REPORTS Bewegtbild I

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REPORTS Bewegtbild I
33
REPORT
HORIZONT 22/2015
28. Mai 2015
www.horizont.net/report
BEWEGTBILD
I/2015
YO U T U B E
PRODUKTIONEN
VERLAGE
Reichweiten-Stars sind beliebt bei
Werbekunden, die Partnerschaft
muss aber ausbalanciert sein
Streaming- und Pay-TV-Anbieter
profilieren sich im Netz mit ihren
eigenen Serien
Mit professionalisiertem VideoContent konkurrieren US-Häuser
mit Google und Facebook
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SEITE 44
SEITE 48
Geschäfte
Belebte
NACH DER EINIGUNG ZWISCHEN
GOOGLE UND AGF IST OFFEN,
W E R D AV O N P R O F I T I E R E N W I R D
SEITE 36
34 REPORT BEWEGTBILD
ZUM THEMA
HORIZONT 22/2015
INHALT
SUMMER SCHOOL 2015:
RTL-Journalistenschule bildet
weiter – HORIZONT fördert
A
Mut zum
Risiko
lle zwei Jahre, wenn die eigenen
Schüler in ihren Praktika sind, öffnet sich die RTL Journalistenschule in
Köln für weiteren Nachwuchs. So auch
dieses Jahr von 31. August bis 4. September: Dann veranstaltet die Einrichtung
ihre 9. Summer School mit dem diesjährigen Schwerpunkt Bewegtbild. Im Mittelpunkt der Intensivwoche steht die Entwicklung innovativer Ideen für informationsorientierte TV- und Webvideoformate. Sowohl der inhaltliche als auch der
ökonomische Blick der Jungjournalisten
soll dabei geschult werden, im besten Fall
entstehen kreative Konzepte, neue Formate und Geschäftsmodelle, mit denen
die Medienmacher dem Trend zu bewegten Bildern nachkommen. Der Lehrgang
richtet sich an Studierende der Medien-
Der erste Aufschlag war ein enormer Erfolg – und wurde dennoch von vielen erst
einmal für eine Eintagsfliege gehalten:
Doch nach „House of Cards“, produziert
von Netflix, folgten weitere Eigenproduktionen von Streaming-Dienstleistern.
Dabei hatten doch alle gedacht, dass solche digitalen Player höchstens in der Lage
wären, vorhandenes Material zu vermarkten, nicht aber, selbst welches zu erstellen. Doch spätestens seit bei den diesjährigen Golden Globes Amazons
„Transparent“ mit dem Titel Beste Serie
ausgezeichnet wurde, sollte allen klar
sein: Die Konkurrenz aus der Welt des
Streamings, die keine lineare TV-Verbreitung mehr benötigt, wird nicht mehr
schwinden, sondern größer werden.
Schon heute nimmt sie Einfluss auf das
Nutzungsverhalten, denn eine nicht zu
unterschätzende Zahl von Zuschauern
möchte genau das, nämlich hochwertigen
Inhalt dann konsumieren, wenn sie Zeit
und Lust dazu haben. Für die klassischen
Fernsehsender kann das eigentlich nur eines bedeuten: Sie müssen endlich der immer wieder gestellten Forderung nach
Qualitätsinhalten nachkommen. Das
heißt auch, Geld in die Hand zu nehmen
bei Einkauf und vor allem Produktion.
Schon vorhandenes Material auf digitalen
Plattformen zur Verfügung zu stellen,
reicht nicht aus – gefragt ist der Mut zum
Risiko.
28. Mai 2015
Währung: Nach der Einigung zwischen
AGF und Google über ein gemeinsames Mega-Panel bleibt die Frage, wer nachzieht. 36
Youtube: Die jungen Stars des Kanals sind
angesichts von hohen Reichweiten beliebt
bei Werbungtreibenden.
38
wirtschaft und -wissenschaft, des Journalismus, sowie an Trainees und Berufseinsteiger der Medien- und Mediabranche.
Infos zum Programm finden sich unter
Rtl-journalistenschule.de.
Um die Kosten für die maximal 20 Teilnehmer so gering wie möglich zu halten,
werden die Seminarplätze zum Teil gesponsert. Auch die HORIZONT-Stiftung
gehört in diesem Jahr zu den Förderern
eines Seminarplatzes und kommt damit
ihrem Anspruch nach, die Aus- und Fortbildung von Nachwuchskräften in den Bereichen Marketing, Media, Kreation und
digitale Medien zu unterstützen. Die Stiftung vergibt selbst jedes Jahr Stipendien
und Förderpreise, die aktuelle Ausschreibung läuft und kann unter Horizont-stiftung.de eingesehen werden.
HOR
TV-Sender: Vermarkter betonen die Stärke
von linearem Fernsehen, investieren aber
verstärkt in digitale Plattformen.
42
Dienstleister: Der schwedische Dienst Magine TV versammelt nahezu alle Sender in
einer App.
42
Pay-TV: Ab 2016 kann Sky seine mobile Anwendung einzeln vermarkten und das Inventar vergrößern.
43
Content: Streamingdienste und Pay-TVSender produzieren immer häufiger originäre Serien.
44
Studie: „TV Digital“ hat die Diversifizierung der Fernsehnutzung unter die Lupe genommen.
46
Umfrage: Vermarkter über den derzeitigen
Stellenwert von Mobile-Bewegtbild und die
Vorreiter im Business.
47
FOTO: FALKO WENZEL
Verlage: US-Medienhäuser treten mit eigenen Bewegtbild-Inhalten in Konkurrenz zu
Facebook und Google.
48
Theorie und Praxis stehen auf dem Stundenplan der RTL Summer School
@ HORIZONT
Nach erfolgreicher Zusammenarbeit mit „Gamesmarkt“, „Musikwoche“ und „Blickpunkt Film“
komplettiert der Beitrag von „Videomarkt“ über
die Ambitionen der Streamingdienste in Sachen
Eigenproduktionen (Seite 44) gleichsam die Runde: Der Fachtitel gehört wie die Erstgenannten zu
den Marken aus der Münchner Busch Group, mit
der HORIZONT für Reports aus dem Bereich Entertainment kooperiert.
HORIZONTREPORT
ist ein Sonderteil von HORIZONT, Zeitung für Marketing, Werbung und Medien
Ressortleitung: Dr. Jochen Zimmer
Telefon 069/7595-2695
E-Mail: [email protected]
Redaktion: Bettina Sonnenschein, Lisa Naumann
Chefredaktion:
Dr. Uwe Vorkötter (V.i.S.d.P.),
Volker Schütz,
Jürgen Scharrer
Bettina Sonnenschein
Ressort Specials
IM FOKUS: Onlinevideo-Nutzung
Knapp zwei Drittel der deutschen OnlineBevölkerung sehen sich im Internet Videos an.
Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Video
Effects 2015“ von Tomorrow Focus Media, die
HORIZONT exklusiv vorliegt. Sie liefert zwar
zunächst nur Einblick in die Onlinevideo-Nutzung der User des Vermarkter-Netzwerks,
dennoch lassen sich daraus auch allgemeingültige Schlüsse ziehen. Ziel der Studie war es, die
Einstellung zu Online-Videos, bevorzugte Geräte, die Beliebtheit der Anbieter und gefragte
Themen herauszufiltern. Der Vermarkter hat
dafür insgesamt 3340 Personen zu ihrer Onlinevideo-Nutzung befragt. Danach werden
entsprechende Produkte von knapp 70 Prozent
der Befragten hauptsächlich als Informationsquelle genutzt, des Weiteren aber auch als
Zeitvertreib und Spaßfaktor. 31,7 Prozent geben
Großes Interesse an Zusatzinfos
Was halten Sie von Videos, die einen redaktionellen Beitrag begleiten?
Kenne ich nicht
8,8
Daran habe ich kein Interesse
Facebook
Twitter
Myvideo
Tumb1er
Myspace
Andere
40,3
Wie häufig sehen Sie sich zu folgenden Themen Videos im Internet an?
Finde ich interessant, nutze ich
aber eher selten bzw. gar nicht
41,2
Musik
n = 2189
35,5
Nachrichten oder Politik
Quelle: Tomorrow Focus Media
HORIZONT 22/2015
Dokus/Reportagen
30,6
Kurzclips
30,4
Amazon schlägt die Konkurrenz
Filme
in Prozent
Welche Video-Streaming-Dienste nutzen Sie?
Anleitungen
92,4
Amazon Instant / Prime Instant Video
Maxdome
10,7
iTunes
Whatever
3,8
Snap by Sky
1,2
Andere*
6,6
in Prozent
47,4
HORIZONT 22/2015
Quelle: Tomorrow Focus Media
17,4
Serien/Soaps
16,4
15,6
Sport
22,1
13,2
Gaming-Videos
14,9
Haushaltstipps
10,8
Fashion
6,8
Prominente/VIPs
14,2
n = 2189, Filter Video Anbieter Streaming, Fallzahl n = 419
*Netzkino, Sky Go, T-Entertain, Spotify, Twitch, Videoload, Zattoo
n = 2189
26,2
22,4
Produkttests
36,7
Netflix
10,9
Quelle: Tomorrow Focus Media
Musikvideos werden oft geklickt
37,5
85,6
Youtube
13,4
Finde ich interessant und
nutze ich auch
Zwei Player dominieren
Auf welchen Social Websites finden Sie neue Videos?
Angaben in Prozent
gegangen ist. Einige Nutzer rufen Videos auf
mobilen Endgeräten ab: 35 Prozent schauen auf
dem Smartphone und 31 Prozent auf dem
Tablet. Am liebsten werden sie allerdings über
Laptop oder Netbook konsumiert (61,4 Prozent).
