Vortrag - SFBB Berlin
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Vortrag - SFBB Berlin
Neuerungen im Vormundschaftsrecht 1 Ziele der Änderungen im Vormundschaftsrecht • Abkehr von der „Schreibtischvormundschaft“ • persönliche Komponente der Amtsführung ausbauen • Verankerung der Verpflichtung zu regelmäßigem persönlichen Kontakt zwischen Minderjährigen und Vormund • Pflicht des Familiengerichts zur Kontrolle des regelmäßigen persönlichen Kontakts • Begrenzung der Fallzahlen für Jugendamtsmitarbeiter die Vormundschaften und Pflegschaften führen • mehr Mitbestimmung des Minderjährigen bei der Auswahl des Vormunds im Rahmen der Amtsvormundschaft neue gesetzliche Regelungen zur Umsetzung der Ziele • § 1793 Abs. 1 a BGB: Der Vor mund hat mit dem Mündel persönlichen Kontakt zu halten. Er soll den Mündel in der Regel einmal im Monat in dessen üblicher Umgebung aufsuchen, es sei denn, im Einzelfall sind kürzere oder längere Besuchsabstände oder ein anderer Or t geboten. • ab 06.07.2011 in Kraft Aufgaben des Vormunds § 1793 BGB • hat das Recht und die Pflicht für die Person und das Vermögen des Minderjährigen zu sorgen und ihn insoweit zu vertreten • dabei hat der Vormund die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Minder jährigen nach selbstständigem, verantwortungsbewusstem Handeln zu berücksichtigen • Angelegenheiten sind - je nach Entwicklungsstand des Minderjährigen - mit ihm zu besprechen • nach Möglichkeit ist Einvernehmen mit ihm zu erzielen • ist der Minderjährige für längere Zeit in den Haushalt des Vormunds aufgenommen, besteht die Pflicht zu Beistand und Rücksicht • Vormund hat gegenüber dem Minderjährigen die gleiche Sorgfalt wie bei der Regelung eigener Angelegenheiten an den Tag zu legen • ab 06.07.2011 § Abs. 1a • Satz 1 - schreibt persönlichen Kontakt vor • Satz 2 - konkretisiert diesen in dem er eine Regel (einmal im Monat Aufsuchen in der üblichen Umgebung) vorgibt aber auch Ausnahmen (wenn nicht längere oder kürzere Besuchsabstände oder ein anderer Ort geboten sind) zuläßt • der Kontakt soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die Grundlage für den Vormund zur Beachtung von Wohl und Willen des Minderjährigen bilden • weiterhin soll dadurch ein höheres Maß der Beteiligung des Minderjährigen erreicht werden • Vormund soll in stärkerem Maße Ansichten, Bedürfnisse oder auch Nöte des Kindes in Erfahrung bringen und berücksichtigen • Schaffung eines Vertrauensverhältnisses zwischen Kind und Vormund • regelmäßige Kontakte - nicht nur in Krisensituationen - sollen Grundlage für die Beurteilung der Kontaktdichte bilden (BT-Drucks. 17/3617 S. 7) • folgende Kriterien sind bei Einzelfallprüfung der Ausübung des sich ergebenden Spielraums bei Art und Umfang des Kontakts zu beachten ➡persönlicher Kontakt soll kein Selbstzweck sein sondern der Wahrnehmung der Vormundschaft dienen (BT-Drucks. 