Algen und Pilzbefall an Fassaden

Transcrição

Algen und Pilzbefall an Fassaden
Algen und Pilzbefall an Fassaden
technische und rechtliche Aspekte
Referenten:
Markus Weißert, Leiter Technik
und
Markus Eberlein, Rechtsanwalt
Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade Baden-Württemberg
Markus Weißert
1
Algen und Pilze an Fassaden
ƒ Algen- und Pilzbewuchs tritt meist an
nördlich oder westlich orientierten
Fassadenflächen, bzw. feuchten
Fassadenflächen auf.
ƒ Großflächiger Bewuchs erst in den letzten
Jahren verstärkt festzustellen.
ƒ Steht im Gegensatz zur langjährigen
Erfahrung, dass Algen- und Pilze nur lokal
auftreten.
Markus Weißert
2
Algen und Pilze
ƒ Algen wachsen vornehmlich auf hellen
Flächen
(ausreichende
Belichtung
notwendig)
ƒ Algen
benötigen
keine
organischen
Nährstoffe und können deshalb auch auf
Metall, Steinen oder Glas wachsen
ƒ Algen und Pilze zerstören den Untergrund
nicht.
ƒ Ab 800 m ü. NN sind Algen seltener, da die
Luft trockener ist.
Markus Weißert
3
Wo wachsen z. B. Algen?
Markus Weißert
4
Veröffentlichungen
Merkblätter + Hinweise für Handwerker
(Auszug):
ƒ Österreichische Arbeitsgemeinschaft Putz
1996
ƒ Stuck-Info 2/2002, 4/2003 (Mitteilungsblatt
des Fachverbandes der Stuckateure
Baden-Württemberg)
ƒ Deutscher Stuckgewerbebund 12/2003
ƒ et al.
Markus Weißert
5
ƒ www.oeap.at
Markus Weißert
6
Algen und Pilze
ƒ Algen und Pilze auf WDVS / Putzfassaden sind
kein Schadenspotenzial der Fassade
ƒ Aber: Algen und Pilze sind unästhetisch und
werden deshalb als optischer Mangel angesehen
ƒ Wenn ein Farbton ausgeschrieben ist, der nicht
grün oder schwarz ist, dann werden Algen als
Mangel angesehen.
Markus Weißert
7
Ursachen für Algen- und Pilzbefall
ƒ Bauzeitbedingte Ursachen
ƒ bauliche Gegebenheiten
ƒ Umgebungsbedingungen
Markus Weißert
8
bauliche Gegebenheiten
ƒ konstruktive Ausbildung des
Witterungsschutzes
ƒ Dachüberstand
ƒ Sockelausbildung
ƒ Regenwasserführung über Gesimse,
Brüstungen, Fensterbänke
ƒ mögliche Tauwasserbildungen an
Oberflächen etc.
Markus Weißert
9
Umgebungsbedingungen
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
die Orientierung und Lage des Gebäudes
Nähe zum Waldrand
nahe an landwirtschaftlich genutzten Flächen
in der Nähe von Flussniederungen
Gebäude in nebelreichen Staulagen
Schattenlagen
Markus Weißert
10
Was trocken bleibt, bleibt algenfrei
(M. Hladik ausbau&fassade 4/2003)
(
Markus Weißert
11
Konstruktive Ursachen
ƒ Das
verstärkte
Auftreten an wenig
beregneten
Nordfassaden,
insbesondere bei WDVS
und
hinterlüfteten
Fassaden gibt einen
Hinweis
auf
die
Wärmedämmung und
der damit verbunden
ƒ Tauwasserbildung
Markus Weißert
12
Anfällige Konstruktionen
ƒ Fassaden mit konstruktionsbedingter
Feuchteeinwirkung
ƒ WDVS-Fassaden
ƒ Vorgehängte hinterlüftete Fassaden
ƒ Fassaden in nebelreichen Staulagen
ƒ Strauch- oder Baumbewuchs in der
Nähe.
Markus Weißert
13
Algen- und Pilzvorhersage?
ƒ Eine
derartige
verallgemeinernde
Vorhersage ob Algen- und Pilzbefall
kommen
könnte,
ist
für
den
Fachunternehmer nicht möglich!
ƒ Es sei denn es sind schon Algen und
Pilze an der zu sanierenden Fassade
oder an Fassaden in der unmittelbaren
Umgebung vorhanden.
Markus Weißert
14
Vermeidung von Algen und Pilzen
Konstruktive Maßnahmen
ƒ Dachüberstand, je mehr Überstand desto
höher der Schutz der Fassade vor Regen
ƒ Gezielte Wasserableitung
ƒ Im Sockelbereich statt Gehwegplatten Kies
oder Split
Markus Weißert
15
Einsatz von Bioziden
ƒ Biozide sind chemische Wirkstoffe wie z. B.