Mangelnde Zeit, um eine Sendung im TV anzusehen (59,1 Prozent), lässt die Videonutzer auf
Mediatheken zugreifen. Ein weiterer Grund
hierfür: selbst entscheiden zu können, wann
man die Sendungen ansehen möchte.
an, täglich Videos zu schauen. Vor allem die
jüngere Zielgruppe zeigt dabei eine hohe Nutzungsdauer: Über die Hälfte der unter 29Jährigen befasst sich länger als zwei Stunden
damit. Außerdem sind die User einer Plattform
treu: Fast jeder Zweite schaut Videos immer auf
denselben Seiten und über 80 Prozent lassen
das Video bis ganz zum Ende laufen – falls nicht,
liegt das hauptsächlich an der zu langen Dauer
oder dass das Interesse am Video verloren
10,8
6,3
5,8
n = 2189, Top 2: sehr häufig und häufig
HORIZONT 22/2015
Quelle: Tomorrow Focus Media
HORIZONT 22/2015
36 REPORT BEWEGTBILD
Von Anja Sturm
D
as war schon eine mittlere
Sensation, als die Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung
(AGF) und Google Ende April
per HORIZONT-Interview die Einigung
auf ein gemeinsames Mega-Panel für Bewegtbildwährung bekannt gaben. Nach
jahrelangem Ringen und massivem
Druck der Organisation Werbungtreibende im Markenverband, persönlich vor
allem vorangetrieben von OWM-Vize
Uwe Storch, haben sich zwei Erzkonkurrenten auf eine gemeinsame Lösung zur
transparenteren Vermarktung von Bewegtbildinhalten zusammengerauft.
Für Werbungtreibende ist das auf jeden Fall eine gute Nachricht. Schließlich
soll das neue Panel erstmals die Nutzung
sowohl von linearen und non-linearen
TV-Inhalten als auch von Online-Video
und Mobile Video gemeinsam erfassen,
messen und vergleichbar machen (siehe
Kasten). Völlig offen sind zurzeit jedoch
noch eine Menge Details – in denen be-
So sieht Boris Bolz, der als Geschäftsführer von Mediakraft mehr als 2600 Youtube-Künstler vermarktet, im neuen Panel
„eine echte Chance“. Bolz glaubt: „Bestimmte Zielgruppen werden durch klassisches TV heute schon sehr schwer erreicht. Diese Entwicklung wird sich in
den nächsten Jahren noch beschleunigen.
Insofern rechnen wir damit, dass durch
eine Konvergenzwährung Online in der
Bewegtbildvermarktung eine noch größere Rolle spielen wird.“
Und auch die TV-Sender sehen sich
weitgehend aus der Schusslinie. Andreas
Kösling, Vertriebsdirektor des RTL-2Vermarkters El Cartel Media, betont: „Ich
bin sicher: Die TV-Sender werden auf
diesem Weg noch einmal eindrucksvoll
beweisen, wie gut und effizient sie alle
Zielgruppen erreichen.“ Anja Stockhausen, als Director TV bei Zenith Optimedia nicht gerade verdächtig, Youtube das
Wort zu reden, sieht die Sache dennoch
differenzierter: „Bei den TV-Sendern
werden vermutlich insbesondere mit
Blick auf jüngere Zielgruppen einige
Reichweitenlücken deutlicher sichtbar“,
Gemeinsam
laufen lernen
Das geplante Mega-Panel von AGF
und Google ist ein echter Coup.
Doch die Frage lautet: Wer zieht nach
und wer wird abgestraft?
„Wir werden künftig
AGF-zertifizierte
Bewegtbildvermarkter
klar bevorzugen“
Hans-Peter Pfaff, Bahlsen
kanntlich oft der Teufel steckt. Christian
Zimmer, Chief Digital Officer OMD Germany, sagt: „Auf den ersten Blick ist die
Einigung zwischen AGF und Google ein
echter Hammer. Auf den zweiten Blick
muss man abwarten, was das Panel letztlich wirklich leisten kann und wie valide
die Daten sein werden.“
Schon Ende des Jahres sollen erste Ergebnisse vorliegen, bis dahin müssen viele
Hausaufgaben erledigt sein. So ist aktuell
noch nicht definiert, welcher OnlineContent genau erfasst wird. Bei Google
heißt es dazu: „Welche Video-Inhalte unter Messung genommen werden, definieren wir in enger Abstimmung mit Content-Partnern und Werbungtreibenden.
Der Umfang wird aber sicher über den
linear
ausgestrahlten
TV-Content
hinausgehen. Unsere Nutzer unterscheiden nicht zwischen Premium und User
Generated Content, sondern danach,
welche Inhalte für sie relevant sind.“
Dass damit aber unterschiedliche
Content-Qualitäten gemessen und verglichen werden, liegt in der Natur der
Sache und wird auch von der AGF nicht
infrage gestellt. Es gehe in dem neuen
Mega-Panel ausschließlich darum, so die
AGF auf Anfrage, dem Markt quantitative
Bewertungsgrundlagen für Bewegtbildnutzung zu liefern. Und von TV-Vermarktern ist zu hören, dass die Umfeldargumentation ohnehin auch künftig
besser den jeweiligen Lagern überlassen
sein sollte.
Aktuell ist deshalb schwer vorherzusagen, welche konkreten Auswirkungen das
neue Mega-Panel auf den Markt haben
wird und ob es am Ende tatsächlich nur
Gewinner gibt. Wie so oft hängt die Einschätzung auch davon ab, wen man fragt.
so Stockhausen. Youtube müsse dagegen
nun zeigen, „ob es tatsächlich bereits die
immer behauptete Größe besitzt und
über genügend vermarktbares Inventar
verfügt“.
Ü
berhaupt ist sich die Branche
auffallend einig: Der Ball liegt
eher im Feld von Google. Wobei
ziemlich offensichtlich ist, dass Googles
Bereitschaft zur Beteiligung am Mega-Panel nicht nur seiner neuen Charme-Offensive in Europa und Deutschland geschuldet ist. Die Suchmaschine erhöht
damit vor allem den Druck auf die wachsende Bewegtbildkonkurrenz durch
Facebook, Twitter und andere Onlinevermarkter. Zwar ist Google-Tochter Youtube mit einem Marktanteil von rund 45
Prozent (Nielsen Netrating März 2015)
hierzulande nach wie vor deutlicher
Marktführer bei der Nutzung von Onlinevideo, gefolgt von Myvideo, T-Online
Bewegtbild und Moviepilot. Doch insbesondere Facebook und Twitter blasen seit
Monaten zum Gegenangriff und setzen
massiv auf den Ausbau ihrer Bewegtbildangebote. Und spätestens seit sich selbst
Werbe-Ikone Jean Remy von Matt in HORIZONT als Facebook-Fan outete und mit
dem Satz zitieren ließ, Facebook sei reichweitenstark genug, „um der Hauptkanal
zu sein“, dürfte Google das Lachen ein
wenig vergangen sein.
Pikanterweise zeigen nun ausgerechnet die Reaktionen auf das neue MegaPanel, wie ernst die Lage inzwischen wohl
ist. Jan Hinrichs, Director Marketing &
Digital Commerce bei Thomas Cook, begrüßt zwar die Einigung zwischen AGF
und Google als „überfällig und sinnvoll“.
Doch er sagt auch: „Insbesondere Face-
HORIZONT 22/2015
28. Mai 2015
„Youtube muss zeigen,
ob es tatsächlich über
genügend vermarktbares Inventar verfügt“
Anja Stockhausen, Zenith Optimedia
book wird für uns jeden Tag interessanter
und hat viel Potenzial. Entsprechend ist es
wahrscheinlich, dass wir Budgets verstärkt in Richtung Facebook-Bewegtbild
shiften – egal, ob sich Facebook am MegaPanel beteiligen wird oder nicht.“
Facebook selbst ziert sich jedoch noch.
Offiziell will der Konzern derzeit keine
Stellungnahme zum Thema abgeben. Einerseits ist es ein offenes Geheimnis, dass
Facebook als global agierender Konzern
länderspezifische Lösungen wie das auf
den deutschen Markt ausgelegte MegaPanel nicht sonderlich toll findet. Andererseits ist aber auch zu hören, dass sich
die Social-Media-Experten mit offiziellen
Statements jetzt nicht unnötig festlegen
wollen. Denn natürlich schauen sie sich
genau an, was Google hierzulande treibt –
und würden im Zweifel schnell reagieren.
K
lar ist aber auch: In seiner jetzt
geplanten Form kann das neue
Mega-Panel erst der Anfang sein.
So findet E-Plus-Kommunikationsmanagerin Patricia Hohendorf „eine Ausweitung auf sämtliche relevanten Bewegtbildangebote wünschenswert“ und auch
OMD-Geschäftsführer Zimmer möchte
„eine hundertprozentige Marktabdeckung“. Noch einen Schritt weiter geht
Hans-Peter Pfaff. Der Media Manager
Europe bei Bahlsen geht fest davon aus,
dass sich „in naher Zukunft auch alle anderen Bewegtbildvermarkter dem Panel
anschließen werden“ – und er wird seinen Teil dazu beitragen: „Wir wollen ein
klares Signal setzen und werden künftig
AGF-zertifizierte Bewegtbildvermarkter
ganz klar bevorzugen.“ Nicht AGF-zertifizierte Vermarkter würden nur dann berücksichtigt, wenn es keine gleichwertigen Alternativen gebe. „In unserer neuen
Sommerkampagne wird Youtube davon
bereits deutlich profitieren“, so Pfaff.
Eine starke Aussage, die so mancher
Onlinevermarkter aufmerksam lesen
wird. Schließlich müssen es nicht unbedingt Facebook und Twitter sein, die von
den Werbungtreibenden abgestraft werden. Am Ende könnten den Kampf der
US-Giganten so womöglich ganz andere
verlieren.
„Insbesondere Facebook wird für uns
jeden Tag interessanter
und hat viel Potenzial“
Jan Hinrichs, Thomas Cook
Worum es geht – das
neue Mega-Panel
Bislang hat die Arbeitsgemeinschaft
Fernsehforschung (AGF) mithilfe des
GfK Panels lineare TV-Inhalte ihrer
angeschlossenen TV-Sender (private
und öffentlich-rechtliche) in den
sogenannten TV-Quoten erhoben.
