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Benefits!
Das bAV-Fachmagazin von Towers Watson Deutschland
Ausgabe 01 | März 2013
towerswatson.de
„Die
„
Verbreitung der bAV sollte weiter gefördert
werden, denn sie ist der effizienteste Weg der
kapitalgedeckten Altersvorsorge.“
Ruhestand 2030:
Er­gebnisse von
Renten­dialog und
­Alterssicherungsbericht
Neuer Pensionsfonds
von Towers Watson:
Anbieter-unabhängige
bAV-Plattform
Betriebliche KrankenZusatzversicherung
bei Mitarbeitern sehr
gefragt: Aktuelle Studie
Vorbereitung auf
IAS 19: Nachholbedarf
bei Umstellung auf
neuen Standard
Apps & Co. in der
­bAV-Verwaltung: Marktpraxis und Trends –
aktuelle Studie
Muster-Rubrik
Inhalt
März 2013
Herausgeber:
Towers Watson GmbH
V.i.S.d.P.: Reiner Jung
Redaktion
Ulrike Lerchner-Arnold
Verantwortlich:
Prof. Dr. Dr. Wolfgang Förster
Dr. Michael Karst
Sybille Siefer
Dr. Manfred Stöckler
Dr. Claudio Thum
Online-Archiv
Benefits! ist auch online abrufbar unter:
www.towerswatson.com/de-DE/Insights/
Newsletters/Europe/benefits-fachmagazin
Editorial
4
MyMüsli –
­MyPensionsfonds
21
Zinsdiskussion:
­Klärungsprozess
dauert an
Im Fokus
5
Übergang in den
Ruhestand 2030
24
Die Durchführung der
QIS in Deutschland
7
Alterssicherung –
bAV am Scheideweg
Praxis Benefits
9
Entgeltumwandlung
rechnet sich
12
Junge Arbeitnehmer
setzen auf bAV
14
Towers Watson gründet Pensionsfonds
16
Studie: Mitarbeiter unzufrieden
mit ­gesetzlichen
­Krankenkassen
27
­Bilanzierung von
Altersteilzeitverhältnissen nach IFRS
30
Risikomanagement
von Pensionskassen
32
Prüfungsanpassung
nur auf Basis des
HGB-Abschlusses
Recht & Steuern
34
Einstandspflicht auch
bei Kürzung von Pensionskassenleistungen
35
Beitragspflicht bei
­Abfindung einer
­Direktversicherung
17
Internationale
Pensionspläne –
­Marktpraxis und
Trends
36
Jeweiligkeitsklauseln in Formular­
arbeitsverträgen
Bilanzen & Finanzen
20
Gut vorbereitet auf
IAS 19 (neu)?
38
Vorgezogene Altersrenten aus unverfallbaren
Anwartschaften bei
Limitierungssystemen
39
Behandlung von
angeschafften
­Droh­verlusten und
Schuldbeitritten
Administration &
Software
42
Apps & Co. in der
bAV-Verwaltung
HR-Strategie,
Talent & Rewards
44
Vergütung in
Konzernen und
im Mittelstand
News
47
Towers Watson
­Pensionskassentag
2013
48
HR ExecutiveBranchenkonferenz
Banken und V
­ ersicherungen 2013
48
Towers Watson
HR ExecutiveKonferenz 2013
Benefits! 3
Editorial
MyMüsli – MyPensionsfonds
Vor dem Internetzeitalter hatten Müsli-Fans nur
zwei Möglichkeiten: entweder eine Fertigmischung
aus dem Supermarkt kaufen oder mit großem Aufwand (Zeit, Zutaten, Kücheninfrastruktur …) eigene
Mischungen herstellen. Heute ist das anders: Über
diverse Internetplattformen lassen sich Billionen
individueller Müslimischungen zusammenstellen –
zu einem akzeptablen Preis und ohne die heimische Küche zum Müsli-Labor umzubauen. Darüber
hinaus bieten viele Müsli-Mix-Plattformen auch
individuell variierbare Standardmischungen an.
Was hat das mit der betrieblichen Altersversorgung
(bAV) zu tun? Nun, inzwischen ist auch der Pensionsfonds im Internetzeitalter angekommen. Seit
Januar gibt es mit dem Towers Watson Pensionsfonds den ersten anbieterunabhängigen Pensionsfonds in Deutschland (siehe Beitrag auf Seite 14).
Er bietet für das „Mischen der Zutaten“ die größtmögliche Gestaltungsfreiheit: So lassen sich ein
unternehmensspezifisches Rundum-Sorglos-Paket
oder einzelne Module (z. B. Pensionsfonds-Beratung, Investment Consulting, Administration usw.)
oder eine durchdachte Standardlösung wählen.
Damit lassen sich völlig neue bAV-Lösungen
schaffen – oder vorhandene Lösungen auf den
Pensionsfonds adaptieren. So können Unternehmen beispielsweise Pensionsvermögen aus einer
bereits existierenden Treuhandlösung (Contractual Trust Arrangement – CTA) auf einen Pensionsfonds übertragen. Dabei profitieren sie von
den Vorteilen des Pensionsfonds (z. B. Einsparpotenzial bei der Insolvenzsicherung). Gleichzeitig
kann im Hinblick auf z. B. die Kapitalanlage oder
die Administration alles weitgehend beim alten
bleiben (im Rahmen der rechtlichen Vorschriften).
Alles in allem ist der Towers Watson Pensionsfonds ein Angebot für Unternehmen, welche die
Vorteile eines Pensionsfonds nutzen möchten, für
die sich aber die Eröffnung eines eigenen Unternehmenspensionsfonds nicht rechnet. Übrigens:
Die bAV-Plattform von Towers Watson schließt
auch ein CTA und eine Unterstützungskasse ein.
Die Einrichtung dieses Pensionsfonds versteht
­Towers Watson nicht zuletzt als Beitrag zur
Alterssicherung in Deutschland. Dass der aktuelle
Altersvorsorge-Mix optimierungsbedürftig ist, haben
der Alterssicherungsbericht der Bundesregierung
und die bisherigen Ergebnisse des Rentendialogs
gezeigt (siehe Beiträge auf Seite 5 und 7).
Dabei geht es nicht nur darum, wie ein Kapitalstock
für die Altersversorgung wirtschaftlich effizient
4 towerswatson.de
„Die
„ bAV-Plattform von Towers Watson
bietet für das ‚Mischen‘ der bAV-Zutaten
die größtmögliche Gestaltungsfreiheit.“
aufgebaut werden kann. Zu entwickeln wären auch
neue, flexible Modelle für den Wechsel von der
Berufstätigkeit in den Ruhestand. Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten in Bezug auf Rentenbeginn, Teilrente und Teilzeittätigkeit im Alter sollten
so lange wie möglich offen gehalten werden. Denn
die optimale Altersvorsorge-Mischung für einen
heute 30-jährigen Mitarbeiter lässt sich am besten
dann finden, wenn er sicher sagen kann, wie lange
er noch arbeiten will und möchte. Bis dahin mögen
noch 30 Jahre vergehen. Dann aber lässt sich auch
die zu diesem Zeitpunkt relevante Gesamtpersonalsituation im Unternehmen gut abschätzen und die
beste Entscheidung für beide Seiten treffen.
Inspiration zu einer gelungenen „bAV-Mischung“
sowie Informationen zu Trends und Entwicklungen
in der bAV will Benefits! auch in dieser Ausgabe
wieder liefern.
Eine spannende Lektüre wünscht
Dr. Thomas Jasper
Leiter Retirement Solutions
Towers Watson Deutschland
PS: Um „Benefits!“ weiter verbessern zu können,
führt Towers Watson demnächst eine Leserumfrage
durch. Darin bitten wir Sie – unsere Leserinnen und
Leser – um Feedback: Wie gefällt Ihnen „Benefits!“?
Welche Anregungen, Kommentare, Wünsche oder
Kritik möchten Sie der Redaktion mitteilen? Die
Einladung zu der Online-Befragung erhalten Sie
demnächst per E-Mail. Für Ihr Feedback bedankt
sich die Redaktion bereits heute.
Im Fokus
„Die
„
bAV ist als Gegengewicht zur gesetzlichen Rente und
zum privaten Sparen unverzichtbar.“
Übergang in den Ruhestand 2030
Überlegungen und Fragen zu den Ergebnissen des
Rentendialogs
Wie sollen künftig der Übergang vom Arbeitsleben in den Ruhestand und die Ruhestandsfinanzierung
aussehen? Wie sind dabei die demografischen Veränderungen zu berücksichtigen? Diese und ähnliche
Fragen wurden in dem von der Bundesregierung ins Leben gerufenen Rentendialog diskutiert.
Die demografische Entwicklung führt dazu, dass
die Bevölkerung und damit auch die Belegschaften
in den Unternehmen durchschnittlich immer älter
werden. Dies stellt Unternehmen in Deutschland
vor neue Herausforderungen. Es gilt, ein ausreichendes Arbeitskräftepotential sicherzustellen
sowie kontrollierte Nachfolgeprozesse für alters­
bedingt ausscheidende Mitarbeiter einzuführen.
Unsicherheiten prägen dabei die Perspektiven von
Unternehmen und Mitarbeitern. Unternehmen fragen
sich, wie Mitarbeiterpotentiale erschlossen werden
können. Mitarbeiter fragen sich, bis wann sie arbeiten müssen, können und wollen. Beide stehen vor
der Frage, wie die Versorgungslücke zwischen dem
Erwerbseinkommen und dem i. d. R. niedrigeren
Ruhestandseinkommen überbrückt werden kann.
Der Rentendialog sollte hierzu Lösungen erarbeiten.
Die Position der Bundesregierungen und
der Parteien
Die Position der Bundesregierungen ist seit 2005,
die Frühverrentung abzuschaffen. Der Koalitionsvertrag schrieb 2009 fest, dass die Förderung der
Altersteilzeit zum 31.12.2009 eingestellt werden
soll. Trotz der Abschaffung der Förderung durch die
Bundesagentur für Arbeit ist die steuerfreie Auf­
stockung aber geblieben. Damit bleibt Altersteilzeit
weiterhin möglich.
Im Rahmen des Rentendialogs hat die Bundesregierung jetzt vor allem zwei Maßnahmen zum ­gleitenden
Übergang in den Ruhestand vorgestellt: die Kombirente, d. h. Erleichterung des Hinzuverdiensts bei
gesetzlichen Teilrenten, sowie die Möglichkeit freiwilliger Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung,
um die „erste“ Säule zu stärken.
Benefits! 5
Im Fokus
Gefordert wird – insoweit parteiübergreifend –
zudem eine verbesserte Grundabsicherung für
geringe gesetzliche Renten. Der Rentendialog hat
insoweit die Zuschussrente vorgesehen. All dies
schließt insgesamt die wachsende Versorgungs­
lücke nicht, sondern führt für die Aufstockung
geringer gesetzlicher Renten zu massivem Zuschuss­
bedarf für die gesetzliche Rentenversicherung. Dazu
ein paar Zahlen: bereits heute verfügen Neuzugänge in die gesetzliche Altersrente nur über ein
Sicherungsniveau von durchschnittlich 50 Prozent (durchschnittliche Beginnrente alte Bundesländer, Stand 2011: 655 Euro). Neurentner ab
2030 erwartet nur ein Sicherungsniveau von
43 Prozent – und damit ein durchschnittlicher
Rentenzahlbetrag von ca. 560 Euro.
Das „Vorsorgekonto“ – mehr Fragen als
Antworten
Nach einen Vorschlag der Deutschen Rentenversicherung (DRV) soll die gesetzliche Rentenversicherung um eine Sparkomponente erweitert werden.
Ziel: Ausweitung der Palette der Riesterprodukte
um eine „einfache“ Komponente, um deren stagnierende Verbreitung zu erhöhen. Der Vorschlag
wirft einige Fragen auf:
Die – bislang praktisch ungenutzte – Möglichkeit,
gesetzliche Rentenabschläge durch Einmalzahlungen in die DRV auszugleichen soll um eine Sparkomponente ergänzt werden. Es soll gelten: Prinzip
der nachgelagerten Besteuerung, Riesterförderung
und Vererblichkeit des Guthabens. Damit wird der
„Rubikon“ zwischen Altersversorgung und Sparplan, wie er noch der Rüruprente zugrunde lag,
überschritten und eine systematische Grundsatzfrage steuerlicher Förderungsprinzipien aufgeworfen. Die Kapitalanlage soll den Regeln für gesetzliche Sozialversicherungsträger folgen. Sie ist damit
zwar „sicher“, aber nur auf Basis vergleichsweise
niedriger Erträge: So rentierte z. B. die gesetzliche
Nachhaltigkeitsrücklage der gesetzlichen Rentenversicherung seit etwa 2009 zwischen etwa 0,4 und
1,4 Prozent, während sich die durchschnittlichen
Inflationsraten gleichzeitig zwischen ca. 0,9 und
2,1 Prozent bewegten.
Letztlich schließt dieser Vorschlag die Versorgungslücke nicht. Zwar steigt möglicherweise die
Verbreitung von „Riesterverträgen“ insgesamt,
jedoch zum Preis einer vergleichsweise schwachen und damit besonders inflationsgefährdeten
Verzinsung.
„Mischmodelle“ als Königsweg?
Betrachtet man die anstehenden Herausforde­
rungen, so ist evident, dass die Ausgangsfragen
nur durch die intelligente Nutzung aller verfügbaren Vorsorgemodelle gelöst werden können. Ent-
6 towerswatson.de
scheidend ist die Finanzierung der verschiedenen
Lebensphasen: hier ist der kombinierte Einsatz
von gesetzlichen und betrieblichen Teilrenten,
Lebensarbeitszeitkonten, Elementen der Altersteilzeit und Teilzeitarbeit für angemessene und
flexible Übergänge in den Ruhestand gefragt.
Flexible zweckgebundene Ausfinanzierung
Die Kernfrage aller Vorsorgemodelle bleibt jedoch
deren Finanzierung. Die Mittel hierfür sind – auch
bei Beteiligung der Arbeitnehmer durch Entgeltumwandlung – begrenzt. Hier ist in Anbetracht der Vielschichtigkeit der Anforderungen sowie der nicht im
Detail planbaren künftigen personalwirtschaftlichen
Situation für Unternehmen eine flexible Gestaltung
angezeigt. Flexibilität können kollektive betriebliche
Vorsorgefonds bewirken, in denen die betrieblichen
Fördermittel für Ruhestand und „Vorruhestand“
zweckgebunden zu Gunsten der Arbeitnehmer
gebündelt und erst künftig situationsgebunden verwendet werden, statt sie bereits heute vollständig
für konkrete Maßnahmen einzusetzen.
Hinweise für die Praxis
In Anbetracht der demografischen Herausforderungen sind Unternehmen gefordert, die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung (bAV)
– gerade auch aus Entgeltumwandlung bzw. kofinanziert durch Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge bzw. Opting-Out-Modelle – zu forcieren
und die periodengerechte Vorfinanzierung der demografischen Lasten
für Vorruhestandkosten durch kollektive Vorsorgefonds zu verbessern.
Die aktuelle Rechtslage bietet für Unternehmen bereits heute ein
vielfältiges Spektrum, mit dem unternehmensspezifische Lösungen
gestaltet und umgesetzt werden können.
Dr. Reiner Schwinger
[email protected]
Telefon: +49 7121 3122-228
Dr. Michael Karst
[email protected]
Telefon: +49 7121 3122-261
Alterssicherung – bAV am Scheideweg
Alterssicherungsbericht der Bundesregierung /
Zentrale Rolle der bAV
Zwar bleiben umlagefinanzierte Renten weiterhin ein wesentliches Element der Grundsicherung im
Alter, die bAV muss hierbei jedoch ebenfalls eine zentrale Rolle spielen. Ihre Verbreitung sollte daher
weiter gefördert werden.
Während Arbeits- und Sozialministerin Ursula von
der Leyen vor dem möglichen „Massenphänomen
Altersarmut“ warnt und dieses mit geplanten
Zuschussrenten für Geringverdiener abwenden
möchte, scheint der Alterssicherungsbericht 2012
der Bundesregierung vorerst Entwarnung zu geben.
Er zeichnet das Bild eines noch ausbaufähigen,
aber stetig wachsenden Alterssicherungssystems
in Deutschland, welches nachhaltig und zukunftsfest genug ausgestaltet wurde, um auch den
Herausforderungen des demografischen Wandels
standzuhalten. Der Bericht bekräftigt, dass die
heutige Rentnergeneration überwiegend gut versorgt sei und das Netto-Gesamtversorgungsniveau
insbesondere für Versicherte mit Kindern künftig
deutlich ansteigen wird.
Gesetzliche Rente: niedriges
­Absicherungsniveau
Ein genauerer Blick auf die Entwicklung der gesetzlichen Rente in Deutschland zeigt jedoch, dass
diese bereits bis heute deutlich abgesunken ist.
Während der Zahlbetrag der gesetzlichen Rente
monatlich bei 1.037 Euro im Durchschnitt aller
Rentner ab 65 Jahren liegt, sieht die Situation
für Neurentner deutlich schlechter aus. Im Jahr
2010 lag der durchschnittliche Einstiegsbetrag der
gesetzlichen Rente in den alten Bundesländern bei
655 Euro und damit sogar unter dem deutschen
Grundsicherungsbetrag von 688 Euro.
Bereits 2001 hatte die seinerzeitige Bundesregierung erkannt, dass diese Lücken nicht durch eine
wie auch immer geartete Reform der gesetzlichen
Rentenversicherung und der Finanzierung über
Umlagen geschlossen werden kann. Seit damals
hat sich die Lage nicht grundsätzlich verbessert –
im Gegenteil: Der demografische Befund zeigt für
die nächsten beiden Generationen eine ungebrochene Tendenz zur Überalterung; die Finanzkraft
der öffentlichen Haushalte ist durch die Eurokrise,
die ja im Wesentlichen eine Staatsschuldenkrise
ist, deutlich gesunken. Vorschläge, die heute die
Rettung durch einen weiteren Ausbau der gesetzlichen Rente erwarten, verkennen die demografischen und ökonomischen Grundzusammenhänge
und nehmen wissentlich eine weitere Verlagerung
von Schulden auf kommende Generationen in Kauf.
Versorgungslücke: Ausgleich durch
bAV möglich
Wie die Fraktionen der SPD und der Grünen schon
vor zwölf Jahren festgestellt hatten, bietet die
betriebliche Altersversorgung (bAV) die besten Voraussetzungen, um die absehbaren Renten­lücken
ganz oder teilweise auszugleichen. Sie kann transaktionskostenarm durchgeführt werden, erfordert
wegen fehlender Interessengegensätze zwischen
Anbieter und Begünstigten (idealtypischerweise
fehlende Gewinnerzielungsabsicht) im Grundsatz
keine umfassende Regulierung und kann effizient
für ganze Kollektive umgesetzt werden.
