Dezember 2007/Jänner 2008

Transcrição

Dezember 2007/Jänner 2008
an.schläge 12/2007-01/2008
an.schläge
DAS FEMINISTISCHE MAGAZIN dezember jänner
politik
AntiPollution
Frauen tragen zur Klimakatastrophe
weit weniger bei. Aber deren Folgen.
thema
PornRevolution
Frauen tragen inzwischen auch als Produzentinnen zum Porn-Biz bei. Das hat Folgen.
e 3,8 (Ö) e 4,5 (D) sfr 8,-
Neustart für Karriere
Information für dich & mich
Neustart, Umorientierung,
Jobwechsel, Karriereplanung – mit den
Aus- und Weiterbildungskursen der Stadt Wien
stehen Frauen und
Mädchen viele
Chancen offen.
Dazuverdienen ist Schnee von gestern. Frauen von heute wollen Jobs, die ihnen Unabhängigkeit sichern.
Der Schlüssel dazu ist eine passende und gute Ausbildung – Wien hat das Angebot dazu.
Wege in die Unabhängigkeit
Keine Angst vor einem Neustart
Beruf und Familie
Beruf und Familie lassen sich nicht immer leicht
unter einen Hut bringen. Alle, die dazu Tipps,
Adressen von Betreuungs- oder Beratungsstellen
brauchen, sind beim Frauentelefon richtig.
Die Profis finden auch im Handumdrehen heraus,
wo persönliche Stärken und Interessen liegen und
wie diese am besten beruflich umgesetzt werden.
Aber nicht nur die Rückkehr in den Job fällt
mit einem persönlichen Fahrplan leichter.
„Egal in welcher Lebenslage sich Frauen
oder Mädchen gerade befinden: Die Stadt
hat das passende Aus- bzw. Weiterbildungsangebot – vom Coaching bis
zur finanziellen Förderung“, sagt
dazu Frauenstadträtin Sandra
Frauenberger.
„Ausbildung ist der erste Schritt
zur Unabhängigkeit.“
Sandra Frauenberger, Wiener Frauen-,
Integrations- und KonsumentInnenstadträtin
Mädchen haben viele Interessen.Welche
Riesenauswahl an möglichen Jobs es gibt,
lässt sich beim Mädchentelefon oder auf
www.jobs4girls.at herausfinden: Der Verein Sprungbrett wiederum ermuntert, sich
auch für Berufe zu interessieren, in denen
bis jetzt hauptsächlich Männer arbeiten.
INFO
www.sprung
brett.or.at
Da ten & Fakten
Bildungskompass: Gratisbroschüre, Tel. 01/40 00-83518
Frauentel.: 01/408 70 66, Mädchentel.: 0800/21 13 17
www.frauenratgeberin.wien.at: Anlaufstellen von A–Z
www.jobs4girls.at: Berufsorientierung im Internet
Verein Sprungbrett: Telefon 01/789 45 45
waff: Telefon 01/217 48
Persönlicher Fahrplan
Speziell für Mädchen
Fotos: Ingo Derschmidt, Votava/PID
Fähigkeitencheck
Für alle mit vager Vorstellung vom künftigen Beruf
bieten Bildungskompass, Frauenratgeberin und
der Wiener ArbeitnehmerInnenförderungsfonds
(waff) Infos zu Jobs, Ausbildung und Anlaufstellen.
Bezahlte Anzeige
Romana, Ingrid und Sana sind sich einig: Der Weg
zu einem selbstständigen Leben führt über ein
eigenes Einkommen. Als Sanas kleiner Marcel in die
Schule kam, wollte sie daher einen beruflichen Neustart wagen. Die Freundinnen standen mit Rat und
Tat zur Seite und ermunterten Sana, sich professionelle Unterstützung zu holen. In Wien kein Problem.
Die Stadt hat für jedes Problem die richtige Antwort.
Kompass durch das Angebot
an.schläge
Alles Liebe! Eure an.schläge
an.spruch
Was ist ministrabel?
Zensuriert: Die „hellwach“-Botschaften waren Bures zu heftig
05
gewalt.schutz
Wenig Grund zum Jubeln
Welche neuen Entwicklungen gibt’s im Gewaltschutzbereich?
08
klima.gender
Öko-Gender-Check
Klimapolitik und Geschlecht: Frauen sind die kleineren Klimaschweine
10
kanadas.karohemdinnen
„Lesben auf Ectasy”
forum
thema
politik
Die kanadische Band recycelt lesbische Hits für die Technopop-Ära
14
an.sage
Einfach gute PR?
Ist die Magersuchtskampagne von Toscani gelungen oder bloße PR?
25
thema.nicaragua
Die Töchter der Revolution
Gioconda Belli und Geni Gómez sprechen über das Abtreibungsverbot
16
forum.wissenschaft
Auferstehung des Begehrens
Reise zum Nullpunkt der Geschlechterdifferenz: „Anatomie de l’enfer“
22
mirgrantische.hausarbeit
arbeit
MacBook, Film-Kamera und das übergroße, stylische Stereo-Aufnahmegerät erregten im gediegen abgefuckten Wiener Traditionskaffeehaus
Rüdigerhof einiges Aufsehen. Dass wir für die
Stromversorgung Lampen aus- und umstecken
mussten und Saskya auf der Suche nach der optimalen Kameraposition über Tisch und Bänke kletterte, blieb ebenfalls nicht unbemerkt. „Lezzieflick“, Nana Swicinzkys ersten Lesbenporno, konnten wir uns danach relativ unbeobachtet auf dem
abgeschirmtem Laptop ansehen. Das folgende
Interview (S. 32f) mit der Filmemacherin über lesbische Pornographie dauerte dann eine knappe
Stunde. Für diese Zeit war es mucksmäuschenstill
an den anderen Tischen. Uns war diese Aufmerksamkeit anfangs ein wenig unangenehm, Nana
augenscheinlich nicht im mindesten.
Unerschrocken die eigene Lust artikulieren,
darum geht es in den aktuellen an.schlägen auch
noch in anderen Beiträgen. Neben dem regulären
Thema, das sich mit einem Text über die Revolutionärin und Schriftstellerin Gioconda Belli und
einem Aktivistinnen-Interview der gegenwärtigen Situation in Nicaragua widmet (S. 16ff), gibt
es diesmal ausnahmsweise auch noch einen
zweiten thematischen Schwerpunkt: weibliches,
feministisches, queeres, alternatives, künstleri´
sches Pornoschaffen. Vina Yun war in Berlin und
hat sich dort beim 2. Pornfilmfestival viele solcher
Pornos angesehen (S. 34f). Jule Reifenberger beschäftigt sich im Forum Wissenschaft (S. 22f) mit
Cathérine Breillats Film „Anatomie de l’enfer“,
dem, wie vielen anderen Werken Breillats auch,
das Label Pornographie verpasst wurde.
Um nichtpornographischen Film geht es in
der Viennale-Rückschau von Stefanie Schlüter
(S.36f) und um nichtfilmische, aber dennoch sehr
künstlerische lesbische Ausdrucksformen im Porträt der grandiosen Lesbians on Ecstasy (S. 14f)
Im Politik-Teil gibt Gabi Horak anlässlich der
Weltklimakonferenz höchst aufschlussreiche Einblicke in weibliches Umweltbewusstsein (S. 10f)
und Paula Bolyos widmet sich dem österreichischen Gewaltschutzgesetz, das gerade sein 10jähriges Bestehen feierte (S. 8f). Eine geplante
Ausstellung des Künstlerinnenkollektivs hellwach
zu diesem Jubiläum wurde in allerletzter Minute
abgesagt. Worüber sich Irmi Wutscher im Kommentar völlig zu Recht aufregt. (S. 5)
Diese unvergleichliche Fülle feministischer
Information gibt es zu Weihnachten übrigens
auch zu einem unvergleichlich günstigen Preis.
Mit dem Weihnachtsgeschenkabo sogar ein
ganzes Jahr lang. (S. 20f)
Die Hürden der Organisierung
Selbstorganisation von Hausarbeiterinnen im Workshop-Fokus
28
lesbische.pornographie
Zwischen Preis und Hingabe
Sind feministische Pornos antörnend oder braucht’ s den High-Heel-Kick?
32
queere.pornographie
She-Porn
Abseits des üblichen Angebots: Das 2. Berliner Pornfilmfestival bietet’s
34
viennale.07
Behave
Drei aktuelle Filme über das Verhältnis von Individuum und Staat
36
an.klang
Words & Sounds
An.hören: Neuer US-Soul versus Pathos made in Britain
38
lese.zeichen
König_innen
Stoppelpaste oder Mastix? Bücher über die Kunst, ein Mann zu werden
39
ge.sehen
kultur
auf.takt
Im Bauch der Mutter
„Mein Leben mir selbst” – ein Theaterstück über Zwangsverheiratung
42
an.uns
an.schläge
In 80 Pickerln um die Welt:
an.schläge i n
Eriwan, Armenien
Fo t o : D a n i e l a M u s s n i g
Herausgeberinnen und Verlegerinnen:
CheckArt, Verein für feministische Medien und Politik
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trude
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Bolyos, Sarah Diehl, Romana Fiechtner, Tina Füchslbauer,
Betrifft:„Radikal und permanent öffentlich“ in an.schläge 10/07
Silke Graf, Gabi Horak/GaH, Kathrin Ivancsits/kaiv, Iris
Nowak, Jule Reifenberger, Nicole Rennhofer/nr, Stefanie
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Schlüter, Michèle Thoma,Vina Yun, Kornelia Zauner/konz
plus.minus: Lea Susemichel
Cartoon: Melanie Letschnig
Unsere Werbung: Nana Swiczinsky
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Fotos: an.schläge-Archiv, Heather Allen, Magdalena
Blaszczuk, Hannah Förster/genanet, Tina Füchslbauer,
hellwach, Toni Höllersberger, Regina Hügli/Hilfswerk,
Klub für Frauen, Daniela Mussnig, pornfilmfestival
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Swinczinsky, Patrick Weber, Viennale
Layout: Lea Susemichel
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Druck: Tiskarna Druck, Wien
© an.schläge: Titel, Vorspann und Zwischentitel von der
Redaktion. Namentlich gekennzeichnete Beiträge
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ISSN 1993-3002
04 an.schläge dezember 2007 jänner 2008
Liebe an.schläge-Redaktion,
Leider ist euch im Artikel „Radikal
und permanent öffentlich“ (10/07)
ein nicht unbedeutender Fehler unterlaufen. Bettina Surtmann
schreibt über die Rosa Lila Villa: „Neben den Wohnungen und dem Restaurant Willendorf ist das Beratungszentrum mit seinen rund 15
MitarbeiterInnen das Herzstück des
Projekts. Das Restaurant ist kommerzialisiert und zählt zu den wenigen Einnahmequellen der Vereins."
Dies ist leider eine völlig falsche Darstellung der Verhältnisse. Auch
wenn es vielen unlogisch erscheint,
zahlt das Willendorf genauso wie
alle anderen NutzerInnen des Hauses eine sehr günstige Miete, die in
die Erhaltung der Bausubstanz
fließen. Es gibt jedoch keinerlei
finanzielle Umverteilung zur Beratungsstelle Rosa Lila Tipp, auch
wenn sich das ihre MitarbeiterInnen
oftmals wünschen.
Liebe Grüße,
Marty Huber
an.schläge werden gefördert von:
Irmi Wutscher
Was ist ministrabel?
Super, Österreich hat wieder einen Kunstskandal!
Nein, nicht den Mann, der die stilisierten Jesusschen Lenden nicht mochte. Den hat doch keineR
ernst genommen. Hier handelt es sich um echte
Zensur – direkt vom Ministerbüro Bures verordnet.
Nicht gehört?
Im Rahmen einer Expertinnentagung zu „Zehn Jahre
Gewaltschutzgesetz in Österreich“ hätte Anfang November
in Wien eine Ausstellung zum Thema Gewalt an Frauen im
Palais Auersperg stattfinden sollen. Hat sie aber nicht, weil
zwei der Bilder und die dazugehörigen Bildunterschriften
des Künstlerinnen-Duos Carla Knapp und Andrea Zwettler
nicht „ministrabel“ waren. Zum einen war das eine abstrakt
dargestellte wehrhafte Frau mit nicht-abstraktem Messer in
der abstrakten Hand, die unter anderem den Untertitel trug
„Vergewaltiger wir kriegen Euch!“. Nicht ministrabel. Zum
anderen eine muslimische Frau vor österreichischer Kleinstadt, Aussage: „Wir fordern einen autonomen Aufenthaltsstatus für Migrantinnen!“ Auch nicht ministrabel. Wie auch
die „Glückskekse“ nicht. Botschaften gegen Gewalt auf türkisch, serbokroatisch und deutsch: Zur Gänze nicht ministrabel. Und da sind sie zwei Tage vor der Ausstellung drauf gekommen.
Grundsätzlich bin ich ja eine große Freundin der Kunstskandälchen Österreichs. Sie bieten eine Art Volksstück, von
den Medien aufbereitet, und mir einen gewissen Unterhaltungswert. Sie folgen einer unauflöslichen Dramaturgie:
Da gibt’s was, was dem Anstand oder sonstigen obskuren
Regelwerken widerspricht. Dann wird mit Kunst und Freiheit
argumentiert, was vielen von vornherein suspekt ist. Und
dann geht’s schon los: Da will wer was verbieten, oder eben
nicht, andere regen sich über das Verbot oder Nicht-Verbot
auf und es regnet Unter-der-Gürtellinie-Argumente. Toll!
Am Besten wird’s immer, sobald Krone und FPÖ sich zu Wort
melden. Hier wird die österreichische SpießerInnenseele
besser vorgeführt als beim Herrn Karl. Ich würde ja soweit
gehen, die Kunstzensur neben Lipizzanern und Mozartku-
geln in Schüssel’s „Typisch-Ösis“-Hitliste aufzunehmen. Geschichtlich wäre das ja locker argumentierbar, ab Metternich eine zweihundertjährige Tradition.
Doch leider, in diesem Fall ist alles anders. Kein Schrei
nach Sittenpolizei quer durch die Kleinformate. Kein Teer
und keine Federn. Dabei gab es wunderbare Wortmeldungen vonseiten des Frauenministeriums: Dass die problematischen Bilder „missverständlicherweise als Forderungen aller an der Konferenz Beteiligten“ aufgefasst werden könnten. Der Hinweis, dass gemeinsam mit der abstrakten Frau
„ganz gegenständlich“ ein Messer abgebildet sei. Und zum
Drüberstreuen das überstrapazierte Unwort „ministrabel“.
Da hätte man sich doch spielend draufsetzen können! Aber:
Das Standard-Forum ist fast lahm. Wo sind denn bitte die
rechtspatriarchalen PosterInnen hingekommen? He, da wollen sich Frauen gegen Vergewaltiger wehren! Mit Messern!
Ist das keinen Krone-Leserbrief wert?
Aber zugegeben: Ich hätte es ohne die an.schläge-Aussendung auch nicht mitbekommen. Daher weiß ich jetzt
auch gar nicht, über was ich mich mehr aufregen soll: dass
die Zensur ausgehend vom Frauenministerium mit derart
lächerlichen und peinlichen Argumenten gebracht wurde,
oder dass das heimlich und quasi über Nacht geschah. Zufälligerweise kurz vor der Eröffnung. Und dann gar keine
Ausstellung zustande kam, weil entgegenkommende Angebote der Künstlerinnen kategorisch abgelehnt wurden.
Mündlich. Eine schriftliche Wortmeldung des Frauenministeriums gab es nämlich erst, als die AUF-Redaktion mit einem offenen Brief protestiert hatte. Als alles schon vorbei
war. Eine breitere Öffentlichkeit hatte also gar nicht die
Möglichkeit, im Vorhinein über die Ausstellungsabsage informiert zu sein.
Und genau an diesem Punkt wird’s knusprig: Denn Zensur ist eine Sache, aber Zensur plus Totschweigen noch mal
eine ganz andere. Über die EU-Unterhose lachen wir bis
heute, aber wer redet über wehrhafte Frauen? Scheinbar
niemand. Und das finde ich sehr bedenklich.
❚
Eine Stellungnahme der
Künstlerinnen findet sich unter:
www.hellwach.info/
index.php?lt=nichtministrabel
Montierte Skizzen von hellwach
zur Installation im Palais Auersperg
finden sich in diesem Heft auf
Seite 8
dezember 2007 jänner 2008 an.schläge 05
österreichan.riss
Fo t o : K l u b f ü r Fra u e n
neuen Strafbestand „Gewaltbeziehung“ nachzudenken. Ebenfalls in den
Empfehlungen der NGO Task Force enthalten sind folgende Forderungen: Bundesweite und laufende Bewerbung der Frauenhelpline, Ausbau
von muttersprachlichen Beratungen, finanzielle Absicherung der Opferschutzeinrichtungen (Frauenhäuser, Interventionsstellen, Notrufe etc.),
Errichtung eines speziellen Frauen- bzw. Mädchenhauses für Migrantinnen, verpflichtende Grundausbildung für betroffene Berufsgruppen,
Ausbau der Täterprogramme, Verbesserung der Kriminalstatistik und
Maßnahmen zur Sensibilisierung. Die Abschlusskonferenz der Europaratskampagne findet am 29. April 2008 in Wien statt. GaH
Veranstaltungen: www.aoef.at/tage/index.htm und Offizielle Seite der Europaratskampagne: www.coe.int/stopviolence
ka m p a g n e . g e g e n . g e w a l t
eu-projekt
Empfehlungen für Gewaltschutz
Armut durch Pflegebedürftigkeit
Der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (aoef) koordiniert
die österreichischen Aktivitäten zur heurigen Europaratskampagne
„Stoppt häusliche Gewalt gegen Frauen“. Eine nationale NGO Task Force
hat sich bereits sieben Mal getroffen, dabei wurden umfangreiche Empfehlungen zur Verbesserung im Gewaltschutzbereich an die Regierung
ausgearbeitet. Sie sind als Vorschläge für konkrete Maßnahmen zu verstehen, die noch während der Kampagne bis April 2008 umzusetzen
sind. So fordern die NGOs etwa weitere Verbesserungen am Gewaltschutzgesetz: beispielsweise eine Verlängerung der Einstweiligen Verfügung (EV) auf bis zu ein Jahr, die EV soll zudem auch nach einer Scheidung weiter bestehen können. Außerdem soll die Exekution rascher und
wirkungsvoller sein, denn die Praxis habe gezeigt, dass die Übertretung
einer EV für den Täter oft folgenlos bleibt. Unbedingt erforderlich ist für
die NGOs auch, dass die Strafverfolgung von häuslicher Gewalt effektiver gestaltet wird: etwa durch bessere Ermittlungen und Beweissicherung (derzeit ist es nicht einmal Standard, Verletzungen mittels Foto zu
dokumentieren). Es solle untersucht werden, warum Verfahren bei Gewalttaten häufig eingestellt werden. Auch wird angeregt, über einen
„Verbesserung der Lebensbedingungen für Menschen, die besonders
von Armut betroffen sind“ lautet das Ziel des EU-Projekts „Aurora“, das
unter anderem von der Volkshilfe Österreich ko-finanziert wird. Konkret
gemeint sind damit vor allem Hochbetagte in Langzeitpflege und Frauen. Fakten dazu liefert der Projektfolder:„Armut ist weiblich. (…) Über die
Hälfte der armutsgefährdeten und armen Menschen in Österreich sind
Frauen.“ Die Armutsgefährdung von Menschen in Österreich wird von
„Aurora“ bei verschiedenen Veranstaltungen thematisiert. Zuletzt in einem Workshop zum Thema „Pflegebedürftig – armutsgefährdet?“. Von
der oberösterreichischen Landtagsabgeordneten Gertrude Schreiberhuber wurde dabei unter anderem festgestellt, dass Österreich sich ein
Pflegesystem leisten könnte, das mit Steuermitteln finanziert wird und
einen Rechtsanspruch auf Pflege garantiert. Außerdem müssten
präventive Maßnahmen ausgebaut werden. Lösungsvorschläge zur Umsetzung dieser Reformschritte wären etwa eine Erhöhnung des Pflegegeldes und die Einführung einer Grundsicherung. Verbesserungswürdig
sei außerdem die Situation von pflegenden Angehörigen, etwa deren
„Ja, wir sind ein Paar.“
Wir hätten es nicht zu träumen gewagt: Die
wunderbare Anne Will ist lesbisch und bekennt sich mit diesen Worten zu ihrer
langjährigen Lebenspartnerin Meckel! Die
ehemalige Tagesthemen-Moderatorin hatte
schon mit ihrem Beitrag zur Zeit-Serie „Wir
brauchen einen neuen Feminismus“ Freude
bereitet. Darin erinnerte sie sich an eine „fassungslose Stille“ , die einer an ein rein weibliches Redaktionsteam gerichteten Frage
folgte. „Keiner da?“, hatte ein Mann, der auf
der Suche nach einer Ansprechperson war, in
die Frauenrunde gefragt. Heute würde das
wohl nicht mehr passieren, schreibt Will. Was
eindeutig Frauen wie ihr zu verdanken ist.
06 an.schläge dezember 2007 jänner 2008
övp
spö
Verwaltungszonen?
Schutzzonen!
„Auf das Niveau einer Autoanmeldung oder
Hunderegistrierung“ würde die Homo-Verpartnerung heruntergestuft, empört sich Günter
Tolar, Obmann von SoHo (Sozialdemokratie
und Homosexualität). Anlass war die ÖVP-Verlautbarung, dass „eine Zeremonie“ beim Homo-Pakt „nicht notwendig“ sei. Denn ÖVP-Justizsprecher Donnerbauer interpretiert den von
Justizministerin Maria Berger endlich vorgelegten Gesetzesentwurf für Homo-Partnerschaften „eher als schlichten Verwaltungsakt“.
Der deshalb auch nicht auf allen Standesämtern durchführbar sein müsste. Denkbar wäre
durchaus , ihn irgendwo zu „zentralisieren“. –
Auch von Schutzzonen vor Abtreibungskliniken
will die ÖVP weiterhin nichts wissen. Maria
Rauch-Kallat ist zwar gesprächsbereit, die für
ein entsprechendes Gesetz nötige Kompetenzverschiebung von den Ländern zum Bund werde aber erst im Zuge der geplanten Staats- und
Verwaltungsreform möglich. Die SPÖ sieht das
anders und will die Regelung für Schutzzonen
in das Sicherheitspolizeigesetz aufnehmen, das
mit 1. Jänner 08 in Kraft treten soll. Es sieht u.a.
auch eine Hooligan-Meldeplicht für die FußballEM vor. Sollte die ÖVP in Sachen Schutzzonen
nicht einlenken, schließt die SPÖ eine Blockade
des Sicherheitspolizeigesetzes nicht aus. +
an.rissösterreich
rechtliche Absicherung. Die vierte und letzte Veranstaltung des Projektes zum Thema „Gemeinsam gegen Armut“ fand am 27. Oktober in
Klagenfurt statt und diente der Reflexion des Projektes. Dabei wurden
„Postulate an Österreich und Europa“ definiert. pix
www.aurora-austria.eu
f r a u e n . n e t z w e rk . m e d i e n
Neuer, junger Vorstand
Sieben Jahre war Brigitte Handlos Obfrau des Frauen-Netzwerk-Medien,„es wird Zeit für etwas Neues“, meint sie nun. Deshalb wurde ein
neuer Vorstand gewählt: Obfrau Karin Strobl („Österreich“), Nina Horaczek („Falter“) und Münire Inam (ORF). Brigitte Handlos, derzeit ChronikRessortleiterin bei der ORF-ZIB, will nun „raus aus dem Journalistinnenkreis und mit Frauen aus einem breiteren Spektrum an Professionen
zusammenarbeiten“. Die neue Obfrau Karin Strobl begann ihre journalistische Laufbahn 1996 bei der Kronen Zeitung. Seit Juni 2006 leitet sie
das Gerichtsressort der Tageszeitung „Österreich“. Mitglied des FrauenNetzwerk-Medien ist sie seit 2001. Das Netzwerk versteht sich als überparteilicher Verein, der u.a. für die Verleihung des rosa „Handtaschls“
für herabwürdigende Äußerungen in Medien (gegen-)über Frauen und
den Journalistinnen-Preis „Spitze Feder“ verantwortlich ist. Auf der Homepage wird auch eine Expertinnen-Datenbank betrieben. konz
www.frauennetzwerk.at
journalismus
Ausgezeichnete Journalistinnen
Am 15. November wurden die diesjährigen Preisträgerinnen der „Spitzen Feder“ geehrt. Der Preis wird vom Frauen-Netzwerk-Medien für
engagierte Journalistinnen vergeben, „denen kritische Berichterstattung im Frauen-, Demokratie- und Menschenrechtsbereich ein Anliegen ist.“ Die Grüne Frauenpolitikerin Monika Vana stiftet erneut die
2.000 Euro für den Hauptpreis sowie die 700,- Euro für den Förderpreis für Nachwuchsjournalistinnen. Bei der Bewertung wurden dieses Jahr besonders Arbeiten zum Thema Frauenarmut berücksichtigt.
Den Hauptpreis bekam Teresa Arrieta für ihr Radiofeature „Alleinerzieherinnen“ in der Ö1-Reihe „Journal Panorama“. Den Förderpreis erhielt
die „Falter“-Nachwuchsjournalistin Ingrid Brodnig.
Unter dem Titel „Wert und Quote“ fand am 12. Oktober der 9.
Österreichische Journalistinnenkongress in Wien statt. Dabei wurde
auch die „MedienLÖWIN“ wieder vergeben, ein Preis für „mutige Berichterstattung und das Aufzeigen der Diskriminierung von Frauen“.
Preisträgerinnen waren Profil-Redakteurin Sibylle Hamann für ihren
Beitrag „Adam und der Apfel“ sowie Alexandra Bader, die mit ihrem
Onlinemagazin www.ceiberweiber.at zeige, „was Web-Journalismus
kann“. In Zusammenarbeit mit der Hauptsponsorin ING-DiBa wurde
erstmals auch die „FinanzLÖWIN“ für klare Sprache zu Finanzthemen
vergeben: dieses Mal an Susanne Leitner vom Wirtschaftsblatt. Abseits der Preisverleihung verkündete Alexandra Bader, unermüdliche
Schreiberin und feministische Kämpferin, ihren Teil-Rückzug aus dem
Journalismus, denn sie „sehe keine Chance mehr für eine kritische, eigenständig denkende Journalistin in diesem Land“. Alle Hintergründe
dazu auf: www.ceiberweiber.at. GaH
Frauen-Netzwerk-Medien: www.frauennetzwerk.at, Journalistinnenkongress: www.medienfrauen.net
Fo t o s : M a r i a S t e r k l
Kornelia Zauner sprach mit Elisa Heinrich vom Kollektiv des
HomoBiTrans-Referats der ÖH Uni Wien
Kiss-In im Café Merkur
Wien, 6. November, Cafè Merkur: eine Horde sich demonstrativ küssender
Lesben und Schwulen im Raum. Wie kam es dazu?
Am Montag vor dem Kiss-In wurden zwei Frauen im Cafè Merkur (ein
Lokal, das besonders von Student_Innen stark frequentiert wird) darauf hingewiesen, sie sollten sich nicht küssen, weil der Chef etwas gegen Lesben und Schwule habe. Homophobie ist strukturell und alltäglich. Oft genug gibt es nicht die Möglichkeit, sich gegen homophobe
Gewalt zur Wehr zu setzen. In diesem Fall wussten wir aber, dass der
Lokalbesitzer selbst verantwortlich war und das gab uns die Möglichkeit, eine solche Aktion zu planen und zu realisieren.
Wer waren die InitiatorInnen dieser Aktion?
Die Info über die Diskriminierung der besagten Frauen wurde erstmal
über alle möglichen Verteilerinnen und an die Stelle zur Dokumentation von Homophobie der Rosa Lila Villa ([email protected])
geschickt und mündlich weitergetragen. Daraufhin organisierten sich
über unterschiedlichste linke/ feministische/ queere Plattformen Leute, die eine Aktion machen wollten. Es gab also keine zentrale Organisation, sondern einfach von vielen den Wunsch, ihren Protest zu
äußern.
Wie viele Leute haben mitgemacht?
Schon um 19.00 war das Merkur so voll, dass die Kellnerin kaum noch
durchkam. Es waren nicht nur alle Plätze besetzt, Menschen mussten
auch in Gruppen herumstehen. Eine Journalistin des „Standard“ hat
die Menge auf hundert Personen geschätzt.
Wie kann ich von der nächsten Aktion erfahren, um tatkräftig mitzumischen?
Die Vernetzung fand hauptsächlich über Internet-Plattformen (wie
fmqueer.at, www.n3tw0rk.org), Mailinglisten (z.B. die feministische
Liste femail oder die Ladyfest-Liste), aber auch Mundpropaganda
statt. Weiters ist auch die Homepage des HomoBiTrans-Referats dafür
eine gute Adresse:
www.oeh.univie.ac.at/arbeitsbereiche/homobitrans.htm
Dort kannst du dich auch auf den Newsletter eintragen, über den alle
Aktionen, welche die Leute des Referats planen und von denen sie erfahren, ausgeschickt werden.
dezember 2007 jänner 2008 an.schläge 07
gewaltschutz
M o n t i e r t e S k i z z e n z u r I n s t a l l a t i o n i m Pa l a i s A u e r s p e r g 1 © h e l l w a c h
Wenig Grund zum Jubeln
Zehn Jahre besteht nun das österreichische Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie. Ein Jubiläum,
an dem weniger gefeiert, als kritisch Ausblick gehalten werden sollte, welche neueren Entwicklungen sich im
Gewaltschutzbereich abzeichnen. Von Paula Bolyos
1 zur geplanten Ausstellung von
hellwach im Palais Auersperg siehe
an.spruch auf Seite 5
08 an.schläge dezember 2007 jänner 2008
Vor zehn Jahren, im Mai 1997,
wurde das Bundesgesetz zum
Schutz vor Gewalt in der Familie implementiert. Das Gesetz
wurde zum europaweiten Vorbild, was nicht zuletzt an dem Paradigmenwechsel liegt, der mit dem Gewaltschutzgesetz vorgenommen wurde.
Dieser besteht nicht nur in der EntPrivatisierung familiärer Gewalt und
der daraus folgenden Verantwortung
der staatlichen Institutionen, die Opfer
und deren Kinder zu schützen und
präventive Maßnahmen gegen weitere
Übergriffe zu setzen. Er zeigt sich auch
in der Verschiebung der Verantwortung
für die Gewalttat vom Opfer zum Täter.
Durch die Einführung von Wegweisung
und Betretungsverbot konnten ab 1997
Frauen, die von Gewalt durch den Partner betroffen waren, in der gemeinsamen Wohnung bleiben, der Gewalttäter
musste gehen. Der Schritt, der für das
Opfer auf die Wegweisung des Täters
folgt, ist die Kontaktaufnahme durch
die im Gesetz vorgesehenen Opferschutzeinrichtungen – Interventionsstellen bzw. Gewaltschutzzentren. Diese
erfahren von dem Vorfall, indem sie die
Niederschrift der Einvernahme per Fax
oder e-mail von der Exekutive erhalten.
Danach kann sich die jeweils zuständige Mitarbeiterin pro-aktiv an das Opfer
wenden und Beratung und Unterstützung rechtlicher und psychosozialer Natur anbieten.
