Sendezeiten für unabhängige Dritte im Programm der Sat.1

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Sendezeiten für unabhängige Dritte im Programm der Sat.1
Sendezeiten für unabhängige Dritte
im Programm der Sat.1 SatellitenFernsehen GmbH
Benehmensherstellung gemäß § 36 Abs. 5 Satz 2 RStV
- Auswahl von Fernsehprogrammveranstaltern Aktenzeichen: KEK 660-2
Beschluss
In der Rundfunkangelegenheit
Sendezeiten für unabhängige Dritte
(hier: Benehmensherstellung vor der Auswahl von Fernsehprogrammveranstaltern bei
der Sat.1 SatellitenFernsehen GmbH)
hat die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) in den Sitzungen am 13.12.2011 und 13.03.2012 unter Mitwirkung ihrer Mitglieder Prof. Dr. Sjurts (Vorsitzende), Dr. Lübbert (stv. Vorsitzender), Dr. Bauer, Dr. Brautmeier, Prof. Dr. Dörr, Fuchs,
Prof. Dr. Gounalakis, Dr. Hege, Dr. Hornauer, Langheinrich, Prof. Dr. Mailänder, Prof. Dr.
Müller-Terpitz, Prof. Dr. Schwarz und Prof. Thaenert entschieden:
Gegen die von der Landeszentrale für Medien und Kommunikation RheinlandPfalz (LMK) vorgesehene Entscheidung, für die erste und zweite Sendezeitschiene die Bewerberin News and Pictures Fernsehen GmbH & Co. KG sowie für die
dritte und vierte Sendezeitschiene die Bewerberin DCTP Entwicklungsgesellschaft für TV Programm GmbH auszuwählen, bestehen keine Bedenken aus
Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt.
2
Begründung
I
Sachverhalt
1
Verfahrensgang
1.1
Die LMK ist die lizenzgebende Landesmedienanstalt für das bundesweit verbreitete
Fernsehvollprogramm Sat.1 der Veranstalterin Sat.1 SatellitenFernsehen GmbH
(„Sat.1 GmbH“). Für das Programm Sat.1 ergibt sich unter Zugrundelegung der von
der AGF/GfK ermittelten und veröffentlichten Daten über die Zuschaueranteile für
den maßgeblichen Referenzzeitraum von März 2010 bis Februar 2011 ein durchschnittlicher Zuschaueranteil in Höhe von 10,1 % (vgl. Beschluss der KEK vom
14.06.2011, Az.: KEK 660-1). Sat.1 ist daher gemäß § 26 Abs. 5 Satz 1 RStV verpflichtet, Sendezeit für unabhängige Dritte als Fensterprogramme nach näherer
Maßgabe des § 31 RStV einzuräumen.
1.2
2007 hat die LMK der News and Pictures Fernsehen GmbH & Co. KG („News
and Pictures“), Mainz, für die erste und zweite Sendezeitschiene und der DCTP
Entwicklungsgesellschaft für TV Programm GmbH („DCTP“), Düsseldorf, für die
dritte und vierte Sendezeitschiene die Zulassung zur Veranstaltung eines Fensterprogramms erteilt (vgl. Beschluss der KEK, Az.: KEK 383-3 und -4). Diese Zulassungen gelten vom 01.06.2008 bis zum 31.05.2013. Sowohl News and Pictures als
auch DCTP waren schon in den vorangegangenen Lizenzperioden als Drittsendezeitveranstalter bei Sat.1 zugelassen (vgl. Beschlüsse der KEK, Az.: KEK 136 und
Az.: KEK 017).
1.3
Die KEK hat mit Beschluss vom 14.06.2011, Az.: KEK 660-1, festgestellt, dass auf
den erforderlichen Umfang der Drittsendezeiten von 260 Minuten gemäß § 31
Abs. 2 RStV 80 Minuten für die Ausstrahlung von Regionalfenstern angerechnet
werden können. Die Sat.1 GmbH ist demnach verpflichtet, in ihrem Programm Sendezeit für unabhängige Dritte im Umfang von 180 Minuten einzuräumen. Die LMK
hat daraufhin nach Erörterung mit Sat.1 für die Zeit ab dem 01.06.2013 vier Sendezeitschienen im Programm von Sat.1 im Umfang von insgesamt 180 Minuten ausgeschrieben:
3
1. Sendezeitschiene:
- Sonntag, zwischen 08:00 und 10:00 Uhr – 60 Minuten
2. Sendezeitschiene:
- Montag, zwischen 22:15 und 23:00 Uhr – 45 Minuten
3. Sendezeitschiene:
- Montag/Dienstag, zwischen 23:30 und 01:15 Uhr – 45 Minuten
4. Sendezeitschiene:
- Montag, zwischen 23:00 und 23:30 Uhr – 30 Minuten
Die Bewerbungen waren auf die erste und zweite Sendezeitschiene gemeinsam
bzw. auf die dritte und vierte Sendezeitschiene gemeinsam abzugeben.
2
Bewerbungen
Mit Schreiben vom 23.08.2011 hat die LMK der KEK den Eingang folgender Bewerbungen mit Ende der Bewerbungsfrist (15.08.2011, 12:00 Uhr) mitgeteilt:
-
News and Pictures
-
DCTP
-
N24 Media GmbH
-
EIKON Media GmbH (“EIKON”)
-
META productions Gesellschaft für Film- und Fernsehproduktion mbH
(„META“)
-
MO.TIVI Filmproduktion GmbH & Co. KG („MO.TIVI“)
Die Bewerber haben sich mit folgenden Formaten für die einzelnen Sendezeitschienen beworben:
Für die erste Sendezeitschiene (Sonntag, zwischen 8:00 und 10:00 Uhr – 60 Minuten)
1. News and Pictures („Weck Up“)
2. META („Familienausflug“ / „ElternTV“ im wöchentlichen Wechsel)
3. N24 Media GmbH („Lebenswelten“)
4
Für die zweite Sendezeitschiene (Montag, zwischen 22:15 und 23:00 Uhr – 45 Minuten)
1. News and Pictures („Planetopia“)
2. META („Triple B – Blogger, Bytes & Blablameter“ / „Musik-Magazin“ im wöchentlichen Wechsel)
3. N24 Media GmbH („woche tv“)
Für die dritte Sendezeitschiene (Montag/Dienstag, zwischen 23:30 und 01:15 Uhr –
45 Minuten)
1. DCTP („News & Stories“)
2. META („Auf Ehre und Gewissen – Bilder und Meinungen“)
3. N24 Media GmbH („Lebenswelten“)
4. EIKON („Reportage am Montag“)
5. MO.TIVI („AUGENBLICK! Was Deutschland bewegt“ bzw. „AUGENBLICK!
Was Deutschland bewegt SPEZIAL“)
Für die vierte Sendezeitschiene (Montag, zwischen 23:00 und 23:30 Uhr – 30 Minuten)
1. DCTP („Spiegel TV Reportage“, „Focus TV Reportage“)
2. META („Menschengeschichten“)
3. N24 Media GmbH („woche tv“)
4. EIKON („Reportage am Montag“)
5. MO.TIVI („AUGENBLICK! Was Deutschland bewegt“ bzw. „AUGENBLICK!
Was Deutschland bewegt SPEZIAL“)
Ferner ging am 25.08.2011, also zehn Tage nach Ablauf der Bewerbungsfrist am
15.08.2011, ein Antrag der Hanni Banni Film GmbH auf Zulassung für die erste und
zweite Sendezeitschiene bei der LMK ein. Die LMK geht davon aus, dass der Antrag aufgrund der Überschreitung der Bewerbungsfrist nicht zulassungsfähig ist.
