ITP - Kindernetzwerk

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ITP - Kindernetzwerk
Kindernetzwerk e.V.
für Kinder, Jugendliche und (junge) Erwachsene mit
chronischen Krankheiten und Behinderungen
Krankheitsübersicht
Idiopathische
Thrombozytopenisch
e Purpura (I.T.P.)
KINDERNETZWERK
AN ALLE BEZIEHER UND NUTZER DIESER KRANKHEITSÜBERSICHT
Mit den in dieser Krankheitsübersicht enthaltenen Informationen bietet das
Kindernetzwerk e.V. lediglich einen ersten Überblick über die Erkrankung, die
Behinderung oder das entsprechende Schlagwort.
Alle Informationen werden nach bestem Wissen – mit tatkräftiger Unterstützung
unseres pädiatrischen Beraterkreises und wissenschaftlichen Fachbeirats – aus
diversen Quellen ( Fachbücher, Fachartikel, Kindernetzwerk-Archiv sowie aus dem
Internet ) zusammengestellt.
Bei der Krankheitsübersicht wird darauf geachtet, dass die Informationen verständlich
und gut leserlich geschrieben sind. Wir möchten Eltern, Betroffenen und
Nichtmedizinern dadurch ermöglichen, insbesondere auch seltene Erkrankungen
besser zu verstehen.
Wir streben einen möglichst hohen Grad an Aktualität an, können aber wegen des
rapiden medizinischen Fortschrittes nicht in jedem Fall garantieren, stets den
allerneusten Stand des Wissens komplett abzubilden. Gerade deshalb empfehlen wir,
sich immer an einer der zuständigen Selbsthilfegruppen zu wenden (siehe beiligende
Adressen) um dort weiteres aktuelles Material anzufordern und individuelle Beratung
einzuholen!
Die Krankheitsübersicht ist nur für Ihren persönlichen Gebrauch bestimmt. Eine
Weitergabe an Dritte ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. Die
Unterlagen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Inhalte der beigefügten
Materialien stellen keine Bewertung von Seiten des Kindernetzwerks dar, sondern
dienen der übersichtlichen Zusammenfassung vorhandener Informationsmaterialien
in kompakter Form.
Bei einem Teil der Krankheitsbildern liegen beim Kindernetzwerk noch umfassendere
Informationen (Infopakete) vor. Näheres erfahren sie über die Geschäftsstelle.
Aufgrund der Seltenheit vieler Erkrankungen ist es nicht möglich, bei allen
Krankheitsübersichten ein Fallbeispiel darzustellen. Falls Sie uns dabei unterstützen
möchten, nehmen sie bitte Kontakt mit dem Kindernetzwerk e.V. auf.
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Idiopathische Thrombozytopenie ITP
Immunthrombozytopenische Purpura
Postinfekiöse Thrombozytopenie
Chronische Thrombozytopenie
(Morbus Werlhof)
Zusammengestellt für das Kindernetzwerk von:
Prof. Dr. Ullrich Wemmer, Darmstadt
2004
Kurzbeschreibung
Autoimmunerkrankung mit
• Verminderung der Thrombozyten(Blutplättchen) und
• Blutungen in Haut und Schleimhäute.
Sie wird verursacht durch antithrombozytäre Antikörper bzw. Antigen-Antikörper-Komplexe.
Man unterscheidet eine akute und eine chronische Verlaufsform.
Die akute Thrombozytopenie (ITP) tritt besonders im frühen Kindesalter auf, entweder
nach einem viralen Infekt(postinfektiös) oder ohne erkennbare Ursache(idiopathisch).
Bei 80-85 % der Patienten normalisiert sich Thrombozytenzahl
innerhalb von 3-6 Monaten spontan.
Meist sind die Blutungen punktförmig(Petechien), gelegentlich auch großfleckig, wobei die
Patienten kaum beeinträchtigt sind.
Die chronische ITP (auch als Morbus Werlhof bezeichnet) betrifft Jugendliche und
Erwachsene, 2-3mal mehr Frauen als Männer.
Diese Form besteht länger als 6 Monate und neben den Haut- und Schleimhautblutungen
kommt es auch zu Nasenbluten und Genitalblutungen.
Symptome/Formen
Akute ITP
In 80-85 % der Fälle handelt es sich um eine akute, plötzlich auftretende, gutartige Form der
ITP bei Kindern im Alter von 2-5 Jahren. Sie verläuft selbstlimitierend, d.h. die
Thrombozytenzahl normalisiert sich innerhalb von 3-6 Monaten bei 80-85 % der Patienten
spontan.
