Meine Zeit mit dem Guillain

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Meine Zeit mit dem Guillain
Bundesverband der GBS Initiative e.V. Deutschland Belgien Liechtenstein Luxemburg Österreich Polen Schweiz
Meine Zeit mit dem Guillain – Barré Syndrom
Erfahrungsbericht von
Heinz Schröder
Eichendorffstr.1
26180 Rastede
Dieser Bericht soll all denen Mut machen, die am Guillain – Barré Syndrom erkrankt
sind und die Genesung wesentlich länger dauert als im Durchschnitt.
Wenige Tage nach einem leichten bronchialen Infekt bekam ich Gelenkschmerzen, hinzu ein
zunehmend aufsteigendes Kribbeln und ein Taubheitsgefühl in den Händen und Beinen. Am
21.12.2001 konnte ich meine Arbeit als Kassierer unserer Sparkasse nicht mehr ausüben, und ich
begab mich in ärztliche Behandlung. Mein Hausarzt ging von einer leichten Grippe aus und
verschrieb mir ein Rheumamittel gegen meine Schmerzen.
Einen Tag später, am 22.12.2001, wurden meine Beschwerden noch schlimmer. Wir riefen die
Urlaubsvertretung von meinem Hausarzt, der wiederum nur eine leichte Grippe diagnostizierte. Die
Nacht darauf war so schlimm, dass ich meine Hände und Beine nicht mehr bewegen konnte. Der am
23.12.2001 gerufene Notarzt erkannte gleich, dass es sich bei mir um eine neurologische Erkrankung
handeln musste.
Vom Notarzt wurde ich am gleichen Tag in die Neurologische Klinik von Direktor Prof. Dr. med. U.
A. Besinger der Ammerland-Klinik in Westerstede eingewiesen. Hier wurde sogleich mit den
Untersuchungen (EKG, Rö.-Thorax, Lumbalpunktion) begonnen. Am Nachmittag verkündete mir der
Oberarzt, dass ich am Guillain-Barré Syndrom (GBS) erkrankt sei und dass dies eine sehr ernste und
langwierige Krankheit ist. Meine Frage, ob ich daran sterben könne, wurde mit JA beantwortet.
Diese Antwort musste ich erst einmal verdauen. Es begann für mich und meine Familie eine schwere
Zeit. Ich bekam zwei Zyklen mit Immunglobulin zu je (5x30 g i.v.). Es folgten in Abständen weitere
Untersuchungen (EMG/NLG). Mit dem Hinweis, dass ich eine schwere axonale Schädigung hätte und
damit rechnen müsse, für längere Zeit ein Pflegefall zu sein, wurde ich am 15. Februar 2002 in die
stationäre Frührehabilitation der Hedon-Klinik in Lingen überwiesen.
Als Rehabilitationsziele wurden festgelegt: Funktionsanbahnung und Kräftigung der betroffenen
paretischen Muskulatur, Verbesserung der Rumpfstabilität, Gleichgewichts- und Koordinationsverbesserung, allgemeine Kräftigung. Selbständigkeit mit dem Rollstuhl, eventuell Wiedererlangung
einer begrenzten Gehfähigkeit mit Hilfsmitteln. Schrittweise Erhöhung der aktiven Mithilfe im ADLBereich, Wiedererlangung der Stuhl- und Harnkontinenz. Verbesserung der Selbständigkeit sowie
Verminderung der Hilfsbedürftigkeit im Hinblick auf eine bestmögliche häusliche und soziale
Reintegration. Behandlung: KG, Physiotherapie, Ergotherapie.
Am 10. Juli 2002 nahm ich an einem GBS Gesprächskreis in der Hedon-Klinik teil. Zum ersten Mal
sah ich auch bereits vom Guillain-Barré Syndrom genesene Patienten. Ich konnte erzählen, dass es
damit bei mir begann, dass ich die Geldscheine nicht mehr richtig „anfassen“ konnte. Der Bericht ist
auf den WEB Seiten der GBS Initiative e.V. unter
http://www.gbsinfo.de/pdf/g_kreise/10_Juli_2002.pdf
zu finden.
GBS Initiative e.V. Carl-Diem-Straße 108 D – 41065 Mönchengladbach Tel. 02161-480499 Fax 02161-480205 http://www.gbsinfo.de
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Meine Entlassung aus der Hedon-Klinik erfolgte am 6. November 2002, also nach fast 11 Monaten
Rehabilitation. Die nächste neurologische Untersuchung sollte im Mai 2003 erfolgen.
