Stadtwanderung Dresden: Aus der Neustadt nach Loschwitz
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Stadtwanderung Dresden: Aus der Neustadt nach Loschwitz
Stadtwanderung Dresden: Aus der Neustadt nach Loschwitz Etwa 12 Kilometer, drei bis vier Stunden. Stadtstraßen und Waldwege. Leichte Anstiege zu Beginn, steiler Abstieg am Ende. Für Rollstuhlfahrer und mit Kinderwagen vier Einschränkungen: Die Haltestelle Bischofsweg/Schauburg ist noch nicht ausgebaut. Zu empfehlen wäre für Rollstuhlfahrer die Straßenbahn 13 bis Haltestelle Alaunplatz. Die Treppe aus dem Prießnitzgrund kann vermieden werden, indem man vom Brunnen an der Tannenstraße durch das Neubaugebiet direkt zur Garnisonkirche fährt. Der Weg durch die Schießbahnen ist schwer; Rollstuhlfahrer können den Hauptweg bis zur Schranke vorm Jägerpark und direkt hinter ihr nach links zum Pillnitz-Moritzburger Weg fahren. Der sehr steile Heilstättenweg wäre auch mit starker Hilfe recht gefährlich. Vor allem für Rollstuhlfahrer ist der Weg über Schevenstraße und Schillerstraße zum Körnerplatz zu empfehlen. Anfahrt: Straßenbahnen 7, 8 oder 13 bis Bischofsweg/Schauburg. Rückfahrt ab Schillerplatz. Am Ende der Wanderung geht es auf dem Körnerweg die Elbe entlang. Foto: Rainer Schulze Unsere Stadtwanderung beginnt diesmal an der Schauburg. Wir machen zunächst einen kleinen Schlenker die Königsbrücker Straße hinauf und gleich rechts hinein in die Paulstraße. Dabei kommen wir an einem Neubau vorbei, an dessen Stelle sich bis nach der Wende der 1873 erbaute Gasthof Reichskrone befand, vielen zu DDR-Zeiten als „Aktiv“ bekannt und zur Wende bereits seit Langem geschlossen. Der reich geschmückte Saal diente aber noch als Sporthalle. Der ganze Komplex wurde trotz großer Proteste der Bevölkerung 1993 abgerissen. Wir biegen in die Paulstraße ein. Links von uns zieht sich ein großes, reich geschmücktes Gebäudeensemble hin, errichtet 1908 vom Dresdner Bauund Sparverein, wie eine Tafel an der Königsbrücker Straße verrät. Bemerkenswert sind vor allem die wunderbaren blauen Türeinfassungen aus Keramik. Hinten um die Ecke kommen wir wieder zum Bischofsweg und nach links zum Alaunplatz. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts arbeitete am Rande des Platzes eine Alaunsiederei, zu der die Alaunstraße führte. An der linken Seite des Platzes geht es hinauf zur Tannenstraße. Hier sind viele Wohnhäuser neu gebaut worden, hinter denen wir noch ein altes, inzwischen saniertes Kasernengebäude sehen. Hier oben stand einst der gewaltige Bau der Schützenkaserne, die 1945 zerstört wurde. Vor ihr befand sich der halbrunde Platz, von dem aus wir nun über die Neustadt blicken. Der Brunnen wurde 2011/2012 saniert. Brunnen an der Tannenstraße: Links Neubauten vor der Garnisonkirche. Rechts Blick über die Neustadt bis zum Krähenhügel über Lockwitz. Fotos: Rainer Schulze Wir gehen die Straße rechts hinunter und achten unten auf die Hausnummer 2. Dahinter erhebt sich stolz die Villa Rosenkranz, 1875 im neugotischen Stil für einen Fuhrunternehmer erbaut. An der Kamenzer Straße halten wir uns links und gehen dann halblinks An der Prießnitz hinein. Es wird immer romantischer. Schließlich stehen wir vor der 23 Meter hohen und 82 Meter langen Brücke der Stauffenbergallee. Sie wurde 1873 bis 1876 mit dem Bau der 30 Meter breiten Heerstraße errichtet, um die herum dann die Albertstadt entstand. Benannt war die Brücke anfangs nach Prinzessin Carola, die 1873 mit der Thronbesteigung von König Albert Königin wurde. Daher die Königskrone und das C oben im Brückenbogen. 