Algizide und Fungizide.
ƒ Biozide können nur dann wirksam werden
wenn sie wasserlöslich sind und durch die
Zellwände der Microorganismen eindringen
können!!!
ƒ Wasserlösliche Biozide sind aber nur
temporär brauchbar, da sie in bestimmter
Zeit
aus
dem
Putzoder
Beschichtungsmaterial
ausgeschwemmt
werden.
Markus Weißert
16
Algenbekämpfung
ƒ Biozide können den Befall nicht
behindern, sondern nur verzögern.
ƒ Was Chlorophyl (Photosynthese)
hat (Algen) kann mit Herbiziden
bekämpft werden.
ƒ Durch Biozide kann die Bioaktivität
unterdrückt werden.
Markus Weißert
17
Pilzebekämpfung
ƒ Fungizide wirken nur eingeschränkt , da
Wirkungsspektrum nur auf bestimmte
Pilzarten wirkt.
ƒ Ca. 90% - 95% der Pilzarten an Fassaden
können durch Fungizide sicher beseitigt bzw.
verhindert werden, wie z. B. Cladosporium,
Alternaria.
ƒ Folge: Einige Fungzide wirken als
Katalysator, d. h. als Beschleuniger für den
Befall von anderen Pilzen.
Markus Weißert
18
Pilze
ƒ Pilzfreiheit ist grundsätzlich
schwieriger zu gewährleisten als
Algenfreiheit, da Pilze eine
Vielzahl von
Mutationsmöglichkeiten haben
und sich „intelligent“ verändern
können.
Markus Weißert
19
möglicher Lösungsansatz!?
ƒ Alternativen Anbieten:
ƒ Z. B. Variante 1: WDVS ohne Biozide
(Standard)
ƒ Variante 2: WDVS mit Biozid
ƒ Bauherr muss über Biozideinsatz
informiert werden.
Nicht jeder will das!!!
ƒ Mehr Schutz kostet mehr!!!
Markus Weißert
20
Sanierung von befallenen Fassaden
ƒ Feststellung der „Verunreinigung“ z. B.
durch Labor des Industriepartners.
ƒ Algen und Pilze sind im allgemeinen
nur optische Mängel.
ƒ Algen können aber die Grundlage für
Pilze
sein.
Instandsetzungsmaßnahmen sind zu empfehlen.
Markus Weißert
21
Sanierung von befallener Fassaden
ƒ Behebung Baulicher Mängel !!!
ƒ Reinigung der Fassade mit Hochdruck-reiniger
(mechanisches Entfernen)
ƒ Die noch feuchte Fassade mit Biozid einstreichen
und ca. zwei Tage stehen lassen – Abtöten der
Algen
und
Pilze
(herstellerindividuelle
Unterschiede)
ƒ Fassade muss vor Regen innerhalb zwei Tagen
geschützt
werden,
da
sonst
Biozid
ausgewaschen
wird
(Grundwasserverunreinigung).
Markus Weißert
22
Sanierung von befallener Fassaden
ƒ Putzauftrag oder Farbanstrich,
biozid ausgestattet (Schutz vor
Regenguss, damit kein Auswaschen des Biozids).
ƒ Wirkungsdauer im Allgemeinen ca.
3 Jahre, je nach Exposition,
biozider Ausrüstung und Grad der
Auswaschung.
Markus Weißert
23
Neubau, WDVS an Fassaden,
Vorbeugung (Variante 2)
ƒ Biozid ausgerüsteter Putz
ƒ BaumitBayosan
Silikatputz, Silikonputz, Granoporputz
oder
ƒ auf den Oberputz zweimaliger biozid
ausgerüsteter Anstrich!
ƒ BaumitBayosan
Silikonfarbe,
Granoporfarbe
Dispersions-Silikatfarbe
Markus Weißert
24
Gemeinsame Lösungen
ƒ Seit ca. 3 Jahren ist die Problematik akuter.
ƒ Hinweise für Handwerker wurden von verschiedenen
Fachverbänden schon gegeben.
ƒ Von Industriepartnern und Fachunternehmern werden
„Algen- und Pilzfreiheitsgarantien“ zugesichert, um den
Auftrag zu erhalten.
ƒ Den Imageschaden bei Misslingen haben die
Fachunternehmen.
Markus Weißert
25
Forderung an die Industrie
ƒ Deklarierung der Biozidwirkstoffe und
Mitteilung welche Algen und Pilze damit
sicher verhindert werden können.
ƒ Fachunternehmer kann dann die Vermeidung
bestimmter Pilzarten über einen gewissen
Zeitraum zusichern.
