SZ vom 22.Oktober 2013 Seite R6 München City (GSID=1910342)

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SZ vom 22.Oktober 2013 Seite R6 München City (GSID=1910342)
R6
LEUTE
–
Dienstag, 22. Oktober 2013, Nr. 244 DEFGH
3
Im Weinberg des Textes
Ewiger Nachklang
Marc-Aeilko Aris ist seit dem 1. Oktober Universitätsprediger der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität.
Jeden Sonntag will er nun Literaturwissenschaft und Theologie in der Ludwigskirche zusammenbringen
Gold für Irene Stenzel, die Gründerin des Opernclubs München
demischer. Der Prediger stand fortan alle
zwei Wochen an einem Pult in der Kirche,
und er trug einen Frack, um den säkularen
Charakter seiner Rede zu betonen. Die Predigt aber war weiterhin Pflicht: Die Studenten mussten kommen und ihm zuhören, ob
sie wollten oder nicht.
Diesen Zwang gibt es heute nicht mehr.
Und längst hat sich in München eine eigene
Tradition entwickelt, unter Religionsphilosophen wie Romano Guardini und Eugen
Biser, die neben anderen Theologen Universitätsprediger waren. Weil Biser zudem der
Vater des Seniorenstudiums an der LudwigMaximilians-Universität war, habe er als
Nebeneffekt verstärkt Ältere angesprochen, sagt Aris. Es sei nun eines seiner Anliegen, das Publikum wieder zu verjüngen.
Immerhin sei er selbst noch aktiver Professor und habe ständig mit jungen Studenten
zu tun, anders als Biser. So gebe es an der
Ludwig-Maximilians-Universität zum Beispiel etwa 850 Latein-Studenten.
VON JAKOB WETZEL
B
ücher haben ihn zum Priester gemacht. Marc-Aeilko Aris war nie besonders religiös, zwar evangelisch getauft, aber kein Kirchgänger, nicht einmal
zu Weihnachten. Doch dann, er war gerade
18 Jahre alt, verschlug es ihn in die Bibliothek des Benediktinerklosters Engelberg
in der Schweiz. Und was er dort fand, das habe ihm die Augen geöffnet, erzählt er. Aris
fand alte Handschriften, darunter einen
Teil der Briefe Ciceros an dessen Freund Atticus. Ein Mönch hatte die lateinischen Texte im 9. Jahrhundert abgeschrieben, seither werden sie im Kloster aufbewahrt. Sie
haben mit Religion nichts zu tun, erst recht
nichts mit dem Christentum. Doch Aris
führten sie zum Glauben, und zwar nicht
trotzdem, sondern gerade deswegen.
Die Offenheit dieser Welt habe ihn tief
beeindruckt, sagt Aris. Nicht nur, dass da eine gänzlich säkulare Handschrift in einer
katholischen Klosterbibliothek in Ehren gehalten wurde. Sondern, dass vor mehr als
tausend Jahren ein Mönch die Briefe mühsam per Hand kopiert hatte, monatelang:
ein Mönch, der eigentlich sein ganzes Leben der Religion gewidmet hatte, schrieb
Texte ab, ohne irgendeinen Bezug zu Gott,
in einer Zeit, in der niemand ahnen konnte,
wie hoch Ciceros Briefe einmal als Kulturgut geschätzt werden würden. Und das alles, ohne einen Widerspruch zu empfinden. Aris war verblüfft, er sah den Glauben
in neuem Licht. Und das Erlebnis ließ ihn
nicht mehr los, aus seinem Eindruck wurde
ein Entschluss. Wenn man so will, dann hat
diese Episode sein Leben vorgezeichnet.
