Traumkodierung und psychoanalytische Prozessforschung

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Traumkodierung und psychoanalytische Prozessforschung
Traumkodierung und
psychoanalytische
Prozessforschung
PD Dr. Fritz Lackinger
Wiener Psychoanalytische Akademie
„Der Hauptpatient, der mich beschäftigt, bin ich selbst
Freud 1896
'Hier enthüllte sich
am 24. Juli 1895 dem
Dr. Sigmund Freud
das Geheimnis des
Traums"
Die Entwicklung der psychoanalytischen
Prozessforschung
Zeigen Träume „Fortschritte“ in der Behandlung?
Traumaverarbeitung
• Träume sind Indikatoren der Traumaverarbeitung.
• Träume können psychotischen Wahnbildungen die Inhalte entziehen.
• TypischeTräumen
Träumen der Beendigungsphase
• Freud (1925) über „Genesungsträume
Genesungsträume“
• Analytische Konzepte von Träumen, die Fortschritt ausdrücken:
ausdrücken
- Sekundärtraum (Ferenczi)
- Durcharbeitungsträume (Grinberg),
- heilende Träume (Winnicott),
- rekapitulative und synthetisierende Träume (Guillaumin)
(
• Jean-Michel Quinodoz (1999):: Träume, die eine neue Seite aufschlagen
Hinweise aus der Traumforschung
•
•
Was können Träume über den Entwicklungsprozess einer Analyse aussagen?
Konvergente Auffassung der klinischen wie der außerklinischen
Traumforschung:
Träume kontextualisieren emotionale Konflikte und Erfahrungen,
•
indem sie sie in bildliche Metaphern einbinden und durch „Überblenden“ mit
Langzeiterinnerungen „matchen“.
“.
•
Träume eignen sich besonders gut zur Untersuchung der individuellen
Fähigkeit zur Affektregulierung.
•
Von den nicht-analytischen
analytischen Traumforschern wird hier üblicherweise eine Art
automatisches Kontextbildungs-Modul
Modul im Gehirn angenommen, das im REMSchlaf aktiviert wird.
Traum und psychoanalytischer Prozess
Die Untersuchung von Döll-Hentschker
Döll
(2008)
•
Untersucht wurden die Träume aus den ersten und letzten einhundert
Analysestunden von fünf psychoanalytischen Langzeitbehandlungen.
Ergebnisse:
•
Das Kodiersystem bildet individuell unterschiedliche Muster der
Affektregulierung ab.
•
Das Kodiersystem zeigt die Veränderungen der Affektregulierung in den
Träumen zwischen Behandlungsbeginn und Behandlungsende, wenn der
Behandlungsverlauf durch Kliniker als positiv eingeschätzt wurde.
•
Bei nicht erfolgreichen Behandlungen zeigen sich nur geringfügige oder
sogar negative Veränderungen in der Traumstruktur.
•
Die Veränderungen der kodierten Träume bestehen v.a. in einer
Flexibilisierung der Affektregulierung und in einer Abnahme der Abwehr.
Die phylogenetische Funktion des Traums
•
•
•
Die
ie Funktion des Traums geht weit über die Behütung des Schlafes hinau
REM-Schlaf und Säugetierevolution vor ca. 200 Millionen Jahren.
REM-Schlaf ermöglichte einen deutlichen Effizienzgewinn des Gehirns be
gleichbleibender Größe.
•
„deferred updating“:
“: Die kognitive Verarbeitung von affektiven
Erlebnissen des Tages wird teilweise aufgeschoben und im REM-Schlaf
REM
nachgeholt.
•
„Störende Informationen“ werden solange im Traum aufgerufen, bis sie in
„modifizierte
modifizierte Arbeitsmodelle“
Arbeitsmodelle integriert werden können.
•
•
Wenn dies nicht möglich ist, bilden sich isolierte „Komplexe“
Das Traumgeschehen versucht auch Lösungen für die Traumkomplexe zu
finden, genauer: für die durch Tagesereignisse aktivierten Komplexteile.
Komplexteile
Neuronale Netze als Basis des Gedächtnisses
Gedächtnis wird als Veränderung in den „Gewichten“ der Verbindungen in
den neuronalen Netzen verstanden.
