit
komplizierten Schnittsystemen, den
Trend gibt, dass sich verstärkt Männer
für den früher fast ausschließlich von
„Wo Festivaldirektorinnen bestimmen, Journalistinnen schreiben und Frauen in Entscheidungsjurys sitzen, steigt der Anteil der Filme,
die von Frauen gemacht wurden.“ (Sabine
Derflinger, Regisseurin)
Who is Who?
Barbara Albert
Regie- und Drehbuchstudium in Wien. Filmografie
(Auswahl): „Die Frucht
deines Leibes” (1996),
„Böse Zellen” (2003)
und „Fallen” (2005). Ihr
bekanntestes Werk ist der
mit zahlreichen Preisen
gekrönte Film „Nordrand”
(1999). Gemeinsam mit
Martin Gschlacht und
Antonin Svoboda gründeten
Jessica Hausner und Barbara Albert die Produktionsfirma coop99.
www.coop99.at
„Das ist tief verwurzelt, allein im
normalen Sprachgebrauch wird oft
automatisch der Begriff ,Kameramann’
verwendet.”
In der bereits erwähnten DiagonaleDiskussion wurde unter anderem über
Frauen ausgeübten Beruf interessieren”, meint Maria Anna Kollmann
vom Dachverband der österreichischen
Filmschaffenden.
„Kameras, die zu schwer sind für Frauen, Technik, die zu kompliziert ist – alles
Sandra Bohle
ist Geschäftsführerin des
Drehbuchverbands Österreich sowie des Drehbuchforums Wien.
www.drehbuchverband.at,
www.drehbuchforum.at
Sabine Derflinger
Studium an der Wiener
Filmakademie (Buch &
Dramaturgie). Seit 2007 Jurymitglied im Beirat des Österreichischen Filminstituts.
Filme (Auswahl): „Vollgas”
(2001), „42plus” (2007),
„Eine von 8” (2008). Aktueller Film: „Zwischen Tag
und Nacht” (2009).
http://sabine.derflinger.org
Jessica Hausner
Studium der Regie an der
Filmakademie Wien. Ihr
Diplomfilm „Interview”
gewann den Prix du Jury
der Cinefondation beim
Filmfestival in Cannes 1999.
Zwei Jahre später wurde
ihr Film „Lovely Rita” ebenfalls in Cannes präsentiert.
Derzeit im Kino: „Lourdes”
(2009).
18 l an.schläge Mai 2010
Sabine Derflinger bei der Arbeit an „Zwischen Tag und Nacht”. Foto: Mobilefilm
die Einführung von Frauenquoten im
geförderten Filmbereich debattiert. Die
Diskutantinnen kamen überein, dass
die Erfüllung einer Quote oft gar nicht
möglich sei – denn aus Angst, nicht „gut
genug” zu sein, würden Frauen ihre
Arbeiten bei vielen Bewerben teils gar
nicht erst einreichen. Statt einer allgemeinen Quotenregelung, der ohnehin
viele weibliche Filmschaffende skeptisch
gegenüber stehen, geht der Wunsch hin
zu einer Quote für Entscheidungsgremien und Jurys, die Förderungen vergeben.
klassische, unsinnige Vorurteile, die
nicht so schnell auszurotten sind”, kommentiert Kamerafrau Astrid Heubrandtner. Die Technik werde missbraucht, um
Frauen fern zu halten. Das Weitertragen
solcher Vorurteile mag auch Mitschuld
daran haben, dass filmschaffende
Frauen sich selbst wiederholt unsichtbar
machen.
Nicht mal mehr einen Liter Milch.
Förderungen sind eine wichtige Stütze
für FilmemacherInnen. Denn, wie es im
Info-Blatt des Österreichischen Filminstituts heißt: „Die Eigenproduktion von
Kinofilmen ist ohne Förderungsmittel
europaweit nicht mehr möglich, da
die Erlöse aus allen Verwertungen die
Kosten der Herstellung nicht annähernd
abdecken.” Erschwerend kommt hinzu,
dass mehr Frauen im Dokumentar- als
im Spielfilmbereich arbeiten. Astrid
Heubrandtner erläutert: „Dokus haben
geringere Budgets. Dort wo mehr Geld
ist, findet man weniger Frauen, ein Faktum, das sich nicht nur auf die Filmbranche beschränkt.”
Die ökonomische Lage, so Gabriele
Kranzelbinder, sei in vielen Fällen
„desaströs”. „Als Regisseurin vom Filmemachen zu leben, kann sehr schwierig sein. Ich habe Zeiten hinter mir, da
konnte ich mir plötzlich nicht mal mehr
einen Liter Milch kaufen, weil alle Karten gesperrt waren”, erinnert sich auch
Sabine Derflinger.
Nicht zuletzt setzt sich diese Prekarität
bis ins Private fort. Denn der Beruf der
Regisseurin oder Kamerafrau mit den
dazu gehörigen, höchst unterschiedlich
gewichteten Arbeitszeiten und Arbeitsauslastungen lässt sich schlecht mit
traditionellen Familien- und Partnerschaftsmodellen vereinbaren.
Und auch positive Förderbescheide
sind noch keine Überlebensgarantie.
Sabine Derflinger merkt hier an: „Von
geförderten Filmen als Regisseurin zu
leben, ist selten möglich. Wichtig sind
Einkünfte aus Fernsehen, Werbung,
Lehrtätigkeiten. Da gibt’s aber weniger
Zugang für Frauen. Was die höchstbezahlten Lehrtätigkeiten der ProfessorInnen betrifft, gilt nach wie vor der
Ausschluss, weil Männerbünde das Land
regieren.”
Akademischer Aufstieg? Barbara
Albert hat derzeit einen Lehrauftrag
für Regie an der Filmakademie in Wien.
Damit befindet sie sich im Mittelbau.
Auf dieser Ebene gibt es einige Frauen,
unter anderem auch Sandra Bohle in
der Klasse „Buch und Dramaturgie”.
Bei den Professuren findet sich aber
gerade mal eine Frau, die Gastprofessorin Helga Bähr (für „Produktion”).
Ansonsten sind alle sieben Professuren
männlich besetzt. Aufgrund vieler Professoren, die in Pension gehen, stehen
momentan zahlreiche Ausschreibungen
an. Die Mehrheit in der Auswahlkom-
thema: filmarbeit
Barbara Albert bei den Dreharbeiten zu „Fallen”. Foto: Nick Albert
mission jedoch, so Sandra Bohle, ist
wiederum männlich. „Das ist auch gar
nicht anders zu besetzen, angesichts der
fehlenden Mitarbeiterinnen.”
wussten Entscheidungen beruht, aber es
ist klar ablesbar.” – „Frauen bekommen
weniger hochdotierte Budgets. Frauen
müssen sich länger beweisen. Frauen
„Man traut Frauen tendenziell weniger zu, was
auch bei der Förderungspolitik deutlich wird – z.B.
bekommen sie als Regisseurinnen niedrigere Budgets.“ (Gabriele Kranzelbinder, Produzentin)
Förderungs-Spießrutenlauf. Was die
Filmförderungen betrifft, so werden die
Entscheidungen hier hauptsächlich und
teilweise sogar ausschließlich von Männern getroffen. Wie Jessica Hausner
anmerkt: Eigene Weltsicht und Sehgewohnheiten haben auch Einfluss darauf,
was man schlussendlich für „wertvoll”
hält, was man fördert – oder
eben nicht. „Was man filmisch
,gut’ oder ,schlecht’ empfindet,
hängt stark mit Sehgewohnheiten
und Vorbildern zusammen – ich
halte diese Prägung des Zuschauers für entscheidend. Und hier
geht es gar nicht um Geschlechterdifferenz, sondern überhaupt
darum, dass ungewohnte Darstellungen und Inhalte zunächst auf
verminderte Akzeptanz stoßen.”
Gabriele Kranzelbinder hat ebenfalls die Erfahrung gemacht, dass
„man Frauen weniger zutraut,
was auch bei der Förderungspolitik deutlich wird – zum Beispiel
bekommen sie als Regisseurinnen
niedrigere Budgets. Ich unterstelle keinesfalls, dass das auf be-
bekommen weniger Vertrauensvorschuss, auch nicht von anderen Frauen”,
fasst es Sabine Derflinger zusammen.
„Trotzdem ist es so, dass langfristig und
nachgewiesener Maßen nur über die
Einhaltung der Frauenquoten in den Gremien der Anteil der geförderten Projekte
von Frauen steigt.”
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te
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o
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Besetzung in
diversen Gremien
(Stand: 2010)
Österreichisches
Filminstitut: Aufsichtsrat:
11 stimmberechtigte Mitglieder, davon 0 Frauen. Ohne
Stimmrecht: 4 Personen, davon
1 Mann, 3 Frauen. Projektkommission: 12 Personen, davon 7
Männer, 5 Frauen Filmfonds
Wien: Kuratorium: 8 Personen,
davon 6 Männer, 2 Frauen. Jury:
4 Personen, davon 2 Männer, 2
Frauen. Beirat „Innovative Filmförderung“: 5 Personen, davon
2 Männer, 3 Frauen.
Um hier nicht nur genauere Einblicke
zu bekommen, sondern auch um festzustellen, wo man mit Verbesserungen
ansetzen kann, führte das BM:UKK
vor einigen Monaten auf Bundesebene
das sogenannte Gender Budgeting ein.
Einzelne Förderstellen werden nun
analysiert, um herauszufinden, wie das
Personal, die Aufsichtsgremien, die
Gehaltsschemata etc. zusammengesetzt
sind. In der Folge, so Barbara Fränzen
von der Abteilung Film, sollen dann
Empfehlungen abgegeben werden. Bereits jetzt wurden für den fünfköpfigen
Beirat der „Innovativen Filmförderung”
des BM:UKK gezielt drei Frauen als
Mitglieder nominiert. Frauen sollen
so, ebenso wie durch vermehrte bzw.
andersartige Repräsentation gefördert
und sichtbar gemacht werden. Denn im
filmischen Umfeld Frauen zu fördern,
heißt, die Filmemacherinnen selbst zu
fördern: „Wo Festivaldirektorinnen
bestimmen, Journalistinnen schreiben
und Frauen in Entscheidungsjurys sitzen, steigt der Anteil der Filme, die von
Frauen gemacht wurden”, sagt Sabine
Derflinger.
Vielleicht erfüllen sich so ja auch
bald die Forderungen von Brigitte
Mayr und Sabine Perthold: „Für die
kommenden 82 Jahre FilmFRAUEN
als Preisträgerinnen. Und eventuell
ein kleines Re-Design des Goldmännchens.” l
Förderungen
(aus dem Kunstbericht des
BM:UKK 2008)
Filmabteilung BM:UKK: Drehbuch: 10
Förderungen, davon Frauen: 4 (6/4), entspricht 2/3 Männer, 1/3 Frauen. Projektentwicklung: 34, davon Frauen: 11, gemischt: 2
(21/13), entspricht 62% Männer, 33% Frauen (6% gemischt). Herstellung: 66, Frauen:
21, gemischt: 2 (66/43), entspricht 65%
Männer, 32% Frauen (3% gemischt). Österreichisches Filminstitut: Projektentwicklung: 24, Frauen: 3, gemischt: 4 (17/7), 12%
Frauen (ca. 30% Frauen und gemischt). Herstellung Kinofilm: 17, Frauen: 2, gemischt:
3 (12/5), 12% Frauen (ca. 30% Frauen und
gemischt).
Quelle: Dachverband der österreichischen Filmschaffenden (Maria Anna Kollmann)
Astrid Heubrandtner
ist Obfrau des Österreichischen Verbands der
Kameraleute, SchwenkerInnen, KameraassistentInnen
und ColoristInnen. Sie ist
Kamerafrau und stand u.a.
bei „Eine von 8” (Regie:
Sabine Derflinger) hinter
der Kamera.
www.aacamera.org
Maria Anna Kollmann
ist Geschäftsführerin des
Dachverbands österreichischer Filmschaffender.
www.filmschaffende.at
Gabriele Kranzelbinder
ist Geschäftsführerin der
KGP Gabriele Kranzelbinder Production, zusammen
mit Marie Tappero und
Elisabeth Chobel-Spanoudis.
Produzierte Filme (Auswahl): „Dust” (2009), „Muezzin” (2009), „Universal
Love” (2008).
www.kgp.co.at
Brigitte Mayr
ist wissenschaftliche
Leiterin von „SYNEMA –
Gesellschaft für Film und
Medien”, einer interdisziplinären Schnittstelle
zur Vermittlung zwischen
Theorie und Praxis der audiovisuellen Medien. Derzeit
Konzeption und Organisation
der Veranstaltungsreihe
„FRAUEN.ARBEIT.FILM”,
gemeinsam mit der Theaterwissenschaftlerin Sabine
Perthold.
www.synema.at
www.frauenarbeitfilm.at
Paul Poet
ist Obmann des Verbands
FilmRegie Österreich.
www.directors.at
Mai 2010 an.schläge l 19
thema: filmarbeit
No
Oscar
for
Old Men
Das Internationale Frauenfilmfestival Dortmund | Köln (IFFF)
präsentiert nicht nur aktuelle
Arbeiten von weiblichen Filmschaffenden, sondern versteht
sich auch als Forum für den
Austausch und die Weiterbildung
für Frauen aus allen Bereichen
der Filmproduktion. Gertraud
Eiter sprach mit Festivalleiterin
Silke J. Räbiger über die Arbeitsbedingungen für Frauen in
der europäischen Filmbranche.
Foto: aism/photocase
an.schläge: Gibt es Zahlen, wie viele
Frauen in Deutschland eine Filmhochschule absolvieren und wie viele Filme
hier jährlich von Frauen realisiert
werden?
Das Internationale Frauenfilmfestival Dortmund | Köln
findet in jährlich wechselndem Rhythmus in den
Städten Köln und Dortmund
statt, heuer vom 14.-18.
April 2010 in Köln.
www.frauenfilmfestival.eu
20 l an.schläge Mai 2010
Silke J. Räbiger: Grundsätzlich haben
Frauen in der Bundesrepublik gute Ausbildungsbedingungen, vor allem wenn
dabei an die Bereiche Regie, Drehbuch,
Ausstattung, Kostüm oder Produktion
gedacht wird. Leichte Zuwächse gibt
es in der Ausbildung von Bildgestalterinnen, wenig Erfreuliches gibt es
hingegen von den Filmkomponistinnen
zu berichten. Traditionell geringer ist
die Ausbildungsrate bei technischen
Berufen wie etwa Ton, Schnitt oder in
der gesamten Postproduktion. Allerdings
liegen hier keine konkreten Zahlen vor,
ebenso wie zu den von Frauen realisierten Filmen. Alle mir bekannten Zahlen
sind ca. zehn Jahre alt.
Wie schätzen Sie die Förderbedingungen von Frauen in der Filmbranche
in Deutschland ein? In Frankreich
beispielsweise stehen mehr öffentliche
Gelder für Filmförderung zur Verfügung
als in Deutschland oder Österreich.
Inwieweit profitieren davon auch weibliche Filmschaffende?
Überall da, wo mehr Geld zu verteilen
ist, profitieren auch Frauen davon. Ob
sich das auch positiv auf die Vergabe
der „großen” Budgets bei Spiel- oder
Fernsehfilmprojekten für die Frauen
niederschlägt, wage ich aber zu bezweifeln.
Welche Gegebenheiten sind für eine
Karriere als Filmemacherin besonders
hinderlich bzw. förderlich?
Hinderlich ist mit Sicherheit die scheinbare Unvereinbarkeit von Kindererziehung und Berufsausübung, was ja nicht
nur das Filmemachen betrifft. Hier
schlägt aber die besondere zeitliche
Belastung der Frauen während eines
Drehs zu Buche – daher auch unsere
Podiumsdiskussion „Der Dreh mit dem
Kind” beim diesjährigen Festival. In
Deutschland sind vor allem individuelle
Lösungen gefragt, Frankreich scheint da
einen anderen Umgang mit berufstätigen Müttern zu pflegen.
Förderlich für Frauen sind offenbar ihre
Fähigkeit zum „Multitasking” und ihre
Teamfähigkeit, was auch die große Zahl
an Produzentinnen, Agentinnen oder
Redakteurinnen nahelegt.
In welchen Berufsgruppen innerhalb
der Filmbranche orten Sie die größten
Unterschiede, was die Arbeitsbedingungen angeht?
Die gravierendsten Unterschiede gibt es
meines Wissens bei der Bildgestaltung
und der Filmkomposition, ich überblicke
aber nicht alle Professionen. Nach wie
vor gilt auch in diesen Berufen, dass
Frauen schlechter bezahlt werden.
Wir vom IFFF fragen nach, was für die
Frauen in den unterschiedlichsten Filmprofessionen wichtig ist, und versuchen
thema: filmarbeit
dementsprechend, Diskussionen auf dem
Festival zu führen oder Weiterbildung
anzubieten. 2005 haben wir begonnen,
zu speziellen Fragen in den Bereichen
Produktion, Recht, Filmmusik etc. Informationsveranstaltungen, Workshops und
Werkstattgespräche anzubieten. Wir
haben auch versucht, parallel zu den
Schwerpunktthemen des Festivals zu
arbeiten, zum Beispiel 2007 zum Thema
Filmmusikkomposition oder 2008 zum
Vergleich der Produktionsbedingungen
in China und Deutschland. Erst seit
dem letzten Jahr sind diese Angebote
unabhängig von der thematischen Ausrichtung des Festivals gestaltet, so dass
genauso gut drauf wie Männer. Aber,
um das bekannte Beispiel mal wieder
zu bemühen: Nach 81 Jahren ging der
erste Regie-Oscar an eine Frau – und
zwar für einen gut gemachten, spannenden Kriegsfilm.1 Das ist doch ein
ziemlich männerdominiertes Genre,
und selbst diese Regisseurin ist den
Menschen kaum bekannt. Auch andere
Oscar-Preisträgerinnen wie Caroline
Link2, Marleen Gorris3 oder Andrea
Arnold4 kennen nur wenige. Diese
Unsichtbarkeit auf Dauer zu durchbrechen, die breite Palette des weiblichen
Filmschaffens präsent zu halten, ihre
Themen, ihre Leistungen, und der große
„Wir haben immer noch eine stark ausgeprägte
Dominanz männlicher Protagonisten im Filmgeschäft und damit auch eine seit Beginn der
Filmkultur bestehende männliche Sicht- und
Rezeptionsweise.“
wir noch keine belastbaren Erkenntnisse haben, ob wir damit wirklich die
Bedürfnisse der filmschaffenden Frauen
bedienen. Daneben sind wir auch in der
Filmbildung aktiv: Schulfilmprogramme, Film-Workshops für junge Frauen,
eine internationale Ringvorlesung und
Ähnliches.
Eine systematische Analyse kann das
Festival aber nicht leisten, das ist eher
eine wissenschaftliche Aufgabe.
Wie werden diese Angebote angenommen? Sind die Teilnehmerinnen eher
professionelle Frauen in Filmberufen
oder Studentinnen?
Diejenigen, die teilgenommen haben,
waren durchaus begeistert. Das Verhältnis von berufstätigen Frauen und
Studentinnen war etwa zwei Drittel zu
einem Drittel.
Warum braucht es denn heute überhaupt noch ein Frauenfilmfestival?
Wir haben immer noch eine stark
ausgeprägte Dominanz männlicher
Protagonisten im Filmgeschäft und
damit auch eine seit Beginn der Filmkultur bestehende männliche Sicht- und
Rezeptionsweise. Es geht hier weniger
um Handwerk – das haben viele Frauen
Spaß, den es macht, diese Filme anzuschauen – darum geht es nicht zuletzt
bei einem Frauenfilmfestival. Noch zwei
aktuelle herausragende Filmbeispiele
möchte ich nennen: „Na Putu” von
Jasmila Žbanic´ und „Nothing Personal”
von Urzula Antoniak.
Sieht bzw. definiert sich das IFFF als
feministisch?
Dazu fällt mir eine Gegenfrage ein: Wie
wird Feminismus heute definiert? Eine
grundsätzliche feministische Ausrichtung ergibt sich bei einem Frauenfilmfestival ja fast von selbst, zum Beispiel
durch eingeladene feministische Filmwissenschaftlerinnen oder die Themen,
die in den Filmen behandelt werden, vor
allem wenn sie nicht aus den reichen
Industrienationen kommen.
Unsere diesjährige Debatte „Der Dreh
mit dem Kind” ist auch so eine klassische feministische Diskussion. Feministische Positionen zu vertreten ist nicht
das Hauptanliegen des Festivals, aber
sie werden selbstverständlich formuliert.
