Vortrag - SFBB Berlin

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Vortrag - SFBB Berlin
Neuerungen im
Vormundschaftsrecht
1
Ziele der Änderungen im
Vormundschaftsrecht
• Abkehr von der „Schreibtischvormundschaft“
• persönliche Komponente der Amtsführung ausbauen
• Verankerung der Verpflichtung zu regelmäßigem persönlichen Kontakt zwischen Minderjährigen und Vormund
• Pflicht des Familiengerichts zur Kontrolle des regelmäßigen persönlichen Kontakts
• Begrenzung der Fallzahlen für Jugendamtsmitarbeiter die
Vormundschaften und Pflegschaften führen
• mehr Mitbestimmung des Minderjährigen bei der Auswahl
des Vormunds im Rahmen der Amtsvormundschaft
neue gesetzliche Regelungen zur
Umsetzung der Ziele
• § 1793 Abs. 1 a BGB:
Der Vor mund hat mit dem Mündel persönlichen Kontakt zu halten. Er soll den
Mündel in der Regel einmal im Monat in
dessen üblicher Umgebung aufsuchen, es sei
denn, im Einzelfall sind kürzere oder längere
Besuchsabstände oder ein anderer Or t
geboten.
• ab 06.07.2011 in Kraft
Aufgaben des Vormunds § 1793 BGB
• hat das Recht und die Pflicht für die Person und das Vermögen
des Minderjährigen zu sorgen und ihn insoweit zu vertreten
• dabei hat der Vormund die wachsende Fähigkeit und das
wachsende Bedürfnis des Minder jährigen nach selbstständigem, verantwortungsbewusstem Handeln zu berücksichtigen
• Angelegenheiten sind - je nach Entwicklungsstand des
Minderjährigen - mit ihm zu besprechen
• nach Möglichkeit ist Einvernehmen mit ihm zu erzielen
• ist der Minderjährige für längere Zeit in den Haushalt des
Vormunds aufgenommen, besteht die Pflicht zu Beistand und
Rücksicht
• Vormund hat gegenüber dem Minderjährigen die gleiche
Sorgfalt wie bei der Regelung eigener Angelegenheiten an den
Tag zu legen
• ab 06.07.2011 § Abs. 1a
• Satz 1 - schreibt persönlichen Kontakt vor
• Satz 2 - konkretisiert diesen in dem er eine Regel (einmal im Monat
Aufsuchen in der üblichen Umgebung) vorgibt aber auch Ausnahmen
(wenn nicht längere oder kürzere Besuchsabstände oder ein anderer
Ort geboten sind) zuläßt
• der Kontakt soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die
Grundlage für den Vormund zur Beachtung von Wohl und Willen des
Minderjährigen bilden
• weiterhin soll dadurch ein höheres Maß der Beteiligung des
Minderjährigen erreicht werden
• Vormund soll in stärkerem Maße Ansichten, Bedürfnisse oder auch
Nöte des Kindes in Erfahrung bringen und berücksichtigen
• Schaffung eines Vertrauensverhältnisses zwischen Kind und
Vormund
• regelmäßige Kontakte - nicht nur in Krisensituationen - sollen
Grundlage für die Beurteilung der Kontaktdichte bilden (BT-Drucks.
17/3617 S. 7)
• folgende Kriterien sind bei Einzelfallprüfung der Ausübung des sich
ergebenden Spielraums bei Art und Umfang des Kontakts zu beachten
➡persönlicher Kontakt soll kein Selbstzweck sein sondern der
Wahrnehmung der Vormundschaft dienen (BT-Drucks. 17/3617 S. 8)
➡Art des Verfahrens und Umfang der Vertretungsmacht
➡gilt z.B. über § 1915 BGB auch für Pflegschaften
➡wurde jedoch wegen eines rechtlichen Vertretungsausschlusses d.