Zusätzlich ermittelt die AGF in Zusammenarbeit mit dem Nielsen Online
Panel die Streamings der angeschlossenen TV-Mediatheken anhand von
Tracking und Umfragen. Google
hingegen erfasst bislang eigene
Onlinedaten seines BewegtbildContents im sogenannten Cross Media
Link Panel (GXL-Panel) der GfK. Künftig
sollen in einem ersten Schritt die Daten
des Nielsen Online Panels (TV-Streaming) mit den Daten des GXL-Panels
(Onlinevideo) zusammengeführt
werden. Diese Daten sollen dann in
einem zweiten Schritt mit denen des
AGF/GfK-Quoten-Panels (lineare
TV-Inhalte) fusioniert werden. Ziel ist
ein Mega-Panel, das eine Bewegtbildquote liefert, die auch Überschneidungen verschiedener Rezeptionswege
einschließlich der Nutzerstrukturen
liefert. Damit hätte die Branche
erstmals eine konvergente Nettoreichweite für TV und Onlinevideo.
38 REPORT BEWEGTBILD
Auf
HORIZONT 22/2015
28. Mai 2015
Du und Du
Youtuber mit hohen Reichweiten sind begehrt bei Werbungtreibenden,
doch die Kooperationen müssen gut ausbalanciert sein
F
Von Sara Weber
rüher waren es Boybands, die große Arenen füllten und Teeniemädchen der Ohnmacht nah
brachten. Heute sind es Youtuber
wie Y-Titty, Dfashion und Joyce, die Tausende Fans kreischen lassen. Während
Youtube einst ein Kanal war, um Videos
von Katzen, Konzerten oder komischen
Erlebnissen anzuschauen, ist die Plattform mittlerweile zur Spielwiese für junge, kreative Videomacher geworden.
Schnelle Schnitte, hippe Sätze – für viele
Über-30-Jährige ist die Anziehungskraft
dieser neuen Stars auf Jugendliche nur
schwer nachzuvollziehen.
Doch die Zahlen sprechen für sich: 27
Prozent der 14- bis 29-Jährigen nutzen
täglich Videoportale im Internet, so die
ARD-ZDF-Onlinestudie von 2014, 70
Prozent mindestens einmal pro Woche.
Von den Nutzern ab 30 Jahren sehen nur
4 Prozent täglich bei Youtube und Co vorbei. Kein Wunder also, dass Veranstaltungen wie die Videodays, die in Berlin und
Köln Youtuber und Tausende Fans zusammenbringen, auch Unternehmen anziehen: Telekom, Canon und Adidas Neo
sind Sponsoren, „Bravo“ und Big FM Medienpartner. Ihnen geht es ums Geschäft
und um einen Weg, die junge Zielgruppe
da zu erreichen, wo sie ist.
„Youtube spricht eine ganz klare Zielgruppe an und es gibt bestimmte Themen, die dort gut laufen“, sagt Xi Chen,
Strategin bei der Agentur TLGG. Wer auf
Fachtagung
Ein Youtuber gehört auch zu
den Gästen der HORIZONT
Digital Marketing Days 2015
in Berlin: Im Lauf der zweitägigen Veranstaltung (13.
und 14. Juli) begrüßt Chefredakteur Volker Schütz Tense
auf dem Podium. Der YoutubeStar ist einer der Gründer der
No-Budget-Filmproduktion
Applewar. Zudem werden
insbesondere am ersten
Veranstaltungstag zahlreiche
Experten vor Ort sein, die
Orientierung im digitalen
Marketing-Dschungel geben,
darunter Thomas de Buhr
(Twitter), Oliver von Wersch
(Gruner + Jahr Digital Products) und Steffen Hopf
(Yahoo Deutschland). Der
zweite Tag steht mit Workshops ganz im Zeichen der
Praxis. Infos unter Horizont.net/digital-marketingdays-2015
Youtube werben möchte, hat verschiedene Optionen: Es gibt Pre-Roll-Videos, die
vor den eigentlichen Inhalt geschaltet
werden können. Unternehmen können
Veranstaltungen dokumentieren, Youtuber in ihr Unternehmen einladen – und
natürlich Produkte in den Videos platzieren. Welche Lösung sinnvoll ist, hängt
vom Kunden ab und von den Produkten,
die er bewerben will. „Man muss für jede
Marke eine individuelle Lösung finden“,
sagt Chen. „Marken im Bereich Lifestyle
und FMCG haben viel Potenzial, weil sie
näher an der Lebenssituation der Youtuber dran sind und sich so leichter authentisch platzieren lassen.“
Wenn Diana alias Dfashion (277749
Abonnenten) etwa ihre „liebsten Drogerie-Schnäppchen unter 5 Euro“ vor der
Kamera präsentiert, ist das nichts anderes
als ein sechsminütiges Werbevideo – das
in nur fünf Tagen knapp 100000 Zuschauer erreicht hat. Der „DM Haul“, bei
dem Produkte aus dem Drogeriemarkt
DM ausgepackt und vorstellt werden, ist
auf Youtube zu einer Art Standardformat
geworden. Für Werbekunden ist es
durchaus attraktiv, wenn dort eines ihrer
Produkte in die Kamera gehalten wird.
I
n der Branche führt das gesteigerte
Interesse von Werbekunden zu einer
Professionalisierung. Die Zahl der
Youtuber, die ihre Onlinevideos vom
Hobby zum Beruf gemacht haben, steigt.
Mittlerweile arbeiten viele von ihnen mit
Multi Channel Networks (MCN) zusammen, die ähnlich fungieren wie eine
Künstleragentur und sich um Vermarktung, Cross-Promotion und Zuschauerentwicklung kümmern.
Mediakraft ist eines der größten
MCNs in Deutschland und vertritt unter
anderem Y-Titty und Daaruum. Nach eigenen Angaben erreichte das Netzwerk
im Dezember 2014 pro Monat 20 Millionen Zuschauer – eine Reichweite, die
auch für Werbekunden spannend ist.
„Das Interesse am Thema Onlinevideo ist
enorm gestiegen“, sagt Boris Bolz, CCO
von Mediakraft. Die Werbeindustrie habe
verstanden, welch enormes Potenzial in
dem Medium steckt, um junge Zielgruppen direkt anzusprechen. Außerdem sei
vielen Onlinevideo-Künstlern eine deutliche Professionalisierung anzumerken.
„Das passt sicher nicht jedem, sodass vereinzelt auch Kritik am Kommerz geäußert wird, aber wer bei der Professionalisierung nicht mitmachen will, muss es ja
auch nicht“, so Bolz. „Das ist gerade das
Tolle an diesem neuen Medium – jeder
nach seiner Façon.“
Denn auch wenn die Werbekunden es
sich wünschen: Nicht alle Youtuber springen leichtfüßig auf den Vermarktungszug
auf. Le Floid, der im richtigen Leben Florian Mundt heißt, gehört zu den erfolgreichsten Youtubern in Deutschland. Angefangen hat er seinen Kanal vor mehr als
fünf Jahren, als Ablenkung zum Studium.
Heute verdient er mit Youtube sein Geld.
Trotzdem sagt er von sich selbst, dass er
sehr vorsichtig sei, wenn es um Kooperationen und Werbung gehe. In seinem
Kanal behandelt Le Floid Nachrichtenthemen – nicht etwa Gaming oder Beauty. „Auf Youtube ist es tatsächlich so, dass
man sich sehr schnell seinen Kanal, sein
Image, seine Kredibilität komplett zerschießen kann, wenn man nicht doch
sehr fein aussiebt, welche Kooperation
denn überhaupt infrage kommt“, sagte
Mundt auf der Media Convention Anfang
Mai in Berlin. Deshalb tue er sich sehr
schwer damit, in seinem eigenen Kanal zu
sagen: „Ja, das wäre jetzt eine Kooperation oder ein Product Placement wert.“
Auch Unternehmen müssen auf die
richtige Präsentation ihrer Produkte achten, denn der Vorwurf der Schleichwerbung ist oft nicht weit – auch wenn sich
die junge Zielgruppe oft nicht an Werbung stört: „Produktplatzierungen werden von der Zielgruppe akzeptiert, weil
für sie die emotionale Bindung zum Youtuber im Vordergrund steht. Deshalb haben sie auch nicht das Gefühl, dass ihnen
gerade was verkauft wird“, sagt Xi Chen.
Mundt gehört zu einer Gruppe Youtubern, die im Herbst 2014 medienwirksam
das MCN Mediakraft verlassen haben.
Von Youtubern, die den Kanal nur nutzen
wollen, um schnell reich und berühmt zu
werden, hält er nicht viel: Wer ohne MCN
im Rücken Geld auf Youtube verdienen
will, der brauche „Zeit und Geduld“, so
Mundt auf der Media Convention – und
natürlich auch Talent. Wer nach „drei
Monaten panisch“ werde, weil er noch
nicht von den Youtube-Einkünften leben
könne, „sollte sich selbst und seine Motivation infrage stellen“. Gemeinsam mit
einigen Kollegen hat er sich deshalb im
Verein 301+ zusammengeschlossen.
Und trotzdem: Der Vermarktung verschließt sich auch Le Floid nicht komplett. Er ist Testimonial für die Techniker
Krankenkasse und zeigt sich auch TVAuftritten nicht abgeneigt. So gehörte er
neben Sarazar, Dner, Kelly MissesVlog
und Joyce Ilg zu einer Gruppe von Youtube-Stars, die einen Wok bei Stefan Raabs
„Wok WM“ fuhren – und damit auch die
Quoten in die Höhe treiben sollten.
Sebastian Weil ist Geschäftsführer von
Studio 71, dem MCN von Pro Sieben
Sat 1. „Das Pingpong zwischen Online
und TV setzen wir konsequent ein, um
neue Inhalte zu bewerben“, sagt er. „Was
in den 90er Jahren MTV und Viva waren,
ist jetzt unsere Onlineplattform. Es gebe
bei Youtube heute „sehr viele Gesichter,
von denen wir uns sehr gut vorstellen
können, sie im Fernsehen einzusetzen“.