-
Primäres Symptom sind punktförmige Einblutungen in die Haut, besonders an den
Beinen und am Rumpf (Petechien).
Größere Blutungen (Sugillationen) in die Haut treten am ganzen Körper auf, bevorzugt an
Druckstellen (Schienbein, Darmbeinkamm). Die Einblutungen geben der Haut ein
fleckiges Aussehen.
2
-
-
Auch an den Schleimhäuten in Nase, Mund und Rachen kommt es zu punktförmigen
Blutungen. Nasenbluten tritt relativ häufig auf (27 %), Blutungen im Magen-Darmtrakt
sind mit 2-9 % etwas seltener, in 1-8 % wird der Urin blutig.
Ganz selten sind Hirnblutungen beschrieben(0,1-0,9 %).
Chronische ITP(Morbus Werlhof)
Bei 15-20 % der meist über 10jährigen, überwiegend weiblichen Patienten tritt die ITP als
eine chronische Autoimmunkrankheit auf, die langsam-schleichend beginnt und bei der die
Thrombozytenzahl länger als 6-12 Monate verringert bleibt.
Das klinische Bild wechselt zwischen symptomloser Thrombozytopenie,
Blutungsepisoden und selten langdauernder schwerer Blutungsneigung.
kurzen
Diagnostik
Die Thrombozytenzählung ergibt bei der akuten Form häufig Werte unter 10.000/µl, die
vorhandenen Thrombozyten sind größer als normal, ihre Überlebenszeit ist erheblich
verkürzt.
Normalerweise sind im Blut 150.000 bis 300.000 Thrombozyten/µl enthalten, sie werden
innerhalb von 9-11 Tagen in der Milz (und bei Erwachsenen auch in der Leber)abgebaut.
Die Gerinnungszeit ist verlängert, die Kapillarresistenz verringert. Im Blut lassen sich
spezifische Antikörper gegen die Plättchen nachweisen.
Bei der chronischen ITP liegt die Thrombozytenzahl häufig über 30.000/µl, wechselt stark.
Die
Knochenmarksuntersuchung
zeigt
normale
(Knochenmarksriesenzelle: Bildungsstätte der Thrombozyten).
Megakaryozyten
Ursachen
Die gesteigerte Zerstörung der Blutplättchen wird bei der ITP verursacht durch
plättchenspezifische Antikörper gegen Bestandteile der Thrombozytenmembran. Bildungsort
dieser Antikörper ist vor allem die Milz.
Antikörperbeladene Thrombozyten werden durch Zellen des Monozyten- MakrophagenSystems vorzeitig abgebaut (Phagozytose).
Die Bildung von Antikörpern ist bei 60 % der Kinder durch eine vorangehende Infektion
des oberen Respirationstraktes mit Viren, eine sonstige Virusinfektion oder eine
Impfung mit Lebendviren verursacht, sie setzt einige Tage, meist 2-3 Wochen später ein.
Die Zahl der Thrombozyten kann auch vermindert sein durch eine Schädigung des
Knochenmarks(Zytostatika, Bestrahlung, Benzol, HIV, Leukämie, Neuroblastom,
aplastische Anämie).
3
Häufigkeiten
•
An einer akuten ITP erkranken pro Jahr 2-3/100.000 Kinder unter 15 Jahren, kaum
betroffen sind Säuglinge und Jugendliche. Am häufigsten zeigen Kinder zwischen 1-10
Jahren Blutungs-Symptome, bei den unter 2jährigen sind es vor allem Jungen.
•
Die chronische ITP wird meist erst nach dem 14. Lebensjahr beobachtet und betrifft
dreimal mehr weibliche Patienten als männliche.
Verwandte Krankheiten / Differentialdiagnose / Begleitfehlbildungen
Krankheiten mit vermehrtem Abbau der Thrombozyten
Hämolytisch- Urämisches Syndrom: hämolytische Anämie mit Thrombozytopenie und
Nierenversagen
Thrombotische thrombozytopenische Purpura(Moschcowitz-Syndrom). Meist bei
Erwachsenen auftretend, verwandt mit dem hämolytisch-urämischen Syndrom
Dissseminierte intravaskuläre Gerinnung: Verbrauchskoagulopathie
Evans-Syndrom: Immunthrombozytopenie und autoimmun-hämolytische Anämie
Erbliche Krankheiten mit verminderter Bildung von Thrombozyten
Thrombozytopenie-Radiusaplasie-Syndrom: Blutungen schon in der Neugeborenenzeit,
kombiniert mit Fehlen des Radius und anderen Fehlbildungen
Fanconi-Syndrom(Blutungen im Kindesalter)
Wiskott-AldrichSyndrom(nur
Jungen
betroffen:
Thrombozytopenie,
Ekzem,
Infektanfälligkeit
Thrombasthenie
Glanzmann:
autosomal-rezessiv
vererbte
Störung
der
Thrombozytenfunktion bei normaler Plättchenzahl
Standardtherapie
 Besteht lediglich eine Verminderung der Thrombozyten ohne Hautblutungen oder mit
wenig Petechien und gelegentlichem Nasenbluten, ist eine medikamentöse Therapie
nicht erforderlich. Die Patienten sind vor Traumen, besonders im Bereich des Kopfes, zu
schützen.