Eltern oder des Vormundes eine Pflegschaft notwendig (z.B. im
Falle der Erbausschlagung oder der Vaterschaftsanfechtung) dürfte
eine monatliche persönliche Kontaktaufnahme entbehrlich sein, da
das Gebot der Förderung und Erziehung hier nicht im Vordergrund
steht
➡anders sicher bei Ergänzungspflegschaften zur Regelung des
Umgangs oder bestimmter Teile der elterlichen Sorge (Aufenthaltsbestimmung, Unterbringung)
➡Zeitpunkt innerhalb des Verfahrens (Übernahme der Vormundschaft, konstante oder sich verändernde Situation des Kindes, mit
dem Alter verbundene Aspekte wie z.B. Pubertät, Schul- oder
Berufsausbildung
• Was bedeutet übliche Umgebung?
➡üblicher Lebensmittelpunkt
➡kann nur für Fälle gelten, in denen das Kind nicht den
Lebensmittelpunkt beim Vormund hat
➡kann z.B. Pflegefamilie sein oder Heim oder Langzeittherapieeinrichtung oder Ausbildungsstelle
• Kontakte in der üblichen Umgebung wären dann nicht angezeigt,
wenn der Minderjährige in Anwesenheit der unmittelbaren
Pflegeperson nicht reden kann oder reden will (BT-Drucks. 17/3617
S. 7)
• Kontakte im Rahmen gemeinsamer Aktivitäten außerhalb der
üblichen Umgebung können ein Vertrauensverhältnis ebenfalls
entstehen lassen oder vertiefen (BT-Drucks. 17/3617 S. 7)
• vorgeschrieben ist ausdrücklich ein persönlicher Kontakt
• schriftlicher, fernmündlicher Kontakt oder Kontakt via Internet
(Skype, Facebook etc.) kann daher allenfalls eine Ergänzung von
Besuchen darstellen und dürfte vor allem in den Fällen in denen ein
häufiger persönlicher Kontakt entbehrlich ist, in Betracht kommen
• § 1800 Satz 2 BGB:
Der Vor mund hat die Pfle ge und
Erziehung des Mündels persönlich zu
fördern und zu gewährleisten.
• ab 06.07.2011 in Kraft
Personensorge §§ 1800, 1631 - 1633 BGB
• Vormund hat grundsätzlich auch die Personensorge
• die Pflicht und das Recht das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu
beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen
• neu: § 1800 S. 2: Vormund hat die Pflege und Erziehung des
Minderjährigen persönlich zu fördern und zu gewährleisten
• gleiche Rechte und Pflichten wie Eltern
• kann Vormund selbstständig ausüben, jedoch unter Kontrolle des
Familiengerichts, ggf. eines Gegenvormundes, sowie des Jugendamtes (§ 53 Abs. 3 SGB VIII)
• bei Fragen der Ausbildung und des Berufes ist auf die Eignung und
Neigung des Minderjährigen Rücksicht zu nehmen
• hat das Recht die Herausgabe des Minderjährigen zu verlangen
• hat das Recht den Umgang des Mündels mit seinen Eltern oder
sonstigen Verwandten zu regeln
• bei entsprechenden Streitigkeiten entscheidet das Familiengericht
• § 1837 Abs. 2 S. 2 BGB:
„Es hat insbesondere die Einhaltung der
erforderlichen persönlichen Kontakte
des Vor munds zu dem Mündel zu
beaufsichtigen.“
• ab 05.07.2012 in Kraft
• § 1840 Abs. 1 S. 2 BGB:
Der Bericht hat auch Angaben zu den
persönlichen Kontakten des Vormunds
zu dem Mündel zu enthalten.
• ab 06.07.2011 in Kraft
Beratung und Aufsicht
durch das Familiengericht § 1837 BGB
• Gericht berät Vormund und führt ihn in sein Amt ein
• Gericht hat über die Tätigkeit des Vormunds Aufsicht zu
führen
• gerichtliche Aufsicht hat den Grundsatz der selbstständigen
Amtsführung des Vormunds zu berücksichtigen
• Eingriffe sind auf das für das Mündelwohl notwendige Maß zu
beschränken
• es gibt kein „Weisungsrecht“ des Gerichts gegenüber dem
Vormund insbesondere nicht zu Beginn der Amtsführung
• neu ab 05.07.2012 Satz 2 in § 1837 Abs. 2: Gericht hat die
Einhaltung der erforderlichen persönlichen Kontakte des
Vormunds zu dem Mündel zu beaufsichtigen
• damit soll dem Gericht verdeutlicht werden, dass sich seine Aufsichtspflicht
auch auf die persönlichen Kontakte des Vormunds zum Mündel bezieht (BTDrucks. 17/3617 S. 8)
• „zu beaufsichtigen“ heißt also nicht, dass das Gericht bei den Besuchen
zugegen sein muss
• allerdings dürfte eine effiziente gerichtliche Aufsicht nur mit häufigeren
gerichtlichen Anhörungsterminen zu gewährleisten sein
• kommt der Vormund seiner Pflicht zum persönlichen Kontakt nicht oder nicht
ausreichend nach hat das Gericht mit geeigneten Maßnahmen einzuschreiten
• Mit welchen Sanktionen muss der Vormund bei Nichteinhaltung der (notwendigen) Kontakte rechnen?
