Ethik im Kerngeschäft: Banken zeigen zu wenig Engagement

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Ethik im Kerngeschäft: Banken zeigen zu wenig Engagement
Presseinformation
Ethik im Kerngeschäft: Banken zeigen zu wenig Engagement
oekom research nimmt Corporate Responsibility von 65 Großbanken unter die Lupe
München, 19. Juni 2009 – Nachhaltiges Wirtschaften ist zum Schlagwort bei der Suche
nach einem Weg aus der Finanz- und Wirtschaftskrise geworden – vor allem für Banken. Wie sind die weltweit wichtigsten Banken im Bereich Nachhaltigkeit derzeit aufgestellt? oekom research hat 65 Geschäftsbanken hinsichtlich ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung untersucht. Auf einer Skala von A+ (Bestnote) bis D- (niedrigste
Note) erreichte die deutsche HypoVereinsbank ein B-, gefolgt von den australischen
Banken Westpac Banking Corporation und National Australia Bank (beide C+).
Ingesamt erreicht die Bankenbranche mit einem C- als Durchschnittsnote im Vergleich
zu anderen Sektoren ein eher schlechtes Ergebnis.
Mit Blick auf die Entstehung der Finanzkrise sieht Dietrich Wild, Research Director bei
oekom research, großen Handlungsbedarf bei der fairen und transparenten Beratung
der Kunden. Nicht nur Privatkunden, sondern auch professionelle Marktteilnehmer wie
Kommunen, Mittelständler oder andere Banken sind Opfer einer mangelhaften Informations- und Beratungspolitik geworden. „Es gibt derzeit keine Großbank, die es geschafft hat, wirksame Maßnahmen zu etablieren, um den Vertrieb rundum transparent
und kundenorientiert zu gestalten. Die Problematik provisionsgesteuerter Verkaufsmethoden besteht zudem bei jeder Bank“, erläutert Wild. Bei Westpac Banking allerdings
haben die Analysten zumindest überzeugende Richtlinien gefunden, die dazu beitragen, dass Angebote für Kunden durchweg verständlich formuliert werden. Besonders
kritisch sehen die Experten von oekom research Anbieter von Ratenkrediten, die ihren
Kunden mit bisweilen aggressiven Marketingmethoden und unübersichtlichen Vertragsbedingungen auch bei schwacher Bonität Finanzierungen gewähren. Mittlerweile
befinden sich in vielen Ländern große Teile der Bevölkerung in einer Verschuldungsspirale mit entsprechend negativen gesellschaftlichen Auswirkungen.
Wild sieht bei der Ausgestaltung der Produkte jedoch auch Bewegung in der Branche.
So haben die Banken das Angebot an nachhaltigen Investmentfonds und Mandaten in
den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgeweitet. Die besondere Berücksichtigung
von Themen wie Klimawandel oder Wasser hat die Bandbreite nachhaltiger Kapitalanlagemöglichkeiten erweitert. Trotz beeindruckender Wachstumsraten liegt bei den
meisten Banken der Anteil von Fonds und Mandaten, die nach umfassenden ökologischen und sozialen Kriterien verwaltet werden, jedoch noch unter drei Prozent.
Neben der Kapitalanlage sehen die Analysten vor allem im Kreditgeschäft einen zentralen Hebel, über den Finanzinstitute nachhaltiges Wirtschaften fördern und kontroverse Projekte verhindern können. „Hier zeigt die Branche zu wenig Engagement und
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bleibt noch immer weit hinter ihren Möglichkeiten“, erläutert Wild und ergänzt: „Die oft
mit weit reichenden und langfristigen Folgen behafteten Unternehmens- und Projektfinanzierungen werden zu wenig auf ökologische und soziale Auswirkungen geprüft.“
Die HypoVereinsbank, als Branchenleader im oekom Corporate Rating, gilt hier als
Vorreiter. Im Prüfungsprozess für Großkredite und Projektfinanzierungen spielen bei ihr
ökologische und soziale Kriterien mittlerweile eine bedeutende Rolle. Zahlreiche Banken stehen dagegen immer wieder wegen der Finanzierung kontroverser Projekte in
der Kritik. So etwa Banco Santander und Banco Bradesco wegen des Rio Madeira
Staudamms im Amazonasgebiet oder BNP Paribas wegen des Atomkraftwerks Belene
in Bulgarien.
Wild fordert deshalb, dass Banken ihre Finanzierungen hinsichtlich der Sozial- und
Umweltauswirkungen streng und vollständig prüfen und gegebenenfalls Kredite verweigern. HSBC Holdings und Standard Chartered beispielsweise haben bereits Richtlinien für die Kreditvergabe in besonders kritischen Sektoren, wie Forstwirtschaft, Bergbau, Öl und Gas, Großkraftwerke oder Palmöl etabliert. „Die Umsetzung greift allerdings nur zögerlich“, so Wild.
Insgesamt gibt es nach wie vor große regionale Unterschiede in der Integration von
Nachhaltigkeitsaspekten in den Geschäftsbetrieb. In der Zusammenschau bleiben Finanzinstitute aus Europa und Australien weiterhin die Vorreiter. „Die meisten Banken in
den USA und den Schwellenländern schneiden in unserem Rating auch diesmal wieder schlecht ab“, bedauert Wild. Er rechnet aber mit einer Änderung in den kommenden Jahren: „Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass Unternehmen aus diesen Ländern in
Zukunft stärker auf Nachhaltigkeit setzen werden.“
http://www.oekom-research.com/index.php?content=pressemitteilung_19062009
Weitere Informationen zu Unternehmen und ihrer Nachhaltigkeitsperfomance
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Fon: ++49-(0)89-544184-64, Fax: -99, [email protected]
oekom research – die Rating-Agentur
oekom research zählt zu den weltweit führenden Rating-Agenturen im Bereich des nachhaltigen
Investments. Wir analysieren Unternehmen und Länder hinsichtlich ihrer ökologischen und sozialen Performance. Als erfahrener Partner von institutionellen Investoren und Finanzdienstleistern identifiziert die Rating-Agentur diejenigen Emittenten von Aktien und Rentenpapieren, die sich durch ein verantwortungsvolles Wirtschaften gegenüber Gesellschaft und Umwelt auszeichnen. Die Analysen von oekom research fließen in über 75 Fonds ein und beeinflussen damit derzeit rund 90 Milliarden Euro Assets Under Management.
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