Die U4 HafenCity in Hamburg

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Die U4 HafenCity in Hamburg
Bereich Infrastruktur
Fachbereich U-Bahn Neubau
Telefon: 040-300923156
Datum: 02.07.2009
Die U4 HafenCity in Hamburg:
Gesamtprojekt, aktuelle Situation, Erfahrungen
Hoffmann, Horst; Dipl.-Ing. (FH), Gesamtprojektleiter U4 HafenCity, Hamburger Hochbahn AG
Kahl, Matthias; Dr.-Ing., Geschäftsführender Partner, Grundbauingenieure Steinfeld und Partner GbR
Bienert, Frank; Dipl.-Geol., Abteilungsleiter Bereich Tunnelbau, Grundbauingenieure Steinfeld und
Partner GbR
Karpa, Gudrun; Dipl.-Ing., Stellvertretende Niederlassungsleitung Hamburg, ZERNA INGENIEURE
1.)
Die U4 HafenCity: Projektüberblick
Die Anbindung der HafenCity
Im Rahmen des größten Stadtentwicklungsprojekts Europas entsteht derzeit an der Elbe ein
neuer Stadtteil: die HafenCity. Die ersten Bewohner sind schon eingezogen, rund 50.000
Menschen werden hier in wenigen Jahren leben und arbeiten. Wichtiger Standortfaktor für
die Entwicklung des Quartiers und die Lebensqualität seiner Bewohner ist die neue U-BahnLinie U4. Sie wird die HafenCity mit der Innenstadt verbinden. Etwa 35.000 Menschen täglich
werden die U4 nutzen. Gleichzeitig schafft sie bereits die Voraussetzungen für einen „Sprung
über die Elbe“. Eine direkte, leistungsfähige Verkehrsanbindung für die
Hauptwachstumsachse im Süden könnte entscheidend dazu beitragen, die Stadtentwicklung
Hamburgs voranzutreiben. Als Vorhabenträger wurde die Hamburger Hochbahn AG mit der
Planung und Realisierung des neuen U-Bahn-Projekts beauftragt.
Die Streckenerschließung U4
Nachdem infolge sorgfältiger Systemprüfungen die Entscheidung für die Anbindung durch
ein U-Bahn-System gefallen war, wurden insgesamt 34 Streckenvarianten untersucht und
bewertet. Lediglich sechs davon erfüllten die grundsätzlichen Zielkriterien:
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eine schnelle, umsteigefreie Anbindung an Innenstadt und Hauptbahnhof
-
eine ausreichende Leistungsfähigkeit in Verkehrsspitzen und bei
Großveranstaltungen
-
eine hohe Erschließungsqualität
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Integrationsmöglichkeiten ins bestehende Netz
Die Vorgaben für die technische und finanzielle Machbarkeit und eine optimale
städtebauliche Integration erfüllten nur drei davon. Den Vorzug erhielt die sich jetzt im Bau
befindliche Variante: eine unterirdische U-Bahn, aus Richtung Billstedt kommend, die am
Jungfernstieg ausfädelt (siehe Bild 1). Wegen der Streckenhöchstgeschwindigkeit 80 km/h
beträgt der Mindestradius 300 m. Da die Neubautrasse die Gleise der U2 und tiefreichende
Fundamente von Gebäuden im Bereich Jungfernstieg unterqueren muss, hat sie hier ihr
größtes Gefälle mit 50 ‰. Zwar sind im Bereich Anleger Jungfernstieg die baulichen
Anforderungen hoch, die technischen Risiken der Trassenführung jedoch wesentlich
geringer. Wenige offene Baustellen in der Innenstadt schränken zudem die Belastungen für
Anwohner deutlich ein. Die Unterfahrung weitgehend öffentlicher Flurstücke und Gelände
konnte bei dieser Trasse Entschädigungszahlungen an private Eigentümer erheblich
minimieren.
