Themenbeitrag Genießer-Branding mit der

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Themenbeitrag Genießer-Branding mit der
Themenbeitrag
Genießer-Branding
mit der Deutschen Genießerstudie
Summary
Genießen und Wohlfühlen sind für viele
Menschen wichtiger als Macht, Prestige und
Einfluss. Konsumenten suchen verstärkt
nach immateriellen Werten und verabschieden sich zusehend vom hedonistisch geprägten, sinnleeren Anhäufen von Konsumgütern.
Genuss verknüpft sich bei modernen Zielgruppen mit Begriffen wie Ethik und Moral,
Authentizität und Gesundheit.
Dem Genuss und seinen Märkten gehört die Zukunft.
Der Begriff Genuss taucht vermehrt in den
Analysen von Trendforschern, Soziologen
und Psychologen auf. Jedoch ist das Wissen
darüber, was echten Genuss ausmacht, genauso wie die entsprechende wissenschaftliche und strategische Konsumforschung noch am Anfang. Dem Genuss und
seinen Märkten gehört die Zukunft. Lebensqualität und Wohlfühlen werden zu wichtigen
Kaufargumenten. Das erfordert neue Strategien, Konzepte und Geschäftsideen. Für
Unternehmen stellen sich die Fragen:
- Wie eröffnen wir unseren Zielgruppen
eine Welt des Genusses, in der sie sich
gemäß obiger Definition wiederfinden?
- Wie schaffen wir entsprechende Markenerlebnisse, die feinsinnig spürbar
sind?
In Anlehnung an Erkenntnisse aus der Persönlichkeitspsychologie hat brandamazing
fünf Genießerdimensionen und die zugehörige Typologie entwickelt. Damit bekommen
Praktiker aus Branding, Marketing und
Kommunikation ein Instrument an die Hand,
mit dem sie die Bedürfnisse ihrer Zielgruppen
besser erkennen und ihre Produkte, Dienstleistungen und Kommunikation am tatsächlichen Genussempfinden der Menschen ausrichten können. Dies, um Markenerlebnisse
mit echtem Genussfaktor zu schaffen.
brandamazing Genießerrose
Im Rahmen einer Befragung von über 8.000
Menschen wurden Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Erleben von Genusssituationen
näher beleuchtet und die wichtigsten Lebensbereiche, in denen Genuss erlebt wird, bestimmt. Es zeigt sich, dass das erhobene Persönlichkeitsprofil eines Menschen starken Einfluss darauf hat, was als Genuss empfunden
wird. Während z. B. ein Mayflower- Genießer
besondere Freude an neuen und unbekannten
Situationen hat, liebt es der Filofax-Genießer
strukturiert und planbar.
Die Erkenntnisse über Verhaltenspräferenzen
der in der Genießerrose zusammengefassten
Genießertypen ermöglichen Markenverantwortlichen eine genussorientierte Positionierungs- und Segmentierungsarbeit.
Die unterschiedlichen Dimensionen von Genuss und ihre typischen Vertreter sind in der
Genießerrose zusammengefasst:
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Inhalt
Summary
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Genießer-Branding
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Werkzeug Genießerrose
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Die fünf Genießertypen
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Deutsche Genießerstudie
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Implikationen für Marketing und Kommunikation
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Über brandamazing
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Genießer-Branding
Eine wahrhaftige Ökonomie sollte sich vornehmlich mit den Bedürfnissen und Wünschen
der Menschen beschäftigen. Bei genauem
Hinsehen ist dabei schnell festzustellen, dass
sich diese Bedürfnisse in letzter Zeit verschoben haben. Weder der Wunsch nach Luxus
noch der nach Erlebnis steht heutzutage in der
Bedürfnispyramide ganz oben. Vielmehr rückt
das Verlangen nach einer positiven Sinnesempfindung, die mit körperlichem und/oder
geistigem Wohlbehagen verbunden ist, zunehmend in den Vordergrund.
dem Bauch heraus, ohne auf die Ursachen
von wirklich erlebtem Genuss einzugehen und
den neuen genießenden Konsumenten wirklich zu kennen. Stattdessen werden Produkte
und Leistungen in eine harmonische Bildwelt
eingebettet und schlicht und ergreifend mit
Begrifflichkeiten wie „der wahre Genuss“ und
„für Genießer“ aufgeladen.