Das Gedächtnismodell nach Moser & v. Zeppelin
Autobiografisches Gedächtnis
Primär visuell-imaginäre
und affektive Kodierung
Sekundär semantischverbale Kodierung
Generalisierung
durch
Verdichtungsund
Abstrahierungs
prozesse
Besteht aus: Episoden
Repräsentieren autobiographisch verortete
Interaktionseinheiten
Elemente
Wechselwirkungen
(bestimmte Vorstellungen
von Selbst und Objekt)
(beschreiben die
Interaktionen der Elemente
k-lines
MODs
Internalisierte SelbstSelbst und
Objektmodelle
Ordnen
nach
Affekten
RIGs
Generalisierte
Interaktionsrepräsentanzen
Bausteine der inneren Arbeitsmodelle und unbewussten Phantasien
Abstrakte Form des episodischen Gedächtnisses
RIGs
Selbst-MODs
Selbst
Objekt-MODs
Affektive
Informatio
klar MODs
RIGs
zugeordne
k-line
spezifische
Affekte
„Desaffektualisierung“ und Erwartung
•
RIGs und MODs werden normalerweise im Zuge ihrer Generalisierung
„desaffektualisiert“ = man bekommt Abstand von den Affekten (Triebmischung,
Affektintegration).
•
Aus „desaffektualisierten“ RIGs entstehen (kognitive) Überzeugungen und
Annahmen (beliefs),
), die die Einschätzung aktueller Situationen erleichtern.
erleichtern
•
RIGs und MODs entsprechen Erwartungs-“Slots“,
Erwartungs
in die aktuelle
Objektbeziehungen eingesetzt und dadurch „sensuell gefüllt“ werden können.
•
Nur durch die sensuelle Füllung der „desaffektualisierten“ Schemata können
diese verändert und neuen Erfahrungen angepasst werden. (= „Lernen
„
aus
Erfahrung“)
Konflikthafte und traumatische Komplexe
•
verarbeitende Modifikation der inneren Arbeitsmodelle (=Lernen
(=
aus Erfahrung)
blockiert
•
Konflikthafte Form:
Die RIGs enthalten einen Konflikt: einerseits anhaltender Druck,
Druck einen offen
gebliebenen Wunsch dennoch zu realisieren, andererseits Enttäuschungs- oder
Straferwartung.
> es entstehen unflexible, starre bewusste und unbewusste Phantasien
•
Traumatische Form:
Die auslösenden affektiven Ereignisse konnten nicht in eine kognitive Form
eingebunden werden. Die episodische Gedächtnisstruktur ist aufgehoben.
> keine Phantasiebildung (Somatisierung, Intrusionen, penseé operatoire)
•
Sie bilden starre, unveränderbare RIGs und führen zu ständigen Wiederholungen.
Struktur des Komplexes
W
W
W
RIG-CPLX
MOD-CPLX
Bereich der
ungebundenen
affektiven
Information
Blockierung der
affektiven Assoziatio
W
k-lines der Wiederho
Objekt-Modell
Subjekt-Modell
RIG
Aufgaben des Traums nach Moser
•
•
•
•
•
Der Traum kann die Verarbeitung von emotionaler Erfahrung unterstützen
Er kann aber auch zur Entwicklung der inneren Möglichkeiten der
Verarbeitung emotionaler Erfahrung beitragen.
Es geht um kognitive Strategien,
Strategien wie im Traum mit Affekten umgegangen
wird.
Der Umgang erfolgt durch den Aufbau von simulierten Mikrowelten.
(Motorische Hemmung erlaubt „experimentelle Simulationen“)
Z.B. Kinderträume zeigen die kognitiven Strategien in ihrer Entwicklung.
Vereinfachtes Modell der Traumgenerierung
Simulierte
Mikrowelt
Auslösende
Tagesereignisse
„Current concern“
(CC)
Traum =
Sequenz von
Situationen
Positionierung
Fokaler Konflikt
(F.K.)
Traumkomplex
(TCPLX)
Komplexe (CPLX)
Rückmeldung
Interrupts
Traumorganisation
MODs und RIGs
im
Langzeitgedächtnis
Strategien
Strategien
pool
Die Traumorganisation
•
•
•
•
•
•
•
Steuert die Traumgenerierung.