• stellt Pflichtverletzung dar, so dass das Gericht mit geeigneten Geboten oder
Verboten einzuschreiten hat - Verschulden oder gar Kindeswohlgefährdung
sind nicht Voraussetzung
• Gericht kann Vormund mittels Zwangsgeld zur Befolgung gerichtlicher
Anordnungen anhalten
• gegen Behörde oder Verein soll kein Zwangsgeld festgesetzt werden
• im Rahmen einer Amtsvormundschaft soll durch Ge- und Verbote und
ggf. durch Gegenvorstellungen und Dienstaufsichtsbeschwerden der
persönliche Kontakt durchgesetzt werden (BT-Drucks. 17/3617 S. 8)
• ggf. ist der Vormund zu entlassen
• mit dem zeitlich versetzten Inkrafttreten der Pflicht zum persönlichen
Kontakt (7/11) und der Möglichkeit von Sanktionen bei Verstoß gegen
diese Pflicht (7/12) wollte der Gesetzgeber den Jugendämtern Zeit
geben, sich auf die neuen Anforderungen einzustellen (BT-Drucks.
17/3617 S. 9)
• die Einhaltung der persönlichen Kontaktpflicht sollte - wegen der
ohnehin fehlenden Sanktionsmöglichkeit für die Zeit davor - auch von
den Gerichten erst für die Zeit nach dem 05.07.2012 geprüft werden
• Beispiel: Jahresbericht wird im September 2012 fällig, dann sind
allenfalls die Kontakte zwischen Juli 2012 und September 2012 zu
prüfen, der Zeitraum September 2011 bis Juni 2012 ist nicht
notwendigerweise zu prüfen
Pflichten des Vormunds §§ 1839 - 1843 BGB
• Vormund hat dem Gericht auf Verlangen jederzeit über die Führung der
Vormundschaft und über die persönlichen Verhältnisse des Mündels Auskunft zu
erteilen
• Vormund hat einmal jährlich Bericht zu erstatten
• neu Satz 2 in § 1840 Abs. 1: Bericht hat auch Angaben zu den persönlichen
Kontakten des Vormunds zu dem Mündel zu enthalten (Ausfluss des neuen Abs. 1a
des § 1793 BGB)
• der Gesetzgeber hält Vorgaben zum Berichtsinhalt für nicht erforderlich (BT-Drucks.
17/3617 S.8) - deswegen weg von den nichtssagenden „Vordruck-berichten“
• Bericht sollte die äußeren Lebensumstände des Mündels, seine körperliche und
geistige Entwicklung (Zeugnis), die Beziehung zu nahe stehenden Personen, zur
Herkunftsfamilie sowie die persönlichen Kontakte zwischen Mündel und Vormund
beinhalten
• Kooperation zwischen Rechtspfleger und Vormund angezeigt
• z.B. in Form eines mündlichen Berichts gegenüber dem Rechtspfleger bei einem
Besuch des Vormunds beim Mündel
• Vor mund hat über die Ver mögensverwaltung
jährlich für den vom Gericht bestimmten Zeitraum
Rechnung zu legen
• Gericht kann bei geringer Vermögensverwaltung
längeren Rechnungslegungszeitraum - maximal für
drei Jahre - festlegen
• Rechnungslegung muss eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben sein, Abund Zugänge darstellen und mit Belegen versehen
sein
• Gericht hat Rechnungslegung rechnerisch und
sachlich zu prüfen und ggf. auf Korrektur hinwirken
•
§ 55 SGB VIII Abs. 2, S. 2, 3, 4 und Abs. 3:
Vor der Über tragung der Aufgaben des Amtspfle ger s oder des
Amtsvormunds soll das Jugendamt das Kind oder den Jugendlichen zur
Auswahl des Beamten oder Angestellten mündlich anhören, soweit dies
nach Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder Jugendlichen möglich
ist. Eine ausnahmsweise vor der Übertragung unterbliebene Anhörung ist
unverzüglich nachzuholen. Ein vollzeitbeschäftigter Beamter oder
Angestellter, der nur mit der Führung von Vormundschaften oder Pflegschaften betraut ist, soll höchstens 50 und bei gleichzeitiger
Wahrnehmung anderer Aufgaben entsprechend weniger Vormundschaften
oder Pflegschaften führen.