Datenschutz oder Opferrechte? Seit 1. November gilt nun ein Erlass des Bundesministeriums für Inneres (BMI), welcher
der Exekutive vorschreibt, nur noch Namen von Opfer und Täter, sowie Adresse
und Telefonnummer an die Interventionsstellen/Gewaltschutzzentren wei-
terzugeben. Keine Abschrift der Anzeige
mehr und in der Folge keine Informationen zum jeweiligen Fall. Das bedeutet,
dass die Beraterinnen sich, so wie es im
Gesetz vorgeschrieben ist, weiterhin an
die betroffene Frau wenden und diese
dann die ganze traumatisierende Gewaltgeschichte, die sie am Tag oder
Stunden vorher der Polizei gegenüber
schon einmal schildern musste, noch
einmal erzählen muss.
Frauenrechte. Lücken im österreichischen
Gewaltschutzsystem wurden sichtbar,
als das CEDAW-Komitee (Komitee der
Convention on the Elimination of all
Forms of Discrimination against Women) im August dieses Jahres zwei Gutachten zu Mitteilungen vorlegte, die der
Verein Frauenrechtsschutz und die Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in
der Familie im Namen der Nachkom-
schutzgewalt
Sehr gefährdete Opfer. An den beiden
Mordfällen an Fatma und Sahide zeigt
sich deutlich, dass das österreichische
Gewaltschutzsystem nicht auf sehr ge-
fährdete Opfer ausgerichtet ist. Eine
strukturierte und transparente Risikoeinschätzung fehlt in den staatlichen
Institutionen, doch gerade eine solche
hätte gezeigt, dass sich beide Frauen in
höchster Gefahr befanden: Internationale Studien, beispielsweise jene von
Jacquelin C. Campbell zeigen, dass die
Einschätzung des Opfers einer der
wichtigsten Faktoren zur Voraussage
möglicher Übergriffe darstellt, ebenso
wie vorangehende Morddrohungen.
Nur wenn das Bewusstsein für diese
Risiken fehlt, wird von den zuständigen
Behörden nicht mit den entsprechenden Maßnahmen reagiert. Bei Mordgefahr reicht die Wegweisung des Täters
nicht aus, es müssten weitere Möglichkeiten des Umganges mit solchen Gefahrensituationen, wie eine in Großbritannien übliche kurzfristige In-Gewahrsamnahme des Gefährders diskutiert
werden.
Bei Mordgefahr reicht die
Wegweisung des Täters
nicht aus, es müssten
weitere Möglichkeiten des
Umganges mit solchen
Gefahrensituationen, wie
eine in Grossbritannien
übliche kurzfristige InGewahrsamnahme des
Gefährders diskutiert
werden.
Der Staat Österreich hat in seinem
Kommentar zur Mitteilung in Bezug auf
Sahide angegeben, dass hier die Rechte
des Gefährders auf Bewegungsfreiheit
und ein faires Verfahren zu bedenken
seien. Wie das CEDAW-Komitee festhält,
sind diese Rechte niemals den Rechten
des Opfers auf Leben und physische,
wie auch psychische Gesundheit überzuordnen.
Maßnahmen. Spätestens nach diesen
beiden Urteilen ist der Staat Österreich gefordert, die Frauenrechtskonvention entsprechend umzusetzen.
Das wäre keineswegs eine freiwillige
Leistung, mit der Ratifizierung von CEDAW 1982 hat sich Österreich verpflichtet, dieses Rechtsinstrument in
nationale Gesetzgebung zu transfor-
mieren. Österreichische PolitikerInnen
könnten aus den beiden Gutachten jedoch auch lernen und sie als Chance
sehen, vielleicht bei KollegInnen nicht
ganz so beliebte Maßnahmen im Sinne der Umsetzung von Frauenrechten
durchzusetzen. Die Konvention bietet
Maßnahmenkataloge, die ohne weiteres in einem Aktionsplan formuliert
und dann kurz- oder langfristig implementiert werden können.
Sofortmaßnahmen sollten auf jeden Fall für sehr gefährdete Opfer überlegt werden, die von Mord oder schweren Verletzungen bedroht sind. Hier ist
die Zusammenarbeit aller Institutionen,
ob staatlich oder nicht-staatlich erforderlich. Das bedeutet auch, dass Informationen weitergegeben werden,
wenn dies der Schutz der Opfer erfordert. Informationsaustausch ist ein
wichtiges Element multi-institutioneller Kooperationen weltweit. So können
einzelne Institutionen – beispielsweise
in Gewaltschutzforen oder runden Tischen zu häuslicher Gewalt – feststellen, ob alle notwendigen Maßnahmen
zum Schutz der Opfer und deren Kinder
ergriffen wurden bzw. ob noch welche
ausstehen.
L e n i Wi e b a c h u n d C l a u d i a Fr i e s i n g e r, Fo t o : M a r t i n a M a d n e r
men zweier ermordeter Frauen im Jahr
2004 beim Komitee eingebracht hatten.
Fatma und Sahide wurden beide
von ihren Ehemännern misshandelt.
Fatma erhielt mehrere Morddrohungen,
denen zu Beginn nachgegangen wurde,
dann nicht mehr. Die Staatsanwaltschaft lehnte laut Exekutive einen Haftbefehl ab. Fatma wurde auf dem Heimweg von der Arbeit von ihrem Ehemann
erstochen.
Sahide zeigte ihren Ehemann ebenfalls mehrmals an; dieser wurde von der
Exekutive weggewiesen. Nach der dritten Wegweisung erließ das Bezirksgericht eine Einstweilige Verfügung – laut
derer sich der Gefährder dem Opfer für
drei Monate nicht nähern darf – das
darauffolgende Strafverfahren wurde
wegen Geringfügigkeit eingestellt. Sahide wurde einen Tag später von ihrem
Ehemann mit einer nicht registrierten
Faustfeuerwaffe erschossen. Kurz zuvor
hatte Sahide vergeblich die Polizei um
Hilfe gebeten: Laut Exekutive war kein
Einsatz erforderlich, da der Täter die
Wohnung während des Telefonats bereits wieder verlassen hatte. Zuvor hatten Verwandte bereits gegenüber der
Polizei erwähnt, dass der Täter trotz aufrechten Waffenverbotes im Besitz einer
solchen sei, ohne dass dem nachgegangen wurde. Ebenso hatten Verwandte
Morddrohungen des Täters gegenüber
der Ehefrau und der Familie angezeigt,
was keine Reaktion seitens der Polizei
zur Folge hatte.
Das Komitee hält in Bezug auf die
beiden Morde fest, dass „nach allgemeinem internationalen Recht und speziellen menschenrechtlichen Abkommen,
Staaten auch für private Handlungen
verantwortlich sind, wenn sie es verabsäumt haben, mit geeigneter Sorgfaltspflicht Verletzungen von Rechten verhindert oder Gewalttaten untersucht
und bestraft haben, ebenso wie sie verantwortlich dafür sind, Kompensation
zu leisten“. Insbesondere Staatsanwaltschaft und Exekutive haben in diesen
beiden Fällen die notwendige Sorgfaltspflicht verletzt, indem nicht rechtzeitig
eingeschritten und die Gefahr, in der die
beiden Frauen schwebten, verkannten.
Interventionsstellen. In Hinblick auf die
Interventionsstellen bedeutet die Datenweitergabe durch die Polizei für alle von Gewalt betroffenen Personen,
dass die Beraterinnen sich auf das telefonische Erstgespräch vorbereiten
können und aus ihrer Erfahrung auch
wissen, was sie dem Opfer vielleicht
anbieten können. Wenn die Betroffenen ihre Gewaltgeschichte nicht noch
einmal erzählen müssen, macht das
ein wesentlich effektiveres und für das
Opfer weniger belastendes Gespräch
möglich.
Auch Karl Mahrer, Landespolizeikommandant Stellvertreter für Wien,
scheint der Ansicht zu sein, dass die
Datenweitergabe, wie sie bis zum 1.
November usus war, eine gute Vorgehensweise darstellt. Er sprach auf der
Jubiläumsveranstaltung „Stop Domestic Violence against Women – 10 Jahre
Gewaltschutzgesetze im internationalen Kontext“ indirekt den Erlass des
BMI an und plädierte dafür, dass Opferrechte immer vor die Rechte der Gefährder auf Datenschutz gestellt werden müssen.
❚
Literatur und Informationen:
Frauenhelpline gegen Männergewalt:
0800 222 555
http://www.un.org/womenwatch/
daw/cedaw
Campbell, Jacquelyn C.:
Assessing Dangerousness. Violence by
Batterers and Child Abusers.
Springer Publications 2007
dezember 2007 jänner 2008 an.schläge 09
klimagender
Fo t o s : H a n n a h Fö r s t e r /g e n a n e t
Öko-Gender-Check
Der Klimawandel macht sich bemerkbar und die Politik ringt sich langsam zu wirksamen Maßnahmen durch.
Höchste Zeit, dass Frauen entscheidend mitreden – schließlich spüren sie die Auswirkungen am deutlichsten.
Von Gabi Horak
Linktipps:
www.genanet.de
www.wen.org.uk
www.climateforchange.net
Buchtipps:
Rachel Carson: Der stumme Frühling.
Verlag Beck 2007
Helga Kromp-Kolb/Herber Formayer:
Schwarzbuch Klimawandel.
Verlag Ecowin 2007
10 an.schläge dezember 2007 jänner 2008
Bei der großen UN-Klimakonferenz im Dezember in Bali
soll sich was bewegen. Es wird
wohl wieder ein Kompromiss
aus Politik, Wirtschaft, Diplomatie und persönlichen Machtansprüchen herauskommen. Die Konferenz und alle darin besprochenen
Maßnahmen werden aber erstmals
von einer eigenen Frauen-Delegation
beobachtet: Sie wollen gezielt daran
arbeiten, dass Geschlechtergerechtigkeit auch beim Klimaschutz ernst genommen wird.
Seit einigen Jahren setzen sich
Frauenorganisationen dafür ein, dass
Genderaspekte in der Klimapolitik stärker berücksichtigt werden. In Bali wird
das dafür aufgebaute Netzwerk genderCC (Women for Climate Justice)
aktiv werden, das auch vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) unterstützt wird. So können unter anderem die Reisekosten
für sieben Frauen aus Entwicklungsländern bezahlt werden. Denn bei
der Klimakonferenz sollen die Perspek-
tiven der Frauen aus aller Welt vorkommen.
Frauen spüren Klimawandel stärker. Koordiniert wird das Netzwerk bei der Klimakonferenz von der deutschen Leitstelle
Gender, Umwelt, Nachhaltigkeit – kurz:
genanet. Seit Jahren schon widmet sich
genanet der Geschlechtergerechtigkeit
beim Umwelt- und Klimaschutz. Auch
Lobby-Arbeit bei den Klimakonferenzen
steht dabei auf der Tagesordnung, nun
tragen die Aktivitäten erste Früchte. Bei
Redebeiträgen der PolitikerInnen und
internen Diskussionen wird die besondere Betroffenheit von Frauen beim Klimawandel immer öfter hervorgehoben.
Frauen sind vielerorts wesentlich
stärker von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen als die männliche Bevölkerung. Die afrikanische Sahel-Zone beispielsweise erlebt immer
längere und härtere Dürreperioden.
Die Wasserquellen sind immer weiter
entfernt, Feuerholz ist spärlich und
muss wie das Wasser kilometerweit
getragen werden – von Frauen. Sie sind
hauptsächlich für die Ernährung ihrer
Familien zuständig.
Frauen produzieren weltweit die
Hälfte der Nahrungsmittel, besitzen
aber nur etwa ein Prozent des Ackerlandes. „Sie und ihre Familien sind stark betroffen, wenn durch den Klimawandel
verursachte Unwetter etwa die Ernten
zerstören, ohne dass sie viele Möglichkeiten haben, dagegen anzukämpfen“,
erklärt Ulrike Schelander, Geschäftsführerin der Hilfsorganisation Care Österreich. Care-Experte Charles Ehrhart:
„Durch die Veränderungen wird es gerade für die Schwächsten der Gesellschaft
wie Frauen und Kinder immer schwerer,
ihr Recht auf Nahrung, Wasser oder Gesundheit zu erhalten. Der Klimawandel
ist deshalb nicht nur ein Umweltthema.
Er ist ein Menschenrechtsthema.“
Auch Ursachen geschlechtsspezifisch. Die Auswirkungen des Klimawandels haben
auch in reichen Ländern der Erde starke
geschlechtsspezifische Aspekte, unter
anderem weil auch hier die Nahrungszubereitung in weiblicher Hand ist.
genderklima
ten auswirkt. Bioprodukte werden
mehrheitlich von Frauen gekauft, sie
gelten prinzipiell als gesundheitsbewusster und konsequenter
beim Recycling.
In Finnland werden regelmäßig Befragungen zur
Atomenergienutzung
durchgeführt. Demnach
wird langfristige Atomenergienutzung nur
von 14 Prozent der
Klima-Expertin
Helga Frauen aber von 46
Kromp-Kolb: „Verhindern Prozent der Männer
können wir den Klima- unterstützt. Je gebildeter
wandel nicht mehr, wohl die Frauen sind, desto neaber seine gravierendsten gativer ist ihre EinstelAuswirkungen mindern. lung zur Atomenergie.
Die nächsten zehn Jahre Klimaexpertin Kromp-Kolb gibt dieser
Skepsis Recht: „Über den Klimaschutz
sind entscheidend.“
entscheiden die nächsten zehn Jahre,
dafür ist die Kernenergiebranche denkbar schlecht aufgestellt.“ Zu lange seider Atmosphäre ist nicht geschlechtsen die Vorlaufzeiten, bis ein Kernkraftspezifisch, aber wenn ich über die Art
der Freisetzung von Schadstoffen etwas werk in Betrieb gehen kann – ganz abwissen will oder danach frage, wer die- gesehen von weiteren Gegenargumenten zur Atomenergie wie
se verursacht, dann ist das plötzlich
mangelnde Sicherheit und ungelöste
nicht mehr egal.“
Endlagerung.
Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ)
So hoch das Umweltbewusstsein
hat festgestellt, dass Frauen umweltder Frauen auch im privaten Bereich
freundlicher unterwegs sind: Sie legen
mehr als die Hälfte ihrer Alltagswege zu sein mag: Das Management von EnerFuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentli- giekonzernen und die Entscheidungspositionen in der Politik sind fest in
chen Verkehrsmitteln zurück. Männer
männlicher Hand.
verwenden das Auto bei 65 Prozent ihDafür spielten Frauen eine wesentrer Wege und verursachen laut VCÖ daliche Rolle beim Entstehen von Ummit pro Jahr um rund zwei Millionen
weltbewegungen. Beispielsweise RaTonnen mehr CO2 als Frauen.
chel Carson, die mit ihrem Buch „Der
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt
stumme Frühling“ in den 1960er Jahauch das deutsche Netzwerk genanet
bei der Zusammenfassung diesbezügli- ren auf den massiven Einsatz von Pesticher Untersuchungen. Die unterschied- ziden in der Landwirtschaft aufmerksam machte und Anstoß für eine geliche Mobilität lässt sich demnach eieinte amerikanische Umweltbewenerseits dadurch erklären, dass meist
gung war. Eine weitere wichtige
Männer den PKW in der Familie besitzen bzw. benutzen. Andererseits haben Aktivistin ist Vandana Shiva, die 1993
auch den alternativen Nobelpreis für
die Wege von Frauen und Männern
ihr Engagement erhielt. Sie gründete
auch unterschiedliche Zwecke: Laut
ein eigenes Forschungsinstitut in Indideutschen Studien hat die Hälfte der
Erledigungen von Frauen mit Haus- und en und macht sich für den Erhalt der
Biodiversität sowie für die Rechte der
Familienarbeit zu tun, Männer gaben
Bauern und Bäuerinnen gegenüber
einen ähnlich hohen Anteil ihrer Wege
Agrarkonzernen stark. Ökologie und
als Dienstwege an.
Feminismus gehören für sie untrennbar zusammen.
Umweltbewusstsein und -verhalten. Viele
von genanet verwendete Studienergebnisse weisen auf höheres Umwelt- Zahlreiche Projekte. Heute gibt es weltbewusstsein von Frauen hin, was sich weit zahlreiche Netzwerke und Projeknicht zuletzt auf das Konsumverhalte, die für Geschlechtergerechtigkeit in
In der österreichischen Landwirtschaft sind zu großen Teilen Frauen an
der Arbeit, die Arbeitsweisen und Traditionen sind aber immer noch von Männern geprägt, erklärte etwa die preisgekrönte österreichische Klimaforschrein
Helga Kromp-Kolb im an.schläge-Interview. Geschlechtsspezifisch seien aber
auch die Ursachen der Klimaerwärmung: „Die Schadstoffausbreitung in
der Klimapolitik eintreten. Beispielsweise das bereits 1988 in Großbritannien
gegründete Netzwerk „Women’s Environmental Network“ (WEN). Gemeinsam mit anderen Organisationen sammelt WEN derzeit online Unterschriften
für ihr „Manifesto on Climate Change“: Darin fordern sie gleichberechtigte Teilhabe von Frauen
und Männern an Entscheidungsprozessen bezüglich Klimapolitik, Investitionen in erneuerbare Energien, mehr
umweltfreundliche Produkte
und strengere Ziele bei der Reduzierung von CO2-Emissionen.
Die Europäische Kommission hat
von 2003 bis 2005 das Projekt „Climate for Change“ unterstützt. Es war
gleichzeitig das erste „Genderprojekt“
des Klima-Bündnis Europäischer Städte:
In Kooperation mit Städten aus vier europäischen Ländern wurde die Situation
von Frauen im kommunalen Klimaschutz untersucht. Alle Fakten, Argumente, Instrumente zur Frauenförderung sowie ein Gender-Check zur ersten
Einschätzung wurden in einem „Toolkit“
zusammengefasst. Es ist auf deutsch,
englisch und italienisch auf der Homepage www.climateforchange.net zu finden.
Wenn Anfang Dezember die Mächtigen der Welt in Bali über wirksame
Maßnahmen gegen den Klimawandel
diskutieren, werden die angereisten Expertinnen und Aktivistinnen hoffentlich
gehört. Fakten aus der geschlechtsspezifischen Klimaforschung gibt es genug. Helga Kromp-Kolb weiß:„Es geht
um Fragen, die die Zukunft aller Menschen auf der Erde betreffen!“ Also: Klimapolitik ohne Frauen wird nicht gehen!
❚
FACTS ZUM KLIMAWANDEL
Die Erdtemperatur ist in den letzten dreißig Jahren um 1,6 Grad
gestiegen. In den nächsten hundert Jahren ist mit einer weiteren
Erderwärmung um bis zu sechs Grad zu rechnen, wenn nichts
dagegen getan wird.
In Österreich wird die Durchschnittstemperatur in den nächsten vierzig Jahren um zwei bis vier Grad ansteigen. Zu erwarten sind heiße,
trockenere Sommer;mehr und heftigere Niederschläge;seltener sehr
kalte Winter. Die Alpen könnten bis zum Ende des Jahrhunderts gletscherfrei sein.
Hauptverursacher der Erderwärmung sind die Industrieländer,Hauptleidtragende sind die armen Bevölkerungen der Entwicklungsländer.
dezember 2007 jänner 2008 an.schläge 11
internationalan.riss
patriarchales und kapitalistisches System, was wir ablehnen. Deshalb ist
es uns wichtig, dass wir uns dort organisieren, wo wir leben. Denn nur
so können wir Frauen weltweit gemeinsam kämpfen“, schreiben die Initiatorinnen. Beim Treffen sollen Erfahrungen sozialer und emanzipatorischer Kämpfe ausgetauscht und die Möglichkeiten internationaler Solidarität diskutiert werden. Workshops zu Widerstandsformen wie
Straßentheater, Radical Cheerleading u.v.a.m. wird es außerdem geben.
Das Treffen soll vom 29. Dezember bis 2. Januar stattfinden, der Ort
stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest, Teilnehmerinnen und Mitorganisatorinnen werden weiterhin gesucht! Infos, Anregungen, Ideen,
Kritik, Anmeldung und Kontakt: [email protected]. les
www.ya-basta-netz.de.vu
Zapatistisches Frauentreffen: http://zeztainternazional.ezln.org.mx
pakistan
west.sahara
Silver Rose Award 2007 an Aminatou Haidar
Der diesjährige Silver Rose Award wurde an die sahaurische Menschenrechtsaktivistin Aminatou Haidar übergeben. Haidar erhielt den vom internationalen Netzwerk Solidar gestifteten Preis für ihr Engagement im
Kampf für die Rechte ihrer Volksgruppe in den besetzten Gebieten der
Westsahara. Teil des Netzwerks Solidar ist die österreichische Volkshilfe,
sie hat die diesjährige Gewinnerin für den Preis vorgeschlagen.
„Der Preis ist für mich eine Anerkennung für den legitimen Kampf,
den die Frauen und Männer in der Westsahara führen. Ein Kampf, der
seit vielen Jahren mit friedlichen Mitteln ausgetragen wird. Gleichzeitig
sehe ich in der Auszeichnung eine Verurteilung der Menschenrechtsverletzungen, derer sich Marokko schuldig gemacht hat“, so Haidar im Rahmen der Verleihung im EU-Parlament in Brüssel.
Der Konflikt mit Marokko hält nun schon dreißig Jahre an. Bereits
1992 sollte ein Referendum über die Unabhängigkeit der ehemaligen
spanischen Kolonie durchgeführt werden, bis heute hat es nicht stattgefunden. „Ohne internationalen Druck auf Marokko wird es zu keiner
Lösung kommen“, ist Haidar überzeugt. MenschenrechtsaktivistInnen
und JournalistInnen würden regelmäßig bedroht, auch Entführungen
seien nicht selten, erklärt Haidar. Ein Referendum würde einen Ausweg
aus der politischen und humanitären Krise eröffnen. „Der Autonomievorschlag Marokkos bedeutet für uns nichts anderes als einen Ausschluss vom Selbstbestimmungsrecht, und das können wir nicht akzeptieren“, so Haidar weiter. Josef Weidenholzer, Präsident der Volkshilfe Österreich, freut sich darüber, dass sich die Jury der Nominierung
einstimmig angeschlossen hat. „Die Jury hat damit das große Engagement Haidars anerkannt.“ Weidenholzer hebt besonders den gewaltlosen Einsatz hervor, mit dem die Menschen der Westsahara für ihre
Rechte eintreten. besu
europa
Frauenlesbentreffen
Zum Jahreswechsel wird es im mexikanischen Chiapas ein zapatistisches Frauentreffen geben. Frauen des Solidaritätsnetzwerkes Ya-BastaNetz in Deutschland wollen zeitgleich auch in Europa ein FrauenLesbentreffen organisieren: „Denn auch hier stecken wir in Kämpfen gegen ein
12 an.schläge dezember 2007 jänner 2008
Widerstand wächst
Acht Jahre ist es her, dass die ehemalige Ministerpräsidentin Benazir
Bhutto ins Exil flüchtete und Pervez Musharraf seinen ersten Militärputsch erfolgreich durchzog und die Verfassung außer Kraft setzte. Wie
ein Déjà-vu mutet es an, dass die streitbare Politikerin kaum angekommen unter Hausarrest gestellt und der Ausnahmezustand verhängt
wurde. Nach der Entmachtung des Obersten Gerichts kam es zu zahlreichen Verhaftungen von PolitikerInnen und RegimegegnerInnen. Weiterhin hat in Pakistan das Militär rund um Staatschef Musharraf alle Fäden
in der Hand.
Doch der Widerstand wächst, Musharraf hat am 14. November eine
Übergangsregierung vereidigt, sie soll bis zu den Parlamentswahlen am
8. Jänner 2008 im Amt bleiben. Die Opposition hat mit einem Boykott
der Abstimmung gedroht. Der Hausarrest gegen Oppositionsführerin
Bhutto wurde indes nach drei Tagen wieder aufgehoben. Wenige Stunden vor der Ankunft des US-amerikanischen Gesandten John Negroponte erklärte Polizeichef Sahid Abbas, Bhutto könne sich wieder frei bewegen und BesucherInnen empfangen. Die Zufahrtsstraße zu ihrem Haus
wird aber derzeit weiter von der Polizei mit Lastwagen versperrt. JournalistInnen wurden daran gehindert, die Absperrung zu passieren. Der geplante Protestzug der AnhängerInnen Bhuttos Pakistanischer Volkspartei (PPP) von Lahore nach Islamabad wurde ebenso verhindert wie in der
Woche zuvor eine Großkundgebung in Rawalpindi. Damals war Bhutto
zum ersten Mal seit Verhängung des Ausnahmezustands unter Hausarrest gestellt worden.
Einen Tag vor dem Beginn des „langen Marschs der Demokratie“ hat
Bhutto offiziell mit Präsident Musharraf gebrochen. „Ich habe meine Politik geändert“, sagte sie vor jubelnden AnhängerInnen. Sie hat sich zudem, wenn auch nicht internationale Unterstützung, so doch Ohren
und Augen der Weltöffentlichkeit gesichert. Damit wird der Kampf um
die Wiederherstellung demokratischer Rechte immer mehr zu einem
Duell zwischen den beiden PolitikerInnen. Am 20.11. will sich Benazir
Bhutto auf den Weg nach Islamabad machen. Die Route Bhuttos verbindet die politische Zentrale des Landes mit dem wirtschaftlichen Zentrum Lahore, der Hauptstadt der Provinz Punjab, die seit sechzig Jahren
die Politik Pakistans bestimmt. Der Marsch könnte Bhuttos Aussichten
auf einen Wahlsieg stärken, wenn sie die Sympathie der Bevölkerung
zurückgewinnen kann. Rein rechtlich dürfte sie aber für eine dritte
Amtsperiode gar nicht mehr kandidieren. Eine demokratiepolitische
Herausforderung, der sich offensichtlich im Augenblick keine der politisch Verantwortlichen in Pakistan stellen will. besu
an.rissinternational
deutschland
Zwischen 45 und 80 Prozent
Anfang November stellte das Weltwirtschaftsforum den aktuellen Global Gender Gap Report 2007 in New York vor. In dem Bericht wird die
Gleichstellung der Geschlechter im internationalen Vergleich untersucht. Erstmals wurden ca. neunzig Prozent der Weltbevölkerung in 128
Ländern erfasst.
Mittels Messungen in vier Hauptbereichen wurde das Ausmaß der
Ungleichheit zwischen Männern und Frauen quantifiziert: Wirtschaftliche Partizipation und Chancengleichheit in Bezug auf Arbeitseinkommen, Partizipationsniveau und Zugang zu hochqualifizierter Beschäftigung, Bildungsniveau, politisches Empowerment und Möglichkeit, an
Entscheidungsprozessen teilzunehmen, sowie geschlechterspezifische
Unterschiede in der Lebenserwartung.
„Der Global Gender Gap Report fasst die Herausforderung, mit
der wir es zu tun haben, in Zahlen: Er zeigt, dass das Land mit dem
besten Ranking-Ergebnis die Kluft zwischen den Geschlechtern bis zu
über achtzig Prozent schließen konnte, während das Land mit dem
niedrigsten Ranking-Ergebnis diese Aufgabe für seine Bevölkerung
nur zu etwas mehr als fünfundvierzig Prozent erfüllen konnte, erklärt
Saadia Zahidi, Leiterin des Women Leaders Programme beim World
Economic Forum.
Österreich hat es wieder nicht in die Top Zwanzig geschafft und
belegt im Gesamtranking abermals den 27. Platz. Hierzulande sind die
Indices in fast allen Bereichen, mit Ausnahme der Gesundheit, leicht
gesunken. Deutschland erreichte im Gender Gap Report 2007 nur mehr
den 7. statt den 5. Platz, Frankreich (Platz 51) hingegen verbesserte sich
im Vergleich zum Vorjahr um fast zwanzig Plätze. Als Gründe dafür
werden die ausgewogenere Teilhabe von Männern und Frauen am Ar-
thecoverzone.com
beitsmarkt genannt und die verstärkte Präsenz von Frauen in hochqualifizierten Berufen.
Spitzenreiter waren – wie schon im Vorjahr – die nordeuropäischen
Länder: Schweden belegt Platz eins der Liste, gefolgt von Norwegen,
Finnland und Island. Unter den Schlusslichtern liegen u.a. die Staaten
Türkei (121), Marokko (122) und Saudi Arabien (124). konz
www.weforum.org/en/initiatives/gcp/Gender%20Gap/index.htm
kolumbien
Eine Million FreundInnen
Die Frauenorganisation Organización Feminina Popular (OFP) aus Barrancabermeja/Kolumbien sucht eine Millionen Freundinnen und Freunde. Die Stadt mit den großen Erdölreserven, in der die Frauenrechtlerinnen und Friedensaktivistinnen der OFP arbeiten, wird von paramilitärischen Gruppen kontrolliert. Frauenhäuser, juristische Beratung in Sachen häuslicher Gewalt und die Hilfe zur Selbstorganisation sind da
nicht gern gesehen. Die lange Zeit vom rechten Präsidenten Álvaro Uribe im Kampf gegen die linke Guerilla und die Gewerkschaften hofierten
Paramilitärs hätten vor allem auf die Benennung „struktureller Gewalt“
brutal reagiert, erklärt OFP-Aktivistin Maria Jackeline Rojas Castañeda
bei ihrem Besuch in Wien Mitte November. Drei Frauen ihrer Organisation sind bislang ermordet worden, mehr als 140 wurden bedroht und
mit Überfällen eingeschüchtert. Die Kampagne für den Aufbau eines
Netzwerkes aus einer Million Freundinnen und Freunden ist auf drei
Jahre angelegt. Sie soll internationale Aufmerksamkeit auf den Konflikt
in Kolumbien ziehen und vor allem den Schutz der dort aktiven Frauen
garantieren. les
[email protected]
www.frauensolidaritaet.at, www.ofp.org.co
The Cover Zone feiert Frauen im Rock: „Legenden“ wie Joan Jett,
Melissa Etheridge, Suzie Quatro etc., denen mit Bild, Kurzbio und
Linksammlung gehuldigt wird. Die Seite bietet aber auch eine Plattform für die (Selbst)Präsentation neuerer Bands, die ebenfalls mit
Biografien, aber auch mit Interviews und Albumrezensionen vertreten sind. Neben diesen klassischen Musiczine-Features wird über
Frauenrock-Contests berichtet, es gibt außerdem diverse Kolumnen,
etwa von Anti-Hero Frontfrau Rose Perry, die in zehn Schritten das
Musikbusiness erklärt: von „Ich will in eine Band“ bis hin zu „Wie
komme ich zu bezahlten Gigs“. Oder das „Ask Squeaky “-Forum, in
dem Fragen zu Lebenskrisen aber auch zu wasserfestem Make-Up
beantwortet werden. Die Seite steht in der Tradition der riot-grrrlBewegung, was grafischen Auftritt und Themen anbelangt. Auch die
Bands haben ein Einheitsstyling: Rock-Chick-Outfits (schwarzes Leder!), Tattoos, schwarzer Lidstrich. Die Infos sind übersichtlich, wenn
auch nicht besonders innovativ zusammengestellt und verraten immerhin: Es gibt Plektrons für Frauen-Rockstars in Herzchenform. trude
dezember 2007 jänner 2008 an.schläge 13
kanadaskarohemdinnen
Fo t o s : J u t t a S o m m e r b a u e r
Fo t o : Pa t r i c k We b e r
Pretty Ricky
Fr u i t y Fra n k i e
Bernie Bankrupt
Vé r o n i q u e M y s t i q u e
„Lesben auf Ectasy“
Die kandische Band mit dem queeren Konzept recycelt ironisch die Klischees: Mal in Leder und dykelike, mal als
Tennisstar in weißen Shorts und mit Stirnband. Interview: Irmi Wutscher. Text von Saskya Rudigier
www.lezziesonx.com
www.myspace.com/lezziesonx
www.alien8recordings.com
www.htmlles.net: Les Htmlles Maid in
Cyberspace
www.fmqueer.at
14 an.schläge dezember 2007 jänner 2008
„We like to move it, move it …“
Wenn Lesbians on Ectasy (auch
Lezzies on X oder kurz LOE) die
Bühne betreten, kann man gar
nicht anders als tanzen und
schwitzen. Der Trick des kanadischen
Quartetts: Jede Menge Energie und –
getreu dem Bandnamen – die Katapultierung lesbischer Hitoldies in die Technopop-Ära. Das Ganze aber als ein musikalisches „Wiederkäuen“ abzutun, wäre zu einfach. Einzelne Textzeilen oder
melodische Besonderheiten von Folkund „Rebel Song“-Sängerinnen aus der
Zeit zwischen 1970 und 1990 werden
mit elektronischen Beats und Einflüssen aus Industrial/Punk/Trash/Techno
zu einem partytauglichen Mix verbunden. Die Inspirationen dafür, wie z. B. Indigo Girls, Tracy Chapman, Melissa Ethe-
ridge, oder k.d. Lang, sind dabei in den
seltensten Fällen in Reinform herauszuhören und auch eigene Texte werden
kreiert. „Es ist eine Art, die lesbischen
Ikonen der Vergangenheit einer neuen
Generation von Lesben näher zubringen“, erklärt Bernie Bankrupt den konzeptionellen Teil von LOE. Der Titel ihres
neusten, mittlerweile dritten, Albums
„We know you know“ ist eine Anlehnung an Meg Christians erste Platte bei
Olivia Records. Das ehemalige und ausschließlich von Frauen betriebene Kultlabel ist mittlerweile für die Lifestyleerfahrungen reicher Lesben zuständig.