Wahrer Genuss, das neue Lebensgefühl – weniger Leistung und Ware für
mehr Umsatz und Gewinn
Nun ist es an der Zeit, Genießer-Branding zu
verorten und zu definieren; vor allem, die unterschiedlichen Ausprägungen von Genussempfinden strategisch zu erfassen und eine
Typologie des Genusses einzuführen. Dazu
hat brandamazing das Werkzeug der Genießerrose entwickelt.
Im Wettbewerb um den neuen, anspruchsvolleren Genusskonsumenten wird derjenige
die Nase vorn haben, der dazu beiträgt, immaterielle Wünsche zu befriedigen. Die Genießermärkte der Zukunft werden sich zusehend
vom klassischen Konsum und dem damit verbundenen sozialen Verhalten abkoppeln.
Zur besonderen Beachtung: GenießerBranding und die Deutsche Genießerstudie
beziehen sich ausdrücklich nicht nur auf den
Bereich Essen & Trinken, vielmehr auf vielfältige Lebensbereiche, in denen mehr wahrer
Genuss von immer zentralerer Bedeutung ist
(siehe auch Seite 10).
Entsprechend werden in einer Welt der 24Stunden-Nonstop-Gesellschaft und der gefühlten Zeitknappheit Konsumangebote wichtig,
die sich als Gegengift zur subjektiv empfundenen Enteignung von Lebenszeit eignen und
neue Wege des genussvollen Selbsterlebens
aufzeigen. Der Faktor Zeit wird immer mehr
zur Schlüsselressource und zum knappen
Gut. Deshalb gilt es, noch bewusster mit der
Zeit umzugehen.
Wir stehen vor einer neuen Bewegung in
Branding und Marketing, die den echten Bedürfnissen und Wünschen des Konsumenten
entspricht: Sie vermittelt Freude, bereitet Vergnügen, ist nachhaltig; echte Berührung und
sinnliche Erfahrung statt bloßer schnelllebiger
Zerstreuung und Attraktion. Balancierte
Selbstwahrnehmung statt schneller, höher,
weiter.
Es handelt sich um Genießer-Branding. Die
werbetreibende Industrie beginnt darauf zu
reagieren. Dies allerdings ungeplant und aus
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Werkzeug Genießerrose
Die Wissenschaft und hier vor allem die Neurowissenschaften entschlüsseln die Geheimnisse
menschlichen Erlebens und Verhaltens in zunehmendem Maße: Wir wissen heute, dass
unser Denken, Fühlen und Handeln zum größten Teil von uns unbewussten Prozessen bestimmt wird. Anders gesagt: Wir tun nicht, was
wir wollen, sondern wir wollen, was wir tun.
Unser Gehirn spielt uns nur vor, dass wir Entscheidungen bewusst und rational treffen.
Durch Vererbung und Sozialisation entwickeln
wir Verhaltensmuster, die sehr stabil sind,
unsere individuelle Persönlichkeit ausmachen
und schließlich auch dafür verantwortlich sind,
wie wir uns verhalten und was wir als Genuss
empfinden.
Die Basis einer Genießertypologie bilden dann
auch die Erkenntnisse aus der Persönlichkeitspsychologie. Bei der Erklärung der
menschlichen Persönlichkeit stoßen Forscher
aus den unterschiedlichsten psychologischen
Richtungen immer wieder auf dieselben Faktoren – die so genannten „Big Five“. Diese
Dimensionen und ihre jeweilige Ausprägung
bilden die Basis der menschlichen Persönlichkeit und bestimmen unser Verhalten.
Die Big Five bestimmen in hohem Maße unser Genussempfinden
Inspiriert von den Dimensionen der Persönlichkeit und ihren Auswirkungen auf unser
Wahrnehmen und Erleben wurden fünf Genießertypen abgeleitet. Sie ermöglichen es
erstmals, Genusserleben wirklich zu verstehen und für Branding, Marketing und Kommunikation greifbar zu machen.