17/3617 S. 8) ➡Art des Verfahrens und Umfang der Vertretungsmacht ➡gilt z.B. über § 1915 BGB auch für Pflegschaften ➡wurde jedoch wegen eines rechtlichen Vertretungsausschlusses d. Eltern oder des Vormundes eine Pflegschaft notwendig (z.B. im Falle der Erbausschlagung oder der Vaterschaftsanfechtung) dürfte eine monatliche persönliche Kontaktaufnahme entbehrlich sein, da das Gebot der Förderung und Erziehung hier nicht im Vordergrund steht ➡anders sicher bei Ergänzungspflegschaften zur Regelung des Umgangs oder bestimmter Teile der elterlichen Sorge (Aufenthaltsbestimmung, Unterbringung) ➡Zeitpunkt innerhalb des Verfahrens (Übernahme der Vormundschaft, konstante oder sich verändernde Situation des Kindes, mit dem Alter verbundene Aspekte wie z.B. Pubertät, Schul- oder Berufsausbildung • Was bedeutet übliche Umgebung? ➡üblicher Lebensmittelpunkt ➡kann nur für Fälle gelten, in denen das Kind nicht den Lebensmittelpunkt beim Vormund hat ➡kann z.B. Pflegefamilie sein oder Heim oder Langzeittherapieeinrichtung oder Ausbildungsstelle • Kontakte in der üblichen Umgebung wären dann nicht angezeigt, wenn der Minderjährige in Anwesenheit der unmittelbaren Pflegeperson nicht reden kann oder reden will (BT-Drucks. 17/3617 S. 7) • Kontakte im Rahmen gemeinsamer Aktivitäten außerhalb der üblichen Umgebung können ein Vertrauensverhältnis ebenfalls entstehen lassen oder vertiefen (BT-Drucks. 17/3617 S. 7) • vorgeschrieben ist ausdrücklich ein persönlicher Kontakt • schriftlicher, fernmündlicher Kontakt oder Kontakt via Internet (Skype, Facebook etc.) kann daher allenfalls eine Ergänzung von Besuchen darstellen und dürfte vor allem in den Fällen in denen ein häufiger persönlicher Kontakt entbehrlich ist, in Betracht kommen • § 1800 Satz 2 BGB: Der Vor mund hat die Pfle ge und Erziehung des Mündels persönlich zu fördern und zu gewährleisten. • ab 06.07.2011 in Kraft Personensorge §§ 1800, 1631 - 1633 BGB • Vormund hat grundsätzlich auch die Personensorge • die Pflicht und das Recht das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen • neu: § 1800 S. 2: Vormund hat die Pflege und Erziehung des Minderjährigen persönlich zu fördern und zu gewährleisten • gleiche Rechte und Pflichten wie Eltern • kann Vormund selbstständig ausüben, jedoch unter Kontrolle des Familiengerichts, ggf. eines Gegenvormundes, sowie des Jugendamtes (§ 53 Abs. 3 SGB VIII) • bei Fragen der Ausbildung und des Berufes ist auf die Eignung und Neigung des Minderjährigen Rücksicht zu nehmen • hat das Recht die Herausgabe des Minderjährigen zu verlangen • hat das Recht den Umgang des Mündels mit seinen Eltern oder sonstigen Verwandten zu regeln • bei entsprechenden Streitigkeiten entscheidet das Familiengericht • § 1837 Abs. 2 S. 2 BGB: „Es hat insbesondere die Einhaltung der erforderlichen persönlichen Kontakte des Vor munds zu dem Mündel zu beaufsichtigen.“ • ab 05.07.2012 in Kraft • § 1840 Abs. 1 S. 2 BGB: Der Bericht hat auch Angaben zu den persönlichen Kontakten des Vormunds zu dem Mündel zu enthalten. • ab 06.07.2011 in Kraft Beratung und Aufsicht durch das Familiengericht § 1837 BGB • Gericht berät Vormund und führt ihn in sein Amt ein • Gericht hat über die Tätigkeit des Vormunds Aufsicht zu führen • gerichtliche Aufsicht hat den Grundsatz der selbstständigen Amtsführung des Vormunds zu berücksichtigen • Eingriffe sind auf das für das Mündelwohl notwendige Maß zu beschränken • es gibt kein „Weisungsrecht“ des Gerichts gegenüber dem Vormund insbesondere nicht zu Beginn der Amtsführung • neu ab 05.07.2012 Satz 2 in § 1837 Abs. 2: Gericht hat die Einhaltung der erforderlichen persönlichen Kontakte des Vormunds zu dem Mündel zu beaufsichtigen • damit soll dem Gericht verdeutlicht werden, dass sich seine Aufsichtspflicht auch auf die persönlichen Kontakte des Vormunds zum Mündel bezieht (BTDrucks. 