Spaßprojekt. Lesbians on Ectasy begannen eigentlich als Multimediakonzepteinheit in Montréal, um, so schreiben sie im Fanzine zu „Giggles of the
Dark“, „die Beziehung zwischen Kunst
und Technologie zu untersuchen und
die Widersprüche in Systemen als solche aufzuzeigen“. Dieser Anspruch jedenfalls führte sie zu dem feministischen Technologie-Festival „Les Htmlles:
Maid in Cyberspace“, wo sie 2003 von
den befreundeten Veranstalterinnen zu
einer Performance eingeladen wurden.
Erstmals in der Geschichte des kanadischen Festivals gab’s dort jede Nacht eine elektronische Frauenmusikschiene.
Nachdem Fruity Frankie und Bernie
Bankrupt schon zuvor der Faszination
erlegen sind, selbst Musikremixes zu
machen, wie den Melissa Etheridge
Song „Like the way I do“, holten sie
Drummerin Jackie the Jackhammer ins
Boot und spielten ihr erstes Konzert im
Glauben, dass es ihr letztes sein wird.
karohemdinnenkanadas
Nach ein paar weiteren Gigs und Konzertanfragen gab es aber keinen Grund
mehr aufzuhören. Hinzu kam die Bassistin Véronique Mystique und der Musikstil wurde zu dem, was er heute ist.
Networking. Das Künstlerinnenkollektiv
LTTR lud die Lesbians on Ectasy (als erste) bald darauf zur ihrer Release Party
anlässlich der zweiten Ausgabe „Listen
Translate Translate record“ in die USA
ein. Weitere Konzerte, u.a. beim „Homo
A Gogo“-Festival in Olympia, sollten folgen. Vom US-Magazin „The Advocate“
wurden die Lezzies on X zur „Gayband
of the year 2004“ ernannt, noch vor
den Scissor Sisters oder Le Tigre. Mit
letzteren waren sie 2004 und 2005 auf
Tour. In einem Interview mit dem kanadischen Musikmagazin Hour bringen
sie die Unterschiede zu Le Tigre, die
längst Indiekultstatus erreicht hatten,
auf den Punkt: Während jene über
Tourbus und -manager verfügten, war
es für LOE schon schwierig, überhaupt
eine nüchterne Lesbe aufzutreiben, die
das Auto fahren konnte. Außerdem
buchten Lezzies on X auch andere Shows, weil sie bei den großen Gigs wegen
des fehlenden persönlichen Kontakts
zum Publikum unter Entzugserscheinungen litten.
Lesbian Chic? Einen zusätzlichen Popularitätsschub erfuhr die Band durch die
Nutzung ihres Songs „Bitchsy“ in der
TV-Serie „Queer as Folk“. Nebenbei bemerkt: Pretty Ricky, Neo-LOE-Schlagzeugerin und Schauspielerin, hat vier Mal
für die lesbische Kult-TV-Serie The LWord vorgesprochen, „aber ich war
nicht hübsch genug. Mir fehlt der bestimmte feminine Look.“ Auf die Frage,
ob die Band einen neuen lesbischen
Chic verkörpert, meint sie: „Chic hat für
mich mit Geld zu tun, mit einem bestimmten Erfolgslevel. Wenn man an
lesbischen Chic denkt, gehört The LWorld sicher dazu. Aber wir repräsentieren das nicht.“
So sicher sind wir uns da nicht,
denn dank der „A Big Night out“ von
FMqueer rockten die Lesbians on Ectasy schon zum zweiten Mal in Wien und
hinterließen ein beinahe ekstatisches
Publikum. In ihrem Myspace-EuroTour-Pic-Blog bezeichneten die Rampendarlinge das Wienkonzert sogar als
„best ever“.
Wie sie mit Vermarktung von subkulturellem Inhalten umgehen, wollten
wir beim an.schläge tv-Interview wissen.
„Nichts verbleibt im Underground. Weil
Kommerzialisierung und Kommodifizierung wild wuchern und Teil des ‚cooperate Sponsorship’ sind, gibt es so gut
wie keine Subkultur, die nicht für den
Mainstream abgewandelt wird,“ antwortet Fruity Frankie, die aus dem DJBereich kommt. „Es ist schwierig, als
Band einfach nur eine Botschaft zu haben. Die Musikindustrie ändert sich so
schnell. Und sie basiert überwiegend
auf Geld und Hype. Wichtig ist, dass
man den Hintergrund, aus dem man
kommt, nicht aus den Augen verliert
und weitermacht“ meint auch Pretty
Ricky.
Pretty Ricky, Neo-LOESchlagzeugerin und Schauspielerin, hat vier Mal für
die lesbische Kult-TV-Serie
The L-Word vorgesprochen,
„aber ich war nicht hübsch
genug. Mir fehlt der bestimmte feminine Look.“
Queer oder lesbisch? „Ich glaube, lesbisch
und queer ist das gleiche. Nur ist das
Wort lesbisch negativ besetzt. Es ist sogar noch mehr passé als Dyke. Für mich
aber ist es immer noch ein revolutionäreres Wort als queer“, sagt Pretty Ricky.
Und Kollegin Véronique Mystique: „Sicher auch, weil es sehr klar umschreibt,
was damit gemeint ist. Während queer
alles bedeuten kann und jedeR sich in
dieser Box wieder finden kann.“ Ihr
Bandselbstverständnis tendiert deshalb
eher in Richtung queer. Nicht nur für
lesbische Communities zu spielen, sondern für alle, die sich für ihre Musik begeistern und ihre humorvoll-ironische
Destruktion lesbischer Klischees nachvollziehen können.
Auch wenn das „Herzstück“ ihres
Konzepts „Lesbian“ ist, dessen Eindeutigkeit für viele schockierend wirkt und
genau deshalb ausgesprochen gehört:
„Im Kontext der Band würde ich mich
nicht notwendigerweise als lesbisch
bezeichnen. Ich spiele auch mit dem
Wort und seiner Bedeutung. Es ist ein
Hinweis auf die Art von Musik, die wir
reproduzieren. Es ist unterschiedlich
für uns alle“, meint Sängerin Fruity
Frankie.
Aktuelle lesbische Musik-Ikonen? Pretty
Ricky bezweifelt, dass es viele davon
gibt, aber zwei unbestrittene Ikonen
nennt sie. „Für mich ist Joni Mitchell die
Königin, die Beste, sie inspiriert uns alle.
Sie macht was sie will. Ich glaube nicht,
dass es derzeit sehr viele feministische
Ikonen im Musikgeschäft gibt. Feminismus ist am Arsch und bedeutet heute
oft nur mehr, sich auf der Bühne auszuziehen. Eine Stripperin zu sein, bedeutet
mächtig zu sein. Pink oder Gwen Stefani
sind vielleicht Feministinnen im kommerziellen Sinn, aber für mich ist JD
Samson großartig. Sie schafft es, eine
Botschaft am Leben zu halten und mit
Aspekten von Aktivismus zu verbinden.“
Frontfrau Fruity Frankie: „Wer mir
auf die schnelle einfällt ist M.I.A. oder
sogar Lady Sovereign. Diese Frauen machen es einfach auf ihre Weise und zu
ihren Bedingungen. Sie beflügeln viele
Frauen in der Musikbranche mit dem,
was sie künstlerisch produzieren und
wie sie es produzieren.“
„Rolemodel“ Kanada? Seit 2006 hat auch
Kanada eine neue konservative Regierung, die vermehrt Subventionen für
Kunst und Frauenorganisationen
streicht. Problematisch finden die Lezzies on X auch die verstärkte Amerikanisierung und zunehmende Privatisierung. Pretty Ricky kommt eigentlich aus
den USA, lebt aber schon seit zehn Jahren im vermeintlichen „Queer-rights-Paradies“. „Wenn ich mir einen Arm breche, muss ich zwar nichts dafür zahlen.
Aber eine Freundin von mir ist zu Weihnachten im Krankenhaus verblutet, weil
sie wegen des Ärztemangels sechs
Stunden warten musste.“
„Der Konservatismus ist gefährlich,
weil die Leute wollen, dass man ihnen
sagt, was sie zu tun haben. Für den sozialen Wandel muss man selbst etwas
tun. Jeder muss sich daran beteiligen.
Aber das Problem ist, dass die meisten
lieber darüber reden, anstatt zu handeln“, kritisiert Véronique Mystique.
Trotzdem sind sie sich einig: Im Vergleich zu den USA ist es in Kanada eindeutig besser, die Reaktion der Leute bei
ihren Konzerten (und nicht nur dort) ist:
„Thank you for doing what you do.“
❚
Fernseh-Tipp:
Lesbians on Ecstasy sind im Interview
und Konzert am Donnerstag, den
13.12. um 21.oo auch in einer neuen
Folge an.schläge tv auf OKTO zu sehen.
dezember 2007 jänner 2008 an.schläge 15
themanicaragua
Fo t o : M a g d a l e n a B l a s zc z u k
Die Töchter der Revolution
Die einstigen Compañeros und Compañeras der nicaraguanischen Revolutionärin Gioconda Belli haben nun ein
totales Abtreibungsverbot durchgesetzt. Die Schriftstellerin sagte den an.schlägen bei ihrem Wienbesuch, warum
sie sich schon früher von ihnen distanziert hat. Von Lea Susemichel
Nach ihrem wunderschönen
Kinderbuch „Die Werkstatt der
Schmetterlinge“ hat Gioconda Belli
ein weiteres Kinderbuch geschrieben
(auch liebendenden Erwachsenen
zu empfehlen):
Die Blume und der Baum
Peter Hammer Verlag 2006,
15,40 Euro (D)
Zuletzt erschienener Roman:
Das Manuskript der Verführung
Peter Hammer Verlag 2005,
24,90 Euro (D)
16 an.schläge dezember 2007 jänner 2008
„Ich glaube nicht an den Revolutionär, der fähig ist, sein Volk
zu lieben, doch nicht die Menschen, die ihm nahe sind,“ hat
Jean-Paul Sartre einmal gesagt
und Gioconda Belli zitiert ihn mit diesem Satz in ihrer Autobiographie „Die
Verteidigung des Glücks“. Denn das
Glück, das es zu verteidigen gilt, ist bei
Belli immer auch ihr ganz persönliches
und privates. Neben dem Kampf für ein
freies und glückliches Nicaragua hat die
Revolutionärin immer auch jenen für
die eigene Freiheit und Selbstbestimmung, den Kampf für eine glückliche,
gleichberechtigte Liebe geführt. Und
dabei oft den Widerspruch zwischen revolutionärer Menschenliebe und privater Gefühlsarmut erlebt. Er äußerte sich
in der Vielweiberei ihrer Compañeros
ebenso wie in der altbekannten Verdrängung der Frauen nach der sandinistischen Revolution. Knapp dreißig Jah-
re nach dieser Revolution erweist sich
Sartres Skepsis nun erneut als berechtigt. Die „Frente Sandinista de Liberación Nacional“ (FSLN, Sandinistische
Nationale Befreiungsfront), die einst
antrat, um die Diktatur Somozas durch
Demokratisierung und Gleichberechtigung zu ersetzen, hat im vergangenen
September das bereits vor ihrer Wiederwahl im letzten Jahr mit ihren Stimmen
erlassene absolute Abtreibungsverbot
bestätigt. Damit ist Nicaragua eines der
ganz wenigen Länder weltweit, in denen selbst der therapeutische Schwangerschaftsabbruch verboten ist.
zember besucht die Schriftstellerin Wien, um aus ihren Gedichten zu lesen. Ihrer roten Löwenmähne konnten die Jahre nichts anhaben, ihrem Widerspruchsgeist auch nicht. Nicaraguas Präsident,
Daniel Ortega, hatte sich mit dem neuen Abtreibungsgesetz die Unterstützung der katholischen Kirche gekauft.
„Wie ein verlorener Sohn ist er zur Kirche zurückgekehrt und hat ihr die Stimmen gegen die therapeutische Abtreibung garantiert, die in Nicaragua seit
dem 19. Jahrhundert akzeptiert war“,
wütet Belli. Laut Human Rights Watch
sind allein im vergangenen Jahr 80
Frauen in Nicaragua infolge des Gesetzes gestorben.
Lest, lernt und schreibt. „Ja, meine Ent„Wascht den Männern nicht die
scheidung wurde durch alles, was seitKleider, sondern lest, lernt und
her geschehen ist, bestätigt“, sagt
schreibt“, soll Carlos Fonsecas, ein GrünGioconda Belli den an.schlägen heute. Sie
der der FSLN, den sandinistischen Fraumeint damit ihren Austritt aus der
en in den Anfängen geraten haben.
FSLN, für den sie sich 1993 entschied.
Kurz vor ihrem 60. Geburtstag am 8. De- Nicht zuletzt diese Aufforderung, sich
nicaraguathema
zu emanzipieren und gemeinsam mit
den Männern für die Revolution zu
kämpfen, hatte den Sandinismus auch
für die Oberschichtsangehörige Belli attraktiv gemacht. 1970 schloss sich die
Schriftstellerin den Sandinistas an, um
die von 1937 bis 1979 ununterbrochen
währende Herrschaft der autokratisch
regierenden Somozas zu beenden. Sie
überbrachte Nachrichten, schmuggelte
Waffen, lernte auf Kuba schießen und
lebte viele Jahre im Exil: erst in Mexiko,
später in Costa Rica, um dort die Unterstützungsbewegung aufzubauen. Erst
nach dem Sieg der Sandinistas 1979
kann sie endlich in das Land zurückkehren, „das unter ihrer Haut wohnt“, das
sie liebt und in dem sie so gut schreiben kann wie nirgendwo sonst.
„Der Sandinismus ist langsam zerbröckelt und hat
sich zum ‚Danielismus‘ gewandelt, einer Bewegung,
die auf den Führer ausgerichtet ist und nicht mehr
auf eine Vision oder ein Programm.“
Populistisch und pseudo-revolutionär. Dem
Freudentaumel folgte die Ernüchterung
jedoch schnell. Belli gibt die ihr übertragene Leitung des staatlichen Fernsehsenders wieder auf, um ihrem damaligen Geliebten Modesto (Henry Ruiz) als
„persönliche Assistentin“ zur Seite zu
stehen. Die neu gewonnene Macht konzentriert sich bald in den Händen weniger Männer. „Gern möchte ich glauben,
daß die Revolution mit der Zeit schon
die eigenen Unwetter überstanden und
ruhigere Gewässer, ein gutes Gleichgewicht erreicht hätte. Leider werden wir
nie wissen, wie sich alles entwickelt
hätte, wenn wir Nicaraguaner die volle
Verantwortung für unser Schicksal hätten übernehmen können, ohne Einmischung von außen“, kommentiert Belli
die Entwicklung der folgenden Jahre in
ihrer Autobiographie. Kurz nach den
Sandinisten kommt 1981 auch Ronald
Reagan an die Macht und finanziert die
Contras, paramilitärische Terrorgruppen, die sich u.a. aus Soldaten der ehemaligen Nationalgarde Somozas rekrutieren, um die als kommunistisch geltende sandinistische Regierung zu stür-
zen. (Für die von ihnen verantworteten
damals verübten Gräueltaten wurden
die USA übrigens vom Internationalen
Gerichtshof in Den Haag zu einer Strafe
von 2,4 Milliarden US-Dollar verurteilt,
die sie bis zum heutigen Tag nicht bezahlt haben.)
Trotz des andauernden Contra-Krieges wird die sandinistische Regierung
bei den ersten freien Wahlen 1984 bestätigt, 1990 muss sie die Macht jedoch
an das von den USA unterstützte Wahlbündnis UNO (Unión Nacional Opositora) von Violeta Chamorro abgeben.
Ein Kongress, der nach der Niederlage dazu dienen soll, die Ziele und Strategien der FSLN neu zu diskutieren, veranlasst Belli zu ihrem Parteiaustritt. Daniel Ortega bezichtigte damals alle des
Verrats, die mit seinem Führungsstil
nicht einverstanden waren.
„Seitdem ist der Sandinismus langsam zerbröckelt und hat sich zum ‚Danielismus‘ gewandelt, einer Bewegung,
die auf den Führer ausgerichtet ist und
nicht mehr auf eine Vision oder ein Programm. Ortega hat den Sandinismus in
eine populistische, gewissenlose Partei
verwandelt, die stark in der Tradition der
klassischen politischen Rechtsparteien
Nicaraguas steht. Ein pseudo-revolutionärer Diskurs, der das sandinistische
Erbe instrumentalisiert, um Ortega die
Macht zu sichern, ist das Einzige, was
übrig geblieben ist“, urteilt Belli jetzt.
Dass der Zweck für Ortega und seine Frau Rosario Murillo alle Mittel heiligt, war für sie spätestens nach den
Missbrauchsvorwürfen klar, die Murillos
Tochter Zoila América gegen ihren Stiefvater Daniel Ortega erhob. Rosario Murillo, an die sich Belli in „Die Verteidigung des Glücks“ als blasse, dickliche
Mitstreiterin erinnert, mit der sie sich
wegen ihrer geteilten Hörigkeit gegenüber ihrem jeweils geliebten Revolutionär damals sogar noch in gewisser
Weise verbunden fühlt, stellt sich mit
ihrem Ehemann gegen die eigene Tochter. „Sie und Ortega haben keine Skrupel, wenn es darum geht, Macht zu gewinnen oder zu erhalten.“ Auch an der
Allianz mit der Kirche war Murillo maßgeblich beteiligt.
Sitzfleisch und unglückliche Führer. Belli, die
mittlerweile auch als Romanautorin international bekannt ist und seit 1990
nur noch zeitweilig im nicaraguani-
ICH ENTSCHEIDE MEIN LEBEN
Die Organisation „Movimiento Autónomo de Mujeres“ (MAM) und
der Nicaragua Verein Hamburg haben eine Kampagne zur Wiedereinführung des straffreien Schwangerschaftsabbruchs aus medizinischer Indikation initiiert:„Yo decido mi vida – Ich entscheide mein
Leben“.Auf der Homepage finden sich Protestpostkarten- und Mails,
die an Ortega geschickt werden sollen,um den internationalen Druck
auf die nicaraguanische Regierung zu erhöhen. Das Ziel der Kampagne ist es, neben einer neuen Verhandlung und Wiedereinführung
zumindest des therapeutischen Schwangerschaftsabbruchs auch
Aufklärungsarbeit zu leisten und die Gesellschaft für dieses Thema
zu sensibilisieren.
www.yodecidomivida.org/
Protesmails: www.yodecidomivida.org/index.php?id=8
www.movimientoautonomodemujeres.org/
www.nicaragua-verein.de/
schen Managua und die restliche Zeit
mit ihrem Mann in den USA lebt, engagiert sich in der 1995 gegründeten Sandinistischen Erneuerungsbewegung
MRS. Doch 2006 schwanden die Chancen auf einen Wahlsieg nach dem plötzlichen Herztod des Spitzenkandidaten
Herty Lewites abrupt. „Ortegas Leute
haben die Partei infiltriert und es gab
einige undurchsichtige Dinge im Zusammenhang mit Lewites Tod“, sagt
Belli. Und der in letzter Minute als Ersatz aufgestellte Edmundo Jarquín
konnte vielleicht auch wegen seiner
vorangegangenen Karriere in verschiedenen Finanzinstitutionen die linken
WählerInnen nicht überzeugen.
Gioconda Belli, die mit ihren Gedichte den Vulkanen ihrer Heimat huldigt oder in ihnen bedauert, nicht den
Hintern Cindy Crawfords zu haben
(„und alles, was ich tun kann, ist, mich
seiner nicht zu schämen, sondern ihn
zu nutzen, um bequem sitzend zu lesen
oder Schrifstellerin zu sein“1) und deren
erotische und stets sehr persönliche Lyrik anfangs als „Vaginalpoesie“ abgelehnt wurde, hält sich auch bei der Analyse der jüngsten Ereignisse an ihre von
Sartre entliehenen Weisheit über den
liebenden Revolutionär.
„Ich denke, das Persönliche ist politisch. Ich denke, unglückliche Menschen geben keine guten politischen
Führer ab. Man traut einer Person, die
ihr eigenes Leben nicht zu leben versteht, nicht zu, ein Land regieren zu
können und seine Menschen glücklich
zu machen.“
❚
1 Gioconda Belli:„In der Nacht stellt
die Ehefrau klar“
dezember 2007 jänner 2008 an.schläge 17
themanicaragua
Fo t o : Ti n a Fü c h s l b a u e r
Venancias Erbinnen
Geni Gómez ist Mitarbeiterin des Frauenkollektivs „Grupo Venancia“, das sich nach einer durch ihren Kampf
gegen die Somoza-Diktatur zur Heldin gewordenen Bäuerin benannt hat. Tina Füchslbauer sprach mit ihr
über das Abtreibungsverbot und die sich massiv verschlechternde Situation von Frauen in Nicaragua.
an.schläge: Seit Oktober letzten Jah-
Tina Füchslbauer ist Dipl. Sozialarbeiterin und war Mitarbeiterin eines
Sozialprojekts in Waslala,
Nicaragua.
18 an.schläge dezember 2007 jänner 2008
res gehört Nicaragua zu jenen
Ländern, in denen ein totales Abtreibungsverbot herrscht. Welche
Veränderungen brachte das für die
Nicaraguanerinnen mit sich?
Geni Gómez: Es war ein großer
Rückschritt. Das Recht auf medizinisch
indizierte Abtreibung existierte in Nicaragua seit Ende des 19. Jahrhunderts. Es
gab auch früher Schwierigkeiten bei der
Umsetzung in die Praxis, wie man am
Fall „Rosita“ vor vier Jahren sehen konnte. Aber zumindest half das Gesetz in
Notfällen, Frauenleben zu retten. Jetzt
sterben Frauen, weil ihnen ein notwendiger Schwangerschaftsabbruch ver-
weigert wird. Frauen mit Geld finden
Mittel und Wege, aber das Leben der Armen ist in Gefahr. Und das alles deshalb, weil die Frente Sandinista im letzten Wahlkampf diesen Pakt mit der katholischen Kirche eingegangen ist, um
Stimmen zu gewinnen!
Wie ist der Informationsstand in der
Bevölkerung? Und wie stehen die Menschen aus ländlichen Gegenden zum
neuen Gesetz?
Wir sind draufgekommen, dass die
meisten Leute nicht einmal wissen, wovon sie reden. Es wurde ihnen während
des Wahlkampfes eingeredet, dass Abtreibung mit Mord gleichzusetzen ist.
Wenn wir klare Informationen geben,
was die medizinisch indizierte Abtreibung wirklich ist, sagen die Leute „Ah,
klar. Nun, wenn es dazu nötig ist, um
das Leben der Frau zu retten: Ja. Im Falle
eines missbrauchten Mädchens: Ja.“
Das ist doch im Grunde genommen,
worüber wir reden!
Um Todesfälle aufgrund von verpfuschten Abtreibungen zu vermeiden,
müsste man natürlich die Abtreibung
generell legalisieren, denn nur in einigen Fällen liegen medizinische Gründe
vor. Aber wir wissen, dass es jetzt, wo
sogar die medizinisch indizierte Abtreibung verboten ist, schwierig wird, das
zu erreichen. In Nicaragua wird die
Mutterschaft immer noch so idealisiert.
nicaraguathema
Für ein Kind muss man sogar bereit
sein zu sterben!
Uns scheint, dass die nicaraguanische Gesellschaft in den letzten Jahren
sogar konservativer geworden ist, was
unter anderem auf den Vormarsch der
evangelikalen Kirchen zurückzuführen
ist. Wenn Frauen nicht einmal tanzen
oder sich die Haare kurz schneiden dürfen … das ist einfach nur reaktionär! Da
ist man natürlich weit davon entfernt,
über Abtreibung zu reden!
Manche AbtreibungsgegnerInnen sagen, dass die Medizin so weit fortgeschritten ist, dass es in keinem Fall notwendig ist, sich zwischen
dem Leben der Mutter und
dem Leben des Fötus zu
entscheiden! Das ist eine
Frechheit, wo wir doch
wissen, wie prekär die Lage
in unserem Gesundheitssystem ist.
Und dieselben, die
sich auf die medizinisch
indizierte Abtreibung stürzen, haben auch was gegen Verhütungsmittel und
es sind dieselben, die auch
den Sexualunterricht verbieten wollen. Also eigentlich sind sie es, die mehr Abtreibungen
provozieren. Wir setzen uns für Sexualerziehung ein, wir wollen, dass die Frauen entscheiden können, wir wollen
mehr Einfluss auf die Bedingungen, unter denen wir sexuelle Beziehungen
eingehen und auf diese Art und Weise
verhindern wir mehr Abtreibungen,
auch wenn sie uns sagen dass wir die
Förderer der Abtreibungen sind. Das Gegenteil ist der Fall.
Die Frente Sandinista ist bekannt
dafür, dass viele Frauen während der Revolution an vorderster Front mitgekämpft haben. Wie geht es den Sandinistinnen heute? Wo stehen sie?
Die sandinistischen Frauen befinden sich sowohl innerhalb als auch
außerhalb der Partei; ein großer Teil
außerhalb. Weil viele sagen: „Wir sind
nicht Sandinistinnen, um Danielistinnen zu sein“. Das heißt: viele Frauen,
die im revolutionären Kampf dabei waren, die danach in der Regierung dabei
waren, bezeichnen sich nach wie vor
als Sandinistinnen, sind aber nicht
mehr in der Partei. Wegen all der autoritären Praktiken und wegen der Positi-
Gewalt gegen Frauen ist in Nicaragua nach wie vor ein großes Thema, insbesondere häusliche Gewalt. Hat die Regierung etwas unternommen, um Frauen besser davor zu schützen?
In vielen Fällen hat unser Rechtssystem die Frauen nicht geschützt. Erst
„viele Frauen, die im revo- vor kurzem wurde eine Compañera aus
lutionären Kampf dabei La Dalia vom Red de mujeres del Norte
waren, die danach in der (Netzwerk der Frauen des Nordens) erRegierung dabei waren, mordet. Cecilia Torres. Sie war eine
bezeichnen sich nach wie Bäuerin, die ihre Rechte kannte und entvor als Sandinistinnen, schied, diese Rechte gelten zu lassen. Also hat sie vor cirka vier Jahren einen
sind aber nicht mehr in der Mann, der sie sexuell belästigt hat, anPartei.“ gezeigt. Letztendlich erreichte sie, dass
der Mann verurteilt wurde.
Aber er kam nicht ins Gefängnis. Ein Sohn dieses
Mannes hatte ein Kind
mit einer Tochter von ihr.
Also ermutigte sie ihre
Tochter, Alimente einzuklagen. Auch diesen Fall
brachte sie vor Gericht,
kämpfte, kämpfte, kämpfte und erreichte auch in
diesem Fall ein Gerichtsurteil. Der Mann wurde
dazu verurteilt, Unterhalt
für seine Tochter zu zahlen. Das Urteil wurde im September
so sagen. Das heißt, dass viele Frauen,
letzten Jahres gefällt, aber er hat sich
die bei all den Märschen für das Recht
nicht daran gehalten. Im Jänner brachte
auf Abtreibung dabei waren, letztlich
sie die Klage nochmals ein und es wurdoch für die Frente Sandinista gede ein neuer Gerichtstermin festgelegt.
stimmt haben, weil zu viele Dinge vermischt wurden und sie das unter allen Es drohte ihm eine Gefängnisstrafe.
Aber noch vor Beginn dieser GerichtsMöglichkeiten noch immer für die Beste hielten. Sie glaubten, dass dies eine verhandlung kam dieser Mann in ihr
Haus und tötete sie. Sie schaffte es
Möglichkeit sei, das Leben der Armen
zwar, durch ihren Willen und viel Arbeit
zu verbessern. Nun, was sie mit dem
Leben der Frauen gemacht haben, steht und Mühe, Gerechtigkeit zu bekommen, aber sie erreichte nicht, dass ihr
auf einem anderen Blatt.
Leben geschützt wurde. Bis Mai dieses
Daniel Ortega tritt in letzter Zeit
fast immer gemeinsam mit seiner – ihm Jahres hat es schon über zwanzig Frauenmorde in Nicaragua gegeben. Und in
seit letztem Jahr auch kirchlich angeden meisten Fällen gab es keine Verurtrauten – Gattin auf. Welche Rolle spielt
teilungen. Die Frauenmörder entkomRosario Murillo in dieser Regierung?
men der Justiz sehr leicht. Also haben
Sucht sie den Dialog mit den Frauenorwir alles mobilisiert, um auf die Autoganisationen?
ritäten Druck auszuüben, damit sie in
Nein (lacht), überhaupt nicht.
Rosario Murillo ist innerhalb der Frente diesem Fall Gerechtigkeit walten lassen.
Wir erreichten, dass die Polizei den MörSandinista wahrscheinlich die Person,
die am konträrsten zu den Frauenorga- der von Cecilia diesen Juni, fast drei Monate später, festgenommen hat und wir
nisationen steht. Wenn jemand aus
sind uns sicher, dass er verurteilt wird.
der Frente Sandinista die Urheberin
dieser Allianz mit der katholischen Kir- Aber wir wissen auch, dass wir dafür in
jedem Moment bei der Gerichtsverche gewesen ist, dann war es Rosario
handlung präsent sein müssen.