ƒ Eine ganz allgemeine Zusicherung der Algenund Pilzfreiheit ist derzeit nicht 100%ig
möglich.
Markus Weißert
26
Hilfestellung für das Handwerk
ƒ Deutscher Stuckgewerbebund hat ein
Merkblatt „Umwelt und Natur – Algen und
Pilze“ herausgegeben.
ƒ Deutscher Stuckgewerbebund und
Malerverband werden im ersten Halbjahr
2004
ƒ eine kurze Kundeninformationsschrift +
ƒ eine Betriebsinformationsschrift herausgeben.
ƒ Ein gemeinsames Merkblatt mit den
Industriebverbänden ist noch in der
Diskussion
Markus Weißert
27
Algen und Pilze auf Fassaden
Eine Bewertung aus rechtlicher Sicht
Markus Eberlein
Rechtsanwalt
Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade
Wer ist „schuld“ am
Algenbefall ?
Der Bauherr ?
Der Planer bzw. Architekt ?
Der Stuckateur ?
Vielleicht niemand ???
Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade
Markus Eberlein 2
1.) Der Stuckateur ist nicht „schuld“
2.) Falsche Fragestellung, da Werkvertrag
3.) Werkvertrag ist erfolgsorientiert
4.) Stuckateur schuldet einwandfreie
Herstellung und dauerhaft mangelfreie
Werkleistung
Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade
Markus Eberlein 3
Wann ist eine Werkleistung
mangelfrei ?
Geregelt in § 633 BGB
Beschaffenheitsvereinbarung
Vertraglich vorausgesetzte
Verwendungseignung
Gewöhnliche Verwendungseignung
Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade
Markus Eberlein 4
1.) Stuckateur schuldet einwandfreie
Herstellung und dauerhaft mangelfreie
Werkleistung.
2.) Mangelfrei ist Fassade, wenn sie der
vertraglich vorausgesetzten
Verwendungseignung entspricht.
3.) Sie muss „dicht“ und „schön“ bleiben –
vereinbarte Verwendungszwecke
Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade
Markus Eberlein 5
4.) Die Schutzfunktion bleibt dauerhaft trotz
Algenbefall erhalten ( „dicht“ )
5.) Die Gestaltungsfunktion wird durch den
Algenbefall beeinträchtigt
( nicht mehr „schön“ )
Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade
Markus Eberlein 6
Verantwortung und
Zurechnung
Erster Grundsatz:
„ Wer viel weiß, haftet viel.“
Zweiter Grundsatz:
„Der Bauherr weiß grundsätzlich mal
nichts.“
Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade
Markus Eberlein 7
Verantwortung und
Zurechnung
Das „Wissensgefälle“ zwischen
Handwerker und Bauherrn ist riesig.
Der Bauherr will so risikofrei wie möglich
bauen.
Der Handwerker muss sein Wissen mit ihm
teilen.
Der Bauherr muss am Ende entscheiden
können, was wie gebaut wird.
Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade
Markus Eberlein 8
Hinweispflichten des
Handwerkers
Es ist zu unterscheiden,
ob der Bauherr einen Planer eingeschaltet hat
( mit Planer )
oder
ob er direkt auf den Handwerker zukommt
( ohne Planer )
Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade
Markus Eberlein 9
Ohne Planer
Bauherr kommt direkt auf den Handwerker zu.
Der Handwerker muss ihn auf das „Problem
Algen und Pilze auf der Fassade“ aufmerksam
machen.
Der Handwerker muss ihn aufklären über die
Umstände und Faktoren, die zu einem Befall
führen können.
Der Handwerker muss beraten!
Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade
Markus Eberlein 10
Ohne Planer
Der Bauherr, der grundsätzlich nichts weiß, muss
vom Handwerker informiert werden. Der Bauherr
muss die Möglichkeit haben zu entscheiden.
Dieser Beratungsvorgang muss dokumentiert
werden.
Nur so ist der Handwerker Jahre später rechtlich
abgesichert.
Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade
Markus Eberlein 11
1.) Die Gestaltungsfunktion wird optisch
beeinträchtigt.
2.) Frage der Zurechnung
3.) „Wer viel weiß, haftet viel.“
4.) „Der Bauherr weiß grundsätzlich nichts.“
5.) Unterscheidung, ob Bauherr Planer
beauftragt hat oder nicht.
Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade
Markus Eberlein 12
6.) Mit Planer: Bedenken anmelden und
auf algizid/fungizide Ausrüstung hinweisen.
7.) Ohne Planer: Umfassendere Beratungs- und
Hinweispflicht.
8.) Dokumentieren !!!
9.) Immer darauf hinweisen, dass zur Zeit
niemand die Gewähr für eine dauerhaft
algenfreie Fassade übernehmen kann.
Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade
Markus Eberlein 13