Interview - Update Magazine

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Interview
„Was ist Ihr Bild von Allianz Global
Investors im Jahre 2020,
Frau Corley und Herr Utermann?“
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UPDATE III /2015
INTERVIEW
Chefredakteur Marty-Jörn Klein im
Gespräch mit den Co-Heads von Allianz
Global Investors, Elizabeth Corley (CEO )
und Andreas Utermann (Global CIO ).
ZUR PERSON
Elizabeth Corley ist Chief Executive Officer von Allianz
Global Investors. Sie arbeitet seit 2005 für das Unternehmen und war zunächst für den Aufbau des grenzüberschreitenden Geschäftes in Europa verantwortlich. Davor
war sie elf Jahre lang für Merrill Lynch Investment Managers,
ehemals Mercury Asset Management, tätig. Im Jahr 2009
wurde Elizabeth Corley als einflussreichste Frau im Asset
Management ausgezeichnet, 2011 als CEO des Jahres und
2012 als einflussreichster Manager im Asset Management.
Sie war zwei Jahre lang Vorsitzende von FEAM , einem
Forum von CEOs europäischer Asset Manager und ist heute
Mitglied im Beirat und in der internationalen Strategiekommission für Aufsichtsfragen der TheCityUK Ltd. Der Freistaat Bayern verlieh ihr die „Europamedaille” für ihre
Verdienste um Bayerns Rolle in Europa. Elizabeth Corley
ist Mitglied der Royal Society of Arts und hat als Schriftstellerin mehrere Kriminalromane veröffentlicht.
AllianzGI versteht sich als aktiver Anlagemanager. Doch immer
öfter werden die Vorteile und damit die Zukunftsaussichten des
aktiven Assetmanagements infrage gestellt. Was bereitet Ihnen
mehr Sorgen: Anbieter passiver Strategien und ETF s oder die Konkurrenz aktiver Investmentboutiquen?
Andreas Utermann: Wir sehen den Wettbewerbsdruck seitens
passiver Anlageprodukte und anderer aktiver Manager gelassen,
ganz gleich ob es Investmentboutiquen oder Großanbieter sind.
Wenn aktives Anlagemanagement einer zunehmenden Konkurrenz ausgesetzt ist, hat das zwar durchaus Gründe. Entscheidend
ist aber, wie wir darauf reagieren.
Andreas Utermann ist Global Chief Investment Officer (CIO)
und Co-Vorsitzender von Allianz Global Investors. Er trat
dem Unternehmen und dessen Executive Committee im
Jahre 2002 als Global CIO Equities bei und wirkte bis Ende
2011 als Global CIO und Co- Leiter von RCM , der Aktieninvestmentplattform von Allianz Global Investors. Zuvor
arbeitete er 12 Jahre für Merrill Lynch Investment Managers
(vormals Mercury Asset Management), London, als Global
Head und CIO Equities. Davor war er zwei Jahre für die Deutsche Bank AG tätig. Andreas Utermann hält eine Reihe von
nicht leitenden Positionen in der Industrie, einschließlich
der Mitarbeit in Gremien der CFA Society of England, dem
AMIC-Rat der ICMA sowie als Mitglied des Beirats der
DVFA . Er absolvierte das Studium der Wirtschaftswissenschaften an der London School of Economics (BS c) und an
der Katholieke Universiteit Leuven (MA). Er ist Mitglied des
Institute of Investment Management and Research.
Als aktive Manager wollen wir bei AllianzGI unseren Kunden einen
deutlichen und dauerhaften Mehrwert gegenüber konkurrierenden Anbietern liefern.
Dieser Mehrwert lässt sich zum einen am Anlageergebnis gegenüber
einem Vergleichsindex oder einer Peergroup messen, also an dem
von uns erwirtschafteten Alpha. Immer häufiger benötigen unsere
Kunden auch ein Alpha gegenüber absoluten Ertragszielen. Echte
aktive Manager sind ganz in ihrem Element, wenn es darum geht,
innerhalb der Vorgaben eines Kundenmandats ein solches Alpha zu
erzielen.
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Zum anderen besteht ein wesentlicher Teil des von uns gelieferten
Mehrwerts in unseren Beratungsleistungen. Dabei geht es um
Aspekte wie Assetallokation, Risikomanagement oder Portfoliokonstruktion.
Spektrum an Anlageideen, Einblicken und Perspektiven. Damit
ist eine größere Vielfalt an Meinungen und Erkenntnissen verbunden, als wenn wir unsere Anlagen nur von einem Standort
aus oder aus einer Region heraus tätigen würden.