In Vorlesungen und Seminaren
will er nicht direkt
für die Predigt werben
Das Amt
des Universitätspredigers
hat eine lange Geschichte
Seit dem 1. Oktober ist Aris Universitätsprediger der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), auf Vorschlag der
Katholisch-Theologischen Fakultät. In der
vergangenen Woche hat Kardinal Reinhard
Marx den 54-Jährigen in das Amt eingeführt. Aris ist seit seinem Besuch im Kloster Engelberg zum Katholizismus konvertiert, er hat gar darüber nachgedacht,
selbst Benediktinermönch zu werden. Aris,
aufgewachsen in Wiesbaden, studierte katholische Theologie, 1985 wurde er in Fulda
zum Priester geweiht. Zuletzt wirkte er als
Priester und Seelsorger auf dem Freisinger
Domberg, wo er wohnt. Und auch seiner Leidenschaft für Schriften und Bücher ist Aris
gefolgt, er ist nicht nur Geistlicher, sondern
auch Literaturwissenschaftler geworden.
Seit 2005 lehrt er Lateinische Philologie
des Mittelalters an der LMU – aber den Bezug zur Theologie hat er dabei nie verloren.
In einem großen Forschungsprojekt untersucht er gerade, wie Mönche im ausgehenden Mittelalter versuchten, ein eigenes Bildungssystem zu erschaffen. Und als Universitätsprediger will er nun beides zusammenbringen, die Literaturwissenschaft
und die Theologie. Jeden Sonntagabend
um 19 Uhr in der Ludwigskirche.
Aris empfängt in seinem Dienstzimmer
in der Universität, er sitzt neben einem Regal mit alten und vergilbten Folianten. Er
ist ein drahtiger, ein lebhafter Mann. Doch
wer ihn fragt, wie er sein neues Amt ausfüllen will, dem erzählt er als Erstes von der
Tradition. Das Amt des Universitätspredigers hat eine lange Geschichte, es geht zurück bis auf die Zeit der Gründung der Universität im Jahr 1472 in Ingolstadt. Der Prediger sollte ursprünglich den Glauben der
Studenten festigen; bis ins 18. Jahrhundert
war die Universität stark vom Orden der Jesuiten geprägt und ein Zentrum der Gegenreformation. Mit dem Umzug der LudwigMaximilians-Universität über Landshut
nach München änderte sich das: Der Zeitgeist war kirchenfeindlich, und die Belehrung wurde weniger dogmatisch, dafür aka-
Fand in der Bibliothek des Benediktinerklosters Engelberg in der Schweiz zum
Glauben: Marc-Aeilko Aris.
FOTO: STEPHAN RUMPF
Für Außenstehende sei auch die Ludwigskirche ein guter Ort, hofft Aris: „Die
Kirche bietet genügend dunkle Ecken.“
Und deswegen könne sie einladend sein:
Wer neugierig sei, könne zusehen und zuhören, ohne sich bemerkbar machen zu müssen. Das komme vielen Akademikern entgegen, die gerne Distanz wahren würden,
sagt Aris. Er könne dieses Gefühl nachempfinden. Als Prediger könne er sich zwar nun
nicht mehr zurückhalten, sagt er. „Aber früher habe ich in der Kirche den Platz hinter
der Säule immer sehr geschätzt.“
In der Universität, in Vorlesungen und
Seminaren direkt für die Predigt werben,
will er freilich nicht. Er trenne seine Tätigkeiten, sagt Aris. Nur die Wissenschaft, die
werde er schon in den Gottesdienst tragen.
Als Literaturwissenschaftler habe er
schließlich einen anderen Blick auf die Bibel als ein Pastoraltheologe. Konkret bedeutet das, dass er Eindeutigkeit in die Schrift
bringen will. Gerade bei der Bibel müsse
man nahe am Text bleiben – und zwar an
seiner ursprünglichen Fassung. Er wolle
zwar niemandem etwas mit seinen Sprachkenntnissen vorglänzen. „Aber wenn ich zu
der Überzeugung komme, dass eine deutsche Übersetzung nicht adäquat wiedergibt, was im griechischen Text steht, zum
Beispiel die Pointe anders setzt, dann weise
ich darauf hin.“ Im Lukas-Evangelium etwa stehe in der deutschen Übersetzung der
Satz: „Stärke unseren Glauben“. Wörtlich
übersetzt aber müsse es „Verleihe uns Glauben“ heißen, sagt Aris, und man müsse sich
deshalb fragen, was da genau verliehen werden soll: kein konkreter Inhalt, sondern eine Eigenschaft, eine Art Grund-Gläubigkeit und am Ende ein christlicher Instinkt
für ein authentisches Leben im Glauben.