Das passiere auch schon, nicht nur bei der
„Wok WM“, sondern auch durch die Integration in Formate wie „Taff“ oder „Galileo“. „Aber wir diskutieren auch über
eigene Formate für unsere Webstars. Wir
wollen mit Web-only-Produktionen im
Netz erfolgreich sein.“ Dabei werde die
Vernetzung immer wichtiger. „Deshalb
verfügen Multichannel-Networks über
den Vorteil der großen Reichweite bei der
Promotion der einzelnen Kanäle“, so
Weil.
Bibi (auf Youtube BibisBeautyPalace) wurde mit Schminktutorials
bekannt und hat fast 2 Millionen
Abonnenten. Hauptthemen sind
Mode und Kosmetik, doch die zwei
erfolgreichsten Videos sind eher
Comedy: „10 Arten von Pärchen“
(mehr als 6,5 Millionen Aufrufe)
und „10 Arten von Geschwistern“
(mehr als 4,8 Millionen Aufrufe).
Sarazar (SarazarLP) macht Videos
nenten und nahm 2014 am Projekt
„The Mansion“ teil, bei dem mehrere Youtube-Stars in einem Haus in
Kalifornien wohnten und gemeinsam Videos produzierten.
Sami Slimani (Herr Tutorial) dreht
Videos zu den Themen Lifestyle,
Mode, Beauty und Styling und hat
1,2 Millionen Abonnenten. Seine
beliebtesten Videos: „How To: Justin
Bieber Hairstyling in Minutes!“
(mehr als 6 Millionen Aufrufe) und
„So küsst man richtig!!!“ (mehr als
2,7 Millionen Aufrufe).
Y-Titty (YTITTY) ist ein Comedy-
Musik. Ihr Video zur Single „Der
Letzte Sommer“ hat mehr als 23
Millionen Aufrufe. Weiterer Hit:
Das Parodievideo zu Gotyes Song
„Somebody That I Used To Know”.
aus dem Genre „Let’s Play“, bei dem
Computerspiele in Aktion aufgenommen und kommentiert werden. Er hat fast 1,8 Millionen Abon-
U
nd dass Werbekunden genau
diese Reichweite nutzen wollen,
wird sich wohl so schnell auch
nicht ändern: „Der Youtube-Hype wird
bleiben“, glaubt Strategin Xi Chen. Individualität und Konnektivität seien zwei
große Faktoren, die für Marken spannend seien. „Beides lässt sich auf Youtube
gut widerspiegeln.“ Das Videonetzwerk
biete massenhafte Individualkommunikation – oder anders ausgedrückt: „Man
kann jemandem, den man nicht kennt,
nirgendwo anders so nah sein wie bei
Youtube.“
Trio, dessen Sketche und Parodien
3135476 User abonniert haben.
Mittlerweile machen Philipp Laude,
Matthias Roll und Oguz Yilmaz auch
42 REPORT BEWEGTBILD
HORIZONT 22/2015
28. Mai 2015
Heute schon an
morgen denken
Trotz der Stärke des Mediums TV müssen sich die Vermarkter
im Digitalen aufstellen – noch sind die Erträge überschaubar
Zwar herrscht die lineare Nutzung vor, die Onlinepräsenz ist dennoch zwingend
Von Bettina Sonnenschein
F
ernsehen hat Reichweite, Fernsehen hat die meisten Nutzer, Fernsehen ist das meistgenutzte Medium und hat außerdem die größte
Power bei der Werbewirkung: Wer sich in
diesen Zeiten im Dunstkreis von TV-Vermarktern bewegt, wird solche Sätze fast
ohne Unterlass zu hören bekommen.
„Das mit Abstand wichtigste Gerät ist und
bleibt nach wie vor das TV“, betont so
auch Thomas Wagner, Vorsitzender der
Geschäftsführung Seven-One Media, gefragt nach der Relevanz der Abrufzahlen
von TV-Inhalten auf digitalen Plattformen im Vergleich zum linearen TV. „Über
50 Prozent der 14- bis 29-jährigen Frauen
und 43 Prozent der jungen Männer werden jeden Tag durch das Fernsehen erreicht.“
Schon richtig, kommentiert Deniz
Mathieu, Geschäftsführerin bei Pilot,
Hamburg. „Die Sender sind noch immer
Reichweitenhelden – aber verglichen mit
den Reichweiten von vor einigen Jahren
bröckelt es eben an den Rändern.“ Um die
Krümel, sprich die Nutzer aufzufangen,
und nicht an reine Internetdienste, Streaming-Plattformen und Pay-TV-Sender zu
verlieren, sind die Vermarkter allerdings
höchst aktiv. Beispiel Seven-One Media:
Im Juni 2014 launchte der Vermarkter von
Pro Sieben Sat 1 seine 7TV-App, mit der
das laufende Programm aller zugehörigen
Sender in einer einzigen Anwendung mobil wurde. Zeitversetztes Sehen und
Catch-up-Funktionen gehören ebenso
zum Angebot. Nach gut einem Jahr sind
mehr als 2,5 Millionen Downloads zu verzeichnen. Inzwischen gibt es die App
nicht nur für die gängigen Mobile-Betriebssysteme und als Browservariante,
sondern auch als vorinstallierte App auf
Smart-TV-Geräten von Samsung und für
den Nexus Player von Google.
Beispiel IP Deutschland: Der RTL-Vermarkter betont seit geraumer Zeit seine
Fourscreen-Kompetenz, also die Fähigkeit, den eigenen Content überall ausspielen zu können, egal wie groß, klein, stationär oder mobil ein Bildschirm ist. Kunden
sicherten sich damit „nicht nur die maximale Reichweite ihrer Zielgruppe, sondern sprechen sie auch über sämtliche
Endgeräte an“, wie Paul Mudter, Geschäftsleiter Interactive IP Deutschland,
sagt. Mitnichten werde damit der große
TV-Bildschirm gleichgesetzt mit kleine-
Eine App, alle Sender: Pro Sieben Sat 1 setzt auf ein großes Paket
Reines
Wunschprogramm
Von Bettina Sonnenschein
B
ücher, Schallplatten, CDs, DVDs
– was früher im Laden gekauft
wurde, kommt heute über digitale Kanäle ins Haus. „Mit Fernsehen war das immer schon anders“, sagt
Mattias Hjelmstedt, Gründer und CEO
von Magine TV. „Fernsehen war von Anfang an im Wohnzimmer.“ Und weil die
Zuschauer sich dabei über Jahrzehnte eine gewisse Passivität angewöhnt haben,
lassen sich die neuen, digitalen Distributionswege für TV nicht so leicht monetarisieren, meint Hjelmstedt: „Warum für
etwas bezahlen, das schon da ist?“
Mit Magine TV hat der schwedische
Medienunternehmer eine Antwort gefunden: Das Angebot ist einerseits klassi-
sches Live-TV und bietet andererseits
zeitversetzten Abruf, On-Demand- und
Catch-up-Funktionen und das auf allen
verfügbaren Screens. Der Mehrwert:
Kaum ein Streamingdienst oder TV-Sender kann so ein kompaktes Paket bislang
liefern, Nutzer müssen sich bislang für
verschiedene Dienste und Apps entscheiden und gegebenenfalls zwischen diesen
wechseln. Hjelmstedts Credo: „Das ist
Fernsehen neu definiert – ganz nach den
individuellen Wünschen der Zuschauer.“
Tatsächlich vermittelt Magine TV ein
recht gewohntes Fernseherlebnis: Ein
elektronischer Guide zeigt sämtliche verfügbaren Sender und Sendungen an, per
Klick wird das Format gestartet. Für den
deutschen Markt außergewöhnlich daran
ist: Dem Schweden ist es gelungen, die
großen Medienkonzerne davon zu über-
ren Screens, ich Gegenteil: „Die Schlagkraft von TV ist bekannt und es geht darum, weitere digitale Möglichkeiten für
die Kommunikation zu nutzen“, so Mudter. Fernsehen finde schließlich auf allen
Bildschirmen statt.
Nicht zuletzt die kleineren Sender arbeiten fieberhaft am digitalen Ausbau:
RTL 2 hat gerade seine Website einem
Relaunch unterzogen, baut die Merchandising-Aktivitäten aus und hat eine Content-Partnerschaft mit Yahoo vereinbart.
„Im Sommer startet RTL 2 ein komplett
neues mobiles Angebot, das nicht nur eine
Adaption von RTL2.de ist, sondern ganz
eigene Wege geht“, kündigt Carlos Zamorano, Unternehmenssprecher des Senders, außerdem an.
All solchen Aktivitäten zum Trotz:
„Die angebotenen Flächen für hochwer-
Der Dienstleister
Magine TV ermöglicht
lineares und zeitversetztes Fernsehen auf
allen Bildschirmen zu
jeder Zeit
Immer und überall alle Fernsehsender empfangen: Magine TV macht es möglich
tigen Content sind viel zu gering“, sagt
Mediaexpertin Mathieu. Sie wünscht
sich wesentlich mehr Kreativität im Umgang mit bestehenden und neuen Werbeformen, um das Inventar zu erweitern
oder zumindest noch besser nutzen zu
können. Allerdings: „Wir wollen hier
zurzeit keinen Druck auf die Vermarkter ausüben, denn zu viel Werbung
könnte sich auch wieder negativ auf die
Nutzung auswirken.“ Das Pflänzchen
Digital soll gehegt, aber nicht überdüngt
werden.
Fest steht: Der Ausbau der digitalen
Angebote ist derzeit eher Zukunftsinvestition als rentables Geschäft. Durch die
Vielzahl der Plattformen, auf denen TVInhalte laufen, sind Vermarktung und
Mediaplanung extrem kleinteilig geworden, der Aufwand ist erheblich gestiegen,
der Ertrag noch weit entfernt von dem,
was lineare TV-Werbung einbringt. „Es
ist richtig, dass der deutlich größere Anteil TV zufällt“, sagt Mudter. „Dennoch
machen wir heute schon ein interessantes
Geschäft mit Bewegtbild – sowohl von
den Umsätzen als auch vom Volumen
her.“ Die Videovermarktung sei klar als
Investition in die Zukunft zu werten, da
sich der Markt auch langfristig verändern
werde.
