Ohio State University - Erfahrungsbericht Mein Auslandssemester

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Ohio State University - Erfahrungsbericht Mein Auslandssemester
Ohio State University - Erfahrungsbericht
Mein Auslandssemester führte mich auf mehr oder weniger eigenen Wunsch in das Land
der Träumer und der Bekloppten, in die USA, genauer gesagt an die Ohio State University
in Columbus, Ohio. Mit knapp 60.000 Studenten ist sie etwas größer als die HfG und
zudem mit dem sechstgrößten Sportstadion der Welt und einem eigenen Flughafen mit
drei Landebahnen ausgestattet.
Den Design-Studenten erwarten eine ausgezeichnete Design-Research Vorlesung,
motivierte Dozenten von lokalen Designbüros und Professoren mit hohem
Unterhaltungsfaktor. Die Kommilitonen sind zurückhaltend aber freundlich, alles ist etwas
anonymer als zuhause. Trotzdem trifft man sich irgendwann mit Dosenbier im Studio und
bereitet das Projekt für die Präsentation am nächsten Morgen vor. Ich war überrascht, was
für ein positives Bild meine Kommilitonen von Deutschland haben und lernte viele
Austauschstudenten aus der ganzen Welt und deren Kultur kennen. Durch die hohe
Studierendenzahl und den hohen Studiengebühren ist es der OSU möglich, auf dem
Campus eine Vielzahl an Ressourcen wie CAD-Pools, Büchereien und aber auch Sport-,
Kultur- und Freizeitangebote zur Verfügung zu stellen. Unverzichtbar ist beispielsweise auch
der Besuch eines Spiels der „Buckeyes“, der erfolgreichen Football-Manschaft der OSU.
Neben dem Studium habe ich natürlich versucht, das Land und die Leute besser kennen zu
lernen. Sehr spannend war daher die Präsidentschaftswahl im November so nah im
wichtigen Swing-State Ohio miterleben zu können. In Amerika herrscht Presse- und
Meinungsfreiheit, und das wird von jedem Spinner ausgenutzt um das Ende der Welt zu
prophezeien, Abtreibung zu verteufeln oder Hetze auf Homosexuelle zu machen. In den
ersten Wochen ist der Unterhaltungswert aber damit doch sehr hoch.
Des weiteren besitzen die Amerikaner die Freiheit, mit den erbärmlichsten Rostschüsseln
die ich je gesehen habe am Straßenverkehr teilzunehmen und eine Schrotflinte hinter der
Küchentheke in der WG bereit zu haben. Die Freiheit, auf der Straße oder im Park ein Bier
zu genießen wird ihnen aber verwehrt, was für einen Deutschen zunächst sehr verstörend
ist. Ebenfalls gewöhnungsbedürftig aber sehr liebenswürdig war das Columbus
Oktoberfest, das von der deutsch-stämmigen Bevölkerung organisiert wird.
Mit der amerikanischen Polizei ist übrigens nicht zu spaßen. Polizeiautos liefern sich
Verfolgungsjagden mit Fahrrädern, und Cops legen mitunter einen sehr stylishen U-Turn
mit ihren V8-befeuerten Ford Crown Victorias hin, um einen flüchtenden Fußgänger zu
verfolgen, der dummerweise vor dem Cop Car bei Rot die Straße überquert hatte.
Ich bin vor allem wegen der Kultur und der Sprache nach Amerika gekommen. Für alle
ignoranten Europäer, die behaupten, die Amerikaner hätten keine Kultur: Bullshit. Es gibt
Kunst, Essen, Architektur, Musik, Literatur und alles andere vom Feinsten. Chicago, New
York City und andere Städte an der Ostküste sind von Columbus aus durchaus in
Reichweite.
Irgendwann kam der Moment als ich angefangen habe, in Englisch zu denken. Sprachlich
bekommt man hier natürlich ganz viel mit, Redewendungen die man nur lernen kann, wenn
man in einem englischsprachigen Land lebt. Und wenn man doch mal irgendetwas nicht
versteht sind die Amerikaner freundlich und geduldig und erklären einem alles auch gerne
drei Mal, auch wenn hinter dir noch 20 andere hungrige Studenten einen Burrito bei
Chipotle bestellen möchten.
Aufgrund der recht hohen Lebensmittelpreise sollte man besser keine Angst vor Fast Food
haben, denn dieses ist nicht viel teurer als etwas Selbstgekochtes. Ich habe lange drüber
nachgedacht, wie ich am besten eine Taco-Bell oder Five-Guys Filiale nach Deutschland
mitnehmen könnte - nur White Castle sollte man unbedingt vermeiden. Ich habe mich
angepasst, Beef Jerky und Sellerie-Schiffchen mit Erdnussbutter probiert und das
wahrscheinlich beste Steak meines Lebens mit Barbecue-Sauce und French Fries
gegessen. Und wenn dein Prof morgens eine Tüte mit 20 warmen Donuts mitbringt, ist die
Sehnsucht nach deutschen Backwaren auch für eine Weile verflogen.
Wer bereit ist, sich auf dieses Land voller Widersprüchlichkeiten und Eigenheiten
einzulassen, dem kann ich das Semester hier bei den Buckeyes nur empfehlen. Die
Amerikaner im Allgemeinen und die OSU im Speziellen geben sich viel Mühe, einem den
Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen, und die Erinnerungen die ich mit nach
Hause nehme sind den finanziellen und zeitlichen Aufwand in der Vorbereitung wirklich
wert.