2001 bis 2003 wurde der Brücke quasi eine neue Stahlbetonbrücke aufgesetzt. Links: Villa Rosenkranz, Alaunplatz 2. Rechts: An der Prießnitz. Fotos: Rainer Schulze Links vor der Brücke führen Stufen hinauf zur Stauffenbergallee. Oben stehen wir vor der Garnisonkirche. Erbaut wurde sie 1893 bis 1900 im neuromanischen Stil als Simultankirche – teils katholisch, teils evangelisch – errichtet. Architekten waren Hermann Viehweger und William Lossow, die auch für Auferstehungskirche, Rathaus und Müllerbrunnen in Dresden-Plauen verantwortlich zeichneten. Wir überqueren die Straße und laufen über die Prießnitzbrücke. Links erstreckt sich das Gelände der ehemaligen Pionierkaserne, heute „Offizierschule des Heeres“. Nahe dem alten Haupteingang steht neuerdings eine Sandsteinsäule mit einem Löwen drauf. Die Stele mit Szenen von Pioniersoldaten entstand 1923 zur Erinnerung an die gefallenen Pioniersoldaten. 1947 wurde sie wegen des Vorwurfs der Kriegsverherrlichung eingelagert; der Löwe zierte eine Weile die Albertbrücke (Brücke der Einheit), fiel aber 1969 einem Verkehrsunfall zum Opfer. Nun wurde alles wieder zusammengefügt. Ein paar Meter weiter erhebt sich das Fabrice-Mausoleum, in dem 1892 der Kriegsminister General Graf von Fabricius bestattet wurde. Der Mann hatte sich um die Erbauung der Albertstadt verdient gemacht. Das Häuschen entwarf der Architekt Lipsius. Bei beiden Sehenswürdigkeiten stehen Schrifttafeln, die aber für Normalsterbliche kaum lesbar sind. Links: In der Garnisonkirche. Mitte: Fabricius-Mausoleum. Rechts: Kaserneneingang von 1903. Fotos: Rainer Schulze Nun biegen wir links in die Marienallee ein. Sie führt durch die Offiziershochschule in die Heide hinein. In dem großen Bau hinter Nummer 12 befand sich bis zum Neubau auf dem Zelleschen Weg die Sächsische Landesbibliothek. Werktags donnern auf der Marienallee die Laster aus der Sandgrube entlang. Nach einer S-Kurve beginnt links der Sowjetische Friedhof. Er besteht seit 1945. Zunächst wurden hier an Kriegsfolgen gestorbene Soldaten bestattet, später bis 1987 Angehörige der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland. Den Obelisken schuf 1947 der Bildhauer Friedrich Press, das Bronzemahnmal 1957 Friedrich Rogge. Der sanierte Teil untersteht dem Bund, der rechts vom Eingang ganz hinten gelegene und verwahrloste der Stadt. Am äußersten nördlichen Ende zieht sich eine Reihe von 32 Kindergräbern hin, die langsam im Unkraut versinken. Alles hier macht einen traurigen und pietätlosen Eindruck, gleichgültig, welche Kapriolen die politische Diskussion darum gerade schlägt. Links: Ehrenmal auf dem Sowjetischen Friedhof. Rechts: Ehrenmal auf dem Nordfriedhof. Fotos: Rainer Schulze Weiter geht‘s, am Ende des Straßenpflasters nach rechts in den Nordfriedhof. Angelegt wurde er 1901 für die Garnison. Nach dem Ersten Weltkrieg entstand eine Gedenkstätte für gefallene Soldaten mit Bildtafeln von Emil Hartmann im martialischen Stil dieser Zeit. Ihre letzte Ruhe fanden hier neben anderen auch Opfer der Bombenangriffe vom Februar und März 1945. Darüber informiert eine Tafel am Eingang. Dank ihr findet man auch die Gedenkstätte für General Friedrich Olbricht, der am Umsturzversuch gegen Hitler 1944 beteiligt war und im Berliner Bendlerblock erschossen wurde. General Hans Oster, an den daneben erinnert