❚
Murillo.
on, die bezüglich der Frauenrechte eingenommen wurde. Trotzdem wissen
wir, dass in der Stunde der Entscheidung, sprich der Wahl, das Herz oft
mehr gewogen hat als der Kopf, wie wir
Am 13. September haben die Abgeordneten der Nationalversammlung wieder beschlossen, dass das Abtreibungsverbot ohne Ausnahmen aufrecht erhalten bleiben soll.
Am 28. September, dem „Tag der Entkriminalisierung der Abtreibung in
Lateinamerika und der Karibik“, gab
es wieder Demonstrationen - in Matagalpa sowie in anderen Städten Lateinamerikas.
dezember 2007 jänner 2008 an.schläge 19
Liebe Mama,
Pierre, weil du erst den Nobelpreis angenommen hast,
als die Kommission auch deine Frau Marie dafürnominierte!
Joyeux Noel, Konny
Die liebsten Weihnachtsgrüße meiner
liebsten FEMINISTIN!
Nicht weil du es immer schon warst,
sondern weil du es geworden bist, dich
mit mir entwickelt hast. Weil du die Kraft
aufgebracht hast, deinen Weg zu finden,
mit fast 50 Jahren noch an die Uni zu
gehen, den Professoren die stolze Stirn
zu bieten und laut zu schreien: Das ist
sexistisch! Immer wieder. Immer noch.
Schreien wir gemeinsam. Gerne auch zu
besinnlicher Weihnachtsmusik - vielleicht
hört mann uns dann besser.
Merry Christmas!
Deine Gabi
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wissenschaftforum
Auferstehung des Begehrens
Fo t o s : L e a S u s e m i c h e l
Fi l m s t i l l s : Re z o Fi l m s
„Wenn die Hölle eine Anatomie hätte, wäre es der weibliche Körper.“1 Ein postfeministisches Bild weiblichen
Begehrens und weibliche Identität konstituierender Sexualität: Cathérine Breillats Anatomie de l’enfer.
Von Jule Reifenberger
Jule Reifenberger ist gelernte Schauspielerin und Sprecherin und studiert
Filmwissenschaft in Mainz. Ihre Artikel zum Thema Film erschienen u.a.
in an.schläge, fiber, :IKONEN: und testcard
22 an.schläge dezember 2007 jänner 2008
Auf der Toilette eines Schwulen-Clubs schneidet sich eine
Frau (Amira Casar) die Pulsadern auf. Dem Mann (Rocco
Siffredi), der sie findet und ihr
das Leben rettet, nennt sie ihren Beweggrund: „Because I’m a woman.“ So
beginnt „Anatomie de l’enfer“ der französischen Filmemacherin Catherine
Breillat. In derselben Nacht schließen
Breillats Protagonisten einen verhängnisvollen Deal: Die Frau bietet dem (eigentlich homosexuellen) Mann Geld,
wenn er sie und vor allem ihr Geschlecht einer genauen Examination
unterziehe: „Watch me, where I’m unwatchable.“ Vier Nächte hintereinander empfängt ihn die Frau in ihrem abgelegenen Haus am Meer. Während er
sie untersucht, entspinnt sich ein poetisch-reflektierender Dialog über das
weibliche Geschlecht und das Tabu,
das darauf lastet, über männliche
Angst und männlichen Ekel, über Gewalt, Sexualität und Begehren. Sie haben Sex und am Ende der vierten
Nacht bezahlt die Frau den Mann für
seine Dienste. Im Morgengrauen wird
sie der Mann über die Klippen ins
Meer hinunterstürzen.
Als Catherine Breillat 2004 Anatomie de l’enfer vorstellte, schockte sie
zum wiederholten Male Zuschauer
und Kritiker mit expliziten Sex-Szenen
inklusive detailliertester Nahaufnahmen sowohl des weiblichen wie auch
des männlichen Geschlechts und
reichlich fließenden Körpersäften. Neben dem bei Filmen von Breillat schon
fast üblichen Vorwurf der Pornographie traf Anatomie de l’enfer vor allem
der, seine Zuschauer mit endlosen
kryptischen Dialogen und einer nahezu nicht vorhandenen Handlung zu
langweilen. Weitgehend missverstanden oder überhört wurde, dass Breillat,
die von sich behauptet, eigentlich immer wieder den gleichen Film zu machen, Anatomie de l’enfer als Theorem
ihrer Arbeit bezeichnet, als Quintessenz der Aussagen, die in ihren bisherigen Filmen und Büchern zu finden
sind. Schon in ihrem dem Film zugrunde liegenden Buch „Pornokratie“
(2002) laufen alle Fäden zusammen
und entwerfen ein postfeministisches
Bild weiblichen Begehrens und weibliche Identität konstituierender Sexualität. Denn darum geht es in Breillats
Arbeit seit ihrem skandalumwitterten
Debüt als Minderjährige, als sie mit
„L’Homme facile“ (1968) einen erotischen Roman schrieb, der sofort auf
dem Index landete.
„It’s all in the details.“ In Anatomie de l’enfer mobilisiert Breillat eine Methode
feministischer Aktionskunst: Nach Judith Butler unternimmt sie ihre eigene
„politische Genealogie“2 des weiblichen
Geschlechts und der Scham mit der es
belegt ist. Geradezu verwegen dekonstruktivistisch spürt sie in ihren Bildern
Brutstätten der Geschlechterdifferenz
auf, in denen die Gleichsetzung und
anschließende Abwertung von Frau,
Körper und Sexualität produziert und
festgeschrieben werden. Über Besetzung, Ausstattung, Mise-en-Scène,
Montage, Dialog und Narration schickt
Breillat den Zuschauer mit ihrer männlichen Hauptfigur auf eine Reise durch
die patriarchalen Diskurse des Abendlandes auf der Suche nach der Frau.
Kunstvoll schichtet sie Bedeutungsebenen übereinander und verwebt sie zu
einem atmosphärischen Teppich aus
zahllosen Verweisen. Sie selbst nennt
ihre Vorgehensweise „It’s all in the details.“3, und wirklich ist jeder Faltenwurf
forumwissenschaft
denz beraubt. Die expliziten Bilder von
Nacktheit und sexuellen Handlungen in
Anatomie de l’enfer spielen mit den
Darstellungskonventionen des Pornos,
um durch dekonstruktivistische Verfremdungseffekte, wie zum Beispiel den
Einsatz eines „unpornographischen“
Pornostars, das Phantasma des Sexes in
der Pornographie als solches zu enttarnen. Catherine Breillat setzt der Funktionalisierung des Sexes ein persönliches, zwar schmerzvolles, aber befreiendes Erleben von Sexualität entgegen,
das als transzendentale Erfahrung dem
Menschen die Authentizität und damit
seine Menschlichkeit zurückgibt. Die
Pornographie wird durch das machtvollere Begehren selbst überrumpelt.
Anatomie de l’enfer stellt klar: Der
Für Breillat steht fest, dass
Ursprung der Obszönität des weibli„das, was einen am meisten
erniedrigt, zu einer ganz chen Geschlechts liegt in der männlichen Angst. Der Deal zwischen Mann
neuen Grösse führt. Sex, und Frau, ihre Begegnung durchbricht
I had to paint my Caravaggio. Breillats Bilder
der uns heute immer wieder das Tabu auf der Frau, als bataillescher
sind wie gemalt, jede dritte Einstellung
als
Demütigung präsentiert Transgressionsakt wird er zur grenzüein kühl-distanzierter und dennoch
wird,
ist nichts weiter als berschreitenden Reise zum Nullpunkt
hoch erotisch aufgeladener weiblicher
ein
Durchbrechen
von Ta- der Geschlechterdifferenz. Breillat sagt:
Akt. Die Frau ist im Bild und als Bild fibus, und wenn man dazu „I wanted to go back to the origin of the
xiert, nur ist hier die Künstlerin selbst
eine Frau: Zitate des Bildhaften, dekondie Kraft hat, kann man et- world“9. Nur dort, jenseits kultureller
struktivistisch verfremdet, dienen bei
was erreichen, das maje- Zu- und Festschreibungen, kann die
Breillat zur „rituellen Umgestaltung der stätisch ist.“
Frau ihre sexuelle Identität zurückerlanRealität“4 durch die Kunst, diesmal im
gen und der Graben zwischen den Gedie Kraft hat, kann man etwas erreischlechtern überwunden werden. Und
Sinne Catherine Breillats. Sie sagt über
chen, das majestätisch ist.“7 Zu einer
weil die gesellschaftlich auferlegte MinAnatomie de l’enfer: „I had to make the
derwertigkeit der Frau an ihren Körper
film like a sacred painting. I had to paint solchen Transzendenz der Sexualität
my Caravaggio.“5 Ihre Frau ist ein verhaben Frauen eher Zugang als Männer, und an ihre Sexualität gebunden ist,
kann der Weg zu einer Befreiung der
so Breillat, sie sind eher bereit, sich
führerischer Messias, nicht umsonst
selbst in Akten transgressiver Sexualität Frau nur über ihren Körper, ihre Sexuamutet die Schlüsselszene, in der Mann
lität führen, so wie das Bild der Frau als
aufs Spiel zu setzen. Wie schon in „Round Frau gemeinsam vom Menstruatisexueller Körper nur über eine veränonsblut der Frau trinken, wie ein letztes mance X“ setzt Breillat in Anatomie de
derte Darstellung von weiblicher SeAbendmahl an. Kamerafahrten doppeln l’enfer den Pornostar Rocco Siffredi als
xualität erreicht werden kann. Breillat
Darsteller ein, weil er sich, im krassen
den nackten Körper Casars in der Gearbeitet unzweifelhaft mit an dieser ReGegensatz zu der Welt der Pornograstalt des Gekreuzigten über dem Bett,
phie, der er entstammt, erstaunlich nah signifikation der Frau.
gezielte Lichtsetzungen umgeben sie
Als poetisches Theorem formuliert
mit mythischer Aura, wie um ihre Trans- an ihrem Entwurf von Sexualität beAnatomie de l’enfer innerhalb und
wegt: „In einer sexuellen Beziehung
zendenz deutlich zu machen. Nach
sucht Rocco nach der Erleuchtung, nach außerhalb des filmischen Raumes
ihrem Tod hält der Mann das blutbeGrundprämisse, politische Motivation
einem metaphysischem Gefühl. […] Es
fleckte Betttuch wie eine heilige Reliquie ehrfurchtsvoll in Händen. Der Mär- geht nicht darum, eine Frau gevögelt zu und methodischen Ansatz der gesamten künstlerischen Arbeit Catherine
haben, sondern um etwas sehr Grundtyrertod der Frau wandelt den Mann
Breillats, die sich mit Foucault auf den
legendes: eine Vereinigung zu suchen,
und erlöst ihn. Das tabuisierte MenPunkt bringen lässt:„Innerhalb der
struationsblut, in der christlichen Theo- in der man sich verliert.“8
Machtbeziehungen gehört die Sexualogie jahrhundertelang Zeichen und
Strafe für die Sünde Evas, die sich im Pa- Back to the origin. Pornographie bedeutet lität nicht zu den unscheinbarsten, sondern zu den am vielseitigsten einsetzradies von ihrer Begierde verführen
bei Breillat artifizielles Gebrauchsgut.
baren Elementen: verwendbar für die
ließ6, verwandelt Catherine Breillat in
Die Erniedrigung der Frau wird zur Befriedigung der männlichen Lust instru- meisten Manöver, Stützpunkt und Verdas heilige Blut Christi. Bei ihr ist der
bindungsstelle für die unterschiedlichsündhafte, weil sexuelle, weibliche Kör- mentalisiert und dazu weibliche und
sten Strategien.“10
männliche Sexualität ihrer Transzenper das Heiligtum.
❚
einer Tagesdecke, jeder Abdruck, den ein
BH auf nackter Haut hinterlässt, jede
Schattierung von Grün eines eisernen
Bettgestells symbolisch aufgeladen.
Wenn der Mann winzig klein vor der Kulisse des tobenden Ozeans erschauert,
dem alles verschlingenden Mutterschoß der Frau, dann zitiert Breillat eine
Geschlechterdichotomie, die seit der
Antike in der westlichen Kultur den
männlichen Geist vom weiblichen Körper trennt. Ihre Dekonstruktion nimmt
sich die Medizin, die Psychoanalyse, Mode, Make-up und Kunst vor, sie führt tradierte Frauenbilder auf ihre Ursprünge
zurück und nimmt ihnen so Anschein
der Natürlichkeit: Ein Geschlechtermodell, das die Unterdrückung und Abwertung der Frau rechtfertigt, wird in
seine Einzelteile zerlegt und als funktionalisiertes Konstrukt entlarvt.
Die Frau als Gottheit, das bedeutet
bei Breillat allerdings weder Matriarchatskult noch bloße Subversion von
Religion als patriarchalem Machtapparat. Dass Catherine Breillat in Anatomie
de l’enfer mit ihren eigenen Erzählkonventionen bricht und, anders als in
ihren übrigen Filmen, eine männliche
Subjektgenese aus der Sicht des Mannes erzählt, spiegelt den sexualutopischen Ansatz Breillats wider. Für sie
steht fest, dass „das, was einen am meisten erniedrigt, zu einer ganz neuen
Größe führt. Sex, der uns heute immer
wieder als Demütigung präsentiert
wird, ist nichts weiter als ein Durchbrechen von Tabus, und wenn man dazu
1 Breillat in einem, der DVD-Ausgabe
von Anatomie de l’enfer angehängten Interview
2 Butler 1991, S. 60
3 Breillat in dem, der DVD-Ausgabe
angehängten, Interview
4 Paglia 1992, S. 46
5 www.sensesofcinema.com/
contents/05/34/breillat_interview.de
,vom 16.10.2006
6 Vgl.:Wegner 2001, S. 174
7 www.difl.de/entertainment/stars/
c/catherine_breillat_i_01.html vom
16.10.2006
8 www.djfl.de/entertainment/stars/
c/catherine_breillat_i_01.html, vom
16.10.2006
9 Breillat in dem DVD-Interview
10 Foucault 1977, S. 103
Literatur:
Butler, J.: Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt/Main 1991
Foucault, M.: Der Wille zum Wissen.
Sexualität und Wahrheit 1. Frankfurt/Main 1977.
Paglia, C.: Die Masken der Sexualität.
Berlin 1992.
Wegner, G.: Bluttabu - Tabuisierung
des Lebens. Eine historisch-kulturanthropologische Untersuchung zum
Umgang mit dem Weiblichen von
den griechischen Mythen bis zum
Zeitalter der Gentechnik. Berlin 2001.
(Nur elektronische Ressource:
http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:kobv:1882001000708)
dezember 2007 jänner 2008 an.schläge 23
24 an.schläge dezember 2007 jänner 2008
Einfach gute PR?
Werbung kann der Aufklärung nicht dienen, sagt Sarah Diehl. Romana Fiechtner hingegen hält die
„No-l-ita“-Werbe-Kampagne gegen Magersucht von Oliviero Toscani für konfrontativ, realistisch und wichtig.
Kommentare müssen nicht mit der Redaktionsmeinung übereinstimmen.
© id:dev identity development
Sämtliche umweltzerstörende Industrien merken irgendwann,
dass sie ein kosmetisches Umweltbewusstsein entwickeln müssen, um dem gewachsenen Bewusstsein ihrer KonsumentInnen
Rechnung zu tragen – und sei es nur eine grüne Blume im Logo
von BP. Der Modebrache geht es seit den Todesfällen magersüchtiger Models nicht anders. So ist der neueste Clou des Fotografen Oliviero Toscani eine Fotostrecke für die italienische Kleidungsmarke „No-l-ita“
mit der nackten magersüchtigen Schauspielerin Isabelle Caro. Diese
selbsternannte „Kampagne“, die nichts anderes als Reklame ist, hat mediengerecht natürlich viel Aufsehen erregt und wurde nun verboten. Toscani, der seinen zweifelhaften Ruhm und Reichtum durch die Benetton
Werbung mit Fotos von Flüchtlingsschiffen oder sterbenden AIDS-Patienten erwarb, verkauft seine Arbeit als Kunst, dabei ist er doch einfach
nur ein guter PR Mann. Für ihre Würde ist Isabelle Caro dabei selbst zuständig. Sich auf diese Art ablichten zu lassen und somit für eine Modefirma zu werben, hat sie selbst entschieden. Man tut ihr nichts Gutes, sie
nun doppelt zu viktimisieren, als Opfer ihrer Krankheit und als Opfer der
Modebranche. Sie war mit der Arbeit Toscanis vertraut und kennt die
Branche. Beschützen muss man sie nun nicht vor ihrer Entscheidung. Für
Magersüchtige ist diese Fotoreihe weder aufrüttelnd noch aufklärend.
Sie bedient hingegen die Heroisierung eines glamourös-destruktiven
Märtyrertums, die sie auf ihren eigenen Homepages zelebrieren.
Dass es jedoch hilfreich ist, wenn man die medialen Bilder, die
Mädchen jeden Tag an jeder Straßenecke zur Magersucht verführen, in
ihrer konsequenten Weiterführung offenbart, zeigt die Zensur dieser
Kampagne. Denn Konservative haben Zensur noch immer benutzt, um
eine Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Verhältnissen in unserer
Gesellschaft zu verhindern. Im Rahmen einer Werbung kann dies aber
nicht gelingen. Die ästhetisierte Selbstdarstellung, die zum Dreh- und
Angelpunkt des eigenen Selbstwertgefühls und der Selbstwahrnehmung in unserer medialisierten Welt geworden ist, ist zum Imperativ sozialen Handelns geworden. Werbung ist in unserer Gesellschaft eine in
Übermaßen dominante Instanz, an der wir unseren Willen zur Normierung aushandeln. Der Wert der Frau misst sich dabei in ihrem Erfolg ihrer körperlichen Normierung. Die neoliberalen Konzepte des „Alles ist
möglich; und wenn du es nicht schaffst, bist du selbst dran schuld“ greifen in großem Maße durch die Werbung in unser Leben ein und der körperliche Normierungszwang, der durch die Medien kolportiert wird, hat
sich zur effizienten, da attraktiv verpackten Waffe gegen den Feminismus entwickelt. Denn er manipuliert und zerstört das Selbstwertgefühl
von Mädchen und Frauen und stellt ihre kontrollierte Selbstaufgabe als
Empowerment dar. Werbung kann der Aufklärung nicht dienen.
Diesen Herbst unterzog Oliviero Toscani, das Enfant Terrible der
italienischen Kunstszene, mit seiner Kampagne gegen Magersucht, ‚No Anorexia’, die gleichzeitig Werbezwecken der Modemarke „No-l-ita“ diente, sein Heimatland einer weiteren Schocktherapie. So wurde die Kampagne unter anderem als „unchristlich“ (Anm.: Die römisch-katholische Kirche ist, wenn auch von der Bevölkerung anders beurteilt, nach wie vor eine treibende Kraft in der italienischen Gesellschaft und den meisten Lebensbereichen) und als die Würde der unter Essstörungen leidenden Menschen verletzend bezeichnet.
In Italien leiden von knapp sechzig Millionen EinwohnerInnen bereits über zwei Millionen an Essstörungen. Aufgrund dieser alarmierenden Zahlen startete die Werbekampagne mit Unterstützung der Gesundheitsbehörde während der Mailänder Modewoche im vergangenen
September, wurde aber kurze Zeit später zunächst gestoppt und schließlich verboten. Kontroversielle Themen werden in Italien grundsätzlich
nicht gern in der Öffentlichkeit diskutiert. Anstelle einer sinnvollen Auseinandersetzung mit den Inhalten bzw. Botschaften findet eine Verbannung statt. Toscani wurde bereits wegen seiner Arbeiten für United Colors of Benetton mit diesen unerfreulichen Mechanismen konfrontiert.
Doch gerade bei einem Thema wie Essstörungen wäre es nötig, sich
genau über die Hintergründe und Ursprünge dieser Wohlstandserkrankungen im Klaren zu sein.
Eine Verantwortung hierfür liegt bei allen Medien und nicht nur
bei der Werbeindustrie. Bei einer Analyse der italienischen Medienlandschaft kann erschreckt festgestellt werden, dass dort ein unrealistisches und illusorisches Frauenbild kreiert wird. Der mediale Alltag
wird von blonden, langbeinigen Superfrauen bestimmt, die zu schönen
Objekten degradiert werden. Die Würde dieser erkrankten Frau sehe
ich im Fall dieser Kampagne nicht viel mehr verletzt als es ohnehin
tagtäglich in unzähligen Medien mit Frauen generell passiert. Laut Interview-Aussagen wollte die Protagonistin Isabelle Caro mit Ihrer
Krankheit in die Öffentlichkeit treten und zeigen, wohin diese Krankheit führen kann. Ihr Leidensweg ist mittlerweile 15 Jahre lang und Ihr
Körper spricht mit jeder Faser von diesem selbstdestruktiven Kampf.
Vielleicht liegt es an unserem Zeitalter, in dem wir verzweifelt nach Inhalten suchen, uns verlieren und die scheinbar benötigte Sicherheit in
Zwängen ausleben. Eine Selbstkasteiung, um sich und die persönlichen Grenzen wieder mehr zu spüren.
Toscanis Bilder lassen keinen Raum für Interpretationen. Sie sind
konfrontativ und realistisch. Die Medienwelt ist voll von banalen Werbekampagnen und in diesem Sinne spreche ich mich für seinen Stil aus
und gegen das Verbot.
Sarah Diehl ist Diplom-Museologin und Autorin und wohnt in Berlin.
Romana Fiechtner ist Künstlerin und lebt in Rom.
dezember 2007 jänner 2008 an.schläge 25
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26 an.schläge februar2008
an.rissarbeit.wissenschaft
Fo t o : Re g i n a H ü g l i / H i l fs w e r k
Insgesamt 25 Unternehmen hatten sich heuer um den Preis beworben,
ausgewählt wurde vor allem nach den Kriterien Qualität von Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen und Arbeitsklima aus der Sicht der
Mädchen und Frauen. Dazu zählen etwa Maßnahmen zur aktiven Förderung der Chancengleichheit während der Ausbildung, Maßnahmen
zur Erhöhung der Zahl weiblicher Auszubildender, oder auch berufliche
Möglichkeiten, die Frauen nach dem Lehrabschluss vom Betrieb geboten bekommen. trude
www.sprungbrett.or.at
gend.up
Ausschreibung von Lehrveranstaltungen
journalistinnen.preis
an.schläge ausgezeichnet!
Gleich drei an.schläge-Frauen teilen sich ex aequo den vierten Platz beim
JournalistInnen-Preis des österreichischen Hilfswerkes: Martina Madner
und Silke Pixner wurden für „Das erzwungene Ja!“ (erschienen in
an.schläge 02/06) ausgezeichnet, während Angela Heissenberger den
Preis für ihren Artikel „Zu tief ins Glas geschaut“ in Report Plus bekam.
Höchst erfreulich ist auch, dass „unsere“ Journalistinnen ORF-Größen,
wie unter anderem „Thema“-Liebling Christoph Feurstein hinter sich gelassen haben. Gratulation!
Insgesamt wurde der Preis heuer zum neunten Mal vergeben, geachtet
wird vor allem auf den Innovationsgrad des gewählten Themas, Originalität des Zugangs und auf ständiges Engagement in den Bereichen „Gesundheit, Familie und Soziales“. Den ersten Preis erhielten Helmut Manninger und Peter Liska von der ORF-Reportagenreihe „Am Schauplatz“
gemeinsam für die beiden Reportagen „Nachgefragt: Magd auf Zeit“
und „Starke Frauen“. trude
www.hilfswerk.at
amazone.07
Vorbildliche Mädchenförderinnen
Die Amazone – der Preis des Vereins „Sprungbrett für Mädchen“ – wurde dieses Jahr an Peugeot Wien und an den Rauchfangkehrerbetrieb Habacht verliehen.
Peugeot Wien wurde in der Kategorie „Großbetriebe“ ausgezeichnet, da
es dort eine klare Mädchen- und Frauenförderung gibt, die auch umgesetzt wird. So hat das Unternehmen einen besonders hohen Anteil an
Mädchen in der Lehrlingsausbildung – und die Mädchen werden im Betrieb unterstützt und ihre Anliegen werden ernst genommen.
Die in der Kategorie „Klein- und Mittelbetriebe“ ausgezeichnete Rauchfangkehrerei Habacht wiederum punktete mit einem Lehrmädchenanteil von hundert Prozent – gerade in dem so männerdominierten Beruf
wie „RauchfangkehrerIn“.
Der Interdisziplinäre Expertinnen- und Expertenrat für Gender Studies
(IER) der Paris Lodron Universität Salzburg lädt interessierte Frauen ein,
sich um Aufträge für genderbezogene Lehrveranstaltungen zu bewerben. „Es soll ein möglichst breit gestreutes und kontinuierliches Angebot für den Studienschwerpunkt Geschlechterforschung gesichert werden“, erklärt Mag.a Teresa Schweiger, Leiterin von gendup – Zentrum für
Gender Studies und Frauenförderung: „Lehrveranstaltungen, die Inhalte,
Methoden etc. der Frauen- und Geschlechtsforschung in wissenschaftliche Fachbereiche hineintragen und im Rahmen des Curriculums „Gender Studies“ anrechenbar sind, werden durch das Sonderkontingent für
genderbezogene Lehre finanziert.“ Die Bewerbungsfrist endet am 21.
Dezember 2007. Bis Ende Jänner 2008 trifft der ExpertInnenrat Gender
Studies, Vorsitzende ist Univ.-Prof.in Dr.in Elisabeth Klaus, eine Entscheidung über die Liste der Lehrveranstaltungen. Die Antragsstellerinnen
werden bis spätestens Mai 2008 informiert. kaiv
Infos und Einreichung der Anträge bei: gendup – Zentrum für Gender Studies und Frauenförderung der Universität Salzburg,
Kaigasse 17/1. Stock, 5020 Salzburg, T. 0662/8044 2520, E-Mail: [email protected], www.uni-salzburg.at
arbeits.tagung
Zukunft der Geschlechterdemokratie
Das Institut für Philosophie, in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für
Friedensforschung und Friedenspädagogik, das Zentrum für Frauenund Geschlechterstudien der Universität Klagenfurt und die Philosophische Gesellschaft Klagenfurt laden zur Arbeitstagung. Zwei Fragen stehen im Mittelpunkt: „In welchem Spannungsverhältnis stehen repräsentationspolitische bzw. effektiv demokratische, d.h. partizipative Elemente zur Ausgrenzung bzw. Teilhabe von Frauen an der Machtausübung?“ und „Welche Implikationen haben die Veränderungen in der
Normsetzung bezüglich gleich- bzw. verschiedengeschlechtlicher PartnerInnenschaften für die demokratische Verfasstheit der Gesellschaften?“.
Diesen komplexen Fragestellungen wird am 12. und 13. Dezember
2007 aus philosophisch-politischer, rechtswissenschaftlich-zeitgeschichtlicher, feministischer und kulturwissenschaftlicher Sicht nachgegangen. Den Anfang macht Christine Klapeer vom Zentrum für Frauenund Geschlechterforschung der Universität Klagenfurt mit dem Referat
„Mit der Homo-Ehe in Richtung einer sexuellen Demokratie?“. Einen
rechtswissenschaftlichen Standpunkt vertreten Nikolaus Benke und
Elisabeth Holzleithner, beide Uni Wien. Kunstvoll sozio-politisch wird es
bei den Videoausschnitten von Oliver Ressler. kaiv
„Die Zukunft der Geschlechterdemokratie“: 12. und 13.12., Oman Saal, Alpen-Adria Universität Klagenfurt, 9020 Klagenfurt,
Universitätsstraße 65-67, www.uni-klu.ac.at/gender
februar 2008 an.schläge 27
migrantischehausarbeit
Fo t o : F l i c k r
Die Hürden der Organisierung
Individuelle Selbstbehauptung und kollektive Handlungsmöglichkeiten: Ein Workshop über Möglichkeiten der
Selbstorganisation und Solidarisierung migrantischer Hausarbeiterinnen. Von Iris Nowak
Iris Nowak ist Redakteurin der
Zeitung analyse & kritik und Sozialökonomin mit Schwerpunkt veränderte
Sorgeverhältnisse im Neoliberalismus.
www.maiz.at
www.babaylan-europe.org/
28 an.schläge februar2008
Bezahlte Hausarbeit, sei es
Putzen, Pflegearbeit oder Kinderhüten, ist für Frauen, die in
der Migration leben, einer der
wichtigsten Arbeitsmärkte. Ihre prekäre Lebens- und Arbeitssituation wird zumindest in manchen Massenmedien und wissenschaftlichen
Kontexten zunehmend Thema. Auffallend ist dabei, dass kaum über kollektive Handlungsmöglichkeiten berichtet
wird, mit denen die Frauen für ihre
Rechte kämpfen (können). Der Workshop „Organisierung zwischen Autonomie und Pflegenotstand“, der im
September 2007 in Hamburg stattfand, wollte diese Leerstelle füllen. Das
überraschend große Interesse an dem
Workshop – etwa sechzig Personen
nahmen daran teil – lässt darauf
schließen, dass an solchen Diskussionen über Organisierung, die Fragen
nach Migration und Geschlecht als
Ausgangspunkt nehmen, ein großer
Bedarf besteht.
Der Workshop (organisiert vom Institut für soziale Infrastruktur, Preclab
und dem Projekt Prekarisierung und kollektive Organisierung) eröffnete
zunächst Raum für Diskussion über Ansätze der Selbstorganisierung von Migrantinnen. Diese verdeutlichte, dass
die Frage nach den spezifischen Organisierungsmöglichkeiten als Hausarbeiterinnen zwar notwendig ist, aber zugleich auch Gefahr läuft, den Blick zu
verengen. Sie macht insofern Sinn, als
Tätigkeiten in diesem Bereich aufgrund
der hiesigen aufenthalts- und arbeitspolitischen Regulierungen für viele Frauen
die einzige Möglichkeit zur Existenzsicherung darstellen. Ob Widerstandsmöglichkeiten gegen Lohnraub, sexuelle
und/oder psychische Übergriffe durch
die Arbeitgeber gefunden werden können, kann für ihre Lebensqualität inso-
fern existenzielle Bedeutung haben. Zugleich stellt die Frage nach den Arbeitsbedingungen in Privathaushalten aber
oft nur eine Facette der Selbstorganisierung von Migrantinnen dar.
Die vielen Facetten der Fürsorgearbeit. An einer Organisierung, vor allem als Hausarbeiterinnen, bestünde, so erläuterte
Luzenir Caixeta von dem Linzer Projekt
Maiz, auf Seiten der Frauen wenig Interesse, weil sie meist zwischen verschiedenen Tätigkeitsbereichen pendeln.
Zwar seien diese alle im Bereich der Sorge um individuell-körperlich-sinnliche
Bedürfnisse angesiedelt, darin aber gebe es im Alltag der Frauen einen
fließenden Wechsel zwischen Sexarbeit,
Reinigungs- und Pflegetätigkeit und der
Gastronomie bzw. Unterhaltungsindustrie. Marylou Hardillo-Werning von Babaylan e.V., dem europaweiten Netzwerk philippinischer Migrantinnen,
hausarbeitmigrantische
wies darauf hin, dass viele philippinische Frauen als Heiratsmigrantinnen
nach Europa gekommen sind. Zwar gehe es dabei auch oft um den Tausch von
Sorge- und Sexarbeit gegen ökonomische und rechtliche Sicherheit. Allerdings werde die Situation, innerhalb der
die Frauen leben, von ihrem Status als
Ehefrauen bestimmt.