Es ist nach wie vor mühsam, ein Frauenfilmfestival zu organisieren, denn man
bekommt schnell das Gefühl vermittelt,
nur ein Frauenfilmfestival zu sein. Das
manifestiert sich manchmal in weniger
Geld, als es vergleichbare Festivals
akquirieren können, und hat beispielsweise auch immer mit der geringen
Bekanntheit der Filmemacher_innen zu
tun. Frei nach dem Motto: Kennt ja eh
keiner. Auf jeden Fall ist man immer im
Rechfertigungsdruck.
1973 fand in Deutschland das „1. Internationale Frauenseminar” statt – eine
Plattform für Austausch und Vernetzung
von weiblichen Filmschaffenden, initiiert und organisiert von Filmemacherinnen. Welche Netzwerke von und für
im Filmbereich tätige Frauen existieren
heute in Deutschland?
In den 1990er Jahren gab es noch die
European Coordination of Film Festivals, dort hatten die Frauenfilmfestivals
Europas eine Untergruppe. Ende der
90er fand das erste Treffen der Frauenfilmfestivals in Europa in Dortmund
statt und danach kleinere Treffen in
lockerer Reihenfolge in Köln oder Créteil. Heute lädt das Frauenfilmfestival
in Créteil regelmäßig zu internationalen
Festivaltreffen ein. Die Filmschaffenden
selbst haben neben den „klassischen”
Berufsverbänden eher lokale Netzwerke
wie beispielsweise die Golden Feminists
in Berlin oder LaDoc, das Dokumentarfilmnetzwerk für Frauen in Köln.
Sind Veränderungen in der Partizipation weiblicher Filmschaffender in den
letzten Jahrzehnten erkennbar? Wo
liegt nach wie vor dringender Handlungsbedarf?
Insgesamt hat sich die Zahl der Studierenden und auch die Zahl der filmschaffenden Frauen in allen Bereichen etwas
erhöht. Eine wichtige Aufgabe besteht
für mich allerdings noch immer in der
Erhöhung der Anzahl der weiblichen
Lehrenden und jener Frauen, die in den
Hochschulen verantwortliche Positionen
einnehmen. Sie haben nach wie vor eine
wichtige Vorbildfunktion.
Silke J. Räbiger war von 1992-2006
Leiterin des Frauenfilmfestivals „femme
totale“, seit 2007 leitet sie das Internationale Frauenfilmfestival Dortmund | Köln.
Gertraud Eiter arbeitete mehrere Jahre
beim Internationalen Film Festival Innsbruck mit. Sie ist Mitinitiatorin, Kuratorin
und Organisatorin des feministischen
Kinoprojekts „kinovi[sie]on“.
1 Für „The Hurt Locker”
erhielt Kathryn Bigelow
den diesjährigen Oscar für
„Beste Regie” und „Bester
Film”.
2 Die deutsche Regisseurin
Caroline Link erhielt 2003
für ihren Film „Nirgendwo
in Afrika” den Oscar für den
„Besten fremdsprachigen
Film”.
3 Marleen Gorris wurde
1996 für „Antonias Welt”
mit dem Oscar in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film” ausgezeichnet.
4 Andrea Arnold, britische
Regisseurin und Schauspielerin, erhielt für ihren
Kurzfilm „WASP” 2005
den Oscar.
Mai 2010 an.schläge l 21
FRAUENHOTEL artemisia BERLIN
Zimmer zum Wohlfühlen in Citylage. Ab 39,- Euro.
Brandenburgische Str. 18, 10707 Berlin, T 0049 30 8738905
[email protected], www.frauenhotel-berlin.de
22 l an.schläge Mai 2010
an.sprüche
Rosa Periode
Macht Rosa Mädchen dumm?
Eine neue britische Bewegung
namens „Pink stinks” behauptet
genau das. Gabi Horak jedenfalls
möchte ihre Tochter vor einer
„rosa Konditionierung” bewahren,
während Michèle Thoma sicher
ist, dass die rosa Periode spurlos
an den „Prinzessinnen” vorbeigeht.
Lillifee vs. Pink Panther, Zeichnung: Claudia Amsler
„So ein lieber Bub, wie alt ist er denn?” Ich kann diese Frage nicht mehr
hören. Ja, sie ist süß, und nein, sie ist kein Bub. Egal, ob es die blaue Jacke
ist, die braune Haube, die grüne Hose – jede andere Farbe als die typischen
Mädchenfarben machen aus meinem Kind zunächst einmal einen Buben.
Von dieser Norm Abweichendes muss schon eindeutig gekennzeichnet sein:
zuckerlrosa und blasslila. Warum ich diesen Einheitslook abstoßend finde, hat
mehrere Gründe.
Zunächst einmal mag ich die Farbe schlicht und einfach nicht. Meine Lieblingsfarbe ist Himmelblau. Und für mein Kind besorg ich am liebsten, was
ich selber auch mag. So weit, so logisch. Nur trägt sie vor allem Kleidung
und spielt sie vor allem mit Sachen, die wir geschenkt bekommen. Ist eh
super, kommt uns billiger. Auch wenn die meisten Verwandten von meiner
Abneigung wissen: Ein rosa Leiberl da („weil’s einfach so süß ist”) und ein
lila Prinzessinnenbild dort („weil’s das nicht ohne gegeben hat”) lassen sich
nicht vermeiden. Es ist ja auch schwer: Bei vielen notwendigen Dingen von
Flascherl bis Latzerl gibt es genau zwei Farben zur Auswahl.
Ganz abgesehen von persönlichen Neigungen finde ich die exzessive rosa
Kennzeichnung weiblicher Nachkommen auch gesellschaftspolitisch sehr
bedenklich! Sie ist meiner Meinung nach mit dem Ziel der Gleichberechtigung in allen Lebenslagen nicht vereinbar. Vereinfacht und zusammengefasst:
Diese rosa Konditionierung in den Kinderzimmern reduziert die Welt der
Mädchen großteils auf Puppenkram, in weiterer Folge auf ein fürsorgliches
Gemüt und die Mutterrolle, auf ebenso typische Mädchenberufe – sie bereitet
den Weg für verminderte Chancen im Leben. Das klingt vielleicht übertrieben, aber ist so ähnlich wie mit der Sprache: Die nur-männliche Schreibweise
tut an sich nicht weh. Aber Sprache schafft Realität, ist Symbol und Legitimation für Diskriminierungen. Und wenn ich mir für meine Tochter was wünsche, dann, dass sie alles sein darf, was sie will – nicht nur blau angezogen.
Es waren einmal zwei Prinzessinnen. Sie waren verwunschen und mussten
auf dem Land leben. Einschichtig, inmitten von Krähen, Kühen, ein paar einsilbigen Bauern. Es gab keinen Fernseher. Es gab keine Barbies. Dafür gab
es gesunden Gatsch, klobige Holzautos, Bäuerinnen in Gummistiefeln. Dafür
gab es kratzige Wollpullover in schönen Erdfarben. Wenn die Landmädchen,
die in Wahrheit Prinzessinnen waren, in die kleine Stadt kamen, in das
Schuhgeschäft, in den Spielzeugladen, stürzten sie sich auf rosa Schühchen
mit rosa Maschen. Sie stürzten sich auf Plastikpuppen in rosa Röckchen, mit
rosa Söckchen.
Irgendwann waren die Prinzessinnen keine Prinzessinnen mehr. Sie waren
alles Mögliche und Unmögliche, aber keine Prinzessinnen. Sie trugen keine
rosa Schuhe mehr und nur noch äußerst selten rosa Gewänder.
Ihre Brüder waren keine Prinzen. Rosa war ihnen ziemlich wurscht. Später
fanden sie Rosa blöd, peinlich, mega-peinlich.
Rosarot tapeziertes Zimmer im grauen Winter in schwarzer Dezembernacht.
Oase der Friedlichkeit. Ich erinnere mich an US-Oldies in Baby-Pink. An den
Rosenquarz meiner Schwiegermutter: gut fürs Herz. Regrediere ich? Wenn
regredieren so schön ist, dann regrediere ich eben!
Rudolf Steiner empfiehlt Kinder(nicht Mädchen-)zimmer in Rosa. Altertümliche Sanftmut in unserer rabiaten Welt: sicher gut für einen neuen Menschen.
Für einen alten ebenfalls. Und zwischendurch Retraite in Rosa für alle, die
vorwiegend rot und schwarz sehen und sich grün und blau ärgern! Rosa für
Rosenkranz!
Die Konsumdiktatorinnen Lillifee und Hello Kitty herrschen in falscher
Sanftmut über Séraphine und Sophie. Natürlich erfasst den weiblichen Elternteil in intellektuellem Schwarz das große Grauen im Königreich Rosarien. Natürlich möchte die bewusste Mutti diese perfiden Tyranninnen verbannen. Natürlich möchte sie Cassiopeia und Friederike befreien, ihnen die rosa
Brille herunterreißen. Mütter in Schwarz: Keep cool! Eines Tages verlassen
Sidonie und Aloysia das rosa Reich. Freiwillig! Das Leben ist bunt.
Gabi Horak ist Journalistin und Mutter einer neun Monate alten Tochter.
Michèle Thoma ist Schriftstellerin und Mutter von zwei Töchtern und zwei Söhnen
zwischen 17 und 28 Jahren.
Mai 2010 an.schläge l 23
zeitausgleich
arbeitsfragen in allen
lebenslagen
webpage
Kampagnenstart für „Pille danach“
Mit 1.1.2010 wurde ein Anliegen vieler Frauen umgesetzt: Eines jener
Medikamente, die als „Pille danach” bezeichnet werden, das Produkt
„Vikela”, gibt es nun rezeptfrei in allen österreichischen Apotheken
– auch für Jugendliche. Denn abgesehen von einer relativ hohen Hemmschwelle war das Warten auf eine nächste offene Ordination ein Problem, sollte doch die Einnahme der „Pille danach” bestenfalls innerhalb
der folgenden zwölf Stunden nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr erfolgen. Jene Wirkstoffe, die noch nach bis zu fünf Tagen wirken,
bleiben rezeptpflichtig. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek
begrüßt die Informationskampagne zur „Notfallpille” von Gesundheitsminister Alois Stöger. Vom Berufsverband österreichischer GynäkologInnen wird jedoch kritisiert, dass eine Wirkung von „Vikela” bis zu 72
Stunden danach versprochen wird – es seien seriöserweise nämlich nur
24 Stunden. vers/sylk
www.notfallpille.at
Text: Irmi Wutscher, Illustration: Nadine Kappacher
Selbstständig
„Das musst dir alles aufschreiben, Mädchen!”, sagt die Steuerberaterin und tippt mit ihren in Grellorangeglitzer lackierten Fingernägeln vorwurfsvoll auf die Zettel, die ich in einer Ringmappe mit der
hoheitsvollen Aufschrift „Steuer ’09” angesammelt habe. Hab ich aber
nicht. Also nicht ausreichend. Und jetzt sitze ich zwischen Zetteln,
Rechnungen und Ausdrucken und soll mein Arbeitsjahr 2009 irgendwie
in eine Struktur bringen, die auch dem Finanzamt logisch, stringent
und geordnet erscheint.
Eine Honorarnote hier, ein paar Anstellungstage da, dazwischen ein
kleiner Werkvertrag. Ich weiß nicht, was ich verdient habe, in welche
Steuerklasse ich falle und was wie wo abschreibbar ist. Kurz überlege
ich, das mit dem Arbeiten einfach wieder sein zu lassen. Und dann,
immer wütender, male ich mir aus, wie ich einen dieser neoliberalen
Think-Tanks anzünde. Ich bin nämlich ihr Produkt. Das, was diese
Wirtschaftsheinis so gerne „Neue Selbstständige” nennen und wir
unter dem schönen Namen „Prekariat” kennen.
Ich habe sie durchlaufen, die typische Arbeitsbiografie der Nullerjahre:
Für kein Geld Praktikum abgedient. Dann mal in Büchern bezahlt worden. Für einige Monate war ich mal angestellt, wurde aber – wollt ihr
raten? – durch einen Praktikanten ersetzt, der für mein Zehn-Wochenstunden-Gehalt vierzig gearbeitet hat. Als Absolventin eines geisteswissenschaftlichen Studiums durfte ich dafür ein AMS-Arbeitstraining
genießen. Und hab mich anschließend durch die Tiefen des Boulevards
und die Höhen des ORF-Zentrums gekämpft.
So habe ich im Laufe der Jahre in den Medien so weit Fuß gefasst,
dass ich mich „freie Journalistin” nennen kann. Das klingt schick und
ist auf Hipster-Parties ein gutes Mittel, das Gegenüber zu beeindrucken. Das war’s dann aber schon wieder mit der Lässigkeit. Denn
unter der glänzenden Oberfläche heißt das: um Geschichten kämpfen,
monatlich zittern, ob genug Geld hereingekommen ist, oder nicht mehr
zwischen Arbeits- und Freizeit unterscheiden können. Das ist der bittere Nachgeschmack der angeblich so süßen Freiheit.
Irmi Wutscher hat viele Jobs und arbeitet eigentlich immer.
Nadine Kappacher gibt es da www.salon-nadine.at
und dort http://meerweh.tumblr.com
24 l an.schläge Mai 2010
arbeitsstudie
Endstation Teilzeit
Eine von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek im März präsentierte Studie, in der die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der
Teilzeitarbeit untersucht wurden, bringt wenig überraschende Ergebnisse: Ungefähr achtzig Prozent der Teilzeitarbeitenden sind Frauen.
Knapp die Hälfte entscheidet sich wegen Betreuungspflichten bewusst
für diesen Kompromiss. Anders betrachtet: Die Mehrheit der Frauen
zwischen dreißig und 45 Jahren arbeitet Teilzeit – dabei wäre eine von
fünf Frauen gerne für vierzig Wochenstunden beschäftigt. Die männlichen
Kollegen treten zu Beginn oder am Ende ihrer Karriere etwas kürzer, um
eine Aus- oder Weiterbildung zu absolvieren – nur drei Prozent gaben
Kinderbetreuung als Grund für die Teilzeitstelle an. Die Entlohnung
der Teilzeitarbeit fällt bis zu einem Drittel schlechter aus als jene für
Vollbeschäftigte. Strategien zur Veränderung der bestehenden Situation
wären das bereits realisierte einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld, das Väter die Karenz appetitlicher gestaltet, sowie die geforderte
Lohntransparenz und die Informationspflicht für Betriebe, damit Teilzeitarbeiterinnen von Vollzeitstellen erfahren, bevor diese ausgeschrieben
werden. Außerdem sollen mit den sechzig Millionen Euro, die durch den
Alleinverdienerabsetzbetrag kinderloser AlleinverdienerInnen eingenommen werden, die Neuanschaffung von Kinderbetreuungsplätzen finanziert
werden. miak
www.diestandard.at, www.ots.at
antisexismus
Bildet Banden, Schwestern!
Eine neue Studie der beiden Psychologinnen Stephenie Chaudoir und
Diane Quinn, beide an der University of Connecticut tätig, ergab, dass
sich Frauen, die sexistische Übergriffe von Männern an anderen Frauen
wahrnahmen, mit den betroffenen Frauen solidarisierten. Die Forscherinnen fanden heraus, dass nicht Individualität, sondern Solidarität im
Vordergrund stand – zumindest für den Moment, denn ob dieses Gefühl
der Schwesterlichkeit anhielt oder nicht, wurde nicht untersucht. Dabei
ist offenbar nicht immer klar, was bereits unter Sexismus einzuordnen
ist: So kam es laut Studie immer wieder vor, dass objektiv sexistische
an.riss arbeit wissenschaft
Handlungen nicht als solche erkannt wurden, was vor allem von den
eigenen Erfahrungen abhängt. Chaudoir und Quinn erforschten in ihrer
Studie jedoch auch, dass Frauen, die Sexismus an anderen beobachteten, Männer im Allgemeinen negativ betrachteten und auch wütend und
zornig auf sie reagierten. In diesem Sinne: Smash Sexism! vers
zum Trotz können Frauen Reifen wechseln, Vergaser reparieren und Gebrauchtwagen verkaufen. Schön, dass sie es in der „Señorita Maria” tun.
Aber schade, dass es anscheinend immer noch geschützte Werkstätten
braucht. kaiv
www.zeit.de
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ringvorlesung
Queer-Theorie in Tübingen
gehaltstest
Ungerechte Bezahlung sichtbar machen
jeweils donnerstags, 20 Uhr c.t., 72074 Tübingen, HS 22, Kupferbau, Universität Tübin-
Die deutschen Gleichstellungsexpertinnen Karin Tondorf und Andrea
Jochmann-Döll haben einen Test entwickelt, der auf Geschlecht gegründete ungleiche Bezahlung sicht- und messbar macht. Im Internet findet
sich eine Testversion des „Entgeltgleichheits-Checks”, gefördert von der
Hans-Böckler-Stiftung. Zielgruppe sind sowohl die Firmen selbst als auch
ArbeitnehmerInnen oder Angehörige des Betriebsrats. Die Aufschlüsselung des Gehalts in mehrere Komponenten erleichtert das Aufspüren der
Ursachen, die zur Diskriminierung beitragen. Das Programm arbeitet auf
Grundlage der deutschen Gesetzgebung. Nach wie vor liegt der Lohn von
Frauen in Deutschland 23 Prozent und in Österreich 25 Prozent unter
dem der Männer. fis
gen, Hölderlinstraße 5, www.uni-tuebingen.de/studium-generale
www.eg-check.de
Am Studium Generale in Tübingen können alle Interessierten – egal ob
studierend oder nicht – ohne Anmeldung teilnehmen. Ein Highlight in
diesem Sommersemester: die Ringvorlesung „Queere Theoriebildung
heute: Grundlagen und aktuelle Forschungsfelder”. Organisiert von der
queeren Hochschulgruppe gibt es noch bis Mitte Juli einige Donnerstagabende mit queeren Themen: So spricht beispielsweise Heinz-Jürgen Voß
über die Dekonstruktion von Geschlecht aus einer biologischen Perspektive, Schamma Schahadat über queere Texte aus dem Osten und Dorothee Kimmich über die Anfänge von Michel Foucault. be
frauenförderung
Wer hält sich an die Quote?
In Linz wurde im März das Amt des Kulturdirektors vergeben; zur Auswahl standen zwei Frauen und ein Mann. Die Jury, bis auf eine Expertin
allesamt Männer, entschieden sich für den BewerbER. Die Überraschung
hält sich in Grenzen, die Empörung ob des wiederholten Quotenbetrugs
bleibt. Ursula Kolar und ihre Kolleginnen vom feministischen Netzwerk
FIFTITU% in Oberösterreich reagierten erneut mit einem offenen Brief,
der sich in erster Linie an die Politik richtet und daran erinnert, dass
laut Frauenförderplan der Stadt Linz bei der Neubesetzung von Stellen
die Frauenquote bei vierzig Prozent liegen soll. Aus diesem Grund hätte
eine der Bewerberinnen Kulturdirektorin werden müssen – vorausgesetzt
der Verstoß gegen die Quotenregelung hätte nennenswerte Sanktionen
als Konsequenz gehabt. „Beschämend genug ist, dass es sich dabei um
eine Frauenquote von vierzig Prozent handelt – die zu erfüllen ist. Wie
wäre es mit einer Männerquote von maximal vierzig Prozent auf allen
Ebenen?”, fragen die Vertreterinnen von FIFTITU%. miak
www.diestandard.at, www.fiftitu.at
frauenberuf
„Alles hübsche Frauen“ im Autohaus
Strahlend lächelnd, in roten Jacken – die Mechanikerinnen genauso
wie die Verkäuferinnen – hübsch drapiert vor einem sportlichen Kleinwagen. Fräulein-Power mit der Lizenz zum Schrauben – so präsentiert
sich „Señorita Maria” auf ihrer Website. Nördlich von Berlin steht es,
Deutschlands erstes und einziges Frauen-Autohaus. Clevere Geschäftsidee oder der tatsächliche Anspruch, in eine Männerdomäne vorzudringen? Maria Erker wollte mit der Gründung vor allem ihrem Vater, einem
Autohändler, beweisen, dass auch Frauen in der Lage sind, ein Autohaus
zu führen. Das Interesse der Öffentlichkeit ist groß, das der KundInnen
zumindest zufriedenstellend. Immerhin „alles hübsche Frauen hier”, wie
ein Kunde „Der Zeit” gegenüber zugab. Kein Zweifel, allen Klischees
Männer, möge das Staubtuch mit euch sein! Foto: Stéfan/flickr
hausarbeit
Gerechtigkeit im Vergleich
Typischerweise erledigen in einem Frau/Mann-Haushalt Frauen mehr
Hausarbeit. Wie gerecht sie dies empfinden, erforschten nun zwei österreichische Psychologen. Aus den Ergebnissen: Die ungleiche Aufteilung
wird vor allem dann nicht als solche wahrgenommen, wenn sich Frauen
diesbezüglich mit anderen vergleichen. Ihnen scheint es dann nämlich,
als würden andere Frauen genauso viel Hausarbeit erledigen und dass
sich andere Männer viel weniger als der eigene Mann an der Hausarbeit
beteiligen. Somit erscheint die eigene ungerechte Aufteilung gewöhnlich
und akzeptierbar. Wer die Aufteilung nur innerhalb der eigenen Beziehung hinterfragt, ist hingegen weniger zufrieden. Studienautor Bernhard
Riederer: „Die Vergleiche mit anderen können dazu beitragen, dass ein
positives Bild der Beziehung bestehen bleibt.” Eventuell ist es dann aber
doch besser, sich nicht mit anderen zu vergleichen, sondern eine ungleiche Aufteilung wahrzunehmen und dagegenzusteuern. be
www.events.sbg.ac.at/oegp2010/Abstractband.pdf, www.diestandard.at
Mai 2010 an.schläge l 25
forum wissenschaft
Feminism kills!