Auch Seven-One-Manager Wagner
gibt zu, dass noch wenige Sender „für den
Großteil der Nutzung und Werbeerlöse
stehen“. Umso wichtiger ist ihm, die einzelnen Plattformen für jeden Kunden
sinnvoll zu bündeln: „Entscheidend ist am
Ende die Zusatzreichweite, die durch Digital addiert werden kann.“
zeugen, ihm die Distributionsrechte zu
überlassen. So sind neben den öffentlichrechtlichen Sendern und vielen internationalen Marken (unter anderem Discovery, Fox und CNN) auch die RTL- und
Pro-Sieben-Sat-1-Angebote abrufbar. Er
habe, so Hjelmstedt, von Anfang an um
das Vertrauen der heimischen Sender geworben, um ihnen zu vermitteln, dass ihre Rechte mit einer Beteiligung nicht in
Gefahr sind. Das in Deutschland seit
April 2014 verfügbare Angebot wird rein
über Abomodelle finanziert. Der günstigste Einstiegspreis liegt bei 6,99 Euro
monatlich, für etwas mehr gibt es sogar
Pay-TV-Sender.
Ist das nun alles noch Fernsehen, eine
neue Form des Streamings oder etwas
völlig anderes? Hjelmstedt fällt es selbst
nicht leicht, das ganz klar zu beantworten: „Vielleicht ein bisschen was von allem“, meint er und widerspricht gleichzeitig Netflix-CEO Reed Hastings, der das
Ende von klassischem TV beschwört:
„Das wird nie passieren“, so der MagineChef. „Große Live-Shows oder SportEvents werden immer die lineare Verbreitung benötigen, genauso wie lokaler Content.“ Ebenso wenig sieht er bislang große
Veränderungen im Werbebusiness. „Die
stehen erst an, wenn eine datengetriebene
Verbreitung personalisierte Werbung auf
breiter Basis ermöglicht.“
HORIZONT 22/2015
28. Mai 2015
Doppelt
REPORT BEWEGTBILD 43
bringt mehr
Nächstes Jahr kann der Bezahlsender Sky
die Werbeblöcke aus dem linearen TV für
seine Mobilanwendung Go austauschen
Dass den Vermarktungschef dieser Extraplatz freut, ist eine Sache, zumal man
im linearen Bereich so gut wie ausverkauft
sei und die derzeitige Nachfrage vermuten
lässt, dass der zusätzliche Platz gut gefüllt
werden kann. Michel geht es mit Ad Insertion dennoch um viel mehr: „Im Moment
gibt es einen enormen Bedarf, überhaupt
erst einmal zu verstehen, wie sich die Nutzung von TV verändert“, sagt er und ergänzt: „Wir können damit aufzeigen, wie
sich die Nutzerströme entscheiden.“
Gemeint ist damit, dass Sky, das dank
des Abosystems viel über seine Zuschauer
weiß, eine starke Differenzierung in der
Zielgruppe 14 bis 29 Jahre feststellt: „Die
Jüngeren verabschieden sich nach und
nach vom linearen Fernsehkonsum. Sie
Von Bettina Sonnenschein
N
Fachtagung
Eine Möglichkeit, die neue
Vermarktungsmöglichkeit für
Sky Go vorzustellen, wird
Carsten Schmidt, der im
Sommer Brian Sullivan als CEO
des Bezahlsenders ablöst,
beim 2. HORIZONT Bewegtbild Gipfel in München haben.
Am 17. und 18. November
geht es dabei unter anderem
um Fragen der Währung und
das Thema Real Time Advertising. Infos unter Horizont.net/bewegtbild-gipfel-2015
och ist alles ganz einfach: Werbekunden, die ihre Kampagne
bei Sky einbuchen, können sicher sein, dass alle Sky-Nutzer
diese Kampagne sehen, egal, ob sie vor
dem TV-Gerät sitzen oder das Programm
gerade über die Sky-Go-App auf einem
mobilen Gerät konsumieren. Was die
Kunden allerdings nicht so genau wissen:
Wie viele User sie über diese App eigentlich zusätzlich erreichen. Denn die Reichweite der App wird nicht von der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung erfasst.
In der Folge kann der Sender auch kein
Geld für den Nutzungsumfang verlangen.
Beim Vermarkter Sky Media Network
weiß man es allerdings ziemlich genau:
„Es geht um durchschnittlich rund
560000 Unique User, die nicht kapitalisiert werden, weil sie nicht ausgewiesen
sind – und das jeden Bundesliga-Spieltag“, sagt Geschäftsführer Martin Michel.
Damit das nicht so bleibt, arbeitet Sky
derzeit an einer technologischen Neue-
Bald andere Werbeblöcke: Sky Go macht den Schritt in die digitale Vermarktung
rung, die sogar noch einiges mehr kann
als Zahlen liefern: „Sky Ad Insertion“ ermöglicht es, den Werbeblock aus dem linearen Programm auszuschneiden und
das Inventar neu zu füllen. Via Ad Server
kann der Platz extra verkauft werden.
haben eine zählbar größere Neigung, auf
mobile Geräte auszuweichen“, sagt Michel. Der 10-prozentige Abozuwachs des
vergangenen Jahres schlägt sich nicht in
einem 10-prozentigen Reichweitenzuwachs nieder – die neuen Nutzer tendie-
ren offenbar zu verstärkter, nicht erfasster
Mobilnutzung.
Ad Insertion wird also dazu dienen,
diese Verschiebungen zu dokumentieren.
In weiteren Schritten ermöglicht das System dann die deutlich zielgruppenspezifischere Aussteuerung der Werbeblöcke,
dank Tracking und Targeting. Ganz abgesehen davon, dass die über einen Ad Server ausgespielte Werbung klickbar wird
und so zusätzliche Anforderungen aus
Kommunikation und Marketing erfüllt.
Bis es für die deutschen Sky-Go-Nutzer so weit ist, wird noch ein gutes halbes
Jahr vergehen. 2016 soll Ad Insertion
hierzulande anlaufen. Das hängt mit der
aufwendigen technischen Umsetzung zusammen, wie Peter Meininger, Head of
Projects & Digital Products bei Sky Media
Network, erklärt. „Schließlich muss das
System exakt erkennen können, wo der
lineare Werbeblock beginnt, wo er endet,
und an welche Stelle der neue Inhalt hineingeschnitten wird.“ Die Aussteuerung
über einen Ad Server hat nebenbei eine
weitere Konsequenz: Adblocker funktionieren nicht – und das ist ganz im Interesse der Werbekunden.
Im Interesse von Vermarktungschef
Michel wiederum ist, dass das Inventar an
anderer Stelle ausgebaut werden kann:
Momentan bekommen Sky-Go-User
beim Starten der App einen Preroll-Spot
zu sehen, zukünftig könnten auch dort
mehrere Werbeblöcke eingestellt werden.
Bleibt die Frage, wie die Werbungtreibenden darauf reagieren, dass sie bald mehr
bezahlen sollen, schließlich gibt es Sky Go
dann nicht mehr on top. Michel erwartet
allerdings keine größeren Probleme. Die
Erfahrungen der Kollegen in europäischen Nachbarländern, in denen Ad Insertion schon installiert ist, zeigen: Die
anfängliche Ablehnung zusätzlicher Kosten konnte angesichts der Möglichkeiten
schnell überwunden werden.
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44 REPORT BEWEGTBILD
HORIZONT 22/2015
28. Mai 2015
@ HORIZONT
„Transparent“ (links),
„Game of Thrones“
(Mitte) und „House
of Cards“ (rechts
oben) – aktuelle
Beispiele für Originalserien von Streamingdiensten und
Pay-TV-Sendern.
Vorreiter zu dem
Trend war 1999 HBO
mit „The Sopranos"
(rechts unten)
Echte
Originale bevorzugt
„House of Cards“ war
nur der Anfang: Immer
mehr selbst produzierte
Serien von Streamingund Pay-TV-Anbietern
sind exklusiv im Netz
Von Daniel Scharnagl
O
b Netflix, Amazon oder Sky –
die Produktion eigener Serien
hat sich zum Megatrend unter
Streaming- und Pay-TV-Anbietern entwickelt. Dabei ist die Konkurrenz riesig. „Transparent“ bei Amazon,
„Fortitude“ und „100 Code“ bei Sky oder
die dritte Staffel „House of Cards“ und
„Bloodline“ bei Netflix. Die fünfte Staffel
„Game of Thrones“ feierte bei HBO ihre
US-Premiere, deutsche Fans konnten exklusiv über Sky Go dabei sein. Der
Dschungel der Angebote und Inhalte ist
unübersichtlicher denn je – und deshalb
müsse man sich heute deutlich vom
Mainstream differenzieren, wie US-Medienanalyst Michael Nathanson sagt:
„Der definierende Faktor einzelner Services werden künftig exklusive, originale
Inhalte sein.“ Anders ausgedrückt: Jeder
Anbieter sucht sein persönliches „House
of Cards“.
Die Kosten für diese Form der Kundenakquise und -bindung sind hoch.
Amazon hat laut Konzernchef Jeff Bezos
2014 insgesamt 1,3 Milliarden US-Dollar
in Lizenzen und Produktionskosten für
seinen Videodienst Prime Instant Video
investiert. Netflix will in diesem Jahr 3,2
Milliarden Dollar für Content ausgeben,
rund 10 Prozent sind für Originale reserviert. Bis Jahresende sollen laut Konzernchef Reed Hastings 320 Stunden eigenproduzierte Serien, Shows, Dokumentationen und auch Spielfilme online gehen,
dreimal so viel wie im vergangenen Jahr.
„Ich glaube, dass wir etwa 20 Originale
pro Jahr stemmen können, also alle zweieinhalb bis drei Wochen eine neue Serienstaffel oder eine neue Show bei Netflix“,
sagt Content-Chef Ted Sarandos. Dazu
muss man wissen: Netflix begann erst
2012, eigenen Content zu produzieren.
Pionier in Sachen Eigenproduktionen
war der US-Kabelsender HBO.
B
ereits 1999 flimmerte dort eine
Originalserie namens „The Sopranos“ über die Bildschirme. Bis
heute gilt HBO als beste Adresse für qualitativ hochwertige Eigenproduktionen.