5
3
Erörterung mit der Hauptprogrammveranstalterin Sat.1 GmbH
Die LMK hat der Sat.1 GmbH mit Schreiben vom 23.08.2011 die Unterlagen der voraussichtlich zulassungsfähigen Bewerber mit dem Ziel einer zeitnahen Auswahlentscheidung übersandt. Ein Erörterungsgespräch mit der Hauptprogrammveranstalterin mit dem Ziel einer einvernehmlichen Auswahl gemäß § 31 Abs. 4 Satz 3
RStV ist nach Angaben der LMK jedoch gescheitert: XXX …
4
Dreiervorschlag; Auswahl nach § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV durch die LMK
Im Fall des Scheiterns der einvernehmlichen Auswahl nach § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV
sieht § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV vor, dass bei mehr als drei zulassungsfähigen Anträgen der Hauptprogrammveranstalter der Landesmedienanstalt einen Dreiervorschlag macht; diesen kann die Landesmedienanstalt unter Vielfaltsgesichtspunkten
um zwei weitere Vorschläge ergänzen (§ 31 Abs. 4 Satz 5 RStV). Nach Angaben
der LMK enthielt der Dreiervorschlag der Sat.1 GmbH die Bewerberinnen META,
N24 Media GmbH und EIKON. Diesen Vorschlag habe die LMK um die Bewerber
DCTP und News and Pictures ergänzt. Am 14. Oktober 2011 führte die LMK mit der
Sat.1 GmbH das Erörterungsgespräch gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV durch. Eine
einvernehmliche Auswahl ist jedoch gescheitert. Auf Grundlage des § 31 Abs. 4
Satz 6 RStV hat die Versammlung der LMK den der KEK am 18. Oktober 2011
übersandten Auswahlbeschluss vom 17. Oktober 2011 – vorbehaltlich der Benehmensherstellung mit der KEK – getroffen.
5
Auswahl vorbehaltlich der Benehmensherstellung mit der KEK
5.1
Die Versammlung der LMK hat am 17.10.2011 die Zulassungsfähigkeit der Bewerber News and Pictures, DCTP, N24 Media GmbH, EIKON und META festgestellt
(I des Beschlusses) beschlossen, gemäß § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV folgende Bewerber auszuwählen (III):
•
für die 1. Sendezeitschiene News and Pictures („Weck Up“)
•
für die 2. Sendezeitschiene News and Pictures („Planetopia“)
•
für die 3. Sendezeitschiene DCTP („News & Stories“)
•
für die 4. Sendezeitschiene DCTP („Spiegel TV Reportage“ und „Focus TV Reportage“)
6
Der Beschluss sieht folgende weitere Punkte vor: Die Bewerbungen der Hanni Banni Film GmbH und der MO.TIVI sind nicht zulassungsfähig (II). Die Auswahlentscheidungen stehen unter dem Vorbehalt der Herstellung des Benehmens mit der
KEK (IV). Die ausgewählten Bewerber sind nunmehr gehalten, eine Vereinbarung
über die Ausstrahlung des Fensterprogramms im Rahmen des Hauptprogramms
gemäß § 31 Abs. 5 RStV zu schließen (V).
Auf den Beschluss vom 17.10.2011 und die erläuternden Schreiben der LMK vom
27.10.2011 und 28.10.2011 wird Bezug genommen.
5.2
Begründung der Auswahl
5.2.1
Die Bewerbung von MO.TIVI habe nach Auffassung der LMK nicht berücksichtigt
werden können, weil sie einerseits wesentliche Unterlagen nicht enthalten habe
(z. B. Gesellschaftsvertrag), andererseits aber auch inhaltlich nicht geeignet gewesen sei, einen zusätzlichen Beitrag zur Vielfalt zu leisten. Die Bewerbung der Hanni
Banni Film GmbH war verfristet. Die übrigen Bewerbungen sieht die LMK als zulassungsfähig an.
5.2.2
Die LMK habe die Auswahl auf Grundlage der Drittsendezeitrichtlinie in der Fassung vom 15.09.2004 getroffen, die in Ziff. 5.5 vorsehe, dass insbesondere folgende
Punkte bei der Beurteilung eines Formats im Hinblick auf seinen Beitrag zur Vielfalt
im Programm des Hauptveranstalters zu berücksichtigen sind:
- die inhaltliche Ausrichtung des Fensterprogramms und dessen ergänzenden Beitrag zum Hauptprogramm (§ 31 Abs. 1 RStV) und
- die Leistungsfähigkeit des Bewerbers.
5.2.3
Die bereits getroffene Aussage zur Zulassungsfähigkeit der Bewerber schließe es
nicht aus, im Rahmen der konkreten Auswahlentscheidung das Kriterium der redaktionellen Unabhängigkeit heranzuziehen und festzustellen, ob ein Bewerber eine
größere oder geringere Nähe zum Hauptprogrammveranstalter aufweise.
In diesem Zusammenhang trifft die LMK im Hinblick auf die Bewerberin N24 Media
GmbH folgende Feststellung: Die MAZ & MORE TV-Produktions GmbH („MAZ &
MORE“), eine 100%ige Tochtergesellschaft der Bewerberin N24 Media GmbH, liefere an die Sat.1 GmbH Programm XXX … im besonders meinungsbildenden Bereich
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der Information und Magazine zu. Eine derartige wirtschaftliche Abhängigkeit einer
100%igen Tochter der Bewerberin könne die Vermutung der redaktionellen Unabhängigkeit nur noch in einem so geringen Maße rechtfertigen, dass dieses Kriterium
in seinem Erfüllungsgrad hinter allen anderen Bewerbern erheblich zurückbleibe.
Dies gelte auch dann, wenn man die angekündigten Konstruktionen (Realisierung
durch gesonderte Tochterfirma oder separate Geschäftseinheit) ergänzend berücksichtige. Sie seien nicht geeignet, das Problem der wirtschaftlichen Abhängigkeit zu
beseitigen oder zu verringern, ebenso wenig wie die langfristigen Zulieferverträge.
Auf dieser Grundlage scheide eine Vergabe an die N24 Media GmbH aus. Die – mit
weitem Abstand vor allen anderen Bewerbern – große Nähe zum Hauptprogrammveranstalter müsse zu einer Nichtberücksichtigung dieser Bewerberin führen. Das
inhaltliche Angebot könne dieses strukturelle Defizit der Bewerberin nicht ausgleichen.
5.2.4
Die Leistungsfähigkeit wird von der LMK für alle Bewerber angenommen. Unter den
geeigneten Bewerbern nimmt die LMK eine Abwägung der zu erwartenden Vielfaltsbeiträge der einzelnen Formate für die jeweiligen Sendezeitschienen vor und
schlägt die Auswahl der o. g. Bewerber vor. Für Einzelheiten zum inhaltlichen Vergleich der Formate wird auf die Informationsvorlage der Versammlung vom 22. September 2011 und die Begründung der Beschlussempfehlung vom 17.10.2011 verwiesen. Laut LMK beinhaltet der Beschlussvorschlag im Ergebnis ein aktuelles Informationsmagazin, ein Wissenschaftsmagazin, ein Kulturmagazin und ein Reportageformat. Die ausgewählten Angebote stellten die maximal erreichbare Vielfaltserhöhung dar.
5.2.5
Auf Nachfrage der KEK vom 27.10.2011, inwiefern die LMK gemäß Ziff. 5.5 Satz 2
der Drittsendezeitrichtlinie den Aspekt der Mehrfachlizenzierung und die wiederholten Lizenzierung der ausgewählten Bewerber berücksichtigt habe, nimmt die LMK
wie folgt Stellung: Ziel der Regelung der Ziff 5.5 Satz 2 Drittsendezeitrichtlinie sei
es, zu vermeiden, dass bei Sat.1 und RTL dieselben Veranstalter ihre Drittfenster
ausstrahlen. Dies hätte notwendig eine Reduktion der Vielfaltsergänzung zur Folge.