Quentin Tarantino schuf mit den
Protagonistinnen seines Films
„Death Proof” Frauenfiguren, die
sich ihres sexistischen Umfelds
bewusst sind – und sich dagegen
wehren. Verena Stern analysiert
das Subversionspotenzial und die
Möglichkeit der (feministischen)
Anrufungen von Frauen im Werk
des US-Regisseurs.
Foto: Steve Rhodes/flickr
Quentin Tarantino ist ein Meister des
Twists: Er verwendet bewusst Stereotype, um diese im Laufe der Handlung zu
persiflieren. Die weiblichen Figuren in
seinen Filmen kommen allerdings erst
seit einigen Jahren gut weg. Zunächst
gänzlich frauenlos („Reservoir Dogs”,
1992), darf in „Pulp Fiction” (1994)
bereits Uma Thurman mit John Travolta
twisten. Erst mit „Jackie Brown”
(1997) lässt er Pam Grier einen Part
übernehmen, der ursprünglich für einen
(weißen) Mann geschrieben wurde.
Reichlich Kritik erntete Tarantino wiederholt für seine gewaltvollen Szenen.
Besonders bei „Death Proof” (2007)
erweisen sie sich jedoch – als Ausdruck
von Emanzipation gelesen – als durchaus spannend und produktiv. Tarantino
kann in vielen Fällen eine feministische
Einstellung respektive eine feministische Intention abgesprochen werden,
doch gerade in „Death Proof” entwickeln seine Figuren in dieser Hinsicht
ungeahnte Kräfte.
Kino wirkt. Schon immer war das Kino
nicht nur Ort der Zerstreuung, sondern
auch Projektionsfläche normierender
Vorstellungen in Bezug auf Lebensführungen: Aufgrund kapitalistischer
und neoliberaler Prägungen ist es
auch für unsere Art zu arbeiten, zu
leben, zu lieben sowie unsere Freizeit
zu gestalten von Bedeutung. Im Film
26 l an.schläge Mai 2010
können gesellschaftliche Umbrüche im
Laufe der Jahrzehnte als mögliches
Ausdrucksmittel der jeweils aktuellen
Diskurse beleuchtet und herausgehoben
werden, eine Filmanalyse kann somit
der exemplarischen Veranschaulichung
dienen.
Dass Film insbesondere zu Beginn kein
Medium war, das ernst genommen
wurde, spiegelt sich auch in der langen
Geschichte seiner Anerkennung im
soziologischen Kontext. Die britischen
Cultural Studies nahmen ihre Anfänge
in der Anfechtung des Verständnisses
von Kultur als literarische Hochkultur,
also der English Studies (die ihre nationale Identitätsstiftung nicht verfehlten).
Der Bildungselite wurde eine Kultur der
Arbeiter_innen entgegengestellt, die
sich mit den Interessen und Auswirkungen einer nicht bürgerlich-elitären
Kultur theoretisch auseinandersetzen
wollte – also mit einer Populärkultur.
Die Entwicklung der Massenindustrialisierung und (Massen-)Medialisierung
von populärkulturellen Produkten war
Theodor W. Adorno ein Dorn im Auge,
da seiner Meinung nach „die Massen”
der Kulturindustrie völlig ausgeliefert
seien. Folgt man den Überlegungen
Foucaults, dass Macht nicht von einem
Souverän ausgeht, sondern vektoriell
von überall in alle Richtungen verläuft,
ist jedoch nicht anzunehmen, dass Kulturindustrie alleinige Macht ausübt und
Rezipient_innen nichts anderes übrig
bleibt, als diese anzunehmen. Auch Walter Benjamin kommt zu dem Schluss,
dass Kunst, wenngleich sie durch ihre
Reproduzierbarkeit zum/r Rezipienten/in
kommt und nicht mehr umgekehrt (oder
vielleicht gerade deshalb), ein subversives Element innewohnt.
Subversion und Persiflierung.
(Populär-)Kultur(-Industrie) ist also ein
Aspekt in einem komplexen, ineinandergreifenden System. Gerade dadurch
kristallisieren sich möglicherweise subversive Elemente heraus. Judith Butler
betrachtet einzelne Akte der Subversion, die sie in „Gender Trouble” durch
das Beispiel der Travestie verdeutlicht,
als Möglichkeit, den (re-)produktiven
Charakter von Macht- und Geschlechterverhältnissen zu untergraben und
diese dabei lustvoll zu persiflieren. Denn
letztlich werden Geschlechter und deren
Rollen diskursiv konstruiert, sodass
ihnen jede „Naturhaftigkeit” abgesprochen werden muss.
Zentral in Butlers Konzept ist, dass es
sich um ein instabiles System handelt,
das sich durch die Ein- und Fortschreibung seiner Normen selbst reproduziert.
Das inkludiert jedoch auch die Möglichkeit einer Destabilisierung, eines Unterlaufens dieses Systems. Dies macht die
Relevanz selbstbestimmter, subversiver
Akte deutlich, auch dann, wenn diese in
forum wissenschaft
Form von Anrufungen als Performanzen,
also Darstellungen, medial vermittelt
sind.
Männliche Hegemonie. „Death Proof”
erzählt in zwei verschiedenen Erzählsträngen von zwei Gruppen von Frauen.
Unterbrochen werden die beiden Darstellungen durch eine Splatter-Szene,
in der die einzige männliche Hauptrolle
das Leben der Freundinnen der ersten
Geschichte durch einen absichtlich
durchgeführten Zusammenprall seines
Autos mit dem der Frauen auslöscht.
Stuntman Mike ist dabei als Allegorie
für eine diachrone hegemoniale Männlichkeit zu verstehen. Allerdings sind
auch Merkmale „realer” männlicher
Herrschaft direkt am Film ablesbar: So
wird Kurt Russell, der Stuntman Mike
mimt, als erster in den Eingangscredits
des Films erwähnt, ebenso ist er der
rote Faden der Geschichte, um den sich
der Plot entspinnt.
der Frauen mit Stuntman Mike in der
ersten Gruppe, deutet dennoch diesmal
nichts auf eine Auflösung bestehender
Geschlechterkategorien hin. In der
Performance von „Death Proof” lassen
sich keine queeren oder subversiven
Elemente finden. Sowohl äußerlich wie
aus dem Kontext erschließbar bleiben
Frauen Frauen und Männer Männer. Sie
kleiden sich jeweils körperbetont und
leben jene heteronormative Matrix, die
sich in theoretischer Auseinandersetzung zu zerstören lohnen würde. Gerade
hier ergibt sich eine Schwachstelle von
Quentin Tarantino: Zwar präsentiert er
eine Vision von emanzipierten, kampfbereiten Frauen, dennoch gelingt es ihm
nicht, die Welt der Zwangsheterosexualität dabei zu verlassen.
Auch der Körper entspricht in beiden
Gruppen den gesellschaftlich normierten Vorgaben, der neoliberal geformte
Körper als „Visitenkarte” trifft auf alle
Frauen im Film zu. Die zweite Frauen-
Tarantino kann in vielen Fällen eine feministische Einstellung respektive eine feministische
Intention abgesprochen werden, doch gerade
in „Death Proof“ entwickeln seine Figuren in
dieser Hinsicht ungeahnte Kräfte.
Mike kann als verhärteter, aber sichtbar
vernarbter und somit auch verletzter
Charakter betrachtet werden. Darin
manifestiert sich die Theorie Butlers,
dass Systeme auch instabil sind und es
um die Frage von Definitionsmacht hegemonialer Kämpfe um Machtverschiebungen geht. Genau diese These stellen
die Frauen der zweiten Gruppe unter
Beweis, wenn sie sich nach dem Angriff
einer personifizierten strukturellen
Männlichkeit zur Wehr setzen und sich
einem Kampf stellen. Darin werden
Parameter, die in der Darstellung der
ersten Gruppe aufgezeigt wurden, dahingehend verschoben, als sie umkämpft
werden und damit neue Versionen und
Visionen, wie mit jener Männlichkeit
umgegangen werden kann, aufzeigen
und anbieten.
Hetero-Matrix. Auch wenn dieser
Kampf ein gänzlich anderes Ende
präsentiert als das Aufeinandertreffen
gruppe versteht es, diese Visitenkarte
trotz der Ausblendung struktureller
Machtverhältnisse als selbstbestimmt
und damit auch als Mittel zur Verteidigung gegen (strukturelle) Männlichkeit
einzusetzen. Am Ende steht daher nicht
der Tod der Angegriffenen, sondern
der des Angreifers. Zwar bedeutet
dies keine heuristische Befreiung von
männlichen Strukturen, aber doch die
unmittelbare Befreiung von einem auf
die Spitze getriebenen, allegorisch
konzipierten Ausdruck männlicher
Herrschaft.
waltigung thematisiert werden. Das
Argument einer Protagonistin, sie
wolle in den Waschkeller – der in
ihrem Wohnhaus ein bedrohlicher Ort
ist – gehen können, wann immer sie es
möchte und ihr Recht im Notfall auch
mit einer Waffe durchsetzen, verweist
auf die bewusste (Wieder-)Aneignung
von Räumen, die von anderen gemieden
werden, und somit auf das Aufbrechen
einer Struktur, die die Bewegungsfreiheit von Frauen einengt.
Insofern kann auch der Schluss von
„Death Proof” als Aufforderung Banden
zu bilden gelesen werden, mit denen
durch Solidarisierung und permanentem
Kampf einer strukturellen Männlichkeit
Einhalt geboten werden kann. Trotz
emanzipatorischen Handelns seiner
weiblichen Figuren verzichtet Tarantino
nicht auf eine mit ausreichend SexAppeal versehene Filmästhetik aus den
1970er Jahren, um diese im Vorspann
vorzustellen. Die Situierung des Films
in den Siebzigern wird auch in der
Skizzierung der Geschlechterrollen
deutlich, die zwar ein progressives Frauenbild zeichnet, letztlich aber über die
Festschreibung einer heteronormativen
Matrix nicht hinauskommt. l
Verena Stern verfasste 2010 ihre Diplomarbeit zum Thema „BODIES THAT
SPLATTER. Politikwissenschaftliche
Interpretationen emanzipatorischer
Momente im populärkulturellen Film –
feministische Anrufungen, Performativität
und Körper in Quentin Tarantinos Death
Proof“ am Institut für Politikwissenschaft
der Universität Wien.
Antisexistisch? Am Ende des Films
wird damit ein klares Zeichen gegen
machoide Männlichkeit gesetzt, indem
sie von Frauen eindeutig zerstört wird.
Beachtenswert am Konzept des Films
ist somit, dass es sich dabei nicht um
eine klassische Opferdarstellung von
Frauen handelt, sondern Gegenwehr
zu Sexismus und potenzieller Verge-
Mai 2010 an.schläge l 27
attentäterinnen
verniedlicht,
vermonstert
Mit den jüngsten Selbstmordanschlägen in der Moskauer
U-Bahn, die Ende März Russland
erschütterten, sind Frauen als
Terroristinnen wieder verstärkt
ins Licht der Medien gerückt.
Auf der Suche nach Erklärungen
wird das Privatleben der Täterinnen durchleuchtet, während der
politische Konflikt im Kaukasus
dekontextualisiert wird, erklärt
die Politikwissenschaftlerin
Claudia Brunner.
Ein Interview von Vina Yun
Foto: Lance McCord/flickr
an.schläge: Das Auftauchen von Selbstmordattentäterinnen wird meist als
historische Neuheit diskutiert. Ist
„weiblicher Terrorismus” tatsächlich
ein neues Phänomen oder hat sich die
Wahrnehmung und Definition von „Terror” verschoben?
1 Brown, Wendy 2006:
Regulating Aversion. Tolerance in the Age of Identity
and Empire. Princeton:
Princeton University Press.
Audiolink zum Buch auf
http://philosophybites.
com/2008/11/wendy-brownon-tolerance.html
28 l an.schläge Mai 2010
Claudia Brunner: Es stimmt, dass
Selbstmordattentate von Frauen in der
heute auftretenden Form ein relativ
junges Phänomen sind – allerdings auch
nicht viel jünger als Selbstmordattentate überhaupt. Vorausgesetzt, dass wir
dieselbe Definition verwenden, was ein
Selbstmordattentat ist. Der nachrichtenwirksame Wert eines solchen
Anschlages wird allerdings durch den
Faktor „Weiblichkeit” verstärkt: Physische Gewalttätigkeit passt noch immer
nicht so recht in die vergeschlechtlichte
Dichotomie von „Krieg/Gewalttätigkeit”
und „Frieden/Gewaltlosigkeit”. Dieser
Gegensatz ist – aus wissenssoziologischer Sicht betrachtet – allerdings
schon Teil des Problems, nämlich wie
legitimierte als auch nicht legitimierte
politische Gewalt wahrgenommen und
verhandelt wird. Von „männlichem”
oder „weiblichem” Terrorismus zu
sprechen, ist auf einer anderen Ebene
problematisch, weil man damit nicht nur
die AkteurInnen bezeichnet, sondern
das Phänomen an sich.
In der Berichterstattung über die jüngsten Selbstmordanschläge in Russland
fällt auf, dass bei den Täterinnen vor
allem persönliche Motive aufgezählt
werden, zum Beispiel Rache für den
getöteten Partner oder Familienmitglieder. Wie typisch ist diese mediale
Darstellung von weiblichen „suicide
bombers”?
Sehr typisch. Sie zieht sich durch
unser mediales, wissenschaftliches und
Alltagswissen über alle Konflikte, in
denen Frauen gewaltvoll die politische
Arena betreten. Diese Personalisierung,
Individualisierung und Privatisierung
von Gründen und Motiven ist dabei nicht
nur auf Selbstmordattentate beschränkt.
In allen Fällen trägt die Definition von
„privat” versus „politisch” zu diesem
Verständnis bei.
Wenn eine Frau zu extremer Gewalt
greift und dies vielleicht auch deshalb
tut, weil Teile ihrer Familie durch
vorangegangene kriegerische oder
antiterroristische Gewalt ums Leben
gekommen sind, dann kann man meines
Erachtens nicht mehr von ausschließlich
„persönlichen” oder „privaten” Motiven
sprechen. Wenn diese Erklärung in
den Vordergrund gerückt wird – und
das ist meist bei Frauen der Fall –,
dient das vor allem der historischen
und politischen Dekontextualisierung
des Konflikts, in den diese Anschläge
eingebettet sind. Gewalttätige Frauen
sind offensichtlich schwerer „auszuhalten” als Männer, die dieselben Taten
verüben. Ihre Rückbindung an die
Privatsphäre schließt sie – sei es durch
Verniedlichung oder durch Vermonsterung – aus dem Raum des Öffentlichen,
des Politischen, des Legitimen und
Rationalen wieder aus.
Die Selbstmordattentäterinnen aus dem
Kaukasus-Gebiet werden wiederholt als
„Schwarze Witwen” benannt – eine Bezeichnung aus dem Tierreich, wie sie bei
männlichen Tätern nicht zu finden ist …
Diese Bezeichnung, die meines Wissens
in russischen Medien erstmals formuliert wurde, beinhaltet eine zweifache
Problematik. Zum einen verweist sie
bereits auf die angesprochene Rückbindung der Frauen an ihre Privatsphäre, die in erster Linie sexualisierte
heim
spiel
leben mit kindern
Konturen aufweist. Zum anderen sorgt
ein Tiername für einen Aspekt der
Entmenschlichung, der die Vorstufe zur
legitimierten „Auslöschung” und physischen Vernichtung der Betreffenden
darstellt – sowohl Putin als auch Medwedjew, aber auch zahlreiche andere
Terrorismus-BekämpferInnen, verwenden immer wieder diese Bezeichnung,
ohne dafür kritisiert zu werden.
Bemerkenswert ist auch, dass im
Zusammenhang mit Selbstmordattentäterinnen immer wieder von „rückständigen Traditionen” wie Blutrache,
religiösem Zwang und archaischen
Geschlechterverhältnissen die Rede ist.
Umgekehrt wird im „War on Terror”Diskurs unter anderem die Befreiung
der „unterdrückten Frau” im Islam
propagiert.
Es ist eine Kulturalisierung von
politischen Konflikten festzustellen,
die in zwei Richtungen funktioniert.
Die US-amerikanische Theoretikerin Wendy Brown hat dies mit dem
treffenden Satz „We have culture, but
kümmert bzw. manche Fragenkomplexe zu solchen macht. Das sind zumeist
Männer und nur vereinzelt Frauen,
die sich jedoch nicht als Feministinnen bezeichnen würden. Dann gibt es
Feministinnen, die zu Terrorismus und
politischer Gewalt arbeiten, aber nicht
im engeren Sinne Teil der Terrorismusforschung sind. Viele von ihnen vertreten differenzfeministische Positionen
und einen unpräzisen Gender-Begriff,
was vom Mainstream der Terrorismusforschung leichter rezipiert und
an dominante Zugänge anschlussfähig
gemacht werden kann. Auch das ist
problematisch und endet oft wiederum
in der Krieg-und-Frieden-Dichtomie.
Da Terrorismusforschung insgesamt ein
politiknahes, äußerst genderresistentes
und maskulinisiertes Feld darstellt, ist
eine feministische Verortung darin nur
sehr schwer möglich.
Aus meiner Sicht kann eine feministische Terrorismusforschung schon allein
aufgrund eines notwendigerweise weiten Gewaltbegriffs, der auch strukturelle Gewalt miteinschließt, nicht am Gegenstand „Terrorismus” stehenbleiben.
„Da Terrorismusforschung insgesamt ein politiknahes, äußerst genderresistentes und
maskulinisiertes Feld darstellt, ist eine feministische Verortung darin nur sehr schwer
möglich.“
culture has them”1 in einem anderen
Zusammenhang sehr gut zum Ausdruck
gebracht. Während die einen also über
eine „gute”, das heißt westliche, Kultur
verfügen und diese intentional und
wohltätig einsetzen können, kommen
dieser Logik nach „die anderen” über
eine traditionsgebundene, archaische
Variante von Kultur erst gar nicht hinaus und bleiben in ihr passiv verhaftet.
Frauen dienen dabei als Grenzsteine
zwischen den so abgesteckten Zonen
des Kulturellen und des Politischen.
Gibt es denn so etwas wie eine „feministische Terrorismusforschung”, und
inwiefern unterscheidet sich diese von
der Mainstream-Forschung?
Es gibt Terrorismusforschung, die
sich um sogenannte „Frauenfragen”
Sie muss sich vielmehr den Prämissen
und Möglichkeitsbedingungen widmen,
auf deren Basis politische Gewalt nicht
nur ausgeübt, sondern auch definiert,
beforscht und bekämpft wird. Dann ist
sie aber keine Terrorismusforschung im
engeren Sinne mehr – und will vermutlich auch keine sein. l
Claudia Brunner ist Politologin und
Universitätsassistentin am Zentrum für
Friedensforschung und -pädagogik der
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.
Sonja Eismann
Goldige Tyrannen
Wieso habe ich ein Kind bekommen? Diese Frage muss man
sich heute, wo die gesellschaftliche Quasi-Zwangsverpflichtung
zur Reproduktion glücklicherweise weitestgehend aufgehoben
ist, als einigermaßen rational denkender Mensch zwangsläufig
stellen. Eigentlich spricht alles dagegen, zumal als Frau. Das
fängt an mit einer beschwerlichen Schwangerschaft, in der man
dauernd müde ist und kotzen muss, geht weiter mit den horrenden Schmerzen bei der Geburt und mündet in die neue Identität
als „Mutter”, mit der nichts mehr so ist wie zuvor: Fast keine
Zeit mehr für sich, denn externe Betreuung gibt es, zumindest
hierzulande, nicht für die ganz Kleinen, arbeiten kann man nur
mehr, wenn das Baby mal schläft oder der Partner Dienst hat,
und von Vorstellungen der Selbstverwirklichung à la Lesen,
Kunst konsumieren oder abends ausgehen, wenn man gerade
Lust darauf hat, kann man sich sowieso verabschieden – das
meiste davon setzt langwierige Planungen von Babysitting oder
Absprachen in der Beziehung voraus. Ist es mit dem Boyfriend
aus, was durchaus vorkommen soll, hat man statistisch gesehen
als Frau sowieso die Arschkarte, weil man sich von da an mehr
oder weniger alleine kümmert. Es gibt also eigentlich nur noch
weitgehend emotionale Gründe, warum man überhaupt so einen
goldigen Tyrannen in die Welt setzen sollte.
