Hypothyreose - Kindernetzwerk

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Hypothyreose - Kindernetzwerk
Kindernetzwerk e.V.
für Kinder, Jugendliche und (junge) Erwachsene mit
chronischen Krankheiten und Behinderungen
Krankheitsübersicht
Hypothyreose
KINDERNETZWERK
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diversen Quellen ( Fachbücher, Fachartikel, Kindernetzwerk-Archiv sowie aus dem
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Bei der Krankheitsübersicht wird darauf geachtet, dass die Informationen verständlich
und gut leserlich geschrieben sind. Wir möchten Eltern, Betroffenen und
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Wir streben einen möglichst hohen Grad an Aktualität an, können aber wegen des
rapiden medizinischen Fortschrittes nicht in jedem Fall garantieren, stets den
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dienen der übersichtlichen Zusammenfassung vorhandener Informationsmaterialien
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Bei einem Teil der Krankheitsbildern liegen beim Kindernetzwerk noch umfassendere
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Aufgrund der Seltenheit vieler Erkrankungen ist es nicht möglich, bei allen
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Hypothyreose
Schilddrüsenunterfunktion
Zusammengestellt für das Kindernetzwerk von:
Prof. Dr. Ulrich Wemmer, Darmstadt
03/2006
Kurzbeschreibung
Bei einer Unterfunktion der Schilddrüse wird zu wenig Schilddrüsen-Hormon produziert.
Dieses Hormon ist für zahlreiche Organsysteme unerlässlich, das sind
•
Gehirnentwicklung,
•
Muskulatur,
•
Knochenstoffwechsel und Wachstum,
•
Herzaktion,
•
Darmmotilität,
•
Gesamtstoffwechsel und Körpertemperatur.
Zu seiner Synthese wird die Aufnahme von Jod benötigt.
Eine Unterfunktion der Schilddrüse kann angeboren sein und führt unbehandelt letztlich zu
einer schweren geistigen und motorischen Behinderung.
Später im Kindes- und Jugendalter sind die Folgen einer Hypothyreose ebenfalls gravierend.
Die Betroffenen nehmen stark zu, der Körper wirkt aufgedunsen, sie sind müde und
antriebsarm, ihre Muskulatur schwach, sie wachsen nicht und bleiben kleinwüchsig. Auch
vertragen sie keine Kälte, ihr Puls ist stark verlangsamt und die Stuhlentleerung funktioniert
nicht.
Unter der Dauer-Therapie mit Schilddrüsen-Hormon bessert sich die Symptomatik allmählich
und die Patienten können ein normales Leben führen.
Symptome
Physiologie der Schilddrüsenfunktion
Die Produktion der beiden Schilddrüsenhormone Trijodthyronin ( T3) und Thyroxin (T4) aus
der Aminosäure Tyrosin geschieht in den Follikeln des Organs durch Anlagerung
elementaren Jods. T3 und T4 werden in der Schilddrüse im Thyreoglobulin gespeichert und
von dort an das Blut abgegeben.
Im Blut werden Trijodthyronin und Thyroxin an thyroxinbindendes Globulin (TBG) sowie an
Albumin und Präalbumin gebunden. Wirksam ist der nicht gebundene Anteil, das sind die
freien Schilddrüsenhormone FT3 und FT4.
Die Aufnahme von Jodid erfolgt mithilfe des Natrium-Jodid-Symporters, dann wird es zu
elementarem Jod oxidiert(Jodination) und in das Thyrosin eingebaut(Jodisation).
Das aus dem Hypophysenvorderlappen abgegebene thyroid stimulating hormone (TSH)
regelt die Synthese der beiden Hormone und ihre Abgabe an Thyreoglobulin. Die TSHProduktion wiederum unterliegt der Sekretion von thyrotropin releasing hormone (TRH)
aus dem Hypothalamus.
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Symptome der Schilddrüsenunterfunktion
Neugeborene mit angeborener Hypothyreose fallen auf durch Bewegungsarmut,
verlängerten Ikterus, kühle und marmorierte Haut, ein teigiges Unterhaut-Fettgewebe,
seltene Stuhlfrequenz. Die kleine Fontanelle bleibt offen, die Zunge ist vergrößert und ragt
aus dem Mund, die Gesichtszüge sind vergröbert, das Haar trocken und spröde. Bei
Nichterkennung ist eine mentale Retardierung zu erwarten.