17/3617 S. 8) • „zu beaufsichtigen“ heißt also nicht, dass das Gericht bei den Besuchen zugegen sein muss • allerdings dürfte eine effiziente gerichtliche Aufsicht nur mit häufigeren gerichtlichen Anhörungsterminen zu gewährleisten sein • kommt der Vormund seiner Pflicht zum persönlichen Kontakt nicht oder nicht ausreichend nach hat das Gericht mit geeigneten Maßnahmen einzuschreiten • Mit welchen Sanktionen muss der Vormund bei Nichteinhaltung der (notwendigen) Kontakte rechnen? • stellt Pflichtverletzung dar, so dass das Gericht mit geeigneten Geboten oder Verboten einzuschreiten hat - Verschulden oder gar Kindeswohlgefährdung sind nicht Voraussetzung • Gericht kann Vormund mittels Zwangsgeld zur Befolgung gerichtlicher Anordnungen anhalten • gegen Behörde oder Verein soll kein Zwangsgeld festgesetzt werden • im Rahmen einer Amtsvormundschaft soll durch Ge- und Verbote und ggf. durch Gegenvorstellungen und Dienstaufsichtsbeschwerden der persönliche Kontakt durchgesetzt werden (BT-Drucks. 17/3617 S. 8) • ggf. ist der Vormund zu entlassen • mit dem zeitlich versetzten Inkrafttreten der Pflicht zum persönlichen Kontakt (7/11) und der Möglichkeit von Sanktionen bei Verstoß gegen diese Pflicht (7/12) wollte der Gesetzgeber den Jugendämtern Zeit geben, sich auf die neuen Anforderungen einzustellen (BT-Drucks. 17/3617 S. 9) • die Einhaltung der persönlichen Kontaktpflicht sollte - wegen der ohnehin fehlenden Sanktionsmöglichkeit für die Zeit davor - auch von den Gerichten erst für die Zeit nach dem 05.07.2012 geprüft werden • Beispiel: Jahresbericht wird im September 2012 fällig, dann sind allenfalls die Kontakte zwischen Juli 2012 und September 2012 zu prüfen, der Zeitraum September 2011 bis Juni 2012 ist nicht notwendigerweise zu prüfen Pflichten des Vormunds §§ 1839 - 1843 BGB • Vormund hat dem Gericht auf Verlangen jederzeit über die Führung der Vormundschaft und über die persönlichen Verhältnisse des Mündels Auskunft zu erteilen • Vormund hat einmal jährlich Bericht zu erstatten • neu Satz 2 in § 1840 Abs. 1: Bericht hat auch Angaben zu den persönlichen Kontakten des Vormunds zu dem Mündel zu enthalten (Ausfluss des neuen Abs. 1a des § 1793 BGB) • der Gesetzgeber hält Vorgaben zum Berichtsinhalt für nicht erforderlich (BT-Drucks. 17/3617 S.8) - deswegen weg von den nichtssagenden „Vordruck-berichten“ • Bericht sollte die äußeren Lebensumstände des Mündels, seine körperliche und geistige Entwicklung (Zeugnis), die Beziehung zu nahe stehenden Personen, zur Herkunftsfamilie sowie die persönlichen Kontakte zwischen Mündel und Vormund beinhalten • Kooperation zwischen Rechtspfleger und Vormund angezeigt • z.B. in Form eines mündlichen Berichts gegenüber dem Rechtspfleger bei einem Besuch des Vormunds beim Mündel • Vor mund hat über die Ver mögensverwaltung jährlich für den vom Gericht bestimmten Zeitraum Rechnung zu legen • Gericht kann bei geringer Vermögensverwaltung längeren Rechnungslegungszeitraum - maximal für drei Jahre - festlegen • Rechnungslegung muss eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben sein, Abund Zugänge darstellen und mit Belegen versehen sein • Gericht hat Rechnungslegung rechnerisch und sachlich zu