Bei mir war es, vermutlich wenig einzigartig, der Partner, in
den man sich unsterblich verliebt hat und mit dem man sich auf
einmal alles vorstellen konnte und wollte. Aber auch das: die
drängende Ahnung, dass Elternschaft nicht heißen muss, dass
Mutti zu Hause bleibt und stillt und Vati arbeiten geht und die
Kohle ranschafft und abends auch mal Eiapopeia macht; dass
man selbst weiter arbeiten und in (idealistischen) Projekten
aktiv bleiben kann und trotzdem das Kind nicht vernachlässigt,
und dass man vor allem nicht zu einer überbesorgten Bio-Monster-Mutti mutiert, die entsetzt aufschreit, wenn das Baby mal in
zehn Metern Entfernung von einem eingeschalteten Fernseher
liegt oder etwa im falschen Tragegerät ausgeführt wird. Darum –
wie schwierig das ist und wie viel Spaß das macht – wird es mir
in Zukunft gehen.
Sonja Eismann, 37, lebt mit ihrem Freund Pascal und ihrer Tochter
Hannah (nicht mal ein Jahr alt) in Wien und interessiert sich immer
noch für Popkultur. Was auch besser ist, schließlich ist sie Mitherausgeberin von „Missy Magazine. Popkultur für Frauen“.
Mai 2010 an.schläge l 29
feminismus 2.0
We ❤ digital Life
Wohin geht queer-feministische Netzkultur im Web 2.0?
Bloggerin Svenja Schröder gibt Antworten.
Foto: 106313/photocase
1 www.genderblog.de
2 http://maedchenblog.
blogsport.de
3 www.maedchenmannschaft.net
4 www.zeitrafferin.de
5 www.antjeschrupp.com
6 www.iheartdigitallife.de
7 www.genderwiki.de/
genderplanet
30 l an.schläge Mai 2010
Das Internet war schon immer ein
seltsamer Ort. Wurde es früher noch
als Raum unbegrenzter Möglichkeiten
gepriesen, so hängt heutzutage eine
riesige Ernüchterung im Raum, denn
das Internet hat viele seiner vermeintlichen Versprechungen nicht gehalten:
Grenzenlose Freiheiten, totale Anonymität oder unerschöpfliche Geldquellen –
all das gibt es erwiesenermaßen im Web
nicht bzw. nur mit Einschränkungen. Die
diesjährige Blogger_innen-Konferenz
re:publica, die vom 14.-16. April 2010
in Berlin stattfand, wählte das prägnante Motto „nowHERE”. „nowHERE”
spielt mit der Idee des Internets als
Raum, denn im Netz kann man sowohl
zur richtigen Zeit an der richtigen
Stelle sein („now here” – „jetzt hier”)
als auch fürchterlich verloren gehen
(„nowhere” – „nirgendwo”).
Auf der re:publica 2009 fiel auf, dass
die meisten großen Panels vornehmlich
von Männern besetzt waren und es
nur wenige Referentinnen gab. Eine
Neuigkeit ist das nicht, denn auch die
deutschen Blogger-Charts werden von
Männern dominiert. Äußerst selten
findet sich eine Frau in den oberen
Charträngen wieder. So wurden immer
mehr Stimmen laut, die sich für eine
verstärkte weibliche Präsenz auf der
re:publica aussprachen. Den Stein ins
Rollen brachte unter anderem eine der
rein weiblich besetzten und feministischen Veranstaltungen namens „Feministische Netzkultur”, die von den
Bloggerinnen der Mädchenmannschaft
bestritten wurde.
Mit steigender Popularität des Web 2.0
ist die Anzahl an queer-feministischen
Autor_innen und somit auch queerfeministischen Inhalten kontinuierlich
gestiegen. Im deutschsprachigen Raum
haben sich vor allem Gemeinschaftsblogs hervorgetan: Der Genderblog1
wurde 2005 ins Leben gerufen, kurz
darauf ging 2006 der Mädchenblog2 an
den Start, 2007 folgte die Mädchenmannschaft3. All diese Blogs funktionieren nicht zuletzt aufgrund des Prinzips
„Gemeinsam sind wir stark”. Trotzdem
sollten hier auch einige sehr erfolgreiche Einzelblogs wie jene von Julia
Seeliger4, Antje Schrupp5 oder Kathrin
Ganz6 erwähnt werden. Eine gute Übersicht findet sich auf Genderplanet.7
Die Mädchenmannschaft stellte auf der
letztjährigen re:publica ihre liebsten feministischen Blogs vor und rief zu mehr
Vernetzung untereinander auf. Kurz
darauf wurde die Facebook-Gruppe
„Girls on Web Society” gegründet, in
der mit Erfolg zahlreiche feministische
Veranstaltungen für die re:publica 2010
vorbereitet wurden.
Zwischen Stylingtipps und Antifeministen. Besonders für Feminist_innen
ist das Internet manchmal zum Haare
raufen: Zwischen all den Stylingtipps,
Diätkuren und Babythemen fühlen
sich viele verloren und fehl am Platz.
Machen sie dann den Mund auf und
äußern Feministisches, müssen sie mit
einem Ansturm von Antifeministen
rechnen, denn die gibt es im Internet
wie Sand am Meer. Meistens folgen
einem feministischen Online-Artikel
mehr sexistische Hate-Postings als
konstruktive Kommentare, und Redakteur_innen müssen sich überlegen, ob
sie permanent löschen oder moderieren
wollen. Nicht selten lassen sich Autor_
innen durch solche Angriffe entmutigen und werfen schnell das virtuelle
Handtuch.
feminismus 2.0
Dass die Berichterstattung über feministische Themen mitunter kräftezehrend und mühselig sein kann, ist eine
der Hürden, die neue Autor_innen überwinden müssen, wenn sie sich mit ihren
ersten queer-feministischen Themen an
die Blog-Öffentlichkeit wagen. Denn
trotz einiger Ausnahmen wie Mailinglisten oder geschlossenen Communitys
ist das Internet ein öffentlicher Raum,
und was im realen Leben nicht optimal
läuft, pflanzt sich auch im Internet
fort. Will man der Frage auf den Grund
gehen, warum im Internet keine friedvolle Koexistenz für alle herrscht, muss
man sich die Geschichte des Internets
anschauen.
Generation Web 2.0. Es begann im
Jahre 1969: Das ARPANET ging als
Vorläufer unseres heutigen Internets
Ein genauerer Blick auf die ersten User_innen des Internets zeigt
folgende Gruppen: Akademiker_innen,
Hacker_innen, Unternehmer_innen. All
diese Gruppen sind männlich dominiert, und damit wird klar: Männer
machten das Internet. Dies ist auch
eine These des spanischen Soziologen
Manuel Castells8, der sich 2002 mit
„Frauen in der Netzwerkgesellschaft”
auseinandersetzte. Castells analysierte, dass es eine Geschlechterteilung
beim Gebrauch des Internets gibt, und
stellte die Frage, ob dies ein Indikator
für einen verwurzelten Sexismus im
Internet sei. Ebenso erkannte er, dass
sexistische Aggression das Netz durchzieht und das Netz kein abgetrennter
Raum, sondern „real life” ist: Dinge,
die sich im Netz ereignen, sind also
reales Leben.
Besonders für Feminist_innen ist das Internet
manchmal zum Haare raufen: Zwischen all den
Stylingtipps, Diätkuren und Babythemen fühlen sich viele verloren und fehl am Platz.
online. Diese im Auftrag des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums
entwickelte Technologie verband die
Computerrechner von verschiedenen
amerikanischen Universitäten, die für
das Department of Defense forschten.
Durch die technologischen Entwicklungen der folgenden Jahrzehnte und die
günstiger werdenden Kleincomputer
wurde das Netz immer mehr ausgeweitet.
1989 präsentierte der Internetpionier
Tim Berners-Lee das HypertextProtokoll HTML und legte damit den
Baustein für das heutige Internet.
1990 wurde das Internet für die kommerzielle Nutzung freigegeben, nur
vier Jahre später überstieg die Anzahl
der kommerziellen Nutzer_innen die
der akademischen User_innen. Um die
Jahrtausendwende wurden Unmengen
neuer Internet-Firmen im sogenannten
Dotcom-Boom gegründet, die kurze
Zeit später größtenteils Bankrott
gingen – die Blase platzte. 2005 prägte
Tim O‘Reilly einen neuen Begriff: Er
sprach vom „Internet als Plattform”
und dem „Web 2.0”, wie wir es heute
kennen.
Vernetzung on/offline. Dass auch 2010
nach wie vor antifeministische Tendezen im Internet grassieren, steht außer
Frage. Durch die Öffnung des Internets
kamen auch Rechtskonservative, Maskulinisten und andere reaktionäre Kräfte
ins Netz, die fleißig gegen Feminist_innen wettern. Auch der aktuelle Trend,
im Netz unter richtigem Namen mit
richtiger Identität aufzutreten anstatt
mit einem Pseudonym wie noch vor
zehn Jahren, macht Einzelpersonen zur
Zielscheibe von Angriffen.
Was kann dagegen getan werden?
Manuel Castells etwa betont die Chance
des Internets, praktische Hilfe und
Solidarität von anderen Feminist_innen
zu holen. Dem kann nur zugestimmt
werden, denn was schon immer half,
sollte auch im Internet fortgeführt
werden – Banden bilden, vernetzen,
sich gegenseitig Solidarität aussprechen
und vor allen Dingen: gemeinsam Lärm
machen! Vernetzung im Internet mag
kein vollwertiger Ersatz für eine richtige Demo auf der Straße sein, aber es
lassen sich wertvolle Kontakte knüpfen,
die im Offline-Leben fortgesetzt und
gefestigt werden können.
Feministische Netzkritik revisited.
Neben all den Problemen und Risiken bringt die aktuelle Debatte um
feministische Netzkultur also auch
viele Chancen mit sich: So kann eine
feministische Öffentlichkeit geschaffen
werden, die durch Berichterstattungen
und Interventionen Einfluss nehmen und
meinungsbildend wirken kann. Diskussion und Austausch werden auf einem
niederschwelligen Level ermöglicht,
auch für Interessierte, die noch nicht
viel Erfahrung mit feministischen Inhalten haben. Der Feminismus kann durch
feministische Netzarbeit also „unter
die Leute gebracht” werden. Oft dienen
jedoch feministische Medien nicht nur
dem Austausch, sondern zeigen auch
einfach: „Du bist nicht allein mit deiner
Meinung/deiner Wut/deinen Anliegen!”
So wurde auch dieses Jahr auf der
re:publica wieder über feministische
Netzkultur diskutiert, mittlerweile
jedoch mit anderen Fragestellungen.
Schließlich: Die ersten Vernetzungsschritte sind getan, es wurden vermehrt weibliche Vortragende auf die
re:publica gebracht – doch wie geht es
nun weiter? Spannend ist die Frage, ob
Schritte in Richtung Kampagnenfähigkeit oder weiterer Organisation getätigt
werden können. Auch die Diskussion
darüber, wie feministische Inhalte
sichtbarer gemacht und stärker in die
traditionellen Medien wie Fernsehen
oder Radio gebracht werden können,
bleibt aktuell. Interessant ist weiterhin
auch die Frage nach einer kritischen
Betrachtung der eigenen, mehrheitsdeutschen Szene und ihrer mangelnden
Diversität. Nicht zuletzt sollte die
junge Blogger_innen-Szene überlegen,
mit welchen Problemen die frühen
Netzfeminist_innen zu kämpfen hatten
und welche Lösungsstrategien damals
diskutiert wurden. Denn auch dies sollte
angestrebt werden: ein Grenzen überspannender Dialog mit Netzfeminist_innen aller Strömungen, um gemeinsam
stark aufzutreten. l
Svenja Schröder ist Forscherin mit
den Schwerpunkten Web 2.0, Netzkultur
und Kommunikation/Kollaboration. In
ihrer Freizeit organisiert sie queer-feministische Events und ist Bloggerin beim
Mädchenblog.
8 Castells, Manuel (2002):
Frauen in der Netzwerkgesellschaft: Fragen an den
Feminismus. In: HeinrichBöll-Stiftung/Feministisches
Institut (Hg.): feminist_
spaces – Frauen im Netz.
Diskurse – Communities –
Visionen. Königstein/Taunus.
S .147-160.
Mai 2010 an.schläge l 31
an.riss kultur
film
Greller Film für Angsthasen
Foto: www.pepperminta.ch
musikfestival
Neu und elektronisch
Um die Vielfalt der Wiener Komponistinnen-Szene angemessen sichtbar zu machen, riefen Gina Matiello und Pia Palme 2007 das Festival
„e_may” ins Leben. An zwei Abenden werden dieses Jahr sechs Werke
uraufgeführt, darunter Auftragsarbeiten von Katharina Klement, Pia
Palme, Sophie Reyer, Marianna Tscharkwiani, Judith Unterpertinger
und Joanna Wozny. Olga Neuwirth, die in diesem Jahr als erste Komponistin den Großen Österreichischen Staatspreis erhielt (siehe an.schläge
03/2010), wird mit der Aufführung der Komposition „Settori” (UA
1999) gratuliert. Interpretiert werden die Stücke vom Ensemble PHACE
| CONTEMPORARY MUSIC sowie den Komponistinnen selbst.
„e_may” besticht durch neue und individuelle Kompositions- und Improvisationsansätze irgendwo zwischen neuer und elektronischer Musik,
Videokunst, bildender Kunst und Literatur. Klingt gut! han
e_may 2010. Festival neuer und elektronischer Musik, 28.–29.5., KosmosTheater, 1070 Wien,
Siebensterngasse 42, T. 01/523 12 26, www.kosmostheater.at
queer festival
Ideologie des edlen Leibes
Auf dem schmalen Grat zwischen seriösem Diskurs und trashigem Politainment bewegt sich mühelos das von Graz nach Wien übersiedelte Festival „queerograd”. „Ausgestattet mit der Ideologie des edlen Leibes”
diskutiert es Identität(en), Geschlecht(er) und Gesellschaft(en). Aber
keine „lesbisch-schwule Wellness-Oase” darf die/der BesucherIn sich
erhoffen, schwullesbische Bilder werden hier auch unbequem hinterfragt.
Eine der Fragen: Gibt es einen Zusammenhang zwischen männlicher Homosexualität und faschistischer Tendenz? Man denke nur an Jörg Haiders
„Buberlpartie” und erschaudere.
Drei Tage lang bietet das Festival amüsante und anstrengende Praxis,
Lecture-Performances wechseln sich ab mit DJ-Lines, und auch die
Sadomaso-Schmuddelecke „Club Homohölle” darf nicht fehlen. Na dann:
Viel Spaß! han
Der Effekt ist erstaunlich. Frau sieht plötzlich anders – als ob sie von einer Reise im
Farbkarussell auf die Erde zurückgekehrt
wäre. Nach dem Film „Pepperminta” von
Pipilotti Rist kommt frau mit Mühe die
Stiegen im Kino hoch und spürt draußen noch
lange Zeit grelle Nacheffekte: Farbflecken
im Sonnenschein, Dachdecker auf einem
roten Ziegeldach – sind die nun echt oder
nicht? „Von meiner Großmutter weiß ich,
wie wir mit Farben hypnotisieren können”,
sagt die orangehaarige Pippi Langstrumpf für
Erwachsene im Film. „Wir haben Zäpfchen
im Auge, für blau und rot, so können wir die
Angst besiegen.”
Um den Kampf gegen die Angst und die durch
sie ausgelöste Handlungsunfähigkeit geht
es auf der Reise mit einem autistischen Dicken, einer wunderschönen
Mannfrau („Ist Mann und Frau nicht das Gleiche?”) und einer eleganten
alten Dame – viel mehr Inhalt ist nicht. Ein afrikanischer Koch mischt
mit und rührt um: „Das ist alles alles, alles verboten” und „Wir behandeln dich wie ein rohes Ei.” Ein Film für die Augen und ihre Zäpfchen,
für die Libido und nicht die Ratio. Wie schon Arnulf Rainer sagte: „Ich
kann nichts machen, ich sehe Farben.”
Rote Erdbeeren, bemalte Schnecken, Kressesalat – die Schweizer Künstlerin Pipilotti Rist erweitert das Farbspektrum mit Gegenständen, die
die kindliche Sinneslust wiederbeleben sollen. Auch mit den harmlosen
Nacktszenen ein schöner Märchenfilm für erwachsene Mädchen. „Ich
geh’ jetzt Sterne kontrollieren und den Himmel ficken”, sagt die alte
Dame, als sie stirbt. Aber keine Angst: Es passiert nichts. kek
Kinostart in Österreich: 30. April, www.pepperminta.ch
tanzperformance
Spitzen Tanz
Das „Fleisch” im Ballet will Doris Uhlich in ihrer Performance „Spitze”
finden. Sie seziert und tranchiert den Tanz, bis er in allen Fasern vor
ihr liegt: die Hierarchien, die Illusionen, die Körperbilder. Mit dreißig Jahren erlernt die österreichische Künstlerin den Spitzentanz und
trifft in ihrem Stück unter anderem auf Susanne Kirnbauer, einst erste
Solotänzerin der Wiener Staatsoper. Der wird dann einiges abverlangt:
„Frau Uhlich, wenn ich gewusst hätte, dass ich mit Ihnen arbeite, hätte
ich die letzten 22 Jahre trainiert!” In ihrem Stück „mehr als genug”,
das demnächst in Brüssel, Leipzig und Heilbronn zu sehen ist, hinterfragt
Uhlich, die von JournalistInnen gerne mal als „korpulent” tituliert wird,
den Körper als Markenzeichen. Wer oder was ist schön – und warum? In
live geführten Telefonaten fragt sie Menschen, die nicht dem gängigen
Schönheitsideal entsprechen: Warum wollen wir individuell sein – und
lassen uns doch normieren? han
1.5., 20.30, More than enough. Les Halles de Schaerbeek, 1030 Schaerbeek, Rue Royale
Ste Marie 22b; 7.5., 20.00, SPITZE, LOFFT, Verein zur Förderung des Leipziger OFF-
queerograd. Ausgestattet mit der Ideologie des edlen Leibes, 27.–29.5., brut im Konzerthaus,
Theaters e.V., 04177 Leipzig, Lindenauer Markt 21; 14.5., 21.30, SPITZE, Tanz!, Theater
1030 Wien, Lothringerstraße 20, T. 01/587 87 74, www.brut-wien.at
Heilbronn, 74072 Heilbronn, Berliner Platz 1, www.dorisuhlich.at
32 l an.schläge Mai 2010
independent shorts
Tribute to Miranda Pennell
lebenslauf
auch feministinnen altern
Bereits zum siebten Mal findet heuer in Wien das größte österreichische
Kurzfilm-Festival statt: die Vienna Independent Shorts. Von 27. Mai bis
2. Juni gibt es ausreichend Programm, inklusive einer Femmage an die
britische Choreografin und Filmemacherin Miranda Pennell am 30. Mai
im Metro Kino. Das Publikum wird dabei von Gerald Weber von sixpackfilm und Wiktoria Pelzer von den Vienna Independent Shorts durch das
70-minütige Programm begleitet. Dieses fokussiert auf die besonderen
Bewegungs- und Ausdrucksformen der studierten zeitgenössischen Tänzerin, die sich mit ihrer Kreativität im Umgang mit Tanz und Performance
einen Namen machte. Gezeigt werden unter anderem Ausschnitte aus ihrem Film „Magnetic North” (2003) (Posieren), „Human Radio” (2002)
(Amateurtanz) und „Fisticuffs” (2004) (Prügeleien zwischen Bargästen). Miranda Pennell selbst wird bei der Filmvorführung anwesend sein
und im Anschluss daran für Fragen bereitstehen. vers
Tribute to Miranda Pennell, 30.5, 20.00, Metro Kino, 1010 Wien, Johannesgasse 4a,
http://viennashorts.com
Christine Hartmann
buchpräsentation
Geschlechtliche Differenzen
Sexuelle Differenz oder doch Dekonstruktion der Zweigeschlechtlichkeit? Oft wird der französischen Philosophin und Psychoanalytikerin
Luce Irigaray vorgeworfen, sie rede der normativen Zweigeschlechtlichkeit das Wort. Im Gespräch mit Birge Krondorfer stellt die Autorin
Tove Soiland von der Universität Zürich ihre Publikation „Luce Irigarays
Denken der sexuellen Differenz. Eine Dritte Position im Streit zwischen
Lacan und den Historisten” vor. Und zeigt, dass der außergewöhnlich
klarsinnigen, leider viel zu selten gelesenen Irigaray und ihrem wendigen Denken so schnell nicht beizukommen ist. Im Zentrum der BuchVernissage wird die Kontroverse stehen: zwischen der Dekonstruktion
der Zweigeschlechtlichkeit und dem Bemühen, die sexuelle Differenz zu
allererst einmal überhaupt zu denken. han
Zum Denken der Sexuellen Differenz. Buch-Präsentation, 19.5., 19.00, Depot, 1070 Wien,
Breite Gasse 3; Tove Soiland: Luce Irigarays Denken der sexuellen Differenz. Eine Dritte
Position im Streit zwischen Lacan und den Historisten. Turia + Kant 2010, 40 Euro
eu-film
Film- und Medienkonferenz in XXL
Das Forum „EU XXL”, ein Netzwerk heimischer und europäischer
Filmschaffender, trifft sich von 4. bis 7. Mai in Wien, um Rahmenbedingungen und Arbeitsweisen im Bereich Filmarbeit zu besprechen. Dort
können individuelle Positionen zur Arbeit rund um den Film eingebracht
und im Rahmen eines gemeinsamen Forderungskatalogs diskutiert
werden, der den verantwortlichen Behörden der EU, insbesondere der
Europäischen Kommission, vorgelegt werden soll. Am 8. Mai, wenn die
Konferenz nach Krems weiterzieht, ist es dann soweit: Die europäischen
Filmleute können ihre Ergebnisse vereint äußern und mit VertreterInnen
des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und dem
Europäischen Rat erörtern. Der diesjährige Schwerpunkt von „EU XXL”
gilt übrigens den Kameraleuten. Mitreden und sich an Arbeitsgruppen
beteiligen können aber alle, die sich für die Produktion des Mediums
Film interessieren. vers
Weitere Informationen auf http://euxxl.indeed.at
Platz frei in Bus
und Gesellschaft
Initiiert wurde ich im Autobus an einem nasskalten Dezembertag des
letzten Jahres. An einer der Haltestellen setzten sich ein Mädchen, ein
kleiner Bub (der, unmittelbar nachdem er den Sitz erklettert und sich
zurecht geruckelt hatte, den Daumen in den Mund steckte und mich
nicht mehr aus den Augen ließ) und die dazugehörige Mutter – vermutlich in meinem Alter minus 15 – auf die freien Plätze rund um mich.