Andere Kabelsender wie AMC („Mad
Men“) oder Showtime („Homeland“)
kopierten später die Strategie. Der jüngst
erfolgte Start des Subscription-Videoon-Demand-Angebots HBO Now in den
USA bestätigt, dass HBO kein reiner Kabelsender mehr ist, sondern im direkten
Wettbewerb mit Internetanbietern steht –
neben Netflix auch Amazon Prime Instant Video und in den USA das werbefinanzierte Videoportal Hulu.
Auch sonst sind Originalserien momentan ziemlich angesagt: Das Playstation Network veröffentlichte im März seine
erste Exklusivserie „Powers“, während
Microsofts Xbox Studios im Sommer
2014 dichtmachten – und damit auch das
angekündigte Serienprojekt „Halo“ Geschichte war. In Europa hat Sky hingegen
sein Engagement bei Eigenproduktionen
unter dem Druck der Internetkonkurrenz erhöht. Und auch Web-Konzerne
wie Yahoo springen auf den Zug auf: Die
sechste Staffel der beim US-Kabelsender
NBC abgesetzten Serie „Community“ soll
exklusiv im Netz fortgesetzt werden.
Mittlerweile hat jeder Anbieter sein eigenes Erfolgsrezept entwickelt. Die Kreativen haben erkannt, dass die Eigenproduktionen der Internetanbieter zum heißesten
Eisen im TV-Business avancieren. Kevin
Spacey betrat mit „House of Cards“ noch
ziemliches Neuland, inzwischen arbeitet
eine ganze Reihe von Hollywoodgrößen
an Projekten fürs Web: Die WachowskiGeschwister („Matrix“) werden ab Juni
Kein Mangel an Content
Auswahl kommender Originalserien
Titel
Termin
Amazon Prime Instant Video
Red Oaks
2015
Hand of God
2015
Bosch
2015
Transparent, 2. Staffel
2015
Mad Dogs
noch offen
The Man in the High Castle
noch offen
HBO
True Detective, 2. Staffel
21. Juni 2015
The Brink
21. Juni 2015
The Leftovers, 2. Staffel
Sommer 2015
Westworld
2015
Scorsese Music Project (Arbeitstitel)
2015
Netflix
Grace and Frankie
8. Mai 2015
Sense8
5. Juni 2015
Orange is the New Black, 2. Staffel
12. Juni 2015
Wet Hot American Summer
17. Juli 2015
Narcos
2015
The Crown
2016
The Get Down
2016
Sky
Babylon Berlin
Quelle: Videomarkt.de
noch offen
HORIZONT 22/2015
mit „Sense8“ auf Netflix vertreten sein.
Adam Sandler hat mit der Streamingplattform einen Deal über vier Spielfilme abgeschlossen, Baz Luhrmann („The Great
Gatsby“) wird die Serie „The Get Down“
für Netflix drehen. Und bei Amazon hat
nicht nur Altmeister Woody Allen für seine erste TV-Serie zugesagt. Pilotepisoden
von Marc Foster („Hand of God“) und
Steven Soderbergh („Red Oaks“) sind bereits online, die kompletten Serien sollen
noch 2015 auf den Markt kommen.
U
nd auch Sky zieht nach: Die anstehende Serie „Babylon Berlin“
wird vom deutschen Erfolgsregisseur Tom Tykwer umgesetzt. „Wir
kratzen erst an der Oberfläche“, schreibt
Netflix-Chef Hastings in seinem jüngsten
Brief an Investoren. „Wir werden einen
immer höheren Prozentsatz unserer
Content-Ausgaben in den kommenden
Jahren in Originale investieren.“ 2015
könne „ein großes Jahr“ in Märkten wie
Deutschland oder Frankreich werden,
auch weil so viel exklusiver Content ansteht wie nie zuvor. Und auch außerhalb
der Netflix-Welt deutet vieles darauf hin,
dass das Internet in den nächsten Jahren
die bevorzugte Heimat populärer Serien
sein wird – ob nun bei Amazon, Sky oder
anderen Plattformen. Das Wettrüsten
qualitativ hochwertiger Serien ist noch
lange nicht vorbei. Und Originale werden
bevorzugt.
Der Autor Daniel Scharnagl ist freier Mitarbeiter des Fachmagazins „Videomarkt“
und Experte für den digitalen Vertrieb im
Home Entertainment.
46 REPORT BEWEGTBILD
HORIZONT 22/2015
28. Mai 2015
FOTO: COLOURBOX
Fackeln statt Lagerfeuer
Studie von „TV Digital“
zeigt die Diversifizierung der TV-Nutzung /
Männer und Jüngere
treiben die Entwicklung
Doppelter Ansatz
Zunächst wurden in Workshops mit insgesamt 24 TVund Unterhaltungstechnologie-affinen Zuschauern
Nutzungsroutinen und
-bedürfnisse erfasst, inklusive
Nutzungstagebuch (Institut:
Rich Harvest, Hamburg). Um
diese qualitativen Erkenntnisse zu quantifizieren, ließ
Axel Springer Media Impact
anschließend 1008 deutschsprachige Personen zwischen
18 und 69 Jahren in Haushalten mit Internetanschluss
repräsentativ online befragen
(Institut: Medialine, Berlin).
Von Roland Pimpl
M
ultiscreening, Smart-TV,
On-Demand-TV: Wer sich
durch das Wortprogramm
der schönen neuen Fernsehwelt zappt, riskiert bald Bildstörungen
durch Begriffsverwirrung. Kein Wunder,
denn die Auswahl der Bewegtbild-tauglichen Geräte steigt, ebenso die Anzahl
der Angebote. Jeweils 55 Prozent der 18bis 69-jährigen Deutschen schauen bewegte Bilder auf dem klassischen TV-Gerät und auf dem Smartphone, 49 Prozent
auf dem Laptop, 37 Prozent auf internetfähigen Fernsehern (Smart-TV) und 27
Prozent auf dem Tablet. Dies zeigt eine in
dieser Woche präsentierte Studie der Programmzeitschrift „TV Digital“.
Neben dem Fernsehen nutzen 52 Prozent auch Videoportale wie Youtube,
Live-Mediatheken (49 Prozent), Streaming-Flatrates wie Amazon Prime (22
Prozent) und Online-Videotheken wie
iTunes (18 Prozent). Grund genug für den
Vermarkter Axel Springer Media Impact
(Asmi), der „TV Digital“ nach dem Verkauf des Titels an die Funke Mediengruppe weiterhin betreut, das alles zu beleuchten, auch qualitativ (siehe Kasten links).
„Meistens werden die ausgerufenen
TV-Trends aus Sicht technologischer Entwicklungen betrachtet“, sagt Matthias
Franzen, Gesamtanzeigenleiter Programmzeitschriften bei Asmi. Seine Studie dagegen beleuchte die zukunftstreibenden Faktoren im Fernsehmarkt aus
Nutzersicht. Franzen weiter: „Früher bestimmten die TV-Sender, wann sich die
Fernsehnation zu populären Sendungen
wie um ein Lagerfeuer versammelte –
heute kann jeder Zuschauer seine eigene
kleine Fackel entzünden.“ Dementsprechend zeige die Studie mit der Diversifikation der TV-Nutzung auch eine stark
fragmentierte Fernsehzielgruppe.
Dazu hat das Asmi-Forscherteam die
Deutschen im untersuchten Alterskorridor anhand ihres TV-Nutzungsverhaltens – stark differenzierende Faktoren
sind zum Beispiel die Nutzung von
Smartphones für Videos und Smart-TV –
in drei Gruppen unterteilt: Konservative,
Beobachter und Pioniere (siehe Tabelle
rechts). „Während einige Nutzer bereits
viel Neues ausprobieren, bleiben andere
vorerst distanziert und ihren bisherigen
Gewohnheiten treu“, sagt Franzen. Aufgrund ihres progressiven Nutzungsverhaltens seien die Pioniere Vorreiter des
Wandels: „Ihre erhöhte Zahlungsbereitschaft macht sie dabei zugleich zu kommerziellen Gradmessern.“
W
elche Themen treiben den
TV-Markt aus Sicht der Nutzer? Der Unterhaltungswert
ist der wichtigste Trendfaktor für die Bewegtbild-Zukunft – und das unabhängig
von der Zielgruppe. Konservative, Beobachter und Pioniere gleichermaßen stimmen Einstellungsitems, die sich um die
Suche nach Unterhaltung und Entspannung drehen, im Durchschnitt zu 77 Prozent zu, Männer wie Frauen, Ältere wie
Fünf Trendfaktoren des zukünftigen Bewegtbild-Marktes aus Nutzersicht
Intensität
Intensivierung des
Fernseherlebens
Zustimmung gesamt
77
… bei Männern
77
… bei Frauen
78
… bei 18- bis 29-Jährigen
74
Angaben in Prozent
Interaktion
Einfache, spielerische
Interaktionsmöglichkeiten
mit TV-Geräten
72
47
77
68
73
79
… bei über 50-Jährigen
78
… bei Konservativen*
78
69
… bei Beobachtern*
77
71
… bei Pionieren*
77
70
Individualismus
Selbstbestimmtes
Nutzungsverhalten,
frei von Zeit und Ort
32
27
33
29
30
48
46
74
48
39
78
Soziales
Austausch der Nutzer
untereinander, auch
als Teil der TV-Formate
51
43
… bei 30- bis 49-Jährigen
50
54
26
39
46
32
28
26
16
24
18
33
40
29
37
* siehe Typologie-Tabelle
Die fünf Trendfaktoren wurden durch eine Faktorenanalyse von 23 Einstellungs-Items zum TV-Verhalten gewonnen, angegeben ist der durchschnittliche Zustimmungswert aller Items des jeweiligen Faktors
Quelle: TV Digital / Funke Mediengruppe / Axel Springer Media Impact
höheres Engagement, und dies konterkariert – bei aller Inspiration, die sie bieten,
– das wichtigste TV-Nutzungsmotiv: die
zurücklehnende Entspannung.