Für einen Philologen ist die Bibel ein
dankbarer Text. „Großartig“ findet sie
Aris, nicht nur der Priester, sondern auch
der Literaturwissenschaftler. Nur sei sie
auch ziemlich strapazierfähig, sagt er. Aber
von einem Prediger, der nur die Bibel zitiert, um seine eigene Meinung unters Volk
zu bringen, hält Aris nichts. Um persönliche Ansichten gehe es gar nicht. „Joseph
Ratzinger hat gesagt, er sei nur ein einfacher Arbeiter im Weinberg des Herrn. Und
ich, ich bin eben ein einfacher Arbeiter im
Weinberg des Textes.“ Man dürfe den Inhalt der Bibel nicht um einer eigenen Pointe willen verbiegen, sagt Aris – aber er
schränkt ein. Natürlich, man müsse die Bibel auch interpretieren und ihr Anliegen in
die Gegenwart übertragen. Man dürfe
nicht ideologisch werden, müsse den Text
einordnen, ihn in seinen historischen Bezug setzen. Wie das ein Literaturwissenschaftler eben so mache. „Die Texte fallen
ja nicht vom Himmel.“
München – Die Medaille kommt zur rechten Zeit. Irene Stenzel laufen die Tränen
über die Wangen wie einem Leistungssportler, der endlich auf dem Treppchen
steht. Nach all den Mühen. Jetzt der Beifall.
Der Beifall, den sonst die anderen bekommen. Jene nämlich, die auf der Bühne stehen, die von ihren Fans inniglich verehrt
werden. Fans wie Irene Stenzel. Anja Silja,
die Sopranistin stürmt auf sie zu und schüttelt ihr die Hand. Hans Sotin gratuliert ihr
mit seinem donnernden Sarastro-Bass.
Gerd Uecker, der ehemalige Intendant der
Semperoper drückt sie an seine Brust. Für
Irene Stenzel, die Gründerin des Münchner Opernclubs hängt an diesem Tag der
Himmel voller Geigen.
In den Händen hält sie ein kleines blaues Kästchen, darin fünf Zentimeter pures
Glück im Durchmesser: die Gottlob-FrickMedaille. Dass die vielleicht nicht wirklich
aus purem Gold ist, ist ihr einerlei. Dafür
haben den Preis vor ihr Leute wie August
Everding erhalten. Und die Lobesworte,
die Hans A. Hey, der Präsident der GottlobFrick-Gesellschaft für im Baden-Württembergischen Mühlacker findet, sind sowieso
unbezahlbar: „In Anerkennung ihrer hervorragenden Leistungen zum Wohle der
Oper“ bekommen Irene Stenzel und ihr Verein jene Auszeichnung. Weil sie exemplarisch und vorbildlich wirkten in der aktuellen Opernwelt, und das Publikum „in deren Chaos nicht allein“ lasse, sondern „Orientierung biete in dem Spannungsfeld der
unterschiedlichen Regieansätze“. Vereinigungen wie der Opernclub schlügen „eine
Brücke vom Opernbesucher zu den Mitwirkenden auf der Bühne bis hin zu den verantwortlich Leitenden“, sagt Hey.