Durch Positionierung von Elementen,, die Wechselwirkung ermöglichen.
Aufgabe: Traumkomplex in eine neue simulierte Beziehungsrealität umzusetzen.
Dies wird in aufeinanderfolgenden Situationen bzw. Episoden versucht.
Transformationsregeln:: Elemente und Interaktionen unterliegen progressiven oder
regressiven Umwandlungen
Unzugängliche Gefühle: müssen durch Affektualisierung der Mikrowelt
wiedergewonnen werden, um Modifizierung von RIGs und MODs zu ermöglichen.
Traumwelten sind simulierte „Mikrowelten“,
„Mikrowelten“ die sich mit anderen zunächst nicht
vermischen dürfen, wodurch erst experimentelle Lösungen möglich sind.
•
•
Grenzen der Mikrowelt: Wie viel affektive Entwicklung kann zugelassen werden?
•
Ziel:: Lösungswege für die Probleme des Traumkomplexes zu finden.
Interrupt: Abbruch einer Situation oder Episode, wenn die Affekte überschießen.
Abhängig von einem Schwellenwert, der vom Sicherheitsgefühl bestimmt wird.
Die beiden Hauptfelder der Traumkodierung
MODs
Positionsfeld (PF):
Situationsbeschreibung am Beginn des Traums, Elemente werden positioniert.
- Statische Elemente: Dinge oder Personen (Prozessoren), repräsentieren Potent
- Subjektprozessor: ist immer positioniert, zumindest als Zuschauer.
- Statische Beziehungen („Eine Maus ist in einer Schachtel“).
- Affekte können als Attribute von Elementen auftauchen.
- Situationsgrenze:: Wenn Elemente später dazu kommen oder wegfallen
- Episodenwechsel:: wenn die Mehrzahl der Elemente gewechselt wird.
- Bewegungen gehören nicht zum PF, sie werden extra kodiert
RIGs
Interaktionsfeld (IAF):
Beschreibt Wechselwirkungen und Interaktionen zwischen Elementen.
- Wechselwirkungen zwischen unbelebten Dingen
- Interaktionen zwischen Personen
- RIG-CPLXe werden ausmodelliert und Lösungen ausprobiert.
Sicherheits- und Involvementregulierung
•
Sicherheitsprinzip (vgl. Sandler 1960, s.a. Bion‘s containment, Winnicott‘s Holding,
Quinodoz‘s portance)
- korrespondiert mit Bowlbys „Bindungssystem“
„Bindungssystem (Ziel: Erregungsminimierung)
- Sicherheits- und Unsicherheitsgefühle müssen gegen die Dringlichkeit der
Problemlösung abgewogen werden.
- Das Sicherheitsgefühl wird auch durch flexible und elaborierte kognitive Strategien
erhöht („Selbstorganisierte
Selbstorganisierte Sicherheit“)
Sicherheit
- diese Affekte bestimmen die Auswahl der zu positionierenden Elemente
•
Involvementprinzip
- korrespondiert mit Bowlbys „Explorationssystem“ (Ziel: Erregungssuche, Neugier)
- Hoffnungen und Befürchtungen fördern bzw. bremsen bestimmte Interaktionen
und affektive Entwicklungen
„Temperaturregulierung“ im Traum
Mehr Sicherheit
Mehr Involvement
Zunahme bzw. Abnahme der affektiven „Temperatur
IRC res
Positionskodierungen
LTM
IRC phys
IRC resp
IRC kin
Wechselwirkungen
Interruptsystem abhängig von „selbstorganisierter Sicherheit“
Signierungen im Manual von Döll-Hentschker
Döll
(2008)
Positionsfeld
Loco Time Motion
Interaktionsfeld
PLACE
Ort
LTM
Loco Time Motion = Trajektorie
IR.S
Relation der Selbstveränderung
PLACE (K)
Kulisse
AUX-R.
Hilfsrelation
IR.C
Wechselwirkung (WW)
SOC SET
Soziales Setting
ATTR
Eigenschaften
IR.C phys
Physikal. WW
SP
Subjektprozessor
ATTR AFF
Affektive Eigenschaften
IR.C kin
WW mit körp. Empfind.