Erst wenn größere Hämatome auftreten, die Petechien zunehmen und Fieber besteht, sollte der Einsatz von
Medikamenten erfolgen.
Bei Thrombozytenwerten unter 10.000/µl und geringer Purpura oder heftigen
Schleimhautblutungen und Thrombozyten unter 20.000/µl werden
Kortikosteroide empfohlen, z.B. Prednison in einer Dosierung von
4 mg/kg/Tag oral über 4 Tage.

Alternativ wird einmalig intravenöses Immunglobulin(0,8-1 mg/kg) oder einmalig Anti-D- Immunglobulin
(75 µg/kg) bei Rhesus-positiven Patienten verabreicht.

Nach 2-3 Tagen steigen bei allen drei Therapieformen die Thrombozyten an.
Nur in Fällen ohne diesen Effekt kann die Gabe von Thrombozytenkonzentrat erwogen werden.
4
 Die Splenektomie (Milzentfernung) wird nur bei der therapieresistenten chronischen ITP
durchgeführt und führt in 50-90 % zu einer anhaltenden Remission. Es muss danach eine
aktive Pneumokokkenimpfung erfolgen wegen der Gefahr einer Pneumokokken-Sepsis.
Weitere Therapien, zum Teil noch in der Erforschung:
nicht bekannt
Prognose
•
•
•
•
•
Mit und ohne Therapie gehen bei der akuten ITP die Blutungen innerhalb einiger Wochen
zurück.
Bei ungefähr der Hälfte der Patienten steigen die Thrombozyten nach 4-8 Wochen auf
Normalwerte und bei 80-90 % ist innerhalb von 6 Monaten eine Spontanremission zu
erwarten.
Bei den 20 % der Patienten mit einer chronischen ITP kommt es bei 40-70 % innerhalb
von Monaten oder Jahren unabhängig von der Therapie und ohne Splenektomie zur
Ausheilung.
Schwere Blutungen sind bei 2-3 % der Patienten zu erwarten, meist handelt es sich um
Fälle, die nicht mit einer Erholung der Blutplättchen auf eine spezifische Therapie
reagieren.
Bei der chronischen Form der ITP verzögert sich die Heilung, tritt aber nach Monaten bis
Jahren bei 40-70 % der Patienten ebenfalls ein.
Beratung der Familien
Bei akuter ITP und geringer Ausprägung der Hautblutungen darf mit therapeutischen
Maßnahmen abgewartet werden.
Auch bei der chronischen Form der ITP muss nur bei schweren Blutungen eine Behandlung
erfolgen.
Den Kindern sind normale Alltagsaktivitäten erlaubt, kein Leistungssport.
BUNDESVERBÄNDE
Bei folgenden BUNDESWEITEN ANLAUFSTELLEN können Sie
Informationsmaterial anfordern. Fragen Sie dort auch nach Ansprechpartnern des
jeweiligen Verbandes in der Umgebung Ihres Wohnortes! Falls vorhanden, sind
auch Auslandsadressen mit aufgelistet. Bitte haben Sie dafür Verständnis, daß wir
in Bereichen, in denen bereits bundesweite Ansprechpartner existieren, primär
diesen Initiativen den Versand von Informationsmaterial und die Vermittlung
spezieller Hilfen überlassen. Bei zusätzlichen Fragen können Sie sich natürlich
jederzeit wieder an das Kindernetzwerk wenden!
Deutsche Hämophiliegesellschaft zur
Evans Syndrome Support
Bekämpfung von Blutungskrankheiten e.V.
and Research Group
Neumann-Reichardt-Str. 34
5630 Devon Street
22041 Hamburg
Tel.: 0 40/6 72 29 70
Fax: 0 40/6 72 49 44
U.S.A.- Port Orange, FL 32127
Tel.: 001 9047 6030 31
Fax: 001 9047 6055 83
e-mail: [email protected]
Internet: www.dhg.de
Ansprechpartner/innen: Ingo Seifert, Erika Schmidt u.
Anna Griesheimer
e-mail: [email protected]