Und wie will sie das tun? Nun jedenfalls
nicht, wie von so manchen militanten Gegnern des modernen Regietheaters empfohlen, indem sie umstrittene Inszenierungen
boykottierten. Ganz im Gegenteil: Die Mitglieder von Opernclubs besuchen möglichst viele Vorstellungen und tauschen
sich untereinander und direkt mit den
Künstlern aus. So veranstaltet der Münchner Opernclub nicht nur Konzerte; er ist
vor allem mit „Künstlergesprächen“ regelmäßig auf der Kulturagenda der Stadt zu
finden. 20 bis 25 solcher Gespräche pro
Jahr stellt Irene Stenzel mit ihrer Vorstandschaft auf die Beine. Alle waren sie schon
bei ihr zu Gast: Jonas Kaufmann, Thomas
Hampson und Rolando Villazón; Cecilia
Bartoli, Vesselina Kasarova und Elina Garanca. Aber auch Dirigenten wie Zubin
Mehta und Ballerinen wie Lucia Lacarra,
manche von ihnen sogar mehrmals.
Rund 300 Künstlergespräche verzeichnet der Club seit seiner Gründung am
19. April 1998. Wer die Terminkalender dieser Stars kennt, der ahnt, was hinter der Organisation solcher Veranstaltungen steckt.
Ungeheures Durchhaltevermögen allemal
und eine gehörige Portion ehrlicher Herzenswärme – denn Geld bekommen die
prominenten Gäste für diese Auftritte
nicht. Was sie loben, ist dafür die überaus
familiäre Atmosphäre im Club – der mit
den Jahren schon an den verschiedensten
Orten in München Station machen musste.
Am Anfang traf man sich, gleich vis-à-vis
der Oper im Lyceum-Club in der Maximilianstraße. Seit ein paar Monaten haben die
Künstlergespräche – nach einer unseligen
Odyssee – im Hansa-Haus in der Brienner
Straße wieder ein neues Zuhause gefunden.
Für Irene Stenzel , die ehemalige Protokollführerin am Amtsgericht, ist der Opernclub freilich selbst eine Art Heimat und Ersatzfamilie. Sie gab ihm dem Beititel „in
memoriam Franz Lachner“. Lachner war
ihr Urgroßonkel und der erste Generalmusikdirektor der Bayerischen Hofoper – und
heutigen Bayerischen Staatsoper. Mit seinem Namen verbinden heute die meisten
Münchner nur noch die Lachnerstraße
und die dort angesiedelte, einstige Klinik.
Franz Lachners umfangreiches Werk als
Komponist von mehr als 300 geistlichen sowie weltlichen Werken und vier romantischen Opern kennt heute kaum noch jemand. Eine davon, groß und tragisch, trägt
den Titel „Catharina Cornaro“ und wurde
vor einem Jahr vom Münchner Rundfunkorchester wiederentdeckt und konzertant
im Prinzregententheater aufgeführt: „Ein
unglaubliches Geschenk“, sagt Irene Stenzel, die weiterhin hofft, durch ihr Engagement auch eine Renaissance für das musikalische Wirken ihres Anverwandten einzuläuten.
Irene Stenzel wünscht sich
„noch mehr, vor allem
auch jüngere Mitglieder“
Für sie selbst war eine Karriere als Musikerin immer undenkbar. Sie ist in der Nachkriegszeit als Kind einer Polizistenwitwe
aufgewachsen. Ihr Vater war im Dienst von
einem Schwarzhändler erschlagen worden. Da war sie sechs Jahre alt. Der heiß ersehnte Klavierunterricht war also unerschwinglich. Und der spätere Wunsch der
jungen Frau, Schauspielerin zu werden,
war für deren Mutter ebenfalls unvorstellbar. Auch Franz Lachner, mit dem sich Irene bis heute auf besondere Weise verbunden fühlt, war am 2. April 1803 im oberbayerischen Rain in armen Verhältnissen aufgewachsen. Als eines von 17 Geschwistern,
deren Vater, ein Organist, an einem Hungerödem starb, als Franz 17 Jahre alt war.
Fast 250 Mitglieder zählt der Opernclub
heute, doch wünscht sich Irene Stenzel,
„noch mehr, vor allem auch jüngere Mitglieder“, sagt sie und plant unermüdlich
weitere Konzerte und Diskussionsabende.