Als Folge der Riester-Reformen hat die bAV dann
auch eine deutliche Renaissance erfahren: Dem
Alterssicherungsbericht 2012 der Bundesregie-
Abb. 1: Aktuelle Rentenzahlbeträge (Angaben in Euro)
1037
Bestandsrentner 1: Gesetzliche Rente
Neurentner 2: Gesetzliche Rente
655
Bestandsrentner 1: Betriebliche Rente
466
0
200
400
600
800
1000
1200
1) Durchschnittlicher Beitrag je Leistungsbezieher (Quelle: Alterssicherungsbericht 2012, Bundesministerium für Arbeit und Soziales)
2) D urchschnittliche monatliche gesetzliche Altersrente eines Ruheständlers in den alten Bundesländern, der im Jahr 2010 in den Ruhestand gegangen ist
(Quelle: Stiftung Warentest Finanztest 7/2012)
Benefits! 7
Im Fokus
rung zufolge ist die Zahl der aktiven Anwartschaften auf bAV seit 2001 um rund 34 Prozent auf
19,6 Mio. deutlich gestiegen. Insbesondere vor
dem Hintergrund des eher verhaltenen Zuwachses
zwischen 2007 und 2009 im Kontext der Finanzund Wirtschaftskrise ist dies insgesamt eine sehr
dynamische Entwicklung. Seit der Einführung der
steuerlichen Förderung nach § 3 Nr. 63 Einkommensteuergesetz (EStG) hat auch die Verbreitung
von Entgeltumwandlung deutlich zugenommen und
ist damit zur treibenden Kraft des Ausbaus der
bAV in den vergangenen zehn Jahren geworden.
Verbreitung der bAV: noch nicht ausreichend
Trotz dieser positiven Entwicklungen ist bAV in
Deutschland noch nicht so weit verbreitet, dass
sie das in Zukunft sinkende Sicherungsniveau in
der gesetzlichen Rentenversicherung ausgleichen
können wird. So sind Schätzungen zufolge rund
40 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bislang nicht durch eine bAV abgesichert.
Auch im internationalen Vergleich ist die Verbreitung
der bAV in Deutschland stark unterrepräsentiert. Mit
einem Pensionsvermögen in Höhe von ca. 5,5 Prozent des BIP liegt Deutschland weit unterhalb
des gewichteten Mittelwerts von 72 Prozent.
Selbst unter Berücksichtigung der innenfinanzierten Pensionsverpflichtungen in Höhe von über
250 Mrd. Euro fällt Deutschland damit weit hinter
vergleichbar entwickelte europäische Staaten wie
Großbritannien und den Niederlanden zurück.
Auch innerhalb von Deutschland herrschen große
Unterschiede in der Versorgung durch bAV,
ins­besondere in Abhängigkeit von der Branchenzugehörigkeit: Während das Kredit- und Versicherungsgewerbe mit einem Anteil von 84 Prozent
der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit
bAV-Ansprüchen den Spitzenreiter in der Privatwirtschaft darstellt, liegt der Anteil bei der überwiegenden Mehrheit der Branchen bei unter 50 Prozent.
Insbesondere bei kleinen und mittelständischen
Unternehmen, dem Rückgrat der deutschen Wirtschaft, sind Zusagen auf bAV unterrepräsentiert.
Hindernisse aus dem Weg räumen
Auf der Suche nach Gründen für die nicht zufriedenstellende Durchdringung in Breite und Tiefe stößt
man auf Gesetze und Vorschriften, die es Unternehmen und Mitarbeitern nicht leicht machen, an einem
nachhaltigen Vorsorgesparen zu arbeiten: Zum einen
verhindern tradierte Regeln die Durchlässigkeit der
Systeme und erschweren den Unternehmen die
Finanzierung, Verwaltung und damit auch die Nachhaltigkeit von bAV. Zum anderen ist das Aufsichtsrecht nicht optimal auf bAV zugeschnitten und soll
in Zukunft sogar noch weiter an die wesensfremde
Aufsicht für Versicherungs- und Bankprodukte angepasst werden. Dies ist weder unter Kosten- noch
8 towerswatson.de
unter Renditegesichtspunkten für Unternehmen und
Begünstigte förderlich. Hier und an den Grundlagen
der arbeits-/kollektivertraglichen Umsetzung ist
anzusetzen, denn statistisch zeigt sich eine stärkere
Verbreitung unter solchen Unternehmen, die durch
arbeitsvertragliche Regelungen die Belegschaft als
Kollektiv in die Versorgung einbeziehen.
Fazit
Diese Ansatzpunkte müssen genutzt werden, um die bAV in Deutschland
weiter voranzutreiben, denn sie ist der effizienteste Weg der kapitalgedeckten Altersvorsorge und vermag es, alle Arbeitnehmer – auch
Geringverdiener – zu erreichen und die Vorsorgebereitschaft zu steigern.
Selbstverständlich gilt jedoch die bewährte Faustregel, „nicht alle Eier
in einen Korb zu packen“ nicht nur in der Diversifikation eines Anlageportfolios, sondern auch in der Altersvorsorge. Nur in der Kombination
aus der umlagefinanzierten Vorsorge durch die gesetzliche Rente und
der kapitalgedeckten Vorsorge durch bAV können die Vorteile beider
Säulen voll ausgeschöpft werden:
•• Umlagefinanzierte Renten sind ein wesentliches Element der Grundsicherung. Ihre Anknüpfung an Lohneinkommen schafft in einem
begrenzten Umfang Versorgungssicherheit.
••Als „zweites Standbein“ hilft der Ausbau einer kapitalgedeckten
Altersvorsorge durch Sparbeiträge sowie durch Zins und Zinseszins,
den Lebensstandard zu sichern und darüber hinaus Kürzungen der
umlagefinanzierten Rente abzufedern. Die bAV muss hierbei eine zentrale Rolle spielen. Sie ist als Gegengewicht zur gesetzlichen Rente und
dem privaten Sparen unverzichtbar.
Mehr zum Thema
Der Alterssicherungsbericht der Bundesregierung ist nachzulesen unter
www.bmas.de/DE/Service/Presse/Pressemitteilungen/
rentenbericht-28-11-2012.html?nn=31846.
Dr. Reiner Schwinger
[email protected]
Telefon: +49 7121 3122-228
Andrea Reiner
[email protected]
Telefon: +49 611 794-401
Praxis Benefits
„Für
„
Mitarbeiter lohnt es sich weiterhin, Entgelt für eine bAV
umzuwandeln.“
bAV rechnet sich
Entgeltumwandlung für Arbeitnehmer wirtschaftlich vorteilhaft
Die wirtschaftliche Attraktivität der Entgeltumwandlung wurde in den Medien verschiedentlich in
Frage gestellt. Jedoch wurden die dafür zugrunde gelegten Berechnungen inzwischen z. T. revidiert.
Benefits! rechnet nach und zeigt, dass die bAV für Arbeitnehmer gegenüber einer Privatrente gleichwohl einen Nettovorteil bietet.
Private vs. betriebliche Vorsorge
Seit 2002 haben Arbeitnehmer einen Anspruch
darauf, durch Entgeltumwandlung einen Betrag in
Höhe von bis zu vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (BBG) in eine betriebliche Altersversorgung
(bAV) zu investieren. Dieser Betrag entspricht aktuell 2.784 Euro im Jahr. In der Ansparphase ist der
Vorsorgebeitrag steuer- und sozialabgabenfrei; er
wird nicht aus dem Nettoeinkommen, sondern aus
der Spitze des steuerlich am höchsten belasteten
Bruttoeinkommens entnommen.
Im Gegenzug sind Betriebsrenten und Renten aus
der gesetzlichen Rentenversicherung ab 2040 voll
zu versteuern. Die Besteuerungshöhe steigt für
Renten mit Beginn im Übergangszeitraum 2005
bis 2039 sukzessiv an. Darüber hinaus ist die
Betriebsrente bei gesetzlich krankenversicherten
Rentnern mit dem vollen Beitragssatz in der Kranken- und Pflegeversicherung zu verbeitragen (zurzeit 15,5 Prozent plus 2,3 Prozent = 17,8 Prozent).
Für die Entgeltbestandteile, die sozialabgabenfrei
in Vorsorgebeiträge umgewandelt wurden, werden
keine Anwartschaften in der gesetzlichen Rente
erworben. Diese Minderung der gesetzlichen Rente
ist in einem Wirtschaftlichkeitsvergleich ebenfalls
zu berücksichtigen.
Eine private Altersvorsorge wird hingegen aus dem
Nettoeinkommen finanziert. Diesem Nachteil steht
jedoch der Vorteil der eingeschränkten Besteuerung der Rente gegenüber. Lediglich 17 Prozent
der Privatrente (der sog. Ertragsanteil) ist steuerpflichtig. Die Abgaben für Kranken- und Pflegeversicherung entfallen ebenfalls.
Aufgrund der aktuell noch sehr hohen Freibeträge
für Betriebsrentenbezieher dürfte der Vorteil der
bAV aus Entgeltumwandlung bei einem Renten­
beginn in den nächsten Jahren unumstritten sein.
Jedoch zeigt auch der Wirtschaftlichkeitsvergleich
zwischen bAV und Privatrente für Rentenbeginne
ab 2040, dass die betriebliche Vorsorge – trotz
Benefits! 9
Praxis Benefits
Tab. 1: Betriebliche vs. private Vorsorge – Wirtschaftlichkeitsvergleich
Zusätzliche Rente
aus privater Vorsorge
Zusätzliche Rente
aus bAV (ohne
­Arbeitgeberzuschuss)
Zusätzliche Rente
aus bAV (mit
­Arbeitgeberzuschuss)
49,12 Euro
100 Euro
100 Euro
191 Euro
277 Euro
334 Euro
abzüglich Minderung der
gesetzlichen Rente aufgrund
der Entgeltumwandlung
0 Euro
– 39 Euro
– 39 Euro
Betrag nach Minderung der
gesetzlichen Rente
191 Euro
238 Euro
295 Euro
+ 47 Euro
+ 104 Euro
+ 25 Prozent
+ 54 Prozent
Sparbeitrag Ansparphase
Nettorente *
Differenz in Euro
Differenz in Prozent
(Musterperson: Finanzierungsbeginn im Alter 23, Rentenbeginn im Alter 67, Brutto-Monatsgehalt: 3.400 Euro,
­S teuerklasse I, gesetzlich krankenversichert)
* nach Steuern und Sozialabgaben
gegenteiliger Behauptungen 1 – auch nach dem
Wegfall der Freibeträge einen Nettovorteil bietet.
Wirtschaftlichkeitsvergleich: Vorteil bAV
Towers Watson hat für einen Durchschnittsverdiener (gesetzlich krankenversicherter Mitarbeiter
mit einem Bruttogehalt von 3.400 Euro monatlich)
sowohl die Ergebnisse einer betrieblichen als auch
einer privaten Altersvorsorge durchgerechnet. Dabei
wurden folgende Prämissen zugrunde gelegt:
•• Die Entgeltumwandlung in der bAV beträgt monatlich 100 Euro. Die durch die Entgeltumwandlung
resultierende Reduzierung des Nettogehalts
im Vergleich zum Netto vor Entgeltumwandlung
(Nettoverlust) gilt als Beitrag zur Finanzierung der
Privatrente.
•• Es gelten die aktuellen steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen.
•• Bei den Steuerberechnungen wurde davon ausgegangen, dass sich die Systematik des Steuertarifs zukünftig nicht ändert.
•• Es werden keine weiteren Einkünfte im Rentenalter 67 angenommen.
•• Die Annahmen zur Hochrechnung der gesetzlichen
Rente lauten: Gehaltssteigerung 2,5 Prozent p. a.,
Steigerung des aktuellen Rentenwerts 1,5 Prozent
p. a., Steigerung des Durchschnittsentgelts aller
Versicherten zwei Prozent p. a. Rentenanwartschaften vor Beginn der Ansparphase sind mit
Hilfe des steuerlich anerkannten Näherungsverfahrens berechnet.
•• Bei der Berechnung der Rente aus der zusätzlichen
Altersvorsorge wurden Angebote eines renommierten Versicherungsunternehmens berücksichtigt.
Für die bAV wurde ein Gruppentarif mit Sonderkonditionen zugrunde gelegt, dessen Leistungen
fünf Prozent höher als die Leistungen aus dem
Einzeltarif für die Privatrente sind. Ansonsten sind
beide Versicherungstarife identisch.
•• Die aktuellen Beitragssätze in der Kranken- und
Pflegeversicherung sind berücksichtigt.
Für Entgeltumwandlungen aus dem Bruttogehalt
bis zur BBG spart der Arbeitgeber die Beiträge zur
Sozialversicherung in Höhe von zurzeit 19,75 Prozent. Diese Ersparnis reichen viele Arbeitgeber als
Zuschuss zu den Vorsorgebeiträgen ihrer Mitarbeiter weiter. Dadurch steigt die Rente aus der bAV
zusätzlich. Die Weitergabe der Sozialversicherungsersparnisse ist für den Arbeitgeber jedoch nicht
verpflichtend. Daher wurde der Wirtschaftlichkeitsvergleich sowohl mit als auch ohne diesen Arbeitgeberzuschuss durchgeführt.
Im Ergebnis führt die bAV zu einer um 25 Prozent
höheren zusätzlichen Rente, die bAV mit Arbeitgeberzuschuss sogar zu einer um über 50 Prozent höheren Rente als die private Vorsorge (siehe Tab. 1).
Einflussfaktoren
Einige Parameter können das Ergebnis des Wirtschaftlichkeitsvergleichs beeinflussen:
•• Laufzeit: Beginnt die Ansparphase erst spät,
­bietet die bAV weiterhin einen – wenn auch
1Z
. B. Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 21.11.2012. Die hier zugrunde gelegten Berechnungen wurden zwischenzeitlich korrigiert
(siehe www.iba-profdrbirk.de/aktuelles.php – PDF-Dokument „Rechnet sich Entgeltumwandlung in der betrieblichen Altersversorgung
für Arbeitnehmer überhaupt noch?“, Seite 6). In der korrigierten Version fallen die Leistungen für den Durchschnittsverdiener in der bAV
im Vergleich zur Privatrente nun um 40 Euro pro Monat höher aus (Betrachtung einschl. der Überschüsse). Dies widerlegt in Teilen die
Aussagen des Artikels.
10 towerswatson.de
Abb. 1: Höhere Nettorente aus bAV im Vergleich zur Nettorente aus privater Vorsorge (in Prozent)
Berechnung
80 %
76
70 %
a
uf Basis der aktuellen Überschüsse
62
60 %
56
55
50 %
m
it einer um ein Prozent höheren Verzinsung
58 58 58
einschließlich eines Arbeitgeberzuschusses in Höhe der
eingesparten Sozialbeiträge
40 %
30 %
20 %
25
23
21 21 21
GKV
52.800 Euro
GKV
102.000 Euro
19
10 %
Für eine Musterpersonen mit einem Einkommen von ... Euro p. a.
(Steuerklasse 1), die gesetzlich (GKV) bzw. privat (PKV) krankenversichert ist, liegt die Nettorente aus der bAV im Vergleich zur
Nettorente aus privater Vorsorge um ... Prozent höher.
34
30
0%
GKV
40.800 Euro
PKV
52.800 Euro
PKV
102.000 Euro
k­ leineren – Vorteil für die Musterperson. Bei einem
Beginn der Ansparphase im Alter 40 wäre die Rente
aus der bAV (ohne Arbeitgeberzuschuss) noch
20 Prozent höher, bei Beginn der Ansparphase im
Alter 50 noch 17 Prozent höher als die Privatrente.
•• Eine gute Performance der Kapitalanlage beeinflusst grundsätzlich sowohl die Ergebnisse der
privaten als auch der betrieblichen Altersvorsorge positiv. Die Wirtschaftlichkeit der bAV im
Vergleich zur privaten Vorsorge erhöht sich jedoch
für Mitarbeiter mit Sozialabgabenersparnissen
in der Ansparphase, denn durch die bessere
Performance erhöht sich die bAV Bruttorente,
die abzuziehende Minderung der gesetzlichen
Rente durch Entgeltumwandlung hingegen bleibt
konstant. Nach Erholung des Kapitalmarktes
wird die Wirtschaftlichkeit der bAV im Vergleich
zur privaten Vorsorge somit weiter ansteigen.
(Siehe Abb. 1, Balken „Verzinsung plus ein Prozent“. Hier wird unterstellt, dass die Verzinsung
um ein Prozent höher ausfällt als die derzeitige
Überschussdeklaration des Versicherers.)
•• Die Höhe des Einkommens und der Krankenversicherungsstatus (gesetzlich (GKV) oder
privat (PKV) krankenversichert) beeinflussen die
Wirtschaftlichkeit der bAV. In der Rentenphase
müssen beispielsweise privat krankenversicherte
Rentner keine Sozialabgaben in die Kranken- und
Pflegeversicherung leisten. Des Weiteren führt
eine Entgeltumwandlung aus dem Bruttogehalt
oberhalb der BBG nicht zu Sozialabgabenersparnissen in der Ansparphase.
•• Steuerklasse: Der Vorteil der betrieblichen Rente
ist in der Steuerklasse III aufgrund der niedrigeren
Grenzsteuersätze geringer als in Steuerklasse I.
Dennoch ist die höhere Wirtschaftlichkeit der
bAV im Vergleich zur privaten Vorsorge auch hier
gegeben. So fällt für die o. g. Musterperson die
Nettoleistung aus der betrieblichen Vorsorge bei
Steuerklasse III um 22 Prozent höher aus.
Der Einfluss der Parameter wird in Abb. 1 auf
Basis von Wirtschaftlichkeitsberechnungen für
weitere Musterpersonen dargestellt. Hierbei
wurden die o. g. Prämissen beibehalten (Alter 23,
Renten­beginn Alter 67); variiert wurden jedoch
das jährliche Bruttogehalt, sowie der Krankenver­
sicherungsstatus (GKV oder PKV). In allen Varianten führt die bAV unter dem Strich zu einer
höheren Altersleistung als die private Vorsorge.
Fazit
Für Mitarbeiter lohnt es sich weiterhin,
Entgelt für die bAV umzuwandeln. Für sie
bedeutet das einen Nettovorteil gegenüber
einer privaten Absicherung. Dieser kann
nochmals gesteigert werden, wenn der
Arbeitgeber seine Ersparnisse am Gesamt­
sozialversicherungsbeitrag als – für ihn kostenneutralen – Zuschuss an die Mitarbeiter
weitergibt. Arbeitgeber, die eine bAV aus Entgeltumwandlung anbieten, ermöglichen ihren
Mitarbeitern einen leichten Zugang zu einem
wichtigen Baustein ihrer Altersvorsorge. Dies
unterstützt zum einen die Mitarbeiterbindung;
zum anderen zeigen sie damit, dass sie ihrer
sozialen Verantwortung gerecht werden.
Lothar Birker
lothar.birker@
towerswatson.com
Telefon: +49 89 51657-4635
Benefits! 11
Muster-Rubrik
Praxis
Benefits
Junge Arbeitnehmer setzen eher auf bAV
als auf gesetzliche Rente
Späterer Rentenbeginn und sogar Arbeit im Ruhestand eingeplant
Die heutigen Berufseinsteiger setzen für ihr
Ruhestandseinkommen deutlich stärker auf
die bAV als auf die gesetzliche Rente, wie die
Towers-Watson-Studie „Altersversorgung und
bAV aus der Arbeitnehmerperspektive“ zeigt.