Bild 1: Die neue Hamburger U-Bahn – Streckenverlauf der U4
Bauvorhaben U4
Für den Bau der U4 wurden insgesamt fünf Jahre veranschlagt. In 2012 soll die neue U4 in
Betrieb genommen werden. Bis dahin wird die etwa vier Kilometer lange Neubaustrecke
hergestellt sein – 2,8 km im Hydroschildvortriebsverfahren mit je zwei Röhren (
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6,5 m,
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5,7 m) und ca. 1 km in offener Bauweise in der HafenCity. Es werden zwei neue Haltestellen
für die U4 gebaut – die Haltestelle Überseequartier und die Haltestelle HafenCity Universität.
Mit dem Bau der U4 ist es Besuchern und Bewohnern des neuen Stadtteils HafenCity
möglich, innerhalb von drei bzw. fünf Minuten am Jungfernstieg bzw. Hauptbahnhof zu sein.
2.)
Die einzelnen Bauabschnitte – Darstellung und Überblick
Jungfernstieg: Die Anbindung ans Netz – Abschnitt 1
Am Verkehrsknotenpunkt Jungfernstieg wird die U4 an das Hamburger Schnellbahnnetz
angeschlossen. Aus Richtung Billstedt kommend wird sie, 18 m unter der Binnenalster, aus
den Gleisen der U2 ausfädeln und in einer Linkskurve weiter nach Süden fahren. Die seit der
Eröffnung der U2 im Jahre 1973 noch nicht genutzten Gleise in der Haltestelle Jungfernstieg
werden für die U4 in Betrieb genommen. Im Zuge der Bauarbeiten wurden die Bahnsteige
der U2 am Jungfernstieg behindertengerecht ausgebaut und die Haltestelle modernisiert.
Für die Schildeinfahrt werden am Anleger Jungfernstieg zwei Zielschächte vorbereitet. Die
rund 24 m tiefen Baugruben mit Grundrissabmessungen von ca. 10x14 m werden mit
überschnittenen Bohrpfahlwänden gesichert, die wasserdicht in den Geschiebemergel
einbinden. Die in der Binnenalster liegende Baufläche für den Zielschacht 2 und den
zusätzlich notwendigen Notausgang wird durch die Herstellung eines Fangedammes
gewonnen (siehe Bild 2). Der Lückenschluss zwischen der Haltestelle Jungfernstieg und den
fertigen Tunnelröhren wird bergmännisch unter Vereisung vorgenommen. Da sich im Bereich
der neuen Tunnelröhren der U4 noch alte Einstabanker in insgesamt fünf Lagen zur
Sicherung der alten Baugruben für den Bau der U2 befinden, mussten im Vorfeld der
Schildeinfahrt umfangreiche Räumungsbohrungen duchgeführt werden.
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Bild 2: Baustelle Jungfernstieg – Arbeiten mitten im Herzen Hamburgs
Um den innerstädtischen Baustellenverkehr und die Beeinträchtungen der Anlieger und
Gewerbetreibenden in der Innenstadt so gering wie möglich zu halten, wird der Oberbau und
der bautechnische Ausbau weitestgehend über den in der HafenCity gelegenen Startschacht
angedient.
Tunnelbau im Schildvortrieb – Abschnitt 2
Tunnelvortrieb
Von der HafenCity bis zum Jungfernstieg werden die beiden U4-Tunnel nacheinander im
Hydroschildvortrieb aufgefahren. Zwischen dem Startschacht an der Haltestelle
Überseequartier und den Zielschächten am Jungfernstieg beträgt die Distanz für die TVM
etwa 2,8 km (Tunnelröhre Gleis 1: 2772 Tm; Tunnelröhre Gleis 2: 2848 Tm) Die Vortriebe
durchfahren wechselnde Bodenformationen wie wasserführenden Sande, Kiese,
Geschiebemergel, örtliche organische Weichschichten – und zudem im mittleren
Streckenbereich auf 1,9 km Länge Glimmerschluff und Glimmerton. Insgesamt werden rund
190.000 m³ Boden abgebaut.
Zwölf Paar hydraulischer Pressen sorgen auf der Maschine mit Druckkräften bis zu 4.100 t
für den Vorschub des Schildes. Die jeweils 1,5 m langen Ringsegmente der Tunnelröhren
werden aus 6 Stahlbeton-Tübbingen mit einer Dicke von 35 cm und einem Schlusstein zusammengesetzt. Die Ringe haben eine Konizität von 50 mm. Beim Erreichen von besonderen Stationen, wie die Anschlussbereiche an die Notausstiege, werden Parallelringe mit einer
Länge von 140 cm verwendet.