Über rassistische und geschlechtsspezifische Zuschreibungen wird an die
Frauen unabhängig von ihren tatsächlichen Neigungen und Ausbildungsstand
– viele von ihnen haben eine akademische Ausbildung – die Zuständigkeit für
diese unterschiedlichen Formen der
Sorge delegiert, die sowohl in ihren Herkunfts- als auch in den Zielländern gesellschaftlich gering bewertet wird und
als Ausdruck natürlicher Fähigkeiten
gilt. Die Übernahme dieser Tätigkeiten
erfüllt zwar ökonomisch ihre Funktion.
Sie lädt aber wenig dazu ein, von ihr
ausgehend kraftvolle politische Identitäten und Ausdrucksformen zu entwickeln. Zugleich stellen die (z.T. intimen) Begegnungen mit den ArbeitgeberInnen in deren Privatbereich eine
spezifische Arbeitsbedingung dar; hier
muss die individuelle Handlungsfähigkeit der Frauen erweitert werden, sofern man sich individuelle Selbstbehauptung und -ermächtigung als wichtiges Moment jeder Form kollektiver Organisierung denkt.
Praxen der „putzende Perlen“. Vermutlich
stellt diese Zuschreibung natürlicher Eigenschaften als Frau und Migrantin
und die Verknüpfung aus Lohnverhältnis und persönlich-körperlicher Begegnung zwischen Arbeiterin und Arbeitgeber eine der Hürden für Gewerkschaften wie auch für andere Formen
institutioneller Unterstützung dar,
wenn es darum geht, die Anliegen der
Hausarbeiterinnen als politische Anliegen zu artikulieren. Marylou HardilloWerning beschrieb, dass wichtige Orte,
an denen Babaylan e.V. Kontakt zu neuen Frauen herstellt, Workshops zu Themen wie Sexualität oder Möglichkeiten
des Umgangs mit alltäglichem Rassismus sind.
Von anderen Gruppen wurden Formen des Theaterspielens nach Augusto
Boal und weitere Formen der Kulturproduktion als wichtige Formen der Selbstorganisation und des Widerstands be-
schrieben. Diese kulturellen Praxen stellen einen Prozess der kollektiven Auseinandersetzung über die eigenen
Denk-, Fühl- und Handlungsweisen dar.
Indem sie an die Öffentlichkeit getragen
werden, greifen sie von einem selbstbestimmten Standpunkt in gesellschaftliche Diskurse ein, in denen die Frauen
wahlweise als „putzende Perle“ oder als
bemitleidenswerte Opfer krimineller
Machenschaften auftauchen.
den Prozess, der sich um das CEDAWÜbereinkommen (Convention for the
Elimination of all Forms of Discrimination against Women) der Vereinten Nationen herum organisiert.
Ökonomisierung menschlicher Regungen. In
dem Teil des Workshops, der sich einer
allgemeineren Politik um Sorgearbeit
widmete, stand das Ringen um (finanziell, arbeits- und aufenthaltsrechtlich)
existenzsichernde Arbeitsplätze als PerZwei Momente solidarischer Unterstützung. Fe spektive im Vordergrund. Allerdings
wurde von Barbara Thiessen (Deutsches
Jusay (Aktivistin in der Womens Programme of the Commission for Filipino Jugendinstitut, München) vorgeführt,
dass alle staatlichen Versuche der letzMigrant Workers (CFMW) in den Nieten Jahre, in Deutschland den Bereich
der bezahlten Hausarbeit zu regulieren,
individuelle Beratung gescheitert sind, da es sowohl auf Arund die Entwicklung beitgeberInnenseite als auch bei den
Arbeitenden das Interesse gibt, diese
kollektiver Handlungs- Arbeit weiter informell zu regeln.
möglichkeiten stehen in
Problematisch war, dass in dieser
der alltäglichen Arbeit Diskussion kaum benannt wurde, dass
oft in einem Spannungs- eine Politik zur existenzsichernden Reverhältnis,obschon beide gulierung der Hausarbeit auf enge
notwendiges Moment ei- Grenzen stoßen wird, solange sie innerner solidarischen Unter- halb gesellschaftlicher Verhältnisse verwirklicht wird, in denen jegliche
stützung sind.
menschliche Regung ökonomisiert werden soll. Entgrenzte Zugriffe der Unternehmen auf die Arbeitskraft ihrer Angederlanden und im europaweiten Netzwerk migrantischer Hausarbeiterinnen, stellten treffen zunehmend sowohl
Respect) beschrieb die hohe Bedeutung Männer als auch Frauen; zugleich werden sozialstaatliche Einrichtungen und
von Trainings, in denen Migrantinnen
Leistungen abgebaut. In diesen Verhältlernen, sich gegenseitig im Umgang
nissen stellt der Rückgriff auf die Armit ArbeitgeberInnen zu unterstützen
beitskraft anderer, die deutlich schlechund gemeinsam gesellschaftlich zu artikulieren. Die Anfänge entsprechender ter bezahlt sein muss als die eigene,
nicht bloß ein Privileg, sondern zugleich
Praxen liegen im Falle der niederländieine ökonomische Notwendigkeit dar.
schen Netzwerke ebenso wie bei Maiz
und Babaylan in den 1990er Jahren. Ent- Die prekarisierten Arbeits- und Lebenssprechende Praxen knüpfen an autono- verhältnisse von Migrantinnen im Beme Selbstorganisierung und individuel- reich privater Haushalte sind insofern
eine Voraussetzung für ein erfolgreile Widerstandsformen der Frauen an,
ches und selbstbestimmtes Handeln ihdie Hausarbeiterinnen auch unabhänrer ArbeitgeberInnen innerhalb der – in
gig von institutioneller Unterstützung
entwickeln (müssen), um ihr Überleben anderer Weise – prekarisierten Verhältzu sichern. Angebote, die die Migrantin- nisse, in denen letztere leben. Die Frage
nen durch individuelle Beratung unter- ist, ob sich hieraus realpolitische Bündstützen, und solche Ansätze, die die Ent- nisse schmieden lassen, die der neoliberalen Logik und zugleich der patriarchawicklung kollektiver Handlungsmöglen Abwertung von Sorgetätigkeit Einlichkeiten verfolgen, stehen in der allhalt bieten. Dies würde einerseits die
täglichen Arbeit oft in einem
Erneuerung feministischer Strategien,
Spannungsverhältnis, obschon beide
andererseits die verstärkte Berücksichtinotwendiges Moment einer solidarigung bereits existierender feministischen Unterstützung sind. Mit seiner
politischen Arbeit wirkt Respect sowohl scher Kritik in gewerkschaftlicher Arbeit
voraussetzen.
❚
in Gewerkschaften hinein als auch in
Der Artikel erschien zuerst in einer etwas längeren Fassung in:
analyse & kritik - zeitung für linke
debatte und praxis/Nr. 521/19.10.2007,
siehe www.akweb.de
Texte und ein längerer Bericht zum
Workshop finden sich demnächst
unter www.rosalux.de
februar 2008 an.schläge 29
kulturan.riss
Taxispalais zeigt die Dia-Installation „C.U.“ mit Ansichten der architektonisch außergewöhnlichen und von Holzfeind als „Gesamtkunstwerk“
gemäß der Bauhaus-Ideale bezeichneten „Ciudad Universitaria“ der
Universidad Nacional Autónoma de México. Daneben „Mexico 68“, eine
Arbeit, die aus mehreren Video-Interviews besteht, welche die Künstlerin mit AktivistInnen der StudentInnenbewegung in Mexiko geführt
hat, die nach der brutalen Niederschlagung der Bewegung durch die Regierung zum Teil jahrelang inhaftiert waren.
Zeitgleich sind in der Galerie Werke der in Brünn geborenen Katerina Sedá ausgestellt. Ihr Anliegen ist es, durch die eigenen Handlungen gemeinsam mit anderen Menschen – insbesondere aus dem persönlichen Umfeld – künstlerische Prozesse zu initiieren. Diese Aktionen dokumentiert sie auf unterschiedliche Arten. So brachte sie etwa
ihre lethargische Großmutter dazu, die Erinnerung an deren früheren
Beruf in hunderte Skizzen umzusetzen („Je to jedno“). Eine Rauminstallation zeigt, wie Sedá 2007 der realen zwischenmenschlichen
Kommunikation in einer Plattenbausiedlung ihrer Heimatstadt auf
die Sprünge helfen wollte: mit einem genau konzipierten Plan und
vielen bunten Hemden. nr
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b u c h . v o r s te l l u n g e n
Hot topics
Was bedeutet Popfeminismus heute und wie kann Popkultur durch
feministische Strategien erschüttert werden? 28 Autorinnen hat die
Journalistin und Kulturwissenschafterin Sonja Eismann aufgefordert,
sich darüber Gedanken zu machen. Die teilweise sehr persönlichen
Auseinandersetzungen umfassen z.B. Beobachtungen zum D.I.Y.-Porno,
Selbstbestimmung über den Körper, Ladyfest-Aktivismus, Erfahrungen
im Musikbusiness, Feminismus und Fußball und vieles, vieles mehr. Die
Herausgeberin will damit eine Community zeigen, die weder „dem pornokompatiblen Pseudo-Empowerment der Pussycat Dolls“ noch „dem
lahmen Gleichstellungs‚feminismus‘ bürgerlicher Medien und Institutionen“ entspricht. Und damit ermutigen, sich über effektives netzwerken und darüber, wie feministische Veränderungen bewirkt werden
können, „den Kopf zu zerbrechen“. Im Anschluss an die Buchvorstellung
und die Lesung zweier Autorinnen wird über die Unsichtbarkeit von
feministischer Popkultur im deutschen Sprachraum gesprochen und
über etwaige Neudefinitionen von Slogans wie „Das Private ist politisch“ diskutiert.
Sarah Diehl hat nicht nur zwei Beiträge in Hot Topic verfasst, sie
wird im Jänner auch ihr Buch „Deproduktion – Schwangerschaftsabbruch im internationalen Kontext“ in Wien vorstellen. sr
Sonja Eismann (Hg.): Hot Topic. Popfeminismus heute, Ventil Verlag 2007, 14,90 Euro
24.11. 2007-20.1.2008, Heidrun Holzfeind/ Katerina Sedá, Galerie im Taxispalais, 6020 Innsbruck, Maria Theresienstraße 45,
www.galerieimtaxispalais.at
kino
Best of Identities 2007
Wer das Identities-Filmfestival dieses Jahr verpasst hat, bekommt nun
die Chance, das Versäumte nachzuholen. Von 6. bis 9. Dezember werden
beim „Queer Film Nights Special“ die Highlights des Festivals noch einmal gezeigt. Unter anderem gibt es noch mal die Möglichkeit, den Eröffnungsfilm von Identities 2007, die Komödie „Saving Face“ von Alice Wu,
zu sehen. Außerdem werden die Filme „Loving Anabell“ von Katherine
Brooks und „Nina’s Heavenly Delights“ von Pratibha Parmar gezeigt.
Das Best of beinhaltet auch den Film „Anders Leben – Lesben im
Alter” von Isabella Rodde, der im Anschluss an das Special noch bis 16.
Dezember zu sehen sein wird. Rodde porträtiert drei gealterte, höchst
aktive Lesben, die als Kneipenbesitzerin, Leistungssportlerin und politische Aktivistin lesbische Nachkriegsgeschichte in Deutschland geschrieben haben. Der mehrfach ausgezeichnete Film beschreibt das
„Normal-” und „Anderssein” und ist gleichzeitig eine Hommage an das
Älterwerden. AndA
Best of Identities 2007: 6 -9. Dezember, 21.00
Anders Leben: 10.-16. Dezember, 18.30
Top Kino, Schleifmühlgasse 8/14, 1040 Wien, www.topkino.at, T. 0699/120 96 100 oder [email protected]
Buchvorstellung Hot Topic: 5.12., 19.00, Stichwort, 1150 Wien, Diefenbachgasse 38/1, www.stichwort.or.at,
www.ventil-verlag.de, Kosten: 2,90,- Euro
Sarah Diehl: Deproduktion. Schwangerschaftsabbruch im internationalen Kontext, Alibri Verlag 2006, 17,- Euro
t h e a te r
Buchvorstellung am 16.01.08, 20.00, que[e]r, 1010 Wien, Wipplingerstraße 23, www.myspace.com/deproduktion,
Frauen am Rande des Systemzusammenbruchs
a u s s te l l u n g
Aktion/Kommunikation/Kunst
Heidrun Holzfeinds Interesse an modernistischer Architektur und ihre
intensive Beschäftigung mit der mexikanischen StudentInnenbewegung von 1968 sind die Hauptelemente ihrer Werke, die ab 2005 in Mexiko-Stadt entstanden sind. Die aktuelle Ausstellung in der Galerie im
30 an.schläge februar2008
In Koproduktion von FIFTITU%, Arbeiterkammer Kultur OÖ und theaternyx entstand ein neues Theaterstück. „Love me gender – Sag mir, wo
die Frauen sind“ ist ein Stück mit nur drei Schauspielerinnen. In einem
Fitnessstudio treffen drei Frauen unterschiedlichster Herkunft in unterschiedlichen Lebensphasen aufeinander: eine Karrierefrau, die an der
gläsernen Decke scheitert, eine Studentin sowie die Teilzeitangestellte
einer Supermarktkette. Das Stück analysiert die Arbeits- und Freizeitwelten mit seinen einengenden Geschlechterrollen. Es porträtiert Frau
an.risskultur
enleben und zeigt, wie es um die Chancengleichheit bestellt ist. Die
drei Spielerinnen berichten von Unterschieden und Gemeinsamkeiten
mit der Generation ihrer Mütter, sie rappen Statistiken und erzählen
von Frauenquoten. Sie stellen klar, dass eine Frau schon viele sein
muss, weshalb drei Frauen schon eine ganze Menge sind. Sie entscheiden sich für sich selbst und choreographieren den Aufstand. Die Überschreitung der festgelegten Rollenzuschreibungen wird zwar sanktioniert, doch es läuft Sand durch das Getriebe des Patriarchats.
Brigitta Waschnig führte Regie und hat gemeinsam mit theaternyx-Leiterin Claudia Seigmann das Stück realisiert.
Die Uraufführung war bereits am 22. November im AK Bildungshaus Jägermayrhof in Linz, die spannende Produktion kommt aber im
Frühjahr auch nach Wien! AndA
www.fiftitu.at, www.theaternyx.at/
Fo t o : To n i H ö l l e r s b e r g e r
Michèle Thoma
Fo t o : M a g d a l e n a Fr e y, H a u s a l t a r
Die peinliche Familie
t h e a te r . p e r f o r m a n c e
Starke Frauen
Seit vielen Jahrzehnten dient Wilhelmine von Hillern’s „Geierwally“
schon als Heimatfilm- und Theatervorlage. Ganz ohne die üblichen
Klischees wird nun die Geschichte über Walburga Stromminger in einer Produktion der „volksblut.productions“ im Kosmos Theater erzählt.
Die Auflehnung der jungen Frau gegen den dominanten Vater, ihre
Emanzipation und ihr starker Wille zur Selbstbestimmung stehen im
Mittelpunkt des Stücks.
Nicht ganz so dramatisch gibt sich Helen Brugat in ihrer irren
One-Woman-Performance „My Fat Lady“. Sie präsentiert mit großartiger Körperbeherrschung die sehr gegensätzlichen Seiten ihrer Persönlichkeit, die mehr schlecht als recht miteinander auskommen – die
„Powerfrau“ etwa kämpft gegen das gefühlsbetonte „kleine
Mädchen“. Eine Fee hilft der Lady, einen Traum zu erfüllen: sie tanzt
Ballett. Unübersehbar, dass sich die Schauspielerin unter anderem intensiv und erfolgreich mit dem Clown-Sein und dessen Philosophie
beschäftigt. Einmal mehr geht es darum, herauszufinden, was man
wirklich will – und es in die Tat umzusetzen. nr
5.-8. und 12.-15. 12., 20.30:„Die Geierwally“, 20.-22. 12., 20.30:„My Fat Lady“, Kosmos Theater, 1070 Wien, Siebensterngasse
42, Tel.: 01/ 523 12 26, www.kosmostheater.at
Warum hast du keine kleinen Löckchen? Warum keine Stöckelschuhe? Keine Ohrringlein in den Ohren?
Warum sagst du immer so seltsame Sachen? Warum trägst du so
seltsame Kleider? Warum hast du einen so seltsamen Ehemann?
Warum schaust du immer so? Warum lachst du immer so? Warum
hast du so komische Freundinnen?
Warum kommen zu uns nie „Gäste“? Warum haben wir kein Gästehandtuch? Warum haben wir keine Sitzecke?
Warum bist du nicht Regalbetreuerin im Billa? Wir sagen nicht
„Schriftstellerin“ in der Schule, wir sagen „Hausfrau“. Schriftstellerin ist peinlich. Warum hast du nicht Harry Potter geschrieben?
P.s Mutter ist eine Checkerin. Sie checkt alles. Sie ist Alleinerzieherin und verdient Kohle und hat einen richtigen Beruf und fährt Auto
und hat ein Haus, nein sogar zwei, und sie hat sogar einen Mann
und sie schaut toll aus und sie kann sich stylen. Sie fährt immer
nach Ungarn und lässt sich alles machen. Nein, keine Löckchen, keine Ohrringe.
A ja kochen, sie kocht fantastisch. Semmelknödel, indisch auch.
Ich kann P. ja überhaupt nicht herbringen. P. kriegt ja einen Schock,
P. ist das nicht gewöhnt.
Bei P. ist es total normal, das ist eine normale Familie, die sich normal
verhält. Das ist eine Familie, die weiß, worauf es ankommt im Leben.
Kannst du bitte die Plakate entfernen? Und bitte nicht so eine geschmacklose Musik. Und die sollen nicht alle so rumlaufen und so
rumschreien. Man kann sich ja auch zivilisiert benehmen. Und
kannst du bitte nicht so viel lachen. Und P. nicht interviewen. Bei
ihm zuhause läuft das alles dezenter ab. Nicht so peinlich. Das sind
normale Leute. Die Wohnung gehört ja auch renoviert. Und zum
Friseur…
P. ist immer noch da? P. bleibt noch eine Nacht? Noch einen Tag? Es
ist ihm ein bisschen peinlich … wieso peinlich? ... Naja, er findet’ s
so chillig da.
februar 2008 an.schläge 31
lesbischepornographie
Zwischen Preis- und Hingabe
Bunt, lebensbejahend, lustvoll und befriedigend in einem ästhetischen Sinn. Aber kann ein feministischer Porno auch
antörnend sein? Lea Susemichel sprach mit Nana Swiczinsky über „Lezzieflick“.
Fi l m s t i l l s a u s L e z z i e f l i c k
© Nana Swiczinsky
Nana Swiczinsky: Lezzieflick,
A 2007, 8 min.
Nana Swiczinsky ist Grafikerin,
Filmemacherin und Illustratorin.
www.nanaswi.com
32 an.schläge februar2008
an.schläge: Du hast gesagt, dass du
vor allem deshalb einen eigenen
Lesbenporno machen willst, weil
du die meisten lesbischen Pornos
einfach nicht geil findest …
Nana Swiczinsky: Viele lesbische
Erotika sind ziemlich „konzeptig“. Das
sind keine Wichsvorlagen wie Schwulenund Hetero-Pornos.Wo Lesben-Porno
draufsteht, ist oft eine theoretische Untersuchung über die Möglichkeit und
so gut wie nicht vor. Das nervt mich.
Ich wollte einfach eine unkomplizierte
Darstellung von Schleimhautkontakten.
Keine Rollenspiele oder S/M, die man ja
schon als Hobby betreiben muss, um sie
so zu kultivieren. Ich weiß nicht, wie viele Leute das wirklich tun. Oder wie viele
Lesben. Jedenfalls entspricht der Prozentsatz wahrscheinlich nicht dem der
entsprechenden lesbischen Erotika. Das
ist einfach eine Strategie zum Filtern:
selbsttherapeutische Geschichte von
Menschen, die sexuelle Gewalt erfahren
haben und sie in gewaltfreien Räumen
reproduzieren.
Außerdem ist Fetischismus einfach
die Sexualität des Kapitalismus: Sex ist
gratis, Stöckelschuhe kosten Geld. Niemand ist keinE FetischistIn heute. Und
wie schon gesagt, sicher ist es auch ein
Filter, der verhindern soll, dass mir das
Bauernvolk da draufspritzt.
Darstellbarkeit lesbischer Erotik drin. Das
liegt natürlich am grundlegenden Stress,
sich der eigenen Preisgabe verweigern
zu wollen. Also keine Heteromänner zu
bedienen, wie in den zahlreichen PseudoLesbenpornos, wo zwei Fingernagel-Ladies aneinander rumzupfen bis dann der
richtige Kerl kommt. Ich denke, deshalb
existiert immer noch diese extrem sperrige Darstellung von Erotik: schwarzweiß, keine stringente Kameraführung,
schwer lesbar. Es herrscht immer noch
eine absichtliche Nichtkonsumierbarkeit
vor.Wenn man explizit lesbische Erotika
machen will, ist dieses Problembewusstsein einfach immer da. Und ganz
größenwahnsinnig habe ich mich berufen gefühlt, das jetzt endlich zu ändern.
Ich wollte einen Porno machen, der vielleicht nicht antörnend im engeren, aber
auf jeden Fall lustbetont im weiteren
Sinn ist. Bei dem Sex Spaß ist.Wenn
weibliche Sexualität im Allgemeinen,
aber auch lesbischer Sex im Besonderen,
zum Thema gemacht wird, dann immer
problematisiert: verkauft, fremdbestimmt, missbraucht, magersüchtig usw.
… Selbstbestimmte Lust am Sex kommt
Der Wald-und-Wiesen-Hetero soll sich
davon abgetörnt fühlen.
Lassen sich denn Pornos nur für Lesben machen? Oder produziert man
zwangsläufig für Heteromänner mit?
Das muss ich kaufen: Mit jeder Lesbe holen sich da auch fünf Männer einen runter. Will ich das? Die Frage stellt
sich mir weiter. Mein Film ist bunt, ist
lebensbejahend, ist lustvoll, ist befriedigend in einem ästhetischen Sinn, aber
er ist weiterhin ein Spiel zwischen Preisgabe und Abstraktion. Für jemanden,
der nicht mediengebildet ist, ist er
schwer lesbar. Ich hätte vorher nicht gedacht, dass die Umsetzung so schwierig
ist, wie schwierig diese Balance zwischen Hingabe und Preisgabe ist. Ich
bin sehr gespannt auf das Feedback. Es
ist für mich ein Versuch.
Warum gibt es in lesbischen Pornos
so eine Häufung von S/M?
Zunächst einmal ist das einfach ein
Kreativitätsstress, denke ich. Zum anderen – und das ist jetzt eine konservative
Meinung, die marginalisiert und pathologisiert, und ich wäre froh, wenn mir
da widersprochen würde – ist es eine
Gibt es nicht die grundsätzliche
Schwierigkeit, dass ich mit Bildern eben
nur dann Lust bereiten kann, wenn sie
konventionelle Begehrensstrukturen befriedigen? Und erzeuge ich nicht zwangsläufig Unlust, wenn ich da subversiv bin?
Mitgehangen, mitgefangen. Männer haben einfach eine längere und
höher entwickelte Kultur des Auf-BilderWichsens als die Damen – und zwar unabhängig von der sexuellen Orientierung. Auf die man zwangsläufig irgendwie Bezug nehmen muss: sie benutzend, sie ablehnend, sie ironisch
brechend. High Heels zum Beipiel sind
ein optischer Kick. Sie zu tragen würde
ich mir selbst oder meiner Freundin
nicht zumuten, aber der Kick funktioniert natürlich auch bei mir.
Aber wie geht man dann mit so einem Fetisch um?
Ironisierend. Da kann man, finde
ich, gut von Schwulen lernen. Es gibt
dort genug nervige Dinge, aber den
Camp können wir übernehmen. Ich bediene und breche etwas gleichzeitig.
Tom of Finland bspw. hat den HaarigeJungs-Uniform-Fetischismus aus seiner
pornographielesbische
Tradition des Nachkriegs-Sex gegen
Zuckerln – die für die Zuckerlempfangenden ganz sicher nicht nur lustig war
– genommen und die Autoritätsperson
zu einer Wichsvorlage verschoben. Damit bedienst und brichst du es. Das ist
Camp. Ich glaube einfach nicht, dass
man auf Dauer fundimäßig die freie,
rein biologische Ökodorf-unrasierte-Beine-Erotik hinlegen kann.
Funktioniert Ironie bei Erotik?
Das ist ein sehr wichtiger Punkt.
Denn eine Möglichkeit, Menschen die
Würde zu nehmen, ist auch, sich über sie
lustig zu machen. Als Lesbe bist du ja sowieso eine lächerliche Figur und die
Strategie, das zu übernehmen und sich
auch über sich selbst lustig zu machen,
ist sehr verlockend. Das war deshalb
mindestens ebenso so eine Gratwanderung: Mich nicht über meine Protagonistinnen lustig zu machen, sie nicht preis-
für Herrenrunden in irrsinnig schlechter
Druckqualität: „Lesbian Girls“, das es in
einer Reihe mit „Thai Girls“, „Black Girls“
etc. gibt. Zwei Fingernagel-Schnitten
eben, die auf den Stecher warten. Ich
habe daraus die genommen, die noch
halbwegs gingen und sie eingescannt.
Das andere Rohmaterial stammt
aus Bildkatalogen von Anfang der
1990er, in denen dieser schleimige Kanon glücklicher Managertypen zu fin-
Männer haben einfach
eine längere und höher
entwickelte Kultur des
Auf-Bilder-Wichsens –
und zwar unabhängig
von der sexuellen Orientierung. Auf die man
zwangsläufig irgendwie
Bezug nehmen muss.
Es ist nur soviel erkennbar, dass man kapiert: „aha, da ist die Hand in der Muschi“. Es sollte erzählerisch und explizit
bleiben, abstrahiert, aber nicht abstrakt,
das war mir wichtig. Aber ich habe mit
der niedrigen Auflösung und den Pixeln
herumgespielt und die Körper wirken
dadurch teilweise wie Gummitextilien
und werden stark denaturalisiert. Das
Interessante war aber, dass die Emotion
durch den Tontrack sofort zurückkommt. Der Maintrack sind Atemgeräusche und sobald sie da sind, wird das
wieder zum Körper, wird das wieder
Fleisch, das ist richtig magisch.
Was sagst du zu PorNo? Thematisiert dein Film Gewalt?
Gewalt ist, wenn ein Teil nicht einverstanden ist. Rollenspiele in einem
Setting sind keine Gewalt. Die Gesellschaft leidet an einer unscharfen Trennung von Sex und sexualisierter Gewalt.
zugeben, indem ich sie lächerlich mache. Also: Humor ja, ironische Brechung
ja, aber nur, wenn es nicht auf eigene
Kosten geht.
Du bist Filmemacherin und Zeichnerin, „Lezzieflick“ ist dein erster Porno. Wie
kam es dazu?
Den Ausschlag hat die Geheimsache Leben-Ausstellung in Wien gegeben,
bei der es um das Leben von Lesben und
Schwulen im 20. Jhd. ging. Dort gab es
einen langen Gang mit Artefakten aus
der NS-Zeit und nach diesem Todeskorridor kam dann die Kunst und Kultur von
Schwulen und Lesben. Da hingen Plakate und Bilder, klarerweise hauptsächlich
aus dem Freundes- und Bekanntenkreis,
und ich hatte das ganz starke Gefühl,
dass das immer noch längst nicht genug ist. Dass die Suppe einfach immer
noch zu dünn ist. Ich bin mit viel mehr
Mulmigkeit als Erbauung aus dieser
Ausstellung gegangen – und das darf
einfach nicht sein. Daher die Motivation,
mich auch mit einem Statement in meiner Kunst zu outen.
Das Material, aus dem ich den Film
gemacht habe, ist so ein Spielkartenset
den ist und die deshalb ein schönes
Sinnbild unserer Wertegesellschaft
sind, ein Mainstream-Indikator, der verrät, was darstellbar ist und was eben
nicht. Und was nicht vorkommt, sind
Frauen, die sich sozial aufeinander beziehen. Die gibt es im ganzen telefonbuchdicken Bildkatalog nicht. Es gibt
tonnenweise Geschäftsmänner, die sich
die Hand schütteln und die Schulter beklopfen. Es gibt die Mami bei der Oma.
Aber es gibt keine etwa gleich alten
Frauen, die miteinander am Tisch sitzen,
miteinander sprechen, miteinander Geschäfte machen. Was davon irgendwie
verwertbar war, habe ich ebenfalls eingescannt. Make something out of nothing: Aus diesen beschissenen Mainstreambildern etwas rauszuschleifen,
was einem authentischen Lebensgefühl
trotzdem noch entsprechen kann.
Für mich war der Rhythmus das auffälligste Merkmal. Wie hast du Bilder und
Ton kombiniert?
Kunst hat immer mit Rhythmus zu
tun und Sex sowieso. Ich habe Bildbearbeitungs- und Morphingsoftware benutzt und die Bilder stark entfremdet.
Das ist so. Das ist scheiße. Ich habe mir
während des Schaffensprozesses die gesamte Andrea Dworkin reingezogen, die
einem das ganze böse Patriarchat um
die Ohren haut. Und natürlich lässt sich
dem auch nicht einfach so widersprechen. Für sie ist Sex Gewalt, weibliches
Empfinden ist nicht darstellbar, wir sind
das kolonialisierte Geschlecht.
Davon grenze ich mich ab: Von einer Ästhetik der totalen Verweigerung,
von Verstummen als Protest.
Es gibt ja auch Pornos von Frauen
für Frauen aus den USA mit viel Weichzeichner, Tüll und Himmelbetten. Wollen
Frauen es tatsächlich lieber nicht so direkt und in Großaufnahme?
Keine Ahnung. Ich persönlich fahr’
nicht drauf ab. Lesbische Blümchenpornos kenne ich nicht, da kenne ich nur
die richtig heftigen. Und ich wünsche
mir eben was dazwischen. Etwas zwischen romantischem Eheversprechen
und nix los in der Hos’ und den Geschichten, bei denen die Hälfte der Leute aussteigt, weil ihnen das zu arg ist.
Sex als normale Lebensäußerung, als
ganz normale menschliche Handlung. ❚
Fernseh-Tipp:
Das Interview mit Nana Swiczinsky ist
am Donnerstag, den 13.12. um 21.oo
auch in einer neuen Folge an.schläge tv
auf OKTO zu sehen.
februar 2008 an.schläge 33
queerepornographie
Fo t o : p o r n f i l m fe s t i v a l 2 0 0 7
She-Porn
Ende Oktober fand in Berlin das 2. Pornfilmfestival statt. Auf dem Programm standen rund hundert Filme
aus mehr als zwanzig Ländern abseits des üblichen kommerziellen Pornoangebots – darunter auch
Produktionen von feministischen Pornoregisseurinnen. Von Vina Yun
1 Linda Williams „Hard Core. Macht,
Lust und die Traditionen des pornographischen Films“, Basel/Frankfurt
am Main, Stroemfeld 1995
Link:
www.pornfilmfestivalberlin.de
34 an.schläge februar2008
„Unterhaltsam, Horizont erweiternd, lustig, schamlos, verblüffend, sexy“ – so beschreiben die
Festival-KuratorInnen Jürgen
Brüning, selbst Filmemacher
und Produzent schwuler Pornos, und
Manuela Kay, Redakteurin des lesbischen Magazins „L-Mag“ aus Berlin, das
mit Hetero- und queeren Filmen gespickte Festivalprogramm. Dass zusätzlich Ausstellungen, Workshops, Diskussionsveranstaltungen, Performances
und Partys auf dem Programm standen,
bescherte so manchen Terminkollaps.