Die Übertragung gehört zu den Angelegenheiten der laufenden Verwaltung.
In dem durch die Übertragung umschriebenen Rahmen ist der Beamte oder
Angestellte gesetzlicher Vertreter des Kindes oder Jugendlichen. Er hat
den persönlichen Kontakt zu diesem zu halten sowie dessen Pflege und
Erziehung nach Maßgabe des § 1793 Abs. 1a und § 1800 des BGB
persönlich zu fördern und zu gewährleisten.
•
ab 05.07.2012 in Kraft
• Pflicht zur Anhörung des Mündels soll seinen Einfluss auf das
Verfahren stärken
• soll Beginn einer persönlich geführten, vertrauensvollen Vormundschaft sein
• durch die Begrenzung der Fallzahlen auf 50 soll Kind vom
Objekt zum Subjekt des Verfahrens werden
• Begrenzung stellt Obergrenze dar, die im Hinblick auf die neu
geregelte Kontaktverpflichtung eher unterschritten werden
sollte
• Abs. 3 stellt klar, dass es auch bei Übertragung auf das JA als
Behörde nicht ausreicht, wenn die sich aus den neuen
Regelungen ergebende Pflicht zum persönlichen Kontakt mit
dem Mündel, anderen - z.B. den sozialen Diensten oder den
Pflegeeltern - überlassen wird (BT-Drucks. 17/3617 S. 7)
• als Konsequenz ergibt sich daraus für Vormund und Gericht ein
größeres persönliches Haftungsrisiko
Auswahl & Verpflichtung des
Vormunds §§ 1773 - 1791 BGB
• grundsätzlich nur eine geschäftsfähige, volljährige,
nicht unter Betreuung stehende Person zum Vormund
zu bestellen (auch bei Geschwistern)
• Ausnahme Ehepaar (z.B. Großeltern oder Tante &
Onkel) oder wenn besondere Gründe für die Bestellung
mehrerer Personen vorliegen (z.B. wegen unterschiedlicher Eignung unterschiedliche Aufgabenkreise)
• sorgeberechtigte Eltern können im Rahmen einer
letztwilligen Verfügung Vormund benennen - bei
unterschiedlicher Benennung gilt der Wille des zuletzt
Verstorbenen
• Benennung darf nur bei der Erfüllung besonderer Voraussetzungen (§
1778 BGB) vom Familiengericht übergangen werden
• erfolgte keine Benennung, wählt das Familiengericht den Vormund aus
• vor der Auswahl (BayObLG, Rpfleger 87, 109), in jedem Fall vor der
Bestellung des Vormunds ist das Mündel persönlich anzuhören, wenn
es das 14. Lebensjahr vollendet hat und das Verfahren nicht
ausschließlich sein Vermögen betrifft (§ 159 Abs. 1 FamFG)
• ist das Mündel noch nicht 14 ist es anzuhören, wenn Neigungen,
Bindungen oder der Wille des Kindes von Bedeutung sind (§ 159 Abs. 2
FamFG) - dürfte bei der Vormundschaft stets der Fall sein - und das
Kind nach seinem Alter in der Lage ist derartige Empfindungen zu
bilden und erkennbar zu machen (BayObLG, NJW-RR 86, 84)
• besonders wichtig
➡wenn Verein bestellt wird, da dann nicht feststeht, welchem
Vereinsvormund das Verfahren übertragen wird
➡wenn ausnahmsweise (§ 1836 I 2 BGB) berufsmäßiger Vormund
bestellt wird, da das Mündel für dessen Vergütung haftet
• von einer Anhörung des Kindes darf nur aus schwerwiegenden Gründen
abgesehen werden (§ 159 Abs. 3, S. 1 FamFG)
• weiterhin ist das Jugendamt anzuhören (§ 162 FamFG) und auf seinen
Antrag hin am Verfahren zu beteiligen
• ggf. sind die Eltern (§ 160 FamFG) anzuhören und Pflegepersonen zu
beteiligen (§ 161 FamFG)