Ein solcher Fall liege jedoch nicht vor. Zwar sei DCTP sowohl bei Sat.1 als auch bei
RTL Drittfensterveranstalterin, es würden bei RTL jedoch andere Programmformate
gesendet. Auch bei Berücksichtigung der wiederholten Lizenzierung sei der von den
anderen Bewerbern zu erwartende Vielfaltsbeitrag nicht als gleichwertig anzusehen.
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6
Anhörung der LMK
Mit Schreiben vom 09.11.2011 sind der LMK weitere erläuterungsbedürftige Fragen
zum Verfahren übermittelt worden. Die Versammlung der LMK hat sich in der Sitzung vom 05.12.2011 diese Fragen erörtert und die Stellungnahme (Begründung
Ziff. 2) zu den von der KEK im Telefax vom 09.11.2011 aufgeworfenen Fragenkomplexen beschlossen. Der stellvertretende Direktor der LMK, Herr Harald Zehe,
kommt der Einladung zur Teilnahme an der Sitzung am 13.12.2011 nach und steht
den Mitgliedern der Kommission für Nachfragen zur Verfügung. Folgende Themenkomplexe werden erörtert:
6.1.
Etwaiger Vorabausschluss der N24 Media GmbH vor der eigentlichen Auswahlentscheidung nach § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV
XXX …
6.2.
Parallele Lizenzierung von DCTP als Drittfensterveranstalter im Programm von RTL
XXX …
6.3.
Seit 1998 fortwährende Lizenzierung von News and Pictures und DCTP als Drittfensterveranstalter bei Sat.1
XXX …
6.4.
Die Doppelfunktion der Unternehmensgruppe von Josef Buchheit als Drittfensterund Regionalfensterveranstalter bei Sat.1
XXX …
6.5.
Bewertung der Vielfaltsbeiträge der anderen Bewerber
XXX …
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II
Rechtliche Würdigung und Stellungnahme
1
Rechtsgrundlage und Gegenstand der Stellungnahme
1.1
Rechtsgrundlage für die Stellungnahme der KEK ist § 36 Abs. 5 Satz 2 RStV. Hiernach ist vor der Auswahl der Fensterprogrammveranstalter das Benehmen mit der
KEK herzustellen. Die LMK hat sich mit Schreiben vom 18.10.2011 zu diesem Zwecke an die KEK gewandt.
1.2
Soweit § 36 Abs. 5 Satz 2 RStV die Herstellung des „Benehmens“ vor der Auswahlund Zulassungsentscheidung fordert, geht dies über eine bloße „Anhörung“ hinaus.
Während die Anhörung lediglich auf eine gutachtliche oder interessenwahrende Einflussnahme auf die Entscheidung zielt und sich darin erschöpft, Gelegenheit zur
Stellungnahme binnen angemessener Frist zu geben, sieht der RStV mit dem Erfordernis des Benehmens auch eine begrenzte inhaltliche Einbindung der KEK in die
Entscheidungsverantwortung der nach außen handelnden Landesmedienanstalt vor
(vgl. Beschluss der KEK, Az.: KEK 136-3 – st. Spruchpraxis). Das Verfahren der
Benehmensherstellung ist deshalb als „dritter Weg“ zwischen einer bloßen Anhörung und der Herstellung eines Einvernehmens zu qualifizieren. Eine solche Sichtweise findet Bestätigung durch die amtliche Begründung zu § 36 RStV in der Fassung des 3. RÄndStV, wonach die Herstellung des Benehmens „im Interesse eines
möglichst hohen Maßes an Standortunabhängigkeit bei der Entscheidungsfindung“
vorgesehen ist. Sie erfordert demnach von Seiten der zuständigen Landesmedienanstalt, der KEK das für ihren Entscheidungsbeitrag notwendige Tatsachenmaterial
vorzulegen und bei ihrer Entscheidung der Auffassung der KEK nach Möglichkeit
Rechnung zu tragen. Die zuständige Landesmedienanstalt hat deshalb die sachlichen und rechtlichen Erwägungen der KEK nicht bloß zur Kenntnis zu nehmen,
sondern diese sorgfältig zu prüfen und nach Möglichkeit inhaltliche Differenzen auszugleichen, bevor sie eine abweichende Sachentscheidung trifft.
Gemäß § 36 Abs. 5 Satz 2 RStV bezieht sich die Herstellung des Benehmens mit
der KEK dabei auf die Auswahl und Zulassung der Fensterprogrammveranstalter.
Rechtlicher Maßstab für die Benehmensherstellung ist deshalb § 31 Abs. 4 RStV,
der die Auswahl und Zulassung von Fensterprogrammveranstaltern gesetzlich ausgestaltet, unter Einschluss der diese Vorgaben konkretisierenden Drittsendezeitenrichtlinie. Zwecks Wahrung einer standortunabhängigen Vielfaltssicherung prüft die
KEK demnach insbesondere die Zulassungsfähigkeit der Bewerber im Hinblick auf
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deren rechtliche und redaktionelle Unabhängigkeit vom Hauptprogrammveranstalter
sowie sonstige Kriterien, die einem zusätzlichen Vielfaltsbeitrag zum Programm des
Hauptprogrammveranstalters entgegenstehen könnten, wie z. B. die wiederholte
Auswahl von Bewerbern oder weitere Aktivitäten der Bewerber im Fernsehbereich.
Die eigentliche Auswahlentscheidung zwischen mehreren in Betracht kommenden
Bewerbern hat sich am materiellen Maßstab der Vielfaltssicherung im Programm
des Hauptveranstalters zu orientieren (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV: „einen zusätzlichen Beitrag zur Vielfalt in dessen Programm ...“, § 31 Abs. 3 RStV, der auf die
rechtliche Abhängigkeit im Sinne der Zurechnung nach § 28 RStV verweist, § 31
Abs. 4 Satz 5 RStV: „unter Vielfaltsgesichtspunkten bis zu zwei weitere Vorschläge
hinzufügen ...“, § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV: „den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im
Programm des Hauptprogrammveranstalters erwarten lässt ...“). Bei diesem Prüfungsmaßstab handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Für seine
Konkretisierung steht der zuständigen Landesmedienanstalt ein Beurteilungsspielraum zu, da der von ihr zu treffenden Entscheidung in hohem Maße wertende Elemente anhaften und das Gesetz für sie deshalb ein besonderes Verwaltungsorgan –
die plural besetzte Versammlung der LMK – für zuständig erklärt, das mit besonderer Legitimation in einem besonderen Verfahren entscheidet und das als Kollegialorgan mögliche Auffassungsunterschiede bereits in sich zu einem Ausgleich bringen
und die zu treffende Entscheidung damit versachlichen kann. Zwar ist dieser Beurteilungsspielraum lediglich von den kontrollierenden Verwaltungsgerichten zu beachten und bindet nicht ein in das Verwaltungsverfahren einbezogenes anderes Organ wie die KEK. Aufgrund ihrer Zusammensetzung ist Letztere jedoch grundsätzlich nicht in der Lage, eine eigene inhaltliche Auswahlentscheidung zu treffen. Gemäß § 35 Abs. 5 Satz 1 RStV besteht sie aus sechs Sachverständigen des Rundfunk- und des Wirtschaftsrechts sowie aus sechs nach Landesrecht bestimmten gesetzlichen Vertretern der Landesmedienanstalten, deren Aufgabe im Kern in der abschließenden Beurteilung von Fragestellungen der Sicherung von Meinungsvielfalt
im Zusammenhang mit der bundesweiten Veranstaltung von Fernsehprogrammen
besteht (vgl. § 36 Abs. 4 Satz 1 RStV). Im Unterschied zu den entscheidungsbefugten Medienräten bzw. Versammlungen der Landesmedienanstalten setzt sie sich
folglich nicht aus Repräsentanten unterschiedlichster politischer wie gesellschaftlicher Gruppen zusammen, deren Aufgabe gerade darin besteht, programmliche Vielfalt inhaltlich zu bewerten und insoweit bestehende Meinungsunterschiede zu einem
Ausgleich zu bringen. Bezogen auf Fragen der programmlichen Vielfalt beschränkt
sich die KEK im Verfahren der Benehmensherstellung deshalb grundsätzlich auf die
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Untersuchung, ob die zuständige Landesmedienanstalt ihren Beurteilungsspielraum
im Hinblick auf die Auswahl und Zulassung von Fensterprogrammveranstaltern gewahrt hat. Unter Rückgriff auf die von den Verwaltungsgerichten insoweit entwickelten Maßstäbe (vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 – 6 C 16.09, MMR 2011,
265 [268, Rn. 43]) untersucht sie demnach, ob die zuständige Landesmedienanstalt
den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt hat, bei der Auswahl der Bewerber die in § 31 Abs. 4 RStV niedergelegten Verfahrensbestimmungen eingehalten wurden, die zuständige Landesmedienanstalt von einem richtigen
Verständnis der anzuwendenden Gesetzesbegriffe ausgegangen ist und sich bei
der eigentlichen Beurteilung an allgemein gültige, d.h. insbesondere dem Gebot der
Sachlichkeit folgende Wertungsmaßstäbe gehalten hat. Eine inhaltliche Prüfung der
Fensterprogrammangebote durch die KEK findet – bis zur Grenze offensichtlicher
Unsachlichkeit der Auswahlentscheidung – hingegen nicht statt. Dem Sinn und
Zweck der Benehmensherstellung, ein möglichst hohes Maß an Standortunabhängigkeit bei der Entscheidungsfindung über die Auswahl und Zulassung des Fensterprogrammveranstalters sicherzustellen, wird durch diesen reduzierten Prüfungsmaßstab ausreichend Rechnung getragen.