Die Genießertypen werden umfassend und
übersichtlich in der Genießerrose dargestellt:
brandamazing Genießerrose
Broadway-Genießer sind extrovertiert und
fühlen sich in Gruppen und bei gesellschaftlichen Anlässen besonders wohl. Sie sind
selbstsicher, lieben es, sich zu inszenieren,
und haben oft ein heiteres und aktives Gemüt.
Mayflower-Genießer sind wissbegierig, fantasievoll und experimentierfreudig. Sie hinterfragen bestehende Normen kritisch, und
neue, ungewohnte Erfahrungen bereiten
ihnen besonders viel Vergnügen.
Filofax-Genießer sind gewissenhaft, organisiert und sorgfältig. Wenn alles nach Plan
läuft und es keine Überraschungen gibt, fühlen sie sich besonders wohl.
Bambi-Genießer sind liebevoll und hilfsbereit. Sie genießen harmonische Situationen, die sie kennen.
Impuls-Genießer wissen nicht so recht, was
sie wollen, und probieren vieles aus. Sie sind
häufig sprunghaft und an allen möglichen
Themen interessiert. Genießen fällt ihnen
grundsätzlich schwer.
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Die fünf Genießertypen
Jeder Mensch und sein Genussverhalten
setzt sich aus unterschiedlich großen Anteilen an den genannten Dimensionen zusammen. Den reinen Broadway-Genießer oder
den reinen Bambi-Genießer gibt es also
nicht. Um ein Verständnis für die spezifischen Eigenheiten und Verhaltensmuster zu
erlangen, ist es jedoch hilfreich, sich in die
Lebenswelten idealtypischer Vertreter jeder
Dimension hineinzudenken:
Der Broadway-Genießer liebt die Bühne und
das große Publikum. Auf Familienfesten
kommt er zuerst gehörig zu spät und hält dann
die beste Laudatio auf den Jubilar. Zuhören ist
nicht so sehr sein Ding. Er trägt den Familienschmuck, dazu eine Breitling über der Manschette. Das Halstuch ist von Etro. Seinen
Bordeaux kauft er bei Mövenpick; da bekommt
er immer die Einladungen zur Weinprobe und
darf auch ein paar andere Weinkenner mitbringen. Er tut nonchalant, aber aus dem Augenwinkel; schließlich will er den anderen
gefallen. Deshalb bekommen sie alle ein Bussi, zur Begrüßung wie zum Tschüssi. Und
dafür steht er meist in der Mitte. Wenn jemand
einen Rat braucht, ruft er aber lieber einen
anderen an; dem Broadway-Genießer ist das
auch ganz recht so. Er fährt eine 1965er Mercedes Pagode in Original-Mausgrau. Er ist
immer darüber im Bilde, was Brangelina so
treiben. Seiner Frau schenkt er Schmuck von
Wellendorff.
Der Mayflower-Genießer ist ein Entdecker
wie die englischen Pilgerväter 1620 in Amerika. Ihm ist es egal, was andere von ihm halten. Er hat vom Kobe-Beef gehört und macht
irgendwann seinen Traum wahr, ein
Stückchen davon zu probieren. Dafür fährt er
weit, er zelebriert es während eines Wochenendes mit seiner langhaarigen Freundin in
den Cinque Terre. Während er das KobeBeef verkostet, denkt er bereits an das
nächste Mal, dann mit Kugelfisch. Zum Skilaufen fliegt er mit der Männerrunde in die
rumänischen Karpaten, wo sie sich auch
ein-, zweimal einen Heli gönnen. Als „First
Mover“ hat er sein iPhone dabei, er war einer
der Ersten. Aber so richtig interessiert es ihn
bald nicht mehr; er wird sein altes Handy
reaktivieren und das iPhone seinem Sohn
aus erster Ehe schenken. Er mag das Risiko
und wechselt auch einmal für ein paar Monate zu einer türkischen Bank, wenn die Tagesgeldzinsen vielversprechend sind. Bei
Aktien bevorzugt er Einzeltitel, er hat keine
Fonds. Er ist interessiert und unberechenbar.