prüfen und ggf. auf Korrektur hinwirken • § 55 SGB VIII Abs. 2, S. 2, 3, 4 und Abs. 3: Vor der Über tragung der Aufgaben des Amtspfle ger s oder des Amtsvormunds soll das Jugendamt das Kind oder den Jugendlichen zur Auswahl des Beamten oder Angestellten mündlich anhören, soweit dies nach Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder Jugendlichen möglich ist. Eine ausnahmsweise vor der Übertragung unterbliebene Anhörung ist unverzüglich nachzuholen. Ein vollzeitbeschäftigter Beamter oder Angestellter, der nur mit der Führung von Vormundschaften oder Pflegschaften betraut ist, soll höchstens 50 und bei gleichzeitiger Wahrnehmung anderer Aufgaben entsprechend weniger Vormundschaften oder Pflegschaften führen. Die Übertragung gehört zu den Angelegenheiten der laufenden Verwaltung. In dem durch die Übertragung umschriebenen Rahmen ist der Beamte oder Angestellte gesetzlicher Vertreter des Kindes oder Jugendlichen. Er hat den persönlichen Kontakt zu diesem zu halten sowie dessen Pflege und Erziehung nach Maßgabe des § 1793 Abs. 1a und § 1800 des BGB persönlich zu fördern und zu gewährleisten. • ab 05.07.2012 in Kraft • Pflicht zur Anhörung des Mündels soll seinen Einfluss auf das Verfahren stärken • soll Beginn einer persönlich geführten, vertrauensvollen Vormundschaft sein • durch die Begrenzung der Fallzahlen auf 50 soll Kind vom Objekt zum Subjekt des Verfahrens werden • Begrenzung stellt Obergrenze dar, die im Hinblick auf die neu geregelte Kontaktverpflichtung eher unterschritten werden sollte • Abs. 3 stellt klar, dass es auch bei Übertragung auf das JA als Behörde nicht ausreicht, wenn die sich aus den neuen Regelungen ergebende Pflicht zum persönlichen Kontakt mit dem Mündel, anderen - z.B. den sozialen Diensten oder den Pflegeeltern - überlassen wird (BT-Drucks. 17/3617 S. 7) • als Konsequenz ergibt sich daraus für Vormund und Gericht ein größeres persönliches Haftungsrisiko Auswahl & Verpflichtung des Vormunds §§ 1773 - 1791 BGB • grundsätzlich nur eine geschäftsfähige, volljährige, nicht unter Betreuung stehende Person zum Vormund zu bestellen (auch bei Geschwistern) • Ausnahme Ehepaar (z.B. Großeltern oder Tante & Onkel) oder wenn besondere Gründe für die Bestellung mehrerer Personen vorliegen (z.B. wegen unterschiedlicher Eignung unterschiedliche Aufgabenkreise) • sorgeberechtigte Eltern können im Rahmen einer letztwilligen Verfügung Vormund benennen - bei unterschiedlicher Benennung gilt der Wille des zuletzt Verstorbenen • Benennung darf nur bei der Erfüllung besonderer Voraussetzungen (§ 1778 BGB) vom Familiengericht übergangen werden • erfolgte keine Benennung, wählt das Familiengericht den Vormund aus • vor der Auswahl (BayObLG, Rpfleger 87, 109), in jedem Fall vor der Bestellung des Vormunds ist das Mündel persönlich anzuhören, wenn es das 14. Lebensjahr vollendet hat und das Verfahren nicht ausschließlich sein Vermögen betrifft (§ 159 Abs. 1 FamFG) • ist das Mündel noch nicht 14 ist es anzuhören, wenn Neigungen, Bindungen oder der Wille des Kindes von Bedeutung sind (§ 159 Abs. 2 FamFG) - dürfte bei der Vormundschaft stets der Fall sein - und das Kind nach seinem Alter in der Lage ist derartige Empfindungen zu bilden und erkennbar zu machen (BayObLG, NJW-RR 86, 84) • besonders wichtig ➡wenn Verein bestellt wird, da