Nicht überall, wo Porno draufstand, war
auch Porno (im herkömmlichen Sinne)
drin: Neben den bekannten SpielfilmFormaten und neu entdeckten „Classic
Porns“ aus den 1970er und 1980er Jahren waren in den drei Berliner Festivalkinos auch Dokumentationen über die
Sexindustrie und experimentelle Kurzfilme zu sehen, die mehr Arthouse-Flair
denn schwitzige Pornokino-Stimmung
verbreiteten. Umgekehrt lässt sich das
Porno-Thema schon seit Jahren insbesondere im westeuropäischen Arthouse-Kino finden. Nicht nur deshalb gilt
es, die herkömmliche wie fragwürdige
Trennung in „ernstzunehmendes Kino
hier, Schmuddelfilme dort“ neu zu überdenken. Auch im kulturwissenschaftlichen Feld wird „Porno“ mit großem Interesse aufgenommen, wie etwa diverse
Konferenzen, Schwerpunkte in bekannten Theorie- und Kunstzeitschriften, die
Vorstellung von „Porn Studies“ an den
US-Hochschulen und auch Filmfestivals
wie eben dieses zeigen.
Eine weitere Entmystifizierung erfuhr das Genre auch durch die, für viele
neuartige, Erfahrung, Pornos im Rahmen eines Festivals zusammen mit anderen zu betrachten (das heterogene
Pubilkum reichte vom „aufgeschlossenen“ Hetero-Seniorenpaar bis zur queeren „Post Porno“-Theoretikerin) und die
Filme damit vom (oft heimlichen) privaten Konsum in eine öffentliche Diskussion zu überführen.
PorNo & Pro-Sex. In Deutschland kritisieren Alice Schwarzer und die EMMA mit
ihrer dritten „PorNo“-Kampagne die
„Pornografisierung von Medien, Mode
und Kultur“ und stellen eindeutige Zusammenhänge zwischen Pornokonsum
und sexueller Gewalt her. Zeitgleich trat
auf dem Pornfilmfestival, das vorzugsweise die Ränder der Industrie – mit
ihrem Interesse am Experimentellen, an
feministisch/queeren Darstellungsweisen und an ethnischer Diversität – in
seinen Fokus nahm, ein ganz anderer
Diskurs zutage: Porno als Medium zur
Kritik an herrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen und als Experimentierfeld für alternative Identitätsentwürfe. Größer könnte der historische Spagat
zwischen den PorNo-Aktivistinnen und
Andrea Dworkins radikalfeministischem
Anti-Porno-Manifest „Pornography –
Men possessing Women” von 1979 und
den feministischen und queeren proSex-Diskursen der Gegenwart nicht sein.
Rund dreißig Prozent der auf dem
Festival gezeigten Produktionen stammten von Frauen – ein höherer Anteil als
auf der Berlinale. Auf der Panel-Diskussion „Good Porn For Good Girls“ im KantKino berichteten Porno-Regisseurinnen
aus Deutschland, Großbritannien, Spanien, Frankreich, Australien und den USA
von den Arbeits- und Produktionsbedingungen, wie sie im derzeitigen Pornobusiness für Filmemacherinnen vorherrschen, sowie ihren Strategien einer autonomen Bildproduktion. Auch angesichts der wachsenden ökonomischen
Dimension der Porno-Industrie, die mit
pornographiequeere
ihren Umsätzen jene von HollywoodProduktionen übertrifft (in Japan überholte das Sex-Biz dieses Jahr erstmals
die Autoindustrie), stellt sich die Frage
nach möglichen feministischen Positionen innerhalb des Genres neu dar.
Hardcore Feminism. Zwar leiteten die Vertreterinnen am Podium – darunter Audacia Ray (New York), Petra Joy
(Brighton), Ovidie (Paris), Jessica Grenier
(Melbourne) und Erika Lust (Barcelona)
– ihre Positionen klar aus der feministischen Bewegung ab, trotzdem gingen
die Meinungen darüber, was denn nun
einen „feministischen Porno“ bzw. „Pornos für Frauen“ ausmache und wie sich
solche definieren, deutlich auseinander:
„Weil ich mich als feministisch definiere, fallen meine Filme nicht automatisch in die Kategorie ‚Pornos für Frauen’. Ich mache Pornos für Frauen und
Männer“, erläuterte beispielsweise Audacia Ray ihren Zugang und kritisierte
essenzialistische Zuschreibungen à la
„Pornos von Frauen sind gut, männliche
Pornos hingegen per se schlecht“.
Rays Film „The Bi Apple“ wurde von
„Adam & Eve“, einem der größten Pornounternehmen in den USA, produziert,
das durch den Blog „Waking Vixen“ auf
die Filmemacherin aufmerksam wurde.
„The Bi Apple“ sei ein „Non-Mainstream-Film für ein Mainstream-Unternehmen“ – der sich zudem überraschend
gut verkaufte. „Überraschend“, weil der
Film mit „Man on Man“-Action aufwartet (männliche Bisexualität stellt in herkömmlichen Pornos noch immer das
größte Tabu dar), Frauen mit Strap-OnDildos Männer vögeln und der Film zudem aus der Subjektposition einer
Schwarzen Frau erzählt wird. Allerdings
musste Audacia Ray sämtliche PR-Arbeit selbst leisten, da Adam & Eve keine
Budgetmittel für Werbung zur Verfügung stellte. Rays Strategie lautet: Den
Mainstream infiltrieren so gut es geht.
Der Preis dafür ist hoch: Sämtliche
Rechte am Film- und Bildmaterial liegen
bei Adam & Eve.
Petra Joy, die all ihre Filme selbstständig realisiert (u.a. „Sailor’s Bride“),
betonte im Gegensatz zu Audacia Ray
die absolute Notwendigkeit, unabhängig zu produzieren und sah in den von
Frauen gedrehten Pornos echte Alternativen zum herkömmlichen kommerziellen Angebot, zumal sie auch humorvol-
ler mit Sex umgehen würden. Von Joy
wurde auch die Etikettierung als „Porno“ grundsätzlich in Frage gestellt – die
Klassifizierung „Hardcore Porno“ erfolgt
oft unfreiwillig und hängt von den länderspezifischen gesetzlichen Definitionen ab. Doch eben das Label „Hardcore“
hat deutliche Auswirkungen auf die Vetriebsstruktur, etwa ob der Film frei
über das Internet verkauft werden darf
oder nur in speziell lizensierten SexShops, um jugendschutzrechtliche Bestimmungen zu erfüllen.
Darstellerin und Regisseurin Ovidie
(auf dem Festival mit dem Film „Les
Concubines“ vertreten) aus Paris war
die einzige in der Runde, die von ihrer
Arbeit im Sex-Business auch leben kann
Rays Strategie lautet:Den
Mainstream infiltrieren
so gut es geht. der Film
wartet mit „Man on
Man“-Action auf, Frauen
vögeln mit Strap-OnDildos Männer und der
Film ist zudem aus der
Subjektposition einer
Schwarzen Frau erzählt.
– allerdings arbeitet sie nicht autonom,
sondern ist beim französischen TV-Sender „Canal+“ angestellt. Zwar ist Ovidie
damit nicht unabhängig, doch müssen
andere Filmemacherinnen wie Erika
Lust („Five Hot Stories For Her“), die auf
dem freien Markt agieren, mit dem
Drittel des Budgets auskommen, das
männliche Kollegen von den Produktionsfirmen zur Verfügung gestellt bekommen. Zudem habe das Fernsehen
andere klare Vorteile: Es wird Safer Sex
betrieben (die Darsteller tragen verpflichtend Kondome) und es gibt keine
Cum-Shots, sprich männliche Ejakulationen in den Mund der Darstellerinnen
– etwas, das in kommerziellen HeteroPornos zum Standard-Repertoire zählt.
Die Fotografin Jessica Grenier, die
u.a. Content für die Webseiten beautifulagony.com produziert, erläuterte am
Beispiel der verwandten Internetseite
abbywinters.com mögliche alternative
Darstellungsweisen und Gestaltungsmöglichkeiten von Pornos: „No cuts, real
time, all natural pubic hair, no plastic
surgery.“ Es ist wenig verwunderlich,
dass im „Alternative Porn“ – zu denen
auch die genannten Produktionen der
„She-Porn“-Macherinnen zählen –
Natürlichkeit und Authentizität einen
großen Stellenwert einnehmen.
diff’rent strokes for diff’rent folks? Wenn der
klassische kommerzielle Porno männerdefiniert und -zentriert ist, bestehen
feministische/queere Gegenstrategien
in der Kreation eigenständiger Bilder
und der Visualisierung der eigenen Lust.
Oder aber in der subversiven Aneignung
herrschender Darstellungen durch die
Entwicklung einer Lesart, die „gegen den
Strich“ geht. Kritischerweise wird bei ersterem Zugang „Authentizität“ eine zentrale Bedeutung beigemessen.
Wie die Filmwissenschafterin Linda
Williams in ihrem Buch „Hard Core” bereits Ende der 1980er deutlich machte,
wohnt dem Sex keine Natürlichkeit inne
– es geht also weniger um eine aufzudeckende Wahrheit des (oder im) Sex als
um jene Machtkonstellationen, die bestimmte Bilder von Sex als selbstverständlich natürlich (oder unnatürlich)
erscheinen lassen. Zudem machte sie
auf eine weitere Schwierigkeit aufmerksam:„Die neue Vielfalt der Sexualitäten”
könne zwar als „demokratisierender Prozess” und als „Chance zur sexuellen
Gleichberechtigung” gelesen werden,
doch sie bewegen sich deshalb nicht
von vornherein außerhalb der „Ökonomie des Begehrens“.1 „Diff’rent strokes
for diff’rent folks” bezeichnet Williams
das, was man auch aktuell als neue Nischenbildungen im Porno-Business beobachten kann. Aber gibt es überhaupt
ein solches „Außerhalb“ der Industrie
und wie könnte eine solche Position aussehen? Möglichweise sind die neuen
queeren und feministischen Pornos sowohl „diff’rent strokes for diff’rent folks”
(schließlich wollen sie auch als Pornos
funktionieren) als auch derart positioniert, dass sie die herrschenden Regeln
des Genres grundlegend herauszufordern vermögen. Dazu bräuchte es aber
wiederum größere ökonomische Ressourcen, um solche parallelen „Gegenbilder“ zu verbreiten und neue Kanäle,
um die Nischen, in denen sie produziert
werden, verlassen zu können. Räume
wie das Pornfilmfestival Berlin bieten
hier zumindest die temporäre Möglichkeit, von den Rändern ins Zentrum der
Aufmerksamkeit zu rücken.
❚
Buch-Tipp:
Svenja Flaßpöhler: Der Wille
zur Lust. Pornographie und das
moderne Subjekt.
Campus Verlag 2007
februar 2008 an.schläge 35
viennale’07
J u í z o © Vi e n n a l e
E l l e s ’a p p e l l e S a b i n e © Vi e n n a l e
Pe r s e p o l i s © Vi e n n a l e
Behave
Justiz, Klinik, Staat: Drei aktuelle Filme von Regisseurinnen über das Verhältnis von Individuum und Institution.
Von Stefanie Schlüter
Eine Richterin, zwei Mädchen,
eine Gerichtsverhandlung.
Warum sie dem österreichischen Touristen die Kamera gestohlen haben? Ob sie ihn, wie
aus den Protokollen hervorgehe, mit einem Messer bedroht hätten? Die Jugendlichen schauen die junge Richterin
an, aus ihrem Blick spricht kein Schuldbewusstsein: Sie müssten schließlich
ihre Kinder ernähren.
Maria Ramos: Juízo, Brasilien 2007
Sandrine Bonnaire: Elle s’apelle
Sabine, F 2007
Marjane Satrapi, Vincent Paronnaud:
Persepolis, F 2007
36 an.schläge februar2008
Juízo. Im Dokumentarfilm „Juízo“ von
Maria Ramoz werden jugendliche Kriminelle aus Rio de Janeiro dem Gericht
vorgeführt. Die Aussagen der Angeklagten sind Ausdruck der gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen Armut eine
Spirale begründet, die das Handeln in
kriminelle Bahnen lenkt.
Einer anderen Jugendlichen wird
Ladendiebstahl vorgeworfen. Die Richterin stellt sie vor die Wahl, mit ihrer
Mutter nach Hause zu gehen oder in
die Jugenderziehungsanstalt. Lieber
gehe sie ins Gefängnis als zur Mutter
zurück. Die Mutter ist anwesend; sie
fleht ihre Tochter an. Ihr Gesicht spiegelt die Verzweiflung, die die Tochter
vermissen lässt.
Nicht selten sind Mütter oder Väter im Saal, denen die Kinder entglitten
sind, auch die Schule erreicht die Jugendlichen nicht.
Wie die Richterin zu den Angeklagten spricht: Warum sie nicht in die
Schule gingen, statt auf der Straße herumzuhängen, um Fahrräder zu stehlen?
Warum sie einem Freund gehorchten,
ihren Eltern aber nicht? Warum sie in
ihrem Alter schon Kinder hätten? „Juízo“ heißt auf englisch „Behave“. Doch
der Beitrag zur Erziehung, den die Justiz
zu leisten versucht, läuft häufig genug
ins Leere. Viele, die der Richterin vorgeführt werden, landen erneut auf der
Anklagebank.
Da das brasilianische Gesetz es
nicht erlaubt, Angeklagte zu filmen, ersetzt Maria Ramoz die Jugendlichen in
ihrem Film durch Laiendarsteller. Die
Laien stammen aus einem ähnlichen
Milieu wie die, in deren Rolle sie schlüpfen. Aus der beobachtenden Geste des
Films und der strengen Form, die er
dafür findet, entsteht so zusätzlich das
Gefühl einer Teilhabe am Geschehen, so
dass die Grenzen des Dokumentarischen auf höchst eindrückliche Weise
verschoben werden. Gerne würde man
mehr erfahren über die Entstehung dieses Films und über die Arbeit mit den
Laien. Beim Zuschauen drängt sich die
Frage auf, wie authentisch die Prozesse
inszeniert sind und wie viel Spontaneität in den Szenen liegt. Die Regisseurin lässt diese Fragen bewusst offen.
Was für den Film einnimmt, ist die Aus-
druckskraft derjenigen, die hier nur als
StellvertreterInnen für die Verbrechen
anderer antreten – als wäre ihnen nur
zu vertraut, was sie hier spielen.
Elle s’appelle Sabine. Ein anderer Dokumentarfilm, der seinen Fokus ausdrücklich auf gesellschaftliche Institutionen
richtet, ist Sandrine Bonnaires erste Regiearbeit „Elle s’appelle Sabine“. Sabine,
von der dieser Film handelt, ist die
Schwester der bekannten Schauspielerin. Ihr macht Sandrine Platz vor der Kamera und rückt damit das ins Zentrum,
was meist im Verborgenen liegt: Die
psychische Krankheit einer Frau, die gesellschaftliche Isolation, die diese
Krankheit bedeutet und die durch die
Kliniken noch gefördert wird.
Sabines Leiden, so erfahren wir
nicht allein aus dem Off-Kommentar,
den Sandrine Bonnaire selbst spricht,
hat eine Geschichte. In der Schule wurde das eigenwillige Mädchen ausgegrenzt, später zog sie sich zurück ins
Haus der Mutter, wo sie ihren kreativen
Begabungen nachging.
Der Film konfrontiert Videoaufnahmen aus den 1980er Jahren, in denen
Sabine als Jugendliche zu sehen ist, mit
aktuellen Bildern, die sie als eine Frau
von Ende dreißig zeigen, jetzt deutlich
gezeichnet von Medikamenten und
Krankheit. Diese Sabine scheint nichts
‘07viennale
mehr gemein zu haben mit der hübschen, aufgeweckten Jugendlichen. Ihre
Augen blicken heute matt in die Kamera, ihr massiger Körper erscheint nahezu immobil.
Der Bruch in Sabines Biografie kam
mit der Einweisung in eine geschlossene Klinik, in der sie fünf Jahre lang behandelt wurde. In diesen fünf Jahren
verkümmerten ihre Talente beinahe
vollständig. Eine Ursache für die verheerenden Folgen von Klinikaufenthalten
sind falsche Diagnosen und Behandlungen. Sabine stellt in dieser Hinsicht keinen Einzelfall dar.
Sandrine Bonnaires sehr persönliches Porträt ihrer Schwester wirft nicht
nur Fragen nach der Versorgung kranker Menschen durch gesellschaftliche
Institutionen auf, sondern geht auch
den eigenen Versäumnissen nach. Dabei sucht der Film keine Ausflüchte; er
spricht offen Schuldgefühle und Ohnmacht von Angehörigen angesichts des
psychischen Zustands ihrer Geschwister und Kinder an. An dieses Schuldgefühl rühren im Film auch die vielen
angstvollen Fragen Sabines. Nicht müde wird sie, Sandrine zu fragen, ob sie
nachher noch da ist, wenn sie aus
ihrem Mittagsschlaf aufwacht. Die Fragen Sabines richten sich direkt an die
Kamera, hinter der Sandrine Bonnaire,
die Schauspielerin, die meiste Zeit verborgen bleibt. Auf diese Weise entsteht
ein Porträt im Modus des Rollentauschs. Eigentlich ist es Sandrine, die
hier die Fragen stellt, jetzt übernimmt
Sabine.
Das Pflegeheim, in dem Sabine untergebracht ist, wurde auf Initiative von
Sandrine Bonnaire eingerichtet. Ohne
ihre Berühmtheit wäre dies wahrscheinlich nicht möglich gewesen. Die
Psychologin, die Sabine während des
Klinikaufenthaltes behandelt hat, definiert Autismus als das partielle Unvermögen, in Gesellschaft zu leben. Wie
autistisch veranlagten Menschen dennoch ein würdevolles Leben in einer Gemeinschaft ermöglicht werden kann,
zeigt der Film „Elle s’appelle Sabine“ mit
allen Schwierigkeiten, die sich aus diesem Paradox ergeben.
Persepolis. Von einer Gesellschaft, in der
das Leben verhindert wird, handelt der
Zeichentrickfilm „Persepolis“ von MarjaS c h w a r z e Fra u e n C o m m u n i t y, B i l d : Pe t j a D i m i t r o v a
ne Satrapi. Der Film erzählt parallel zur
autobiografischen Kindheits- und Jugendgeschichte der Exiliranerin ein Stück
iranische Nationalgeschichte. Marjane
wächst als Tochter links-liberaler Eltern
auf. Während ihre Eltern auf den
Straßen Teherans demonstrieren, spielt
die Siebenjährige die Proteste gegen die
Schah-Regierung im heimischen Wohnzimmer nach. Nach der Vertreibung des
Schahs 1979 wird sie Zeugin, wie die Revolution ihre Kinder frisst. Unter dem
Mullah-Regime wird unterdrückt, verfolgt und hingerichtet. Einem der Opfer
gibt der Film ein Gesicht: Marjanes Onkel ist Marxist und Unterstützer der Revolution. Jede Revolution brauche eine
Übergangsphase, so sein optimistischer
Kommentar zu den politischen Ereignissen jener Zeit. Diese Übergangsphase
jedoch überlebt er nicht.
Die heranwachsende Marjane erlebt fortan die alltäglichen Repressionen, die sich massiv auch gegen Frauen
richten. Als die Jugendliche von ihren Eltern nach Wien geschickt wird, um eine
Schulausbildung in Freiheit zu erfahren,
bedeutet dies nicht nur den Verzicht
der Familie auf ein gemeinsames Leben,
sondern auch den Abschied von einem
Land, das Marjane liebt. Ein weiterer
Abschied wird folgen, wenn sie erwachsen ist, diesmal endgültig.
Am Anfang des Films sitzt eine junge Frau in der Wartehalle des Flughafens Orly in Paris. Am liebsten wäre sie
mit der ersten Maschine nach Teheran
geflogen. Nun sitzt sie dort und erinnert
sich. Dass die Regisseurin tatsächlich
dort ihren Gedanken nachhing, einen
ganzen Tag lang, glaubt man sofort. Ihre
Erinnerungen hat Marjane Satrapi
schon einmal gezeichnet;„Persepolis“
erschien zunächst als Comic und hatte
großen Erfolg. Die Arbeit an der emotionalen und immer wieder auch humorvollen Aneignung der eigenen Geschichte setzt Satrapi gemeinsam mit dem
Animateur Vicent Paronnaud nun im
Medium Film fort. Die Kraft der
schwarz-weißen Zeichnungen ist das
Verblüffende an diesem Film. Durch ihre
filigrane Gestaltung entfalten die Bilder
teilweise ähnlich märchenhafte Züge
wie die Silhouettenfilme Lotte Reinigers.
Dann wieder lässt das Schwarz-Weiß an
die düsteren Seiten expressionistischer
Filme denken. Mit „Persepolis“ ist ein
Film wirklich Grafik geworden, bewegte
und bewegende Zeichnung.
❚
jenny unger
rausgewachsen
es passiert nicht viel darum tut eine sich schwer beim schreiben sie hat keine lesbischen ideen und denkt sie an die leserinnen weiß sie auch nicht ob die sich nicht schon langweilen
weil einfach nichts mehr passiert hier nichts lesbisches in diesem nest
vielleicht ist eine keine lesbe mehr und darum weiß sie nichts
lesbisches zu schreiben? was macht denn das überhaupt aus
das lesbisch sein? früher war es klar da hat eine die bücher gelesen und die musik gehört und ist an diesen tagen in diese lokale gegangen und später nur in diese lokale und hat die filme
geschaut und ist zu dieser diskussion gegangen und jetzt was
ist jetzt davon übrig? eine frau die mit einer frau zusammen
ist aber lesbisch fühlt sich eine deswegen noch lange nicht es
fehlt etwas das drumherum es fehlt die szene der sub der
klatsch das dazugehörengefühl das dabeisein das ist alles
nicht mehr da
eine geht nicht mehr ins lesbentutorium eine sucht nicht mehr
jedes wochenende die eine party eine sucht gar keine party
mehr eine sucht keine cds mehr hält auf der straße nicht mehr
die augen nach anderen lesben auf eine sucht nicht mehr das
buch
es gibt andere bücher viel mehr sogar und andere musik und
andere filme und darum hat das eine das lesbische irgendwie
keinen platz mehr
aber eigentlich ist es wie wenn eine ein buch ausgelesen hat
oder von mir aus irgendeine tv-serie aus ist alles das so wichtig
war und so mitgenommen hat ist plötzlich weg von vorne anfangen kann eine nicht mehr weil sie doch schon alles kennt
aber es fehlt alles aus dem buch fehlt
was ist denn das lesbische wenn eine aus den coming-out- und
come-in-gruppen rausgewachsen ist? was ist wenn die parties
nichts mehr für eine sind? was wenn der tanzkurs öde für eine
ist? wo ist das lesbische für eine dann wenn doch das vorher
alles das lesbische war? was ist dann? und was wenn eine das
lesbische nicht mehr findet was ist dann? kann eine dann kein
lesbennest schreiben? muss eine dann aufhören damit?
februar 2008 an.schläge 37
Words & Sounds
Neuer US-Soul versus Pathos made in Britain, gehört von Silke Graf und Vina Yun.
www.pjharvey.net
www.batforlashes.com
www.jillscott.com
www.angiestoneonline.net
38 an.schläge februar 2008
Aus gegebenem Anlass – hallo
kalte, nasse, graue Jahreszeit! –
vorneweg zwei Alben, von denen zumindest ersteres eher
Menschen mit relativer
Gemütsstabilität oder Liebe zum schönen Pathetisch-Schweren empfohlen
sei. PJ Harvey hat nach 15 Jahren im Musikbusiness ihr achtes, etwas überraschend ausgefallenes Album White
Chalk (Island/Universal) veröffentlicht.
Die elf Nummern wurden in West London aufgenommen, produziert von
ihren langjährigen Kollaborateuren
Flood und John Parish sowie von ihr
selbst. Auf dem Albumcover begrüßt
uns Harvey mit kreidebleicher Miene im
strengen, weißen JahrhundertwendeKleid und im ersten Song erzählt sie
uns gleich, wie der Teufel in ihrer Seele
wandert, die Stimme hoch und oft kurz
davor, in eine atemlose Stille zu kippen.
Nach den sonst bei Harvey obligatorischen E-Gitarre-Klängen sucht man vergeblich. Polly Jean Harvey erzeugt hier
eine Nähe und Intensität, die Klaviere
und Harfen besser transportieren können. Auf ihrer Myspace-Seite gibt es ein
kurzes Video, in dem sie, übrigens sehr
heiter, vom Entstehen des Albums erzählt: Keine elektrischen Instrumente,
hatte sie sich vorgenommen. Sie wollte
ihre Stimme keine Charaktere spielen
lassen, sondern die Stimme verwenden,
die sie in der Kirche hat, wenn sie neben
ihrer Großmutter Weihnachtslieder
singt. „Broken Harp“ sticht heraus, spartanisch und voller Schuld und Vergebung
schließt es mit den Worten „I tried to
learn your language but fell asleep half
undressed, unrecognizable to myself.“
Eine weitere düster-süße Empfehlung für winterliche, träumerische Identitätskrisen ist das erste Album einer
anderen Britin: Bat For Lashes. Hinter
diesem Namen verbirgt sich Natasha
Khan, die ihre ersten elf Lebensjahre in
Pakistan verbrachte und ihr Debüt Fur
And Gold (Parlophone/EMI) selbst aufgenommen und vertrieben hat. Bis sie
und ihr Label She Bear mit ihren abseits
vom Mainstream platzierten Popsongs
beim Major EMI landete. Den MercuryPreis, für den sie nominiert war, gewann
sie zwar nicht, er brachte ihr aber die
nötige Aufmerksamkeit. Nicht nur
stimmlich erinnert sie tendenziell an
Björk, tatsächlich teilt sie auch das Talent zum Extravaganten und zur Selbstdarstellung. Andere mutige Vergleiche
bemühen daher auch Roisin Murphy
oder Siouxsie Sioux, in deren Schuhe die
28-jährige aber ruhig noch etwas hineinwachsen darf.
„Who is Jill Scott?“ – diese Frage
sollte seit dem gleichnamigen 2000er
Debüt der Spoken-Word-Performerin
und Sängerin aus Philadelphia obsolet
sein. Fortan als eine der wichtigsten RepräsentantInnen der so genannten
Neo-Soul-Szene gehandelt, lieferte Jill
Scott ihre Version einer „Black Sister
Girl“-Poetry, die in einen warmen Oldschool-Sound des 70er-Soul mit modernen R’n’B-Anleihen gegossen war.
Scotts jüngstes Album The Real Thing
(Hidden Beach/Sony) ist nach „Beautifully Human“ der dritte Teil ihrer „Words
& Sounds“-Serie. Obwohl auch hier die
jazzigen Arrangements und funkigen,
HipHop-inspirierten Beats gegenwärtig
sind, zerrinnen einige Songs in eher un-
scheinbare Soul-/R’n’B-Gefilde. Deutlich
ist der autobiografische Einschlag zu
spüren, wenn Scott ihre persönliche Krise nach dem Ende einer langjährigen
Beziehung in liebeshungrigen Balladen
verarbeitet, die sowohl lyricwise als
auch musikalisch nicht an frühere
Stücke heranreichen. Vereinzelt erleben
wir Jill Scott dann aber doch noch in alter Höchstform wie etwa beim AlbumHighlight „Hate On Me“ oder bei „Celibacy Blues“, das – nicht ohne Augenzwinkern – das eigene unfreiwillige Zölibat anklagt.
Angie Stone teilt zwar nicht die in
Poesie verpackte Explizität von Jill
Scott, doch auch sie gilt seit ihrem Soloalbum „Black Diamond“ von 1999 als
herausragende „Nu Soul“-Diva. Die
Gospel-geschulte Sängerin kann auf eine bereits über zwei Jahrzehnte andauernde Karriere zurückblicken, seit sie in
den frühen 1980ern als Angie B. beim
female Rap-Trio The Sequence für Sugarhill Records als MC auftrat. Krankheitsbedingt legte Stone nach „Stone
Love“ (2004) eine Pause ein, bis sie diesen Herbst ihr nunmehr viertes Studioalbum The Art Of Love And War (Stax/
Universal) auf dem neu zum Leben erweckten legendären Soul-Label Stax
veröffentlichte. Entsprechend optimistisch ist auch der Grundtenor des neuen Albums, wenngleich der Großteil
der Songs etwas zu glatt und süßlich
geraten ist. Ausnahmen wie der soonto-be Club-Hit „Play Wit It“ oder das in
Richtung „Black History“ positionierte
Lehrstück „My People“ legen nahe, dass
da noch mehr geht. Es heißt also: dranbleiben.
❚
König_innen
Stoppelpaste oder Mastix? Nicht alleine hinsichtlich des richtigen Bartklebemittels gehen
die Meinungen weit auseinander: Zwei Bücher über die Kunst, ein Mann zu werden.
Von Lea Susemichel
Norah Vincent, lesbische USAmerikanerin, gibt ihre Arbeit
als Kolumnistin bei der Los Angeles Times auf, um eineinhalb
Jahre als Mann zu leben. Nach
Bodybuilding und Beratung durch einen befreundeten Maskenbildner
dringt sie als „Ned“ in exklusiv männliche Domänen ein: in einen Bowlingverein, in Stripclubs, für mehrere Wochen
ins Kloster, zum Schluss sogar in eine
Selbsterfahrungsgruppe der Männerbewegung. Das Erstaunliche an diesem
Marathon durch Männerwelten ist jedoch nicht, dass die Herren Ned seine
Rolle ausnahmslos abnehmen, sondern
dass Ned beginnt, diesen Typen auf den
Leim zu gehen.
„Die Männlichkeit ist ein bleierner
Mythos, der auf den Schulter jedes
Mannes lastet“, schreibt Vincent. Dass
auch Männer unter rigiden Maskulinitätsdiktaten zu leiden haben, ist unbestritten. Mitleidiges Verständnis für
üble Mackersprüche beim Bowlen oder
gar für kollektiven Aggressionsabbau
durch symbolisches Zerstückeln weiblicher Puppen beim Waldwochenende
der Männertherapiegruppe muss man
deswegen trotzdem nicht haben. Vincent bringt jedoch sehr viel Verständnis
für diese Männer, ihre Konfliktunfähigkeit und Überforderung auf. Für die
Frauen, die Anbahnungsversuche grob
abblitzen lassen und mit denen sich
Ned im Zuge seines Experiments trifft,
weitaus weniger. Ihr kaltes Konkurrenz-
gehabe und ihre Überheblichkeit nervt
ihn aus männlicher Perspektive sehr.
Aber gerade diese Dynamik der zunehmenden Identifikation mit männlichen
Positionen, die aufschlussreichen Beschreibungen, wie und wodurch eine
immer überzeugendere Verkörperung
gelingt, machen den Erfahrungsbericht
dennoch sehr lesenswert.
Laut Steffen Kitty Herrmanns Beitrag im Buch „Drag Kings. Mit Bartkleber gegen das Patriarchat“ ist Ned eine
klassische „Drag-Butch“. Im Unterschied zu den „Drag Kings“, geht es diesen vor allem ums „passing“, d. h. darum, unenttarnt als Mann im Alltag
durchzugehen. Drag-Kings betreiben
mit dem Ausstellen der Künstlichkeit
von Männlichkeit bei ihren Bühnenperformance hingegen „crossing“: Sie wollen herrschende Vorstellungen von
Zweigeschlechtlichkeit durchkreuzen.