Man muss dem Mayflower-Genießer fortwährend etwas Neues bieten, sonst verliert
er schnell die Lust.
Der Filofax-Genießer ist ein ganz Genauer.
Er lebt nach der Uhr. Verabredungen mit
ihm, seien sie auch noch so fern, muss man
nicht bestätigen. Er ist pünktlich, gewissenhaft und gut organisiert und freut sich wie ein
Kind, wenn etwas klappt. Er schreibt Einkaufszettel, und in seinem Gemüsefach ist
Gemüse drin. Geschenke kauft er auf Lager,
daheim hat er sie in einer besonderen
Schublade. Er geht regelmäßig zur Krebsvorsorge. Bei Lufthansa hortet er sehr viele
Meilen. Er ist Frühbucher, und wenn er fliegt,
besteht er auf Platz 1A. Seine neue Freundin
fliegt auf Meilen mit; er hat sie über eine Anzeige in der Zeit kennengelernt. Er liebäugelt
mit einem Anzug von Windsor, und am ersten Tag des Schlussverkaufs kauft er gleich
zwei. Von Zeit zu Zeit wechselt er den
Stromanbieter. Wenn er sich ein Auto kauft,
studiert er vorher die Pannenstatistik des
ADAC. Dann kauft er mit hoher Wahrscheinlichkeit doch den neuen Volkswagen Tiguan.
Die Winterreifen lässt er bereits Ende September aufziehen und die Sommerreifen einlagern. Der Filofax-Genießer reagiert extrem
ungehalten, wenn man ihn während der Tagesschau anruft; er schaut sie auf einem
Panasonic-Flatscreen. In seiner Freizeit liest
er Gratis-Testabos seiner Lieblingszeitschriften. Er hat eine Sterbegeldversicherung.
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Der Bambi-Genießer geht morgens um 6 zum
Tautreten auf seine Lieblingslichtung. Er ist
pur und rein. Er trägt die Unterwäsche seiner
Lieblingsmarke. Er schläft auf einer Schweizer
Tempur-Matratze, die die Weltraumforschung
optimiert hat. Wenn er eingeladen ist, bringt er
einen Rührkuchen mit, den er nach dem
Pommerschen Rezept seiner Großmutter mit
Butter gebacken hat. Er hat Freude daran,
anderen eine Freude zu machen. Wenn ihm
im Restaurant die Tür aufgehalten wird, bekommt er glänzende Augen. Beim Sonntagsausflug mit der Familie bevorzugt er das uralte
gutbürgerliche Wirtshaus, in dem die Bratkartoffeln zum Wiener Schnitzel in Öl ausgebacken sind; dazu gibt es Kopfsalat. Auf Geschäftsreise trinkt er in der Hotelbar ein gezapftes Pils, das ist ihm lieber als drei aus der
Flasche. Er mag Wasabi-Nüsse dazu. Und
wenn er allein zuhause ist, trinkt er ein Glas
Rotwein, das ist er sich wert. Er holt ihn schon
in der fünften Generation beim Familienwinzer
in der Wachau. Er kuschelt auf dem Sofa und
schaut in die Luft. Manchmal schaut er auch
etwas fern, auf dem kleinen Flachbildschirm,
den man mit der Fernbedienung in die optimale Position drehen kann. Der BambiGenießer genießt und schweigt.
Ihm am Telefon ein Los der Süddeutschen
Klassenlotterie zu verkaufen.