Wird der vorstehend umschriebene Prüfungsmaßstab durch die Auswahl- und Zulassungsentscheidung der zuständigen Landesmedienanstalt gewahrt, bestehen
keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt.
2
Zulassungsfähigkeit der Bewerber
Das Benehmenserfordernis in § 36 Abs. 5 Satz 2 RStV erfasst nach ständiger Entscheidungspraxis der KEK die Zulassungsfähigkeit der einzelnen Bewerber, da eine
sachgerechte Auswahl nur getroffen werden kann, wenn ihr im Rahmen des Auswahlverfahrens alle zulassungsfähigen Anträge – und auch nur diese – zugrunde
gelegt werden (vgl. u. a. Beschlüsse der KEK, Az.: KEK 017/018, KEK 041, KEK
136-3, KEK 159-2, KEK 383-2, KEK 461-2 sowie oben II 1.2).
Die Zulassungsfähigkeit setzt die rechtliche Unabhängigkeit (s. u. II 2.1) und die
redaktionelle Unabhängigkeit des Bewerbers von der Hauptprogrammveranstalterin
(s. u. II 2.2) sowie die Erwartung eines zusätzlichen Beitrags zur Vielfalt im Programm des Hauptprogrammveranstalters, namentlich in den Bereichen Kultur, Bildung und Information (s. u. II 2.3) voraus.
12
Die Bewerberin Hanni Banni Film GmbH ist aufgrund der Verfristung schon formell
nicht zulassungsfähig und braucht deshalb im Auswahlverfahren nicht weiter berücksichtigt zu werden.
2.1
Rechtliche Unabhängigkeit von der Hauptprogrammveranstalterin
Der Anbieter darf gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 RStV nicht in einem rechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Hauptprogrammveranstalter stehen. Rechtliche Unabhängigkeit in diesem Sinn liegt vor, wenn das Hauptprogramm und das Fensterprogramm
nicht demselben Unternehmen gemäß § 28 RStV zuzurechnen sind, § 31 Abs. 3
Satz 2 RStV.
Diese Voraussetzung wird nach den der KEK vorliegenden Unterlagen und ausweislich der eingereichten Anträge von allen Bewerbern erfüllt:
2.1.1
Die rechtliche Unabhängigkeit der Antragstellerin News and Pictures, Mainz, hat
die KEK bereits im Ausschreibungsverfahren für Drittsendezeiten bei der Sat.1
GmbH im Jahr 2002 einer näheren Prüfung unterzogen (vgl. Beschluss der KEK,
Az.: KEK 136-1). Anlass war der – weiterhin gegebene – Umstand, dass der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der Antragstellerin, Josef Buchheit, mittelbar
sämtliche Anteile an der TV IIIa GmbH & Co. KG hält, die die Regionalfenster von
Sat.1 für Hessen und Rheinland-Pfalz veranstaltet (s. Abbildung 1). Trotz der festgestellten weitgehenden wirtschaftlichen Abhängigkeit von der Sat.1 GmbH kam die
KEK zu dem Ergebnis, dass keine rechtliche Abhängigkeit i. S. v. § 28 Abs. 2 Satz 2
Nr. 1 RStV besteht (vgl. Beschluss der KEK, Az.: KEK 136-1, II 3.2.1). An den dieser Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachen hat sich vorliegend nichts geändert:
XXX … Die Antragstellerin ist bei der Gestaltung der Inhalte jedoch frei von Weisungen Dritter, insbesondere von der Sat.1 GmbH. Die Sat.1 GmbH muss sich auch
weiterhin verpflichten, die Beiträge zu senden, ohne eigene Möglichkeit zur inhaltlichen Beanstandung, Abnahme, Zurückweisung sowie ohne das Recht, Änderungen
oder Besserungen zu verlangen. Es besteht lediglich ein auf wenige ausdrücklich
benannte Gründe (z. B. Lizenzentzug) beschränktes Recht zur außerordentlichen
Kündigung des Programmlieferungs- und Finanzierungsvertrags (XXX ...). Herr
Buchheit und die weiteren Geschäftsführer versichern, dass die Antragstellerin in
keinen abhängigen Beziehungen zur Sat.1 GmbH im Sinne von §§ 31 Abs. 3, 28
13
RStV steht (XXX ...). Danach lässt sich kein rechtliches Abhängigkeitsverhältnis
vom Hauptprogrammveranstalter feststellen.
Abbildung 1: Gesellschafterstruktur der News and Pictures Fernsehen GmbH and Co. KG
Joseph Buchheit
100
100
Take That TV
Verwaltungs GmbH
(Komplementärin)
100
Take That TV
Fernsehproduktion GmbH
& Co. KG
100
TV IIIa Verwaltungs
GmbH (Komplementärin)
News and Pictures
Fernsehen Verwaltungs
GmbH (Komplementärin)
100
Planetopia / Weck Up
(Drittsendezeiten bei Sat.1)
News and Pictures
Fernsehen GmbH & Co.
KG
100
17:30 live Hessen /
Rheinlandpfalz
(Regionalfenster bei Sat.1)
TV IIIa GmbH & Co. KG
Programmveranstalter
2.1.2
Stand: 10/2011
An der Bewerberin META, Berlin, sind die Endemol Deutschland Holding GmbH zu
90 % und Ulrich Meyer zu 10 % der Anteile beteiligt.