Als nächstes steht ein Gespräch mit der
Kammersängerin Karan Armstrong auf
der Agenda (3. November). Sie war mit
Götz Friedrich verheiratet, dem „unvergessenen Intendanten und Regisseur“, wie Irene Stenzel auf der Internetseite des Opernclubs schreibt. Denn dafür kämpft sie –
und weder für Gold noch für sich selbst:
für den ewigen Nachklang in der Erinnerung.
SUSANNE HERMANSKI
Oper als Lebensinhalt: Irene Stenzel ist die Gründerin des Opernclubs München und
lädt große Sänger zu den Künstlergesprächen ihres Vereins.
FOTO: ROBERT HAAS
Grill-Spezialität für Veganer
Theo Hartl stellt seit 28 Jahren Bio-Senf her – mit seiner Barbecue-Soße „Dirty Harry“ hat er sogar die „Kansas City World BBQ Championships“ gewonnen
Fürstenfeldbruck – Theo Hartl hat mit seinem Geschäftspartner Eberhard König vor
28 Jahren den ersten Bio-Senf hergestellt:
süß und mittelscharf. Das Angebot seiner
Firma Münchner Kindl Senf hat sich seitdem enorm erweitert. Es sind Sorten mit einer Note von Mango und Maulbeere dazu
gekommen, oder mit Bärlauch und Bier.
Und dann hat Hartl die rauchig-scharfe
Barbecue-Soße „Dirty Harry“ im Sortiment. Sie hat die „Kansas City World BBQ
Championships“ gewonnen. Eine Weltmeister-Soße also.
SZ: Zum Weltmeister-Titel hat Ihnen der
Freisinger Harald Peter verholfen, der
die Idee für die Soße gegeben hat. Wie
kam es dazu?
Harald Peter hat 40 Jahre in den USA gelebt, wo er Dirty Harry genannt wird, wegen der schmutzigen Hände vom Grillfeuer. Er stand vor zwei Jahren an unserem
Stand auf dem Viktualienmarkt und fragte, ob wir seine Soße produzieren und verkaufen wollten. Ich habe sie probiert und
gesagt: Das kann ich besser – und es ihm
bewiesen. Mit der Soße ist er zurück nach
Kansas und hat bei dem Wettbewerb gewonnen.
Was macht sie so herausragend?
Die Zutaten. Wir verwenden keine Konservierungsstoffe, keine Geschmacksverstärker. Wichtig: Der Rauchgeschmack hält
sich in Grenzen. Wir benutzen kein künstli-
ches Aroma, sondern räuchern Salz mit Buchen. Wir haben übrigens sogar zweimal
abgeräumt: als beste BBQ-Soße der Welt,
und als bester „Foreigner“, also Ausländer.
Wie bei den Oscars.
wir uns Manufaktur. Wir produzieren zum
Beispiel 40 Tonnen süßen Hausmachersenf im Jahr. Ich möchte mich nie industrialisieren, irgendwann wird ein Limit erreicht sein. Dann geht eben nicht noch
mehr.
UND JETZT?
Ihre Produkte sind vor allem in Bioläden
zu haben. Das kann ein Vorurteil sein,
aber gehen da nicht eher Vegetarier als
Fleischesser einkaufen?
Kein Glutamat und alles bio?
Sogar Bioland-zertifiziert und nur mit regionalen Zutaten. Für unsere Curry-Soße gehen wir ein bisschen weiter. Die basiert auf
Südtiroler Marillenmark und einem Curry,
das aus 40 verschiedenen Gewürze besteht. Hier dominiert nicht Kurkuma, wie
in billigen Currypulvern. Das macht so einen dumpfen, matten Geschmack. Der Geschmack eines guten Currys ist fruchtig,
nach oben offen, hat eine Spitze.
Offen wie der Erfolg. Sie sind eine Familienfirma und haben in letzter Zeit ziemlich expandiert. Fürchten Sie Qualitätsprobleme?