„Drag heißt also nicht, einfach nur eine
Rolle zu spielen, sondern das Spielen
dieser Rolle zu spielen.“ Mit Rekurs auf
die queere Theoretikerin Judith Halberstam ortet Herrmann nun aber gerade
in der Alltagsmännlichkeit der DragButches das größere Potential subversiver Kritik. Denn diese machen deutlich,
dass Männlichkeit durch diverse Praktiken vollständig erlernbar ist. Dieser
These widerspricht Andrea Rick, denn
die Grenzen zwischen Bühnen- und Alltagsgeschlecht ließen sich in queeren
Kontexten meistens nicht klar ziehen.
Rick kritisiert außerdem die Abwertung
und „Naturalisierung“ femininer Weiblichkeiten in der Szene ebenso wie rassistische und klassistische Tendenzen
bei den beliebten Inszenierungen von
Latino-Lovers oder Working-ClassHeroes. Auch Laura Méritt kann dem
„Spektakel, wie es jeden Tag auf der
Straße nervt: Macker, Chauvis und andere Stereo-Typen …“ nicht viel abgewinnen. Und Tania Witte gibt zu bedenken, dass „der Umgang mit Geschlechtszuweisungen wahrscheinlich
am ehestens für diejenigen, die es persönlich weniger betrifft“, ganz ungezwungen ist.
Dass Drag nicht notwendigerweise
subversiv ist, wissen auch die Sissy Boyz
– die für das Buch auch eine Foto-Story
beigesteuert haben – und verweigern
bei ihren Performances deswegen die
Darstellung klassischer heterosexueller
Männlichkeiten. Die Kombination von
männlichen und weiblichen Accessoires
wie Bart und High Heels, Brusthaar und
Lidschatten, wird aus diesem Grund
auch von vielen anderen Kings eingesetzt. Auch „double drag“ (Draging von
Frau zu Mann zu Frau oder andersrum
oder …), für das Malte Göbels Beitrag
ausgerechnet Lara Croft beispielhaft
nennt, ist geeignet, die gewünschte Verwirrung zu stiften. Und mitunter verhelfen ausgerechnet diese Strategien
sogar ganz unverhofft zum perfekten
Auftritt: „Im Kleid sehe ich noch kerliger
aus“, freut sich Toni von den Kingz of
Berlin.
❚
Norah Vincent: Enthüllungen.
Droemer Verlag 2007, 19,90 Euro
Pia Thilmann, Tania Witte,
Ben Rewald (Hg.): Drag Kings.
Mit Bartkleber gegen das
Patriarchat.
Querverlag 2007, EUR 19,90
februar 2008 an.schläge 39
lesezeichen
Lustvolle
Veränderung
Die Revolutionierung des
Alltags ist ein urfeministisches Anliegen. Neu formuliert wurde es um 1968, der
Slogan „Das Private ist politisch“ drückte einmal mehr
die Überzeugung aus, dass es mit der alleinigen
Umwälzung der Produktionsverhältnisse nicht
getan sei. Theorie und Geschichte der Frauenbewegung tauchen in Heike Hammers Buch aber
nur am Rande auf. Vielmehr sind es jene Strömungen des Linksradikalismus, die eine „poetische Skizze gelungener Widerstandserfahrungen (…) und die Lust an der Wiederholung“ hergeben, denen Hammer nachgeht. Nachgeht? Sie
rennt! In einem Parforceritt durch die Ansätze
von Gilles Deleuze und Felix Guattari, Michel
Foucault, Louis Althusser und einer Kritik an der
Wertkritik, aber auch Judith Butler, widmet sie
sich einigen Brennpunkten radikalen Aktivismus´ in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Das Italien der 1970er Jahre, wo sich ausgehend vom Protest gegen den Fabrikalltag Forderungen erhoben, die über Tarifverträge weit
hinausgingen („Wir wollen alles!“); das südliche
Mexiko seit Mitte der 1990er Jahre, wo die zapatistische Guerilla EZLN autonome Strukturen
aufgebaut und nebenbei die globalisierungskritische Bewegung angestoßen hat; und der unvermeidliche Pariser Mai 1968. All das sind Räume, die „durch Provokation und organisierte Verweigerung“ geschaffen wurden und immer wieder zu wiederholen sind – mit leichten, den
neuen Situationen angepassten Verschiebungen versteht sich, ganz im Sinne poststrukturalistischer Theorie.
Dass Poststrukturalismus hier neben Kritischer Theorie, Althusser neben Adorno, dass also
die Theorien manchmal etwas unvermittelt aneinandergereiht scheinen und die aktivistischen
Beispiele weitgehend übliche Verdächtige sind,
ist durchaus im Sinne der Autorin. Denn Systematiken sollen durchbrochen, Kategorisierungen aufgelöst und neue Zusammenhänge her-
40 an.schläge februar 2008
gestellt werden. Als Leitmotiv dafür praktiziert
und empfiehlt die Autorin auch nicht das Leid
an den Verhältnissen, sondern die Lust an deren
Veränderung.
Schmelzende
Schwäne
Eine Schande sei es gewesen, in ihrer Jugend nicht einen Sommer durchgetanzt
Heike Hammer: Revolutionierung des Alltags. Auf der Spur kollektiver
und letztlich keine echte JuWiderstandspraktiken
gend gehabt zu haben. „Was
Milena Verlag 2007, 17,90 Euro (Ö)
soll man machen“, schreibt
Rossana Rossanda dann, „wenn man 1939 fünfzehn ist und 1945 einundzwanzig? Deshalb bin
ich langweilig.“
Ihre Geschichte ist es sicher nicht. Die GranDie neue Kirsch ist da
de Dame des italienischen Kommunismus gründete 1969 gemeinsam mit anderen die bis heuEine meiner Lieblingsautote existierende (und bis heute linke) Zeitung „il
rinnen hat uns mal wieder
manifesto“. Dafür wurde sie damals als Linksabein Juwel geschenkt. Sarah
weichlerin aus der Partei ausgeschlossen, der sie
Kirsch feierte vor zwei Jahseit ihrer Unterstützung der antifaschistischen
ren ihren 70. Geburtstag
PartisanInnen im Zweiten Weltkrieg eine treue
(siehe Porträt in an.schläge
Genossin war. So ergeben, dass sie, wie viele
10/2005) und denkt gar
westliche Partei-MarxistInnen in den 1950er
nicht daran, kürzer zu treten. Im Gegenteil:„… hatte die halbe Nacht gele- und 1960er Jahren, um die stalinistischen Verbrechen herumlavierte. Wie und warum, besen. Das ist nicht zu verwerfen, weil ich eine
Pensionistin selbst bin, und ich darf in Ruhe ver- schreibt sie eindrücklich. In ihrer persönlichen
Geschichte des italienischen Nachkriegskomtrotteln.“ So der Eintrag vom „8.Septembrius
munismus und seiner Partei, der stärksten und
2003“. Kirschs neuestes Werk „Regenkatze“ ist
„intelligentesten“ (Rossanda) jenseits der
eine Art Tagebuch aus dem Winter 2003/2004.
Staatssozialismen, stellt Rossanda auch eines
Und jeder Tag ist ein Lesegenuss. Mal ironisch,
mal offen lustig, mal nachdenklich. Aus den Wo- klar: Um die Einführung des Sowjetsystems, vor
dem die ChristdemokratInnen aller Länder solchentagen werden einfach so neue Wörter wie
che Angst hatten, war es im Westen zu keinem
„Montouk“ oder „Mistwoch“ kreiert. ZwischenZeitpunkt gegangen. Sondern um die Verschiedurch ein einzelner Satz Berlinerisch: „Ich hab
etwas Schönet jeträumt, weeß aber nicht mehr bung gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse. Und
wat.“ Wir erfahren, was die Katze Emily so treibt, um soziale Rechte.
Und über sich selbst als Parteikommunistin
wenn es draußen stürmt („herrlich tristes Wetder frühen 1960er Jahre, die über jeden Zweifel
ter“). Nebenbei bekommen wir etwas vom Leben mit Familie und NachbarInnen mit und zwi- erhaben war, schreibt sie: „Sie platzte vor Selbstschendurch Weltgeschichte auf das Wesentliche bewußtsein.“ Auch das klingt nicht unbedingt
langweilig. Jedenfalls nicht so, wie ihre erste Bereduziert. Selten steckte in so wenigen Sätzen
gegnung mit dem Feminismus: Die erinnert sie
so viel Leben. Irgendwie ist alles da, was so einen Tag ausmacht. Weiß auch nicht, wie sie das als schmelzende und vom Tisch tropfende Eisschwäne auf einer Frauenkonferenz. Dorthin
macht, die Kirsch.
hatte sie die Partei geschickt und ihr Widerwille
Gabi Horak
gegen die Feministinnen legte sich erst im Anschluss an die Bewegungen von 1968. Zu dem
Sarah Kirsch: Regenkatze
versuchten Brückenschlag zwischen der neuen
DVA 2007, 17, 50 Euro (Ö)
Lea Susemichel
lesezeichen
Linken und der „Weisheit der alten Linken“
schreibt sie lapidar: „Es hat nicht funktioniert.“
Dass das Buch ausgerechnet schon an dieser
Stelle, also mit der Gründung von „il manifesto“,
endet, ist wohl der größte Einwand, der gegen
es zu erheben wäre.
Lea Susemichel
Rossana Rossanda: Die Tochter des 20. Jahrhunderts
Suhrkamp Verlag 2007, 26,80 Euro (D).
Also: Einfach dableiben, Sybille Berg lesen
und sich feste vornehmen, anstelle des Jakobsweges mal wieder eine Wanderung durch den
Wiener Wald zu machen. Oder, wenn schon
„ursprüngliche“ Länder, dann aber das Geld
mit vollen Händen zum Fenster raus und keine
Betroffenheitsarien und Erkenntnisse darüber,
wie glücklich die Leute bei all ihrer Armut doch
sind.
Eine Alternative wäre noch Island. Laut Frau
Berg soll es dort sehr schön sein. Die Leute hätten genug zu essen, ein Dach über dem Kopf
und sängen den ganzen Tag Schubertlieder!
re Art zu leben, zu denken, zu fühlen und zu
handeln“. Schön, dass sie uns ein Stück weit an
ihrer Besonderheit teilnehmen lässt.
Svenja Häfner
Nicole Schuster: Ein guter Tag ist ein Tag mit Wirsing. (M)ein Leben in Extremen: Das Asperger-Sydrom aus der Sicht einer Betroffenen
WEIDLER Buchverlag 2007, Euro 34,- (D)
Berlin für
Gabriele Susemichel
AnfängerInnen
Glückssuche
Sibylle Berg: Die Fahrt
Wir alle wollen mehr als die
Realität uns zu bieten hat.
Mehr Glück, mehr Liebe,
mehr Sinn.
Zu diesem Zweck begeben
wir uns allzu gern auf Reisen, obwohl ein kluger
Mensch einmal gesagt hat:
„Reisen wird stark überschätzt. Die Wahrheit
kann genau so gut gefunden werden, indem
man 48 Stunden irgendeine Tapete anstarrt.“
Diesen Rat haben die Personen in Sibylle
Bergs neuem Roman „Die Fahrt“ nicht befolgt.
Sie sind alle unterwegs, manche begegnen
sich, gehen wieder auseinander und der Aktionsradius der Figuren reicht vom brasilianischen Dschungel über Bombay bis ins oberbayerische Füssen. Sie sind zwischen 40 und
60 Jahren, zivilisations- und liebeserschöpft, zu
alt, um zu glauben, dass es irgendwann besser
wird, aber noch zu jung, sich endgültig mit den
Gegebenheiten abzufinden. Wir kennen sie alle. Die von der Heilssuche umnebelten Hirne,
die auf der Suche nach dem einfachen Leben
gerne vergessen, dass dieses vornehmlich aus
der bitteren Armut der Bevölkerung resultiert.
Die noch auf dem letzten Markt im Hohen Atlas beim Kauf landestypischer Waren um ein
paar Cent feilschen, dabei von den bereisten
Ländern nicht das Geringste begreifen, aber
begeistert von der Ursprünglichkeit der Bevölkerung schwärmen. Die, die sich viel zu lange
schon für immer noch jung gehalten haben
und deren seelische Vermüllung jederzeit mit
dem Dreck auf Bombays Straßen mithalten
kann. Sibylle Berg ist keine Frohnatur, das steht
fest. Und viele ihrer Figuren sind schon in der
ein oder anderen Form bei ihr vorgekommen.
Aber das ist ja das Tragische: die Wiederholung! Die Wiederholung dieser von Befindlichkeitsdiarrhoe gekennzeichneten Suche nach
dem Sinn. In der Beschreibung dieser Untoten
unseres „way of life“ ist Berg Meisterin.
Kiepenheuer & Witsch 2007, 19,90 Euro (D)
Ein besonderes Leben
„In der Nacht zum 14. Januar 1985 platzte meiner Mutter die Fruchtblase. … Ein
paar anstrengende Stunden
später war ich endlich da.
Hineingestoßen in ein Leben, in eine Welt von Mitmenschen, die ich erst gar
nicht und jetzt nur wenig verstehen kann.“
Stattdessen gibt Nicole Schuster in ihrem Buch
einen Einblick in ihre Lebenswelt und die Lebenswelt anderer Betroffener des AspergerSyndroms.
Der anfänglich eher nüchterne und trockene Stil sollte eineN nicht schrecken. Die Autorin vermittelt – gegliedert nach den unterschiedlichen Störungsfeldern – fundiertes Wissen über diese besondere Form des Autismus’.
Eigene Erfahrungsberichte und Beiträge anderer AutistInnen füllen diese sachlichen Ausführungen mit Leben. So spielt z.B. Alltagsroutine eine wichtige Rolle, um dem praktischen
Leben überhaupt einigermaßen gewachsen zu
sein. Jede Handlung vom Aufstehen bis zum
Schlafengehen, was, wann, wo gegessen wird,
wann Zeit zum Spazieren ist, wann und wie
lange die Zähne geputzt werden oder wie lange die Arbeit am Computer dauern soll, ist bis
auf die Minute genau festgelegt. Abweichungen bedeuten Chaos. „Gute Tage sind Tage,
die planmäßig ablaufen, es sind ‚Tage mit
Wirsing‘.“
„Ein Leben ohne Autismus kann ich mir
nicht vorstellen. Es wäre nicht mehr mein Leben.“ Doch was ist ein Leben mit Autismus? Für
Nicole Schuster ist ihr Autismus eine „besonde-
Dass die seit 1991 in Berlin
lebende rumänische Autorin
Carmen-Francesca Banciu
ein betont großer Fan ihrer
nunmehrigen Heimatstadt
ist, wird wohl auch der/dem
unaufmerksamsten LeserIn dieses Buches nicht
entgehen. Jene Geschichten, die von ihren politischen und persönlichen Motiven handeln, gerade diese „unvollkommene“ Stadt – anstelle von
Paris – als neuen Heimatort gewählt zu haben
und wie es sich dort dann mit der Neugier an
Menschen „aus dem Osten“ lebt, sind trotz einer
gewissen Neigung zur Sentimentalität interessant erzählt. Leider lässt sich das nicht von allen
der in diesem Buch versammelten, kurzen Texte
behaupten. Auch wenn die Autorin durchaus einige Menschen und Situationen aufmerksam zu
beobachten und zu beschreiben vermag, stört
beim Lesen eine permanent vorhandene, fast
aufdringliche Naivität, die häufig in unnötige Lebens- und Binsenweisheiten mündet – und
durch den gewöhnungsbedürftigen Schreibstil
noch unterstützt wird. Oft sehr klischeehafte
Darstellungen einer Stadt, ihrer Plätze und kulturellen Eigenheiten wechseln sich ab mit vermeintlich tiefgründigen, unkritischen Begegnungen mit ihren BewohnerInnen. Originelles ist rar
zwischen der Huldigung des Lieblings-SchreibCafé und der detaillierten Glorifizierung des so
„typischen“ Lebensstils der BerlinerInnen, besonders der dortigen Literaturszene. Zu den originelleren Elementen des Buches zählt jedoch der
Umgang der Autorin mit dem immer wieder angeschnittenen Thema Sprache – etwa wenn die
gebürtige Rumänin über die neu gelernte deutsche Sprache und den zur gleichen Zeit veränderten Bezug zu ihrer Muttersprache nachdenkt.
Nicole Rennhofer
Carmen-Francesca Banciu: Berlin ist mein Paris. Geschichten aus der
Hauptstadt
Rotbuch Verlag 2007, 9,20 Euro (D)
februar 2008 an.schläge 41
ge.sehen
Fo t o s : c o c o n - k u l t u r
Fo t o : P i t c h Wi s e
Im Bauch der Mutter
Frauen sollten ihre Töchter vor Zwangsehen schützen und überhaupt mehr zusammen halten, ist die Message des
Theaterstücks „Mein Leben mir selbst“ der Regisseurin Emel Heidenreich. Von Kerstin Kellermann
www.cocon-kultur.com
Das Stück wird wieder aufgenommen
42 an.schläge februar 2008
Ein kleines Mädchen sitzt trotzig herum und schimpft vor
sich hin. Alles, was sie mit Heiraten assoziiert, ist Speisen zuzubereiten: „Alle sagen, dass
ich eine glückliche Braut werde. Dabei
kann ich noch nicht einmal kochen.“
Die Mutter singt auf Türkisch und trauert. „Dilan, dein Vater wollte es so. Ich
kann nicht anders, versteh’ mich doch,
ich bin nur eine Frau. Ich bin eine alte
vertrocknete Zitrone“, sagt sie zu ihrer
12-jährigen Tochter Dilan, die an ihren
Cousin Ali verheiratet werden soll. Sie
kniet vor dem Sessel, in dem ihre Tochter sitzt und mit den Fransen ihres roten Tuches spielt. Das kleine Mädchen
streichelt ihr lieb über den Kopf und
widerspricht: „Du bist keine alte vertrocknete Zitrone ...“
Um Mutterliebe und um Mutterhass dreht sich das Stück „Mein Leben
mir selbst“ von Regisseurin Emel Heidenreich. Mütter, gefangen in den
Strukturen, sollen Liebe geben. Und sie
tun das auch, überwinden ihre Ohnmacht für ihre Kinder. Eine große Forderung, die niemals an die Väter gestellt
wird, nur Mütter müssen „wie die
Löwinnen“ kämpfen. Nur sie stecken in
der Zwickmühle zwischen Töchtern und
Ehegatten, gesellschaftlichen Begehrlichkeiten und dem Widerstand ihrer
Kinder. „Wie sehr hätte ich mir ge-
wünscht, dass meine Mutter mich aus
dem Albtraum geweckt hätte. Warum
konnte sie nicht zu mir stehen, dass ich
stolz auf mich bin“, träumt eine Tochter.
Und:„Das Kind gehört der Mutter mehr
als dem Vater, weil sie das Kind der
Mutter ist.“ „Ich habe aufgehört zu weinen, denn dann fängt meine Mutter
auch an zu weinen. Dann muss ich sie
trösten“, erzählt eine andere Frau im
Stück. „Später wirst du merken, wie es
ist, alleine zu sein, sagt meine Mutter.“
Emel Heidenreichs Stück zum Thema „Ehrenmord“ besticht durch eine
Vielzahl an Frauen- und Mädchenfiguren, die ständig auf der Bühne sind und
in einem großteils roten Bühnenbild
gleichzeitig in Gruppen oder alle gemeinsam agieren. Durch die elf starken
weiblichen Rollen können verschiedene
Frauentypen zum Leben erweckt werden. „Ich werde zwei Männer heiraten“,
trumpft ein Mädchen mit schwarzen
Locken und widerborstigem Gesicht
auf. „Die Leute werden Kuchen essen
und neidisch sein. Meine Männer werden mich lieben und anständig sein.“
„Wo ist denn die Liebe?“, fragt eine Frau
mit kurzen Haaren. „Ich habe zweimal
freiwillig ja gesagt und dass ich jetzt alleine bin, ist meine Sache. Dass du
(nach einer Zwangsehe) alleine bist, ist
deine Sache. Weißt du, ich habe Angst
vor meinem Leben.“ „Ich habe auch
Angst vor meinem Leben“, antwortet
die Frau im roten Kleid, die permanent
ein rotes Kissen mit sich herum trägt.
Zur Vorstellung nur für Frauen, die
in der Brunnenpassage, einer ehemaligen Markthalle am Yppenplatz, vorgeführt wird, sind Frauen mit unterschiedlichsten Migrationshintergründen gekommen. Immer wieder schauen Passantinnen durch die Glaswände herein.
Eine Frau mit Kopftuch haut sich ab, als
einem stärkeren Mädchen das Korsett
geschnürt wird, ein kleiner Junge kichert herum, eine junge Frau wiegt
ihren Hund wie ein Baby in den Armen.
„Im Bauch der Mutter gibt es keinen
Mann, den man heiraten muss“, tönt es
von der Bühne. Das Mädchen mit den
schwarzen Locken hängt in einer Art
Gerüst aus Seilen. „Mama, ich verspreche, dass ich brav sein werde, ab jetzt.“
„Du solltest dankbar sein, dass ich dir
nur auf die Beine geschlagen habe.
Wenn ich dir ins Gesicht geschlagen
hätte, könntest du nicht mal in die
Schule gehen.“
Die Frauen tanzen mit schwarzen
Tüchern über den Köpfen im Kreis.
„Tscheke, tscheke“, singen sie. Das
Mädchen zieht das Hochzeitskleid wieder aus. Alle Frauen zerren gemeinsam
an dem Seilgerüst. Am Ende klettert die
traurige Frau im roten Kleid eine Strickleiter hoch und entschwindet.
❚
an.künden
Heather Allen: Untitled 2007
musik.tanz
bis 9.12., Wien
VoiceMania – internationales a capella
festival wien
Info: T. 01/526 13 85, www.voicemania.at,
[email protected]
8.12., 21.00, Wien
Bettina Köster, live und partly plugged
Frauencafé Wien, 1080 Wien, Lange Gasse 11,
T. 01/406 37 54, www.frauencafe.com
9.12., 19.00, Wien
Romano Drom: Podiumsdiskussion,
Tanz und Musik von „Gipsy Tanjec“
und Musik-/Tanztheater „Kharma
Tschakra“
Odeon, 1020 Wien, Taborstr. 10, T. 01/216 51 27,
www.odeon-theater.at, Kosten: 15/13,- Euro
film
6.-9.12., 21.00, Wien
Queer Film Nights – Best of Identities
2007, u.a. mit Loving Annabelle,
Nina’s heavenly Delights uvm.
Top Kino, 1070 Wien, Rahlgasse 1, Karten:
T. 0699/120 96 100 oder
[email protected]
10 - 16.12., 18.30, Wien
anders leben – Lesben im Alter.
Isabell Roddes Dokumentarfilm ist ein
erhellendes Beispiel von Oral History
über die lebhafte Realität sowie Power
der Generation 70+
Top Kino, 1070 Wien, Rahlgasse 1, Karten:
T. 0699 120 96 100 oder
[email protected]
t h e a te r . ka b a r e t t
2.-8.12., 19.30, Salzburg
Heute Abend: Lola Blau. Das Stück von
Georg Kreisler erzählt die Geschichte
der jüdischen Schauspielerin, die 1938
aus Österreich vertrtieben wurde
Schauspiehaus Salzburg, 5020 Salzburg,
Erzabt-Klotz-Straße 22, T. 0662/80 85 85,
[email protected],
www.schauspielhaus-salzburg.at
4.-29.12., 20.00, Wien
schlafengehen. Von Gerhild
Steinbrigger
Schauspielhaus Wien, 1090 Wien, Porzellangasse 19, T. 01/317 01 01, [email protected],
www.schauspielhaus.at, Kosten 18,-/12,- Euro
ab 5.12., 20.30, Wien
„Die Geierwally“ zeigt den erbitterten
Kampf einer jungen Frau um ein
selbstbestimmtes Leben
KosmosTheater, 1070 Wien,
Siebensterngasse 42, T. 01/523 12 26,
www.kosmostheater.at, www.maloer.org,
Kosten: 15,- /13,- Euro
20.-22.12., 20.30, Wien
My fat Lady – schrille, clowneske und
provokative One-Woman-Perfomance
KosmosTheater, 1070 Wien,
Siebensterngasse 42, T. 01/523 12 26,
www.kosmostheater.at, www.maloer.org,
Kosten: 15,- /13,- Euro
6. und 8.12., 20.00, Wien
Gutes Tun 1,3. von und mit AnneTismer
und Rahel Savoldelli. Zwei Menschen
auf engstem Raum, davon beseelt
Gutes zu tun
TAG – Theater an der Gumpendorferstraße,
1060 Wien, Gumpendorferstr. 67, T. 01/586
52 22, [email protected], www.dasTAG.at
ab 12.12., Wien, 19.30 bzw. 20.00
Toxic dreams: Kongs, Blondes, Tall
Buildings. Die unzensierte Wahrheit
über King Kong, seine Beziehung zu
Fay Wray und Probleme am Set
brut, 1010 Wien, Karlsplatz 5, T. 01/587 05 04,
www.brut-wien.at, Kosten: 13,-/7,- Euro
ab 12.12., 20.00, Wien
sichtwaisen – Uraufführung des
Stücks von Margot Mezoglich
TAG – Theater an der Gumpendorferstraße,
1060 Wien, Gumpendorferstr. 67, T. 01/586
52 22, [email protected], www.dasTAG.at
13. und 21.12., 19.30, St. Pölten
Die Präsidentinnen von Werner
Schwab
Landestheater Niederösterreich,
3100 St. Pölten, Rathausplatz 11,
T. 02742/90 80 60 0,
[email protected]
14. und 15.12., 19.00, Wien
Christakind ist da – das schräge „Weihnachtsspäschl“ mit Christa Urbanek
SPEKTAKEL, 1050 Wien, Hamburgerstrasse 14,
Karten unter: T. 01/587 06 53 bzw.
[email protected], Eintrittsprese
werden erwürfelt (von mind. 3,- bis max.
18,- Euro) und kommen der Notschlafstelle
für Obdachlose „VinziRast“ zu Gute
21.12., Wien, 22.00
God’s Entertainment – Auf dem Weg
nach Europa. Party, Performance, Plattform, rund um den Text „Europa“ der
bosnischen Autorin Ivana Sajko
brut konzerthaus, 1030 Wien,
Lothringerstr. 20, T. 01/587 05 04,
www.brut-wien.at, Kosten: 5,- Euro
9., 11., 12.1., 20.00, Wien
Welche Droge passt zu mir? Hanna ist
eine intelligente Frau von 38, doch eine Tür versperrt ihr den Weg zu sich
selbst ...
TAG - Theater an der Gumpendorferstraße,
1060 Wien, Gumpendorferstr. 67, T. 01/586
52 22, [email protected], www.dasTAG.at
16.-26.1., 20.00, Wien
FIGHT CLUB 2: „Freiheit“ oder „Wenn
ich ein Vöglein wär ...“
TAG - Theater an der Gumpendorferstraße,
1060 Wien, Gumpendorferstr. 67, T. 01/586
52 22, [email protected], www.dasTAG.at
ab 22.1., Salzburg
Nordost. Die Besetzung des Theaters
Dubrowka in Moskau wird aus drei
Perspektiven erzählt
Schauspiehaus Salzburg, 5020 Salzburg,
Erzabt-Klotz-Straße 22, T. 0662/80 85 85,
[email protected],
www.schauspielhaus-salzburg.at
s e m i n a r . w o rk s h o p
12.12., 19.00, Salzburg
Wir reden über Harninkontinenz, mit
Dr.in Bettina Allgeier
Frauengesundheitszentrum ISIS, 5020
Salzburg, Alpenstraße 48, T. 0662/44 22 50,
[email protected], www.frauengesundheitszentrum-isis.at, Kosten 5,- Euro
16.1., 19.00, Salzburg
Eine kleine Reise in die Fantasie und in
den Genuss – Wohlfühlen im eigenen
Körper
Frauengesundheitszentrum ISIS, 5020
Salzburg, Alpenstraße 48, T. 0662/44 22 50,
[email protected], www.frauengesundheitszentrum-isis.at, Kosten 5,- Euro
11.12., 20.30, Wien
Ladies night – der Weiberstammtisch
23.1., 19.00, Salzburg
Medizinischer Infoabend in Türkisch
und Deutsch für erwachsene Frauen
türkischer Herkunft
KosmosTheater, 1070 Wien,
Siebensterngasse 42, T. 01/523 12 26,
www.kosmostheater.at, www.maloer.org,
Kosten: 13,- /11,- Euro
Frauengesundheitszentrum ISIS, 5020
Salzburg, Alpenstraße 48, T. 0662/44 22 50,
[email protected], www.frauengesundheitszentrum-isis.at, Eintritt frei
If I Can’t Dance…
Das Projekt „Feminist Legacies and Potentials in Contemporary Art Practices“ stellt
die Frage, welche feministischen Ideen für heutige Künstlerinnen aktuell sind und
wie sie diese umsetzen. Trägerin des Projekts ist die Plattform „If I can’t dance I
don’t want to be part of your revolution“, die sich performativer Praktiken in bildender Kunst annimmt.
Die Ausstellung selbst ist der vierte Teil des Projekts. Es handelt sich nicht um eine
Ausstellung über Feminismus, sondern darüber, wie Feminismus, als gesellschaftliche Praxis und als Denkform, bildende Kunst beeinflusst und inspiriert. Daher sind
in der Ausstellung unterschiedliche Generationen vereint: Von Sanja Ivekovic über
Hito Steyerl bis zu Katarina Zdjelar und Falke Pisano.
Bis 6.1.2008, MuHKA Antwerpen, 2000 Antwerpen/ België, Leuvenstraat 32, www.muhka.be, www.ificantdance.org, Öffnungzeiten: Di-So 10.00-17.00, Kosten: 5,-/3,- Euro
30.1., 19.00, Salzburg
Teenager zwischen den Welte –
Medizinischer Infoabend in Türkisch
und Deutsch
Frauengesundheitszentrum ISIS, 5020
Salzburg, Alpenstraße 48, T. 0662/44 22 50,
[email protected], www.frauengesundheitszentrum-isis.at, Eintritt frei
v o r t r a g . d i s ku s s i o n
11.12., 19.00, Wien
Ex Libris – Literatur im Gespräch.
Sigrid Löffler, Daniela Strigl, und
Klaus Zeyringer sprechen mit Gerhard
Moser über literarische Tendenzen,
betriebsame Strategien und kritische
Positionen
Literaturhaus, 1070 Wien, Seidengasse 13,
T. 01/526 20 44 0, www.literaturhaus.at,
Eintritt frei
12.12., 18.30, Wien
Andrea B. Braidt: Trau, schau, wem.
