WS 11/12 Das Minimalpolynom - Die ganze Welt ist Mathematik

Transcrição

WS 11/12 Das Minimalpolynom - Die ganze Welt ist Mathematik
'DV0LQLPDOSRO\QRP
:6
Das Minimalpolynom
In diesem kurzen Artikel wollen wir das Minimalpolynom definieren und einige Beispiele
dazu durchrechnen und uns anschauen, wie man das Minimalpolynom eines
Endomorphismus bzw. einer Matrix bestimmen kann.
Definition:
Sei A ∈ M n ,n ( K ) . Das Minimalpolynom mA ∈ K [ x] ist das normierte (höchster Koeffizient ist
1) Polynom kleinsten Grades mit mA ( A) = 0 .
Sei f ∈ K [ x] ein weiteres Polynom mit f ( A) = 0 . Daraus folgt, dass das Minimalpolynom
das Polynom f teilt, d.h. mA | f .
Insbesondere: Für das charakteristische Polynom PA gilt nach dem Satz von Cayley-Hamilton
PA ( A) = 0 . Daraus folgt nun, dass mA | PA .
Weiter gilt PA | mA n , d.h. insbesondere, dass mA und PA dieselben irreduziblen Faktoren
besitzen.
Beispiele:
Beispiel 1:
 −1 2 2 


Gegeben sei die Matrix A =  2 −1 −2  . Wir wollen das Minimalpolynom bestimmen.
 −2 2 3 


Dazu bestimmen wir zunächst das charakteristische Polynom:
2
2 
 −1 − x


PA = det( A − xE3 ) = det  2
−1 − x −2  Die Regel von Sarrus [Alternative: Entwickeln
 −2
2
3 − x 

nach gewissen Zeilen oder Spalten] liefert:
(−1 − x)²(3 − x) + 8 + 8 + 4(−1 − x) + 4(−1 − x) − 4(3 − x)
= (−1 − x)²(3 − x) + 16 + 8(−1 − x) − 4(3 − x)
= (−1 − x)²(3 − x) + 16 − 8 − 8 x − 12 + 4 x
= (1 + x)²(3 − x) − 4( x + 1)
= ( x + 1)((1 + x)(3 − x) − 4)
= ( x + 1)(− x ² + 2 x + 3 − 4)
= ( x + 1)(− x ² + 2 x − 1) = −( x + 1)( x − 1)²
Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten für das charakteristische Polynom. Zum einen ist
mA = ( x + 1)( x − 1)² und zum anderen mA = ( x + 1)( x − 1) = x ² − 1 möglich.
Hier hilft nichts, es einfach auszurechnen. Wir beginnen natürlich mit
mA ( A) = ( A + 1)( A − 1) = A² − 1 , denn mA ( A) = ( A + 1)( A − 1)² = PA ( A) = 0 gilt nach CayleyHamilton sowieso.
Wir berechnen zunächst
 −1 2 2   −1 2 2   1 0 0 


 

A² =  2 −1 −2   2 −1 −2  =  0 1 0  . Es gilt also
 −2 2 3   −2 2 3   0 0 1 


 

0 0

1 0  = 0 . Also ist das Minimalpolynom gegeben durch
0 1 
1 0 0 1

 
A² − E =  0 1 0  −  0
0 0 1 0

 
mA = ( x + 1)( x − 1) = x ² − 1 .
Beispiel 2:
0 1 0 0


0 0 1 0
Wir betrachten nun die Matrix B = 
.
0 0 0 1


0 0 0 0
Das charakteristische Polynom können wir direkt ablesen, da sich eine obere Dreiecksmatrix
ergibt. Wir erhalten PB = det( B − x • E4 ) = x 4 . Für das Minimalpolynom gibt es nun vier
Möglichkeiten mA = x, mA = x ², mA = x ³, mA = x 4 . Die erste Möglichkeit scheidet aber schon
mal aus, da B ≠ 0 . Auch hier müssen wir wieder rechnen:
0
0
B² = B • B = 
0

0
1
0
0
0
0

0
B³ = 
0

0
1

0
≠0
0

0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
1
0
0
00
0   0
10

00
1
0
0
0
0
1
0
0
0 0
0   0
=
1 0
 
0 0
0
0
0
0
1
0
0
0
0
1 
0

0
Also ist mA = x 4 .
Beispiel 3:
1 7 9 5


0 2 3 2

Betrachte wir nun noch C =
. Hier lesen wir das charakteristische Polynom zu
0 0 3 1


 0 0 0 4
Pc = (1 − x)(2 − x)(3 − x)(4 − x) direkt ab. Damit muss das Minimalpolynom durch
mC = (1 − x)(2 − x)(3 − x)(4 − x) gegeben sein.
Beispiel 4:
Jetzt spielen wir das Spielchen mal anders rum. D.h. wir geben ein Minimalpolynom vor und
wollen dazu eine Matrix angeben, die das erfüllt.
Gib zum Minimalpolynom mD = x ³ ein Minimalpolynom an.
0

0
Hier orientieren wir uns an Beispiel 2 und erhalten sofort die Matrix D := 
0

0
1
0
0
0
0
1
0
0
0

0
.
0

0
Beispiel 5:
Gib zum Minimalpolynom mE = x ² eine Matrix an, die das erfüllt.
0 1

0 1





0
0



 haben m = x ² als
, E=
Die beiden Matrizen E =
E



0 1
0




0
0


Minimalpolynom.
Beispiel 6:
Sei P die Darstellungsmatrix bzgl. der Standardbasis der orthogonalen Projektion von V = ℝ n
auf U , wobei 0 < u < V ein Untervektorraum ist. Wir wollen das Minimalpolynom dieser
Matrix P bestimmen.
Darstellungsmatrizen orthogonaler Projektionen sind insbesondere idempotent, d.h.
P ² = P ⇔ P ² − P = 0 . Also ist das charakteristische Polynom gegeben durch
mP = x ² − x = x( x − 1) .
Es kann nicht x oder x − 1 sein, denn mP ≠ x , da P ≠ 0 ( U > 0 ) und mP ≠ x − 1 , da P ≠ E
( V > 0 ). Außerdem besitzt eine darstellende Matrix einer orthogonalen Projektion nur die
Eigenwerte 0 und 1.
Sei S eine Spiegelungsmatrix. Das Minimalpolynom ist gegeben durch
mS = x ² − 1 = ( x + 1)( x − 1) , denn eine Spiegelungsmatrix ist selbstinvers, d.h.
S ² = E ⇔ S ² − E = 0 . Außerdem muss mS = x ² − 1 = ( x + 1)( x − 1) das Minimalpolynom sein,
da sowohl 1 als auch -1 Eigenwerte einer Spiegelung sind.