Die Endemol Deutschland Holding GmbH ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der
Endemol Finance B.V., Niederlande. Gesellschafter der Endemol Finance B.V. ist
die Endemol Holding B.V., die die Beteiligungen an fast allen weltweit operativ tätigen Endemol-Gesellschaften hält. Sie steht mittelbar im Anteilsbesitz der Edam
Acquisition Holding I Coöperatief UA, Niederlande. An dieser Gesellschaft halten die
Goldman Sachs Group, Cyrte Investments und die Mediacinco Cartera SL jeweils
33,3 % der Anteile. Cyrte Investments ist mittelbar auch an der ProSiebenSat.1 Media AG beteiligt: Sie hält 20 % bis 25 % der von der Stichting Administratiekantoor
van aandelen Telegraaf Media Groep N.V. verwalteten Hinterlegungsscheine der
Telegraaf Media Groep N.V. („TMG“), die insgesamt 63,4 % der Anteile an der TMG
ausmachen (s. im Einzelnen Beschluss der KEK i. S. ProSiebenSat.1, Az.: KEK
651/654, I 1.2.3). Die TMG hält ihrerseits mittelbar 12 % der Stammaktien an der
ProSiebenSat.1 Media AG, die mittelbar sämtliche Anteile der Sat.1 GmbH hält; ein
Zurechnungszusammenhang i. S. d. § 28 Abs. 1 Satz 2 RStV zwischen der TMG an
der Sat.1 GmbH besteht angesichts der Beteiligungshöhe von unter 50 % folglich
nicht und scheidet somit auch im Hinblick auf die Antragstellerin aus. Der spanische
14
Medienkonzern Mediacinco steht im Anteilsbesitz der zum Firmenimperium von Silvio Berlusconi gehörigen Mediaset SpA. Der Gesellschafter Ulrich Meyer präsentierte viele Jahre die Hauptnachrichten bei Sat.1.
META produziert seit 17 Jahren das von Ulrich Meyer moderierte ReportageMagazin „Akte“ für Sat.1 und liefert als Auftragsproduzentin Sat.1 und weiteren Veranstaltern (WDR, MDR, VOX, DMAX und RTL II) Inhalte zu. XXX … Für die Produktion des Drittfensters soll eine neue Redaktion gegründet werden, die getrennt von
den Redaktionen für sonstige Auftragsproduktionen, insbesondere der Redaktion für
das Magazin „Akte“, arbeitet. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Redaktion
„Drittsendelizenz“ keiner Weisung des Hauptprogrammveranstalters unterliegen
kann (XXX …). Bedenken hinsichtlich der rechtlichen Unabhängigkeit der META
productions gemäß § 28 RStV bestehen daher nicht.
2.1.3
An der N24 Media GmbH, Berlin, halten Dr. Torsten Rossmann und Stefan Aust
jeweils 26 % der Geschäftsanteile sowie Maria von Borcke, Frank Meißner, Karsten
Wiest und Thorsten Pollfuß jeweils 12 %. Die N24 Media GmbH hält sämtliche Anteile an der Veranstalterin des bundesweiten Nachrichtenspartenprogramms N24,
der N24 Gesellschaft für Nachrichten und Zeitgeschehen mbH („N24 GmbH“). Die
N24 GmbH bzw. ihre Tochtergesellschaft MAZ & MORE erstellen im Wege der Auftragsproduktion Nachrichtensendungen für die ProSiebenSat.1-Gruppe sowie die
Formate „Sat.1 Frühstücksfernsehen“ und „Das Sat.1 Magazin“ für die Sat.1 GmbH.
XXX …
Die Drittsendeformate für die Sat.1 GmbH sollen redaktionell unabhängig von sonstigen von der N24 Media GmbH und ihren Tochtergesellschaften erstellten Auftragsproduktionen durch eine noch zu gründende Produktionsgesellschaft hergestellt werden, deren Satzungsbestimmungen derjenigen der N24 Media GmbH entsprechen sollen (XXX …). Für beide Drittsendeformate sollen eigenständige Redaktionen gebildet werden, denen eine Redaktionsvereinbarung die inhaltliche Unabhängigkeit für ihre Tätigkeit garantiert (XXX …).
Die KEK hat in ihrem Beschluss vom 14.12.2010 betreffend die Veräußerung der
Veranstalterin N24 GmbH durch die ProSiebenSat.1 Media AG im Wege des Management-Buy-Outs an die N24 Media GmbH (Az.: KEK 629) ausführlich geprüft, ob
das Programm N24 der ProSiebenSat.1 Media AG weiterhin nach § 28 RStV zuzurechen ist, und dies im Ergebnis verneint: Zwar produziert die N24 GmbH nach wie
15
vor die Nachrichten für die Sendergruppe, wobei den zugrundeliegenden langfristigen Auftragsproduktionsverträgen ein maßgebliches wirtschaftliches Gewicht zukommt. Die ProSiebenSat.1 Media AG besitzt jedoch keine Einflussmöglichkeiten
auf das Programm von N24 i. S. d. § 28 Abs. 2 Satz 2 RStV. Auch umgekehrt gestalten die N24 GmbH und MAZ & MORE nicht im Sinne dieser Vorschrift (Gedanke
der Fremdbestimmung) einen wesentlichen Teil der Sendezeit von Sat.1 durch regelmäßige Zulieferung von Programmteilen, da Sat.1 die vollständige Kontrolle über
die im Wege der Auftragsproduktion erstellten Programminhalte behält. XXX … Im
Übrigen kommt der ProSiebenSat.1 Media AG auch keine Stellung zu, die derjenigen eines Gesellschafters mit einem Anteil von 25 % an der N24 GmbH vergleichbar wäre (§ 28 Abs. 2 Satz 1 RStV): So hat sie keinen Einfluss auf Abstimmungen
und Beschlussfassungen innerhalb der N24 GmbH. Insbesondere besteht kein Zustimmungsvorbehalt zugunsten der ProSiebenSat.1 Media AG. Auch ist eine dauerhafte Rücksichtnahme der N24 GmbH hinsichtlich der Interessen der ProSiebenSat.1 Media AG bei der Geschäfts- und Programmpolitik nicht ersichtlich (vgl. Beschluss der KEK, Az.: 629, III 2.2.3). Für weitere Einzelheiten wird auf die Ausführungen in dem genannten Beschluss Bezug genommen. Die N24 Media GmbH ist
somit als rechtlich unabhängig von der Sat.1 GmbH i. S. d. § 28 RStV anzusehen.
2.1.4
Auch die Bewerberin und derzeitige Drittsendezeitveranstalterin bei Sat.1 DCTP,
Düsseldorf, ist rechtlich unabhängig von der Sat.1 GmbH im Sinne des § 28 RStV.
An ihrem Stammkapital sind Prof. Dr. Alexander Kluge (37,5 %), die Dentsu, Inc.
(37,5 %), die SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG („SPIEGELVerlag“; 12,5 %) und die Neue Zürcher Zeitung AG („NZZ AG“; 12,5 %) beteiligt (vgl.
zuletzt Beschluss der KEK i. S. dctp vom 14.09.2010, Az.: KEK 628).
2.1.4.1 Prof. Dr. Kluge ist Filmproduzent und Autor. Er ist einer der beiden alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer von DCTP; neben ihm ist Fumio Oshima aus Japan zum Geschäftsführer bestellt. Die KAIROS-Film Filmproduktion GmbH ist die
Produktionsfirma von Prof. Dr. Kluge.
2.1.4.2 Die Dentsu, Inc. ist eine japanische Werbeagentur und in Japan auch im Bereich
des Fernsehens aktiv. Die Dentsu, Inc. ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft.
Das mit 10,43 % größte Aktienpaket hält die Dentsu, Inc. selbst. Zu den weiteren,
nächstgrößten Aktionären zählen die Nachrichtenagentur Kyodo News mit 7,37 %,
die Jiji Press, Ltd. mit 7,10 %, die The Master Trust Bank of Japan, Ltd. mit 4,96 %
sowie die Mizuho Corporate Bank, Ltd. mit 4,07 % der Anteile. Die restlichen
16
66,07 % der Aktien befinden sich in Streubesitz (vgl. auch Darstellung der größten
Anteilseigner der Dentsu, Inc. unter www.dentsu.com).
2.1.4.3 Am SPIEGEL-Verlag sind die KG Beteiligungsgesellschaft für SPIEGEL-Mitarbeiter
mbH & Co. („Mitarbeiter KG“) zu 50 %, die Erbengemeinschaft Rudolf Augstein mit
23,75 % und die Gruner + Jahr AG & Co. KG („Gruner + Jahr“) mit 25,25 % beteiligt.