dann nicht feststeht, welchem Vereinsvormund das Verfahren übertragen wird ➡wenn ausnahmsweise (§ 1836 I 2 BGB) berufsmäßiger Vormund bestellt wird, da das Mündel für dessen Vergütung haftet • von einer Anhörung des Kindes darf nur aus schwerwiegenden Gründen abgesehen werden (§ 159 Abs. 3, S. 1 FamFG) • weiterhin ist das Jugendamt anzuhören (§ 162 FamFG) und auf seinen Antrag hin am Verfahren zu beteiligen • ggf. sind die Eltern (§ 160 FamFG) anzuhören und Pflegepersonen zu beteiligen (§ 161 FamFG) • vor der Auswahl und Bestellung des Vormunds sind der mutmaßliche Wille der Eltern, die persönlichen Bindungen des Kindes, Verwandtschaft zum Kind und die religiöse Bindung des Kindes zu berücksichtigen • Bestellung eines Verfahrensbeistandes (§ 158 FamFG) ist zu prüfen • Vormund wird vom Gericht in einem persönlichen Termin verpflichtet und in sein Amt eingeführt • Verpflichtung ist ein öffentlich-rechtlicher Hoheitsakt des Familiengerichts, der das Entstehen der mit dem Vormundsamt verbundenen Rechte und Pflichten bewirkt (MK/Wagenitz, Rn. 2) • erhält zur Legitimation eine Urkunde • Grundsatz des Vorrangs der Einzelvormundschaft (besser: Vormundschaft durch natürliche Person) ist in der gerichtlichen Praxis zu beachten • der Gesetzgeber hat als eine Ursache dafür, dass dieses Subsidiaritätsprinzip in der Praxis ins Gegenteil verkehrt worden ist, darin erkannt, dass: „Jugendämter gelegentlich zurückhaltend sind, Einzel-personen vorzuschlagen“ (BT-Drucks. 11/5948 S. 91) • insbesondere im Bereich der sog. Dauerpflege - wenn Kinder seit längerer Zeit in einer Pflegefamilie leben und deren Rückkehr in die Herkunftsfamilie meist Verbleibensanordnungen nach § 1632 IV BGB entgegenstehen, sollte häufiger eine Ablösung des Amtsvormunds durch einen Einzelvormund (z.B. die Pflegeeltern) erfolgen (BTDrucks. 11/5948 S. 91) • die mögliche Ablösung wäre auch vom Gericht zu prüfen • sollten dem Gründe entgegenstehen, so wären die vom Amtsvormund gegenüber dem Gericht darzulegen Vereins- oder Amtsvormundschaft §§ 1791 a - 1792 BGB • nur wenn kein geeigneter ehrenamtlicher Einzelvormund zur Verfügung steht, kann ein vom Landesjugendamt für geeignet erklärter Verein oder das Jugendamt bestellt werden • andere Reihenfolge und Voraussetzungen für die Auswahl des Vormund als bei der Betreuung • nur Vorrang des ehrenamtlichen Einzelvormundes vor Vereinsoder Amtsvormundschaft • zur Dokumentation der Beachtung dieses Subsidiaritätsgrundsatzes, sollte die Auswahl begründet werden wenn JA oder Verein bestellt wird • berufsmäßiger Einzelvormund (auch Vereinsvormund) genießt keinen Vorrang vor dem JA oder einem Verein Gegenüberstellung der Auswahlkriterien bei Betreuung und Vormundschaft BETREUER VORMUND ‣ von den Eltern bestimmte Person § 1776 BGB ‣ eine natürliche geeignete Person § 1897 I BGB ‣ vom Betreuten vorgeschlagene Person § 1897 IV BGB nicht zwingend natürliche Person, kann auch Verein sein § 1791 a I BGB, JA ausgeschlossen § 1791 b I 2 BGB ‣ wenn keine oder zu übergehende Bestimmung durch die Eltern - ist vom FamG eine geeignete Person auszuwählen § 1779 II 1 BGB nicht zwingend natürliche Person wenn mehrere geeignete Personen vorhanden ‣ wenn kein Vorschlag - sind zunächst geeignete ‣ sind - sind zunächst der mutmaßliche Wille der Verwandte, Bekannte, Vertraute