Gut ein Viertel (26 Prozent) der Mitarbeiter unter
25 Jahren nennen die betriebliche Altersversorgung (bAV) als wichtigste Einkommensquelle
im Ruhestand. 20 Prozent setzen auf Ersparnisse. Hingegen verlassen sich weniger als ein
Fünftel (19 Prozent) zuerst auf die gesetzliche
Rente. 13 Prozent rechnen damit, auch nach
Ruhestandsbeginn noch auf ein ergänzendes
Arbeitseinkommen angewiesen zu sein. Auch die
25- bis 29-Jährigen nennen die bAV noch etwas
häufiger (22 Prozent) als die gesetzliche Rente
(21 Prozent) als wichtigste Einkommensquelle im
Ruhestand. Das unterscheidet sie von den älteren
Jahrgängen, die sich noch stärker auf die gesetzliche Rente verlassen: Mitarbeiter ab 30 Jahren
geben staatliche Altersbezüge am häufigsten als
wichtigste Form der Ruhestandsfinanzierung an.
Über alle Altersgruppen hinweg wird die bAV am
zweithäufigsten als wichtigste Einkommensquelle
im Ruhestand genannt.
Zu diesen Ergebnissen kommt die Towers-WatsonStudie „Altersversorgung und bAV aus der Arbeitnehmerperspektive“. Hierfür waren im Frühjahr 2012
rund 2.000 Arbeitnehmer aus Unternehmen mit
mindestens 1.000 Mitarbeitern befragt worden.
Aktuell wurden die Daten noch einmal gesondert
nach Altersgruppen analysiert. Knapp 80 Prozent
der Befragten verfügen über eine Betriebsrentenzusage.
„Die heutigen Berufseinsteiger rechnen von vornherein damit, dass sie sich selbst aktiv um ihre
Ruhestandsversorgung kümmern müssen“, erklärt
Dr. Thomas Jasper. „Das belegen diese Zahlen sehr
eindrucksvoll.“ Der Leiter der bAV-Beratung bei Towers Watson betont: „Die Tatsache, dass die bAV für
die Ruhestandsfinanzierung am häufigsten genannt
wird, zeigt, dass die Mitarbeiter ihrem Arbeitgeber
großes Vertrauen entgegenbringen, aber auch ein
entsprechendes Engagement von Unternehmensseite erwarten. Unternehmen, die Mitarbeitern und
Bewerbern ein gutes bAV-Angebot unterbreiten,
können daher im Wettbewerb um gute Nachwuchskräfte punkten.“
12 towerswatson.de
Rente mit 70 und Arbeit im Ruhestand
Ihre Lebensarbeitszeit schätzt die Generation Y
als sehr lang ein. Mehr als ein Drittel der Mitarbeiter unter 25 (37 Prozent) und knapp ein Viertel der
Mitarbeiter in der Altersgruppe 25 bis 29 (23 Prozent) gehen davon aus, dass sie bis ins siebzigste
Lebensjahr oder länger arbeiten werden. Einen
Rentenbeginn mit 65 Jahren oder sogar eher fassen nur ein Drittel der unter 25-Jährigen ins Auge
(34 Prozent); bei den 25- bis 29-Jährigen sind es
42 Prozent.
Mehr als ein Achtel der unter 30-Jährigen rechnet
damit, auch im Ruhestand noch auf ein Arbeitseinkommen angewiesen zu sein (unter 25 Jahre:
13 Prozent, 25 bis 29 Jahre: 14 Prozent). Anne
Becker, Senior Consultant bei Towers Watson,
meint dazu: „Damit zeigt sich diese Generation
skeptisch in puncto Ruhestandsfinanzierung – und
das, obwohl sie ihre Lebensarbeitszeit realistisch
einschätzt und auch die Zeit nach dem 65. Lebensjahr noch für den Ausbau ihrer Ruhestandsfinanzierung nutzen kann.“
Jasper ergänzt: „Angesichts dieser langen Lebensarbeitszeit müssen die traditionellen Karrierepfade
überarbeitet und die Pensionspläne darauf angepasst werden. Ob der heutige Berufseinsteiger in
vierzig Jahren tatsächlich noch arbeiten möchte
und kann, lässt sich jetzt nur schwer prognostizieren. Künftig wird die bAV in Kombination mit
Lebensarbeitszeitkonten, Demografiefonds und
Altersteilzeit- oder Teilrentenmodellen noch viel
stärker genutzt werden, um die rentennahen
Arbeitsphasen sowie einen flexiblen Übergang in
den Ruhestand zu gestalten. Dabei kann die bAV
auf zwei Herausforderungen antworten: Einerseits
kann sie einen frühen Ausstieg aus dem Erwerbsleben oder den Umstieg auf eine rentennahe Teilzeitarbeit finanziell unterstützen, wenn Mitarbeiter
ihre Tätigkeit, beispielsweise aufgrund einer großen
körperlichen Belastung, nicht bis zum Rentenalter
ausüben können. Andererseits kann sie auch so
gestaltet werden, dass sie beispielsweise Wissens­
träger motiviert, über das Ruhestandsalter hinaus
zu arbeiten.“ Im Spannungsfeld zwischen diesen
beiden Herausforderungen komme es darauf an,
das Zusammenspiel ruhestandsbezogener HRInstrumente so zu gestalten, dass sie die richtigen
Anreize für die jeweiligen Mitarbeitergruppen setzen
und flexible Entscheidungen über den jeweiligen
Ruhestandsbeginn ermöglichen, führt Jasper aus.
Ein genauerer Blick in die Daten zeigt, dass diese
Vorsorgebereitschaft deutlich mit der Teilnahme
an einem betrieblichen Pensionsplan korreliert.
83 Prozent der Mitarbeiter mit einem Pensionsplan, der sowohl von Arbeitgebern als auch von
Arbeitnehmern finanziert wird, würden für ihre
bAV eigenes Geld in die Hand nehmen. Unter den
Mitarbeitern ohne bAV sind es nur 63 Prozent.
Hinweis für die Praxis
Unternehmen, die ihren Mitarbeitern einen
Pensionsplan anbieten, demonstrieren damit,
dass eine zusätzliche Altersvorsorge der
Regelfall sein sollte. Das überzeugt eventuell
auch ‚Vorsorgemuffel‘ und Mitarbeiter, die
sich mit ihrer Ruhestands­finanzierung – ob privat oder im Rahmen der bAV – noch gar nicht
auseinandergesetzt haben. Damit leisten die
Unternehmen einen wesentlichen Beitrag zur
Alterssicherung in Deutschland. Gleichzeitig
nützt ihnen das selbst – denn Mitarbeiter
wünschen sich, dass ihr Arbeitgeber sie bei
der Altersvorsorge unterstützt. Dieses Engagement honorieren sie mit Loyalität.
Dr. Thomas Jasper
thomas.jasper@­
towerswatson.com
Telefon: +49 611 794-230
Anne Becker
anne.k.becker@­
towerswatson.com
Telefon: +49 69 1505-5210
bAV steigert Vorsorgebereitschaft
Über alle Altersgruppen hinweg sind drei Viertel
der Befragten in einem gewissen Umfang bereit,
Bezüge in eine garantierte Rente umzuwandeln.
Benefits! 13
Praxis Benefits
Towers Watson gründet Pensionsfonds
Anbieter-unabhängige bAV-Plattform / Hohe Flexibilität
und Wirtschaftlichkeit
Towers Watson gründet den ersten Pensionsfonds, der sich an Unternehmen aller Branchen und
Größenklassen richtet und weder einem einzelnen Großunternehmen noch einem Finanzdienstleister
zuzurechnen ist.
Für Unternehmen bietet sich der Pensionsfonds
beispielsweise zur (Aus-)Finanzierung von bereits
laufenden Rentenzahlungen an. Sollen sowohl
laufende bAV-Anwartschaften als auch Rentenzahlungen von einer unternehmensinternen auf
eine unternehmensexterne Finanzierungslösung
übertragen werden, lässt sich dies über die bAVPlattform durch die Kombination von Pensionsfonds mit CTA oder Pensionsfonds mit Unterstützungskasse erreichen. Der Pensionsfonds
bietet als einziger externer Durchführungsweg
die erforderlichen Rahmenbedingungen, um
die von den Mitarbeitern in der Vergangenheit
bereits erdienten Pensionsansprüche – den sog.
‚past service‘ – in einem Zug zu übernehmen. Die
Abb. 1: bAV-Plattform von Towers Watson
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Der Towers Watson Pensionsfonds ist der erste
Pensionsfonds, der sich an Unternehmen aller
Branchen und Größenklassen richtet und weder
einem einzelnen Großunternehmen noch einem
Finanzdienstleister zuzurechnen ist. Diese Unabhängigkeit zahlt sich aus: Der Leistungsumfang
des Towers Watson Pensionsfonds lässt sich vollumfänglich an die Kundenerfordernisse anpassen.
Der Towers Watson Pensionsfonds eignet sich für
Unternehmen, welche die hohe Flexibilität eines
eigenen Pensionsfonds schätzen, jedoch die mit
dem Betrieb eines eigenen Pensionsfonds verbundenen Aufgaben wirtschaftlich nicht darstellen
können oder wollen.
Lösungen geschaffen werden: von der isolierten
Nutzung der gesellschaftsrechtlichen Hülle eines
der Vehikel bis hin zur vollständigen Abwicklung
der gesamten bAV.
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Towers Watson hat nahezu alle in Deutschland
existierenden Unternehmenspensionsfonds bei
ihrer Gründung begleitet und/oder unterstützt sie
im laufenden Betrieb. Darüber hinaus berät und
unterstützt Towers Watson über 2.400 Unternehmen in Deutschland bei der Gestaltung und Durchführung ihrer betrieblichen Altersversorgung (bAV).
Auf dieser Expertise und langjährigen Praxiserfahrung wurde bei der Konzeptionierung und Gründung
unseres Pensionsfonds aufgesetzt. Im Januar
2013 wurde nun die Towers Watson Pensionsfonds AG mit ihrem nicht-versicherungsförmigen
Pensionsplan durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zugelassen. Mit
Dr. Michael Karst und Alfred-E. Gohdes konnten
zwei Vertreter der deutschen Unternehmensleitung
für den Vorstand des Pensionsfonds gewonnen
werden, die die Pensionsfondsprojekte der letzten
Jahre maßgeblich vorangetrieben haben.
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14 towerswatson.de
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Dabei versteht Towers Watson den neuen Pensionsfonds als Vervollständigung seiner integrierten
bAV-Plattform, die neben dem Pensionsfonds
zusätzlich aus Treuhandgesellschaft (Contractual
Trust Arrangement, abgekürzt CTA) und Unterstützungskasse in Verbindung mit dem gesamten
Beratungs- und Administrationsangebot von Towers
Watson besteht. Mit Hilfe dieser Plattform können
– je nach Kundenwunsch – unterschiedlichste bAV-
Governance
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Integrierte bAV-Plattform mit skalierbarem
Dienstleistungsangebot
noch in der Zukunft zu erdienenden Pensionsansprüche der Mitarbeiter werden in diesem Modell
über einen CTA oder eine Unterstützungskasse
laufend ausfinanziert. Dieses bewährte Vorgehen
lässt sich besonders einfach und effizient durch
die aufeinander abgestimmten Komponenten der
bAV-Plattform von Towers Watson realisieren.
Dr. Martin Brixner
martin.brixner@
­­towerswatson.com
Telefon: +49 89 51657-4603
Bei der Etablierung des Towers Watson Pensionsfonds in Deutschland flossen auch die Erfahrungen
aus dem internationalen Beraternetzwerk von
Towers Watson ein. So wird die weltweit agierende Unternehmensberatung beispielsweise
in den Niederlanden den Towers Watson PPI
(Premium Pension Institution) einrichten, eine
bAV-Einrichtung mit Fokus auf Beitragszusagen,
die ebenfalls flexible und anbieterunabhängige
bAV-Lösungen ermöglicht.
Pensionsfonds
Pensionsfonds haben sich innerhalb weniger Jahre als fester Bestandteil der betrieblichen Altersversorgung (bAV) in Deutschland etabliert. Mit dem Altersvermögensgesetz im Jahre 2001 als fünfter Durchführungsweg der bAV geschaffen, ist der Pensionsfonds eine rechtsfähige Versorgungseinrichtung, die den Regelungen des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und der Aufsicht der
BaFin unterliegt.
Im Vergleich zur Pensionskasse verfügt der Pensionsfonds über mehr Freiheiten bei der Kapitalanlage und über die Möglichkeit, Pensionspläne nicht-versicherungsförmig durchzuführen, d. h.
die erforderlichen Beiträge auf Basis des nach kaufmännischer Betrachtung besten Schätzwertes – mit einem gewissen Sicherheitspuffer – zu kalkulieren. Wie bei der Pensionskasse steht
der Arbeitgeber stets nachrangig für die Erfüllung der zugesagten Leistungen ein.
Mit der Einbindung des Pensionsfonds wird im Vergleich zur Direktzusage zusätzliche Sicherheit geschaffen. Dies wird durch einen Abschlag von 80 Prozent auf die Pflichtbeiträge an den
Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) honoriert.
Der Pensionsfonds verfügt als einziger externer Durchführungsweg über die erforderliche steuerliche
Flankierung, um erdiente Pensionsansprüche (past service) in einem Zug zu übernehmen. Diese Flexibilität hat dazu geführt, dass bis zum Jahresende 2012 in Deutschland 30 Pensionsfonds gegründet
und zugelassen wurden. Darunter befinden sich neun Unternehmenspensionsfonds, auf die der mit
Abstand größte Teil der Pensionsfonds-Dotierungen der vergangenen Jahre entfällt.
Mehr zum Thema
In der April-Ausgabe 2012 hatte Benefits! das Thema „Zehn Jahre Pensionsfonds in Deutschland“
ausführlich betrachtet. Das Heft ist im Online-Archiv abrufbar unter www.towerswatson.com/de-DE/
Insights/Newsletters/Europe/benefits-fachmagazin/2012/Benefits-April-2012.
Benefits! 15
Praxis Benefits
Studie: Mitarbeiter unzufrieden mit
gesetzlichen Krankenkassen
Trend zu betrieblicher Kranken-Zusatzversicherung
Arbeitnehmer in Deutschland setzen aus Unzufriedenheit mit den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung künftig stärker auf private Zusatzpolicen. Unternehmen bietet das die Chance, sich mit
betrieblichen Absicherungsangeboten im War for Talents zu positionieren.
Während die betriebliche Altersversorgung (bAV)
als Sozialleistung des Arbeitgebers schon seit
Jahrzehnten etabliert ist, rückt aktuell auch die
betriebliche Krankenversicherung (bKV) stärker in
den Mittelpunkt. Das Gesundheitsbewusstsein in
der Bevölkerung steigt stetig. Gleichzeitig ist ein
Großteil der Mitarbeiter mit den Leistungen der
gesetzlichen Krankenkassen unzufrieden, wie die
Towers-Watson-Studie „Kranken-Zusatzversicherung – Bedarf an Gesundheitsleistungen“ zeigt.
Demnach ist jeder zweite Befragte der Meinung,
dass eine Kranken-Zusatzversicherung unverzichtbar ist und die gesetzliche Krankenversicherung
(GKV) letztlich künftig nur eine (unzureichende)
Grundversorgung darstellen kann. 67 Prozent der
Studienteilnehmer gehen davon aus, dass die
Lücken in der GKV durch eine Kranken-Zusatzversicherung abgedeckt werden können. Besonders
gefragt sind Zahnersatzpolicen, aber auch Vorsorgeprodukte und Pflegeergänzungsversicherungen. Knapp 69 Prozent der Befragten planen den
Abschluss eines Vorsorgeprodukts innerhalb der
nächsten zwei Jahre; jeder Dritte davon bereits im
Jahr 2013.
Für die Studie hatte Towers Watson rund 1.000
Arbeitnehmer im Alter von 20 bis 55 Jahren, die
gesetzlich pflichtig oder freiwillig krankenversichert
sind, zu ihrer Haltung gegenüber einer betrieblich
geförderten Kranken-Zusatzversicherung befragt.
Mitarbeiter: Großes Interesse an betrieblicher Krankenversicherung
Unternehmen, die solche Zusatzversicherungen
fördern und bezuschussen, können sich im War
for Talents positionieren: Mehr als die Hälfte der
Befragten (53 Prozent) finden die Option einer
arbeitgeberfinanzierten Kranken-Zusatzversicherung sehr interessant. Unter verschiedenen
Sozial- und Nebenleistungen nimmt die bKV
laut der Studie aus Mitarbeitersicht mit dem
zweiten Platz (hinter der bAV) einen sehr hohen
Stellenwert ein. Unternehmen können daher mit
Gesundheitsleistungen demonstrieren, dass sie
ihrer Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitern
nachkommen und dabei einen sofort erlebbaren
16 towerswatson.de
Mehrwert für ihre Mitarbeiter schaffen. Gleichzeitig helfen solche Angebote, die Leistungsfähigkeit
des Unternehmens zu sichern. Die mögliche
Reduzierung der Krankheitskosten ist dabei ein
positiver Nebeneffekt.
Umsetzung im Unternehmen
Wie ist hierfür vorzugehen? Das Unterneh­men meldet alle Mitarbeiter bzw. eine objektiv definierte
Gruppe von Mitarbeitern, die gesetzlich (pflichtig
oder freiwillig) krankenversichert sind, zu einer
bKV an und übernimmt die Beiträge. Aufgrund
der obligatorischen Absicherung verzichtet der
Versicherer i. d. R. auf eine Risikoprüfung und auf
etwaige Wartezeiten, so dass Leistungen sofort
in Anspruch genommen werden können. Insbesondere für Mitarbeiter, die aus gesundheitlichen
Gründen keine oder nur eingeschränkte Möglichkeiten haben, privat eine Kranken-Zusatzversicherung abzuschließen, ergeben sich durch die bKV
neue Möglichkeiten. Und auch für Mitarbeiter, die
in der Krankenversicherung privat vollversichert
sind, gibt es interessante Lösungen.
Die Versicherungsgesellschaften bieten über
Rahmenverträge unterschiedliche und bereits
abgestimmte Produktsortimente zu günstigen
Konditionen an. Zu den leistungsstarken Tarif­
bausteinen der bKV zählen beispielsweise
­erweiterte Leistungen im Rahmen von:
•• stationärer Behandlung im Krankenhaus
•• Zahnzusatzversicherung
•• Vorsorgeuntersuchungen
•• Heilpraktikerbehandlungen
•• Krankentagegeld ab dem 43. Tag
•• Pflegezusatzversicherung
•• Sehhilfen
Für die steuerliche Behandlung der Beiträge stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Entweder
versteuert der Mitarbeiter den kompletten Beitrag
als geldwerten Vorteil oder der Arbeitgeber
versteuert die Beiträge ggf. pauschal und übernimmt die festgelegte Pauschalsteuer. Über den
alternativen Ansatz der Beiträge als sog. Sachzuwendungen sind Beiträge bis zu einer monat­
lichen Gesamtsumme von 44 Euro (Freigrenze) je
Mitarbeiter lohnsteuer- und sozialabgabenfrei.
Bei Ausscheiden aus dem Unternehmen hat der
Mitarbeiter die Möglichkeit, den Vertrag privat
weiterzuführen – und zwar unabhängig davon, ob
er in den Ruhestand geht oder das Unternehmen
aufgrund eines Arbeitgeberwechsels verlässt.
Betriebliche Gesundheitsleistungen stellen zweifellos eine Win-win-Situation für Unternehmen und
Mitarbeiter dar. Der Arbeitgeber bemüht sich aktiv
um das Wohlergehen seiner Mitarbeiter. So können die Gesundheit der Mitarbeiter gefördert und
mögliche Versorgungslücken geschlossen werden.
Auch für die Mitarbeiter persönlich bietet dies
einen sofort erlebbaren Mehrwert.