Im Rahmen einer engen Partnerschaft mit unseren institutionellen
Kunden wollen wir als aktiver Manager auf beiden Ebenen Mehrwert
schaffen. In manchen Fällen besteht sogar eine symbiotische Beziehung zwischen diesen Bereichen. So können sich aus der Beratung
des Kunden Entscheidungen hinsichtlich seines Mandats ergeben,
die einen größeren Spielraum zur Erzielung von Alpha eröffnen.
Deutlich zutage tritt diese Vielfalt während unseres halbjährlich stattfindenden Investment Forum, wo wir mittelfristige Anlagethemen
erörtern. Doch sie spielt auch im Tagesgeschäft eine wichtige
Rolle. So findet im Rahmen unserer hauseigenen Researchplattform ein intensiver Meinungsaustausch zwischen den einzelnen
Managern weltweit und über alle Assetklassen hinweg statt.
Welche Bedeutung hat weltweite Präsenz für AllianzGI ?
Wo sehen Sie Wettbewerbsvorteile, die sich aus der Aufstellung
des Hauses ergeben?
Andreas Utermann: Weltweite Präsenz ist auf zwei Ebenen
wichtig für AllianzGI . Die eine Ebene betrifft unser Angebot an
Anlagelösungen. Wir verfügen an verschiedenen Standorten
weltweit über spezielle Kompetenzzentren in puncto Anlagemanagement. Infolgedessen profitieren wir von einem weiten
Die zweite Ebene unserer globalen Ausrichtung betrifft die Märkte,
in denen wir für unsere Kunden präsent sind – derzeit sind das
18 Länder. Mit dieser globalen Präsenz sind auch Kostenvorteile für
unsere Kunden verbunden, die sich aus der gemeinsamen Nutzung von Backoffice-Einheiten ergeben. Wichtiger ist aber, dass wir
unsere Leistungen in einer den lokalen Verhältnissen angemessenen Weise erbringen können. Eine umfassende globale Präsenz
hat damit den Vorteil, dass wir die unterschiedlichen Bedürfnisse
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Die zweite Ebene unserer globalen Ausrichtung
betrifft die Märkte, in denen wir für unsere
Kunden präsent sind – derzeit sind das 18 Länder.
unserer Kunden und die von ihnen erwarteten Leistungsstandards
besser verstehen.
Andreas Utermann: Die Assetmanagement-Branche ist sehr
vielfältig, mit einem großen Spektrum unterschiedlicher Anbieter.
Das wird unserer Ansicht nach im Grundsatz so bleiben. Zweifellos findet aber auch eine gewisse Konsolidierung statt. Dabei
bildet sich eine Elite an global ausgerichteten Anlagemanagern
heraus.
Können Sie Beispiele für Anlageprodukte nennen, die von der
globalen Positionierung von AllianzGI besonders profitieren?
Elizabeth Corley: Wir beobachten zwar grundsätzlich, dass sich
die Produktnachfrage unserer Kunden von Land zu Land deutlich
unterscheidet. Allerdings haben sich die Bedürfnisse institutioneller
Anleger mit vergleichbaren Anlagezielen einander angenähert.
Zwar gibt es für regionale Anbieter weiterhin ausreichende Betätigungsfelder, die ihnen ein eigenständiges Auskommen ermöglichen. Doch haben einige Anlagekategorien naturgemäß eine
globale statt lediglich lokale Dimension.
Vor diesem Hintergrund hat es sich als vorteilhaft erwiesen,
bestimmte bisher nur regional verfügbare Strategien global anzubieten. Beispiele dafür sind unsere Dynamic Multi Asset-Strategie
und unsere risikooptimierte Aktienstrategie „Best Styles“. Beide sind
schon seit Längerem in Europa sehr erfolgreich und werden nun
auch in den USA und in Asien offeriert.
Was bedeutet „Digitalisierung“ für Allianz Global Investors?
Ist das nur ein Schlagwort oder sind damit echte Chancen für
AllianzGI und seine Kunden verbunden?
Elizabeth Corley: Die Digitalisierung ist für uns bei Allianz
Global Investors bereits seit einigen Jahren ein wichtiges
strategisches Thema. Ein Beispiel dafür ist die Nutzung von
„Chatter“ zur Online-Kommunikation im Rahmen unserer
bereits erwähnten Researchplattform. Nach dem Vorbild
Teilen Sie die verbreitete Ansicht, dass es in der Assetmanagement-Branche zu einer Konsolidierung kommt? Und ist dies eher
ein regionales oder ein globales Phänomen?