• vor der Auswahl und Bestellung des Vormunds sind der mutmaßliche Wille
der Eltern, die persönlichen Bindungen des Kindes, Verwandtschaft zum
Kind und die religiöse Bindung des Kindes zu berücksichtigen
• Bestellung eines Verfahrensbeistandes (§ 158 FamFG) ist zu prüfen
• Vormund wird vom Gericht in einem persönlichen Termin verpflichtet und
in sein Amt eingeführt
• Verpflichtung ist ein öffentlich-rechtlicher Hoheitsakt des Familiengerichts, der das Entstehen der mit dem Vormundsamt verbundenen
Rechte und Pflichten bewirkt (MK/Wagenitz, Rn. 2)
• erhält zur Legitimation eine Urkunde
• Grundsatz des Vorrangs der Einzelvormundschaft (besser: Vormundschaft durch natürliche Person) ist in der gerichtlichen Praxis
zu beachten
• der Gesetzgeber hat als eine Ursache dafür, dass dieses Subsidiaritätsprinzip in der Praxis ins Gegenteil verkehrt worden ist,
darin erkannt, dass: „Jugendämter gelegentlich zurückhaltend sind,
Einzel-personen vorzuschlagen“ (BT-Drucks. 11/5948 S. 91)
• insbesondere im Bereich der sog. Dauerpflege - wenn Kinder seit
längerer Zeit in einer Pflegefamilie leben und deren Rückkehr in die
Herkunftsfamilie meist Verbleibensanordnungen nach § 1632 IV BGB
entgegenstehen, sollte häufiger eine Ablösung des Amtsvormunds
durch einen Einzelvormund (z.B. die Pflegeeltern) erfolgen (BTDrucks. 11/5948 S. 91)
• die mögliche Ablösung wäre auch vom Gericht zu prüfen
• sollten dem Gründe entgegenstehen, so wären die vom Amtsvormund gegenüber dem Gericht darzulegen
Vereins- oder Amtsvormundschaft
§§ 1791 a - 1792 BGB
• nur wenn kein geeigneter ehrenamtlicher Einzelvormund zur
Verfügung steht, kann ein vom Landesjugendamt für geeignet
erklärter Verein oder das Jugendamt bestellt werden
• andere Reihenfolge und Voraussetzungen für die Auswahl des
Vormund als bei der Betreuung
• nur Vorrang des ehrenamtlichen Einzelvormundes vor Vereinsoder Amtsvormundschaft
• zur Dokumentation der Beachtung dieses Subsidiaritätsgrundsatzes, sollte die Auswahl begründet werden wenn JA
oder Verein bestellt wird
• berufsmäßiger Einzelvormund (auch Vereinsvormund) genießt
keinen Vorrang vor dem JA oder einem Verein
Gegenüberstellung der Auswahlkriterien bei Betreuung und Vormundschaft
BETREUER
VORMUND
‣ von den Eltern bestimmte Person § 1776 BGB
‣ eine natürliche geeignete Person § 1897 I BGB
‣ vom Betreuten vorgeschlagene Person § 1897
IV BGB
nicht zwingend natürliche Person, kann auch
Verein sein § 1791 a I BGB, JA ausgeschlossen
§ 1791 b I 2 BGB
‣ wenn keine oder zu übergehende Bestimmung
durch die Eltern - ist vom FamG eine geeignete
Person auszuwählen § 1779 II 1 BGB nicht
zwingend natürliche Person
wenn mehrere geeignete Personen vorhanden
‣ wenn kein Vorschlag - sind zunächst geeignete ‣ sind - sind zunächst der mutmaßliche Wille der
Verwandte, Bekannte, Vertraute zu bestellen §
1897 V BGB
‣ wenn kein geeigneter Verwandter etc. -
geeigneter Ehrenamtler § 1897 VI BGB kann
selbstverständlich auch Mitarbeiter einer
Behörde („Behördenbetreuer“) sein § 1897 II
BGB sein
‣ wenn kein geeigneter Ehrenamtler - Berufsbe-
treuer oder Mitarbeiter eines Vereins (Vereinsbetreuer, 1897 II BGB), der § 1897 VI 1 BGB