Hinweis für die Praxis
Vor der Einführung einer bKV sollten die
Ausgangsbedingungen im Unternehmen
sorgfältig geprüft werden. Geeignete
Versicherungstarife sind sachkundig zu
vergleichen, um den gebotenen Leistungsumfang der Tarife, Unterschiede bei den
Teilnahmevoraussetzungen der einzelnen
Anbieter sowie Kosten, Nutzen und Risiken detailliert einschätzen zu können.
Auf dieser Basis kann eine zieloptimierte
Entscheidung getroffen werden, die passgenau an die Bedürfnisse des Unternehmens
angepasst und nicht durch vorgegebene
Standards der Produktgeber geprägt ist.
Miguel Perez
miguel.perez@
towerswatson.com
Telefon: +49 611 794 4144
Beratung durch Towers Watson
Towers Watson unterstützt seine Kunden
von der Entwicklung des Vorsorgekonzepts
bis hin zur Anbieter- und Produktauswahl
und der Kommunikation der Leistungen
gegenüber den Mitarbeitern.
Internationale Pensionspläne –
­Marktpraxis und Trends
Aktuelle Studie von Towers Watson
Mit der zunehmende Internationalisierung der Wirtschaft steigt die Zahl der mobilen Mitarbeiter, aber
auch der Zahl der im Ausland beschäftigen (lokalen) Mitarbeiter. Dies findet seinen Niederschlag in
einer steigenden Anzahl von internationalen Pensionsplänen.
Im Jahr 2012 wurden 33 neue internationale
Pensionspläne (IPP) eingeführt, wie der Towers
Watson International Pension Plan Survey zeigt.
An dem Survey nahmen 391 Unternehmen teil –
20 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch dies belegt
ein weiter steigendes Interesse an Internationalen
Pensionsplänen.
Die größte Verbreitung haben IPP im Banken- und
Versicherungssektor. Ebenfalls eine hohe Durchdringung kann für die Sektoren Industrie, Rohstoff sowie
die Nahrungsmittelindustrie konstatiert werden.
Fokus auf Expatriates
Die Hälfte der in der Studie erfassten IPP haben als
Zielgruppe die in ein Gastland entsandten Mitarbeiter, die aufgrund steuerlicher oder arbeitsrechtlicher
Bestimmungen im Rahmen des Pensonsplans des
Heimatlands während ihrer Auslandstätigkeit keine
weiteren Ansprüche bzw. Zuwächse erwerben können. Diese Mitarbeiter können weiterhin ein (ruhendes) Arbeitsverhältnis mit der Heimat-Organisation
haben, d. h. klassische Expatriates sein, oder aber
transferierte Mitarbeiter, bei denen das Arbeits-
Benefits! 17
Praxis Benefits
verhältnis im Heimatland beendet und ein neues
Arbeitsverhältnis im Ausland begonnen wird.
Finanzierungsvehikel:
meist Treuhandvermögen
Sechzehn Prozent der IPP haben als Zielgruppe
(auch) die lokale Belegschaft. Dies ist für solche
Länder und Regionen der Fall, in denen kein oder
nur ein schlecht entwickelter lokaler Markt für
Altersvorsorge-Produkte existiert (z. B. im Nahen
Osten, sowie in einigen Ländern in Asien, Afrika
oder Lateinamerika).
Fast alle Defined-Contribution-Pläne sind kapitalgedeckt, während die Hälfte der Defined-BenefitPläne als „unfunded“ gilt. Im Fall der kapitalgedeckten Pläne wird das Kapital in der Regel von
sogenannten Trusts (Treuhänder-Vermögen) gehalten. Nur eine Minderheit sind vertragsbasiert,
d. h. das Kapital wird direkt, z. B. über Versicherungsverträge, beim Dienstleister angelegt.
Acht Prozent der IPP sind besondere Versorgungsprogramme für Executives. Dabei sind zwei Gruppen zu unterscheiden:
•• Executives, die entweder als sog. „Global
Nomads“ während ihrer Karriere in verschieden
Ländern arbeiten und dadurch Einbußen bei der
Altersversorgung erleiden, und
•• Executives, denen ein Anreiz zur Annahme einer
Position im Ausland gegeben werden soll.
Für ca. 25 Prozent der Pensionspläne lässt sich
keine eindeutige Zielgruppe definieren.
Überwiegend Beitragszusagen
Von 402 IPP waren 350 Defined-ContributionPläne (Beitragszusagen), 42 Defined-Benefit-Pläne
(Leistungszusage) und zehn Hybridpläne (beitragsorientierte Leistungszusagen oder Beitragszusagen
mit Mindestgarantien). Unter den Leistungszusagen
war die Mehrzahl für neue Mitarbeiter geschlossen.
Bei 61 Prozent der IPP werden Arbeitgeberbeiträge
oder Leistungszusagen sofort unverfallbar. Für die
restlichen Pläne gelten meist Unverfallbarkeitsfristen von zwei bis fünf Jahren.
Die Beitrags- und Leistungshöhe ist in der großen
Mehrzahl nicht vom Alter und/oder den Dienstjahren abhängig, sondern allein vom pensionsfähigen Gehalt. Unterschiedliche Beitragssätze für
unterschiedliche Mitarbeitergruppen sind üblich.
Bei Defined-Contribution-Plänen wird der Arbeitgeberbeitrag i. d. R. unabhängig von einem freiwilligen Mitarbeiterbeitrag gewährt. Reine MatchingFormeln, bei denen die Arbeitgeberbeträge direkt
an tatsächlich erbrachte Mitarbeiterbeiträge
gekoppelt sind, finden sich selten.
Die Höhe der Arbeitgeber-Beiträge beträgt meist
fünf bis neun Prozent des pensionsfähigen Gehalts.
Am zweithäufigsten sind Beitragssätze zwischen
zehn und vierzehn Prozent.
Die häufigste Auszahlungsform ist die Kapitalzahlung. Allerdings finden Auszahlungspläne und auch
Rentenzahlungen (Annuities) eine zunehmende
Bedeutung.
18 towerswatson.de
Hinweis für die Praxis
Internationale Pensionspläne sind zwar steuerlich weniger attraktiv als
die – steuerlich anerkannte – betriebliche Altersversorgung (bAV), können aber für bestimmte Mitarbeitergruppen die einzig sinnvolle Form
der bAV sein. In steigendem Maße sind IPP nicht nur den klassischen
Expatriates vorbehalten, sondern werden auch für Mitarbeiter mit
lokalen Arbeitsverträgen und sogar für ganze Belegschaften genutzt.
IPP unterstützen die Mobilität der Mitarbeiter sowie die Portabilität
von Pensionsansprüchen über Ländergrenzen hinweg. Sie ermöglichen
eine Kostenersparnis, wenn unterschiedliche Mitarbeitergruppen von
einer einheitlichen Pensionslösung erfasst werden, und daher statt
einer Vielzahl unterschiedlicher Lösungen beispielsweise die nur eine
Administrationslösung, eine Investmentplattform oder eine übergreifende Governance-Struktur eingesetzt werden müssen. Für die Auswahl des Finanzierungsvehikels und dessen Standort sind nach wie
vor die Vermeidung einer Doppelbesteuerung, mehrsprachiger Service
und professionelle Vermögensanlage und -verwaltung entscheidend.
Ernst Schmandt
[email protected]
Telefon: +49 611 794-255
Bilanzen & Finanzen
„Die
„ Durchführung der QIS hat zahlreiche
Grundsatzfragen aufgeworfen.“
Bilanzen & Finanzen
Gut vorbereitet auf IAS 19 (neu)?
Pensionsverpflichtungen im Konzernabschluss 2013/Aktuelle Studie
Rund ein Viertel der Unternehmen sind auf die Bilanzierung nach IAS 19 (neu) gut vorbereitet, wie eine
Studie von Towers Watson zeigt. Fast ein Drittel hatte jedoch im Winter 2012 noch keinen Zeitplan für
die Umstellung auf den neuen Standard erarbeitet – obwohl er ab 2013 verpflichtend anzuwenden ist.
Bei der Umstellung auf IAS 19 (neu) stellt die Vorbereitung auf die neuen Anhangangaben die größte
Herausforderung dar. Nur 40 Prozent der Unternehmen hatten schon eine Strategie dazu entwickelt,
wie das Risikomanagement der Versorgungseinrichtungen, die Festlegung signifikanter Annahmen bei der Verpflichtungsbewertung und deren
Varianz sowie die Strategien beim Asset-LiabilityManagement künftig dargelegt werden sollen. Mit
den zentralen Auswirkungen auf Bilanz und GuV
(Wegfall des Korridoransatzes, Nettozinsansatz
beim erwarteten Vermögensertrag) haben sich die
meisten Unternehmen (rund 70 Prozent) hingegen
bereits weitestgehend auseinandergesetzt.
Das zeigt eine Umfrage von Towers Watson, die
Ende 2012 unter 35 nach den IFRS bilanzierenden
Unternehmen durchgeführt wurde. Darunter sind
über 50 Prozent im DAX / MDAX / TecDAX gelistet.
Zwei Drittel der Unternehmen haben Pensionsverpflichtungen von mehr als 500 Mio. Euro. Fast
60 Prozent der Unternehmen verfügen über ein
Planvermögen von mehr als 500 Mio. Euro.
Die Pensionen spielen nach Meinung der Interviewten eine „signifikante“ (63 Prozent) oder zumindest
„spürbare“ (31 Prozent) Rolle in den Konzernbilanzen der Unternehmen. Dem entsprechend hatten
sich bereits alle Unternehmen mit der Umsetzung
der durch den neuen IAS 19 gestellten Anforderungen befasst. Allerdings hatte immerhin fast
ein Drittel (29 Prozent) Ende 2012 noch keinen
Zeitplan für die Umsetzung. Die Hälfte der Unternehmen aus dieser Gruppe plante, einen Zeitplan
bis Mitte 2013 aufzustellen.
Auswirkungen auf Bilanz und GuV
weitgehend bekannt
Die zentralen Auswirkungen des IAS 19 (neu) auf die
Rechnungslegung (auf Bilanz und GuV) waren den
Unternehmen bereits weitestgehend bekannt. Ein
Großteil der Befragten (knapp 80 Prozent) beabsichtigte, bis Ende 2012 auch Klarheit über die
Aufspaltung des Pensionsaufwands in der Gesamtergebnisrechnung und über die Berücksichtigung
des Remeasurements im Eigenkapital zu haben.
Nachholbedarf besteht hinsichtlich der weniger
zentralen Themen der neuen Rechnungslegung,
die insbesondere bei Unternehmen mit Auslandsbezug eine Rolle spielen dürften. So war zum
20 towerswatson.de
Zeitpunkt der Befragung lediglich etwas mehr als
der Hälfte der Unternehmen (57 Prozent) klar,
wie nach der Regelung des IAS 19 (neu) Steuern
und Verwaltungskosten bzw. außerordentliche
Ereignisse (Past Service Cost bzw. Settlement) zu
behandeln sind.
Zudem sind einige zentrale Aufgaben noch unerledigt. So haben sich zum Zeitpunkt der Befragung
lediglich 66 Prozent der Unternehmen schon mit
ihrem versicherungsmathematischen Gutachter
darauf verständigt, wie die Ergebnisse für das
Rechnungswesen im Gutachten dargestellt werden
sollen. Zum selben Zeitpunkt waren sich aber
71 Prozent der Unternehmen darüber im Klaren,
wie die Anpassungsbuchungen (Übergang IAS 19
alt zu IAS 19 neu) erfolgen sollen. Nur 69 Prozent
der Unternehmen hatten sich schon Gedanken zur
unterjährigen Berichterstattung nach IAS 19 (neu)
in 2013 gemacht.
Unklarheit herrschte Ende 2012 noch über die
Behandlung von Altersteilzeitvereinbarungen nach
IAS 19 (neu). Wie erwartet, hatten sich lediglich
42 Prozent der Unternehmen, für die dies relevant
ist, bereits entschieden, wie die Neubewertung der
Aufstockungsleistungen erfolgen soll. Viele Unternehmen hatten diese Entscheidung jedoch bis zur
Veröffentlichung des entsprechenden Anwendungshinweises des DRSC (DRSC AH 1 (IFRS) – siehe
auch Beitrag auf S. 27) verschoben. Die endgültige
Fassung lag jedoch erst nach Ende der Befragung
am 4.12.2012 vor.
Grundsätzlich sind die Unternehmen bereit, den
gesteigerten Anforderungen an die Risikoberichterstattung und die Pension Governance nachzukommen. So beabsichtigen nur 17 Prozent der befragten Unternehmen eine minimalistische Strategie
hinsichtlich der Offenlegung im Anhang, wohingegen 74 Prozent einer ausgewogenen Strategie den
Hinweis für die Praxis
Der neue IAS 19 gilt für Berichtsperioden, die am oder nach dem
1.1.2013 beginnen. Unternehmen ist zu empfehlen, sich baldmöglichst
und intensiv mit den gestiegenen Anforderungen an die Anhangangaben
zu beschäftigen.
Vorzug geben wollen. Gelistete und nicht gelistete
Unternehmen verfolgen hier ähnliche Ansätze. Die
konkrete Umsetzung erfordert allerdings noch eine
intensive Beschäftigung mit dem Thema bzw. den
Anforderungen.
Alfred-E. Gohdes
alfred.gohdes@
towerswatson.com
Telefon: +49 611 794-4407
Erheblicher Nachholbedarf bei Anhang­
angaben 2013
Erheblicher Nachholbedarf besteht bei den Anhangangaben im Konzernabschluss 2013. Zum Zeitpunkt der Befragung verfügten erst 40 Prozent der
befragten Unternehmen über ein Konzept dazu,
wie sie den neuen Anhang bezüglich der betrieblichen Altersversorgung darstellen wollen. Für die
Mehrzahl der Unternehmen ist dies allerdings ein
Thema, mit dem sie sich 2013 beschäftigen werden. Auch diesbezüglich unterscheiden sich die
gelisteten Unternehmen nicht wesentlich von dem
Gesamtdurchschnitt.
Dr. Manfred Stöckler
manfred.stoeckler@
towerswatson.com
Telefon: +49 89 51657-4601
Zinsdiskussion: Klärungsprozess dauert an
Präzisierung nur durch Änderung von IAS 19 zu erreichen
Bislang ist es – trotz der andauernden Debatte – nicht ausdrücklich zulässig, Wertpapiere mit einem
Rating unterhalb von AA zur Festlegung des Rechnungszinses für die Bewertung von Pensionsverpflichtungen heranzuziehen. Das IFRS Interpretations Committee hat zur Klärung dieser und weiterer Grundsatzfragen bei der Festlegung des Rechnungszinses eine Anrufung des IASB beschlossen.
Angesichts des historisch niedrigen Zinsniveaus
und in Folge der Herabstufung einiger AA-Unternehmensanleihen wurde im zweiten Halbjahr 2012 diskutiert, auch Unternehmensanleihen mit A-Rating
für die Zinsbestimmung zuzulassen. Beispielsweise wurde ein sog. „6A-Portfolio“, zusammengesetzt aus Anleihen mit AAA-, AA- und A-Bewertung,
als mögliche Alternative zum „reinen AA-Ansatz“
vorgeschlagen.
Erste Stellungnahmen von IFRS IC und DRSC
Am 22.11.2012 veröffentlichte das IFRS Interpretations Committee (IFRS IC) eine erste Stellungnahme zur Auslegung des Begriffs „High Quality
Corporate Bonds“ für die Wahl des Rechnungszinses. Es lehnte dabei eine schnelle Entscheidung
ausdrücklich ab und stellte zunächst fest, dass
IAS 19 nicht festlege, welches konkrete Rating als
„hochwertig“ im Sinne der Zinsfindung anzusehen
sei. Insofern hätten die bilanzierenden Unternehmen einen entsprechenden Ermessensspielraum.
Das IFRS IC bestätigte, dass eine einmal gewählte
Methode zur Wahl des Rechnungszinses im Zeitverlauf grundsätzlich zwar konsistent anzuwenden
sei. Gemäß IAS 8.34 könne jedoch eine getroffene
Einschätzung überprüft werden, sofern sich die
Umstände, auf denen sie beruhe, geändert haben.
Diese vorsichtige Verlautbarung des IFRS IC wurde
von einigen Beobachtern so interpretiert, dass eine
veränderte Ableitung des Pensionszinssatzes auf
Basis eines erweiterten Portfolios, welches Wertpapiere, die schlechter als AA geratet sind, einschließt,
zum Jahresende 2012 angewandt werden könne. Das
Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee
(DRSC) stellte jedoch in einer Kurzmitteilung vom
5.12.2012 klar, dass „das IFRS IC zu dem Thema
bisher keine Entscheidung getroffen hat“. Zudem verwies das DRSC auf eine Mitteilung der europäischen
Wertpapieraufsicht ESMA, wonach die Unternehmen
eine vom IFRS IC kommende Klarstellung abwarten
und ihren Ansatz zur Bestimmung des Rechnungszinses bis dahin nicht ändern sollten.
Vor diesem Hintergrund verdichteten sich zum Jahresende 2012 die Anzeichen, dass Wirtschaftsprüfungsgesellschaften dem Heranziehen eines
„6A-Portfolios“ zur Bestimmung des Rechnungszinses nach IAS 19 mit Skepsis begegnen würden.
Hier erwies sich die frühzeitige Abstimmung mit
dem Wirtschaftsprüfer als sinnvoll.
Benefits! 21
Bilanzen & Finanzen
Abb. 1: Rechnungszins nach IFRS, US-GAAP und HGB (BilMoG)
Rechnungszins in Prozent (Mischbestand)
6,5
6,0
5,5
5,0
4,5
Zinsniveaus
Februar 2013
HGB (BilMoG) Globale RATE:Link
Rentnerbestand
3,3 %
Mischbestand
5,02 %
3,7 %
Aktivenbestand
3,9 %
4,0
3,5
Feb 13
Jan 13
Dez 12
Nov 12
Okt 12
Aug 12
Sep 12
Jul 12
Jun 12
Apr 12
Mai 12
Mrz 12
Jan 12
Feb 12
Dez 11
Okt 11
Nov 11
Sep 11
Jul 11
Aug 11
Jun 11
Apr 11
Mai 11
Mrz 11
Feb 11
Jan 11
Dez 10
3,0
Bilanzstichtag: Monatsende
HGB (BilMoG)
Global RATE: Link
Historisches Zinstief zum Jahresende 2012
Bis zum 31.12.2012 ging der Rechnungszins gemäß
dem RATE:Link-Modell von Towers Watson für den
sog. „Mischbestand“ auf 3,4 Prozent zurück. Im
Jahresvergleich ist der Rechnungszins somit für
alle Laufzeiten um ca. 200 Basispunkte regelrecht
abgestürzt – im Ausmaß des Rückgangs eine bisher
einmalige Entwicklung.
Für den nationalen Jahresabschluss (nach dem
Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG)
ergab sich über das Jahr 2012 infolge der vorgeschriebenen Durchschnittsbildung nur eine
geringfügige Ermäßigung um zehn Basispunkte
von 5,14 Prozent auf 5,04 Prozent.