Im Januar 2003 nahm ich am GBS Gesprächskreis im Reha-Zentrum in Oldenburg teil. Hier saß ich
zwar immer noch im Rollstuhl, konnte aber schon eine Tasse zum Mund führen. Der Bericht ist in
GBS Aktuell 1/2003 „Hibiskusblüte“ zu finden.
Im Mai 2003 war ich in der Lage, 600 Meter mit dem Rollator zu gehen, knickte weiterhin in den
Kniegelenken ein, konnte leidlich Gabel und Löffel mit den Händen fassen. An Schreiben war nicht
zu denken. Ich erhielt Zeitrente.
Im Januar 2004 nahm ich am GBS Gesprächskreis in Brake und im Februar in der Hedon-Klinik in
Lingen teil. Hier benötigte ich zum Gehen nur noch einen Stock. Die Berichte sind in GBS Aktuell
1/2004 „Winter Krokusse“ zu finden.
Zu diesem Zeitpunkt wurden mir vom Neurologen nur noch 2 x Ergotherapie und 2 x KG
verschrieben. Mein neuer Hausarzt, dessen Vater an GBS verstarb, verschrieb mir zusätzlich 2x Ergo
und 2x KG. Dieses führte am 14. Juni 2004 zum Zerwürfnis mit dem Neurologen, der seine
Behandlung umgehend einstellte.
Ich habe weiterhin kräftig trainiert. Erst die Ausdauer mit dem Rollator, dann Gehen mit dem Stock,
Nordic Walking (wenn auch langsam).
Wenn auch alle Ärzte und Neurologen mir bei meiner Entlassung sagten, dass ich auf Grund meiner
starken axonalen Schädigung immer ein Pflegefall bleiben würde, so kann ich heute sagen, die Ärzte
haben „ Gott sei Dank“ nicht immer Recht.
Dieses wird sicherlich vielen Mut machen!
Im September 2005 haben meine Frau und ich uns einen lang ersehnten Wunsch erfüllt. Wir sind in elf
Tagen die ca. 240 km mit dem Fahrrad um den Bodensee gefahren. Zwar bin ich am 3. Tag durch eine
Unachtsamkeit gestürzt, dabei habe ich mir eine Rippe angebrochen und mein Knie geprellt. Wir
mussten dann aber noch 17 km zu unserem Tagesziel radeln. Mit dem Fahrrad kann ich mich sehr gut
fortbewegen. Beim Laufen brauche ich nach wie vor noch den Handstock. Aber ich bin stolz, dass ich
es so weit geschafft habe.
Zum Schluss möchte ich sagen, alle diese Erfolge habe ich nicht nur durch meinen eisernen Willen
erlangt, sondern ich habe sie hauptsächlich meiner Frau und meinen beiden Söhnen sowie echten
Freunden zu verdanken.
Ich wünsche allen derzeit GBS Betroffenen eine „Gute Zeit“ und eine baldige Genesung.
Heinz Schröder
im Dezember 2005
Auf den folgenden Seiten ist eine Bildergalerie über meinen Verlauf zu sehen
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Juli 2002: GBS Gesprächskreis Weser-Ems in der Hedon-Klinik: v. l. n. r. Heinz Schröder, Christian
Fooken (Repräsentant der GBS Initiative e.V. Weser-Ems), Wolfgang J. aus Westoverledingen und
Heike Machnik. Heinz Schröder konnte hier weder Beine noch Arme bewegen.
Januar 2003: GBS Gesprächskreis Weser Ems im Reha-Zentrum Oldenburg im Januar 2003. Heinz
Schröder 4. von rechts im Rollstuhl. Die Armbewegungen fielen ihm noch sehr schwer.
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Januar 2004: GBS Gesprächskreis Weser-Ems in Brake. Links Heinz Schröder. Er konnte bereits mit
einem Stock gehen. Die Verschränkung der Arme zeigt, dass er diese wieder gut bewegen kann.
Februar 2004: GBS Gesprächskreis Weser-Ems in der Hedon-Klinik in Lingen. In der Mitte Heinz
Schröder. Hier während der Präsentation von Dr. med. Michael Annas.
September 2005: Auf der nachfolgenden Seite die „Tour de Bodensee“ mit dem Fahrrad.
Im Fazit: Beginn GBS im Dezember 2001 bis zur Fahrradtour im September 2005 fast 4 Jahre
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