Die nächste Viertelstunde Busfahren wurde mir durch den unaufhörlich
fließenden Erzählstrom des Mädchens verkürzt, die mich über alle Verwandtschaftsverhältnisse ihrer Patchwork-Familie aufzuklären bemüht
war: über die Herkunft der Väter, die praktisch gelebten oder sich derzeit in Auflösung befindlichen Verbindungen zum jeweils vaterschaftlich
und muttertechnisch zugehörigen Kind und etliche weitere recht private
Dinge. Ich wollte der Frau neben mir versichern, dass ihre Lebensgestaltung mich nur mäßig interessierte und mich zudem überhaupt nichts
anginge, weshalb mich dieser Einblick keinesfalls in die Nähe ablehnender Emotionen, nicht einmal in die Nähe irgendeiner Emotion brächte,
aber da war keine Lücke im freien Monolog.
Und dann stiegen sie aus, alle drei, aber knapp vorher, an der offenen
Bustür drehte sich der Bub noch mal um, nahm seinen Daumen aus dem
Mund und strahlte mich an: „OMA”.
Das war’s. Seine Einschätzung meiner gesellschaftlichen Position, die
ihn also offensichtlich die ganze Zeit in Anspruch genommen hatte, war
abgeschlossen. Seine Zuordnung verwandelte mich in das, was ich vermutlich bin und meist noch nicht sehe: in ein grauhaariges, faltenreiches
Weib.
Auch gut! Ach übrigens, wie war das eigentlich genau mit der Definitionsmacht? Und wie ist das eigentlich mit den sich in Veränderung
befindlichen Familienstrukturen, von denen mir das Mädchen so farbig
Bericht erstattet hatte – wirken die sich denn überhaupt nicht auf
gesellschaftliche Rollenzuschreibungen aus? Oder hatte mich der Zwerg
soeben in seine Familie aufgenommen?
Christine Hartmann, Jg. ’53, lebt und arbeitet hauptsächlich in Bregenz und
wundert sich je länger, umso mehr. www.prozesswissen.at
Mai 2010 an.schläge l 33
bildende kunst
Look ...
Am 1. April feierte die
Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs (VBKÖ)
ihr hundertjähriges Bestehen.
Rudolfine Lackner, derzeitige Präsidentin der VBKÖ,
erinnert sich an die turbulente Vereinsgeschichte, Elke
Auer und Esther Straganz,
die die VBKÖ erst vor wenigen Jahren für sich entdeckt
haben, gratulieren.
Link:
www.vbkoe.org
34 l an.schläge Mai 2010
Das 100-Jahre-Jubiläum der VBKÖ
verweist auf die seit Jahrhunderten
weltweit agierenden frauenbewegten
und feministischen Aktivismen in der
Kunst, die Widerstand gegen den Ausschluss von Frauen und Künstlerinnen
aus den Institutionen leisten. Ihr seit
jeher internationales Ausstellungsprogramm wurde von Pionierinnen wie
etwa Olga Brand-Krieghammer (erste
VBKÖ-Präsidentin), Marie Egner, Rosa
Mayreder, Tina Blau, Olga WisingerFlorian, Helene Funke, Käthe Kollwitz,
Sofonisba Anguissola, Angelika Kaufmann oder Berthe Morisot geprägt.
1912 mietete die VBKÖ Räumlichkeiten
in einem Dachgeschoss in der Wiener
Innenstadt an, um von nun an ungehindert und gänzlich selbstbestimmt an
der Verbesserung der „wirtschaftlichen
und künstlerischen Verhältnisse von
Künstlerinnen” zu arbeiten. Zu ihren
ersten politischen Erfolgen zählen unter
anderem, dass (Staats-)Preise auch an
Künstlerinnen ergingen, dass Jurien mit
Künstlerinnen besetzt wurden und dass
ab 1920 auch Studentinnen Zugang zur
Akademie der bildenden Künste in Wien
hatten.
Frühe Kämpfe. Im Verlauf der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelten sich ausgehend vom zunehmend
„etablierten” Programm der VBKÖ
aber auch kollektive Dynamiken,
die zwar einerseits zu Abspaltungen
einzelner Künstlerinnengruppierungen
(1919 Freie Vereinigung, 1926 Wiener
Frauenkunst), andererseits aber auch zu
starken Profilierungen diskursiver, die
Diskussion um eine „weibliche Ästhetik” in den 1970er Jahren antizipierender Positionen führten. 1938 wurde die
VBKÖ im Gegensatz zur nunmehr aufgelösten Wiener Frauenkunst „freigestellt”. Das bedeutete, dass sie nach der
Implementierung nationalsozialistischer
Vorgaben in ihre Vereinsagenden (Statuten- und Namensänderung, Arisierung
ihrer Mitgliederinnen etc.) in Form von
Ausstellungsorganisationen weiterhin
aktiv sein konnte, sollte bzw. wollte.
Neue Aufbrüche. In der zweiten Hälfte
des 20. Jahrhunderts kam es aufgrund
des historischen Bruchs durch die
NS-Zeit verstärkt zum Vergessen allen
revolutionären und emanzipatorischen
Potenzials der ersten künstlerischen
Frauenbewegung Österreichs. Die sich
durch Namen wie VALIE EXPORT oder
IntAkt (Internationale Aktionsgemeinschaft, gegründet 1977) in den 1970ern
andernorts formierende Neue Frauenbewegung setzte nahezu ohne Wissen
um ihre pionierinnenhaften Vorläuferinnen ein. Ein Relaunch der VBKÖ in
den 1990er Jahren hatte neben einer
kritischen inhaltlichen Aufarbeitung
ihrer Geschichte auch den neuerlichen
Aufbau eines zeitgenössischen Kunstund Atelierprogramms in den historischen Vereinsräumlichkeiten zur Folge.
Nach wie vor stehen die Förderung der
Interessen von Künstlerinnen sowie die
Auseinandersetzung mit performativen
queeren Identitätspolitiken, Feminismus und Gesellschaft im Zentrum des
aktuellen Arbeitsansatzes. Dies wird von
international agierenden KünstlerInnen,
TheoretikerInnen und KuratorInnen
in unterschiedlichen Ausstellungs- und
Projektformaten, Publikations- und
Forschungsprojekten realisiert. l
Rudolfine Lackner, Fotografin und Kunsthistorikerin, ist seit 1998 Präsidentin der
VBKÖ.
bildende kunst
... a hidden ballroom!
Hinter einer der vielen aufwändig
hergerichteten Fassaden auf der Wiener
Kärntnerstraße schwebt erhaben ein
kleines feines Plateau – die Räumlichkeiten der Vereinigung bildender
Künstlerinnen Österreichs, die am 1.
April 2010 ihren unglaublichen 100.
Geburtstag feierte. Das brandneue
Board der Vereinigung tanzte dem Anlass entsprechend mit Freund_innen und
Symphatisant_innen in einer rauschenden, goldenen Ballnacht einer vielversprechenden Zukunft entgegen.
Am 1. April 1910 als produktive und
emanzipierte Antwort auf den kategori-
Unterm goldenen Schild. Wir betraten dieses Plateau zum ersten Mal im
Mai 2007: Einer lose ausgesprochenen
Einladung folgend fanden wir uns vor
einer Tür, über der seit Anmietung der
Räumlichkeiten in der Maysedergasse im Jahr 1912 ein eindrucksvolles
goldenes Schild mit der Aufschrift
„Vereinigung bildender Künstlerinnen”
hängt. Wir waren damals auf der Suche
nach einem Raum zum Lesen, Denken,
Diskutieren und Arbeiten und standen
dann an einem Nachmittag in diesem
unglaublich hellen, klaren und großzügigen Raum, an dem irgendwie alles
„Doch durstig stets die Kunst, nach Freiheit
bar Geschlecht. Daran sollst du erinnern und
deshalb sollst du stehn, noch hundert weitre
Jahre. Oh, VBKÖ!“ (Refrain aus der noch unveröffentlichten Hymne zum 100. Geburtstag
der VBKÖ von Eva Jantschitsch)
schen Ausschluss von Künstlerinnen aus
allen Künstlervereinen in Selbstorganisation gegründet, bot sie vielen Frauen
eine erste Möglichkeit, ihre Arbeiten
zu zeigen und zu verkaufen. Die VBKÖ
machte schon mit ihrer allerersten
Ausstellung unter dem Titel „Die
Kunst der Frau”, die 1910/11 Werke
von internationalen, historischen und
zeitgenössischen Künstlerinnen in der
Secession versammelte, von sich reden.
Heute ist die VBKÖ Archiv, Museum,
Galerie, Atelier, Küche, Ballraum und
Wunschmaschine, in deren Rahmen
auf mehreren Ebenen daran gearbeitet wird, feministische Geschichte als
Gegenwart zu verhandeln.
richtig war. Wir wussten sofort, dass
wir genau hier sein und etwas machen
wollten. Dieser Raum, diese Vereinigung
war wie gemacht für uns.
Dear Anus. Wir verstehen die VBKÖ
heute vor allem auch als kulturelle Produzentin, eine historisch aufgeladene
Organisation, die sich nicht auf Erhalten
und Bewahren beschränkt, sondern ein
künstlerisch-politisches Handlungsfeld
bietet, das zum Entdecken, Erfinden
und Experimentieren auffordert. Die
geradlinigen, unaufgeregten Räume sind
Atelier, Labor, Bühne oder White Cube,
je nachdem, wonach einer gerade ist.
2008 veranstalteten wir hier gemein-
sam mit Eva Egermann und Julia Wieger das emanzipatorische Sprecher_innenforum „PostProloClub”, im selben
Jahr organisierten und kuratierten wir
in derselben Konstellation die erste
Wiener Arschloch-Ausstellung „Dear
Anus”. Ausgehend von Beatriz Preciados’ Buch „Kontrasexuelles Manifest”
versammelten wir 19 künstlerische
Positionen, die herrschende binäre,
heteronormative soziale Blaupausen
infrage stellten. Preciados’ Manifest
ruft zur Deterritorialisierung klassischer
erogener Zonen auf und feiert alternativ den nicht reproduktiv besetzten,
radikaldemokratischen Anus, den jeder
Körper hat.
Die Ausstellung setzte genau hier, an
diesem dekonstruktiven Potenzial an –
und brachte der VBKÖ unter anderem
eine parlamentarische Anfrage der FPÖ
ein. Aber, viel ernstzunehmender und
wichtiger, versammelte sie zahlreiche
unterschiedliche Queer Theory-affine
wie -ferne Menschen in den geografisch
und historisch prominenten Räumen.
Wir wünschen der Vereinigung bildender Künstlerinnen hundert und weitere,
schöne, wilde und laute Jahre, in denen
sie in ihrem „hidden ballroom” und
darüber hinaus die Verhältnisse zum
Tanzen bringt! l
Elke Auer und Esther Straganz studierten
an der Universität für angewandte Kunst,
arbeiten mit und über Monster und sind
seit 2010 Mitglieder der VBKÖ.
Mai 2010 an.schläge l 35
alterslust
Reif
für die
freie
Liebe
Foto: Edition a/Bubu Dujmic
Die 79-jährige Autorin Elfriede Vavrik hat mit „Nacktbadestrand”
einen autobiografischen Bestseller über die Lust im Alter geschrieben.
Michèle Thoma traf Elfriede Vavrik zum Gespräch über Liebe, Sex
und andere Perversionen.
Am Anfang war die Schlaflosigkeit. Am
Anfang war ein Herr Doktor mit einem
überraschend „naturmedizinischen”
Tipp: Suchen Sie sich einen Mann!
Elfriede Vavrik ist 79, Buchhändlerin
und gerade in Pension gegangen. Sie
ist Mutter von drei Söhnen, zweimal
geschieden und von Männern eigentlich
geheilt. Und das schon sehr, sehr lange:
vierzig Jahre ohne Sex! Vavrik befolgt
den ärztlichen Ratschlag und inseriert
im „Bazar”. Lustvolle Zeiten brechen
an: Liebeskandidaten präsentieren sich,
Vavrik entdeckt nach einem beinahe
nonnenhaften Leben in sich die große
Liebende. Nach etlichen (S)Experimenten konzentriert sie sich auf ein paar
Männer, mit denen sie erfüllenden Sex
hat und eine Freundschaft pflegt.
Elfriede Vavrik genießt und schweigt
nicht. Sie veröffentlicht ihre Erlebnisse
in dem Buch „Nacktbadestrand”, das
rasch zum Bestseller wird, ist Gast in
deutschen Talkshows und wird im Boulevard und im Feuilleton besprochen.
Ein skurriles Phänomen? Lustgreisin
oder Sex-Oma, wie die österreichische
Frauenzeitschrift „Madonna” abwertend schreibt?
Elfriede Vavrik ist eine Frau, die macht,
worauf sie Lust hat. Eine Frau, die
darüber schreibt – und zwar gut.
36 l an.schläge Mai 2010
an.schläge: Meine Tochter, Mitte zwanzig, findet es nicht besonders exotisch,
dass ältere Frauen Sex haben.
Elfriede Vavrik: Großartig, dass sie diese Einstellung hat!
Vollkommen überflüssig findet sie es
hingegen, dies an die große Glocke zu
hängen. Sie meint, das Buch werde be-
dann das Buch las, imponierten mir die
Nüchternheit, der Witz, auch eine gewisse
Zärtlichkeit den Männern gegenüber. Sie
mögen Männer und verstehen sie – vielleicht auch, weil Sie drei Söhne haben?
Das stimmt. Ich interessiere mich auch
für meine Freunde und gebe ihnen
Ratschläge, auch was ihre Ehen und
Beziehungen anbelangt.
„Ich will richtigen Sex. Achtzigjährige Männer
kriegen nichts mehr zustande! Bei den meisten
wird es ab fünfzig schon schwierig.“
geistert von älteren Frauen – wie ihrer
Mutter – gekauft, die sich dann darüber
freuen, dass „noch was geht”.
Ja, natürlich geht noch was! Die älteren
Frauen glauben alle, sie sind nichts
wert. Das stimmt doch überhaupt nicht.
Das sind Erfahrungen, die Junge gar
nicht haben können. Aber ich werde
auch von jungen Mädchen angestrahlt.
Als ich von Ihnen hörte, sah ich eine
Invasion von Gehwagerl-Greisinnen, die
kokett das Röckchen lüpfen. Ich hatte
einen männlich-satirischen Blick. Als ich
Eine Beziehung wollen Sie aber bewusst nicht.
Nein – ich will nur verheiratete Männer
oder Männer mit Freundinnen. Ich will
nicht, dass die Männer zu anhänglich
werden. Ich habe mich jetzt von einem
Mann getrennt, weil er seine Freundin
verlassen hat.
Sie schreiben, dass „es schwabbelt”
bei älteren Männern. Sie wirken auf
Sie abstoßend. Interessieren Sie sich
deshalb oder aus anderen Gründen für
jüngere Männer?
Ich will richtigen Sex. Achtzigjährige
kriegen nichts mehr zustande! Bei
den meisten wird es ab fünfzig schon
schwierig. Ganz junge Männer suche ich
aber auch nicht – dabei werde ich oft
von ihnen kontaktiert.
Eine Freundin, die nur „über” Sie gelesen hat, urteilte oder vorurteilte, Sie
würden Wegwerfsex praktizieren …
Wegwerfsex?! Was für ein Wort!
Natürlich habe ich mir die Männer
ausgesucht, aber ich habe mich mit
ihnen unterhalten, geschaut, ob sie mir
sympathisch sind. Ich habe niemanden
weggeworfen! Ich rede sehr viel mit
den Männern, mit denen ich Sex habe.
Das Reden ist mir sehr wichtig.
In Ihrer Kollektion gab es einen
Mörder, einen Fäkalfetischisten, ein
Musterenkelkind. Sind es vorwiegend
Männer mit sogenannten perversen
Neigungen oder solche, die sonst keine
Chance bei Frauen haben und daher zu
älteren Frauen gehen?
Überhaupt nicht. Man kann nicht von Perversion reden, eher von einer Vorliebe.
Wenn Frauen den richtigen Sexualpartner haben, neigen sie doch oft dazu, sich
zu verlieben.
Dann sollten sie sich sofort einen zweiten
anschaffen! Liebe und Sex, das sind zwei
Paar Schuhe. Wenn es zusammenfällt, ist
es ein Lotto-Zwölfer! Männer sind nicht
monogam – Frauen heute auch nicht mehr.
Große Liebe – glauben Sie nicht daran?
Große Liebe ist kein Blödsinn. Mir ist sie
nicht begegnet. Aber dass zwei Menschen
gleich intensiv lieben, gibt es wahrscheinlich nicht. Einer kommt immer zum
Handkuss. Ich will mich nicht zu sehr verlieben. Ich will nicht abhängig werden,
leiden. Die Liebe soll mir gut tun.
Die Angst, alt und abstoßend zu sein,
scheint Ihnen fremd – und das in einer
Welt, in der schon Teenies in Panik geraten, weil ihr Körper nicht einem Bild
entspricht, das sie für ideal halten.
Alt und hässlich? Ich finde mich jetzt
viel, viel schöner als früher. Ich war so
ein dünnes Ding! Und den Männern ist
dieses Perfekte ja überhaupt nicht wichtig, die schauen ja gar nicht so auf jedes
Detail. Das bilden sich die Frauen ein.
lesbennest
the faboulous life of a queer femme in action
Auffällig ist, dass Frauen im Buch oder
in Ihren Interviews nicht vorkommen.
Gab es nie Vertraute, Freundinnen?
Nie! Schon als Mädchen nicht. Ich war
immer die Allerletzte unter den Mädchen, so dürr wie ich war, überhaupt
nicht schön. Die wollten ja die Burschen
anlocken, mit so einer wie mir ging das
nicht. Später hatte ich einfach keine
Zeit für Freundschaften. Das Einmischen mochte ich auch nicht. Ich war
Geschäftsfrau, dann Alleinerzieherin.
Auch keine Freundschaften mit Sandkastenmuttis?
Meine Kinder hatte ich nebenbei – für
all das war keine Zeit!
Sie haben sehr selbstbestimmt gelebt.
Sie haben sich zwei Mal scheiden
lassen, nicht gerade üblich in Ihrer
Generation, haben bis vor kurzem Ihr
Geschäft geführt. Ihr Buch war nicht als
feministisches Manifest gedacht, Sie haben es eigentlich für Männer geschrieben. Was bedeutet für Sie Feminismus?