Tatsächlich gewählter Rechnungszins:
3,3 Prozent (Median)
Der Median des von den deutschen Unternehmen
zum 31.12.2012 gewählten Rechnungszinses
liegt bei 3,3 Prozent für eine mittlere Duration
von 14,2 Jahren. Das zeigt eine von Towers
Watson durchgeführte Umfrage zu den zum
31.12.2012 angesetzten versicherungsmathe­
matischen An­nahmen. Die Umfrage umfasst
Daten von über 270 Plänen in Deutschland sowie
für über 900 Pläne in allen Ländern der Eurozone. Die Annahmen dürften allerdings in einigen
Fällen noch Vorschläge sein, d. h. sind noch nicht
endgültig mit den Wirtschaftsprüfern abgestimmt.
Die Umfrage bestätigt zudem, dass der gewählte
Rechnungszins wie bisher auch von der sog.
„Duration“ eines Pensionsplans (d. h. der gewichteten, durchschnittlichen Zahlungsfälligkeit der
Leistungen) abhängt.
22 towerswatson.de
Fortführung der Zinsdiskussion durch IFRS IC
und IASB
Seine Überlegungen zum Rechnungszins führte
das IFRS IC am 22. und 23.1.2013 fort. In den
die Sitzungen vorbereitenden Arbeitspapieren
hatte der Staff der IFRS Foundation dabei folgende
abgestufte Vorgehensweise für die Zinsfestlegung
vorgeschlagen:
•• Im ersten Schritt wäre zu prüfen, ob genügend
Unternehmensanleihen zur Bestimmung eines
zuverlässigen Rechnungszinses vorliegen. Hierzu
ist die größtmögliche Auswahl an Unternehmensanleihen in einer oder beiden der höchsten Bonitätsklassen (entspricht „AAA“ und „AA“) zu betrachten.
•• Falls sich bei dieser Betrachtung ergeben sollte,
dass kein tiefer Markt an solchen Unternehmensanleihen vorliegt, wären in einem zweiten
Schritt auch Unternehmensanleihen mit einem
niedrigeren Rating einzubeziehen. Dabei ist die
Rendite dieser Bonds anzupassen, d. h. es ist
die Marktprämie für das zusätzliche Kreditrisiko
herauszurechnen. Das Hinzufügen von Anleihen
mit einem niedrigeren Rating soll folglich die
Renditekurve nicht signifikant beeinflussen,
sondern lediglich zu deren Stabilisierung über
alle Laufzeiten beitragen. Falls ein Unternehmen
von dieser Portfolioerweiterung Gebrauch macht,
hat es seine Entscheidungsgrundlage und das
gewählte Verfahren detailliert offenzulegen.
•• In einem dritten Schritt wären, falls nach obigen Maßnahmen immer noch kein tiefer Markt
an Unternehmensanleihen vorhanden sein
sollte, ausschließlich währungs- und laufzeitkongruente Staatsanleihen für die Zinsfestlegung heranzuziehen.
Abb. 2: Tatsächlich gewählter Rechnungszins zum 31.12.2012 (Pensionspläne in Deutschland)
35
34
30
31
25
20
17
15
4
1
3,75 bis 3,99
4,00 bis 4,24
5
3,50 bis 3,74
2,25 bis 2,49
0
3
3,25 bis 3,49
1
3,00 bis 3,24
0
2,75 bis 2,99
1
2,50 bis 2,74
2
2,00 bis 2,24
5
1,00 bis 1,99
10
weniger als 1,00
Anteil der Pläne (in Prozent)
40
Rechnungszins (in Prozent)
Quelle: Towers Watson Survey
„Proposed Assumptions for Eurozone Plans“
Jedoch folgte das Interpretations Committee
wie schon im November vergangenen Jahrs (vgl.
Benefits! Dezember 2012) auch dieses Mal den
Vorschlägen des Staff nicht. Überraschenderweise
wurde insbesondere der Rückfall bei der Zinsbestimmung auf Staatsanleihen als Auffanglösung
für nicht tiefe Märkte als äußerst bedenklich
angesehen. Zudem wurde kritisiert, dass die
vorgeschlagene Vorgehensweise zu sehr regelbasiert („rules-based“) sei. Uneinigkeit unter den
Teilnehmern herrschte ferner sogar zu der Grundsatzfrage, ob mit der Zinsdefinition in IAS 19 ein
risikoloser Zins angestrebt werden soll oder nicht.
Fazit der Sitzung des Interpretations Committee
war es denn auch, dass die gewünschte Präzisierung der Zinsfestlegung nicht im Rahmen einer
Interpretation – und damit innerhalb des Mandats
des Committee – sondern nur durch eine Änderung
von IAS 19 selbst zu erreichen sei. Folglich wurde
eine Anrufung des IASB zu dieser Frage beschlossen. Nach Einschätzung von Towers Watson dürfte
sich der Klärungsprozess noch einige Monate
hinziehen.
punkte nach oben. Für die Jahresabschlüsse 2012
kam dieser moderate Anstieg jedoch leider zu spät,
da nach den Rechnungslegungsvorschriften stets
exakt auf die Marktverhältnisse zum Jahresende
abzustellen ist. Die Zinserholung setzte sich dann
auch im restlichen Januar weiter fort.
Ausblick
Der Fortgang der Zinsdiskussion des IFRS IC
und des IASB sowie die weitere Entwicklung
der Marktrenditen der Unternehmensanleihen
bleiben abzuwarten. Benefits! wird weiter über
dieses Thema berichten.
Alfred-E. Gohdes
alfred.gohdes@
towerswatson.com
Telefon: +49 611 794-4407
Zinserholung im Januar 2013
Unglücklicherweise wurde der historische Tiefstand des Rechnungszinses exakt zum Jahresende
erreicht. Mitursächlich hierfür könnte die in den
letzten Dezembertagen 2012 kulminierte Diskussion zur „Fiscal Cliff“ in den USA und die damit
verbundene Unruhe an den Märkten gewesen sein.
Jedenfalls gingen bereits am ersten Handelstag
des neuen Jahrs begleitet von einem Kursfeuerwerk an den Aktienmärkten die Rechnungszinsen
im Euro AA-Segment wieder um ca. zehn Basis-
Jürgen Fodor
juergen.fodor@
towerswatson.com
Telefon: +49 7121 3122-266
Benefits! 23
Bilanzen & Finanzen
Die Durchführung der QIS in Deutschland
Geplantes Aufsichtsregime im Praxistest
Die Auswirkungen des geplanten neuen europäischen bAV-Aufsichtsregimes wurden Ende 2012 anhand
einer quantitativen Auswertungsstudie (QIS) untersucht. Mit deren Durchführung haben sich jedoch so
viele Grundsatzfragen sowie grundlegende Kritik an dem vorgestellten Konzept ergeben, dass es ungeeignet für eine weiterführende Entwicklung der bestehenden Pensionsfondsrichtlinie erscheint.
Von 16. Oktober bis 17. Dezember 2012 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
im Auftrag der Europäischen Aufsichtsbehörde für
Versicherungsgesellschaften und Einrichtungen der
betrieblichen Altersversorgung (EIOPA) eine quantitative Auswertungsstudie (QIS) durchgeführt. Untersucht wurden die quantitativen Auswirkungen des
von EIOPA entworfenen Aufsichtsregimes auf Pensionskassen und Pensionsfonds. Die Studie bildet
einen wichtigen Baustein im Plan der Europäischen
Kommission, bis Mitte dieses Jahres einen Richt­
linienentwurf für eine Neuauflage der bestehenden
Pensionsfondsrichtlinie aus 2003 vorzulegen.
Mit der Überarbeitung der Pensionsfondsrichtlinie
verfolgt die Kommission folgende Hauptziele:
•• die Förderung der grenzüberschreitenden Tätigkeit
von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) und
24 towerswatson.de
•• die Modernisierung der Regulierung von reinen
Beitragszusagen.
•• Darüber hinaus soll damit eine Grundlage
geschaffen werden, die es EbAV ermöglicht,
von einer risikobasierten Aufsicht zu profitieren
und gleichzeitig eine regulatorische Gleichbehandlung zwischen EbAV und Lebensversicherungsunternehmen sicherzustellen. (In diesem
Zusammenhang wird auch von der Gewährleistung eines „level playing field“ gesprochen.)
Diese Ziele lassen sich (abgesehen von der Forderung nach einem „level playing field“) nur schwerlich
kritisieren, es sei denn, ihre Implementierung schadet den Arbeitgebern, den begünstigten Arbeitnehmern oder sogar der Volkswirtschaft im Allgemeinen.
Leider gibt die QIS allen Anlass zu solchen Befürchtungen – selbst wenn eine klare Abschätzung derzeit
noch nicht möglich ist – weil die Europäische Kommission zentrale Bestandteile des Konzepts noch im
Dunkeln gelassen hat.
Das neue Aufsichtskonzept und seine
­Prüfung durch die QIS
Das zentrale Element des geplanten Aufsichtsregimes ist die Holistische Bilanz (Holistic Balance
Sheet, HBS). Der Grundgedanke der HBS ist die
Bewertung der Vermögens- und Verpflichtungswerte
einer EbAV nach den gleichen marktkonsistenten
und risikobasierten Grundsätzen, die auch für Versicherer unter Solvency II angewendet werden sollen.
Um den von EIOPA als wesentlich erachteten Unterschieden zwischen Versicherern und EbAV gerecht
zu werden, wurden für den Praxistest zusätzlich zu
der Systematik für Versicherer für EbAV folgende
Aspekte einbezogen:
•• die Arbeitgeberunterstützung bei einer etwaigen
Unterdeckung der EbAV
•• (bei Pensionsfonds) die Haftung des PensionsSicherungs-Vereins aG (PSV) bei Insolvenz des
Arbeitgebers
•• Leistungskürzungen bei einer etwaigen Unterdeckung der EbAV (soweit möglich)
Für die QIS-Teilnehmer galt es zunächst, eine HBS
unter 18 unterschiedlichen Szenarien zum Stichtag
31.12.2011 aufzustellen. Anschließend wurde
diese mit verschiedenen, über einen Zeitraum von
einem Jahr „vernünftigerweise möglichen“ Veränderungen der demografischen, ökonomischen
und sonstigen Parametern „geschockt“, d. h. der
Kapitalbedarf für jede dieser Veränderungen festgestellt. Dabei wurden als „vernünftigerweise mögliche“ Veränderungen der unterschiedlichen Risikofaktoren Eintrittswahrscheinlichkeiten von alternativ
mit 99,5 Prozent, 97,5 Prozent und 95 Prozent angesetzt. Nach der Berücksichtigung der Korrelation
unter den unterschiedlichen Risikofaktoren wurde
schließlich der aggregierte Effekt der „Schocks“
ermittelt, um damit die Eigenkapitalanforderung
der betroffenen EbAV je Szenario zu quantifizieren,
die für alle vernünftigerweise möglichen künftigen
Entwicklungen rechnerisch ausreichen sollte.
Die HBS sollte allerdings nicht als „normale“
Bilanz im herkömmlichen Sinne sondern vielmehr
als ein „Instrument zur umsichtigen Regulierung“
verstanden werden – dies hat der Vorsitzende
der EIOPA, Gabriel Bernardino, während zweier
Konferenzen im Oktober und Dezember 2012 vorgetragen. Es erstaunt, dass dieser zentrale Aspekt
nur eher beiläufig und außerhalb der offiziellen
Dokumentation erwähnt wurde: Wäre die HBS nämlich als „normale“ Bilanz zu verstehen, müssten
Trägerunternehmen, deren EbAV eine Arbeitgeberunterstützung aktiviert, möglicherweise auch einen
entsprechenden Posten in der Handelsbilanz des
Trägerunternehmens erfassen.
Erhebliche Auswirkungen
Die aggregierten Berechnungsergebnisse stellt
EIOPA erst Mitte des Jahrs vor. Was Deutschland betrifft, waren die Effekte nach Erfahrung
von ­Towers Watson erheblich. So stiegen die in
der deutschen Handelsbilanz zum 31.12.2011
erfassten Deckungsrückstellungen der Pensionskassen und Pensionsfonds regelmäßig um 25
bis 50 Prozent an, wobei je nach Konstruktion
der Anstieg auch wesentlich geringer bzw. höher
ausfallen konnte.
Der zusätzliche Verpflichtungsumfang beläuft sich
nach groben Schätzungen von Towers Watson
für Deutschland in der von der QIS bezeichneten
„Basisvariante“ und vor Schocks auf ca. 50 Mrd.
Euro (zum Vergleich: Großbritannien: 600 Mrd.
Euro; Niederlande: 120 Mrd. Euro). Um eine ausgeglichene Bilanz herzustellen, wurde der jeweils
im Einzelfall verzeichnete Anstieg in einem zweiten
Schritt in unterschiedlicher Art und Weise kompensiert: durch den Ansatz einer Arbeitgeberunterstützung, den PSV bzw. durch Leistungskürzungen.
Man kann daher nicht von einem „erforderlichen
Nachschuss“ in der genannten Größenordnung
sprechen. Ganz sicher ist das allerdings nicht, weil
die Kommission das Modell noch nicht vollständig
offengelegt hat.
Zahlreiche Kritikpunkte an den
­Testberechnungen
Etwa 35 große deutsche EbAV haben sich im
Rahmen der QIS intensiv mit den tatsächlichen
quantitativen Auswirkungen auf die konkret vorliegenden Verhältnisse und den Vorstellungen von
Benefits! 25
Bilanzen & Finanzen
EIOPA auseinandergesetzt. Dabei haben sich vor
allem folgende Kritikpunkte ergeben:
•• Die QIS bestätigte die bereits im Vorfeld erahnten
Ergebnisse: die verschiedenen in der deutschen
betrieblichen Altersversorgung verankerten
Sicherungssysteme (PSV; Arbeitgeberunterstützung; derzeitige Regulierung; selbstregulierende
Leistungsbestimmung) halten weitestgehend
auch die massivsten Schocks aus.
•• EIOPA hat sich die Herstellung eines “level playing field” (zwischen EbAV und Versicherern) als
Ziel gesetzt. Die Geschäftsmodelle von Versicherern und EbAV sind allerdings so grundverschieden, dass unterschiedliche und nicht weitgehend
identische Regeln erforderlich sind. Das für Versicherer geltende Konzept sollte den EbAV nicht
einfach mit einigen wenigen Zusatzanforderungen
übergestülpt werden.
•• Das Konzept eines risikofreien Rechnungszinses
für die Bewertung der Verpflichtungen passt
mit dem Zeitwertansatz für die Bewertung der
Vermögenswerte schon theoretisch nicht zusammen. Auch die praktische Umsetzung ist nicht in
sich stimmig. Eine ganze Reihe von Parametern
wurde dem Anschein nach willkürlich festgelegt.
•• Die Einbeziehung der Themenbereiche Arbeitge­
berunterstützung, PSV, Risikomarge und Klassifizierung von Leistungskategorien und ihrer
zugrundeliegenden Konzepte sind teilweise nur
rudimentär entwickelt.
•• Der Prozess der Durchführung war intransparent
und erheblich verbesserungswürdig.
Die Kommission erwartet, dass das neue Regelwerk EbAV erlauben wird, von einer risikobasierten Aufsicht zu profitieren. Diese Intention ist
zwar lobenswert, das vorgestellte Regelwerk wird
aber vielmehr hauptsächlich signifikante Kosten
verursachen, ohne einen auch nur vergleichbaren
Mehrwert für die Begünstigten zu erreichen. Das
vorgestellte Modell ist für EbAV überdimensioniert,
unpassend und zu teuer.
Weiterentwicklung des Konzepts erforderlich
Die Vorschläge für die Implementierung des risikofreien Rechnungszinses für die Bewertung der Verpflichtungen sind für EbAV schlichtweg unpassend.
Sie entsprechen nach Einschätzung von Towers
Watson auch nicht dem eigenen Anspruch einer
Marktkonsistenz. Dies liegt u. a. daran, dass die
Bewertungssystematik für die Verpflichtungen
nicht im Einklang mit dem Zeitwertansatz für die
Vermögenswerte steht. Erfolgsversprechender und
theoretisch attraktiver wäre die Entwicklung eines
Rechnungszinses in Anlehnung an die erwarteten
Vermögenserträge (vergleichbar zu der von EIOPA
vorgeschlagenen „Level B“-Variante).
26 towerswatson.de
Vonnöten ist weiterhin eine signifikante Weiterentwicklung der Einbeziehung der Themenbereiche
Arbeitgeberunterstützung, PSV, Risikomarge und
Klassifizierung von Leistungskategorien und ihrer
zugrundeliegenden Konzepte. Nicht zuletzt müssen
die praktischen Auswirkungen eines neuen Regelwerkes realistisch adressiert werden, wie z. B.
konkret überlegt werden muss, wie die Entwicklungen der vergangenen 50 bis 100 Jahre behutsam
in eine neue Ausrichtung gebracht werden können,
ohne dem bestehenden System erheblichen Schaden zuzufügen.
Schließlich kann und sollte der Prozess der Durchführung bedeutend verbessert werden. Um beispielsweise eine höhere Transparenz zu erreichen,
sollte die Kommission ihr gesamtes Regulierungskonzept offenlegen. Das schließt auch z. B. die
Darlegung der Sanktionen bei Defiziten sowie die
Klarstellung, dass die HBS keine „normale“ Bilanz
sondern nur ein Regulierungsinstrument ist, ein.
Ausblick
Es ist zu vermuten, dass die Kommission von
ihrem Ziel, eine risikobasierte und marktkonsistente Aufsicht einzuführen, nicht abzubringen sein wird. Dabei gilt es sicherzustellen,
dass ein neues Aufsichtssystem auch allgemein als besser, sicherer und nachhaltiger
als das derzeit bestehende, sehr heterogene
europäische Regelwerk angesehen wird. Bis
dahin ist noch ein langer Weg!
Alfred-E. Gohdes
alfred.gohdes@
towerswatson.com
Telefon: +49 611 794-4407
Einzelfragen zur Bilanzierung von
­Altersteilzeitverhältnissen nach IFRS
DRSC Anwendungshinweis 1 (IFRS) verabschiedet
Infolge der Änderung von IAS 19 und einer Auslegungsentscheidung des IFRS IC war die bilanzielle
Behandlung von Altersteilzeitverhältnissen neu zu regeln. Der nun verabschiedete Anwendungshinweis des DRSC schafft für einige Fälle Klarheit. Einige Regelungen, z. B. im Hinblick auf Potentiale
und Mindestdienstzeiten, bleiben jedoch weiterhin unklar.
Seit September 2011 befasste sich das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee
(DRSC) mit dem Thema Altersteilzeit (ATZ) nach
Maßgabe des überarbeiteten IAS 19 (2011) (siehe
auch Benefits! Dezember 2011 sowie August und
Dezember 2012). Eine Neubeurteilung der Bilanzierung von ATZ-Vereinbarungen, insbesondere der
Aufstockungsleistungen, war vor dem Hintergrund
der geänderten Regelungen zu „Leistungen aus
Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses“
(termination benefits) notwendig geworden. Am
11. Dezember 2012 wurde dann schließlich der
am 4. Dezember vom IFRS-Fachausschuss des
DRSC verabschiedete Anwendungshinweis 1 (IFRS)
„Einzelfragen zur Bilanzierung von Altersteilzeitverhältnissen nach IFRS“ veröffentlicht. Er enthält
folgende wesentlichen Regelungen:
Anwendungsbereich
Der Anwendungshinweis bezieht sich auf IAS 19
(2011) – Leistungen an Arbeitnehmer – und befasst
sich mit der Bilanzierung von Aufstockungsleistungen und Erfüllungsrückständen im Rahmen von
ATZ-Vereinbarungen im Sinne des Altersteilzeitgesetzes (AltTZG). Er erfasst auch Vereinbarungen,
die zwar nicht im Rahmen von ATZ im Sinne des
AltTZG getroffen wurden, diesen jedoch strukturell
und wirtschaftlich entsprechen.