Ein 1 %iger Anteil wird von der Rudolf Augstein GmbH, der geschäftsführenden
Komplementärin des SPIEGEL-Verlags, gehalten. An dieser sind die Mitarbeiter KG
mit 50,5 %, die Erbengemeinschaft Rudolf Augstein mit 24 % und Gruner + Jahr mit
25,5 % beteiligt. Zu den gesellschaftsvertraglichen Regelungen beim SPIEGELVerlag und der Rudolf Augstein GmbH wird auf den Beschluss i. S. Sendezeiten für
unabhängige Dritte im Programm der RTL Television GmbH, Az.: KEK 159-2,
II 4.1.1.1.1, verwiesen.
2.1.4.4 Die NZZ AG ist eine nicht börsennotierte Gesellschaft mit einem relativ engen Kreis
von Aktionären. Das Aktienkapital der AG für die Neue Zürcher Zeitung als Holding
der Gruppe ist in 40.000 vinkulierte Namenaktien zu je 100 CHF Nennwert eingeteilt. Kein Erwerber darf mit mehr als 1 % der Aktien in das Aktienbuch eingetragen
werden (vgl. Statuten der AG für die Neue Züricher Zeitung in der Fassung vom
09.04.2011). Die NZZ AG ist Herausgeberin der Schweizer Tageszeitung Neue Zürcher Zeitung. Mit der Fernsehsendung „NZZ Format“ ist die NZZ seit 1993 in der
Schweiz auf dem öffentlich-rechtlichen Sender SRG und in Deutschland im Programm von VOX präsent.
2.1.4.5 Die DCTP veranstaltet zugleich Drittfenster im Rahmen des Hauptprogramms von
RTL („SPIEGEL TV Magazin“, „Faszination Leben“/„Prime Time“/„SZ TV Magazin“,
Kulturmagazin „10 vor 11“, „Stern TV“). Sie veranstaltet ferner seit dem 01.01.2011
auf Grundlage einer Lizenz der LfM vom 31.08.2010 das bundesweite Fernsehvollprogramm dctp.tv, das derzeit ausschließlich über das Internet auf der Seite
www.dctp.tv als Live-Stream verbreitet wird (vgl. Beschluss der KEK, Az.: KEK 628).
Der Schwerpunkt des Live-Streams liegt in den Bereichen Dokumentation und Information. Derzeit werden zu 9 Themenkomplexen (Lernen, Geschichte, Börse, Digital Life, Wissenschaft, Liebe, Krieg, Kosmos, Russische Frauen; Quelle:
www.dctp.tv, Abruf vom 01.11.2011) Beiträge von DCTP sowie den Partnern Spiegel TV, Focus TV, Süddeutsche TV, NZZ TV oder BBC Worldwide gesendet. DCTP
hält ferner 0,3 % der Anteile an der VOX Television GmbH; das bundesweite Vollprogramm VOX wird jedoch nicht länger auf Grundlage einer gemeinsamen Lizenz
17
sondern von der VOX Television GmbH allein veranstaltet (vgl. Beschluss der KEK,
Az.: 616). DCTP liefert VOX weiterhin verschiedene Formate zu (s. u. Tabelle) Die
Antragstellerin führt gerade auch die Programmzulieferungen an RTL und VOX als
Beleg ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit von der Sat.1 GmbH an
(XXX …).
2.1.4.6 XXX …
Abbildung 2: Beteiligungsverhältnisse der DCTP
Jiji Press Ltd.
Kyodo News
74,9
7,10
Bertelsmann AG
73,4
7,37
The Master Trust Bank of
Japan Ltd.
4,96
25,5
Mizuho Corporate Bank
Ltd.
4,07
24,0
Konzernholding AG für die
Neue Zürcher Zeitung
Dentsu, Inc.
37,5
Erbengemeinschaft
Rudolf Augstein
23,75
Neue Zürcher Zeitung AG
37,5
Rudolf Augstein GmbH
Komplementärin
100
Prof. Dr. Alexander Kluge
25,25
KG Beteiligungsgesellschaft für 50
66,07
Streubesitz
2
Gruner + Jahr AG &
Co. KG
50,5 Spiegel-Mitarbeiter mbH & Co.
10,43
Eigenbesitz
Druck- und Verlagshaus Gruner
+ Jahr AG (Komplementärin)
1
SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein
GmbH & Co. KG
12,5
12,5
100
dctp.tv
VOX
0,3
VOX Television GmbH
Programmzulieferung
DCTP Entwicklungsgesellschaft für TVProgramm mbH
99,7 (Z)
51
Sat.1
RTL
Drittsendezeitlizenz
Drittsendezeitlizenz
RTL Television GmbH
Programmveranstalter
spiegel.tv
SPIEGEL TV GmbH
Z: Zwischengesellschaften ausgeklammert
Sat.1
SatellitenFernsehen
GmbH
SPIEGEL
Geschichte
SPIEGEL TV Wissen
SPIEGEL TV
Geschichte GmbH &
Co. KG
Stand: 08/2011
18
Tabelle: Übersicht über die Sendeplätze der DCTP im bundesweiten Fernsehen (neben dem
von DCTP veranstalteten Vollprogramm dctp.tv)
Drittsendezeiten bei Sat.1
(Az.: KEK 658)
Drittsendezeiten bei RTL
(Az.: KEK 461)
Sendezeiten im Programm VOX
Sa. 20:15 – 24:00 Uhr
(15 Termine; 225 Min.)
bzw. 22:15 – 24:00 Uhr
(20 Termine; 105 Min.)
So. 22:15 - 23:30 Uhr
(45 Min.)
Mo. zwischen 00:15
und 01:15 Uhr
(45 Min.)
News & Stories
Mo. 23:00 - 23:30 Uhr
(30 Min.)
Spiegel TV Reportage, Focus TV Reportage (im wöchentlichen Wechsel)
Spiegel TV Magazin
DCTP Spezial (Die große
Dokumentation; Dokumentationen und Reportagen von DCTPPartnern*)
Sendetermine am Samstag- und Sonntagvormittag
sowie in der Nacht von Samstag auf Sonntag;
Bsp. Programmwoche 43 (22.10 – 28.10.2011),
Quelle: www.dctp.de
So. 09:10 - 10:10 Uhr
(60 Min.)
DCTP Premium Club
(Sendungen von DCTPPartnern; schwerpunktmäßig: BBC Exclusiv)
So. 10:10 - 11:10 Uhr
(60 Min.)
DCTP Premium Club
(Sendungen von DCTPPartnern; schwerpunktmäßig: BBC Exclusiv)
So. 11:10 - 13:10 Uhr
(120 Min.)
DCTP Kiosk Spezial
(Dokumentationen und
Reportagen von DCTPPartnern; hier: Spiegel
TV; Wh. vom Vortag)
Mo. 00:30 - 00:45 Uhr Prime Time, Süddeut(15 Min.)
sche TV, Faszination
Leben (Focus TV)
Di. 00:30 - 01:00 Uhr
(30 Min.)
10 vor 11
Mi. 22:15 - 22:45 Uhr
(30 Min.)
Stern TV
* Die DCTP-Partner sind vor allem: Spiegel TV, Focus TV, Süddeutsche TV, NZZ TV und BBC Worldwide.