zu bestellen § 1897 V BGB ‣ wenn kein geeigneter Verwandter etc. - geeigneter Ehrenamtler § 1897 VI BGB kann selbstverständlich auch Mitarbeiter einer Behörde („Behördenbetreuer“) sein § 1897 II BGB sein ‣ wenn kein geeigneter Ehrenamtler - Berufsbe- treuer oder Mitarbeiter eines Vereins (Vereinsbetreuer, 1897 II BGB), der § 1897 VI 1 BGB ‣ wenn kein geeigneter Berufsbetreuer oder Vereinsbetreuer - Verein § 1900 I BGB ‣ wenn kein Verein - Behörde § 1900 I BGB Eltern zu ermitteln und Verwandten, Bekannten, Vertrauten der Vorzug zu geben § 1779 II 2 BGB ‣ wenn kein geeigneter Verwandter etc. - ge- eigneter Ehrenamtler §§ 1791 a I 2; 1791 b I 1 BGB ‣ wenn kein geeigneter Ehrenamtler - Verein oder Jugendamt §§ 1791 a I 1, 1791 b I BGB aus § 56 IV SGB VIII läßt sich kein Rangverhältnis zwischen Verein und Jugendamt ableiten (OLG Celle, JAmt 2011, 352-354) • zu überlegen, ob es zulässig ist, nicht das Jugendamt oder einen Verein zu bestellen, sondern eine Person als Mitarbeiter des Jugendamtes oder Vereins, quasi analog dem „Behördenbetreuer“ und „Vereinsbetreuer“ • dagegen spricht: ➡ anders als Behörden- und Vereinsbetreuer werden Behörden- oder Vereins- vormünder nicht im Gesetz erwähnt - analoge Anwendung wäre zu prüfen, wenn Regelungslücke vorliegt ➡ wenn nicht auch §§ 7, 8 VBVG analog angewandt werden, könnten Behörden- und Vereinsvormund regelmäßig eine Vergütung vom Mündel verlangen, da sie in der Regel wohl mehr als 10 Vormundschaften, Pflegschaften oder Betreuungen führen und somit Anspruch auf Feststellung der berufsmäßigen Führung haben • dafür spricht: ➡ dem Gesetzgeberischen Anliegen der Förderung der Einzelvormundschaft wäre Rechnung getragen ohne das ein jugendamtsinterne Auswahl und Anhörung nach § 55 SGB VIII erfolgen müßte ➡ im Falle von Pflichtverletzungen würde der Behördenvormund entlassen nicht das Jugendamt insgesamt ➡ der Wille zur persönlichen Vormundschaft könnte auch bei der Bestellung eines Vereinsvormunds besser gewahrt werden ➡ Vereine könnten für ihre Mitarbeiter eine Vergütung beanspruchen und so eher Mitarbeiter für Vormundschaften „zur Verfügung stellen“ Ausschluss der Vertretungsmacht §§ 1794, 1795, 1796 BGB • soweit ein Pfleger bestellt wurde, kann der Vormund das Mündel nicht vertreten • bei Rechtsgeschäften zwischen dem Mündel und dem Ehegatten oder Lebenspartner des Vormunds oder dessen Verwandten in gerader Linie Ausnahme: bloße Erfüllung einer Verbindlichkeit • bei der Übertragung oder Belastung einer durch Pfandrecht, Hypothek oder Bürgschaft gesicherten Forderung des Mündels gegen den Vormund oder bei einem Geschäft, dass die Aufhebung oder Minderung dieser Sicherheit zum Gegenstand hat oder die Pflicht hierzu begründet • bei einem Rechtsstreit, der vorgenannte Angelegenheiten betrifft • das Familiengericht kann die Vertretungsmacht für bestimmte Angelegenheiten auch entziehen, wenn eine Interessenkollision besteht Vermögensverzeichnis § 1802 BGB • Vormund hat das Vermögen des Mündels zu Beginn des Verfahrens zu verzeichnen und das Verzeichnis beim Gericht einzureichen • die Richtigkeit und Vollständigkeit des Verzeichnisses ist zu versichern • Hilfestellung durch geeignete Person (Notar oder auch Gericht) möglich • ist das Verzeichnis ungenügend, kann das Gericht die Aufnahme durch z.B. eine