Ich habe was gegen Gleichberechtigung.
Ich habe es gern, wenn der Mann ein
Mann bleibt und die Frau eine Frau,
nicht nur im Bett – außer der Mann
steht in der Küche und kocht gut!
Aber ohne Gleichberechtigung hätten Sie
niemals so ein Buch schreiben können!
Das stimmt! Ich wäre gesteinigt worden. Also, für Gehalt in gleicher Höhe
bin ich natürlich schon!
Sie leben und lieben so gut, so viel,
so intensiv wie möglich. Sie genießen
Sex mit auserwählten Männern im
Bewusstsein, dass es keine endgültige
Bindung geben wird. Sie scheinen reif
für die freie Liebe zu sein. Ihr Buch ist
letztendlich ein weises Buch.
Danke! Ich kann jetzt auch wieder
schlafen. l
denice
Reality bites
I have bad taste. I love checking out www.awfulplasticsurgery.
com regularly to watch the new sad Hollywood botoxed train
wrecks, and I go to the gym only to get to read the new horrible
”Seitenblicke” or ”InStyle” magazine. I can’t stop reading all the
mean gossip, and still I know that what I’m doing is terribly wrong.
Because if there wouldn’t be people like me reading this shit, they
wouldn’t write it.
And there is this one very bad place where one can find the absolute parade of bad plastic surgery gone awfully wrong and where
people really get exposed and used for entertainment value: reality
soaps. Jesus effing Christ, I have seen some bad stuff, but this …
I am the queen of ”Fremdschämen”, and normally when I get
embarrassed watching something on TV, I can always tell myself:
”Don’t worry, it. Is. Just. A. Show.” But when it is not? When these
are real people making asses of themselves? For real?!
I have seen Tila Tequila finding true bisexual love, Paris Hilton
finding her new best friend forever! I enjoyed the best trash people
show ”I Love Money”, where contestants from the very classy
shows ”Rock of Love”, ”I Love NY” and ”Flavor of Love” were intriguing and showing the world just how great the American school
system works! The last show I watched was ”Celebrity Rehab”,
which is exactly what it sounds like. ”Celebrities” (for example the
omnipresent Brigitte Nielsen) who need to sober up. And when I
sat there in front of my laptop screen watching the actor who had
a smaller role in ”Grease” puke his guts out I felt that I hit rock
bottom way more than him. Because I was actually watching him
doing all this.
After that shameful wake-up call there have been no reality soaps
for me, and when I read gossip then only the ”Gala” which is a
little bit less nasty than the others. Until now …
Because get this: Ilene Chaiken (yes, Mama ”L Word”) has produced a new show for Showtime. It is called ”Real L Word” … no
joke. After watching the trailer for the show that will start in June,
I am telling you people, this is gonna get nasty! I can’t wait!
Denice drinks too much Bourbon, smokes too many cigarrettes and has
a sweet tooth for butches and bois. Her motto: “All is good as long as
you have the right outfit.”
Foto: Jenzig71/photocase
Michèle Thoma ist Schriftstellerin.
Mai 2010 an.schläge l 37
an.lesen
„Vor dem Tod verlieren
die Wörter ihren Sinn“
Anna Mitgutsch leistet in ihrem neuen Roman Trauerarbeit nach
jüdischen Regeln. Deren Protagonistin erzählt von metaphernloser Einsamkeit und der Suche nach dem gerissenen Faden.
Von Verena Stern
Zwei Menschen – in love. Zu eigenständig, zu eigensinnig, ihre Bedürfnisse
in Kompromisse zu verwandeln. Und
doch: ein ganzes Leben ohne einander,
unvorstellbar. Also doch Kompromisse,
gefolgt von Abschieden und Trennungen,
„weil wir nicht mit der Hartnäckigkeit
unserer Sehnsüchte und Leidenschaften
gerechnet hatten, mit unseren Grausamkeiten, unseren Ängsten und unserem
Egoismus.” Aber nie für immer. Bis
dass der Tod euch scheidet – und der ist
ewig. Oder auch nicht, je nachdem. Doch
wie damit umgehen, wenn man selbst
die Person ist, die zurückbleibt? Wie
damit leben? Wie leben? Als gäbe es
„kein Leben mehr, das außerhalb seines
Todes läge”. Es gibt also nicht nur das
Leben und den Tod, sondern noch eine
Zwischenstufe: einem geliebten Menschen in den Tod folgen und dennoch das
eigene Leben nicht loslassen wollen,
können: Folge mir, ich werde mich nicht
umdrehen und dich für immer verlieren.
Und doch, so scheint es, ist die Umkehr
unumgänglich, als wäre dies die einzige
Möglichkeit einer Vergewisserung der
Existenz dieses Menschen (des „Lebensmenschen” wäre man fast versucht
zu sagen, hätte der Begriff nicht einen
gewissen blau-braunen Anstrich bekommen). Die Gedanken und Erinnerungen
an ihn aufrechterhalten, aber auch die
Bilder und Wahrheiten eines gemeinsamen Lebens. Vom Tod kann man sich
kein Bild machen, dafür gibt es keine
Metaphern. Nur „kollektive Bilder, die
für Erfahrungen bereitstehen, für die
wir keine Worte haben”.
Die 1948 in Linz geborene Schriftstellerin Anna Mitgutsch studierte in
38 l an.schläge Mai 2010
Salzburg Germanistik und Anglistik.
Nach zahlreichen Auslandsaufenthalten
in England, Südkorea und den USA
lebt sie wieder in Linz. Ihr aktueller
Roman „Bis du wiederkommst” ist
das einfühlsame Porträt einer Frau,
die mit dem Tod ihres Ex-Mannes und
langjährigen Lebenspartners konfrontiert ist. Die Zerrissenheit, die darauf
folgt, wäre eigentlich nicht in Worte
zu fassen. Doch Anna Mitgutsch ist
eine Sprachkünstlerin, die jede noch
so kleine Feinheit aus einer Situation
heraus- und zu Papier bringen kann. Die
tiefe Trauer gerät an manchen Stellen
an den Abgrund des schmalen Grats
zwischen berührter Beklommenheit und
Kitsch. An anderen Stellen jedoch werden die Leser_innen von den Sätzen der
Autorin mit unendlich vielen Adjektiven
durch die Geschichte getragen, was das
Lesen des Buches trotz des Themas zum
Genuss macht.
Die Protagonistin ist um die sechzig
Jahre alt, und ihr letzter Besuch in
Boston war durchzogen von der Idee
eines Neuanfangs mit Jerome, ihrem
Ex-Mann. Beflügelt von dem Glück, den
Neuanfänge auslösen, fliegt sie zurück
nach Österreich, um an ihrem Zweitwohnsitz alles für den Umzug in die
USA vorzubereiten. Doch dazu kommt
es nicht, und was nun folgt, ist eine
„Anatomie der Trauer”. Sie versucht,
einem Ariadne-Faden gleich, die letzten
Stunden in Jeromes Leben aufzurollen,
um zu verstehen, wann der Faden gerissen ist und wann der Tod schneller und
stärker war als das Leben.
Die Erzählerin ist somit in Gespräche
und Gedanken, die in ihrem Kopf
Foto: Peter von Felbert
stattfinden, vertieft, sodass sie die Schiwa, die siebentägige Trauerzeit gemäß
des jüdischen Rituals, als Eindringen
in ihre eigene Welt empfindet, in der
sie täglich mit Jerome redet, um die
Sehnsucht nach ihm aussprechen zu
können. Zumal seine Verwandten von
ihr, der Ex-Frau, die ihn vor langer Zeit
nach zwanzigjähriger Ehe, verlassen
hat, offenkundig nicht begeistert sind,
sie sprechen ihr sogar das Recht zu
trauern ab.
Doch der Roman hält sich nicht mit
Plattitüden auf, weder solchen, die
einer idealisierten Norm entsprechende
Beziehungen fordern, noch solchen, die
nach einem schnellen Abschütteln der
Trauer zugunsten einer Rückkehr in ein
„produktives” Leben verlangen. Anna
Mitgutsch denkt und schreibt zwischen
den Zeilen – und so liest sich auch ihre
Geschichte. l
Anna Mitgutsch: Wenn du wiederkommst
Luchterhand 2010, 20,60 Euro (A)
an.lesen
Einsames Bambi l Die
türkische Autorin Peri˘
han Magden
ist Kolumnistin der linksliberalen
Zeitung „Radikal”.
Ihre bisherigen Romane wie „Zwei Mädchen – Istanbul-Story”
sind Bestseller und in
zahlreiche Sprachen
übersetzt worden. Wie
ein Strudel funktioniert
ihre neueste Geschichte, eine symbiotische Beziehung zwischen Mutter und Tochter, die isoliert von der Außenwelt durch die Welt hetzen.
Wie ein Krimi lesen sich die ersten Kapitel:
Die zentrale Frage ist, wovor diese gequälte
Mutter flüchtet. Die Stimmung kippt aber in
die Erforschung der pathologischen Komplizenschaft der beiden Frauen, ihre „Mondeinheit”, wie sie es nennen. Als Gebetbuch dient
ihnen jahrelang die Erzählung von Bambi, doch
anders als das kleine Reh darf die Erzählerin
keine Freundschaften schließen. Die klare,
kindliche Erzählweise wird durch Beobachtungen von Angestellten der Hotels, in denen sie
absteigen, ergänzt: Sie können die Augen nicht
von der bildschönen Tochter und der kosmopolitischen und immer wieder in tiefe Depressionen verfallenden Mutter lassen. Doch genauso
wenig wie diese Beobachter kann die Leserin
die Geschichte entschlüsseln, jede Hoffnung auf
restlose Aufklärung wird enttäuscht. Das erhöht
allerdings nur den Ansporn, sich nochmals in
diesem sehr besonderen Roman auf Spurensuche zu begeben. Fiona Sara Schmidt
˘
Perihan Magden:
Wovor wir fliehen.
Suhrkamp 2010, 12,90 Euro (D)
Im Lurchstadium l
Dieses Buch kann frau
mittlerweile nicht mehr
unbeeinflusst lesen – erst
der Hype um das RomanDebüt der 17-jährigen
Helene Hegemann, dann
die Plagiatsvorwürfe. In
der vierten Auflage von
„Axolotl Roadkill” sind
Quellennachweis und Danksagung angefügt.
Auf das Buch muss frau sich einlassen. Die 16jährige Mifti lässt sich durch ein Leben treiben,
das sich zwischen Drogenräuschen, Schulverweigerung und Ängsten bewegt. Der Unterschied zwischen Miftis realem Leben und ihren
Albträumen ist dabei oft nicht mehr erkennbar.
Stellenweise nervt der Roman, stellenweise
macht er Spaß. Nervig ist vor allem die betont
„arge” Sprache, der sich Hegemann bedient:
Im Buch wird vulgär miteinander kommuniziert, die Handelnden kotzen, ficken und
konsumieren jede Droge. Ebenso mühsam ist
die auffallende Reflektiertheit der jugendlichen
Protagonistin: Mifti kann alles analysieren,
klingt in ihrer Altklugheit wie eine erwachsene
Frau nach zehn Jahren Psychotherapie. Doch
dann gibt es immer wieder diese besonderen,
anderen Momente, die spüren lassen, dass
Hegemanns Erstlingswerk mehr ist: schöne,
ungezwungene Wortspiele, Selbstironie („Ich
stelle mich so weit wie möglich von dem Heroin
entfernt in irgendeine Ecke. Keine schlechte
Restintelligenz, die mich zu dieser Entscheidung führt.”) und ein zynisches Betrachten der
ach so alternativen Umwelt, in der sich Mifti
bewegt. Von dem dreijährigen Äneas, der nicht
zum Yoga will, ist zu lesen, oder davon: „Ich
… laufe durch eine irgendeinem alternativen
Elternmagazin entrissene Maisonettewohnung,
die auf den ersten Blick als etwas zuzuordnen
ist, das 5.000 Euro Nettoeinkommen voraussetzt.” Nach diesem gelungenen Debüt ist
von Helene Hegemann sicher noch einiges zu
erwarten. Bettina Enzenhofer
Helene Hegemann: Axolotl Roadkill
Ullstein Verlag 2010, 14,95 Euro (D)
Selbst-Strategien l „Im
Tagebuch äußere ich
mich nicht nur freimütiger, als ich es einem
Menschen gegenüber je
tun könnte, sondern ich
erschaffe mich selbst”,
schreibt Susan Sontag
im ersten der drei
Bände mit ihren
privaten Aufzeichnungen, der nun auf Deutsch erscheint. Sontags
Sohn hat sich trotz Gewissensbisse für die
Veröffentlichung entschieden – er wisse ja, wo
die Tagebücher sind, war sein einziger Anhaltspunkt.
Die vom 14. bis zum dreißigsten Lebensjahr
reichenden Notizen, Romanideen und Reflexionen sind einerseits die intime Zurschaustellung
der berühmtesten US-amerikanischen Intellektuellen, andererseits als Bildungsroman zu
lesen. Bereits mit 16 beginnt sie ihre Universitätskarriere, heiratet mit 19 ihren Professor,
wird Mutter und flüchtet nach Paris, wo sie ihr
Lesbischsein entdeckt. Das Buch endet mit der
Veröffentlichung ihres ersten Romans „Der
Wohltäter”. Endlose Leselisten wechseln sich
ab mit Analysen ihrer selbstzerstörerischen
Liebesbeziehungen und alltäglichen Ermahnungen („UNBEDINGT jeden 2. Abend duschen”).
Filme werden genauso knapp zusammengefasst
und beurteilt wie Abendunterhaltungen mit
heute legendären Künstler_innen. Anrührend
und sehr poetisch ist die dreißig Seiten lange
Aufzählung von Kindheitserinnerungen der
1933 geborenen Autorin. Leider bleibt die
Auswahl bruchstückhaft und unbefriedigend,
ein Kommentar über die jeweilige Lebensund Arbeitssituation gäbe einen spannende
Autobiografie ab. Nur für Fans oder solche,
die wie Susan Sontag selbst, das Schnüffeln in
Tagebüchern lieben. Fiona Sara Schmidt
Susan Sontag: Wiedergeboren. Tagebücher
1947-1963
Hanser Verlag 2010, 24,90 Euro (D)
Bebilderte Depression l „Aber am Ende war
alles nur
geträumt.
Ich lebte
noch immer.
Da hatte
ich mich
wohl zu früh
gefreut.”
Immy lebt
in einer großen Depression. Zuhause ist sie
einsam, in der Arbeit unglücklich. Schmerz,
eine hässliche Welt, Heulkrämpfe. Ihr Kaffee
heißt Depresso, ein doppelter geht aufs Haus.
Immy kommt irgendwie durchs Leben, aus ihrer
Depression heraus aber nicht. Genauso wie
Immys Gedanken sind auch die dazugehörigen
Bilder: dunkel und trist.
Mimi Welldirty hat ein Bilderbuch für Erwachsene geschrieben und gezeichnet. Das Ergebnis
ist gelungen, wenn ihm auch an manchen Stellen ein bisschen mehr Subtilität nicht geschadet
hätte: Dass Make-up nämlich nicht zur Lösung
der eigenen Probleme beiträgt, muss einer
nicht mehr gesagt werden. Und auch von der
Notwendigkeit der emotionalen Annahme des
kleinen Kindes in einer haben wir doch schon
gehört. Von solchen Details abgesehen ist
Welldirtys erstes Buch aber schön zu lesen und
anzusehen. Und auch das Ende stimmt versöhnlich. Bettina Enzenhofer
Mimi Welldirty: Immy and the City: Depresso
to go. Die traurigste Geschichte der Welt
Atrium-Verlag 2010, 14,90 Euro (D)
Mai 2010 an.schläge l 39
an.lesen
Kalt & einsam im Sarg l
Josefine hält sich die
Ohren zu und verdrückt
sich auf ihren Stein
im Schilf. Sie hat mal
wieder Ärger mit ihrer
Mutter. Dabei kümmert
sie sich eh schon um
ihre jüngste Schwester, spielt mit ihr „das
kälteste Land”, in dem sie die Prinzessin vom
Spielhäuschen und Freja ihr Hund ist. Dass sie
mit Wendla nicht spielen kann, ist ja nicht ihre
Schuld. Mit ihr gibt es immer nur Geschrei.
Doch ihre Mutter hält immer zu ihren jüngeren
Geschwistern. Die Welt ist so ungerecht. Keiner
hat sie lieb. Niemand würde um sie trauern,
wenn sie tot wäre.
Im See spiegelt sich ein schöner weißer Sarg
zwischen dunklen Grabsteinen auf dem Friedhof. Josefine sieht sich selber kalt und einsam
im Sarg liegen, „tot wie der ausgetrocknete
Frosch am Teich, steif wie der überfahrene
Fuchs auf der Landstraße, bald von Würmern
zerfressen wie der verrottete Apfel im alten
Märchenbuch”. Alle Versöhnungsversuche
seitens ihrer Familie werden ignoriert. Doch
ihr Selbstmitleid hält nicht lange an, möchte
sie doch viel lieber wieder bei ihrer Familie
sein und mit ihren Geschwistern spielen. Und in
ihrer Situation spricht ja auch nichts gegen ein
gut inszeniertes Beerdigungsspiel, bei dem neben den Kindern auch die Stofftiere so richtig
traurig sein dürfen.
Auf leicht makabere, doch erfrischend unkonventionelle Art und Weise lässt Tove Appelgren
in ihrer Geschichte die Schrecken der familiären Alltagstragödien verblassen. Mein Tipp:
ab und an beim Lesen eine Pause einlegen
und sich von den mit vielen kleinen Details
gespickten Illustrationen überraschen lassen.
Svenja Häfner
Tove Appelgren: Keiner hat mich lieb, findet
Josefine. Illustriert von Salla Savolainen
Verlag Friedrich Oetinger 2010, 12,95 Euro (D)
40 l an.schläge Mai 2010
Feministischer Parcours l
„Rasse“ reloaded l
Wird die feministische
Theoriebildung mit dem
Beginn der Zweiten Frauenbewegung zusammengedacht, lässt sich konstatieren, dass seit den 1970ern
die Hälfte der Zeit mit der
Einführung des Konstruktionsparadigmas und der
Auseinandersetzung mit dem Begriff „Gender”
verbracht wurde. Es lässt sich also durchaus
von einer Hegemonie einer bestimmten Form
(inhaltlich, methodisch, modisch) sprechen, wie
Geschlecht und dessen Verhältnisse erkenntnistheoretisch und empirisch wahrzunehmen
sind. Nun scheint es, als hätte diese Phase des
(De-)Konstruktivismus ihren Zenit erreicht,
denn zunehmend werden auch die Grenzen, also
die Partikularität dieses Konzepts, diskutiert.
Hier setzt Tove Soiland an, indem sie eine im
deutschsprachigen Raum geschmähte Denkerin ins Zentrum ihrer Analysen stellt.Dabei ist
Luce Irigarays Ausgangspunkt auch jener von
beispielsweise Judith Butler, mit der sie über
Strecken hinweg in eine Art Dialog gesetzt
wird: Für beide sind Sprache und Geschlecht
intrinsisch aneinander gekoppelt, nur die Frage
ist, „was genau unter dieser Formel zu verstehen sei”. Beide Autorinnen rekurrieren auf
die psychoanalytische Geschlechtertheorie von
Lacan, die neben einem Rekurs auf Foucault als
Dreh- und Angelpunktes fungiert, allerdings mit
unterschiedlichen Exegesen. Soiland arbeitet
zur Rezeptionsgeschichte von Irigaray (was
gleichzeitig einen aufschlussreichen Parcours
durch feministische Theorien darstellt), deren
kritische Interpretation der (französischen) Psychoanalyse mitsamt deren Phallizismus ein anderes Modell der Geschlechter zu denken erlaubt.
Dieses Buch ist ein besonderes Angebot, die
unterschiedlichen feministischen Ansätze wieder
ins Gespräch zu bringen. Birge Krondorfer
Eigentlich haben sogar
die Naturwissenschaften
längst erklärt, dass die
Einteilung der Menschen
in „Rassen” falsch ist.
Eigentlich – denn die
Lebenswissenschaften
(Biologie, Medizin,
Genetik usw.) operieren
immer noch bzw. wieder verstärkt mit dem
Konzept von „Rasse”.