Kinder und Jugendliche
Der Beginn kann schleichend sein, oft wird die Diagnose erst spät gestellt. Bei einer
manifesten Hypothyreose bestehen aber typische Symptome, das sind
•
die Verlangsamung der Herzaktion (Bradykardie),
•
die Kälte- Intoleranz,
•
starke Müdigkeit mit vermehrtem Schlafbedürfnis
•
und eine Verstopfung.
Die Stimme ist rau, die Haare und die Haut sind trocken, an den Augen entwickeln sich
Ödeme, das Körper-Gewicht steigt durch die Ausbildung eines Myxödems mit
Wassereinlagerung an. Insgesamt entsteht eine Wachstumsverlangsamung mit Kleinwuchs,
eine Verzögerung der Pubertätsentwicklung, auch die geistige Entwicklung ist beeinträchtigt.
Diagnostik
•
Die körperliche Untersuchung und die Anamnese ergeben oft sichere Hinweise.
•
Sonographie der Schilddrüse zum Nachweis von Schilddrüsengewebe.
•
Labordiagnostik
Mithilfe des Neugeborenen- Screenings gelingt die Diagnose einer angeborenen
Unterfunktion innerhalb der ersten Lebenstage. Eine sekundäre Hypothyreose durch TSH
Mangel wird durch Screening nicht erfasst, die Kinder fallen nur durch die oben geschilderte
Symptomatik auf.
Ältere Kinder und Jugendliche
Zur Diagnose einer Schilddrüsenerkrankung gehört in erster Linie die Bestimmung des TSH
im Serum.
Die TSH- Sekretion wird gesteuert über einen Regelkreis, der abhängt von der Konzentration
der freien Hormonen FT3 und FT4. Eine Steigerung der TSH- Produktion erfolgt bei
Absinken der freien Hormone, damit wird das Wachstum von Schilddrüsenzellen angeregt
und somit das Entstehen einer Struma begünstigt.
Zu einer manifesten Hypothyreose gehört demnach eine TSH- Erhöhung im Serum und eine
Verminderung von FT 3 und FT 4. Bei der latenten Hypothyreose ist TSH erhöht, FT3 und
FT4 sind im Normbereich.
Interpretation
TSH
Erhöht
Erhöht
FT3, FT4
erniedrigt
normal
manifeste Hypothyreose
latente Hypothyreose
Hyperlipidämie: Gelegentlich besteht eine Hypercholesterinämie, die sich unter der Therapie
mit L-Thyroxin normalisiert.
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Ursachen
Primäre Hypothyreosen
Bei der Schilddrüsen- Dysgenesie kann Schilddrüsengewebe völlig fehlen (Athyreose) oder
verringert sein( Hypoplasie), auch kann ein atypische Lokalisation der Schilddrüse(Dystopie).
Angeborene Störungen der Hormonsynthese (Jodfehlverwertung) sind eher selten.
Hypothyreose bei Jodmangel (Deutschland ist ein Jodmangelgebiet):
Die Symptomatik beginnt bereits fetal und führt zum endemischen Kretinismus mit
Schwachsinn, Zwergwuchs und Schwerhörigkeit.
Als häufigste Ursache der erworbenen Hypothyreose bei Jugendlichen und jungen
Erwachsenen gilt die chronische Hashimoto- Thyreoiditis. Dabei handelt es sich um eine
Autoimmun-Erkrankung, die über Jahre unbemerkt verläuft, da die Patienten
beschwerdefrei sind, allerdings besteht eine schmerzlose Vergrößerung der Schilddrüse. Die
Erkrankung wird meist bei der Abklärung der Struma entdeckt, sie führt unbehandelt zu einer
Hypothyreose.
Es kann zu anderen Autoimmun- Erkrankungen kommen, das sind der Morbus Addison, die
perniziöse Anämie und der Diabetes mellitus Typ I.
Die Behandlung besteht in der Substitution von Schilddrüsen-Hormon, immunsuppressive
Maßnahmen (Steroide) sind nicht erforderlich.
Bei einer mütterlichen Hashimoto-Thyreoiditis können mütterliche Antikörper die fetale
Schilddrüse blockieren. Diese Antikörper sind gegen die Schilddrüsen- Peroxidase oder das
Schilddrüsen- Thyreoglobulin gerichtet. Die Unterfunktion kann bis zu sechs Monate
anhalten und muss mit L-Thyroxin substituiert werden.