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Notausstiege
Zur Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen maximalen Fluchtweglänge von 300 Metern
werden zwischen den Haltestellen Jungfernstieg und Überseequartier im Abstand von jeweils 600 m 4 Notausstiege sowie ca. 150 m vor der Haltestelle Überseequartier eine Querverbindung zwischen den Tunnelröhren erstellt.
Die Notausstiege sind bis zu 40 m tief. Der Anschluss an die Tunnelröhren erfolgt durch
Querstollen. Bedingt durch die Tiefenlage der wasserundurchlässigen Bodenschichten in 20
m bzw. bis zu 40 m unter Geländeoberkante, kommen zwei Bauweisen für den Baugrubenverbau zur Ausführung.
Bei den Notausstiegen ABC-Straße und Alter Steinweg wurden überschnittene, unbewehrte
Bohrpfähle 20 m tief bis in den wasserundurchlässigen Glimmerschluff / Glimmerton hergestellt (siehe Bild 3). Im Glimmerton erfolgt der weitere Schachtvortrieb bergmännisch mit
Spritzbetonsicherung in NÖT-Bauweise in Abschnitten von jeweils 1,5 m Höhe und folgender Sicherung durch eine Spritzbetonschale mit Bewehrung.
Nach Erreichen der Schachtsohle werden die Sohlplatte und die Schachtwand in wasserundurchlässigem Beton erstellt. Der Vortrieb der Längs- und Querstollen, zum Anschluss an die
Tunnelröhren, erfolgt ebenfalls abschnittweise bergmännisch.
Bild 3: Bohrpfahlwand im Anschlussbereich der Technik- und Treppenräume
Bei den Notausstiegen Alsterfleet und Dalmannkai stehen bis in große Tiefe wasserführende
Schichten an. Hier werden als Verbau Schlitzwände bis unter die Schachtsohle ausgeführt.
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Zur Herstellung der Verbindungsstollen wird der Boden vereist und die Stollen werden bergmännisch vorgetrieben und mit Spritzbetonschale gesichert.
Offene Bauweise in der HafenCity – Abschnitt 3
Der Abschnitt 3 umfasst auf ca. 1 km Länge die Baustellen der Haltestellen Überseequartier
und HafenCity Universität sowie den Streckentunnel zwischen diesen Haltestellen. Die offene Bauweise ist möglich, da die Strecke in unbebautem Gelände liegt. Die Versmannstraße
wurde für die Bauzeit seitlich verschwenkt.
Für die an den Magdeburger Hafen angrenzenden Abschnitte wurden StahlbetonSchlitzwände mit einer Tiefe von ca. 30 m bis zu 55 m ausgeführt. Zur Querung des Magdeburger Hafens wurde ein kombinierter Spundwandverbau in wasserführende Schichten abgesetzt, so dass die Baugrube zusätzlich durch eine rückverankerte Unterwasserbetonsohle
von 1,5 m Dicke gesichert wird (siehe Bild 4). Die Rückverankerung erfolgte mit 30 m langen
GEWI-Verpresspfählen im Raster von 2 m. Die Baugrubenumschließungen im Abschnitt des
Streckentunnels und der Haltestelle HafenCity Universität wurden mit Schlitzwänden in
Kombination mit rückverankerter Unterwasserbetonsohle ausgeführt.
Bild 4: Baugrube Magdeburger Hafen
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3.)
Technische Herausforderungen beim Tunnelprojekt U4 –
Herausforderung Geologie
Geotechnische Herausforderungen für den Schildvortrieb und die Notausstiege
Die beiden Schildvortriebe der U4 durchqueren auf der 2,8 km langen Strecke nahezu alle im
Hamburger Raum vorkommenden morphologischen, geologischen und hydrogeologischen
Verhältnisse (siehe Bild 5).