Entstanden ist der vorliegende Reader, nachdem Studierende an der Humboldt-Universität
Berlin 2005 in einem gemeinsamen Seminar
der Gender Studies, Biologie und Philosophie
eine äußerst unerfreuliche Begegnung mit einem klassischen „Rasse”-Apologeten in Gestalt
eines Biologie-Professors hatten. Die daraufhin gegründete „AG gegen Rassismus in den
Lebenswissenschaften” fand rasch heraus, dass
„heute in verschiedenen Disziplinen unter dem
Leitbild genetischer Bestimmbarkeit erneute
Zugriffe auf ,Rasse’ stattfinden und rassifizierte
genetische Modelle als ,natürliche Gegebenheiten’ konstitutiert werden”. So wird gerade
in der Genetik ungeheuer viel Energie (und
Geld) darauf verwendet, „Rassenmerkmale” in
der DNA aufzufinden. Sinn und Zweck dieser
Anstrengungen sind durchwegs von Marktinteressen getrieben (etwa die Herstellung von
Medikamenten für bestimmte rassifizierte Bevölkerungsgruppen), sie sind aber immer auch
Teil eines rassistischen Diskurses, der gegen die
„Gleichmacherei” anzukämpft. Das Buch legt
die Methoden und Intentionen dieser Naturwissenschaft frei, verknüpft diese Erkenntnisse mit
postkolonialen und feministischen Diskursen
und belegt anhand von konkreten Beispielen die
Virulenz von neuen „Rasse”-Konzepten. Ein
bestürzendes Buch, aber ein wertvolles Werkzeug zur Schärfung der Wahrnehmung „objektiver” Naturwissenschaften. Sylvia Köchl
Tove Soiland: Luce Irigarays Denken der
sexuellen Differenz. Eine Dritte Position im
Streit zwischen Lacan und den Historisten
Turia + Kant 2010, 40 Euro (A)
AG gegen Rassismus in den Lebenswissenschaften (Hg.): Gemachte Differenz. Kontinuitäten biologischer „Rasse“-Konzepte
unrast-Verlag 2009, 19,80 Euro (A)
an.klang
Tauwetter
forever
Neue Töne im Wonnemonat Mai –
gehört von Silke Graf und Vina Yun.
Baby Dee nicht mehr im Bärenkostüm. Foto: Tin Angel Records
Baby Dee hat in ihrem Leben schon
einiges gemacht: Als Touristenattraktion verdiente sie ihr Geld in New Yorks
Central Park im Bärenkostüm an der
Harfe, leitete einen Kirchenchor oder
stutzte gefährlich hohe Bäume als
„Baumkletterin”. Irgendwann dazwischen wechselte sie das Geschlecht von
Mann zu Frau und begann nach einer
Begegnung mit Antony Hegarty, Platten
aufzunehmen. Eine davon, A Book of
Songs for Anne Marie (Drag City/Tin
Angel/Hoanzl) wurde jetzt neu überarbeitet, erweitert und wiederveröffentlicht.
Produziert und arrangiert hat das zeitlose
Kleinod Maxim Moston von Antony & The
Johnsons. Zu hören sind Balladen, meist
nur von Klavier oder Harfe begleitet, die
unter die Haut gehen.
Auf andere Weise intensiv ist das
neue Album von Lali Puna, die nach
längerer Schaffens- und Babypause
von Valerie Trebeljahr Our Inventions
(Morr Music/Hoanzl) veröffentlicht
haben. Lali Puna werden gerne dem
Indietronic-Genre zugeordnet und stehen anderen Weilheimer Bands wie The
Notwist, Ms. John Soda, Console und
dem Tied & Tickled Trio personell und
klanglich sehr nahe. Die neuen Songs
kommen etwas poppiger daher, haben
den speziellen warmen, träumerischen
Elektro-Sound von großen Vorgängern
wie „Faking the Books” (2004) aber
beibehalten: Musik, die sich nicht sofort
erschließt, sondern etwas Zeit und
Geduld braucht – um sich dann auf ewig
in die Gehörgänge zu graben.
Einer der schönsten Geheimtipps der
letzten Jahre, Tender Forever, hat ihr
drittes Album No Snare (K Records/
Cargo) veröffentlicht. Melanie Valera
wurde 1977 in einem Kaff im Südwesten Frankreichs geboren. Nach der
Zwischenstation Bordeaux fand sie in
Olympia, Washington neue Freund_innen und Kollaborateur_innen wie The
Blow oder Anna Oxygen. Tender
Forever steht für Songs voller Zärtlichkeit, ohne Angst davor, sich großen
Gefühlen anzunähern: Verlust,
Herzensangelegenheiten, Fragen
nach der eigenen Identität, verpackt
in komplexe, knusprige Kompositionen.
Weniger subtil, dafür mit OhrwurmGarantie arbeiten seit neuestem
Goldfrapp: Für Head First (Mute/
EMI) kramte Will Gregory seine alten
Analog-Synthesizer heraus und schuf
mit seiner Kollegin Alison Goldfrapp
ein äußerst songbetontes Album –
einige Melodien muten regelrecht
Abba-esk an –, das mit seinen EightiesRetro-Anleihen an Olivia Newton-Johns
& Electric Light Orchestras „Xanadu”,
Van Halen und Erasure gemahnt:
kitschig, romantisch naiv und mit jeder
Menge glossy Charts-Appeal. Die
Frage, warum das Duo gerade jetzt,
wo doch die Achtziger schon wieder
durchgekaut sind, die Discokugellichter schwirren lässt, ist jedoch wieder
schnell vergessen, wenn alle auf der
Tanzfläche mitsingen: „Oh oh oh – I got
a rocket …!”
Ganz andere Töne schlägt Karin
Fisslthaler alias Cherry Sunkist in
ihrer Musik an. Nicht ohne Grund waren
Le Tigre mit ihrer Verbindung von RiotGrrrl-Punk und Elektronik ein wesentliches Vorbild der Musik- und Videokünstlerin aus Linz, die ihre Zelte nunmehr in
Wien aufgeschlagen hat. Mittels Laptop,
Gitarre, Synthies, Drumcomputer und
Gesang arbeitet Fisslthaler schon seit
2004 an einem Entwurf, der Pop, Songwriting und experimentelle Elektronik
miteinander verbindet und von einem
kritisch-feministischen Bewusstsein
zeugt. Ihre vor kurzem erschienene
selbstbetitelte EP (Comfortzone/Trost)
präsentiert drei neue Songs und unter
anderem zwei feine Remixe von Sarah
„Steak” Bogner und Horace.
Wie sehr haben wir nach diesem langen
Winter auf wärmere Temperaturen
gewartet! Wiens regierende PoetrySlammerin Mieze Medusa und ihre
kreativen Partner Tenderboy (Sampler,
Production) und DJ SMI (Cuts & Scratches) haben den Frühling mit ihrem
neuesten Album bereits vorweggenommen: Tauwetter (!records/Trost),
das sind 14 Tracks mit „kellertiefen
Bässen”, „überirdischen Lyrics” und
charmanten Gästen (Violetta Parisini,
Didi Bruckmayr und Willi Landl). „HipHop für Backpacker? Elektronische
Musik links von der Mitte mit Rap? DIY
Eigensinn? Lyrik für den Club?”, fragen
die Sieger des Protestsongcontests
von 2007 kokett. Ja, all das und noch
einiges mehr: Wir sind Fan! l
Links:
www.babydee.org
www.lalipuna.de
www.krecs.com/tenderforever
www.goldfrapp.com
www.feedbackanddisaster.
net/cherrysunkist
www.miezemedusa.com
Mai 2010 an.schläge l 41
an.sehen
Ein Herz für
Junkies
Silke Graf wird high auf die TV-Serie „Nurse Jackie”.
Foto: Showtime
„Ach, sie ist doch nur eine Krankenschwester!”, meint der fesche
Doktor Cooper im „All Saints”Hospital zum neuen Objekt seiner
Begierde, als er von „nur Krankenschwester” Jackie wieder einmal
auf Versäumnisse seiner Pflichten
aufmerksam gemacht wird. Doch
Jackie Peyton ist nicht umsonst
das Zentrum der dunklen Komödie „Nurse Jackie”, deren zweite
Staffel auf dem US-Fernsehsender
Showtime vor kurzem gestartet
ist. Sie hat es faustdick hinter den
Ohren! „Tratschen ist nicht mein
Ding. Still und gemein: Das sind
meine Leute”, erklärt sie sich der
42 l an.schläge Mai 2010
quirligen Jung-Krankenschwester
Zoey, die gerne Panda-Ohrringe
trägt und in Jackie eine Heilige
sieht. Diese kümmert sich liebevoll
um die Patient_innen der Notaufnahme, tröstet, wo menschliche
Wärme gebraucht wird, kämpft, wo
andere längst aufgegeben hätten.
Täuschen mit Heiligenschein. Was
Zoey und (fast) alle anderen aber
nicht wissen: Jackies Lieblingsbeschäftigung auf der Damentoilette
ist es, sich eine Linie des Amphetamins Adderall in die Nase zu
ziehen und ihren Kaffee mit dem zu
Hause liebevoll in Zuckerpäckchen
verpackten Medikament Seconal
zu süßen („Es fährt ein wie ein
Blitzschlag, was nur ein Problem
ist, wenn man Angst vor Blitzen hat,
was bei mir nicht der Fall ist”). Für
die Beschaffung dieser Substanzen schläft sie regelmäßig mit
dem Krankenhausapotheker, der
natürlich in sie verknallt ist. Jackie
ist eine liebevolle Täuscherin, eine
(Schein-)Heilige mit großen blauen
Augen und praktischem, kurzem
blonden Haar. Sie beherrscht ihren
Job und weiß, was sie braucht, um
diesen gut zu machen: Drogen, Sex
und halblegale Tricks.
Vögeln in der Mittagspause.
Wunderbar verkörpert wird Jackie
von der Golden-Globe-Gewinnerin
Edie Falco („Die Sopranos”),
deren trockene und unsentimentale
Darstellung einer Krankenschwester, Ehefrau und Mutter die alte
Dichotomie von Heiliger und Hure
gehörig durcheinanderwirbelt.
Jackie und die anderen weiblichen
Hauptfiguren in der Serie sind
eher seltene Ausnahmen in der
aktuellen Serienlandschaft. Sie sind
nicht mehr die Jüngsten, nicht die
Dünnsten und definitiv nicht auf
den Kopf gefallen. Sieht man von
Charakteren wie Tara Gregson aus
der US-Serie „United States Of
Tara” – eine verheiratete Mutter
mit zwei Kindern, die unter einer
dissoziativen Identitätsstörung
leidet – ab, sind die schwierigen,
schrägen Hauptfiguren mit dem
Herz am rechten Fleck sonst eher
Männern vorbehalten (wie etwa
der hinkende Dr. House). Umso erfrischender ist die von Liz Brixius,
Linda Wallem und Evan Dunsky
produzierte Serie, deren Heldin
Jackie in der immergleichen,
langweiligen blauen Krankenhauskluft steckt, selten etwas anderes
als bequeme Turnschuhe trägt und
dennoch in der Mittagspause den
Pharmazeuten vögelt, während zu
Hause der Traum-Ehemann wartet.
Der Glamour-Faktor kommt Dank
der stets in High-Heels arbeitenden
und besten Freundin Doktor O’Hara
(Eve Best) übrigens nicht zu kurz.
Robin Hood auf Amphetamin.
Wie für eine unterhaltende
Krankenhaus-TV-Serie unabdingbar, werden auch hier viele Witze
aus der Morbidität ekeliger und
skurriler Verletzungen gebastelt.
Die 30-minütigen Folgen sind von
individuellen Patienten-Schicksalen
„am schlimmsten Tag ihres Lebens”
geprägt. Inmitten all dieser Grauslichkeiten und Dramen ist Jackie
ein Robin Hood im Kampf gegen
zahlungsunwillige Krankenkassen
und gemeine Zuhälter. Während sie
großzügig und doch bestimmend die
Ambulanz am Laufen hält, werden
die Zuseher_innen jedoch nie von
dem Gefühl verlassen, einem Junkie
– einer tickenden Bombe – bei
der Arbeit zuzusehen. Wie geschickt und gewitzt Jackie und ihre
Freund_innen die vorbestimmte
Explosion immer wieder abwenden,
darin besteht der große Reiz von
„Nurse Jackie”.
Natürlich ist nicht alles perfekt.
Manchmal geht der Slapstick
etwas zu weit, verliert die Serie
ihren Rhythmus, erscheinen die
Charaktere dann doch ein wenig
zu klischeehaft, wie etwa die
Handbewegungen des schwulen
Krankenpflegers Mo-Mo (der leider
in der zweiten Staffel nicht mehr
vorkommt). Nichtsdestotrotz bleibt
es ein großes Vergnügen, einer
erwachsenen Frau mit Fehlern
und Stärken beim Amphetamin
geschwängerten Austesten aller
möglichen ethischen Grenzen über
die Schulter zu schauen.
Voraussichtlicher ORF-Start ist im
Herbst. l
an.künden
Redaktionsschluss Termine 06/10:
11.5.2010 [email protected]
tanz
fest
musik
bis 8.5., Krems
Donaufestival. Mit Peaches, Cobra
Killer, Ssion, Múm, Carla Bozulich’s
Evangelista, Alec Empire, Tindersticks, Kria Brekkan u.a.
3500 Krems, T. 02732/90 80 33,
www.donaufestival.at
7.-17.5., Wien
Jacuzzi. Some days of performance
and party
WUK, 1090 Wien, Währinger Straße
59, www.wuk.at
8.5., 22.00, Wien
Bonnie Li. DJs: Tatjana Sünder und
Christina N., im Rahmen von Jacuzzi
WUK Foyer, 1090 Wien, Währinger
Straße 59, www.wuk.at
15.5., 22.00, Wien
Cherry Sunkist, Special guest: Crazy
Bitch in a Cave, DJs: Alexandra Augustin (FM4) & Julia Auchsuperwichtig, im Rahmen von Jacuzzi
WUK Foyer, 1090 Wien, Währinger
Straße 59, www.wuk.at
20.5., 20.00, Wien
Marilies Jagsch
WUK Foyer, 1090 Wien, Währinger
Straße 59, www.wuk.at
28.-29.5., Wien
e_may – Festival neuer und elektronischer Musik. U.a. mit Olga Neuwirth
KosmosTheater, 1070 Wien, Siebensterngasse 42, T. 01/523 12 26,
www.kosmostheater.at
film
bis 9.5., Zürich, Frauenfeld
13. Pinkapple, Schwullesbisches
Filmfestival, 70 Filme aus 28 Ländern ergeben 6.122 rosa Filmminuten
www.pinkapple.ch
derzeit
Kathryn Bigelow: The Hurt Locker
in ausgewählten Kinos
4.-7.5., Wien
EU XXL, Forum of European Film,
Media and Policy, Konferenz mit dem
Jahresschwerpunkt: Kameraleute
Top Kino, 1060 Wien, Rahlgasse 1,
http://euxxl.indeed.at
30.5., 20.00, Wien
Tribute to Miranda Pernell, Metro
Kino, im Rahmen von Vienna Independent Shorts, Wiens internationales
Kurzfilmfestival, 27. Mai bis 2. Juni
2010, diverse Locations,
www.viennashorts.com
4.-14.6., Wien
No Wave. New York 1976-84
Filmmuseum, 1010 Wien, Augustinerstraße 1, www.filmmuseum.at
bühne
1.5., 20.30, Brüssel
Doris Uhlich: Mehr als genug/More
than enough
Halles de Schaerbeek, Brüssel,
www.halles.be, www.dorisuhlich.at
bis 1.5., 20.30, Wien
Höllischer Himmel – eine Revue!
KosmosTheater, 1070 Wien, Siebensterngasse 42, T. 01/523 12 26,
www.kosmostheater.at, jeweils Mi.
bis Sa.
6.-14.5., 20.30, Wien
DIE opheliaMASCHINE
KosmosTheater, 1070 Wien, Siebensterngasse 42, T. 01/523 12 26,
www.kosmostheater.at
7.5., 20.00, Leipzig
Doris Uhlich: Spitze
Tanzoffensive 2010, Lofft, Leipzig,
www.lofft.de, www.dorisuhlich.at
7.5., 19.30, Wien
„Manche mögen’s Heiles …” – Ein
musikalischer Streifzug durch die Kinogeschichte. Mit u.a. Kerstin Heiles
Theater Akzent, 1040 Wien, Theresianumgasse 18
10.-12.5., 9.00 od. 10.45, Wien
Kindertheater Schmetterlinge:
Valerie und die Gute-Nacht-Schaukel,
Text: Mira Lobe, Musik: Erich Meixner, ab 4 Jahren
Sargfabrik, 1140 Wien, Goldschlagstraße 169, T. 01/988 98 111,
www.sargfabrik.at
Futterknecht
WUK Saal, 1090 Wien, Währinger
Straße 59, www.wuk.at
AK Bildungszentrum, 6800 Feldkirch,
Widnau 2-4. Infos und Anmeldung
unter www.femail.at
19., 20.5., 19.00, Salzburg
Lisa Hinterreithner / Rotraud Kern /
Nils Olger: tree me tree
republic, 5020 Salzburg, AntonNeumayr-Platz 2, T. 0662/843 448
24, www.republic.at
5., 6.6., Wien
Schreibzeiten: Eine Seminarreihe
zum Thema Schreiben
Institut Frauensache, 1010 Wien,
Dorotheergasse 20/4/8, Informationen auf www.uzahlner.at, Anmeldung
unter 0676/48 65 657 oder
[email protected], Kosten: 140 Euro
19.5.,22.5., 20.00, Wien
Der Fall Esra, nach dem verbotenen
Roman von Maxim Biller, Produktion
von Angela Richter, Kampnagel
Hamburg, Forum Freies Theater Düsseldorf in Kooperation mit GARAGE
X, 1010 Wien, Marc Aurel Straße
3/6, www.garage-x.at
28.5., 22.00, Wien
Lucy McEvils Late Night Show
3raum-anatomietheater, 1030 Wien,
Beatrixgasse 11, T. 0650/323 33 77,
www.3raum.or.at
seminar
workshop
bis 7.5., Wien
Recht hat Jede(r). Trainings zum
alltäglichen Umgang miteinander
für Kinder und Jugendliche zwischen
7 und 15
WUK Museum, 1090 Wien, Währinger Straße 59, www.wuk.at
7.-9.5., Wien
Clown-Workshop
WUK, 1090 Wien, Währinger Straße
59, mehr unter
www.peterspindler.com
18.5., 9-17.00, Wien
Selbstlaut. Seminar 3: Täterstrategien – Kann das Wissen darüber
sexuelle Gewalt verhindern?
Verein Selbstlaut, 1090 Wien, Berggasse 32/4, T. 01/810 90 31,
www.selbstlaut.org
19.5., 15-19.00, Wien
Workshop: Der weibliche Blick? Eine
Geschichte der Wahrnehmung und
Interpretation
IWK, 1090 Wien, Berggasse 17, T.
01/317 43 42, www.univie.ac.at/iwk
Doris Uhlich: Spitze
Tanz! Heilbronn, www.theater-heilbronn.de, www.dorisuhlich.at
21.-23.5., Klagenfurt
Autonome Frauen Frühlingsuniversität
Johannes Kepler Universität Linz,
Stabsabteilung für Gleichstellungspolitik, 4040 Linz, Altenberger Str. 69,
T. 070/24 68-1246,
www.frauen.jku.at
15.-17.5., 20.00, Wien
Where Life has no Value, Paradise
sometimes has its Price. Fanni
27.-29.5., 17.-19.6., Feldkirch
Kompetenztraining Wissen macht
stark und gesund
14.5., 21.30, Heilbronn
8.6., 9-17.00, Wien
Selbstlaut. Seminar 4: Im Strudel der
Missbrauchsdynamik –die PädagogIn
im Spannungsfeld zwischen dem
gefühlsverwirrten Kind und dem
manipulativen Täter
Verein Selbstlaut, 1090 Wien, Berggasse 32/4, T. 01/810 90 31,
www.selbstlaut.org
11.6., 10-19.00, 12.6., 10-18.00,
Linz
Kampfrhetorik für Frauen,
Strategien für Frauen in männerdominierten Berufen
www.kupfakademie.at/node/407
12.6., 9-17.00, Wien
Wege aus der Harmoniefalle – Vom
Nein-Sagen und Ich-Sagen
Institut Frauensache, 1010 Wien,
Dorotheergasse 20/4/8, Anmeldung:
T. 0676/312 14 09 oder 0676/521 58
55, [email protected],
www.frauensache.at
12.6., 9.30-17.00, Wien
Flow im Beruf und im Privatleben
Institut Frauensache, 1010 Wien,
Dorotheergasse 20/4/8, Anmeldung:
T. 0676/312 14 09 oder 0676/521 58
55, [email protected], www.frauensache.
at, Kosten: 140 Euro pro Termin
vortrag
diskussion
bis 22.6., Di, 18-20.00, Wien
Obskure Differenzen: Psychoanalyse
und Gender Studies? 9. Ringvorlesung
im Rahmen des Masterstudiums Gender Studies sowie des Erweiterungscurriculums Gender Studies
Hörsaal B, Campus der Universität
Wien, Hof 2, 1090 Wien, Spitalgasse
2, www.univie.ac.at/gender
bis 30.6., Marburg/Lahn
Kinder. Küche. Kämpfe. Kritische Perspektiven auf Pflege- und Haushaltsarbeit im internationalen Kontext,
Veranstaltungs- und Filmreihe mit
u.a. Helma Lutz, Kathrin Englert und
Petra Valentin
diverse Veranstaltungsorte,
http://care.blogsport.de
3.5., 20.00, Berlin
Grenzenlos und unverschämt. May
Ayim (3.5.60-9.8.96)
Frauenzentrum Schokoladenfabrik
e.V., 10997 Berlin, Naunynstraße 72,
T. 0049/30/615 29 99,
www.schokofabrik.de, [email protected], Treffpunkt:
Mariannenstraße 6, III.Etage
4.5., 18.30, Wien
Die ArbeiterInnenbewegung und ihr
Vereinswesen
IWK, 1090 Wien, Berggasse 17, T.