Behörde oder einen Notar anordnen Vermögenssorge §§ 1804 - 1816 BGB • Vormund unterliegt striktem Schenkungsverbot - Ausnahmen: Schenkungen, die einer sittlichen Pflicht entsprechen • Vormund darf Vermögen des Mündels nicht für sich verwenden • Geld des Mündels ist verzinslich anzulegen, sofern es nicht zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten bereit zu halten ist • Geld darf nur in den in § 1807 BGB genannten Anlageformen angelegt werden • wenn Geld auf einem Sparbuch angelegt wird, ist an dem Buch ein „Sperrvermerk“ im Sinne von § 1809 BGB anzubringen • Anlage von Geld des Mündels grundsätzlich nur mit Genehmigung des Gerichts • Gericht kann ausnahmsweise andere Art der Anlegung von Geldern gestatten, wenn dies einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung nicht zuwiderläuft Befreiung § 1817 BGB • Gericht kann Vormund auf dessen Antrag hin, von den Verpflichtungen bzgl. der Art der Geldanlage, der versperrten Anlegung, der Erforderlichkeit zur Einholung von Genehmigungen etc. entbinden wenn ➡ der Umfang der Vermögensverwaltung dies rechtfertigt - liegt im Regelfall vor, wenn der Wert des Vermögens ohne Grundbesitz 6.000 Euro nicht übersteigt ➡ und eine Gefährdung der Vermögens nicht zu besorgen ist Allgemeine Ermächtigung § 1825 BGB • Gericht kann dem Vormund eine allgemeine Ermächtigung erteilen, über Forderungen oder andere Rechte, kraft derer der Mündel eine Leistung verlangen kann, ohne (die eigentlich vorgeschriebene einzelne) Genehmigung des Gerichts, zu verfügen; einen Kredit für das Mündel aufzunehmen, die Übernahme einer Bürgschaft namens des Mündels zu erklären oder eine Inhaberschuldverschreibung oder einen Wechsel namens des Mündels auszustellen • Ermächtigung ist Ausnahme und soll daher nur erteilt werden, wenn sie zum Zwecke der Vermögensverwaltung, insbesondere des Betriebs eines Erwerbsgeschäfts, erforderlich ist Haftung des Vormunds § 1833 BGB Vormund ist gegenüber dem Mündel schadensersatzpflichtig, sofern der Schaden durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung entstandenen ist „Befreite“ Vormundschaft § 1857 a BGB • wird die Vormundschaft durch den Vater, die Mutter, den Ehegatten oder Lebenspartner oder einen Abkömmling des Mündels oder durch einen Verein oder eine Behörde geführt, sind diese bei der Anlegung von Geld für das Mündel den in §§ 1809, 1810 BGB genannten Beschränkungen nicht unterworfen • weiterhin ist der oben genannte Personenkreis von der Pflicht zur Rechnungslegung befreit • im Falle der Befreiung von der Pflicht zur Rechnungslegung über die Vermögensverwaltung hat der Vormund jedoch zumindest alle zwei Jahre ein Vermögensverzeichnis einzureichen • Gericht kann diesen Zeitraum auf „alle fünf Jahre“ erweitern Beendigung der Vormundschaft §§ 1890 - 1895 BGB • Vor mund hat nach Beendigung seines Amtes das verwaltete Vermögen an den ehemaligen Mündel oder dessen Erben herauszugeben und dem ehemaligen Mündel oder den Erben gegenüber Rechnung zu legen • alternativ kann Vormund gegenüber dem Gericht ab- schließend Rechnung legen • Gericht hat Schlussrechnungslegung sachlich und rech- nerisch zu prüfen und die Abnahme unter Verhandlung mit den Beteiligten zu vermitteln • ein Anerkenntnis der Richtigkeit der Schlussrechnungs- legung ist vom Gericht zu beurkunden