Die Vortriebe beginnen im Bereich der Elbmarsch in den holozänen und pleistozänen Sanden und Kiesen mit überlagernden organischen Weichschichten aus Klei und Torf. Dann
taucht die Maschine nach ca. 280 m in schleifendem Schnitt in den voreiszeitlichen tertiären
Untergrund aus Glimmerschluff und Glimmerton ein und durchfährt diesen über 1.100 m im
Grenzbereich zur darüber liegenden Basis der Elbtalsande mit eingelagerten Steinen und
Blöcken. Dabei durchfährt sie eine in den Glimmerton eingeschnittene tiefe Erosionsrinne mit
Geschiebemergel und kommt nach 1.300 m unter dem Alsterfleet vollflächig in den zur eiszeitlich geprägten Geest hin ansteigenden Glimmerton, mit einer Überdeckung von bis zu 24
m. Beide Vortriebe unterqueren so die zentrale Hamburger Innenstadt und enden nach
Durchfahrung einer weiteren Geschiebemergelstrecke an der vorhandenen Haltestelle Jungfernstieg in der wiederum fluviatil geprägten Alstermarsch mit Sanden, holozänem Torf und
zwischeneiszeitlichen Kalkmuddeeinlagerungen.
Bild 5: Geologischer Querschnitt der U4-Trasse
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Die Gestaltung und Dimensionierung der Vortriebsmaschine, der Werkzeugbesatz und die
Fördertechnik bis hin zur Dimensionierung der Separierungsanlage mussten allen zu durchfahrenden Bodenarten Rechnung tragen. Prägend für den Vortrieb ist der tertiäre Glimmerton, der neben den wechselnden Anteilen der Ton- und Schlufffraktion nur einen geringen
Feinsandanteil aufweist. Er liegt mit seiner überwiegend festen Konsistenz als leichter Fels
der Bodenklasse 6 nach DIN 18300 vor. Infolge der ehemaligen eiszeitlichen Gletscherauflast ist im Glimmerton ein hoher Seitendruck mit einem Seitendruckbeiwert von bis zu ca. K0
= 1,7 eingeprägt, der hohe Anforderungen an die Dimensionierung der Stahlbetontübbinge
der Tunnelröhren und der Notausstiegsbauwerke mit ihren Querschlägen stellt. Weiterhin ist
der Glimmerton aufgrund der enthaltenen Smectite und Anhydritanteile quellfähig und kann
bei entsprechender Wasserzufuhr hohe Quelldrücke entwickeln. Schließlich weist der Boden
beim suspensionsgestützten Durchfahren mit dem Mixschild ein hohes Verklebungspotential
auf.
Für den Vortrieb stellt die Festigkeit des Glimmertons zusammen mit seinem hohen Verklebungspotential eine besondere Herausforderung dar. In dem 1.300 m langen ersten Abschnitt musste die TVM im Grenzbereich zwischen dem Glimmerton und der darüber liegenden Sandbasis mit eingelagerten Steinen und Blöcken sowohl den verklebungsanfälligen
Glimmerton als auch im Firstbereich in unregelmäßiger Abfolge und Anzahl Steine und Blöcke aus Granit, Diorit u. a. bewältigen.
Hingegen konnte die Festigkeit des Glimmertons bei der Herstellung der beiden Notausstiege ABC-Straße und Alter Steinweg bauvereinfachend ausgenutzt werden. Diese Schächte
wurden innerhalb des Glimmertons unter geotechnischer Fachaufsicht problemlos bis rund
40 m Tiefe unter GOK in offener Bauweise mit abschnittsweiser Spritzbetonsicherung abgeteuft. Auch die noch aufzufahrenden Querschläge im Glimmerton werden in dieser für Hamburger Verhältnisse ungewöhnlichen Bauweise ausgeführt.