Die Regelungen des Anwendungshinweises sind
hingegen nicht auf Vereinbarungen über Aufstockungsleistungen anzuwenden, auf die Arbeitnehmer ohne die Erbringung einer Gegenleistung
Anspruch haben. Dies gilt insbesondere für Vereinbarungen, die eine unmittelbare Freistellung
des Arbeitnehmers vorsehen. Die Regelungen des
Anwendungshinweises beziehen sich grundsätzlich auf Ausgestaltungen nach dem Blockmodell,
bei dem eine ATZ-Vereinbarung in ein bereits
bestehendes Arbeitsverhältnis eingreift. Soweit
im Hinweis nicht ausdrücklich Regelungen für
das Gleichverteilungsmodell dargestellt werden,
gelten die Regelungen des Blockmodells analog.
Für das Gleichverteilungsmodell entspricht dabei
das Ende der Aktiv- oder Beschäftigungsphase
(im Blockmodell) dem Ende des ATZ-Arbeitsverhältnisses.
Ungeregelte Punkte
Keine Aussagen trifft der Anwendungshinweis zur
Bilanzierung von Abfindungsleistungen sowie zur
Bilanzierung von Planvermögen, das je nach Art der
Besicherung ggf. im Rahmen der Sicherungspflicht
von Wertguthaben (§ 8a AltTZG) gebildet wird.
Bezüglich der ATZ-Abfindungen ist jedoch davon
auszugehen, dass die nachfolgend beschriebenen
Regelungen zu Aufstockungszahlungen sinngemäß
anzuwenden sind, d. h. ratierliche Ausfinanzierung
der Abfindungsleistungen bis zum Ende der Aktivphase (Blockmodell) bzw. bis zum Ende des ATZArbeitsverhältnisses (Gleichverteilungsmodell).
Bilanzierung des Erfüllungsrückstands
(Blockmodell)
Beim Blockmodell baut sich in der Aktivphase ein
Erfüllungsrückstand in Höhe des noch nicht vergüteten Anteils der erbrachten Arbeitsleistung auf.
Für diesen Erfüllungsrückstand ist unter Beachtung der Regelungen des IAS 19 (2011) wie bisher
schon eine Rückstellung zu bilden. Im Regelfall
handelt es sich hierbei um „andere langfristig fällige Leistungen an Arbeitnehmer“ (other long-term
employee benefits). Nach Beendigung der Aktivphase und während der Berichtsperioden der Passiv- oder Freistellungsphase, in denen der Arbeitnehmer gemäß der Teilzeitvereinbarung vergütet
wird, ohne noch eine Arbeitsleistung zu erbringen,
ist die Rückstellung entsprechend abzubauen.
Bilanzierung von Aufstockungsleistungen
Nach dem Anwendungshinweis qualifizieren die
Aufstockungsleistungen gemäß IAS 19 (2011)
zukünftig nicht mehr als „termination benefits“
sondern i. d. R. als „other long-term employee
benefits“. Dies gilt nach Auffassung von Towers
Watson auch für die Abfindungszahlungen, da die
Gewährung solcher ATZ-Abfindungen (wie auch
bei Aufstockungsleistungen) von der zukünftigen
Arbeitsleistung abhängt.
Benefits! 27
Bilanzen & Finanzen
Abb. 1: Berechnungsbeispiel
Die ATZ-Vereinbarung wurde im Jahr 0, zwei Jahre vor Beginn der Aktivphase, unterzeichnet. Die eigentliche ATZ (Blockmodell) läuft sechs Jahre, davon je drei Jahre Aktiv- und Passiv-Phase mit jeweils 100 Aufstockung p. a. Der Zins wurde
mit fünf Prozent p. a. angesetzt, biometrische Wahrscheinlichkeiten wurden nicht berücksichtigt.
Fall a): keine Verrechnung im Störfall bei Auszahlung
Fall b): Unverfallbarkeit erst zum Ende der Aktivphase
– Fall b1): FiFo-Methode
– Fall b2): E
inzelbetrachtung mit aktivischer Abgrenzung (keine Verrechnung der aktivischen Abgrenzung mit
der Verpflichtung, da kein Planvermögen vorliegt)
600
IDW 3/98
Fall a)
Betrag Rückstellung
500
Fall b1)
Fall b2)* Bruttoverpflichtung
400
Fall b2)* aktiv. Abgrenzung
300
* Im Fall b2 kommt es nicht zu einem
­Netting, da kein Planvermögen vorliegt.
200
100
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
Jahr
Insbesondere aufgrund von erforderlichen Mindestbeschäftigungszeiten können sich der Zeitpunkt, ab
dem die künftigen Aufstockungsleistungen erdient
werden und insoweit als Schuld (liability) anzusammeln sind, und der Zeitpunkt des Entstehens der
Verpflichtung (grundsätzlicher Beginn der Passivierungspflicht) unterscheiden. Liegt in einem solchen
Fall der späteste Zeitpunkt, zu dem die Anforderung an die Mindestbeschäftigungszeit noch erfüllt
werden kann, vor dem Abschluss einer anspruchsbegründenden Kollektivvereinbarung (s. u.), entsteht mit deren Unterzeichnung nachzuverrechnender Dienstzeitaufwand (past service cost).
Die Verpflichtung zur Gewährung der Aufstockungsleistungen (und damit zur Bildung entsprechender Rückstellungen) entsteht regelmäßig mit der
Unterzeichnung einer Kollektiv- oder Individualvereinbarung (z. B. Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag,
Einzelvertrag), in der sich das Unternehmen faktisch oder rechtlich unentziehbar dazu verpflichtet,
Aufstockungsleistungen zu gewähren. Die Bestimmung des Zeitpunkts, ab dem die vereinbarten
Aufstockungsleistungen erdient werden und ab
dem mit der Ansammlung der Schuld (liability) zu
beginnen ist, richtet sich hingegen nach den Vor-
28 towerswatson.de
gaben der Planformel. Dieser Zeitpunkt, ab dem
die Arbeitnehmer zur Erlangung des Anspruchs
auf die Aufstockungsbeträge Arbeitsleistungen
erbringen müssen, kann entweder explizit im Plan
festgelegt sein oder sich aus den tatsächlichen
Umständen der Vereinbarung ergeben.
Hinsichtlich der Frage, bis zu welchem Zeitpunkt
die vereinbarten Aufstockungsleistungen erdient
und die Schuld angesammelt wird, ist danach zu
differenzieren, ob die Aufstockungsleistungen
a) bereits mit Erbringung der Arbeitsleistung unverfallbar erdient werden (in diesem Fall hätte der
Arbeitgeber im Störfall einer vorzeitigen Beendigung des ATZ-Arbeitsverhältnisses, z. B. durch
Kündigung des Mitarbeiters, Invalidität oder
Tod, keinen Anspruch auf Verrechnung bereits
geleisteter Aufstockungsleistungen mit dem
Erfüllungsrückstand bzw. auf Erstattung) oder
b) erst mit störfallfreiem Ableisten der gesamten
Altersteilzeit unverfallbar werden.
Im Fall a werden im Rahmen des Blockmodells die
während der Aktivphase fälligen Aufstockungen bis
zu deren jeweiliger Fälligkeit und die während der
Passivphase fälligen Aufstockungen einheitlich auf
das Ende der Aktivphase finanziert („degressivratierliche m/n-tel Methode“). Im Rahmen des
Gleichverteilungsmodells ist die Schuld dagegen
stets bis zur Fälligkeit der jeweiligen Aufstockungsleistung anzusammeln.
Im Fall b steht dem Arbeitgeber im Störfall ein
Rückerstattungs- bzw. Verrechnungsanspruch in
Bezug auf bereits geleistete Aufstockungszahlungen zu. In diesem Fall hat die Finanzierung aller
Aufstockungen im Blockmodell einheitlich auf das
Ende der Aktivphase und im Gleichverteilungsmodell auf das Ende des ATZ-Zeitraums zu erfolgen.
Der Anwendungshinweis zeigt für diesen Fall „beispielhaft“ zwei mögliche Vorgehensweisen auf:
Alfred-E. Gohdes
alfred.gohdes@
towerswatson.com
Telefon: +49 611 794-4407
Dr. Manfred Stöckler
manfred.stoeckler@
towerswatson.com
Telefon: +49 89 51657-4601
b1) Die Gesamtheit der Aufstockungsleistungen
stellt einen zusammenhängenden Leistungsbaustein dar. Der Abbau der Schuld erfolgt
durch die Zahlung der Aufstockungsleistungen.
Die Schuld wird bei dieser Vorgehensweise zum
Ende einer jeden Berichtsperiode des Ansammlungszeitraums bestimmt, indem jeweils die
nächsten zur Auszahlung anstehenden Aufstockungsbeträge als erstes ausfinanziert werden.
Diese Vorgehensweise wird deshalb auch als
„FiFo-Methode“ (First in – First out) bezeichnet.
b2) Die Aufstockungsleistungen stellen „einzelne
Leistungsbausteine“ dar. Diese Methode
unterscheidet sich von b1 dadurch, dass die
Schuld durch die bereits gezahlten Aufstockungsbeträge jeweils nur bis zur Höhe bereits
angesammelter Schuldbeträge abgebaut wird.
Der diesen ausfinanzierten Schuldbetrag übersteigende Teil der Aufstockungszahlung ist als
Vorauszahlung des Arbeitgebers auf noch nicht
erdiente Aufstockungsbeträge zu verstehen
und daher aktivisch abzugrenzen.
Hinweis für die Praxis
Falls ein Unternehmen nicht ausschließlich ATZ-Vereinbarungen unterhält, die sich bereits in der
Passivphase befinden, ist i. d. R. eine Neubewertung der Verpflichtungen durchzuführen. Wegen
der retrospektiven Erstanwendung von IAS 19 (2011) betrifft dieses Neubewertungserfordernis im
Regelfall (d. h. für Unternehmen mit dem Kalenderjahr als Wirtschaftsjahr, welche keinen vorgezogenen Umstieg auf IAS 19 (2011) vollzogen haben) bereits die Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2012.
Seit ihrer erstmaligen Erwähnung im Rahmen des Entstehungsprozesses des DRSC AH 1 (IFRS)
wird die FiFo-Methode in der Literatur als nicht IAS 19-konform eingestuft. Trotz dieser Bedenken
ist jedoch davon auszugehen, dass sie sich in der Praxis durchsetzen wird.
Benefits! 29
Bilanzen & Finanzen
Risikomanagement von Pensionskassen
Rolle und Aufgabenstellung der internen Revision
Größere Firmenpensionskassen und Wettbewerbspensionskassen sind verpflichtet, eine interne Revision einzurichten – entweder als eigene organisatorische Einheit im Unternehmen oder als externe
Innenrevision, die durch einen Dienstleister übernommen wird.
Pensionskassen müssen über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation verfügen, die unter
Berücksichtigung des Proportionalitätsgrundsatzes
ein angemessenes Risikomanagement voraussetzt (§ 64a Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG).
Einzelheiten hierzu führt die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in ihrem
Rundschreiben „Mindestanforderungen an das
Risikomanagementsystem in Versicherungsunternehmen (MaRisk VA)“ aus. Bei größeren Firmenpensionskassen und Wettbewerbspensionskassen
hat die Geschäftsleitung eine interne Revision (IR)
einzurichten. Diese kann eine eigene organisatorische Einheit im Unternehmen sein oder im Rahmen
eines Funktionsausgliederungsvertrages auf einen
externen Dienstleister ausgelagert werden. Bei
einer Auslagerung hat das Unternehmen einen Revisionsbeauftragten zu benennen.
Schlüsselfunktion im Governance-System
Der IR kommt im Rahmen des GovernanceSystems eine Schlüsselfunktion zu. Wichtigstes
Kriterium ist ihre Objektivität und die Unabhän-
gigkeit von den übrigen operativen Einheiten
der Pensionskasse sowie auch von der Risikocontrollingfunktion. Die IR muss besondere
fachliche Anforderungen erfüllen, die nicht nur
revisionsspezifische Kenntnisse sondern auch
umfassende Fachkenntnisse im Bereich der
betrieblichen Altersversorgung (bAV) und im Pensionskassenwesen voraussetzen. Prinzipiell muss
sie sämtliche Prüfungsfelder abdecken, wobei
sie bei Bedarf fachlich spezialisierte Experten
hinzuziehen kann.
Um ihrer Aufgabenstellung gerecht zu werden,
muss die IR in der Organisationsstruktur der Pensionskasse entsprechend positioniert werden. Sie
ist direkt der Geschäftsleitung unterstellt und ihr
gegenüber berichtspflichtig. Als Überwachungsinstanz ist sie über alle Vorgänge, die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben relevant sind, vollständig
und rechtzeitig zu informieren. Sie verfügt über
ein uneingeschränktes Prüfrecht, das sich auf die
gesamte Geschäftsorganisation einschließlich
ggf. ausgelagerter Funktionen erstreckt. Bei der
Abb. 1: Risikomanagementsystem und beteiligte Unternehmensinstanzen
Vorstand
Aufsichtsrat
Bericht
Prüfung
Steuerung + Kontrolle
Risikocontrolling
R
isikoidentifikation
und Risikobewertung
Bilaterale Gespräche
Interne Revision
Aktuariat
Rechnungswesen
Bestandsverwaltung
30 towerswatson.de
Operative Geschäftsbereiche
Kapitalanlage
Wertung ihrer Prüfungsergebnisse ist die IR von
Einflüssen Dritter weitgehend frei.
Zu den Aufgaben der IR gehören insbesondere
•• die Unterstützung des Vorstands bei seiner Leitungs- und Kontrollaufgabe,
•• der Schutz der Mitglieder und des Vermögens der
Pensionskasse vor Nachteilen und Verlusten,
•• die Durchführung von planmäßigen und außerplanmäßigen Prüfungen,
•• die Projektbegleitung und prüfungsnahe Beratung
der übrigen Organisationseinheiten sowie
•• die Vermeidung möglicher Schwachstellen
und Fehler.
In der Praxis empfiehlt sich die Erarbeitung einer
Richtlinie, welche die organisatorischen Rahmenbedingungen für die Tätigkeit der IR regelt.
Risikoorientierter Prüfplan
Auf Basis der gewonnenen Erfahrungen und Kenntnisse hat die IR einen jährlich fortzuschreibenden
risikoorientierten Prüfplan zu erstellen, der sich auf
die wesentlichen Aktivitäten der Pensionskasse
konzentriert. Dabei hat sie die Einschätzung der
Risikolage durch die Risikocontrollingfunktion zu
berücksichtigen und eine unabhängige Risikobeurteilung vorzunehmen.
Im Rahmen der Prüfung bewertet die IR systematisch und zielgerichtet die Angemessenheit und
Wirksamkeit des internen Kontrollsystems der
Pensionskasse sowie die Führungs- und Überwachungsprozesse. Sie leistet dadurch einen Beitrag
zur Sicherheit, Wertsteigerung und Verbesserung
der Geschäftsprozesse und kann dazu beitragen,
frühzeitig Risiken zu erkennen und zu vermeiden.
Art und Umfang der vorgenommenen Prüfungshandlungen sind angemessen zu dokumentieren.
Festgestellte Mängel sind zu klassifizieren und ihre
Beseitigung ist in geeigneter Form zu überwachen.
Die Berichterstattung an den Vorstand erfolgt
anhand eines näher zu definierenden Berichtswesens. Der Revisionsbericht enthält die wesentlichen
Mängelfeststellungen und wird an die Aufsichtsbehörde übermittelt (§ 55c VAG). Der Vorstand
entscheidet, welche Maßnahmen in Bezug auf die
Revisionsergebnisse und die aus dem Prüfprozess
gewonnenen Empfehlungen der IR zu treffen sind.
Da sich die Aufgabengebiete der IR, des Aufsichtsrats und des Wirtschaftsprüfers in bestimmten
Bereichen überschneiden, besteht grundsätzlich die
Möglichkeit einer Kooperation dieser Institutionen.
Thomas Weppler
thomas.weppler@
towerswatson.com
Telefon: +49 611 794-245
Hinweis für die Praxis
Die in der IR eingesetzten Mitarbeiter sollten über eine entsprechende persönliche
und fachliche Eignung verfügen und von
den mit der sonstigen Administration für
die Pensionskasse beauftragten Personen
funktional, organisatorisch und räumlich
getrennt sein. Bei der Beauftragung eines
Dienstleisters ist über die Wahrnehmung
der internen Revisionsfunktion ein Funktionsausgliederungsvertrag abzuschließen,
der bei der BaFin vorzulegen ist und bei
dessen Durchführung die hierfür geltenden
aufsichtsrechtlichen Vorschriften zu beachten sind.
Mehr zum Thema
Das BaFin-Rundschreiben Rundschreiben
„Mindestanforderungen an das Risikomana­
gementsystem in Versicherungsunternehmen
(MaRisk VA)“ ist nachzulesen unter
www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen
/DE/Rundschreiben/rs_0903_va_marisk.html
?nn=2696688.
Benefits! 31
Bilanzen & Finanzen
Prüfungsanpassung nur auf Basis des
HGB-Abschlusses
BAG vom 21.8.2012 – 3 ABR 20/10
Für die Analyse der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens im Rahmen der Betriebsrentenanpassung
nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG dürfen die nach internationalen Rechnungslegungsvorschriften
(IFRS) erstellten Jahresabschlüsse nicht herangezogen werden.
In dem zugrundeliegenden Fall war das Beschlussverfahren vom Betriebsrat angestrengt worden. Hier
stand zwar eine vertragliche Regelung zur Erhöhung
von Versorgungsprozentsätzen für Versorgungsanwartschaften der aktiven Arbeitnehmer und nicht
die Anpassung von bereits laufenden Betriebsrenten zur Debatte. Das Bundesarbeitsgericht (BAG)
zog dennoch die für die Anpassung der Betriebsrenten nach § 16 Betriebsrentengesetz (BetrAVG)
entwickelten Grundsätze heran, da die Regelung
eng an den Wortlaut des § 16 Abs. 1 BetrAVG angelehnt war. Die im Beschluss vom BAG entwickelten
Leitlinien sind daher auf die Anpassung laufender
Leistungen nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG
vollumfänglich zu übertragen.
Objektiver und für alle Arbeitgeber
­einheitlicher Maßstab
In dem Fall (der Sachverhalt datierte aus der Zeit
vor Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes – BilMoG) erschien eine Anpassung
angesichts der wirtschaftlichen Lage nach den
IFRS-Abschlüssen eher möglich als nach den
­HGB-Abschlüssen. Das BAG hat sich jedoch aus
rechtssystematischen Gründen dagegen ausgesprochen und ausschließlich die Jahresabschlüsse
nach deutschem Handelsrecht als Quelle zur Information über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zugelassen. Hierzu führt es folgende
Erwägungen an:
••Es ist ein objektiver und für alle Arbeitgeber
einheitlicher Maßstab anzulegen. Daher müssen
Abschlüsse herangezogen werden, über die ein
deutscher Arbeitgeber üblicherweise verfügt.
IFRS-Konzernabschlüsse sind nur für kapitalmarktorientierte Unternehmen von Bedeutung. Dagegen
müssen Einzelabschlüsse nach HGB grundsätzlich von allen Kaufleuten aufgestellt werden.