wird, wurde im KZ Flossenbürg umgebracht. Wir verlassen den Friedhof durch den Wirtschaftseingang oder gehen vom Tor rechts den Waldpfad entlang und wieder nach rechts. Es geht durch eine Schranke und zwei Kurven nach rechts und eine nach links. Direkt nach der Linkskurve machen wir einen Abstecher nach rechts auf eine Art Schneise parallel zum Weg. Dort erstreckt sich rechts Jungwald, durchbrochen in regelmäßigen Abständen von Schneisen. Noch 2004 sah man hier noch einen doppelten, elektrisch gesicherten Stacheldrahtzaun und Straßen, Reste eines sowjetischen Munitionslagers. All das ist verschwunden, und die Natur kehrt zurück. Wir auch – zum Weg. Direkt gegenüber führt ein schmaler Pfad in den Wald. Ein ganzes Stück weit ist er zu unserer Verwunderung asphaltiert. Es handelt sich um den früheren Zugang zu einem Schießplatz. Auch der ist weg. Geblieben ist eine Lichtung, an der fünf große tote Bäume aufragen, bei der Rekultivierung des Geländes bewusst stehengelassen und mit Schildern zur Bedeutung von Totholz versehen. Auch diese Schilder sind verschwunden. Weiter geht es durch hohe Wälle, die Begrenzung alter Schießbahnen. Seit Kaisers Zeiten wurde in dieser Gegend geballert. Das ist Gott sei Dank vorbei, wenigstens hier. Links: Lichtung mit toten Bäumen, ehemals Schießplatz. Rechts: Wälle der alten Schießbahnen. Fotos: Rainer Schulze Wir übersteigen den abschließenden, quer verlaufenden Wall und treffen auf einen unscheinbaren Querweg. Links am Baum sehen wir ein rotes E auf weißem Grund, rechts am Baum ein rotes PM. Wir waren also jetzt auf dem E-Flügel unterwegs und haben nun den MoritzburgPillnitzer Weg erreicht. Auf dem wandern wir nach rechts bis zum Fischhaus, vorbei an den Wohnblocks des Jägerparks. Vom Fischhaus aus, wo seit 1650 Bier gezapft wird, gehen wir die Radeberger Straße hinauf bis zum Parkplatz. Dort folgen wir zunächst dem Wegweiser „Fischmannsteiche“. Der erste von vier ist nach wenigen Metern erreicht. Er ist arg zugeschlammt. Das rote Wasser verrät uns, warum der Bach hier Eisenbornbach heißt. Die Teiche wurden bereits im 15. Jahrhundert von Mönchen angelegt. Zurück an der Kreuzung, wählen wir wieder den Moritzburg-Pillnitzer Weg Richtung Mordgrundbrücke. An der Brücke über den Gutebornbach steht ein Denkmal für König Albert. Das Porträtmedaillon ist signiert mit „Oskar Lindenberg 1907“. Links erhebt sich der knapp 216 Meter hohe Wolfshügel. Wer Muße hat, kann den Weg an einem alten Wegestein hinaufklettern und sich die Reste des Aussichtsturmes ansehen. Er war zehn Meter hoch und entstand 1912 nach Plänen von Ratsbaumeister Hans Erlwein. Anfang Mai 1945 wurde er von deutschen Soldaten gesprengt. Links: Unterer Fischmannsteich. Mitte: König-Albert-Denkmal. Rechts: Zentaur an der Bautzner Straße. Fotos: Rainer Schulze Wir erreichen die Bautzner Straße und gehen gleich wieder links einen Waldpfad hinein. Oben steht selbstbewusst ein Fabelwesen, halb Mensch, halb Pferd – ein Zentaur vom Bildhauer Otto Petrenz, aufgestellt 1902. Vor wenigen Jahren fehlte ihm ein Bein, jetzt ist es wieder dran. Wir gehen noch ein Stück in den Stechgrund hinein und werfen einen Blick in den Steinbruch links, wo die Lausitzer Granitplatte angeknabbert wurde. Heute ist er ein Naturdenkmal. An der Ampel überqueren wir die Bautzner Straße. Oberhalb der Brücke heißt der Grund Stechgrund, unterhalb Mordgrund. Woher der kriminelle Name kommt, ist unklar. Vermutet wird Einiges – von