OP
Objektprozessor
IR.C res
Resonanzrelation
OP (G)
Gruppe
IR.C resp
Response Relation
OP (T)
Tier
IR.D (( ))
Displacement Relation
PFL
Pflanzen
AUX-R.
Hilfsrelation
CEU
Unbelebtes kognitives
Element
V.R.
Verbale Reaktion
ATTR
Eigenschaft
IMPLW
Implizites Wissen
V.R. DIAL
Dialog
ATTR AFF
Affektive Eigenschaft
C.P.
Kognitiver Prozess
FAIL
POS REL
Positionierte Relation
EX-AFF-R
Explizite aff. Reaktion
ATTR
Eigenschaften
BEK
bekannt
Aufwachen
Aufwachen aus Traum
ATTR AFF
Affektive Eigenschaften
PART OF
Teil von
misslingend
Regeln der Transformation
Defensive oder regressive Transformationen
Dehumanisierung
OP
SP
P(T)
P(pers.n.P.)
P (depersonalisiert)
Deanimierung
OP
SP
CEU figurale
CEU stofflich
Einbettung
OP
SP
PLACE
Progressive Transformationen
Figuralisierung
PLACE
CEU stofflich
CEU figural
Animierung
PLACE
CEU
P(T)
P(pers.n.P.)
Humanisierung
PLACE
CEU
P(T)
P(pers.n.P
pers.n.P.)
OP
SP
(„Auslöschung des Obje
Green 1986)
Hanna Segals (1991) Traumbeispiel
•
•
Analysand sei in ständigem Kampf mit psychotischen Anteilen.
•
Am Montag kam er verstört, v.a. der Traum vom Samstag habe
ihn schwer irritiert:
•
„He
He was with Mrs Small. She was in bed and he was either
teaching or treating her. There was also a little girl (here he
became rather evasive), well, may be a young girl. She was very
pleasant with him, maybe a little sexy. And then quite suddenly
someone removed a food trolley and a big cello from the room“.
room“
•
Er erwachte mit Schrecken.
Die Freitagsstunde vor dem Traum sei eine „gute Stunde“
gewesen, alles hätte in ihm eine große Resonanz gehabt.
Hanna Segals Deutungen
•
•
•
•
•
•
Durch die Verwandlung von mir in Mrs Small hat er ein
internalisiertes Organ mit tiefer Resonanz verloren.
Das Cello repräsentiert auch die Mutter, die die Projektionen des
Patienten aufnehmen und eine gute Resonanz geben konnte.
Beides zeigt sich im Verlust des Cello. Mangels Containment erwac
in Angst.
Der neidvolle Angriff auf die containing function der Analytikerin
führt zugleich zum Verlust der eigenen Resonanzfunktion des
Patienten.
Der Traum zeige, dass seine Funktion, nämlich die Angst zu
containen und zu elaborieren, versagt habe.
Durch den Verlust des Instruments wurde alles konkretistisch
(Rückenschmerz)
Die Traumkodierung
Traumtext
SIT
Positionsfeld
LTM
Interaktionsfeld
S1
SP
(Subjektprozessor)
-
IR.C resp
(unterrichten oder
behandeln)
Ich bin mit Frau „Small“
zusammen. Sie ist im Bett.
Ich unterrichte oder
behandle sie.
OP1 (Fr. Small)
CEU1 (Bett)
IR.C kin int (im Bett
liegen)
S2
Jemand schafft einen
Serviertisch und ein
großes Cello aus dem
Raum. - Ich erwache mit
Angst.
S3
SP
OP2 (Mädchen)
-
IR.C comm (?)
(Flirten?)
ATTR (freundlich,
sexy)
SP
Höchstentwickelte affektive
Beziehung, möglich nur aufgrund
der Umdrehung
Umdrehung als Ausdruck von
Destruktivität?
Introjektive Repräsentanz nicht
entfaltet
POS REL CONT (in
Bett)
Ein kleines Mädchen ist da
(unklar). Sie ist sehr
freundlich mit mir,
vielleicht auch sexy.
Interpretation
Regress. Transformation: (?)