Der Impuls-Genießer möchte sich gern einmal richtig fallen lassen, steht aber immer
unter Strom: Er braucht immer wieder den
kurzen Kick, für sich und für andere. Wo er
den kriegt, liest er in der GQ. Dann kommt er
zum Kitesurfen an den Strand, wenn die First
Mover bereits wieder weg sind. Das Geburtstagsgeschenk seiner Motorrad-Clique ist ein
halber Tag Caterpillar-Baggern in der Kiesgrube. Er kann nicht allein sein, schreibt viele
SMS und hat auf Xing, Facebook und LinkedIn die meisten Kontakte. Er will jemandem
etwas beweisen, weiß aber nicht genau
wem. Samstags muss er ausgehen: ins P1
oder ins Soho House; dort steht er an der
Bar und trinkt Ruinart. Der Impuls-Genießer
ist ein Genussarbeiter – ehrgeizig und etwas
labil. Sein Auto ist etwas zu groß für seinen
Geldbeutel, und nach 14 Tagen macht ihm
der neue Porsche Cayman keinen rechten
Spaß mehr; allein schon gar nicht. Callcenter-Mitarbeiter haben gute Chancen,
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Deutsche Genießerstudie
brandamazing untersuchte, wie das individuelle Persönlichkeitsprofil das Empfinden
von Genussmomenten beeinflusst. Die Erhebung bestätigt, dass die jeweilige Persönlichkeit starken Einfluss darauf hat, ob etwas als
Genuss eingestuft wird oder nicht. Daneben
scheint es Situationen, Dinge oder Erlebnisse zu geben, die von allen Genusstypen
gleichermaßen als Genuss wahrgenommen
werden.
In einem ersten Schritt wurde bei den Befragten auf der Basis eines an den NEO-FFIPersönlichkeitstest angelehnten Fragebogens das individuelle Persönlichkeitsprofil
in den Dimensionen Broadway, Mayflower,
Filofax, Bambi und Impuls erhoben. In einem
zweiten Schritt bewerteten die Befragten
vorgegebene Situationen hinsichtlich ihres
Genussempfindens. Abschließend wurde die
offene Frage gestellt: „Was bedeutet für Sie
Genuss?“ Aus diesen Aussagen wurden
Genuss-Cluster gebildet, die zeigen, in welchen Lebensbereichen Genuss hauptsächlich erlebt wird.
Persönlichkeitsprofile mit starker Ausprägung je Dimension (in %)
(Dimension „stark ausgeprägt“ ab 20 von 25 Punkten auf der
jeweiligen Skala. Ergebnisse basieren auf der besonderen
Struktur der Umfrage-Teilnehmer. Es können keine Rückschlüsse auf die Gesamtbevölkerung gezogen werden.)
Bei der Dimension Broadway zeigt sich, dass
es einen höheren Anteil an Frauen mit starker Ausprägung in dieser Dimension gibt
(29,4 %), als dies bei den Männern der Fall
ist (26,7 %). Im Altersvergleich haben die 16bis 30-Jährigen in der Dimension Broadway
eine stärkere Ausprägung (29,5 %) als die
31- bis 65-Jährigen (26,8 %). Frauen und
junge Menschen scheinen tendenziell mehr
Freude an geselligen Situationen und Möglichkeiten der Selbstinszenierung zu haben.
Männer scheinen dafür neugieriger und offener für neue Erfahrungen zu sein als Frauen.
Dies zeigt die höhere Ausprägung in der
Dimension Mayflower. Nachvollziehbar ist die
Tatsache, dass die jüngere Generation in der
Dimension Mayflower eine deutlich stärkere
Ausprägung (43,3 %) hat als die Generation
30+ (37,4 %). Das Alter scheint neben dem
Einfluss auf die Dimension Mayflower auch
den Genusstyp Filofax zu beeinflussen. Unter den 31- bis 65-Jährigen gibt es einen
deutlich höheren Anteil (25,1 %) an ordnungsliebenden, disziplinierten Menschen als
bei den 16- bis 30-Jährigen (19,8 %).
Wahrnehmung von Genussmomenten
Wenn wir davon ausgehen, dass das individuelle Persönlichkeitsprofil eines Menschen
entscheidenden Einfluss auf sein Genussempfinden hat, müsste sich dies in einer von
Typ zu Typ variierenden Beurteilung von
Situationen, Dingen und Erfahrungen niederschlagen. Schon bei der Beurteilung von 25
Situationen nach ihrem Genussgehalt gibt es
deutliche Unterschiede bei den fünf Typen.
Die Teilnehmer der Studie konnten 25 Situationen auf einer fünfstufigen Skala jeweils
von „Für mich überhaupt kein Genuss“ bis
„Für mich ein großer Genuss“ bewerten.