der blutrünstigen Sage bis zur Lautwandlung von „Mark“ zu „Mord“. Links: Steinbruch Mordgrundbrücke. Rechts: Buchenwald im Mordgrund. Fotos: Rainer Schulze Wir gehen die Schillerstraße hinein und biegen gleich rechts ab in die Wunderlichstraße mit ihren Villen. Rechts wächst ein stattlicher Buchenwald aus dem Mordgrund hoch in den Himmel. Am Ende der Wunderlichstraße sind die Gebäude der ehemaligen Heilstätten, errichtet 1872 zur Genesung von Invaliden des Krieges 1870/71. Das grüne geschwungene Tor vor uns gehört zu Dinglingers Weinberg. Wer wissen will, welche Aussicht die Anwohner von hier oben genießen, der gehe ein Stück die Schevenstraße hinein und luge über die Gärten hinweg. Von der Schevenstraße aus kann man bis zur Babisnauer Pappel gucken. Foto: Rainer Schulze Steil hinunter senkt sich von hier aus der Heilstättenweg zur Elbe, immer den vernagelten Weinberg von Johann Melchior Dinglinger entlang. Dinglinger war von 1698 bis 1731 Goldschmied am Hofe Augusts des Starken. Unten fällt uns Goethes Osterspaziergang ein: „Aus dem hohlen finstern Tor dringt ein buntes Gewimmel hervor.“ Das bunte Gewimmel sind wir, und plötzlich wird uns ganz leicht um die Brust angesichts der weiten Elbaue. Der Körnerweg bringt uns zum Blauen Wunder. Eine Tafel an der Mauer erklärt uns die Heilstätten, eine weitere, warum dieser Weg mit großen Sandsteinplatten befestigt ist. Nummer 24 ist ein altes Wasserwerk von 1873, Nummer 20 ein Neubau von 2002, dem eine Villa aus dem 19. Jahrhundert geopfert wurde, Nummer 8 entstand 1808 aus einem älteren Weinberghaus und ist voller Sinnsprüche, und Nummer 6 schließlich ist das Körnerhaus. Neuerdings führt der Radweg rechts weg zur Elbe und unterm Blauen Wunder hindurch. Wir gehen aber den Körnerweg weiter, er ist interessanter. Und schon sind wir am Körnerplatz. Dreimal müssen wir über die Straße, dann können wir auf der linken Seite zum Blauen Wunder laufen. Kurz vor der Brücke führt links eine Treppe hinab zur Elbe, und von dort geht es an gastlichen Stätten vorbei nach Altloschwitz. Zu diesem gibt es hier keine weiteren Erläuterungen. Man sehe und bestaune die Vielfalt und Schönheit. Krönender Abschluss ist der Bummel übers Blaue Wunder: stromab die Elbschlösser und – nun endlich ganz zu sehen – Dinglingers Weinberg, stromauf der Hohe Schneeberg (Děčínský Sněžník), mit 723 Metern über dem Meeresspiegel rund 613 Meter höher als das Elbufer hier. Am Schillerplatz reicht es für heute. Links: Am Körnerweg findet man noch die alte Sandsteinpflasterung. Foto: Rainer Schulze Links: Relief im Joseph-Herrmann-Denkmal in Altloschwitz. Rechts: Erst vom Blauen Wunder aus sieht man Dinglingers Weinberg richtig. Fotos: Rainer Schulze Tipps Wanderkarte: Stadtplan Dresden. Einkehr: Fischhaus, Fischhausstraße 14, montags bis freitags 12 bis 24, sonnabends 11 bis 24, sonntags 11 bis 23 Uhr. Mehrere Gaststätten und Cafés an Körnerplatz und Schillerplatz. Zum Informieren und Stöbern www.dresdner-stadtteile.de http://de.wikipedia.org/wiki/Albertstadt http://de.wikipedia.org/wiki/Sowjetischer_Garnisonfriedhof_Dresden http://de.wikipedia.org/wiki/Nordfriedhof_%28Dresden%29 http://www.historisches-fischhaus.de/index.html http://wiki.openstreetmap.org/wiki/Dresdner_Heide (Historische Wegzeichen) http://www.dresden.de/media/pdf/umwelt/Gewaessersteckbrief-Eisenbornbach.pdf http://www.dresden-1945.de/gravuren/orte/ort06.html (Bunker Mordgrund) Strecke gewandert: August 2014