Flirten als Ausdruck erotischer
Wünsche, die Abwehr auslösen?
Regressive Transformation:
Die Attribute ersetzen die IR.C
IR.D NPR
ATTR (klein, jung)
OP3 (ANON)
CEU2 (Serviertisch)
CEU3 (Cello)
((IR.C kin int
(wegbringen) ))
Das Wegbringen von CEU2+3 ist
kein interrupt, sondern ein
((IR.C)),
Mosers Bemerkungen zu Segals Deutung
•
•
•
Ulrich Moser
•
Segals Hypothese einer Neidattacke auf die Containerfuntion ist selektiv:
- Es muss nicht die Destruktivität (Neidattacke) steuernd sein,
- Es könnte auch die Abwehr von erotischen Wünsche in der Übertragung ein
Rolle spielen (jung, angenehm, sexy).
Segal belegt den Abbau von Containing und Resonanz mit dem
Erinnerungsverlust an die Analysestunde und der Verständnislosigkeit für die
2. Traumhälfte (keine Traumelemente!). Im Traum sind die Verluste
Interaktionen, keine Nicht-Positionierungen.
Nicht
Scheint für Segal keine
Bedeutung zu haben.
Von Segal gar nicht benützt werden folgende Elemente: CEU2
(Serviertischchen), das Wegschaffen von zwei CEUs in S3, die Attribute
(„angenehm und sexy“) des Mädchens in S2.
Das Versagen der Traumarbeit wird mit dem ängstlichen Aufwachen nach S3,
der Somatisierung und der emotionalen Instabilität vor und nach dem Traum
begründet.
Schlussfolgerungen
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Assoziationen des Träumers werden ebenso wie Assoziationen nicht als gleichwertig betrachtet.
In der Analyse sind sie notwendig , in der Forschung sind sie ein Problem.
Die beiden CEU (Cello und Serviertischchen) von S3 deanimieren und ersetzen die Interaktion von
S1 (vgl. Transformationsregel). Sie ersetzen also „behandeln“ und „unterrichten“.
Cello und Serviertisch stehen für potentielle, zeitlich beschränkte Interaktionen.
Interaktionen Ihr Verlust ist
konflikthaft, nicht Ausdruck einer Fragmentierung.
Sie sind Aspekte der ferngehaltenen Wünsche und ein dritter Aspekt ist die Erotik bzw. die
sensuelle Sexualität, die in S2 als Attribut zugelassen wird.
Die Desaffektualisierung bedient sich zweier Strategien:
Die Verwendung von CEUs lässt die Affekte ungebunden, d.h. sie kommen nicht in das Erleben
von geträumten Beziehungen.
Die Verschiebung verhindert zusätzlich eine Identifizierung mit den Elementen des sekundären
Feldes
Der Traum bricht ab mit einer expliziten affektiven Reaktion und Aufwachen. Erst hier hat die
Traumarbeit wirklich versagt.
Der Verlust des Containing und der Resonanz ist zwar gegeben, aber nicht so bedeutend wie
Segal aufgrund ihres Modells annimmt: die Verluste sind vorübergehend, Störungen des
Kernselbst, Fragmentierungen und Bedrohungen der Identität treten im Traum nicht auf.
auf
Traumforschung im Rahmen der
Wiener Psychoanalyse-Studie
Psychoanalyse
Einschlusskriterien
• Generalisierte Angststörung und leichte bis mäßige strukturelle Störung.
• Patienten, die im Laufe ihrer Analyse zumindest 2 mal 5 Träume berichten, nämlich jeweils fünf
innerhalb der ersten und innerhalb der letzten 100 Analysesitzungen.
Instrument
• Die Traumkodierungsmethode von Ulrich Moser und Ilka von Zeppelin.
• Einschulung von Mitarbeitern und Herstellung einer Interrater-Reliabilität.
Interrater
Ablauf
• Einholung der Zustimmung der Studienanalytiker zu dieser Teilstudie.
• Anonymisierte Transkription der Träume aus den „Traumstunden“.
• Die Träume werden von trainierten Mitarbeitern während der laufenden Studie kodiert.