Zur Genderspezifik der Perpektive im
narrativen Film
IWK, 1090 Wien, Berggasse 17,
T. 01/317 43 42, [email protected],
www.univie.ac.at/iwk
17.12., 19.00, Wien
Sabine Nuss: Copy me – I want to
travel. Im Rahmen der Reihe:
Geistiges Eigentum – Die Produktionsverhältnisse der Ideen
Depot, 1070 Wien, Breite Gasse 3
9.1., 18.30, Wien
Heidi Niederkofler: Frauenbewegte
„Ursprünge“ – Gründungsgeschichten
der parteipolitischen Frauenorganisationen nach 1945
IWK, 1090 Wien, Berggasse 17,
T. 01/317 43 42, [email protected],
www.univie.ac.at/iwk
14.1., 18.30, Wien
Frauennetzwerke in Wissenschaft
und Kunst: Helga Köcher
„Emergence of Projects“ – Die Logik
umdrehen
IWK, 1090 Wien, Berggasse 17,
T. 01/317 43 42, [email protected],
www.univie.ac.at/iwk
21.1., 18.30, Wien
Frauennetzwerke in Wissenschaft
und Kunst: Waltraud Schlögl: Mentoring und Peernetworking, Chancen
und Herausforderungen
IWK, 1090 Wien, Berggasse 17,
T. 01/317 43 42, [email protected],
www.univie.ac.at/iwk
30.1., 18.30, Wien
Johanna Hopfner: Pädagogische
Frauen- und Geschlechterforschung –
Perspektiven und Hindernisse für
einen Dialog zwischen den Disziplinen
IWK, 1090 Wien, Berggasse 17,
T. 01/317 43 42, [email protected],
www.univie.ac.at/iwk
a u s s te l l u n g
bis 16.12, Wien
Anna Oppermann: Ensembles. Die
Generali Foundation zeigt die erste
Einzelausstellung der deutschen
Künstlerin Anna Oppermann (19401993) in Oesterreich. Ihre stilllebenartigen Arrangements aus Bildern, Fotografien, Texten und Alltagsobjekten
sind exemplarisch für die Kunst der
1970er Jahre
Generali Foundation, 1040 Wien, Wiedner
Hauptstrasse 15, T. 01/504 98 80 28, Eintritt
frei
bis 21.12., Wien
Erich Fried: Objekte und Bilder. Die britische Künstlerin Catherine Boswell
Fried hat Skizzen, Bilder und Skulpturen von Erich Fried während ihres gemeinsamen Lebens geschaffen, nun
sind die Werke erstmals in Österreich
zu sehen
Literaturhaus, 1070 Wien, Seidengasse 13,
T. 01/526 20 44 0, www.literaturhaus.at,
Eintritt frei
bis Januar 2008, Linz
Ursula Mayer
Lentos Kunstmuseum Linz, 4020 Linz,
Ernst-Koref-Promenade 1, T. 0732/707 03
600, [email protected], www.lentos.at,
Kosten: 6,50/ 4,50 Euro, Tägl. 10-18.00, Do
10-21.00
februar 2008 an.schläge 43
an.künden
bis 5.1., Wien
Anja Manfredi: Re-Enactment.
Aktuelle (Ab-)fotografie historischer
(Tanz-)Materialien
musa - Museum auf Abruf. 1010 Wien,
Felderstr. 6-8, T. 01/4000 84 00,
[email protected], www.musa.at,
Di-Fr 11-18.00, Do 11-20.00, Sa 11-16.00,
Mo, So, Feiertage geschlossen, Eintritt frei
bis 15.1.2008, Innsbruck
Katerina Seda „It doesn`t matter“
Galerie im Taxispalais, 6020 Innsbruck,
Maria Theresienstr. 45, T. 0512/508 31 71,
[email protected], www.galerieimtaxispalais.at, Kosten: 3,-/ 1,50 Euro,
Sonntags Eintritt frei, Di-So 11-18.00,
Do 11-20.00, Mo geschlossen
bis 15.1.2008, Innsbruck
Heidrun Holzfeind: C.U. (Mexico City,
2006) Diainstallation
bis 18.5.2008, Wien
Die Korngolds. Klischee, Kritik und
Komposition
Jüdisches Museum Wien, 1010 Wien,
Dorotheergasse 11, T. 01/535 04 31,
[email protected], www.iwm.at, Kosten:
6,50/ 4,- Euro, So-Do 10-16.00, Fr 10-14.00
1
lesung
Alte Schmiede, Literarisches Quartier, 1010
Wien, Schönlaterngasse 9, T. 01/ 512 83 29,
www.alte-schmiede.at, Eintritt frei
7.12., 19.00, Wien
Literaturpreis Ohrenschmaus.
Literaturpreis für sog. „lernbehinderte“ Menschen
Literaturhaus, 1070 Wien, Seidengasse 13,
T. 01/526 20 44 0, www.literaturhaus.at,
Eintritt frei
bis 30.1., Wien
Provokationen? III – TäterIn. Von Katrina Daschner
Literaturhaus, 1070 Wien, Seidengasse 13,
T. 01/526 20 44 0, www.literaturhaus.at,
Eintritt frei
FOTOGALERIE WIEN, 1090 Wien,
Währinger Straße 59/WUK, Di-Fr 14-19.00,
Sa 10-14.00, Feiertags geschlossen,
Eintritt frei
18.12., 19.00, Wien
In welcher Sprache träumen Sie?
Österreichische Exillyrik, u.a. mit
Marie-Therese Kerschabumer
bis 3.2., Wien
True Romance – Allegorien der Liebe
von der Renaissnace bis heute
Alte Schmiede, Literarisches Quartier,
1010 Wien, Schönlaterngasse 9,
T. 01/ 512 83 29, F. 513 19 62 9,
www.alte-schmiede.at, Eintritt frei
bis 10.2., Wien
Chinaproduction – reflektiert die
aktuelle Debatte über zeitgenössische
Architektur in China
Az W, 1070 Wien, Museumsplatz 1,
T. 01/522 31 15, [email protected], www.azw.at,
Mo-So 10-19.00, Eintritt frei
Montag
Diskuthek im Frauencafé
Autonomes Frauenzentrum, 4020 Linz,
Humboldtstr. 43, T. 0732/602 200,
www.frauenzentrum.at,
jeden 1. Mo im Monat, 18-22.00
Frauencafé
4.12., 19.00, Wien
Ria Janke und Team: „Elfriede Jelinek:
ICH WILL KEIN THEATER“,
Galerie im Taxispalais, 6020 Innsbruck,
Maria Theresienstr. 45, T. 0512/ 508 31 71,
[email protected], www.galerieimtaxispalais.at, Kosten: 3,-/ 1,50 Euro,
Sonntags Eintritt frei, Di-So 11-18.00,
Do 11-20.00, Mo geschlossen
Kunsthalle Wien, 1070 Wien,
Museumsplatz 1, T. 01/521 89 33,
www.kunsthallewien.at
f i x te r m i n
13.12., 19.00, Wien
Ilse Aichinger – Schlechte Wörter.
Erstes Wiener Lesetheater
1
s e l b s t v e r te i d i g u n g
12.-13.1., Wien
WEN-DO - feministische Selbstverteidigung, Fortgeschrittenenkurs
FZ, 1090 Wien, Währinger Str. 56/6
Eingang Prechtlg., T. 01/408 50 57
bis 17.2., Wien
Viva la Muerte! Kunst und Tod in
Lateinamerika
26.-27.1., Graz
Selbstverteidigung – Grundkurs mit
russischem/r DolmetscherIn
Kunsthalle Wien, 1070 Wien,
Museumsplatz 1, T. 01/521 89 33,
www.kunsthallewien.at
ISOP, 8020 Graz, Dreihackengasse 2,
Anmeldung: [email protected],
www.frauenservice.at, T. 0699/122 62 319
Autonomes Frauenzentrum, 4020 Linz,
Humboldtstr. 43, T. 0732/60 22 00,
www.frauenzentrum.at, jeden Mo 18-22.00
„Dykes on bikes“ Stammtisch.
Der Motorradclub für Lesben
7Stern Bräu, 7., Siebensterng.19,
[email protected],
www.dykesonbikes.at, jeden 2. Mo
Encounter-Gruppe für Lesben und
Frauen, die sich da nicht so sicher sind
Institut Frauensache, 15., Reindorfg. 29,
T. 01/89 58 440, [email protected],
www.frauensache.at,
jeden 2. u. 4. Mo 19.30-21.00,
Anm. erforderlich, Kosten: 21,- Euro
Freizeittreffpunkt des Rechtskomitees
Lambda
X-Bar, 6., Mariahilferstr. 45/
Raimundpassage 2, [email protected],
www.rklambda.at, jeden 1. Mo
„Zwischen den Welten“ –
Mamazonen. Erfahrungsaustausch
für lesbische [Co]Mütter
Institut Frauensache, 15., Reindorfg. 29.,
T. 01/89 58 440, [email protected],
www.frauensache.at, jeden 1. Mo 19.30-21.00,
Anmeldung erforderlich, Kosten: 3,60 Euro
First love. Sexualberatung für
Jugendliche zwischen 12 u. 19
Rudolfstiftung, Schwangeren Ambulanz,
3., Juchg. 25, jeden Mo u. Mi 14-18.00
Dienstag
Frauencafé der Frauengruppe ABRAXA
4060 Wels, Spitalhof 3, T. 07242/556 40,
[email protected], jeden Di 14-18.00
Welser Runde – Lesben-, Bi- und
Schwulen-Treff
Cafe – Music Pub Urstein, 4600 Wels,
Ringstr. 15, jeden Di ab 20.00
Michèle Thoma
N
INA!
NINA HAGEN NEULICH
BEI
MAISCHBERGER,
ARD
44 an.schläge februar 2008
Selbsthilfegruppe „Überlebt“, für
Frauen mit sexuellen Missbrauchserfahrungen
Frauengesundheitszentrum ISIS, 5020
Salzburg, Alpenstraße 48, wöchentlich
jeden Di von 18-20.00; T. 0664/82 84 263,
[email protected], Anmeldung
erforderlich, kostenlos,
www.akzente.net/Selbsthilfegruppen_fuer
_Maedchen_un.747.0.html
Babykino. Ein Film aus dem aktuellen
Angebot, bei dem Kleinstkinder in
den Kinosaal mitgenommen werden
können
Votivkino, 9., Währinger Str. 12, T. 01/317 35 71,
www.votivkino.at/1program/babyprog.htm,
jeden 2. Di ab 11.00
Frauenplenum der Grünen
Alternativen Jugend
Grüne, 7., Lindeng. 40, [email protected],
jeden letzten Di um 18:30
Modern-Afro-Latin-Dance für Frauen
aller Altersgruppen
Autonomes Frauenzentrum, 9.,
Währingerstr. 59/Stiege 6, 2. Stock,
Info: T. 01/545 43 93
ViennaMix. Verein von und für
les.bi.schwul.transgender
MigrantInnen in Wien
Marea Alta-Keller, 6., Gumpendorferstr. 28,
jeden 2. Di ab 20.00
Selbsthilfegruppe „Wenn Frauen zu
sehr lieben“
Transgender-Treff
HOSI Vereinszentrum, 5020 Salzburg,
Müllner Hauptstr. 11, T. 0662/435 927-27,
www.hosi.or.at, jeden 2. und 4. Mi ab
20.00
Deutsch Konversation
Frauen aller Länder-Café, 6020 Innsbruck,
Schöpfstr. 4, T. 0512/ 564 778,
jeden Mi von 14-18.00
Vereinscafé Anchorage.
Das Café der erfüllbaren Wünsche:
Offen für alle Frauen und Lesben
Autonomes FrauenLesbenzentrum, 6020
Innsbruck, Liebeneggstraße 15,T. 0512/580 839,
[email protected],
www.frauenlesbenzentrum.at, jeden Mi
und Fr ab 20.30
Gesprächsgruppe für Frauen mit
sexuellen Gewalterfahrungen.
Leitung: Bettina Reinisch
Räumlichkeiten des Notrufs, 17.,
Telefonische Anmeldung: T. 01/523 22 22,
www.frauenweb.at/notruf, Dauer: 7
Abende, 14-tägig, Kosten: 20,– Euro/Termin
Lesben-Fußballgruppe
Aufschlag-BALLerinas
PAHO-Halle, 10., Jura Soyfer G. 3,
Garderobe 2, aufschlag.gay.or.at,19.30-21.30
Lesbengruppe
HOSI-Zentrum, 2., Novarag. 40,
T. 01/216 66 04, www.hosiwien.at,
jeden Mi ab 19.00
Offene Frauengruppe
Frauenservice, 8020 Graz, Idlhofg. 20,
T. 0316/716 02 20, [email protected],
jeden Di 19.30-21.00
Familienberatungsstelle, 6., Kaunitzg. 33/8,
T. 01/581 09 60, www.le-kri.at,
Kosten: 1,50 Euro, jeden Mi 18-20.00
Mittwoch
Offene Gruppe für Alleinerzieherinnen
Ehe ohne Grenzen, Kundgebung jeden
Mittwoch, 17.00, Innenministerium
Innenministerium, 1010 Wien, Herrengasse
7, Info: www.ehe-ohne-grenzen.at
Kontaktstelle für Alleinerzieherinnen, 1.,
Stephanspl. 6/V/30, jeden 1. u. 3. Mi,
18-20.00, T. 01/587 67 50
Resis.danse. FrauenTanzClub.
Frauencafé
Café Standard, 5., Margaretenstr. 63, Infos:
www.resisdanse.at, jeden Mi u. Fr ab 21.00
Jugendzentrum Agathon,
3002 Purkersdorf, Kaiser-Josef-Str. 49,
Kontakt: Ulrike Putz-Alb, T. 0664/191 61 20,
jeden 1. Mi ab 19.30
Sappho – Selbsterfahrungsgruppe für
lesbische und bisexuelle Frauen.
Leiterin: Christine Swarowsky
Frauencafè
Linzer Frauengesundheitszentrum, 4020
Linz, Kaplanhofstr. 1, T. 0732/77 44 60,
www.fgz-linz.at, jeden Mi von 16.30-18.00
Beratungsstelle Courage, 6., Windmühlg.
15/1/7, T. 01/ 585 69 66, [email protected], www.courage-beratung.at, 14tägig, Mi 18.30–22.00, Kosten/ Abend: 48,Euro, kostenloses Vorgespräch erforderlich
Nina wirklich! Jetzt, wo du doch schon über 50! Schon so schön reif live,
schon so lange auf unserem himmelblauen Planeten. Wo Mama Erde dir
schon so vertraut und du das doch alles schon ein bisschen verdaut hast.
Die ErdbewohnerInnen. Ihre Sitten, ihre Bäuche und Gebräuche. Ihre
feindlichen Ausstrahlungen! Ihre unbeschwingten Schwingungen!
Da musst du doch schon längst kosmisch geimpft sein. Mit deinen
connections!
Nina Klarabella Operndiva, Mother of Shiva, Mascherlqueen, Nina, du unbeschreiblich Weibliche, Leibhaftige, Lebhafte, du nicht Silikone-Ikone,
Club2 Quantensprung … Jetzt bist du eine Tante mit Sprung!
Mit nicht mehr allen Untertassen im Schrank! Und das bei der süßen, intelligenten, intellektuellen, einfühlsamen Maischbergerin. Die sich ja alle
mütterliche Mühe gemacht hat, dich zu sitten. Wieder earth-survivaltaugliche Sitten zu reaktivieren.
Jemand wie du, die so intergalaktisch drauf ist … die müsste doch ein
paar feindliche Attacken vom Mars genüsslich venüsslich umsurfen.
Vor allem wo Mars gar nicht feindlich war! Wo er nur ein bisschen verschärft nachgedacht hat, und nie gelacht, und nur so ein muffiger Marsmensch eben mit hyperaktiven Gehirnzellen.
Du hast ja behauptet, es war der Jetlag, der dich in so eine Lage gebracht
hat. So eine naja Schrägschieflage. Ufo-Jetlag?
an.künden
Donnerstag
HelpChat „Halt der Gewalt“
Der Helpchat www.haltdergewalt.at bietet
anonyme Hilfestellung, jeden Do 20-23.00
Feministische Gespräche. Gemütliche
Diskussionsrunde für Feministinnen
FZ-Bar, 1090 Wien, Währiger Str., 56/6,
T.01/402 87 54, jeden 4. Donnerstag im
Monat, 19.00
Regenbogenstammtisch Vöcklabruck
Restaurant „Zur Brücke“, 4840
Vöcklabruck, Vorstadt 8,
www.hosilinz.at/gruppen/hosi_
regenbogenstammtisch.html, jeden Do,
20.00
Lesbenabend
Pe r s e p o l i s © Vi e n n a l e
HOSI Vereinszentrum, 5020 Salzburg,
Müllner Hauptstr. 11, T. 0662/43 59 27-27,
www.hosi.or.at, jeden 1. u. 3. Do ab 19.00
Salon de Femme
2 Stein, 5020 Salzburg, Giselakai 9, ab 18.00
Offener Abend
Hosi-Lokal, 6020 Innsbruck, Innrain 100,
www.queertirol.com, T. 0512/562 403,
jeden Do 20.30
Barbetrieb von und für Frauen/Lesben
FZ-Bar, 9., Währinger Str. 56/6, Eingang
Prechtlg., T. 01/402 87 54, jeden Do u. Fr 1924.00, bzw. nach Voranküdigung
FZ-Plenum
FZ-Bar, 9., Währiger Str., 56/6,
T.01/402 87 54, jeden 1. Do ab 18.30
Mahnwache und Speakerscorner
Treffpunkt vor dem Kanzleramt zwischen
20 u. 20.15, jeden Do
Selbsterfahrungsgruppe für Frauen,
Lesben, Mädchen!
Praxis: 9., Gussenbauerg. 1/8, Anmeldung
erforderlich! T. 01/283 24 90, Infos:
http.://fachfrauen.wolfsmutter.com/392,
Kosten: 17,- Euro, jeden Do 18-19.30
Selbsthilfegruppe Anonyme EssSüchtige
7., Stiftg. 8, T. 0676/7879144, jeden Do 19.00
Treffen der „Jungen Herzen“
HOSI Wien, 2., Novaragasse 40,
jeden Do ab 19.00
Freitag
1. Linzer Lesbenstammtisch
Café Sax, 4020 Linz, Klammstr.,
www.hosilinz.at, jeden 3. Fr ab 20.00
Die Grünen Andersrum OÖ- Lesben,
Schwule u. TG-Personen Treffen
Grünes Haus, 4040 Linz, Landgutstraße 17,
Sozialraum, jeden 1. Fr ab 19.00
Rebellion im Iran
Persepolis ist eine Verfilmung der gleichnamigen klassischen Graphic-Novel von Marjane Satrapi. Der Film erzählt
anhand der Lebensgeschichte Satrapis die jüngste Geschichte Persiens: Sie ist neun Jahre alt, als im Iran die Mullahherrschaft beginnt, in deren Folge Tausende im Gefängnis landen und Frauen gezwungen werden, Kopftuch zu
tragen. Marjane hingegen entdeckt viel lieber Punk und ABBA und macht erste Erfahrungen mit Jungs. Als sie älter wird, sorgen sich ihre Eltern um ihre Sicherheit und schicken sie ins Internat nach Österreich. Marjane entschließt sich jedoch, in den Iran zurückzukehren …
Persepolis ist ein Zeichentrickfilm für Erwachsene, der bei den Filmfestspielen in Cannes mit dem Preis der Jury
ausgezeichnet wurde.
www.sonypictures.com/classics/persepolis/main.html
z.B. ab 30.11. im Filmcasino, 1050 Wien, Margaretenstraße 78, T. 01/587 90 62, [email protected], www.filmcasino.at;
und in weiteren Kinos
Welser Frauen-Stammtisch –
gemütlicher Frauentreffpunkt
Schubert-Stüberl, 4600 Wels, Schubertstr. 13,
jeden 1. u. 3. Fr ab 20.00
Frauencafé der Rosa-LilaPantherinnen – der Abend für
Lesben und Freundinnen
Schwul-Lesbische ARGE, 8020 Graz,
Annenstr. 26, www.rlp.homo.at/frauencafe,
T. 0316/366 601, Fr 19-23.00
Linzer Gehörlosen Lesben-SchwulenBi Stammtisch
Vereinscafé Anchorage.
Das Café der erfüllbaren Wünsche.
Offen für alle Frauen und Lesben
Coffee Corner, 4020 Linz, Bethlehemstr. 30,
SMS unter 0664/380 70 42, jeden 1. Fr
Autonomes FrauenLesbenzentrum,
6020 Innsbruck, Liebeneggstraße 15,
T. 0512/580 839,
[email protected],
www.frauenlesbenzentrum.at,
jeden Mi und Fr ab 20.30
Barbetrieb mt Musik, Billiard,
Fernsehen, Zeitschriften und mehr.
Von und für Frauen/Lesben
FZ-Bar, 9., Währinger Str. 56/6 Eingang
Prechtlg., T. 01/402 87 54, Do und Fr
19-24.00, bzw. nach Vorankündigung
g.spot for queers to check in &
freak out
Subzero, 7., Siebensterng. 27,
jeden 1. Fr ab 22.00
Offenes Treffen feministischer
Migrantinnen
Gewi, Altes AKH, 9., Spitalg. 2-4,
Kontakt: [email protected]
Café Längenfeld, 12., Längenfeldg. 8,
jeden 1. Fr
Samstag
Resis.danse. FrauenTanzClub.
Café Standard, 5., Margaretenstr. 63, Infos:
www.resisdanse.at, jeden Mi und Fr ab 21.00
First love. Sexualberatung für
Jugendliche zwischen 12 u. 19
Donauspital SMZ-Ost, Gyn. Ambulanz, 22.,
Langobardenstr. 122
Queerulantinnen – die neue Unigruppe. Anlaufstelle für Lesben, Feministinnen, Feizeitphilosophinnen u. andere blümerante Identitäten
Frauenstammtisch – Treffen für
Lesben, bisexuelle und transgender
Frauen und Freundinnen
Lilith Frauencafe, 3504 Krems/Stein,
Steiner Landstr. 76, T. 02732/855 55,
www.stammtischkrems.info
/Frauen/Lilith, jeden 3. Sa ab 16.00
Mostviertel Andersrum.
Lesbisch/schwules Treffen
Infos: [email protected],
T. for girls 0664/655 46 94, jeden 1. Sa
februar 2008 an.schläge 45
Fo t o : A n n a S t ö c h e r
an.künden
Coming Out Gruppe
Lila Tip, 6., Linke Wienzeile 102, T. 01/586 8150,
www.villa.at/lilatip/modules/news,
Anmeldungen: Mi 17-20.00
an.schläge
Einzelberatung für Frauen in
Krisensituationen
thema
Anm.: F.E.M., 18., Bastieng. 36-38,
T. 01/476 15-5771, Erstgespräch kostenlos!
Smoke
Mädchenworkshop: Besuch bei der
Frauenärztin. Mit Gabriele
Knappitsch
Qualmende Ikoninnen, erzwungenes Outing beim Rauchen
vor Lesbenclubs: was Rauch mit Feminismus zu tun hat.
F.E.M., 18., Bastieng. 36-38,
T. 01/476 15-5771
Medizinische Sprechstunde für
Mädchen und Frauen mit Essstörungen
F.E.M., 18., Bastieng. 36-38,
T. 01/476 15-57 71
Komödie zum Weinen
„Für normal bin ich eigentlich normal“, verrät der
Pressetext des Stücks „sichtwaisen“ von Margit Mezoglich über die ältere Kakteenzüchterin Silvia und
den jungen Ben. Es wird eine Komödie zum Weinen
ohne verlässliche Wirklichkeiten versprochen. Ob es
sich dabei um eine groteske Liebesgeschichte oder
ein liebevolles Hassspiel handelt, ob zwei Verrückte
einen Machtkampf ausfechten oder normale Menschen nach Glück und Geborgenheit suchen, entscheiden die ZuseherInnen.
ab 12.12., 20.00, TAG – Theater an der Gumpendorferstraße, 1060 Wien, Gumpendorferstr. 67, T. 01/586 52 22,
[email protected], www.dasTAG.at
Orlando-Party
6., Theobaldg. 10, jeden 2. Sa ab 22.00
Sonntag
HOSI Sonntagsbrunch
Café Steinschlag, 5020 Salzburg, Glockeng. 4,
Frühstücksbuffet, jeden 3. So ab 11.00
Sonntagsfrühstück. Für Lesben und
interessierte Frauen
Frauengetriebe, 6900 Bregenz, Schillerstr. 2,
T. 05574/455 38, [email protected],
jeden 1. So ab 10.30
Frauenbadefreuden
Badehaus Sargfabrik, 14., Goldschlagstr. 169,
www.sargfabrik.at, Kosten: 14,- Euro, Anm.:
[email protected] oder T. 01/988 98-214,
jeden 3. So 16-20.00
Weiber-Frühstück: Videos, Diskussion,
Provokation, feministische Literatur,
veganes Buffet
E.K.H., 10., Wielandg. 2-4, jeden 1. So
Nach Vereinbarung
Aus.Weg. Beim nächsten Mal wird
alles anders? Beratung und Mediation
für Lesben und Schwule
aus.weg, D-80469 München,
Baaderstr. 36/4, www.aus-weg.de
Frauenberatung
Verein Frauen für Frauen Burgenland,
7400 Oberwart, Spitalg. 5, T. 03352/338 55;
7540 Güssing, Hauptstr. 26, T. 03322/430 01
Psychologische, juristische und
arbeitsmarktpolitische Beratung
sowie Sozialberatung für Frauen
Die Tür – Frauenservicestelle, 7210
Mattersburg, Brunnenpl. 3/2, T. 02626/626
70, 7000 Eisenstadt, Joachimstr. 11/2,
T. 02682/661 24
Maiz – Autonomes Integrationszentrum von & für Migrantinnen
Maiz, 4020 Linz, Hofg. 11, T. 0732/77 60 70,
[email protected], www.servus.at/maiz,
Mo u. Do 10-16.00, Di u. Mi 10-14.00
Beratung im Schwangerschaftskonflikt, bei Verhütungsfragen und Essstörungen
ISIS, 5020 Salzburg, Alpenstr.48,
T. 0662/442 255, kostenlos
Hotline Essstörungen des
Frauengesundheitszentrums Graz
Telefon zum Ortstarif: T. 0810/810 400, Mo
u. Fr 10-12.00; Di u. Mi 9-12.00, Do 16-19.00
Patchwork-Familien-Service.
Mit Margit Picher
Beratung, Kurse, Information für
geistig oder mehrfach behinderte
Frauen und ihre Angehörigen
Verein Ninlil, 3., Untere Weißgerberstr. 41,
T. 01/714 39 39
Bright Future für Frauen und Mädchen.
1. Beratungsstelle für FGM
Wendepunkt, 2700 Wr. Neustadt, Raug. 16,
T. 02622/825 96, Mo, Do, Fr 9-12.00,
Di 17-19.00
Bright Future, Afro-Asiatisches Institut,
9., Türkenstraße 3, T. 01/319 26 93, Mo-Fr
9-17.00, Terminvereinbarung erforderlich!
Brasilianische Sexarbeiterinnen entwickeln mit großem
Erfolg das Mode-Label DASPU
an.schläge
TV
Mo 18.00-19.00
Khorschid Khanum – die persischsprachige Frauensendung
13.12.,
21.00
Orange 94.00 MHz (Telekabel Wien 92.7),
jeden 1. Mo
Di 13.00-14.00
Globale Dialoge. Woman on air.
Weibliche Realitäten in den Ländern
des „Südens“
AUF
OKTO
WEBSTREAM:
WWW.OKTO.TV
Orange 94.00 MHz
Mi 18.00-18.30
Frauenzimmer. Die Plattform für
frauenspezifische Information
Freies Radio Salzburg, FM 94.00 MHz
Mi 18.00-19.00
Orangina bzw. Bauch, Bein, Po: Die Sendung für die ganze Frau
Orange 94.00 MHz
Do 18.00-19.00
HOSI Lesbenradio
Orange 94.00 MHz, jeden 1. Do
Fr 19.00-20.00
Space FEM FM Frauenradio
Radio FRO. 105.00 MHz in Linz,
jeden 1., 3. u. 4. Fr
Fr 18.00-19.00
Radio UFF. Sendung des Unabhängigen FrauenForums
Orange 94.00 MHz, jeden 1. Fr
UKW 97.20 und Kabel: 92.60 (Berlin)
abz.austria, 8., Wickenburgg. 26/5,
T. 0699/166 70 318, [email protected], www.abzaustria.at,
Terminvereinbarung erforderlich!
Sexwork-Style
r a d i o . f i x te r m i n
Verhütungsberatung für Mädchen
und junge Frauen. Mit Monika Vucsak
abz.get ready. Die Beratungsstelle für
junge schwangere Frauen und junge
Frauen mit Kind
international
6 Abende, Infos: T. 01/597 75 54,
[email protected],
www.petra-oellinger.at
Sa 13.00-14.00
Rainbow City-Radio für Lesben und
Schwule
Gruppen, Kurse, Vorträge für Frauen.
Auch muttersprachliche Beratung
46 an.schläge februar 2008
Progressive Muskelentspannung.
Mit Petra Öllinger
Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz,
Joanneumring 3, T. 0664/231 14 99,
Anmeldung erforderlich,
Kosten: 5,-/10,- Euro
Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz,
Joanneumring 3, T. 0316/837 998,
Anmeldung erforderlich, www.fgz.co.at
im Februar
Livestream: www.radiorainbowcity.de
tanz.fest
15.12., 20.00, Wien
Weihnachtstanzabend! Das Frauen
Tanz Event zum Jahresausklang!
HOSI Wien, 1020 Wien, Novaragasse 40,
Kosten: 2,- Euro
26.1., Wien
Regenbogenball im Schloss Schönbrunn
HOSI Wien, Infos und Karten: www.hosiwien.at, Kosten: VVK: 36,-/28,- Euro, AK: 43,/33,- Euro
Redaktionsschluss
an.schläge gibt’s u. a. in folgenden Buchhandlungen
ÖGB Buchverlag
Kuppitsch
Morawa
Winter
Frick International
Lhotzkys Literaturbuffet
Buchh. Polycollege
Südwind
Kunsthalle Shop
Prachner
Riedl
Facultas am Campus
Kuppitsch am Campus
Löwenherz
Südwind
Kulturver. Waschaecht
Bücher Wiederin
Wagnersche Buchh.
Amazone-Zentrum
Mex-Unibuchhandlung
Bertha – Bücher & Produkte
Hacek-Bücherei
1010
1010
1010
1010
1010
1020
1050
1070
1070
1070
1080
1090
1090
1090
1090
4600
6020
6020
6900
8010
8020
9020
Rathausstr. 21
Schottengasse 4
Wollzeile 11
Landesgerichtsstr. 20
Schulerstr. 1-3
Taborstr. 28
Reinprechtsdorferstr. 38
Mariahilferstr. 8
Museumsquartier
Museumsquartier
Alser Str. 39
Altes AKH, Alser Str. 4
Altes AKH, Alser Str. 4
Berggasse 8
Schwarzspanierstr. 15
Dragonerstr. 22
Sparkassenplatz 4
Museumstr. 4
Kirchstr. 39
Brockmanng. 15
Siebenundvierzigerg. 27
Paulitschgasse 5/7
und auch in vielen deutschen Städten:
Termine 2/08: 10.01.2008
[email protected]
anschlaege.at
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Ausstellung verlängert bis 27. Januar 2008
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1040 Wien, Austria
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o Jahresabo (10 Hefte/35 e )
o für Erwerbslose (10 Hefte/29 e )
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Untere Weißgerberstr. 41
1030 Wien
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Herzensfeministin. Oder
den Herzensmenschen, der
erst FeministIn werden soll. Wird
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Nr. 12/07-01/08, 21. Jahrgang, e 3,8 (Ö) e 4,5 (D) sfr 8,- , ISSN 1993-3002, P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1030 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M