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Deshalb werden wir in den kommenden Jahren
weiter in erheblichem Umfang in die Qualität und
Bandbreite unseres Produktangebots investieren
sowie die Wünsche und Bedürfnisse unserer
Kunden aufnehmen.
sozialer Medien erleichtert diese Technologie die globale
Zusammenarbeit unserer Portfoliomanager, Analysten und
Händler und begünstigt die Erlangung von Informationsvorteilen.
Die Assetmanagement-Branche wird einer immer intensiveren
Regulierung unterworfen. Sind damit – abgesehen von zusätzlichen Herausforderungen und Kosten – auch Chancen verbunden?
Elizabeth Corley: Die Assetmanagement-Branche unterliegt
bereits heute einer weitreichenden Regulierung. Wir rechnen
damit, dass sich die Regulierungsdichte weiter erhöht, und erwarten auch von anderer Seite verstärkte Kontrollen. So sind die
Notenbanken angesichts zunehmender Bedeutung marktbasierter
Finanzierung sehr an einer weiteren Regulierung der Kapitalmärkte interessiert.
Der Schwerpunkt unserer Digitalisierungsstrategie liegt auf der
Verbesserung des Kundenerlebnisses. Ein Beispiel ist unsere
„Portfolio Health Check”-Anwendung, die den Dialog mit unseren institutionellen Kunden unterstützt. Daneben entwickeln
wir gemeinsam mit unseren Vertriebspartnern Technologien
für die Vermittlung von Fachwissen oder die Verbesserung von
Beratungsprozessen.
In diesem Zusammenhang ist es entscheidend, dass die Assetmanager den Regulierungsbehörden vermitteln, wie sie organisiert sind, gemanagt werden und sich für Liquiditätsengpässe
wappnen. Gleichzeitig stehen wir vor der Herausforderung, das
Vertrauen unserer Kunden weiter zu erhöhen.
Im Vergleich zu ihrem künftigen Potenzial steht die Digitalisierung
im Hinblick auf die Beratung und das Endkundengeschäft aber
noch am Anfang. Vorreiter sind die USA , wo einige etablierte und
neugegründete Unternehmen Online-Angebote zur automatisierten Vermögensstrukturierung geschaffen haben, „Robo Advice“
im Fachjargon. Wir beobachten diese Entwicklung sehr genau,
um ihre Auswirkungen zu verstehen und daraus erwachsende
Chancen zu erkennen.
Wenn dies gelingt, insbesondere mittels der Initiative der Europäischen Kommission zur Schaffung einer Kapitalmarktunion,
erwachsen daraus sicherlich auch Chancen für uns als Assetmanager. So könnte diese Entwicklung das Wirtschaftswachstum
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beflügeln und wir könnten unseren Anlegern zusätzliche Renditequellen zugänglich machen.
Technologie unseren Kundenservice und unsere lokalen Beratungsleistungen weiter verbessern. All das soll einer erstklassigen
Beziehung zu unseren Kunden dienen.
Wie wird sich die Assetmanagement-Branche im Jahr 2020
darstellen? Und wie wird sich AllianzGI darauf vorbereiten?
Andreas Utermann: Wir erwarten, dass es 2020 ein reichhaltiges
Spektrum an spezialisierten Anlagemanagern geben wird. Gleichzeitig wird sich eine Gruppe an wirklich globalen Assetmanagern
herausgebildet haben.
Letztlich kommt es darauf an, dass wir uns das Vertrauen unserer
Kunden erarbeiten und immer wieder neu verdienen. Die
Grundlage dafür ist, dass sich alle unsere Mitarbeiter ganz dem Ziel
verpflichtet fühlen, die Kunden bei der Erreichung ihrer Ziele
zu unterstützen und alles dafür Notwendige zu unternehmen.
Diese globalen Firmen werden um einen größeren Anteil am
Kundenvermögen konkurrieren. Ihr Erfolg hängt dabei von ihrem
Marktverständnis, ihren Anlageergebnissen und der Qualität
ihres Kundenservices ab. Sie werden ihren Anlegern also über die
gesamte Wertschöpfungskette Mehrwert liefern müssen.
Frau Corley, Herr Utermann – vielen Dank für das Gespräch.
Elizabeth Corley: Deshalb werden wir in den kommenden Jahren
weiter in erheblichem Umfang in die Qualität und Bandbreite
unseres Produktangebots investieren sowie die Wünsche und
Bedürfnisse unserer Kunden aufnehmen. In diesem Zusammenhang wollen wir marktführende Standards setzen und mittels
Marty-Jörn Klein, Chefredakteur von Update, sprach mit
Elizabeth Corley und Andreas Utermann.
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