• Die Traumtexte werden qualitativ, die Ergebnisse der Ratings quantitativ ausgewertet. > Vergleich
Fragestellungen
a) Was sind die spezifischen Eigenschaften von Träumen von Angstpatienten?
b) Gibt es Zusammenhänge zwischen Traumeigenschaften und Strukturniveau der Persönlichkeit?
c) Gibt es typische Muster der Veränderung von Träumen im Laufe von Analysen?
d) Gibt es spezifische Veränderungsmuster in Abhängigkeit von Symptomatik und/oder Strukturniveau?
e) Gibt es Zusammenhänge zwischen Traumveränderungen und Therapieoutcome?
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Die Traumkodierung
Traumtext
Ich bin mit Frau „Small“
zusammen. Sie ist im
Bett. Ich unterrichte
oder behandle sie.
SIT
Positionsfeld
LTM Interaktionsfeld
S1
SP (Subjektprozessor)
-
IR.C resp (unterrichten oder
behandeln)
OP1 (Fr. Small)
CEU1 (Bett)
IR.C kin int (im Bett liegen)
POS REL CONT (in Bett)
Ein kleines Mädchen ist
da (unklar). Sie ist sehr
freundlich mit mir,
vielleicht auch sexy.
Jemand schafft einen
Serviertisch und ein
großes Cello aus dem
Raum. - Ich erwache
mit Angst.
S2
SP
OP2 (Mädchen)
-
IR.C comm (?)
(Flirten?)
ATTR (angenehm, sexy)
S3
SP
IR.D NPR
ATTR (klein, jung)
OP3 (ANON)
CEU2 (Serviertisch)
CEU3 (Cello)
((IR.C kin int (wegbringen) ))
Interpretation aufgrund der Traumkodierung
Situation 1:
Positionsfeld
Interaktionsfeld
Ich bin mit Frau „Small“ zusammen. Sie ist im
Bett. Ich unterrichte oder behandle sie.
SP, OP1 (Mrs Small), CEU1 (Bett), POS.REL CONT (im Bett)
•
enthält keine affektive Beziehungsregulierung, POS.REL löst aber im
Prozessor Empfindungen aus (hier: containing).
•
IR.C resp (zwischen SP und OP1) = höchstentwickelte affektive Beziehung
des ganzen Traums mit „subject
subject feeling“,
- möglich vermutlich nur aufgrund der Rollenumkehr,
- der OP-Bezeichnung
Bezeichnung als Mrs Small
- und ihrer Positionierung im Bett.
•
In den Inhalten (behandeln, unterrichten) steckt eine Abstrahierung.
Abstrahierung
Situation 2:
Positionsfeld
Interaktionsfeld
Ein kleines Mädchen ist da (unklar). Sie ist sehr
freundlich mit mir, vielleicht auch sexy.
OP2 (Mädchen) mit zwei Attributen (jung, klein).
OP1 und CEU1 kommen nicht mehr vor. Beide sind durch OP2 substituiert worden
(Regel der Transformation).
Evt. gibt es eine IR.C comm (kommunikative Interaktion, Flirten?).
Oder es stehen die Attribute (angenehm, sexy) anstelle der Interaktion,
= „Transformationen der Potentialität“ : Möglichkeiten der Interaktion werden
entdynamisiert. Eine Beziehungsregulation ist nicht erforderlich.
Die Rollenumkehr in S1 wird in S2 mit einer Umkehr der OP-Attribute
OP
fortgesetzt
Das junge Mädchen ist das Gegenteil der Analytikerin. Das Motiv der
Desaffektualisierung bleibt zunächst unentscheidbar: Angriff auf die
Containerfunktion oder Abwehr erotischer Gefühle?
.
Situation 3:
Jemand schafft einen Serviertisch und ein großes Cello
aus dem Raum. - Ich erwache mit Angst.
Positionsfeld Ein neuer, anonymer OP3, SP verwandelt sich durch eine Verschiebungsrelation
(IR.D) der in einen Zuschauer
Zwei neue CEUs substituieren eine ganze Episode komplexhafter Art, deren
Affekte ungebunden und außerhalb des Traumgeschehens bleiben
Interaktionsfeld Die Desaffektualisierung ist weiter fortgeschritten.