•• Nur die HGB-Abschlüsse gewährleisten ein der
tatsächlichen wirtschaftlichen Lage entsprechendes Bild der Kapitalgesellschaft unter Beachtung
der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung.
Dazu gehört neben den Grundsätzen der Wahrheit, Richtigkeit und Willkürfreiheit auch der
Grundsatz der Vorsicht.
32 towerswatson.de
•• Da das HGB einen wesentlichen Bezugspunkt
für das nationale Gesellschaftsrecht darstellt,
haben für den HGB-Einzelabschluss der Gläubigerschutz und die Kapitalerhaltung eine besondere Bedeutung. Die IFRS-Abschlüsse haben
entsprechend ihrem Grundkonzept dagegen nur
eine wesentliche Zielrichtung, nämlich die kapitalmarktbezogene Information für Investoren oder
Anteilseigner.
Bei der Berechnung der Eigenkapitalverzinsung
ist einerseits auf die Höhe des Eigenkapitals und
andererseits auf das erzielte „Betriebsergebnis“
(ein entsprechend der BAG-Rechtsprechung modi­
fizierter Jahresüberschuss /Jahresfehlbetrag) abzustellen. Beide Größen sind nach dem Beschluss
stets ausgehend von dem in den handelsrechtlichen Jahresabschlüssen ausgewiesenen Zahlenwerk zu bestimmen.
In diesem Zusammenhang wiederholt das BAG in
dieser Entscheidung seine Grundsätze zur angemessenen Eigenkapitalverzinsung: Als Verzinsungsbasis dient das durchschnittliche bilanzielle
Eigenkapital während des Geschäftsjahres. Zur
Ermittlung des Durchschnittswerts ist das Eigenkapital am Beginn und am Ende des Geschäftsjahres
zu addieren und anschließend zu halbieren.
Erneut wiederholt das BAG auch, dass die Steuern
vom Einkommen und vom Ertrag beim erzielten
„Betriebsergebnis“ nicht zu berücksichtigen sind.
Vom Unternehmen geschuldete Steuern vom
Einkommen und vom Ertrag stellen ebenso wie
Betriebssteuern grundsätzlich Aufwendungen dar,
welche die für eine Anpassung verwendungsfähigen Mittel schmälern; bei der Ermittlung des
„Betriebsergebnisses“ sind sie hingegen nicht
zu berücksichtigen. Dasselbe gilt für (periodenfremde) Steuererstattungen für Vorjahre, die sich
zudem nicht als Prognosegrundlage eignen.
Keine Korrektur unternehmerischer
­Entscheidungen
Eine Besonderheit des Falles lag darin, dass der
Eigentümer der Arbeitgeberin ein Finanzinvestor
war, welcher den Kauf des Unternehmens zu einem
erheblichen Teil mit Fremdkapital finanziert hatte.
In der Folge hatte er in hohem Umfang Zinslasten
zu tragen. Das BAG führt hierzu aus, dass es bei
der Anpassungsprüfung allein auf die tatsächliche
wirtschaftliche Lage als Ergebnis der tatsächlich
getroffenen unternehmerischen Entscheidungen
ankomme und nicht um eine Korrektur unternehmerischer Entscheidungen gehe.
In dem entschiedenen Fall war umstritten, wie
bei einem in der Bilanz des Erwerbers als Vermögensgegenstand erfassten entgeltlich erworbenen
Firmenwert (Goodwill) die Nutzungsdauer bzw. die
Wertminderung im Zeitablauf zu bestimmen ist.
Nach Ansicht des BAG waren jährliche Abschreibungen auf den Goodwill entsprechend der Verteilungsvorschrift des § 255 Abs. 4 HGB a.F. anzuerkennen
und dem „Betriebsergebnis“ nicht hinzuzurechnen.
Hinweis für die Praxis
Die Frage, ob anstelle der HGB-Abschlüsse auch andere Abschlüsse, insbesondere nach IFRS,
für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage im Rahmen der Betriebsrentenanpassung nach
§ 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG herangezogen werden können, wurde vom BAG abschlägig
beschieden. Liegt im Unternehmen lediglich ein Zahlenwerk nach IFRS oder nach US-GAAP vor,
muss für die Prüfung, ob ein rechnerisches Anpassungspotential im Rahmen des § 16 BetrAVG
vorhanden ist, zumindest eine geeignete Überleitungsrechnung auf das HGB erstellt werden. Im
Hinblick auf die Gerichtsfestigkeit der Anpassungsentscheidung sollte die Frage, ob die künftigen Erträge und Wertzuwächse des Unternehmens eine Anpassung erlauben, auf Basis des
HGB-Abschlusses geprüft werden.
Der Beschluss enthält im Übrigen wesentliche Orientierungsgrundsätze, die zur Lösung offener
Fragen im Zusammenhang mit der Ermittlung des Anpassungspotentials nach Inkrafttreten des
BilMoG herangezogen werden können.
Bettina Jumpertz
Bettina.Jumpertz@ ­towerswatson.com
Telefon: +49 611 794-182
Thomas Weppler
thomas.weppler@
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Benefits! 33
Recht & Steuern
„Arbeitgeber
„
können ihre Einstandspflicht für
eine zugesagte bAV nicht durch eine vertragliche
Vereinbarung ausschließen.“
Einstandspflicht auch bei Kürzung von
Pensionskassenleistungen
BAG vom 19.06.2012 – 3 AZR 408/10
Hat der Arbeitgeber eine betriebliche Altersversorgung zugesagt, die über eine Pensionskasse durchgeführt wird, und macht die Pensionskasse von ihrem satzungsmäßigen Recht Gebrauch, Fehlbeträge
durch Herabsetzung ihrer Leistungen auszugleichen, hat der Arbeitgeber dem Versorgungsempfänger im
Umfang der Leistungskürzung einzustehen.
Im zugrundeliegenden Fall war der Kläger Bezieher
einer Firmenrente (Direktzusage) sowie einer arbeitgeberfinanzierten Pensionskassenrente. Nach
entsprechender Beschlussfassung der Mitgliederversammlung setzte die Pensionskasse die Höhe
der Pensionskassenrente nach Maßgabe ihrer
Satzung herab. Mit seiner Klage verlangt der Kläger
von dem beklagten Unternehmen die Zahlung des
Betrags, um den die Pensionskasse den arbeitgeberfinanzierten Teil der Pensionskassenrente
herabgesetzt hatte. Darüber hinaus macht er mit
seiner Klage die Anpassung seiner Firmenrente und
der Pensionskassenrente nach § 16 Abs. 1 und
Abs. 2 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) in Höhe des
eingetretenen Kaufkraftverlusts geltend.
Einstandspflicht des Arbeitgebers bestätigt
Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG)
hat der Kläger nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG einen
Anspruch gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber
auf Zahlung des Betrags, um die Pensionskasse
die Pensionskassenrente herabgesetzt hat. Die
gesetzliche Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 S. 3
BetrAVG, die auf die Rechtsprechung des BAG
zurückgeht, bedeutet, dass sich der Arbeitgeber
aufgrund seiner arbeitsrechtlichen Grundverpflich-
34 towerswatson.de
tung seiner Verpflichtung aus der Versorgungszusage nicht dadurch entledigen kann, dass er sie
über einen externen Versorgungsträger durchführt.
Ihn trifft vielmehr eine Einstandspflicht, nach der
er dem Arbeitnehmer die zugesagten Leistungen
im Versorgungsfall ggf. zu verschaffen hat.
Der Arbeitgeber könne diese Einstandspflicht
auch nicht durch eine vertragliche Vereinbarung
ausschließen (§ 17 Abs. 3 BetrAVG). Bei einer
dynamischen Verweisung auf die Satzung und die
Leistungsbedingungen der Pensionskasse ergibt
sich nach Auffassung des BAG bereits aus deren
Auslegung, dass sich diese Verweisung nicht auf
die Satzungsbestimmungen erstreckt, die ausschließlich den Durchführungsweg betreffen. Damit
erfasse die Verweisung nicht die Frage, unter
welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang
die Pensionskasse von den ursprünglich mit dem
Arbeitgeber für die Durchführung der betrieblichen
Altersversorgung (bAV) getroffenen Abreden abweichen darf.
Das BAG hat die Versorgungszusage auch nicht als
(vom BetrAVG nicht erfasste) reine Beitragszusage
eingeordnet, sondern als eine typische betriebsrentenrechtliche Versorgungszusage. Deshalb war
die Einstandspflicht des Unternehmens auch nicht
unter diesem Gesichtspunkt ausgeschlossen.
Rentenanpassung – reallohnbezogene
­Obergrenze
Das BAG hat auch eine Verpflichtung des Unternehmens zur Anpassung der Firmenrente und der Pensionskassenrente entsprechend der Steigerung des
Verbraucherpreisindexes nach § 16 Abs. 1 BetrAVG
bejaht. Zwar gilt die Verpflichtung nach § 16 Abs. 1
BetrAVG auch dann als erfüllt, wenn die Anpassung
nicht geringer ist als der Anstieg der Nettolöhne
vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens (so genannte reallohnbezogene Obergrenze).
In dem zugrunde liegenden Fall hat jedoch der
Arbeitgeber insoweit seiner Darlegungs- und Beweislast nicht genügt. Zwar sieht § 16 BetrAVG für
die Ermittlung der reallohnbezogenen Obergrenze
nach ständiger Rechtsprechung des BAG keine
Hinweis für die Praxis
Das BAG bestätigt und konkretisiert seine bisherige Rechtsprechung,
dass sich der Arbeitgeber seiner arbeitsrechtlichen Grundverpflichtung
nicht dadurch entziehen kann, dass er einen externen Versorgungsträger einschaltet. Seine gesetzliche Einstandspflicht kann er auch nicht
durch eine Vereinbarung ausschließen.
bestimmte Methode vor, so dass dem Arbeitgeber
insoweit Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet sind.
Diese unterliegen allerdings einer gerichtlichen
Billigkeitskontrolle. Die Gestaltungsmöglichkeit
ändert aber nach Ansicht des BAG nichts daran,
dass Vergleichsmaßstab die Nettolohnentwicklung
entweder der Vergleichsgruppe im Sinne des § 16
Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG oder der Gesamtbelegschaft
oder eines typischen Teils der Gesamtbelegschaft
(§ 16 Abs. 1 BetrAVG) ist. Zu diesen Aspekten hatte
das beklagte Unternehmen nichts vorgetragen.
Insbesondere hat es nach Ansicht des BAG seiner
Darlegungslast nicht dadurch genügt, dass es
vorgebracht hat, die Bruttovergütung der Mitarbeiter
sei nicht angehoben worden.
Verzugszinsen erst ab Rechtskraft des Urteils
Im Hinblick auf die ebenfalls geltend gemachten
Verzugszinsen hat das BAG seine neuere Rechtsprechung bestätigt, nach der Leistungen, die –
wie die Anpassungsentscheidung nach § 16 Abs. 1
und Abs. 2 BetrAVG – nach billigem Ermessen zu
bestimmen sind, bei gerichtlicher Bestimmung erst
aufgrund eines rechtskräftigen Gestaltungsurteils
fällig werden. Demgemäß können auch erst ab
diesem Zeitpunkt Verzugszinsen verlangt werden.
Henning Rihn
Im Hinblick auf die reallohnbezogene Obergrenze bestätigt die vorliegende Entscheidung, dass es sich für den Arbeitgeber um eine
fehleranfällige Materie handelt, bei der darauf zu achten ist, dass
der Arbeitgeber im Streitfall auch seiner Darlegungs- und Beweislast
nachkommen kann. Deshalb empfiehlt sich insoweit eine besonders
sorgfältige Prüfung.
henning.rihn@
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Telefon: +49 89 51657-4650
Beitragspflicht bei Abfindung einer
Direktversicherung
BSG vom 25.4.2012 – B 12 KR 26/10 R
Wird eine unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen aus einer Direktversicherung bei Beendigung des
Arbeitsverhältnisses und damit vor Eintritt des Versicherungsfalls abgefunden, so stellt diese Zahlung
einen beitragspflichtigen Versorgungsbezug im Sinne des Beitragsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung dar.
Zugunsten des Klägers hatte der Arbeitgeber eine
als Direktversicherung in einem Gruppenversicherungsvertrag geführte Lebensversicherung mit Kapitalzahlung abgeschlossen, die mit Vollendung des
65. Lebensjahres oder bei Tod vor Vollendung des
65. Lebensjahres ausgezahlt werden sollte. Nachdem der Kläger nach Vollendung des 59. Lebensjahres und vor Eintritt eines Versicherungsfalls aus dem
Arbeitsverhältnis ausgeschieden war, nahm er die in
den Versicherungsbedingungen vorgesehene „Ablö-
sungsvergütung“ in Anspruch und verlangte von
der Versicherung die Auszahlung der zum Schluss
des Ausscheidemonats berechneten Deckungsrückstellung. Daraufhin erhielt er von der Versicherung
einen Betrag in Höhe von rund 61.000 Euro, auf
welchen die Krankenkasse des Klägers Krankenversicherungsbeiträge erhob. Der Kläger war der Auffassung, dass die ausgezahlte Deckungsrückstellung
nicht der Beitragspflicht unterliegt und wendete sich
gegen den Beitragsbescheid der Krankenkasse.
Benefits! 35
Recht & Steuern
Anders als die Vorinstanzen sah das Bundessozialgericht (BSG) den Beitragsbescheid der Krankenkasse als rechtmäßig an. Die Auszahlung der
Deckungsrückstellung in einem Einmalbetrag stelle
eine vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbarte
oder zugesagte nicht regelmäßig wiederkehrende
Leistung der betrieblichen Altersversorgung (bAV)
im Sinne des § 229 Abs. 1 S. 3 Regelung 2 Sozialgesetzbuch V (SGB V) dar. Der Charakter einer
solchen Kapitalleistung als Versorgungsbezug gehe
durch die vorzeitige Auszahlung nicht verloren. Für
die Verbeitragung nach § 229 Abs. 1 S. 3 Regelung
2 SGB V sei nämlich nicht erforderlich, dass die
Leistung nach Eintritt des vertraglich vereinbaren
Versicherungsfalls gezahlt wird. Auch für Personen,
die noch nicht Rentner sind, bedeute der Zufluss
von Versorgungsbezügen außerdem eine Stärkung
ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die ihren
Ausgangspunkt in einer Erwerbstätigkeit hat.
Im Übrigen könne es nach Ansicht des BSG zu
einer ungewünschten Umgehung der Beitragspflicht
kommen, wenn es für die Beitragspflicht lediglich
auf den Zeitpunkt ihrer Auszahlung sowie darauf
ankäme, aus welchem Grund und auf wessen
Veranlassung die Versorgungsverpflichtung des
Arbeitgebers beendet wird.
ist. Nur dann, wenn es sich um eine Abfindung nach
dem Betriebsrentengesetz (BetrAVG) handelt (insbesondere um eine Abfindung innerhalb der Bagatellgrenzen), soll die Leistung beitragsfrei sein bzw.,
sofern der Arbeitnehmer bereits das 59. Lebensjahr
vollendet hat, als Versorgungsbezug und damit nur
in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung
verbeitragt werden.
Hinweis für die Praxis
Nach dem aktuellen Urteil des BSG dürfte die bisherige Auffassung
zumindest in Bezug auf die Verbeitragung von Abfindungen gesetzlich
unverfallbarer Anwartschaften bei vorzeitigem Ausscheiden als Arbeitsentgelt nicht mehr haltbar sein. Wegen des in § 3 BetrAVG geregelten
Abfindungsverbots und des mit einem Verstoß verbundenen Risikos
von Doppelzahlungen sollte die Abfindung gesetzlich unverfallbarer
Anwartschaften aber ohnehin vermieden werden, so dass es sich bei
einer solchen Abfindung (trotz des Urteils des BSG, in dem der beitragsrechtlich irrelevante § 3 BetrAVG im Übrigen überhaupt nicht zum
Thema gemacht wird) um einen eher praxisuntypischen Fall handelt.
Für die praxistypischen Fälle (Abfindung im laufenden Arbeitsverhältnis
bzw. Abfindung gesetzlich verfallbarer Anwartschaften bei vorzeitigem
Ausscheiden) hat das Urteil dagegen keine Klärung bezüglich der Verbeitragung als Arbeitsentgelt oder als Versorgungsbezug gebracht.
Bisherige Auffassung der Spitzenverbände
der Sozialversicherungsträger
Sebastian Löschhorn, LL.M.
Gemäß einem Rundschreiben der Spitzenverbände
der Sozialversicherungsträger vom 25.9.2008
vertreten diese bislang die Auffassung, dass die
Abfindung einer bAV im laufenden Arbeitsverhältnis
oder nach vorzeitigem Ausscheiden als einmalig
gezahltes Arbeitsentgelt nach § 14 Abs. 1 SGB IV
in allen Sozialversicherungszweigen zu verbeitragen
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Telefon: +49 611 794-4414
Jeweiligkeitsklauseln in Formular­
arbeitsverträgen rechtswirksam
BAG vom 18.9.2012 – 3 AZR 415/10
Verweisungsklauseln sind in der bAV im Zweifel dynamisch, d. h. auf die jeweils geltende Fassung der
in Bezug genommenen Regelung gerichtet. Dies ist auch in Formulararbeitsverträgen rechtswirksam,
auch wenn die Verweisungsklausel selbst keine Abänderungsgründe angibt.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte über einen
Sachverhalt zu entscheiden, in dem der Arbeitsvertrag der Klägerin „eine zusätzliche Alters- und
Hinterbliebenenversorgung nach den Richtlinien
des Angestellten-Versorgungsfonds Niedersachsen
(AVN)“ vorsah. Die ursprüngliche Fassung dieser
Richtlinien war als so genannte arbeitsvertragliche
Einheitsregelung gefasst (d. h. als Bündel inhaltlich
36 towerswatson.de
gleicher Verträge). Die Rentenanpassung erfolgt
nach den gesetzlichen Regelungen zur Prüfungsanpassung (§ 16 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Betriebsrentengesetz – BetrAVG). Durch eine spätere Dienstvereinbarung (vergleichbar einer Betriebsvereinbarung)
änderte der Arbeitgeber gemeinsam mit dem Personalrat (vergleichbar einem Betriebsrat) 2006 die
AVN-Versorgung unter anderem dahingehend, dass
die Prüfungsanpassung durch die Verpflichtung zur
Anpassung um ein Prozent pro Jahr ersetzt werden
sollte (§ 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG). Da § 30c Abs. 1
BetrAVG dies nach Auffassung des BAG bei Zusagen, die vor dem 31.12.1998 erteilt wurden, nicht
zulässt, sah die Dienstvereinbarung zudem vor, dass
die Änderung der Anpassungsregelung nur wirksam werden sollte, wenn die Tarifvertragsparteien
insoweit einen inhaltsgleichen Tarifvertrag abschließen. Ohne Abschluss des Tarifvertrags wäre eine
hilfsweise vorgesehene Änderung der Dienstvereinbarung erfolgt, nach der unter anderem die Obergrenze der Limitierung abgesenkt worden wäre. Die
Tarifvertragsparteien schlossen einen Tarifvertrag,
in dem sie die betriebliche Altersversorgung (bAV)
nicht vollständig regelten, sondern nur die Änderung
der Anpassung vorgaben. Die Klägerin bezieht seit
1999 laufende Rentenleistungen. Sie verlangte,
dass diese auch weiterhin nach der Prüfungsanpassung angehoben werden. Das BAG gab ihr Recht.