01/317 43 42, www.univie.ac.at/iwk
6.5., 18.00, Zürich
Katja Diefenbach (Berlin) u.a.:
Politics of Potentiality
Shedhalle, Rote Fabrik, 8038 Zürich,
Seestraße 395
6.5., 16-19.00, Wien
Im Rahmen der Gender-Ringvorlesung „Gender Performance”. Carola
Dertnig, Akademie der bildenden
Künste Wien: 1, 2, 3, 4 PERFORM,
PERFORM, PERFORM
Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, 1030 Wien, Antonvon-Webern-Platz 1
6.5., 16-19.00, Wien
Im Rahmen der Gender-Ringvorlesung „Gender Performance”. Monika
Bernold, Institut für Zeitgeschichte,
Universität Wien: Whiteness und
Gender im Film
Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, 1030 Wien, Antonvon-Webern-Platz 1
6.5., 19.00, Wien
Jour Fixe Bildungstheorie. Citizenship
Education, Partizipation und lebenslanges Lernen
Depot, 1070 Wien, Breite Gasse 3,
www.univie.ac.at/iwk
20.5., 18.30, Wien
Vortragsreihe Frauen und Geld:
Sparen und Anlegen
Institut Frauensache, 1010 Wien,
Dorotheergasse 20/4/8, Anmeldung:
T. 0676/312 14 09 oder 0676/521 58
55, [email protected], Kosten: 7,24.5., 19.00, Wien
Podium 2: Krise und Konkrete Utopien – neue soziokulturelle Projekte
FLEISCHEREI, 1070 Wien, Kirchengasse 44,
[email protected],
www.experimentaltheater.com
27.5., 19.00, Wien
Jour Fixe Bildungstheorie, Citizenship
Education, Partizipation und lebenslanges Lernen
Depot, 1070 Wien, Breite Gasse 3,
www.univie.ac.at/iwk
Mai 2010 an.schläge l 43
an.künden
Performance
und Party
Auf der Suche nach Identität,
Schönheit und dem Paradies befinden sich die Wiener Künstlerinnen, die das erstmalig stattfindende „Jacuzzi”-Event im WUK
gestalten und auf deren Spurensuche unter anderem auch eine
„Monster-Frau” entsteht. Daneben wird gefeiert, zum Beispiel
mit der Elektro-Popperin Cherry
Sunkist.
Foto: Tricky Women
Wien unter dem
Daumennagel
7.-17.5, Jacuzzi, Some Days of
Performance & Party, WUK,
1090 Wien, Währinger Straße 59,
T. 01/401 21 0, www.wuk.at
Eigene Erfahrungen und Erlebnisse mit, in und um
Wien in einem Daumenkinofilm präsentieren – das
kann, wer den Workshop bei der japanischen Animationskünstlerin Maya Yonesho im Rahmen von Tricky
Women besucht. Die einzigen Voraussetzungen sind
Neugier, Leidenschaft – und eine Digital-Kamera.
oben: Crazy Bitch in a Cave
Foto: comfortzone
unten: Jacuzzi, Solo. Foto: Rotraud Kern
21.-30.5, Information und Anmeldung unter
[email protected], Kosten: 125 Euro
31.5., 19.00, Wien
Nachdrücklich vorbildlich. Auf
den Spuren von Pionierinnen und
Zukunftsfrauen. Von der Kunst, Frauenpolitikerin zu sein (Expertinnengespräch). Von und mit Petra Unger
KosmosTheater, 1070 Wien, Siebensterngasse 42, T. 01/523 12 26,
www.kosmostheater.at
10.6., 18.30, Wien
Vortragsreihe Frauen und Geld:
Absicherung und Vorsorge
Institut Frauensache, 1010 Wien,
Dorotheergasse 20/4/8, Anmeldung:
T. 0676/312 14 09 oder 0676/521 58
55, [email protected], Kosten: 7 Euro
16.6., 18.30, Wien
Veronika Zangl: Zur (De-)Konstruktion von Gender in ZeugInnenberichten
von Überlebenden des Holocaust
IWK, 1090 Wien, Berggasse 17, T.
01/317 43 42, www.univie.ac.at/iwk
23.6., 18.30, Wien
Birgit Haehnel: Verhüllte Männlichkeit: Eine ungewohnte Debatte um
den Schleier
IWK, 1090 Wien, Berggasse 17, T.
01/317 43 42, www.univie.ac.at/iwk
ausstellung
bis 16.5., Rom
DONNA: Avanguardia femminista
negli anni ’70 dalla Sammlung
Verbund di Vienna
Galleria Nazionale d’Arte Moderna,
00196 Roma, Viale delle Belle Arti
131, T. +39/06 322 981
bis 27.6., Berlin
Die Tänzerin Tatjana Barbakoff
(1899-1944). Luftbilder aus Händeweiß und Blutrot, Traumgrün und
Vogelblau
44 l an.schläge Mai 2010
Zusammen
Arbeiten
Das Verborgene Museum. Dokumentation der Kunst von Frauen
e.V., 10625 Berlin, Schlüterstraße
70, T. +49/30 313 36 56,
www.dasverborgenemuseum.de
Künstlerische Zusammenarbeit ist das Thema der diesjährigen Mitgliederausstellung
der IG Bildende Kunst. Nicht
der/die Künstler/in steht im
Mittelpunkt, sondern Prozess
und Ergebnis. Zur Eröffnung
übersetzt Julia Kläring eine
Performance aus SELBST
ÜBERSETZEN.
bis 30.5., Berlin
Romy Schneider. Wien – Berlin
– Paris.
Deutsche Kinematek – Museum
für Film und Fernsehen, 10785
Berlin, Filmhaus am Potsdamer
Platz, Potsdamer Straße 2,
T. +49/30/300 90 30,
www.deutsche-kinematek.de,
Kosten: 6/4,50/2 Euro
bis 16.5., Wien
Blickwechsel – Österreichische
Fotografie Heute. Roberta Lima,
Selina de Beauclair, Nina Rike
Springer u.a.
Westlicht. Schauplatz für Fotografie, 1070 Wien, Westbahnstraße
40, www.westlicht.com, Di, Mi,
Fr 14-19.00, Do 15-21.00, Sa,
So, Feiertag 11-19.00, Kosten:
6,50 Euro
bis 16.5., Wien
Danica Dakic: Role-Taking, RoleMaking
Generali Foundation, 1040 Wien,
Wiedner Hauptstraße 15, T. 01/504
98 80, http://foundation.generali.at
bis 22.5., Wien
Feminine Fifties. Die Wirtschaftswunderfrauen
Wagner:Werk, Museum Postsparkasse der BAWAG P.S.K., Großer Kassensaal, Georg Coch-Platz 2, 1018
Wien, T. 01/534 53 33 825, www.
ottowagner.com, Mo-Fr 9-17.00, Sa
10-17.00, Kosten: 5/3,50 Euro
4.5.-2.6., Wien
IDENTITÄT I: Biografie. Mit Conny
Projekt LOVE: Stillleben aus „Zeichenstunde”
Habbel, Liza Nguyen, Friedl Kubelka,
Natascha Stellmach u.a.
Fotogalerie Wien, WUK, 1090 Wien,
Währinger Straße 59, T. 01/408 54
62, www.fotogalerie-wien.at
6.5.-11.6., Wien
No More Bad Girls? Kuratiert von
Kathrin Becker und Claudia Marion
Stemberger. Mit Arahmaiani, Patty
Chang, Regina José Galindo u.v.a.
Kunsthalle Exnergasse, 1090 Wien,
Währingerstraße 59, T. 01/40121-0,
www.wuk.at
18.5., 17.00, Wien
Vernissage „Kunst & Psyche”, WUK
next.level in Kooperation mit unik.at
WUK next.level. 1060 Wien, Mariahilferstraße 103/4/61
bis 14.5., Collaborate, Galerie IG Bildende Kunst, 1060
Wien, Gumpendorferstraße
10-12, T. 01/524 09 09,
www.igbildendekunst.at
lesung
3.5., 19.00, Wien
Meine Welt: Hier war immer schon
jetzt. Erzählungen von Felicitas Ferder, Sandra Gugic u.a., Moderation:
Angelika Reitzer
Alte Schmiede, 1010 Wien, Schönlaterngasse 9, T. 01/512 44 45 74,
www.alte-schmiede.at
5.5., 18.30, Wien
Einige Gründe für den Ausschluss von
Künstlerinnen aus dem kulturellen
Gedächtnis. Buchpräsentation mit
Sigrid Schmid-Bortenschlager
Institut für Wissenschaft und Kunst,
IWK, 1090 Wien, Berggasse 17, T.
01/317 43 42, www.univie.ac.at/iwk
5.5., 19.00, Wien
Natalja Kljutscharjowa (Moskau):
Endstation Russland
Alte Schmiede, 1010 Wien, Schönlaterngasse 9, T. 01/512 44 45 74,
www.alte-schmiede.at
7.5., 19.30, Wien
Leben und Lieben in Palästina. Mit
u.a. Sahar Khalifa und Viola Raheb
Odeon, 1020 Wien, Taborstraße 10,
www.odeon-theater.at
8.5., 20.00, Berlin
Lange Buchnacht. Inhalt wird noch
bekanntgegeben.
Frauenzentrum Schokoladenfabrik
e.V., 10997 Berlin, Naunynstraße 72,
T. 0049/30/615 29 99,
www.schokofabrik.de
an.künden
Österreichische
Fotografie
heute
„Ciao Amore”. Foto: Milija Pavicevic
„Join”. Foto: Jovan Mrvaljevic
„The Rings”. Foto: Roberta Lima
Süß, aber schmutzig
Zeitgenössische Kunst aus Montenegro präsentiert die Ausstellung
„Sweet, Small, Dirty Things”. Die KünstlerInnen gehen der Frage nach,
ob etwas, das klein ist, notgedrungen auch süß und unschuldig sein
muss.
Einen aktuellen Querschnitt
durch die österreichische Fotografie zeigt die Galerie WestLicht in Wien. Präsentiert werden unter anderem Selina de
Beauclair, die pornografische
Motive auf Oberflächen und
Körper projiziert, und Roberta
Lima mit ihren aktionistischen
Körperperformances.
bis 16.5., Blickwechsel – Österreichische Fotografie Heute, Galerie
WestLicht, 1070 Wien, Westbahnstraße 40, T. 01/522 66 36,
[email protected], www.westlicht.com
Kurzurlaub?
bis 28.5., Sweet, Small, Dirty Things, Galerie ArtPoint, 1010 Wien, Universitätsstraße 5, T. 01/523 87 65 15, www.kulturkontakt.or.at
11.5., 19.00, Wien
Petra Corontao: Mein geistiges
Eigentum u.a.
Galerie Wechselstrom, 1210 Wien,
Grundsteingasse 44
11.5., 19.00, Wien
Slam Poetry zum Frauenarchivetag,
mit Yasmin Hafedh, Mieze Medusa
und Nadja Bucher, nur für Frauen
(Transgender willkommen),
STICHWORT, 1150 Wien, Diefenbachgasse 38, www.stichwort.or.at
12.5., 20.30, Wien
Lesung von Michèle Thoma, anschließend Berauschung mit Abtanzmusik
und Gratis-Büfett, im Rahmen von
SOHO IN OTTAKRING
BettelAkademie, 1160 Wien, Grundsteingasse 15, Hofatelier,
www.sohoinottakring.at
17.6., 19.00, Wien
Friederike Mayröcker liest aus ihrem
neuen Prosawerk „Ich bin in der
Anstalt”.
Literarisches Quartier, 1010 Wien,
Schönlaterngasse 9, T. 01/512 44 45
74, www.alte-schmiede.at
aktivitäten
Do, 17.30-20.45, Wien
SAPPHO – Therapeutische Selbsterfahrungsgruppe für lesbische und
bisexuelle Frauen: Das zufriedene
les-bi-sche Ich bin Ich
Beratungsstelle COURAGE, 1060
Wien, Windmühlgasse 15/1/7,
14-tägig jeweils Do, Kosten:
48 Euro pro Abend, Anmeldung:
T. 01/585 69 66, [email protected], www.courage-beratung.at
Viel geboten ist im Mai in
Deutschland: Joanna Newsom
präsentiert am 16.5. ihr neues,
höchst opulentes Album „Have
One On Me” in Berlin, die
französische Country & FolkEntdeckung The Rodeo gastiert unter anderem am 16.5.
in Hamburg. Und Glass Candy
und Jessica 6 verirren sich am
20.5. mit ihren Disco-Kugeln
nach Würzburg. Zeit für einen
Kurztrip also!
6.5., 20.5., 10.6., 19-21.00, Berlin
36 Ladies – Schreib deine eigene
Geschichte
Frauenzentrum Schokoladenfabrik
e.V., 10997 Berlin, Naunynstraße 72,
T. +49/30/615 29 99,
www.schokofabrik.de
12.5.-16.5., Krk
Selbsterfahrungsseminar auf der
Insel Krk, Institut Frauensache,
1010 Wien, Dorotheergasse 20/4/8,
Anmeldung: T. 0676/312 14 09 oder
0676/521 58 55, weitere Informationen auf www.scheutz.at und unter
[email protected]
29.-30.5., 10-17.30, Wien
Stimmliches Selbstbewusstsein
Institut Frauensache, 1010 Wien,
Dorotheergasse 20/4/8, Anmeldung:
T. 0676/312 14 09 oder 0676/521
58 55, [email protected], Anmeldung
erforderlich
13.6., 11.00, Berlin
Aus der Türkei – in die Türkei.
Führung mit Yelda Özcan in Deutsch
und Türkisch
Frauenzentrum Schokoladenfabrik
e.V., 10997 Berlin, Naunynstraße 72,
T. 0049/30/615 29 99,
www.schokofabrik.de, Treffpunkt vor
dem Amerika Haus, Haredenbergstraße 21
21.-24.5., Hamburg
Lesbenfrühlingstreffen (LFT) 2010,
Motto „Lesben Leinen Los –
zwischen Hamburg und Südafrika“,
Seminare, Workshops, Lesungen,
Diskussionen, Filme sowie Konzerte
und Disco. Anmeldung bis 8.5.,
Programminfos und Anmeldeformular auf www.lesbenfruehling.de/
hamburg2010
www.dragcity.com
www.myspace.com/iamtherodeo
www.myspace.com/glasscandy
www.myspace.com/jessicasix
Joanna Newsom. Foto: Annabel Mehran
radio
fixtermine
Mo 18-19.00, Wien
Khorschid Khanum – Die persischsprachige Frauensendung
Orange 94.0 MHz, jeden 1. Mo
Mo 19-20.00, Kärnten
Frauenstimmen – Glas žena
Radio Agora 105.5 MHz (Dobrac),
wöchentlich
Mo 21-22.00, Schweiz
K-Punkt Kalila – Feminine und
feministische Themen
Kanal K 94.9 MHz (Aargau),
Livestream auf http://kanalk.ch,
wöchentlich
Di 13-14.00, Wien
Globale Dialoge – Women on air
Orange 94.0 MHz, wöchentlich
Di, 18-19.00, Wien
Weibertalk – Sendung des Autonomen FrauenLesbenZentrums
Innsbruck
Orange 94.0 MHz, jeden 2. Di
Di, 21-22.00, Wien
female:pressure – Feministisches
Magazin zu Musik- und Clubkultur
Orange 94.0 MHz, jeden 2. Di
Mi 18-18.30, Salzburg
Frauenzimmer – Plattform für eine
frauenspezifische Information
Radiofabrik 107.5 MHz (Salzburg
Stadt), wöchentlich
Mi 18-19.00, Wien
Bauch, Bein, Po – Die Sendung für
die ganze Frau
Orange 94.0 MHz, jeden 2. Mi
Fr 19-20.00, Oberösterreich
SPACEfemFM Frauenradio
Radio FRO 105.0 MHz (Linz), jeden
1., 3. u. 4. Fr
Sa 18-19.00, Deutschland
Rainbow City – Radio für Lesben und
Schwule
97.2 MHz (Berlin), Livestream auf
www.radiorainbowcity.de, wöchentlich
Sa 19.00-20.00, Steiermark
Bertas Bücherstunde – Das feministische Literaturmagazin
Radio Helsinki 92.6 MHz (Graz),
jeden 4. Sa
So, 19-20.00, Tirol
Weibertalk – Sendung des Autonomen FrauenLesbenZentrums
Innsbruck
FREIRAD 105.9 MHz (Innsbruck),
jeden 1. So
Mai 2010 an.schläge l 45
zappho des monats
Vorschau auf die Juni-Ausgabe:
thema
PostPornPolitics
Feministisch-queere Porno-Diskurse nach PorNO
tv
an.schläge
24 .5
., 21.0
auf OK 0
webstre TO
www.ok am:
to.tv
Ein
In der nächsten an.schlägetv-Sendung wird unter
anderem
präsentiert:
Ruega por nosotros –
ein Film über mexikanische Frauen und den Guadalupe-Jungfrau-Kult
von Caroline Mieling
an.schläge Abo, bitte!
Schnupperabo (3 Hefte): 10/12* Euro
Jahresabo (10 Hefte): 35/ermäßigt 29/45* Euro
Unterstützungsabo (10 Hefte): 43/53* Euro
* Gültig für Europa, weitere Auslandspreise auf Anfrage.
Weitere Infos unter [email protected] oder auf
www.anschlaege.at.
46 l an.schläge Mai 2010
an.schläge gibt's in folgenden Buchhandlungen:
Fachbuchhandlung ÖGB
1010
Kuppitsch
1010
Morawa 1010
Winter
1010
Frick International
1010
tiempo
1010
Facultas
1010
Lhotzkys Literaturbuffet 1020
Buchhandlung polycollege 1050
phil
1060
Südwind
1070
Tabak Trafik Brosenbauch 1070
Riedl
1080
Löwenherz
1090
Südwind
1090
Infoladen Infomaden
1110
Infoladen Treibsand
4040
Kulturverein Waschaecht 4600
Rupertusbuchhandlung
5020
Wagnersche Buchhdlg.
6020
Amazone-Zentrum
6900
Berta – Bücher & Produkte 8020
Hacek-Bücherei
9020
KBuch
9020
Rathausstr. 21
Schottengasse 4
Wollzeile 11
Rathausstr. 18
Schulerstr. 1-3
Johannesgasse 16
Universitätsstr. 7
Taborstraße 28
Reinprechtsdorferstr. 38
Gumpendorferstr. 10-12
Mariahilferstr. 8
Kaiserstr. 96
Alser Str. 39
Berggasse 8
Schwarzspanierstr. 15
Wielandgasse 2-4
Rudolfstr. 17
Dragonenstr. 22
Dreifaltigkeitsgasse 12
Museumstr. 4
Brockmanngasse 15
Siebenundvierzigergasse 27
Paulitschgasse 5/7
Universitätsstr. 90
und auch in vielen Städten in Deutschland.
Vollständige Liste der Verkaufsstellen auf:
www.anschlaege.at
www.myspace.com/an.schlaege
€ 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,-
l
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an.schläge
das feministische monatsmagazin. mai 2010
Filmarbeit And the Oscar goes to . . . Frauen hinter der Kamera: Filmemachen als Beruf Lohn ohne Zettel Solidarität mit undokumentierten Arbeiter_innen We ❤ digital Life Queer-feministische Blogs & Banden Reif für die freie Liebe Am Nacktbadestrand mit Elfriede Vavrik Plus: Abtreibungspolitiken weltweit >> FrauenFrühlingsUni >> Tarantinos Geschlechterbilder >> Moskauer Attentäterinnen >> 100 Jahre VBKÖ >> Nurse Jackie >> Rosa stinkt? >> und vieles mehr an.schläge Nr. 5/10, 24. Jahrgang, € 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,- ISSN 1993-3002, P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1010 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M

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