Als weitere Besonderheit des Glimmertons ist schließlich der natürlich vorhandene erhöhte
Sulfatgehalt zu erwähnen, der bei den geochemischen Bodenanalysen zu einer Einstufung
des zu deponierenden Bodens in die Zuordnungsklasse Z2 bis örtlich Z3 nach TR LAGA
Boden geführt hat. Da diese Einstufung bei der Deponierung des Bodens zu erheblichen
Mehrkosten gegenüber unbelastetem Boden führt, wurde auf Auftragnehmer und
Auftraggeberseite intensiv nach Ersatzlösungen gesucht. Mittlerweile werden die aus den
Zentrifugenschlämmen gewonnenen reinen Glimmertonanteile und voraussichtlich auch die
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in den kommenden Vortriebsstrecken im vollflächigen Glimmerton anfallenden festen Glimmertonchips als gut geeignete Zuschlagstoffe bei der Zementherstellung verwertet.
Geotechnische Herausforderungen bei der offene Bauweise
Der Baugrund östlich des Magdeburger Hafens wird charakterisiert durch sandige und teilweise organische Auffüllungen, holozäne organische Weichschichten und die holozänen und
pleistozänen Sanden der Elbtalniederung. Diese werden ab Tiefen um ca. 28 m bis 30 m
unter GOK von Geschiebemergel unterlagert. Im mittleren und östlichen Teil der Strecke sind
in den Mergel in unregelmäßiger Abfolge und Verteilung in teilweise größerer Mächtigkeit
Sandlinsen und -rinnen eingelagert (siehe Bild 6). Hier wurde ein schlitzwandgeschützter
Unterwasseraushub der Teilbaugruben mit Unterwasserbetonsohle und aufwendiger bauzeitlicher Auftriebssicherung durch Zugpfähle geplant und ausgeführt.
Im westlichen Teil der Strecke wurde der Geschiebemergel nach den Ergebnissen der ausgeführten Aufschlußbohrungen relativ kompakt mit nur örtlichen kleineren Sandeinlagerungen angetroffen. In diesem Abschnitt ist auf einer Länge von 180 m eine bis zu 22 m tiefe
trockene Baugrube geplant worden. Hierzu sollte unter intensiver geotechnischer Überwachung eine umlaufende Stahlbetonschlitzwand mit einer ausreichenden Einbindung in den
gering wasserdurchlässigen Geschiebemergel hergestellt werden, welche die Baugrube allseitig hochwassersicher gegen den Grund- und Elbwasserstand abschirmt. Zur Einhaltung
der bauzeitlich erforderlichen hydraulischen Aufbruchsicherheit der Baugrubensohle sind
Mindestabsetztiefen der Schlitzwandlamellen im Geschiebemergel zwischen 41 m und 44 m
unter GOK festgelegt worden (rote Linie im geologischen Längsschnitt, siehe Bild 6).
Bei der Herstellung der Schlitzwände wurden jedoch teilweise abweichend von den erwarteten Verhältnissen in nicht aufbruchsicherer Tiefe gerade im Niveau der geplanten Absetztiefen und darüber einige größere Sandeinlagerungen angetroffen, die durch Tieferführung der
Schlitzwandlamellen um bis zu 7m abgeschottet werden mussten.
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Bild 6: Mindestabsetztiefe der Schlitzwandlamellen (rote Linie)
Aufgrund der Herstellungsabfolge der Schlitzwandlamellen konnten nicht alle Sandrinnenstrukturen vollständig abgeschlossen werden. Es verblieben insgesamt drei Risikobereiche,
in denen zur Überprüfung der Wasserdruckverhältnisse und der Durchlässigkeiten der
Sandbänder Grundwassermeßstellen eingerichtet wurden. Per Datenlogger wurde der Verlauf des Grundwasserdruckspiegels aufgezeichnet und eine stark gedämpfte Tidenbeeinflussung und damit eine hydraulische Verbindung zur Elbe festgestellt. Durch die Ausführung,
meßtechnische Begleitung und Auswertung von Grundwasserabsenkungen in drei Brunnen
und zusätzlichen Meßpegeln konnte jedoch nachgewiesen werden, dass aufgrund der starken Dämpfung des Tideneinflusses und der festgestellten relativ geringen Durchlässigkeiten
innerhalb der Sandstrukturen auch während der Bemessungssturmflut bei Vollaushub der
Baugrube eine ausreichende hydraulische Aufbruchsicherheit gewährleistet war. Sowohl der
Bodenaushub als auch die Rohbauarbeiten wurden inzwischen erfolgreich abgeschlossen.