‣ wenn kein geeigneter Berufsbetreuer oder
Vereinsbetreuer - Verein § 1900 I BGB
‣ wenn kein Verein - Behörde § 1900 I BGB
Eltern zu ermitteln und Verwandten, Bekannten,
Vertrauten der Vorzug zu geben § 1779 II 2 BGB
‣ wenn kein geeigneter Verwandter etc. - ge-
eigneter Ehrenamtler §§ 1791 a I 2; 1791 b I 1
BGB
‣ wenn kein geeigneter Ehrenamtler - Verein oder
Jugendamt §§ 1791 a I 1, 1791 b I BGB aus § 56
IV SGB VIII läßt sich kein Rangverhältnis
zwischen Verein und Jugendamt ableiten (OLG
Celle, JAmt 2011, 352-354)
• zu überlegen, ob es zulässig ist, nicht das Jugendamt oder einen Verein zu
bestellen, sondern eine Person als Mitarbeiter des Jugendamtes oder Vereins,
quasi analog dem „Behördenbetreuer“ und „Vereinsbetreuer“
• dagegen spricht:
➡ anders als Behörden- und Vereinsbetreuer werden Behörden- oder Vereins-
vormünder nicht im Gesetz erwähnt - analoge Anwendung wäre zu prüfen,
wenn Regelungslücke vorliegt
➡ wenn nicht auch §§ 7, 8 VBVG analog angewandt werden, könnten
Behörden- und Vereinsvormund regelmäßig eine Vergütung vom Mündel
verlangen, da sie in der Regel wohl mehr als 10 Vormundschaften,
Pflegschaften oder Betreuungen führen und somit Anspruch auf
Feststellung der berufsmäßigen Führung haben
• dafür spricht:
➡ dem Gesetzgeberischen Anliegen der Förderung der Einzelvormundschaft
wäre Rechnung getragen ohne das ein jugendamtsinterne Auswahl und
Anhörung nach § 55 SGB VIII erfolgen müßte
➡ im Falle von Pflichtverletzungen würde der Behördenvormund entlassen
nicht das Jugendamt insgesamt
➡ der Wille zur persönlichen Vormundschaft könnte auch bei der Bestellung
eines Vereinsvormunds besser gewahrt werden
➡ Vereine könnten für ihre Mitarbeiter eine Vergütung beanspruchen und so
eher Mitarbeiter für Vormundschaften „zur Verfügung stellen“
Ausschluss der Vertretungsmacht
§§ 1794, 1795, 1796 BGB
• soweit ein Pfleger bestellt wurde, kann der Vormund das Mündel nicht
vertreten
• bei Rechtsgeschäften zwischen dem Mündel und dem Ehegatten oder
Lebenspartner des Vormunds oder dessen Verwandten in gerader Linie
Ausnahme: bloße Erfüllung einer Verbindlichkeit
• bei der Übertragung oder Belastung einer durch Pfandrecht, Hypothek
oder Bürgschaft gesicherten Forderung des Mündels gegen den
Vormund oder bei einem Geschäft, dass die Aufhebung oder Minderung
dieser Sicherheit zum Gegenstand hat oder die Pflicht hierzu begründet
• bei einem Rechtsstreit, der vorgenannte Angelegenheiten betrifft
• das Familiengericht kann die Vertretungsmacht für bestimmte Angelegenheiten auch entziehen, wenn eine Interessenkollision besteht
Vermögensverzeichnis
§ 1802 BGB
• Vormund hat das Vermögen des Mündels zu Beginn
des Verfahrens zu verzeichnen und das Verzeichnis
beim Gericht einzureichen
• die Richtigkeit und Vollständigkeit des Verzeichnisses
ist zu versichern
• Hilfestellung durch geeignete Person (Notar oder
auch Gericht) möglich
• ist das Verzeichnis ungenügend, kann das Gericht die
Aufnahme durch z.B. eine Behörde oder einen Notar
anordnen
Vermögenssorge §§ 1804 - 1816 BGB
• Vormund unterliegt striktem Schenkungsverbot - Ausnahmen:
Schenkungen, die einer sittlichen Pflicht entsprechen