27 Prozent der Befragten betonen die
Motivation, gern selbst bestimmen zu
können, wann, wo und mit welchem Gerät sie TV-Inhalte konsumieren. Diese Individualisierung verändert Nutzungsmuster grundlegend, weil die jungen
Zielgruppen hier ein deutlich größeres
Interesse zeigen und den Wandel vorantreiben. Zugleich sind in diesem Punkt
die Pioniere am weitesten von den Konservativen entfernt. „Dieser auf den ersten Blick unscheinbare Trend wird zu
massiven Veränderungen im Markt führen“, folgern die Forscher. Die Ausdifferenzierung von Kanälen und Geräteplattformen werde sich so beschleunigen.
E
ines ändert sich dabei nicht: „In der
immer komplexeren BewegtbildLandschaft bleiben Programminformationen höchst relevant – für alle
Nutzergruppen“, erklärt „TV Digital“Vermarkter Franzen. 76 Prozent der Zuschauer lassen sich bei ihrem TV-Konsum von Trailern leiten, gefolgt vom
Durchzappen (73 Prozent), Programmzeitschriften (67 Prozent), Freunden (53
Prozent) und anderen Zeitschriften (51
Prozent). Dabei nutzen die Konservativen
im Schnitt sechs Quellen und planen
mehr, während die Pioniere neun Quellen anzapfen und das spontaner. Dabei
erwarten sie auch Empfehlungen zu allen
anderen Bewegtbild-Plattformen.
Konservative meiden Handy-Videos
Unterhaltungswert ist wichtigster Treiber des TV-Wandels
Entertainment
Lust an guter
Unterhaltung
Jüngere. Hochwertige Inhalte können somit ein Treiber sein für die Akzeptanz
neuer Technologien, resümieren daher
die „TV Digital“-Forscher.
Doch schon beim zweiten von fünf
Trendfaktoren (siehe Tabelle links) ist es
mit der Gemeinsamkeit vorbei. Dass
neue TV-Technologien das sensorische
Fernseherlebnis steigern, ist im Durchschnitt 72 Prozent der Befragten wichtig,
unabhängig vom Alter. Pioniere legen auf
die Intensivierung deutlich mehr Wert als
Konservative und Männern mehr als
Frauen. Die Wunschfantasie der Pioniere
reicht gar so weit, mithilfe von 3D- oder
Augmented-Reality-Technologie selbst
Teil der Handlung zu werden.
In der Bedeutung als Trendfaktor auf
Platz 3 (Zustimmung: 47 Prozent) rangieren einfache und zugleich spielerische
Interaktionsmöglichkeiten mit dem TVGerät, etwa über Gesten-, Sprach- oder
Touchpad-Steuerung. Erwartungsgemäß
hegen diese Wünsche eher die Pioniere,
aber immerhin auch die Hälfte der Beobachter, dabei mehr Männer als Frauen.
Insgesamt nur einem Drittel der Befragten ist beim Fernsehen soziale Interaktion übers TV-Gerät wichtig, etwa
Empfehlungen anderer Zuschauer, Diskussionen mit weiteren Nutzern übers
laufende Programm oder die Teilnahme
an interaktiven Formaten. Dies wünschen deutlich mehr jüngere als ältere
User, am häufigsten die Pioniere. Social
TV wird eher für spezifische Inhalte und
Zielgruppen relevant sein, deutet die Studie. Denn solche Angebote erfordern ein
HORIZONT 22/2015
Typologie der TV-Nutzer (Auswahl)
Konservative
Beobachter
31%
Pioniere
Anteil in Bevölkerung
39%
Einstellung zu Unterhaltungstechnologie
Gute Ausstattung, eher klas- Offen für Wandel, aber absische Nutzungsweisen
wartende Grundhaltung
Große Offenheit für neue
Technologien und Nutzungen
Anteil Männer/Frauen
46% / 54%
47% / 53%
59% / 41%
Durchschnittsalter
48 Jahre
43 Jahre
40 Jahre
Einkommen über 3000 Euro
21%
27%
30%
Durchschnittliche
Anzahl genutzter Geräte für
Bewegtbild (mind. täglich)
1,6
3,5
4,8
Nutzung Smartphone für
Bewegtbild (mind. täglich)
1%
90%
89%
Nutzung Smart-TV
27%
2%
86%
Zahlungsbereitschaft für
„besseres TV-Erlebnis“
26%
31%
50%
Nutzung kostenpflichtiger
Streaming-Dienste und OnlineVideotheken
14%
19%
36%
Quelle: TV Digital / Funke Mediengruppe / Axel Springer Media Impact
30%
HORIZONT 22/2015
HORIZONT 22/2015
REPORT BEWEGTBILD 47
28. Mai 2015
Im richtigen Moment
Bewegtbild für
Mobile ist seit
Jahren in aller
Munde. HORIZONT fragt
Vermarkter nach
dem Stand der
Dinge
1
Welchen Stellenwert hat
Mobile-Bewegtbild derzeit für
Ihr Unternehmen, welche
Branchen beziehungsweise Medienanbieter sehen Sie in der Vorreiterrolle in Sachen Video auf kleinen
Screens und wer wird aus Ihrer
Sicht am meisten davon profitieren?
Matthias Wahl, OMS
Florian Resatsch, Geschäftsführer Ströer Mobile Media
Dirk Kraus, Vorstand und Gründer YOC
Die Kombination der beiden Wachstumstreiber Mobile
und Bewegtbild spielt für uns eine zentrale Rolle, verfügt die OMS doch über eines der größten MobileVermarktungsangebote in Deutschland. Wobei wir
kaum noch explizit in mobile oder stationäre Kampagnen unterscheiden. Genau wie unsere Kunden
denken wir in Multiscreen. Die Bewegtbildwerbeformate sind genau dann besonders wertvoll, wenn sie auf das
jeweilige Ziel des Werbekunden einzahlen. Die digitale
Erfolgsformel lautet: Die richtigen Inhalte auf dem
richtigen Medium mit der richtigen Kampagne zu
bespielen, um die richtigen Nutzer im richtigen Zeitpunkt mit der richtigen Botschaft zu erreichen. Entsprechend sorgen wir dafür, dass unsere Werbekunden
ihre gewünschten Zielgruppen erreichen, egal über
welchen digitalen Kanal. Und aus Sicht der Nutzer, für
den tatsächlichen Erfolg einer Kampagne ja durchaus
wichtig, steht die Usability der mobilen Angebote an
erster Stelle: Werbeformate sollten schnell laden, leicht
verständlich sein und auf keinen Fall das Nutzervergnügen beeinträchtigen. Gerade für die vielen Verlage
im OMS-Portfolio stellt Mobile-Bewegtbild ein sehr
relevantes Segment dar, können sie als Anbieter redaktioneller Qualitätscontents hier doch aus dem Vollen
schöpfen und Nutzern wie auch Werbekunden relevante Inhalte beziehungsweise attraktive Werbeumfelder
zur Verfügung stellen.
Bewegtbild-Inhalte sind momentan einer der zentralen
Treiber des Onlinemarktes und spielen natürlich vermehrt eine große Rolle im Mobile-Bereich. Der moderne Multiscreen-Nutzer sieht Bewegtbild-Inhalte auf
allen Plattformen. Werbungtreibende haben erkannt,
dass Kampagnen, wenn sie über alle digitalen Screens
geplant werden, zusätzliche Reichweiten und bessere
Werbewirkung erzielen. Sie setzen daher im Rahmen
ihrer Kampagnenplanung verstärkt auf die Kombination der unterschiedlichen Screens, um eine möglichst
synchronisierte Ansprache und eine maximale Reichweite in den Zielgruppen zu erreichen.
Der Strukturwandel in der Werbeindustrie, der sich
insbesondere in der fortschreitenden Digitalisierung
der Medienangebote niederschlägt, kann im Geschäftsjahr 2015 das Wachstum von Mobile-Bewegtbild weiter
beschleunigen. In diesem Zusammenhang kann auch
die Nachfrage nach Multiscreen-Lösungen (Public
Video, Desktop, Mobile), wie sie in dieser Form auch
nur von der Ströer Gruppe angeboten werden, zulegen.
Insgesamt ist die Ströer Gruppe durch ihre Angebote in
der Außenwerbung und im Digitalbereich sehr gut
aufgestellt, um Kunden vor diesem Hintergrund ein
optimales und reichweitenstarkes Angebot bieten zu
können.
Wie aktuelle Studien bestätigen, wird mit der zunehmenden Verbreitung von Smartphones und Tablets die
Kommunikation nicht nur schneller, sondern auch
visueller. Dies ist beispielsweise bei Facebook zu beobachten. Dort ist im vergangenen Jahr die Anzahl der
Video-Posts pro Person um 75 Prozent gestiegen. Der
Großteil der Videos wird auf mobilen Geräten angesehen (65 Prozent). Allein daraus kann man ableiten, dass
Videos im Mobile Advertising wichtiger werden. YOC
hat bei einer Erhebung bei den uns verbundenen Publishern vor rund einem Jahr ermittelt, dass allein die
Anzahl der deutschsprachigen Kampagnen mit VideoWerbeformaten kontinuierlich ansteigt. Darüber hinaus entwickelt sich die Click-through-Rate bei Video
Ads überdurchschnittlich. Aus unserer Sicht ist Bewegtbild nicht mehr aus dem Mobile Advertising wegzudenken. Es transportiert Emotionen und ist für Markenwerbung gut geeignet. Zudem ist das Smartphone zum
persönlichsten Gerät des Menschen geworden, das zum
Überbrücken von freier Zeit genutzt wird. Die technischen Voraussetzungen sind durch die Verbreitung
des Mobilfunkstandards 4G für Videowerbeformate
ideal. Aus unserer Sicht sind neben den sozialen Netzwerken sicher alle Branchen, die heute schon Bewegtbild als kreatives Mittel in kleineren Filmsequenzen
einsetzen, Treiber der aktuellen Entwicklung. Auf lange
Sicht werden neben ihnen auch Onlineshops profitieren, die ihre Artikel in einem Video präsentieren.