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4.)
Planerische Herausforderungen beim Tunnelprojekt U4 –
Herausforderung Hochwasser
Allgemeine Hochwassersituation in Hamburg
Mit der Baumaßnahme HafenCity entsteht erstmals ein ganzer Stadtteil im Überflutungsbereich der Elbe. Der Baubereich HafenCity liegt vor der Norderelbe und vor der Hamburger
Hauptdeichlinie, die zum Schutz der Innenstadt dient. Aus diesem Grund waren technische
und organisatorische Voraussetzungen zu schaffen, die einen adäquaten Hochwasserschutz
garantieren und der bestehenden Hauptdeichlinie entsprechen. Hierfür wurde im Masterplan
HafenCity das „Warftkonzept“ entwickelt. Dieses Konzept sieht eine weitgehende Aufhöhung
der Flächen auf +7,50 m NN vor. Mit dieser Höhenlage sind die Nutzungen der HafenCity vor
den Wasserständen der Bemessungssturmflut geschützt, die etwa einen Meter über der
höchsten bisher aufgetretenen Sturmflut liegt. Für die Baumaßnahme U4 HafenCity sind
diese besonderen Anforderungen im Bereich der HafenCity sowohl für die Bauhilfsmaßnahmen als auch für das endgültige Bauwerk umzusetzen.
Im Bereich der Innenstadt und Einfädelung ins bestehende Netz gelten strenge Anforderungen an den Hochwasserschutz, diese orientieren sich an einem möglichen Hochwasserstand
der Alster.
Anforderungen und Umsetzung im Projekt
Für das Bauvorhaben U4 HafenCity wurden die Risiken hinsichtlich des Hochwassers unter
Berücksichtigung verschiedener Szenarien abgewogen und geeignete Schutzmaßnahmen
festgelegt. In erster Linie wurde der Gefahr Hochwasser durch geeignete Höhenlagen und
sachgemäße Ausbildung der Tunnelöffnungen begegnet.
Die Alster hat einen geregelten Wasserspiegel auf der Höhe von +3,00 m NN . Dennoch ist
eine geringfügige Schwankungsbreite zwischen minimal +2,85 m NN und maximal +3,20 m
NN vorhanden. Im Rahmen des Hochwasserschutzes und aus den Erfahrungen der Sturmflut von 1962 wurde für den Bereich der Binnenalster eine Schutzhöhe von +4,00 m NN festgelegt. Alle angrenzenden Gebäudeteile und bestehenden Eingänge sind darauf auszulegen.
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Im Rahmen der Baumaßnahme U4 wurde dies bei der Herstellung der Zielschächte und des
Fluchttunnels durch entsprechende bauzeitliche Aufschüttungen auf +4,0m NN und
Baugrubenverbauhöhen berücksichtigt.
Das Warftkonzept für die HafenCity sieht hingegen als Mindesthöhe für hochwassersichere
Flächen +7,50 m NN vor. Wegen der besonderen Bedeutung für die Hochwassersicherheit
außerhalb der öffentlichen Hauptdeichlinie wurde für alle Öffnungen der U-Bahn im Bereich
der HafenCity ein um 0,20 m erhöhtes Mindestniveau von +7,70 m NN gefordert. Für einzelne U-Bahnöffnungen bzw. Baugruben in besonderen Lagen (Luv-Lagen) oder mit besonderen Schutzanforderungen, wie z.B. der Startschacht für den Schildvortrieb, wurden darüber
hinaus größere Schutzhöhen verlangt und umgesetzt.
Für die Bauhilfsmaßnahmen wurden Schutzhöhen für die sturmflutgefährdete Zeit zwischen
September und März festgelegt. Für die sturmflutärmere Zeit können diese auf +4,5 m NN
verringert werden.
Für die bereits als Vorabmaßnahme hergestellte Baugrube Überseequartier inkl. Startschacht wurde der Hochwasserschutz als eingestellter Verbau mit Stahlträgerkonstruktion
und Betonfertigteilen mit entsprechenden Fugenabdichtungen auf der Schlitzwand ausgeführt (siehe Bild 7). Ferner wurden spezielle Havariekonzepte für die verschiedenen
Havarieszenarien erstellt.
