Derivate im Kommunalgeschäft

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Derivate im Kommunalgeschäft
Derivate im Kommunalgeschäft
– Gesprächsunterstützende Unterlagen; keine in sich geschlossene Darstellung, sondern
begleitender Erläuterung bedürftig. –
Büro für Finanzwirtschaft
Dr. Gunnar Stark
Konkordiastraße 16
58095 Hagen
[email protected]
www.gunnarstark.de
Vereinfachtes Beispiel: Yen-Swap
 Vereinbarung wechselseitiger jährlicher Zahlungsansprüche/Zahlungsverpflichtungen, Laufzeit 5 Jahre.
 Festzahlungspflicht: Bank 6 % p.a.
 Variabel verpflichtet: Kommune;
2 % + (100 minus EUR/JPY-Kurs)/(EUR/JPY-Kurs) * 100 %,
jedoch mindestens 2 % p.a.
 Nominal 2 Mio. Euro.
Analyse Yen-Swap:
Verkauf einer Devisenoption
 Variabler Teil gleicht dem Verkauf von 5 Yen-Kaufoptionen = EuroVerkaufsoptionen mit Laufzeiten von 1 bis 5 Jahren.
 Dadurch hat die Bank eine wertäquivalente Position zu dem Recht
– aber nicht der Pflicht –, der Stadt insgesamt 10 Mio. Euro gegen
Forderung von 1 Mrd. Yen anzudienen.
 Die Bank kann nun ihrerseits am Devisenoptionsmarkt genau solche Optionsserien gegen Prämie verkaufen (Stillhaltergeschäft),
die der in den Swap eingebetteten Option gleichen und gebiert
damit je Zahlungstermin folgende, (zunächst) Yen-abhängige Zahlungen:
Zahlungsprofil der Bank
EUR/JPY Stillhalterg.
…
0
120
0
110
0
100
0
90
-20 Mio.Yen
80
-40 Mio. Yen
…
…
Stadt fest
-120 T €
-120 T €
-120 T €
-120 T €
-120 T €
-120 T €
-120 T €
Stadt variabel
+40 T €
+40 T €
+40 T €
+40 T €
+40 T € +222 T €
+40 T € +500 T €
…
Summe
-80 T €
-80 T €
-80 T €
-80 T €
-80 T €
-80 T €
-80 T €
Ergebnis Yen-Swap
 Bank transferiert unsicheren Zahlungsanspruch gegen die Stadt
aus dem Swap per unsicherer Zahlungsverpflichtung aus Devisenoptionsgeschäft in sicheren Zahlungssaldo von 5 mal 80.000
Euro.
 Dem stehen gegenüber sichere Einnahmen aus Optionsprämien
zu Beginn der 5 Jahre von hier etwa 700.000 Euro.
 Im Gesamteffekt all seiner Zahlungswirkungen reduziert sich der
Yen-Swap also auf einen einfachen „Handel“: Die Bank zahlt der
Stadt über 5 Jahre hinweg zusammen 400.000 Euro für Optionen
gegen die Stadt als ihrer impliziten Stillhalterin, die bei Abschluss
700.000 Euro wert sind.
Würdigung Yen-Swap
 Hochriskante Stillhaltergeschäfte am Devisenoptionsmarkt können schon bei marktgerechter Optionsprämie langfristig nur bei
Prognoseüberlegenheit gegenüber dem Markt gelingen, weil dieser sein sämtliches Wissen in Optionsprämien „einpreist“.
 Diese erhebliche Anforderung gilt umso mehr – um nicht zu sagen: in geradezu unerfüllbarer Weise – bei den „Zinsoptimierungsderivaten“ eingebetteten Stillhaltergeschäften, wenn bei
diesen etwa die Hälfte der marktüblichen Prämieneinnahme von
der Bankmarge verzehrt wird.
 Begriff der „Zinsoptimierung“ nicht gerechtfertigt.
Umstrukturierungen
Vielfach zu sehender, oftmals finanzwirtschaftlich fragwürdiger Versuch der Derivatekrisenbewältigung im Sinne einer unmittelbaren
Auszahlungsvermeidung durch Hinnahme bedingter oder unbedingter Zukunftslasten.
Wesentliche Gestaltungsmittel:
• Laufzeitverlängerung
• Konditionenverschärfung
• Einpreisung in neue Kontrakte mit marktfernen Konditionen
Übliche Folge: Problemverschärfung, Derivatespirale, Gericht?
Vereinfachtes Gewinn-Verlust-Profil bei einem (echten) CHFSwap nach einer Umstrukturierung aus Sicht der Stadt
1.000.000
-1.000.000
-2.000.000
-3.000.000
-4.000.000
-5.000.000
-6.000.000
1,01
1,04
1,07
1,10
1,13
1,16
1,19
1,22
1,25
1,28
1,31
1,34
1,37
1,40
1,43
1,46
1,49
1,52
1,55
1,58
1,61
1,64
1,67
1,70
0
Best Cases ausgewählter Derivatefälle
Euribor-Swap
Invers-CMS-Swap
CHF-Swap mit Cap
CHF-Swap ohne Cap*
Stadt
198.000**
198.000**
189.000
70.000
Bank
1.152.000
974.000
1.377.000
ohne Grenze
* aus Umstrukturierung
** Durch Wandlungsrecht der Bank Best Case für Stadt praktisch ausgeschlossen bzw. auf 63.000 Euro begrenzbar.
Vergleich der Bankdienstleistungsentgelte
(vereinfacht, abstrakt, circa)
 Bankkunde verkauft einfache Devisenoption mit Stillhalterprämie
200.000 Euro.
Provision: < 1.000 Euro
 Bankkunde kontrahiert komplexes Derivat mit sehr ähnlicher, jedoch eingebetteter Devisenoption.
Bruttobankmarge: zwischen 10.000 und 200.000 €
Mögliche Folge: Interessenkollision bei beratender Bank
Würdigung der
“Zinsoptimierungsderivate“
 Häufig komplexe Transaktionen mit asymmetrischem Chance/Risiko-Profil.
 Zusammenhang zum Schuldenportfolio artifiziell.
 Ziel der Erwirtschaftung von Zahlungsüberschüssen nur bei dauerhaft überdurchschnittlich erfolgreichen Prognoseleistungen erreichbar; dieser Ansatz ist strittig:
 Schluss vieler wissenschaftlicher Studien: „Erfolgreiche Finanzmarktprogosen dieser Art sind nicht möglich.“
 Viele Bankpraktiker behaupten das Gegenteil.
 Entscheid über diesen Streit nicht mit letzter Gewissheit möglich.
Sicher ist aber: Es bestehen zum einen erhebliche Prognoserisiken, zum anderen bessere Instrumente.
 Haben die Studien Recht, so produzieren diese Derivate langfristig systematisch Verluste für die Bankkunden.