Vor vier Jahren waren wir vier Leute in einer Garage, jetzt sind wir 30 auf 2500 Quadratmetern Grund im Industriegebiet von
Fürstenfeldbruck. Ich achte sehr genau,
woher meine Zutaten kommen. Billig-Bio
aus China, das entspricht nicht meinen Vorstellungen. Wir fertigen immer noch viel in
Handarbeit: Etiketten, Papierhäubchen
über den Deckeln und so. Deshalb nennen
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Nicht unbedingt, aber die haben auch Freude an unseren Sachen. Ersten: Unsere Produkte sind vegan – außer der Mayonnaise.
Probieren Sie mal unseren Maulbeersenf
mit Camembert. Oder einen Räuchertofu
ganz fein geschnitten mit Dirty Harry. Wir
sind lange davon weg, dass man von
Fleischersatz spricht.
Man merkt nicht, dass Sie aus einer Metzgerfamilie stammen.
Das Böse ist für mich jede Art von Fundamentalismus. Ich kann Veganer verstehen:
Eine Kuh, die am Tag 50 Liter Milch geben
muss, das ist eine Qual. Wenn man Tieren
mit der nötigen Achtung begegnet, dann
sind tierische Produkte für mich in Ordnung. Ich bin Wenig-Fleisch-Esser.
Maulbeersenf liegt im Trend, oder?
Mittlerweile. Die Deutschen essen traditionell den gelben Senf zu Würstel, die Bayern
den Süßen zur Weißwurst. Aber man wird
auch hier langsam experimentierfreudiger. Die Franzosen kochen ja schon lange
mit Senf. Er ist ein traditionelles Würzmittel in Europa. Lange bevor Pfeffer und Gewürze aus dem fernen Osten eingeführt
wurden, wurde mit Senf verfeinert.
Ein Plädoyer für den Senf, bitte.
Senf ist verdauungsfördernd, er generiert
Verdauungssäfte – macht Speisen bekömmlicher.
Kein Glutamat und alles bio: Theo Hartl verwendet in seinen Soßen nur regionale Zutaten.
FOTO: GÜNTHER REGER
Wie lange halten die Barbecue-Soßen
nach dem Öffnen ohne Konservierungsstoffe?
Da wir sie einkochen, nicht kalt rühren wie
Senf oder Mayonnaise, sind sie wie Marmelade gut haltbar. Geschlossen können Sie
die Soßen zwei Jahre aufheben. Geöffnet
müssen sie in den Kühlschrank und halten
schon eine Weile. Wichtig allerdings: Sie
sollten nie ein Würstel in die Flasche tauchen, auch bei keinem Senf.
Was mache ich jetzt nach dem Sommer
mit angebrochenen Flaschen?
Wieso? Wintergrillen wird doch immer populärer. Auf dem Balkon mit Gasgrill und
Schutzhülle, da raucht nicht viel. Rezeptvorschläge finden Sie auf unserer Website.
Kann man Ihre Produkte eigentlich
auch in den USA kaufen?
Nach Amerika zu exportieren, würde meiner Philosophie widersprechen. Die Weltmeister-Sauce kann man dort tatsächlich
leider nicht genießen.
INTERVIEW: SABINE BUCHWALD
Theo Hartl
Als Theo Hartl, 62, vor fast 30 Jahren in die
Firma seines Vaters einstieg, begann er in
Bio-Qualität zu produzieren. Damals war
Münchner Kindl Senf einer der ersten Biosenf-Hersteller weltweit. Etwa 500 Tonnen produziert die Firma mittlerweile jährlich. In jungen Jahren hat Hartl beruflich
viel ausprobiert: Er war Musiker, hatte ein
eigenes Tonstudio, betrieb eine Galerie
und hat für den Architekten Frank Gehry
gearbeitet. „Ein Leben immer auf der Pionierseite“, sagt Hartl. Seine Passion sei eigentlich die Musik, aber „ist nicht auch
Senf eine Komposition?“
BUB
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SZ20131022S1910342