Bild 7: Hochwasserschutzmaßnahme am Startschacht
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Im Bereich Überseequartier und insbesondere Startschacht bildet der oben genannte Hochwasserschutzverbau die 2. Schutzlinie. Als 1. Schutzlinie dient ein Hochwasserschutzwall mit
einer Höhe von ca. 6,5 m NN. Diese 1. und 2. Sicherungsebene dienen insbesondere zum
Schutz der Hauptdeichlinie und somit dem Innenstadtbereich.
Aus Gründen der Deichsicherheit ist zusätzlich zum oben genannten Hochwasserschutz eine
öffentliche Hochwasserschutzanlage im Bereich der kreuzenden Tunnelbauwerke vorzusehen. Die Kreuzung der U4-Röhren mit der Hochwasserschutzlinie liegt im Streckenbereich
und somit im Bereich der Tübbingröhren. Ohne ein zusätzliches Sonderbauwerk wäre die
Umsetzung eines Flutschutzschottes an dieser Stelle nicht möglich gewesen. Außerdem
hätte dies zu einer technisch sehr aufwendigen Konstruktion geführt. Die BOStrab fordert
ferner bei Tunneln unter Gewässern Absperrvorrichtungen, die einen Wassereinbruch auf
möglichst kurze Streckenabschnitte begrenzt. Aus diesen Randbedingungen und Forderungen entschied die Hamburger Hochbahn in Abstimmung mit den Behörden ein Flutschutzschott im Rechteckquerschnitt im Bereich der Haltestelle Jungfernstieg anzuordnen. Zusätzlich werden an der Haltestelle Überseequartier zum Übergang der Tübbingröhren Flutschutzschotts angeordnet. Die Öffnungen der Notausstiege werden ebenfalls hochwassersicher ausgebildet. Größtenteils ist dies bereits über die Höhenlage des Geländes gewährleistet. Lediglich am Notausstieg Alsterfleet ist eine druckwassersichere Abdeckelung erforderlich.
Sturmflutereignis während der Bauzeit
Nach ca. einem halben Jahr U4-Bauzeit kam es am 9. November 2007 zu einem Sturmflutereignis. Es wurde ein Pegelstand von +5,40 m NN (Pegel St. Pauli) gemessen. Hier wurden
erstmals die Hochwasserschutzmaßnahmen auf den Prüfstand gestellt. Es hat sich gezeigt,
dass die ergriffenen zusätzlichen Hochwasserschutzmaßnahmen zu Recht ausgeführt wurden und die damit verbunden Kostenaufwendungen ihren Sinn haben. Dieses Ereignis hat
insbesondere dafür gesorgt, dass noch eimal alle Hochwasserschutzmaßnahmen inkl. Meldeketten und Havarieszenarien hinterfragt und überprüft wurden. Aus dieser Überprüfung hat
sich ergeben, dass der Hochwasserschutzverbau im Bereich des Startschachtes zusätzlich
mit einer Ortbetonschale verstärkt wurde.
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Statische und konstruktive Auswirkungen auf den Verbau am Beispiel Magdeburger
Hafen
Für die Querung des Magdeburger Hafens mit einer offenen Baugrube in Scharlage (ohne
Vorlandwirkung) und somit Tideeinfluss gab es besondere Anforderungen und Randbedingungen sowohl in statisch-konstruktiver Hinsicht als auch im Hinblick auf Umweltbelange und
den Schiffsverkehr.
Des Weiteren wirken durch den hohen Wasserdruck und weitere Lastfälle hohe Beanspruchungen auf den Spundwandverbau. Zusätzlich zu den gewöhnlichen Lastfällen musste im
Bereich Magdeburger Hafen der Hochwasserlastfall mit einem Bemessungswasserstand von
+7,3 m NN sowie Sunklastfälle, Wellendruck, Eisstoß und Treibgutstoß berücksichtigt werden.