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48 REPORT BEWEGTBILD
HORIZONT 22/2015
haben zwei Drittel aller Inhouse-Marketer und Mediaeinkäufer in den vergangenen beiden Jahren Budgets von Fernsehen zu Video verschoben – und dabei vor
allem zu originärem Videocontent. Dessen Anteil an den Videospendings lag vor
zwei Jahren erst bei 34 Prozent, mittlerweile sind es 40 Prozent. Darüber hinaus
verdienen Time Inc. und Condé Nast
auch unmittelbar durch die Produktion
von gebrandeten Videos.
Von Ulrike Langer
N
och vor einem Jahr machte Time Inc., Amerikas größter
Zeitschriftenkonzern, mit 90
gedruckten
Titeln
wie
„People“, „Sports Illustrated“ und „Fortune“ vor allem durch Massenentlassungen von sich reden. Die Magazingruppe,
die 2013 von ihrem Mutterkonzern Time
Warner abgespalten wurde, musste im
selben Jahr einen Rückgang ihrer Vertriebs- und Anzeigenumsätze von jeweils
über 8 Prozent verkraften. Und heute?
Zwar kehrt das goldene Zeitalter von
Print auch für die Time-Gruppe nicht zurück, aber digital geht es nach mehrjähriger Stagnation aufwärts. Das Unternehmen erzielt inzwischen 20 Prozent seiner
Anzeigenumsätze im klassischen und
mobilen Internet. Und das liegt nicht zuletzt am massiven Ausbau des Bewegtbildinventars.
Die neuen Videoformate der 21 digitalen Marken von Time Inc. sind hochwertig in der Anmutung und erinnern teilweise eher an HBO als an Youtube. „Wir
müssen ein Multimedia-Unternehmen
werden und das Videosegment viel aggressiver als bisher besetzen“, verkündete
Rich Battista, neuer Vize-Geschäftsführer
der Magazine „People“ und „Entertainment Weekly“ im März. Mit seiner auf ein
Jahr angelegten mehrteiligen Multimedia-Dokumentation „A Year in Space“
begleitet das „Time Magazine“ seit März
2015 den Astronauten Scott Kelly an Bord
der Internationalen Raumstation ISS. Die
aufwendige Produktion gehört zu einem
Contentpaket, das sich über die Kanäle
Print, Web und Mobile erstreckt.
Die legendäre Printkolumne „The
Bullseye“ auf der letzten Seite von „Entertainment Weekly“ hat seit neuestem als
Videoableger eine wöchentliche Talkshow zu aktuellen Höhepunkten und
Tiefschlägen in der Popkultur. Host ist
der „EW“-Kolumnist Tim Stack. In der
Reality Show „Andi’s Apple“, eine Videoproduktion des Magazins „People“, dreht
sich alles um den Umzug von Andy Dorfman („The Bachelorette“) von Atlanta ins
ersehnte New York und ihre Dating-Erfahrungen im Big Apple. Gemeinsam
produzieren „People“ und „EW“ die Serie
„Popography“, die Zuschauer auf eine
28. Mai 2015
B
ei der Vermarktung ihres Premium-Videocontents stehen die Verlage allerdings nicht nur im Wettbewerb mit TV-Anbietern, sondern auch
mit Google und Facebook. Bei den New
Fronts vor einem Jahr stellte Google erstmals sein neues Programm Google Preferred für Youtube vor, das in diesem Jahr
erneut aufgelegt wurde. Dabei können
Mediaeinkäufer mit Mindest-Spendings
von 2 Millionen US-Dollar für ein Jahr im
Voraus ein Premiumpaket erwerben.
Youtube garantiert die Belegung der 5
Prozent am meisten aufgerufenen und
am häufigsten in sozialen Netzwerken geteilten Videos. Sie sind in einem Dutzend
Themenkanälen wie Sport oder Beauty
gebündelt. Im vergangenen Jahr kauften
laut „Ad Age“ 100 Markenartikler, darunter L’Oréal und Nestlé, Spots im Rahmen
von Google Preferred. Ein Drittel von ihnen hatte zuvor noch nie Youtube-Spots
geschaltet. Ein Auswertung von Youtube
ergab, dass die beteiligten Marken die Erinnerungswerte an die Spots um 80 Prozent und ihre Markenbekanntheit um 17
Prozent steigern konnten.
Facebook wiederum will Markenartikler und Medienunternehmer gleichermaßen mit gebrandeten Videos an sich
binden. Das im April ebenfalls bei den
New Fronts vorgestellte Programm heißt
Anthology und wurde gemeinsam mit
ausgewählten digitalen Content-Anbietern wie Vice, Vox Media und den Humor-Portalen The Onion und Funny &
Die gestartet. Die Medienunternehmen
verdienen bei diesem Programm an der
Produktion der Videos, Facebook an der
verpflichtenden bezahlten Platzierung in
den News Streams der Nutzer. Weitere
Einnahmen fließen nicht an die Medienpartner, es sei denn, sie schließen mit den
Markenartiklern zusätzliche Native Advertising Deals ab, sodass die werblichen
US-Magazine buhlen mit exklusiven Bewegtbildinhalten um Aufmerksamkeit
Duett mit den Rivalen
Zeitreise in das Leben von Künstlern mitnimmt, angereichert mit historischem
Bildmaterial aus den eigenen Archiven.
Weitere Formate lehnen sich ebenfalls
an Themen und Rubriken aus den Printmarken an, aber das müsse nicht so bleiben, betonte J.R. McCabe, Video-Vizechef bei Time Inc. gegenüber „Variety“.
„Wir wollen, aus unseren Marken heraus,
aber auch für unsere Marken Formate
produzieren.“
Bei der zweiwöchigen Messe Digital
Content New Fronts, die vom Interactive
Advertising Bureau (IAB) in New York
von Ende April bis Anfang Mai veranstaltet wurde, präsentierte auch der Condé
Nast Verlag („Vogue“, „GQ“, „Vanity
Fair“, „Wired“) seine Videooffensive.
2013 bündelte das Unternehmen seinen
Bewegtbildcontent in der Abteilung
Condé Nast Entertainment (CNE). Dessen Videokanäle umfassen mittlerweile
4000 Videos, weitere 2500 Videos in 18
Themenkanälen will das Unternehmen
bis Ende 2016 produzieren. Im vergangenen Jahr verzeichnete CNE nach eigenen
Angaben 1,8 Milliarden Video Views,
US-Zeitschriftenverlage professionalisieren
ihren Videocontent und konkurrieren mit Google und
Facebook um Werbekunden
mehr als doppelt so viele wie 2013. Das
erklärte Ziel von Condé Nast und Time
Inc. lautet: Hochwertige Werbeumfelder
für junge, urbane und kaufkräftige Zielgruppen schaffen.
D
ie Bereitschaft der Werber, in
solch aufgewerteten Bewegtbildcontent mit größeren Budgets als
bisher zu investieren, ist vorhanden. Laut
„eMarketer“ werden die Werbespendings
im digitalen Videosegment in diesem Jahr
um ein Drittel gegenüber 2014 auf fast 7,8
Milliarden US-Dollar steigen. Dabei zeigen Mediaeinkäufer immer mehr Interesse an professionellem Content, der speziell für das Netz produziert wird – also
genau das Segment, mit dem sich die Verlage profilieren wollen. Laut einer bei den
New Fronts präsentierten Studie des IAB
Gern gesehene Formate
Angaben in Prozent
Was Mediaeinkäufer von originären Webvideos halten
Stimme vollkommen zu
Stimme überwiegend zu
Summe
Bei Nachweisen für gleichwertige oder bessere Wirkung auf Sales als durch
TV-Spots würde ich mehr Spots in originären Webvideos schalten.
31
44
75
Bei Nachweisen für gleichwertige oder bessere Wirkung aufs Branding als
durch TV-Spots würde ich mehr Spots in originären Webvideos schalten.
28
47
75
Gäbe es digitale Metriken, die originäre Webvideo-Inhalte mit TV vergleichbar
machen, würde ich höhere Budgetanteile dafür ausgeben.
24
48
72
Originäre Webvideo-Inhalte überzeugen.
22
50
72
Originäre Webvideo-Inhalte werden in den nächsten 3 bis 5 Jahren genauso
wichtig wie TV-Programme werden.
30
37
67
Originäre Webvideo-Inhalte werden genauso wichtig wie TV-Programme, aber
es wird länger als fünf Jahre dauern.
25
41
66
Ich würde mehr für Spots in originären Webvideos ausgeben, wenn ich sie
wie TV-Spots buchen könnte.
22
43
65
Ich würde mehr für Spots in originären Webvideos ausgeben bei größerer Konsistenz der Spotformate über die Kanäle hinweg, wenn sie skalieren würden.
21
44
65
n = 305. Antworten entsprechen 4 und 5 Punkten auf einer 5-Punkt-Skala. Originäre Webvideos = professionell produziert für das Internet.
Quelle: IAB, E-Marketer
HORIZONT 22/2015
Videos auch in den organischen Posts von
Vice, Vox und Co auftauchen.
Dieser Deal bindet Werbekunden
stark an Facebook, denn sie müssen ihre
Spots bei diesem Programm zwangsweise
auf dem Netzwerk schalten, egal, wo sie
sonst noch platziert werden. Facebooks
steigende Marktmacht wird den klassischen Medienunternehmen wohl in doppelter Hinsicht zum Problem werden.
Nicht nur beim Wettbewerb um klassische Bewegtbildwerbung, sondern auch
bei der Content-Produktion. Time Inc.
produziert gebrandete Videos beispielsweise für Chevrolet, Dewar’s Scotch und
Cotton Gin, Condé Nast unter anderem
für Lexus sowie Gillette und steht auch
dabei im Wettbewerb mit den Contentpartnern von Facebooks Anthology Programm. Facebook bietet außerdem detaillierte Nutzerdaten und mittlerweile
4 Milliarden Videoabrufe pro Tag – mehr
als doppelt so viele wie Condé Nast in
einem ganzen Jahr. Das sind Argumente,
gegen die es Verlage als Videoplattformen
schwer haben werden. Selbst wenn sie einen Astronauten aufbieten.

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