2.1.5
Die EIKON Media GmbH, Berlin, ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der EIKON
gGmbH, deren Gesellschafter 14 Evangelische Landeskirchen (Anteil insgesamt
97,59 %), die EKD Media GmbH (Anteil 1,19 %) und das Evangelische Missionswerk in Deutschland (Anteil 1,22 %) sind. Zu den Beteiligungsverhältnissen der
EKD Media GmbH vgl. Beschluss der KEK vom 20.09.2011 i. S. Bibel TV, Az.: KEK
670, I 3.2.3.2. Neben der in Berlin ansässigen Zentrale (EIKON gGmbH und EIKON
Media GmbH) gehören zur Unternehmensgruppe verschiedene regionale Produktionsunternehmen (EIKON Nord GmbH, EIKON West GmbH etc.) sowie die studio.tv.film GmbH und die Kinderfilm GmbH. Für die Sat.1 GmbH produziert die Unternehmensgruppe EIKON die Formate „So gesehen“ und „Montag früh“ sowie die
Serie „Mission Hafen“ und die Reihe „Todesart ungeklärt“. XXX .... Sie produziert
darüber hinaus fiktionale (z. B. „Tatort“, „Polizeiruf 110“, „Unter Verdacht“) und
nichtfiktionale Programme (z. B. „Der Verrat“) u. a. für ARD, ZDF, ARTE und RTL.
19
Es bestehen keine i. S. d. § 28 RStV zurechnungsrelevanten Beziehungen zur
Hauptprogrammveranstalterin Sat.1 GmbH.
2.2
Redaktionelle Unabhängigkeit
2.2.1
Die Zulassungsfähigkeit setzt ferner voraus, dass die Gestaltung des Fensterprogramms redaktionell unabhängig vom Hauptprogramm erfolgt, § 31 Abs. 1 Satz 2
RStV. Dazu ist es erforderlich, dass die Programmverantwortlichen ihre redaktionellen Entscheidungen ohne Mitwirkungs- oder Zustimmungsbefugnisse des Hauptveranstalters treffen (Ziff. 2.3 Drittsendezeitrichtlinie).
2.2.2
Hinsichtlich des Kriteriums der redaktionellen Unabhängigkeit bestehen nach den
vorgelegten Unterlagen bei allen Bewerbern keine Bedenken. Insbesondere das
Bestehen wirtschaftlicher Beziehungen zwischen Bewerber und Hauptprogrammveranstalter lässt für sich allein noch keinen Schluss auf eine zu befürchtende redaktionelle Durchgriffsmacht des Hauptprogrammveranstalters zu (vgl. Az.: KEK
136-1, II 4.2, KEK 136-3, II 5.2 und KEK 383-2, II 4.2). Daher scheiden weder News
and Pictures, zu deren Unternehmensgruppe auch die Regionalfensterveranstalterin bei Sat.1, die TV IIIa GmbH & Co. KG, gehört, noch META und die N24 Media
GmbH, die selbst bzw. deren Tochtergesellschaften als Auftragsproduzentinnen für
die Sat.1 GmbH tätig sind, aus dem Kreis der zulassungsfähigen Bewerber aus.
META und die N24 Media GmbH beabsichtigen zudem, für die Drittsendezeitformate eigenständige, von dem Bereich der Auftragsproduktion getrennte Redaktionen
einzurichten (s. o. II 2.1.2 und 2.1.3).
2.2.3
Auch die LMK geht in ihrer Beschlussvorlage vom 17.10.2011 von der redaktionellen Unabhängigkeit der Bewerber aus. Dies gilt offenbar zunächst auch für die N24
Media GmbH, die die LMK als zulassungsfähig ansieht. Im Rahmen der konkreten
Auswahlentscheidung zieht sie dann allerdings das Kriterium der redaktionellen Unabhängigkeit erneut heran und attestiert der N24 Media GmbH infolge ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit eine nur verminderte redaktionelle Unabhängigkeit bzw.
eine „größere Nähe“ zur Hauptprogrammveranstalterin als den anderen Bewerbern
mit der Folge, dass diese Bewerberin nicht zu berücksichtigen sei (s. o. I 5.2 und u.
II 2.3.1).
20
2.3
Vielfaltsbeitrag; Auswahl durch die Landesmedienanstalt nach Scheitern der
einvernehmlichen Auswahl
Schließlich muss das auszuwählende Fensterprogramm einen zusätzlichen Beitrag
zur Vielfalt im Programm des Hauptveranstalters leisten, namentlich in den Bereichen Kultur, Bildung und Information, § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV. Nach Feststellung
der Zulassungsfähigkeit der einzelnen Anträge hat die LMK gemäß § 31 Abs. 4 Satz
3 RStV zunächst eine mit dem Hauptprogrammveranstalter einvernehmliche Auswahl anzustreben. Wenn – wie im vorliegenden Verfahren (s. o. I 3) – dieses Einvernehmen nicht hergestellt werden kann, ist gemäß § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV derjenige Bewerber von der Landesmedienanstalt auszuwählen, der den „größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Programm des Hauptprogrammveranstalters erwarten
lässt“.
2.3.1
Nichtberücksichtigung der Bewerberin N24 Media GmbH
Die LMK geht davon aus, dass eine zu große Nähe zwischen der N24 Media GmbH
und der Sat.1 GmbH bestünde, was zu ihrer Nichtberücksichtigung führen müsse.
Die LMK begründet dies in ihrer Beschlussvorlage vom 17.10.2011 mit
a) dem Umfang der Programmzulieferungen, die einen wesentlichen meinungsbildenden Teil von Sat.1 abdeckten,
b) der wirtschaftlichen Abhängigkeit der MAZ & MORE von der Sat.1 GmbH und
c) der dadurch verminderten redaktionellen Unabhängigkeit der Bewerberin N24
Media GmbH.
Zwar begegnet es Bedenken, ob allein eine „verminderte redaktionelle Unabhängigkeit“ die Nichtberücksichtigung der Bewerberin N24 Media GmbH zu rechtfertigen
vermag und deshalb als beurteilungsfehlerfrei anzusehen ist. Denn die Prüfung der
redaktionellen Unabhängigkeit eines Bewerbers erfolgt bereits im Rahmen der Prüfung seiner Zulassungsfähigkeit nach Maßgabe des § 31 Abs. 4 Satz 2 RStV. Das
Gesetz stellt in dieser Bestimmung nicht auf unterschiedliche Grade redaktioneller
Unabhängigkeit ab (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV): Entweder ein Bewerber ist redaktionell unabhängig und erfüllt damit die an einen zulassungsfähigen Antrag zu stellenden Voraussetzungen oder er ist es nicht. Wird ein Antrag für zulassungsfähig
erklärt, so hat die Auswahl unter verschiedenen Bewerbern folglich allein an dem
inhaltlichen Maßstab zu erfolgen, welches der in Rede stehenden Angebote den
21
größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Programm des Hauptveranstalters erwarten
lässt, wobei das Maß der redaktionellen Unabhängigkeit und sonstigen vertraglichen
Verbundenheit vom bzw. mit dem Hauptveranstalter gegebenenfalls eine Rolle zu
spielen vermag. Fraglich ist aber, ob allein unter Verweis auf eine vermeintlich verminderte redaktionelle Unabhängigkeit eines Bewerbers infolge hoher wirtschaftlicher Abhängigkeit vom Hauptprogrammveranstalter der Beitrag zur Vielfalt verneint
werden kann oder ob eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Programmbeitrag des Bewerbers unter den in § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV genannten Vielfaltsgesichtspunkten erfolgen muss.
Diese Frage bedarf hier allerdings keiner abschließenden Entscheidung. Denn aufgrund der ergänzenden mündlichen Erläuterungen des stellvertretenden Direktors
der LMK am 13.12.2011 (s.o. I 6) steht zur Überzeugung der Kommission fest, dass
die LMK auch in Bezug auf die N24 Media GmbH eine beurteilungsfehlerfreie Abwägungsentscheidung im Rahmen des eigentlichen (inhaltlichen) Auswahlprozesses getroffen hat. So haben diese Erläuterungen ergeben, dass die Bewerberin
N24 Media GmbH nicht allein aufgrund ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit von der
Sat.1 GmbH, sondern letztlich aus programmbezogenen Gründen nicht als Veranstalterin eines Fensterprogramms ausgewählt werden soll. Aus Sicht der Kommission begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass nach Auffassung der LMK die
von der N24 Media GmbH geplante Gestaltung für ein Fensterprogramm hinter den
Angeboten der im Auswahlverfahren favorisierten Bewerber qualitativ zurückstehe,
da die geplanten Inhalte ausweislich ihrer Beschreibung in der Nähe bereits existenter und von N24 Media GmbH zugelieferter Formate im Hauptprogramm von
Sat.1 lägen. Unter Vielfaltsgesichtspunkten handelt es sich dabei um ein sachgerechtes, die Auswahlentscheidung tragendes Kriterium, dessen inhaltliche Richtigkeit von der KEK aus den vorstehend genannten Gründen (s. o. II 1.2) nicht in Frage gestellt werden kann.