In dem Bauabschnitt Magdeburger Hafen kam der Sondervorschlag der Arge U4 zur Ausführung. Der Sondervorschlag sieht einen geänderten Spundwand-Verbau mit PEINER-Profilen,
bestehend aus Trag- und Füllbohlen, vor. Die Abdichtung der Baugrube erfolgt gegenüber
dem Wasserdruck mit zwei Lagen Zwischenbohlen. Die Oberkante der inneren Zwischenbohlen liegt bei -5,5 m NN. Der Zwischenraum wird bis zu der Kote -8,0 m NN mit Unterwasserbeton und von -8,0 m NN bis -5,5 m NN mit Wasser gefüllt. Durch die Wasserfüllung baut
sich auf den oberen 2,5 m innerhalb der Zwischenbohlen ein Wasserdruck auf, der dem
Wasserdruck auf der äußeren Füllbohle entgegenwirkt. Durch die anschließende Verfüllung
mit Beton wird der Wasserdruck hinter der äußeren Zwischenbohle mit auf die innere Zwischenbohle übertragen. Dadurch halbiert sich rechnerisch die Belastung für jede Zwischenbohle. Die Befüllung der Zwischenbohle mit Wasser wird regelmäßig visuell überprüft. Bei
einem Versagen der Wasserfüllung wurde nachgewiesen, dass während der Ausführung von
Arbeiten innerhalb der Baugrube bis zu einem Wasserstand von +5,0 m NN die Standsicherheit der Baugrube für den Lastfall 3 auch ohne Wasserfüllung gewährleistet ist.
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Bild 8: Spundwandkonstruktion Magdeburger Hafen
Die Aussteifung der ca. 26 m tiefen Baugrube erfolgt über die rückverankerte Unterwasserbetonsohle und über zwei weitere Stahlsteifenlagen. Die untere Steifenlage musste auf
Grund ihrer Tiefenlage bei -5,5 m NN unter Wasser eingebaut werden, dies stellte hohe Anforderungen an die Ausführung.
Um den späteren Schiffsverkehr und die Wasserströmung nicht einzuschränken, sind nach
Abschluss der Arbeiten, d.h. Fertigstellung des Tunnelbauwerkes Magdeburger Hafen und
Flutung, die Spundwandprofile bis zur Oberkante der Ankerschutzschicht zurückzubauen.
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Zusammenfassung Grafiken und Bilder:
Bild 1: Die neue Hamburger U-Bahn – Streckenverlauf der U4
Bild 2: Baustelle Jungfernstieg – Arbeiten mitten im Herzen Hamburgs
Bild 3: Bohrpfahlwand im Anschlussbereich der Technik- und Treppenräume
Bild 4: Baugrube Magdeburger Hafen
Bild 5: Geologischer Querschnitt der U4-Trasse
Bild 6: Mindestabsetztiefe der Schlitzwandlamellen
Bild 7: Hochwasserschutzmaßnahme am Startschacht
Bild 8: Spundwandkonstruktion Magdeburger Hafen
Kurzzusammenfassung Text (max. 1.000 Zeichen inkl. Leerzeichen):
Mit der im Bau befindlichen U-Bahn-Linie U4 soll Europas größtes Stadtentwicklungsprojekt,
die HafenCity, an das Hamburger Schnellbahnnetz angeschlossen werden. Der Bau der
rund 4 Kilometer langen U4-Linie erfolgt in drei Abschnitten. Im Innenstadtbereich wird die
Trasse an der Haltestelle Jungfernstieg in das bestehende Netz eingegliedert. Von der
HafenCity bis zum Jungfernstieg werden im Hydroschildverfahren auf einer Länge von 2,8
km zwei Tunnel vorgetrieben und im Bereich der HafenCity entstehen zwei neue Haltestellen
in offener Bauweise. Vor und während der Baumaßnahme mussten zwei Herausforderungen
sowohl aus planerischer Sicht, wie auch in der Umsetzung gemeistert werden: 1.) Die
spezielle Hamburger Geologie mit ihrem hohen Anteil an eiszeitlichem Glimmerton und 2.)
Die Gefahr von Sturmflutereignissen und Hochwasser im Bereich der offenen Baugruben in
Elb- und Alsternähe.
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