Die sekundäre Relation (IR.C kin int) legt nahe, dass in CEU2+3 sowie in OP3 Anteile
des SP stecken.
Die Anonymität von OP3 konkretisiert Überichanteile.
Das „Wegbringen“ lässt auch features von CEU2+3 verschwinden.
Segal meint, OP3 repräsentiere die destruktiven Selbstanteile. „Wegbringen“ statt
DROP verweist aber auf einen inneren Konflikt.
S3 kommt durch die Desaffektualisierung aber dem Traumkomplex am nächsten
Die Verwendung von Assoziationen des Interpreten
•
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•
•
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•
•
Dem Interpreten können morphologische features von Objekten oder assoziative features einfallen. Sie werden
hier nicht als gleichwertig mit Assoziationen des Patienten betrachtet:
Wofür stehen Cello und Serviertischchen?
Die beiden CEU von S3 deanimieren und ersetzen die Interaktion von S1 (vgl. Transformationsregel).
Cello und Serviertisch ersetzen also „behandeln“ und „unterrichten“.
Cello und Serviertisch stehen für potentielle, zeitlich beschränkte Interaktionen.
Sind dies Aspekte der ferngehaltenen Wünsche und ist ein dritter Aspekt die Erotik bzw. die sensuelle Sexualitä
die in S2 als Attribut zugelassen wird?
Die Desaffektualisierung bedient sich zweier Strategien:
Die Verwendung von CEUs lässt die Affekte ungebunden, d.h. sie kommen nicht in das Erleben von geträumten
Beziehungen.
Die Verschiebung verhindert zusätzlich eine Identifizierung mit den Elementen des sekundären Feldes
Der Traum bricht ab mit einer expliziten affektiven Reaktion und Aufwachen. Erst hier hat die Traumarbeit
wirklich versagt.
Der Verlust des Containing und der Resonanz ist zwar gegeben, aber nicht so bedeutend wie Segal aufgrund ihr
Modells annimmt: die Verluste sind vorübergehend, Störungen des Kernselbst, Fragmentierungen und
Bedrohungen der Identität treten im Traum nicht auf.
Dies obwohl im Kommentar mitgeteilt wird, der Patient befinde sich in konstantem Kampf mit seinen
psychotischen Anteilen.
Marianne Leuzinger-Bohleber
Leuzinger
(1987, 1989)
Veränderungen kognitiver Prozesse in Psychoanalysen
•
•
die Stundentranskripte von fünf exemplarischen Psychoanalysen untersucht
folgende Kriterien für die Evaluation des analytischen Fortschritts entwickelt:
a) Generelles Ziel einer Psychoanalyse:
- Optimale Reflexionsmöglichkeiten aktueller innerer Prozesse als Voraussetzung zur
Selbstanalyse
b) Teilziele einer Psychoanalyse:
- Erweiterung der Kompetenz in der Wahrnehmung des Unbewussten (z.B. von Träumen)
- Modifikation von Überich-Strukturen
Strukturen und –inhalten (mildes, aber kohärentes Überich)
- Erweiterung der Kompetenz, die persönliche Bedeutung von Träumen zu erkennen
- Erweiterung der verbalen und sozialpsychologischen Kompetenz
- Erweiterung der Realitätskompetenz
- Erweiterung der selbstreflexiven Kompetenz
Das Gedächtnismodell nach Moser & v. Zeppelin
•
•
Grundstruktur des autobiografischen Gedächtnisses = Episoden (Tulving 1972)
•
Verdichtungs- und Abstrahierungsprozesse führen zu einer Generalisierung von
Einzelerfahrungen (innere Arbeitsmodelle bzw. unbewusste Phantasien).
•
Elemente: bestimmte Vorstellungen von Selbst und Objekt, die jeweils auch
spezifische affektive Informationen enthalten. In ihrer generalisierten Form werden
sie Selbst- und Objektmodelle genannt (MODs).
•
Wechselwirkungen: beschreiben die Interaktionen der Elemente.
Generalisiert heißen sie generalisierte Interaktionsrepräsentanzen (RIGs).
Sie legen die Erwartung in zukünftige Interaktionen fest.