Dass die wirtschaftliche Verbundenheit der Bewerberin News and Pictures mit der
Sat.1 GmbH (vgl. KEK 136-1, II 3.2.1), deren Schwestergesellschaft TV Illa GmbH
& Co. KG das Regionalfenster von Sat.1 für Hessen und Rheinland-Pfalz veranstaltet, von der LMK nicht zu Lasten dieser Bewerberin gewertet wird, begegnet aus
Sicht der Kommission ebenfalls keinen Bedenken. Die LMK verweist insoweit auf
den Umstand, dass die Regionalfensterveranstalterin TV IIIa GmbH & Co. KG über
eine 10-jährige Doppellizenz der LMK und der LPR Hessen verfügt, welche ihr im
Unterschied zur N24 Media GmbH, deren vertragliche Beziehungen zur ProSie-
22
benSat.1-Gruppe bis zum Ende des Jahres 2016 befristet sind, ein hohes Maß an
wirtschaftlicher Unabhängigkeit sichere. Eine solche Sichtweise erscheint im Hinblick auf die faktische redaktionelle Unabhängigkeit der konkurrierenden Bewerber
sachgerecht und damit beurteilungsfehlerfrei.
2.3.2
Auswahl des größtmöglichen Vielfaltsbeitrags
An der Rechtmäßigkeit der Auswahl von DCTP und News and Pictures bestehen
auch sonst keine rechtlichen Zweifel. So hat die LMK nach Auffassung der Kommission die gesetzlich anerkannten Maßstäbe bei der Auswahl konkurrierender Bewerber hinreichend berücksichtigt:
2.3.2.1 Wie sich aus dem Wortlaut des § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV („zusätzlicher Beitrag zur
Vielfalt in dessen Programm“ – d. h. des Hauptveranstalters) ergibt, ist der Vielfaltbeitrag in erster Linie danach zu bemessen, inwieweit ein Bewerber die Vielfalt in
dem in Rede stehenden Hauptprogramm bereichert. Gemäß Ziff. 5.5 Satz 2 und 3
Drittsendezeitrichtlinie sind bei dieser Vielfaltsbewertung neben der Leistungsfähigkeit des Bewerbers insbesondere die inhaltliche Ausrichtung des Fensterprogramms
sowie dessen ergänzender Beitrag zum Hauptprogramm (§ 31 Abs. 1 RStV) zu berücksichtigen. Darüber hinaus soll die mehrfache Zulassung eines Fensterveranstalters Berücksichtigung finden, wobei sich die für die Hauptprogramme zuständigen
Landesmedienanstalten insoweit abzustimmen haben.
Zwar fällt insoweit hinsichtlich der Bewerberin DCTP ins Gewicht, dass sie seit mehreren Jahren als unabhängige Dritte auch für das Programm RTL zugelassen und
damit „mehrfachlizenziert“ ist (vgl. Beschlüsse der KEK i. S. Drittsendezeiten bei
RTL, Az.: KEK 018, KEK 159-4, KEK 461-3). Die LMK hat insoweit auf Nachfrage
der KEK mit Schreiben vom 28.10.2011 sowie durch zusätzliche Erläuterungen des
stellvertretenden LMK-Direktors am 13.12.2011 verdeutlicht, dass sie diesen Umstand bei ihrer Auswahlentscheidung in die Gesamtabwägung einbezogen und deshalb im Sinne der Drittsendezeitrichtlinie „berücksichtigt“ hat. Dennoch favorisiert sie
die Bewerbung der DCTP, da es sich bei den im Programm von RTL bzw. Sat.1
ausgestrahlten Fensterprogrammen um unterschiedliche Programmformate handele; aus Sicht der Kommission stellt dies eine sachgerechte Erwägung dar. Auch der
Umstand, dass die DCTP selbst das nur über Internet verfügbare Fernsehvollprogramm dctp.tv veranstaltet und Informationsprogramme für das bundesweite Vollprogramm VOX zuliefert (s. o. II 2.1.4.5), verlangt aufgrund der nur geringen Zu-
23
schaueranteile von dctp.tv sowie der andersgearteten Programminhalte der an VOX
gelieferten Formate nach keiner anderen Bewertung seitens der LMK.
2.3.2.2 Schließlich stellt der Umstand, dass die Bewerberin News and Pictures und DCTP
bereits zum wiederholten Mal zur Veranstaltung eines Fensterprogramms zugelassen worden sind (vgl. Beschlüsse der KEK, Az.: KEK 017 und 136-2 und -5, KEK
383-3 und -4), für sich genommen kein zwingendes Argument gegen ihre erneute
Zulassung zur Veranstaltung eines Fensterprogramms dar. Zwar muss unter Vielfaltsgesichtspunkten stets erwogen werden, ob ein Wechsel zu einem anderen,
nicht minder geeigneten Fensterveranstalter als Vielfaltsgewinn zu beurteilen wäre.
Um einen solchen Wechsel zu ermöglichen, sieht § 31 Abs. 6 Satz 4 RStV die Befristung der Zulassung vor. Ein Vielfaltgewinn durch wechselnde Drittsendezeitveranstalter wird auch dadurch ermöglicht, dass nach Ablauf einer Lizenzperiode keine
Verlängerungsmöglichkeit der Lizenz des bisherigen Drittveranstalters vorgesehen
ist, sondern ein gesetzlicher Zwang zur erneuten Ausschreibung der Drittsendezeiten besteht. Das von Gesetzes wegen ausschlaggebende Auswahlkriterium zielt allerdings nicht auf eine unternehmerische, sondern auf eine inhaltebezogene Vielfalt.
Von daher kommt ein Wechsel zu einem anderen Anbieter nur dann in Betracht,
wenn dieser ein besseres oder zumindest gleichwertiges Programmangebot wie der
bisherige Zulassungsinhaber erwarten lässt. Da diese Voraussetzungen laut Erläuterung des stellvertretenden Direktors in der Sitzung am 13.12.2011 auf die Bewerberin N24 Media GmbH aus den vorstehend bereits erwähnten Gründen nicht zutreffe, führt der Umstand einer wiederholten Lizenzierung der bisherigen Zulassungsinhaber nach Auffassung der Kommission nicht zu einer beurteilungsfehlerhaften Auswahlentscheidung. Zur Begründung der erneuten Auswahl von News and
Pictures und DCTP verweist die LMK vielmehr sachgerecht auf den Umstand, dass
diese Veranstalter im Hinblick auf den von ihnen zu erwartenden Vielfaltsbeitrag
vorrangig zu berücksichtigen seien. Da dies dem in § 31 RStV für maßgeblich erklärten Auswahlkriterium entspricht, ist die Entscheidung der LMK aus Sicht der
KEK auch insoweit nicht zu beanstanden.
3
Stellungnahme
Gegen die von der Versammlung der LMK vorgeschlagene Auswahlentscheidung
bestehen keine Bedenken im Hinblick auf die Sicherung der Meinungsvielfalt.
24
(gez.)
Sjurts
Gounalakis
Lübbert
Hege
Bauer
Hornauer
Müller-Terpitz
Brautmeier
Dörr
Langheinrich
Schwarz
Thaenert
Fuchs
Mailänder

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