Wird die Mutter wegen einer Schilddrüsen-Überfunktion während der Schwangerschaft mit
Thyreostatika behandelt, erreichen diese über die Plazenta das Ungeborene und
unterdrücken seine Produktion von Schilddrüsen-Hormon, eine Substitution mit L-Thyroxin
kann über einige Zeit erforderlich werden.
Sekundäre Hypothyreosen
Wenn nicht genügend TSH von der Hypophyse abgegeben wird oder vom Hypothalamus zu
wenig TRH, kommt es ebenfalls zur Hypothyreose. Die Behandlung besteht in der Gabe von
L-Thyroxin.
Häufigkeiten
Epidemiologie: Die primäre kongenitale Hypothyreose wird mittels Screening in einer
Häufigkeit von 1: 3 000 – 4 000 Neugeborenen gefunden, in 95% der Fälle handelt es sich
um eine Athyreose oder eine Schilddrüsen-Dystopie. Schilddrüsengewebe lässt sich bei
diesen Kindern nicht nachweisen.
Etwa 15 % der deutschen Bevölkerung haben einen Jodmangel, dabei ist die Schilddrüse
vergrößert und es entsteht eine Struma.
Hashimoto-Thyreoiditis: Der Gipfel des Manifestationsalters liegt zwischen 40 und 60
Jahre, Frauen sind neunmal häufiger betroffen als Männer. Die Prävalenz liegt über 1: 1.000.
Begleitfehlbildungen sind vor allem Lageanomalien der Schilddrüse
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Standardtherapie
Mit der Therapie einer neonatalen Hypothyreose sollte innerhalb der ersten zwei
Lebenswochen begonnen werden. Die Dosis von L- Thyroxin(T4) liegt bei 15 µg pro kg
Körpergewicht, das Medikament steht auch in Tropfenform zur Verfügung.
Bei älteren Kindern und Jugendlichen wird ebenfalls Schilddrüsen- Hormon verabreicht, der
durchschnittliche Bedarf von L-Thyroxin liegt bei 2µg pro kg/KG Levothyroxin oder 75-100
µg/m2 Körperoberfläche. Es genügt die Einmalgabe am Tag. T4 wird im Organismus in
wirksames T3 konvertiert.
Ziel der Therapie: FT4 und FT3- Spiegel sollten im Normbereich liegen, auch das basale
TSH nicht unter den Normbereich gesenkt werden.
Prognose
Mit frühzeitigem Therapiebeginn kann bei über 90% der Kinder eine normale Intelligenz
erreicht werden. Bei 10% der Kinder ist die geistige und motorische Retardierung u. U. nicht
zufrieden stellend behandelbar.
Bei größeren Kindern und Jugendlichen lässt sich meist durch konsequente Behandlung mit
Schilddrüsen- Hormon die Erkrankung heilen.
Beratung der Familien
Die angeborene Unterfunktion der Schilddrüse bedarf einer lebenslangen Behandlung mit
Schilddrüsen-Hormon, diese muss dem Körpergewicht und Alter des Kindes angepasst
werden.
Nur die tägliche Einnahme von L-Thyroxin in richtiger Dosierung führt dem Kind dieses
lebenswichtige Hormon zu.
Auslass-Versuche sind nicht erlaubt. Die Schilddrüse des Patienten erholt sich nicht.
Regelmäßige Blutuntersuchungen sind zur Kontrolle der Effektivität der Therapie
erforderlich.
Um die Behandlung zu optimieren ist eine Betreuung durch einen Endokrinologen oder ein
endokrinologisches Zentrum anzustreben.
Literatur
Grüters A, Schumm Draeger P M. Diagnostik und Therapie von Störungen der
Schilddrüsenfunktion bei Jugendlichen. Der Kinderarzt 1998; 29: 44- 49
Kann P, Jocham A, Beyer J. Hypothyreose, Hyperthyreose und Therapie mit
Schilddrüsenhormonen: Einflüsse auf das Skelettsystem. Dtsch. Med. Wschr. 1997; 122:
1392-1397
Krude H. Erkrankungen der Schilddrüse- folgenreich, aber gut zu behandeln. ÄP Pädiatrie
2005; 2: 31-34
BUNDESVERBÄNDE
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