•
Ordnungsprinzip: Selbst- und Objekt-MODs,
Objekt
sowie RIGs sind nach den Affekten, d
mit ihnen verbunden sind, so sogenannten k-lines (nach Minsky 1988) geordnet
MODs
RIGs
k-lines
Episoden bestehen aus Interaktionseinheiten,
Interaktionseinheiten die sich aus Elementen und
Wechselwirkungen zusammensetzen.
„Desaffektualisierung“ und Erwartung
•
Die assoziative Verknüpfung von RIGs und MODs bildet bildliche Prototypen
(Schemata) von emotionalen Beziehungssituationen = Kernelemente der inneren
Arbeitsmodelle (nach Bowlby)) und der unbewussten Phantasie.
•
RIGs und MODs werden normalerweise im Zuge ihrer Generalisierung
„desaffektualisiert““ = man bekommt Abstand von den Affekten (Triebmischung,
Affektintegration).
•
•
Es bildet sich eine Hierarchie unterschiedlich desaffektualisierter Episoden.
•
•
Wenig desaffektualisierte Schemata bilden die verdrängten Inhalte des Es.
•
•
Aus „desaffektualisierten“ RIGs entstehen (kognitive) Überzeugungen und Annahmen
(beliefs),
), die die Einschätzung aktueller Situationen erleichtern.
erleichtern
RIGs und MODs entsprechen Erwartungs-“Slots“,
Erwartungs
in die aktuelle Objektbeziehungen
eingesetzt und dadurch „sensuell gefüllt“ werden können.
Nur durch die sensuelle Füllung der „desaffektualisierten“ Schemata können diese
verändert und neuen Erfahrungen angepasst werden. (= „Lernen
„
aus Erfahrung“)
Bei aktuellen Erfahrungen, die Komplexe aktivieren, deren Komponenten nicht
desaffektualisiert wurden, ist dies nicht der Fall.
Die Traumorganisation
•
•
•
•
•
•
Steuert die Traumgenerierung: positioniert Elemente, die Wechselwirkung ermöglichen.
Aufgabe: den Traumkomplex in eine neue simulierte Beziehungsrealität umzusetzen
(in „spielerischer“ Form).
Dies wird in aufeinanderfolgenden Situationen bzw. Episoden versucht.
Transformationsregeln:: Elemente und Interaktionen unterliegen progressiven oder
regressiven Umwandlungen
Unzugängliche Gefühle: müssen durch Affektualisierung der Mikrowelt
wiedergewonnen werden, um Modifizierung von RIGs und MODs zu ermöglichen.
Traumwelten sind simulierte „Mikrowelten“,
„Mikrowelten“ die sich mit anderen zunächst nicht
vermischen dürfen, wodurch erst experimentelle Lösungen möglich sind.
•
Grenzen: Wie viel affektive Entwicklung kann zugelassen werden?
An welchem Punkte muss die Komplexwiederholung abgebrochen werden?
•
•
Interrupt: Abbruch einer Situation oder Episode, wenn die Affekte überschießen.
Ziel:: Lösungswege für die Probleme des Traumkomplexes zu finden.
Traum und Übertragung
•
•
•
•
•
•
•
•
Traum = Entwurf von neuen simulierten Lösungen für Probleme des
Traumkomplexes.
simulierte Beziehungen, phantasierte Objekte
> Die Übertragung tritt häufig als CC im Traum auf.
> Blaupausen für modifizierte Realbeziehungen.
Realbeziehungen
Umsetzungen in Realbeziehungen sind riskant.
Mikrowelt der Übertragungsbeziehung:
Übertragungsbeziehung Neue Lösungen sind häufig zuerst
nur in die Übertragung transferierbar.
Erst der Transfer in die therapeutische Situation verwandelt die
experimentelle Simulation in eine Realerfahrung.
Transfer in die normale äußere Welt: Erst nach weiterer Bearbeitung in der
Übertragung wird dies möglich.
Freud 1900:
„Das Gesicht, das ich im
Traum sehe, ist
gleichzeitig das meines
Freundes R. und das
meines Onkels. Es ist wie
eine Mischphotographie
von Galton, der, um
Familienähnlichkeiten zu
eruieren, mehrere
Gesichter auf die
nämliche Platte
photographieren ließ.“