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Top Ten der Genusssituationen pro Genießertyp
Top Ten pro Genusstyp aus insgesamt 25 zu bewertenden Situationen
Am Beispiel der jeweiligen Top-Ten-Genüsse
pro Gruppe werden die Unterschiede in der Bewertung der vorgegebenen Situationen deutlich.
Obwohl die Auswahl der zehn
stärksten Genusssituationen über alle Gruppen
recht homogen ist, treten in der Bewertung
dieser Situationen und somit in der Rangliste
der Top Ten bemerkenswerte Unterschiede auf.
Starke Ähnlichkeiten sind zwischen den Gruppen
Broadway und Mayflower festzustellen. Dies
erscheint aufgrund der Definitionen der Typen
nachvollziehbar. Die Situation „Neue Bekanntschaften machen“ rangiert z. B. bei diesen beiden Gruppen ganz vorne, während sie bei
den Gruppen Filofax, Impuls und Bambi in
den hinteren Rängen zu finden ist. Vertreter
dieser Gruppen scheinen diese gesellschaftliche
und kommunikative Situation weniger als Genuss
zu empfinden.
Broadway- und Mayflower-Typen zeigen
ähnliche Genusspräferenzen
Nachvollziehbar ist, dass es Situationen wie
„Den ganzen Saal zum Lachen bringen“ oder
„Bei der Theaterpremiere ganz vorne sitzen“
bei der Broadway- bzw. der MayflowerGruppe auch noch in die Top Ten geschafft
haben.
Auch die Filofax-Gruppe bewertet Situationen ihrem Profil entsprechend: „Schon
einen Tag vor Abgabetermin fertig sein“ und
„Hinter eine erledigte Aufgabe einen Haken
setzen“ stuft sie als größten Genuss ein
(Platz 2 und Platz 4). Für die Broadway- und
die Mayflower-Gruppe sind solche Situationen am wenigsten genussreich. „Schon einen Tag vor Abgabetermin fertig sein“ schafft
es nicht unter die ersten zehn.
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Genuss für jedermann! Bestimmte Genussmomente sind für alle Zielgruppen
gleichermaßen attraktiv
Bei allen Typen beliebt sind konkrete Situationen, die man am ehesten dem typischen
Bambi-Genießer zuschreiben würde: einfache, eher zurückhaltende, stille Situationen, die Geborgenheit vermitteln. Bei der
Bambi-Gruppe sind dann auch die ersten
fünf Plätze nur von solchen Situationen besetzt. Das Bild im Kopf „An einem verregneten Tag mit einer Tasse Tee im Wintergarten sitzen“ wird, außer von der BroadwayGruppe, von allen anderen Gruppen als
höchster Genuss wahrgenommen. Auch
„Omas Apfelkuchen“ oder „Ein Stück feinster
Schokolade nach dem Essen“ rangieren bei
allen Gruppen auf den vorderen Plätzen.
Die Definition von Genuss als das Erleben
von Geborgenheit, Ruhe, schönen Erinnerungen und stressfreier Zeit mit sich selbst
hat für alle Gruppen Gültigkeit. Auch Menschen, die von ihrem Persönlichkeitsprofil her
stark auf neue Erfahrungen, gesellschaftliche
Interaktion oder Selbstdarstellung ausgerichtet sind, schätzen solche Momente. Genussmomente für jedermann also.
In welchen Lebensbereichen findet Genuss statt?
Neben den geschlossenen Fragen zum individuellen Persönlichkeitsprofil und zur Wahrnehmung von Genuss hatten die Teilnehmer
die Möglichkeit zu beschreiben, was für sie
persönlich Genuss bedeutet.
Aus 265 qualifizierten Aussagen haben sich
vier Bereiche herauskristallisiert, in denen
Genuss hauptsächlich erlebt wird:
1. Gaumenfreuden: Der Klassiker! Sich und
andere kulinarisch verwöhnen gehört zu den
Top-Assoziationen mit dem Begriff Genuss.
Kleine Leckereien schaffen kurze, genussreiche Auszeiten im Alltag und sind für viele
kleine Inseln des Wohlfühlens.