• Vormund darf Vermögen des Mündels nicht für sich verwenden
• Geld des Mündels ist verzinslich anzulegen, sofern es nicht zur
Bestreitung der Lebenshaltungskosten bereit zu halten ist
• Geld darf nur in den in § 1807 BGB genannten Anlageformen
angelegt werden
• wenn Geld auf einem Sparbuch angelegt wird, ist an dem Buch ein
„Sperrvermerk“ im Sinne von § 1809 BGB anzubringen
• Anlage von Geld des Mündels grundsätzlich nur mit Genehmigung
des Gerichts
• Gericht kann ausnahmsweise andere Art der Anlegung von Geldern
gestatten, wenn dies einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung
nicht zuwiderläuft
Befreiung § 1817 BGB
•
Gericht kann Vormund auf dessen Antrag hin, von
den Verpflichtungen bzgl. der Art der Geldanlage,
der versperrten Anlegung, der Erforderlichkeit zur
Einholung von Genehmigungen etc. entbinden
wenn
➡ der Umfang der Vermögensverwaltung dies
rechtfertigt - liegt im Regelfall vor, wenn der
Wert des Vermögens ohne Grundbesitz 6.000
Euro nicht übersteigt
➡ und eine Gefährdung der Vermögens nicht zu
besorgen ist
Allgemeine Ermächtigung § 1825 BGB
• Gericht kann dem Vormund eine allgemeine Ermächtigung
erteilen, über Forderungen oder andere Rechte, kraft derer
der Mündel eine Leistung verlangen kann, ohne (die
eigentlich vorgeschriebene einzelne) Genehmigung des
Gerichts, zu verfügen; einen Kredit für das Mündel
aufzunehmen, die Übernahme einer Bürgschaft namens des
Mündels zu erklären oder eine Inhaberschuldverschreibung
oder einen Wechsel namens des Mündels auszustellen
• Ermächtigung ist Ausnahme und soll daher nur erteilt
werden, wenn sie zum Zwecke der Vermögensverwaltung,
insbesondere des Betriebs eines Erwerbsgeschäfts,
erforderlich ist
Haftung des Vormunds § 1833 BGB
Vormund ist gegenüber dem Mündel schadensersatzpflichtig, sofern der Schaden durch eine
vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung entstandenen ist
„Befreite“ Vormundschaft
§ 1857 a BGB
• wird die Vormundschaft durch den Vater, die Mutter, den
Ehegatten oder Lebenspartner oder einen Abkömmling des
Mündels oder durch einen Verein oder eine Behörde geführt,
sind diese bei der Anlegung von Geld für das Mündel den in §§
1809, 1810 BGB genannten Beschränkungen nicht unterworfen
• weiterhin ist der oben genannte Personenkreis von der Pflicht
zur Rechnungslegung befreit
• im Falle der Befreiung von der Pflicht zur Rechnungslegung über
die Vermögensverwaltung hat der Vormund jedoch zumindest
alle zwei Jahre ein Vermögensverzeichnis einzureichen
• Gericht kann diesen Zeitraum auf „alle fünf Jahre“ erweitern
Beendigung der Vormundschaft
§§ 1890 - 1895 BGB
• Vor mund
hat nach Beendigung seines Amtes das
verwaltete Vermögen an den ehemaligen Mündel oder
dessen Erben herauszugeben und dem ehemaligen Mündel
oder den Erben gegenüber Rechnung zu legen
• alternativ
kann Vormund gegenüber dem Gericht ab-
schließend Rechnung legen
• Gericht
hat Schlussrechnungslegung sachlich und rech-
nerisch zu prüfen und die Abnahme unter Verhandlung mit
den Beteiligten zu vermitteln
• ein
Anerkenntnis der Richtigkeit der Schlussrechnungs-
legung ist vom Gericht zu beurkunden