2. Love & Care: Geborgenheit im Kreise der
engsten Vertrauten und Momente körperlicher und seelischer Liebkosungen sind häufige Vorstellungen von Genuss. Dies sind
Momente ohne Stress und Zeitdruck, in denen man die Seele baumeln lässt und nicht
an morgen denkt. Darunter fallen auch Momente ganz für sich alleine.
3. Naturerlebnisse: Freude an der Schönheit der Natur in allen Variationen wird häufig
mit Genuss verbunden. Beschrieben werden
Orte und Plätze, die mit positiven Erinnerungen verbunden sind oder eindrückliche Sinnesempfindungen auslösen. Oft sind dies
Urlaubssituationen.
4. Unterhaltung und Zerstreuung: Kurzweile, Zerstreuung, sich gehen lassen; am besten zusammen mit Freunden und Bekannten.
Darunter fallen auch klassische Freizeitaktivitäten wie Kino, Konzerte, Sportveranstaltungen, etc.
Neben diesen Häufungen sind die Bereiche,
in denen Genuss empfunden wird, so individuell wie der Mensch selbst. Grundsätzlich
scheint Genuss keine Grenzen zu kennen.
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Implikationen für Branding, Marketing, Kommunikation
Marken sollen, im Sinne des Genießer-Brandings, den Konsumenten dabei helfen, mehr
echte Genussmomente zu erleben. Tun sie
dies nicht, drohen Ablehnung und Konsumverweigerung als natürliche Schutzreaktion
des Menschen. Das Wissen über und die
Orientierung an den grundlegenden Dimensionen des Genussempfindens ist ein Weg,
wieder näher an den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen zu agieren. Verantwortliche in Branding, Marketing und Kommunikation sind aufgefordert, Produkte, Dienstleistungen und Kommunikation zu schaffen,
die den Verhaltensmustern der unterschiedlichen Genusstypen entsprechen. Kunden
werden es ihnen mit Markentreue doppelt und
dreifach zurückzahlen.
Menschen, die Entscheidungen treffen. Auch
hier sollte, vom Produkt über den Messeauftritt bis hin zum Aftersales-Gespräch,
jeder wahrnehmbare Kontaktpunkt genutzt
werden, um kleine Genussmomente erlebbar
zu machen.
Mit der Genießertypologie wird ein Instrument
in die Branding- und Marketingpraxis eingeführt, das diese Annäherung möglich macht:
Momente des Genusses können strategisch
hergeleitet, in Produkt-, Dienstleistungs- und
Kommunikationskonzepte übersetzt und
schließlich am Point of Sale bewusst provoziert
werden.
Der PoS wird zum PoG (Point of Genuss)
Die Typologie des Genusses wird im Unternehmen als Grundlage für die Positionierung
von Marken und Produkten sowie zur griffigen
Segmentierung von Zielgruppen implementiert. In der operativen Umsetzung dient die
Genusstypologie als Basis für die interne
Entwicklung von neuen Produkten und das
Briefing von externen Design-, Werbe- und
Mediaagenturen.
Alle Aktionen in Branding, Marketing und
Kommunikation werden daran gemessen,
inwiefern sie auf die definierte Genießerpositionierung einzahlen. Dies im Sinne eines
qualitativen Kommunikations-Controllings.
Eine genaue Ausrichtung aller Markenkontaktpunkte an den Genießertypen ist dabei
nicht nur im klassischen Konsumgütermarketing erfolgversprechend.
Egal ob Schokoriegel oder CNC-Fräsmaschine, auch im B-to-B-Umfeld sind es immer
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Über brandamazing
Wir begleiten markenorientierte Unternehmen und Menschen dabei, ihren Erfolg planbar und sie fit für die Zukunft zu machen.
Dabei sorgen wir dafür, dass sie sich überzeugend profilieren und präsentieren. So
bekommen sie die Beachtung, die sie verdienen. Wir sind die Spezialisten für Profilierung, Aufmerksamkeit und Vermarktungserfolg.
Kontakt:
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Jon Christoph Berndt
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Jon Christoph Berndt und Prof. Dr. Sven
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Henkel : „Brand New. Was starke Marken
heute wirklich brauchen“, 2. Aufl. 2015
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