Verweisungsklauseln im Zweifel dynamisch
Statische Verweisungen beziehen sich auf eine
bestimmte Fassung einer Regelung, dynamische
auf deren jeweilige Fassung (Jeweiligkeitsklauseln). Nach BAG sind Verweisungen auf die für
die bAV beim Arbeitgeber geltenden Regelungen
im Regelfall dynamisch. Der Arbeitgeber wolle im
Zweifel die bAV nach einheitlichen Regeln, d. h.
einem System, erbringen. Dieses dürfe nicht
erstarren. Soweit ausnahmsweise eine statische
Verweisung auf eine bestimmte Fassung einer
Regelung gewollt sei, müsse dies deutlich zum
Ausdruck kommen. Auch im konkreten Fall, in
dem im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich formuliert war, dass die jeweils gültige Fassung der AVR
maßgeblich sei, lag nach BAG damit eine dynamische Verweisung vor.
Jeweiligkeitsklauseln rechtswirksam
Zu Widerrufsklauseln hat das BAG entschieden, dass die Klauseln zumindest die Richtung
angeben müssen, aus der der Widerruf kommen
Hinweis für die Praxis
Arbeitsverträge basieren in der Praxis regelmäßig auf vorgefertigten
Mustern. Auch solche vorgefertigten Arbeitsverträge sind seit einigen
Jahren am Maßstab des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Recht) zu messen. Dies führte dazu, dass das BAG eine
Reihe in Vertragsmustern seit Jahren bzw. Jahrzehnten standardmäßig
vorgesehener Regelungen (z. B. Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalte) zwischenzeitlich für unwirksam erklärt hat. Dies bringt für Arbeitgeber – gerade bei vor Jahrzehnten abgeschlossenen Verträgen wie
Arbeitsverträgen oder Versorgungszusagen – erhebliche Unsicherheit
und Mehrbelastungen mit sich. Anders als Widerrufsklauseln bleiben
die verbreitet formulierten Jeweiligkeitsklauseln jedoch auch zukünftig
rechtswirksam.
kann. Wäre dieser Maßstab auf Jeweiligkeitsklauseln übertragen worden, wären diese regelmäßig unwirksam, da sie üblicherweise nicht
­ausformulieren, aus welcher Richtung Änderungen
kommen. Nach BAG sind Jeweiligkeitsklauseln
jedoch so zu verstehen, dass der Arbeitgeber sich
keine Änderung nach freiem Belieben, sondern
nur eine solche in den Grenzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes vorbehalten
hat. Da diese Grundsätze integraler Bestandteil
der Jeweiligkeitsklauseln seien, müssen in der
Klausel selbst keine Abänderungsgründe angegeben sein. Zudem sei auch für den Arbeitnehmer
erkennbar, dass er die betreffende Begünstigung
nur mit der Einschränkung zugesagt bekommt,
dass sie durch spätere Fassungen der in Bezug
genommenen Regelung verändert werden kann.
Zusageverschlechterung möglich
Eine wirksame Jeweiligkeitsklausel führt dazu,
dass nach dem Ablöseprinzip eine neuere Fassung
der Regelung, auf die sie verweist, die ältere Fassung verdrängt. Vorbehaltlich zu wahrender Besitzstände (insbesondere Drei-Stufen-Theorie) gilt dies
auch, wenn die neuere Regelung für den Arbeitnehmer ungünstiger ist. Soweit die rechtliche Qualität
der Regelung, auf die verwiesen wird, sich ändert
(hier von einer vertraglichen Einheitsregelung zu
einer Dienstvereinbarung) steht das der Wirkung
der Jeweiligkeitsklausel – sofern diese nicht etwas
anders vorsieht – nicht entgegen.
In Bezug genommene Regelung muss
­ebenfalls rechtswirksam sein
Dies war im entschiedenen Fall nicht gegeben.
Durch Dienstvereinbarung konnte nicht vom ­BetrAVG
(§ 30c Abs. 1 BetrAVG) abgewichen werden. Ob dies
durch Tarifverträge überhaupt möglich ist, hat das
BAG offen gelassen. Zwar können Tarifvertragsparteien nach § 17 Abs. 3 BetrAVG von bestimmten
Regelungen des BetrAVG auch zum Nachteil der
Arbeitnehmer abweichen. Dies setzt jedoch voraus,
dass die bAV insgesamt durch Tarifvertrag geregelt
ist. Eine rein punktuelle tarifvertragliche Regelung –
hier die Änderung der Anpassungsregelung – reicht
für sich genommen nicht aus.
Dr. Andreas Hufer
andreas.hufer@
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Benefits! 37
Recht & Steuern
Vorgezogene Altersrenten aus unverfallbaren
Anwartschaften bei Limitierungssystemen
BAG vom 19.6.2012 – 3 AZR 289/10
Die vom BAG seit 2001 entwickelten Berechnungsgrundsätze für die Höhe vorgezogener Altersrenten
aus unverfallbaren Anwartschaften gelten nach diesem Urteil auch für Gesamtversorgungszusagen in
Gestalt eines Limitierungssystems.
Im entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber einer
Arbeitnehmerin eine Gesamtversorgungszusage
erteilt. Die Höhe des Ruhegelds bestimmte sich
in Abhängigkeit von den geleisteten rentenfähigen
Dienstjahren und dem rentenfähigen Arbeitsverdienst. Als Obergrenze der Gesamtversorgung war
vereinbart, dass Ruhegeld und Leistungen aus der
gesetzlichen Rentenversicherung zusammen 75 Prozent des rentenfähigen Arbeitsverdiensts nicht überschreiten dürfen. Anderenfalls werde das Ruhegeld
gekürzt. Anderweitige Versorgungsleistungen waren
anzurechnen. Nachdem die Arbeitnehmerin mit
gesetzlich unverfallbarer Anwartschaft ausgeschieden war, bezog sie vorgezogene Altersrente. Die
ursprünglich gezahlte Betriebsrente hatte der Arbeitgeber unter Hinweis auf eine Falschberechnung
herabgesetzt. Gegen diese Herabsetzung wendet
sich die Klägerin.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die vorgezogene Altersrente der Klägerin aus unverfallbarer
Anwartschaft entsprechend den seit der Rechtspre-
chungsänderung 2001 entwickelten Grundsätzen
berechnet. Ob diese Grund-sätze auch für Gesamtversorgungssysteme oder ähnlich ausgestaltete
Versorgungszusagen gelten, hatte der Senat wiederholt offengelassen. Dem dürfte die Erwägung
zugrunde gelegen haben, dass deren Anwendung
auf eine Gesamtversorgung – insbesondere bei überproportionalem Anstieg der anzurechnenden Rente
in den letzten Jahren vor dem Ausscheiden – zu
niedrigeren Betriebsrenten führen und damit einen
gegenteiligen Effekt haben könnte. In der aktuellen
Entscheidung hat das BAG nun ausdrücklich festgestellt, dass jedenfalls für Versorgungszusagen,
die lediglich eine Gesamtversorgungsobergrenze
im Rahmen der Erstberechnung einer Rente vorsehen (sog. Limitierungssysteme), die entwickelten
Berechnungsgrundsätze anzuwenden sind.
Dementsprechend hat das BAG vorliegend
zu­nächst die fiktive Vollrente der Klägerin auf den
Zeitpunkt der festen Altersgrenze (hier Vollendung
des 65. Lebensjahres) auf Grundlage der bei
Grundsätze des BAG zur Berechnung vorgezogener Altersrenten aus
­unverfallbarer Anwartschaft
Da bei vorgezogener Inanspruchnahme der Betriebsrente durch den vorzeitig Ausgeschiedenen das
Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung in zweifacher Hinsicht gestört wird, kann nach
den vom BAG entwickelten Grundsätzen die versprochene volle Versorgungsleistung in zweifacher
Weise gekürzt werden:
•• Zunächst ist im Rahmen von § 2 Abs. 1, Abs. 5 BetrAVG die erreichbare, auf die feste Altersgrenze
hochgerechnete fiktive Vollrente zu ermitteln. Nach der Veränderungssperre des § 2 Abs. 5 S. 1
BetrAVG sind dabei die bei Ausscheiden geltende Versorgungsordnung und die Bemessungsgrundlagen zu diesem Zeitpunkt zu Grunde zu legen und ggf. auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze
hochzurechnen. Die fiktive Vollrente ist dann zeitratierlich gemäß § 2 Abs. 1 BetrAVG im Verhältnis
der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze zu kürzen.
•• Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme kann bei entsprechender Festlegung in der Versorgungsordnung ein zusätzlicher versicherungsmathematischer Abschlag vorgenommen werden.
Ein untechnischer versicherungsmathematischer Abschlag kann vorgenommen werden, wenn die
Versorgungsordnung keine versicherungsmathematischen Abschläge vorsieht, aber eine Kürzung
wegen des vorgezogenen Bezugs auch nicht ausschließt. Letzterer errechnet sich zeitratierlich
aus dem Verhältnis der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente einerseits und der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen
Altersgrenze andererseits.
38 towerswatson.de
ihrem Ausscheiden geltenden Versorgungsordnung ermittelt. Im Hinblick auf die Limitierung
des Ruhegelds hat das BAG weiter die fiktive,
auf Alter 65 hochgerechnete gesetzliche Rente
gemäß § 2 Abs. 5 Satz 2 BetrAVG (individuelle
Hochrechnung auf Basis der nachgewiesenen
Entgeltpunkte) berechnet. Wegen Überschreitens
der Höchstgrenze von 75 Prozent des rentenfähigen Arbeitsverdiensts durch beide Leistungen
hat das BAG die fiktive Vollrente entsprechend
gekürzt und anschließend die auf Alter 65 hochgerechnete VBL-Rente davon abgezogen. Wegen
des vorzeitigen Ausscheidens vor Eintritt eines
Versorgungsfalls hat das BAG die sich ergebende
Vollrente dann gemäß § 2 Abs. 1 BetrAVG im
Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörig-
keit zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur
festen Altersgrenze zeitratierlich gekürzt. Zum
Ausgleich der vorgezogenen Inanspruchnahme
(früherer und längerer Bezug der Betriebsrente)
hat das BAG diesen Betrag nochmals um den
sog. untechnischen versicherungsmathematischen
Abschlag gekürzt.
Christine Bleeck
christine.bleeck@
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Hinweis für die Praxis
Die Entscheidung des BAG schafft weitere
Rechtssicherheit für die Berechnung vorgezogener Altersrenten aus unverfallbaren
Anwartschaften.
Behandlung von angeschafften
­Droh­verlusten und Schuldbeitritten
Gesetz zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts
Die Frage, ob erworbene Pensionsverpflichtungen in der Steuerbilanz auch nach dem Anschaffungskostenprinzip oder nur nach den Vorschriften des § 6a EStG angesetzt werden dürfen, wird von
Rechtsprechung und Finanzverwaltung unterschiedlich beantwortet. Eine abschließende gesetzliche
Klarstellung steht derzeit noch aus.
Fast alltäglich übernehmen Unternehmen andere
Betriebe oder Betriebsteile. Im Rahmen der Kaufpreisfindung werden (auf Grundlage einer Duediligence-Prüfung) auch die Verpflichtungen aus den
übergehenden Arbeitsverhältnissen (§ 613a Bürgerliches Gesetzbuch – BGB), u. a. Sozialleistung
mit dem Schwerpunkt betriebliche Altersversorgung (bAV), bewertet und als negativer Kaufpreis
geltend gemacht. Dabei kann – je nach Stärke und
Verhandlungsgeschick des Käufers – die Position
für die Versorgungsverpflichtungen variieren. Die
Verpflichtung ist langfristig, ihr Umfang wird anhand
eines kalkulatorischen Rechnungszinses und auf
Basis von Erlebenswahrscheinlichkeiten berechnet – beides Positionen, die sich erst am Laufzei-
tende als mehr oder weniger richtig herausstellen.
Aber: der Markt hat die Versorgungsverpflichtungen bewertet, ein Kaufpreis wurde festgesetzt,
Anschaffungskosten sind entstanden. Steuerlich
gilt das Realisationsprinzip, d. h. solange nicht
feststeht, dass der negative Kaufpreis künstlich
überteuert war, ist er anzusetzen.
BMF: spezielle Bewertungsvorschrift ist
anzuwenden
Probleme treten jedoch auf, wenn der Käufer die
erworbene Verpflichtung in seiner Steuerbilanz
ausweisen will. Das Bundesfinanzministerium
(BMF) hat sich mit dem Schreiben vom 24.6.2011
dahingehend geäußert, dass die steuerlichen
Bewertungsregeln generell anzuwenden sind.
Benefits! 39
Recht & Steuern
Das heißt, dass eine Verpflichtung, für die eine
spezielle Bewertungsvorschrift besteht, nur nach
dieser Vorschrift bewertet werden kann. Speziell
für Pensionsverpflichtungen ist § 6a Einkommensteuergesetz (EStG) sowohl als Ansatz- als auch
als Bewertungsvorschrift einschlägig. Pensionsverpflichtungen werden im Rahmen von Kaufpreisverhandlungen allerdings höchst selten nach dieser
Vorschrift bewertet oder bewusst in Kenntnis der
Auffassung der Verwaltungsmeinung, wobei dann
ggf. andere Wirtschaftsgüter eine ggf. unerwartete Wertsteigerung erfahren. Vorrang hat hier die
Bewertung nach handelsbilanziellen Grundsätzen,
wie sie z. B. in § 253 Handelsgesetzbuch (HGB)
oder in IAS 19 geregelt sind.
BFH: Anschaffungskostenprinzip überlagert
spezielle Bewertungsvorschriften
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in mehreren
Entscheidungen gegen das BMF-Schreiben das
Anschaffungskostenprinzip als ein tragendes
Grundprinzip bei der Bewertung hervorgehoben.
In der Folge werden die speziellen Bewertungsvorschriften in diesen Fällen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG)
jedenfalls überlagert, wenn es einen entgeltlichen Anschaffungsvorgang gibt (BFH-Urteile
vom 16.12.2009, I R 102/08, und 14.12.2011,
I R 72/10). Die Beurteilung dieses Vorgangs durch
die Finanzverwaltung führt bei dem Käufer zu einer
sofortigen „Abschreibung“ einer Schuldposition,
d. h. zu einem Ertrag in Höhe der Differenz zwischen der steuergesetzlichen Bewertungsvorgabe
und dem Kaufpreis.
Parallel hat sich die Frage der zutreffenden
Bewertung im Fall des Schuldbeitritts gestellt.
Die Finanzverwaltung hatte hier einen Schlussstrich unter eine jahrzehntelange Diskussion
(Erlass vom 15.1.1959) gezogen und mit den
BMF-Schreiben vom 16.12.2006 und 3.1.2007
die ertrag- und lohnsteuerliche Behandlung
eines Schuldbeitritts dahingehend geregelt, dass
sowohl die originäre Schuld als auch der Beitritt
selbständig erfasst werden.
Auch dem ist die der BFH mit Urteil vom 26.4.2012
(IV R 43/09) entgegengetreten und hat mit der
„Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme“ (§ 6
Abs. 1 Nr. 3a Buchst. a EStG) argumentiert. In
den Fällen, in denen der Beitretende Mittel für die
Freistellung des originär Verpflichteten erhält und
die Erfüllung der Verpflichtung zusagt, entfällt die
wirtschaftliche Belastung des originär Verpflichteten. Damit entfällt bei ihm die Grundlage für einen
Verpflichtungsausweis. Das schlägt auch steuerlich durch.
40 towerswatson.de
Nun gehen kontroverse Beurteilungen eines Lebenssachverhalts zwischen Verwaltung und Rechtsprechung grundsätzlich zugunsten der Rechtsprechung
aus, zumal hier der BFH die einschlägigen BMFSchreiben ausdrücklich zurückgewiesen hat. Die
Verwaltung ist wie der Steuerpflichtige Anwender
der Steuervorschriften, die Gerichte legen die
Gesetze für beide Seiten verbindlich aus.
Gesetzliche Regelung angestrebt
Die Finanzverwaltung wendet aber nicht nur die
Steuergesetzte an, sie wacht auch über den Haushalt, der wiederum auf der Grundlage ihres Verständnisses der Steuergesetze erstellt wird. Das
führt zu dem aktuellen Gesetzgebungsverfahren
zur „Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts“ (GemEntBG). Dieses von Namen her recht
harmlos erscheinende Gesetzgebungsverfahren
ist zum Träger für eine gesetzgeberische Korrektur der vorstehend genannten Rechtsprechung
ausgesucht worden. Der Bundesrat hat in seiner
Sitzung vom 14.12.2012 eine Ergänzung eingebracht, welche die Rechtsprechung im Ergebnis
wieder aufhebt.
Mit der Gesetzesänderung würde in § 5 EStG ein
neuer Absatz 7 aufgenommen: „Übernommene
Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder
Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, sind
zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer oder dessen
Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim
ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme
zu bilanzieren wären. Dies gilt in Fällen der
Erfüllungsübernahme nach § 329 des Bürgerlichen Gesetzbuches und des Schuldbeitritts
mit Schuldfreistellung im Innenverhältnis für die
sich aus diesem Rechtsgeschäft ergebenden
Verpflichtungen sinngemäß. Satz 1 ist für den
Erwerb eines Mitunternehmeranteils entsprechend anzuwenden.“
Dieser Bewertungsgrundsatz würde ergänzt um
eine konzernrelevante Regelung in einem neuen
§ 4f EStG mit folgendem Inhalt: „Verpflichtungsübernahme im Konzern: Gehören in den Fällen des
§ 5 Absatz 7 der ursprünglich Verpflichtete und
der aus diesen Rechtsgeschäften Verpflichtete zu
demselben Konzern im Sinne des § 4h Absatz 3
Satz 5 und 6, ist hieraus resultierende Gewinnminderung beim ursprünglich Verpflichteten oder
dessen Rechtsnachfolger nicht zu berücksichtigen. In diesen Fällen bleibt die aus der Anwendung des § 5 Absatz 7 resultierende Gewinnerhöhung außer Ansatz.“
Die Regelung soll gelten für Bilanzstichtage, die
nach dem 31.12.2012 beginnen. Das Gesetz regelt
damit eine unechte Rückwirkung, d. h. es bezieht
sich nicht nur auf neue Vorgänge, sondern auch auf
Vorgänge, die ggf. schon lange vor 2013 eintraten,
aber noch fortdauern. Nur für die Zwischenzeit
würde danach also die Rechtslage, wie sie die
Rechtsprechung entschied, anerkannt werden.
Soweit bislang nach den BFH-Urteilen vorgegangen
wurde, wäre nach diesem Gesetzgebungsvorhaben
die Bewertung ab 2013 ändern. Ob man nachträglich für die Vergangenheit nach dem BFH vorgehen
und alte Bilanzen ändern kann, wäre im Einzelfall zu
prüfen. Die Möglichkeit, vergangene Ansätze unverändert zu belassen, wird in einem ebenfalls neuen
§ 52 Abs. 14a EStG-Vorschlag vorgesehen.
Die Rechtsfolgen der Schuldübernahme bzw. des
Schuldbeitritts würden also unterschiedlich danach
behandelt, ob der Vorgang in einem Konzern oder
unter gesellschaftsrechtlich Fremden stattfindet.
Einmal erfolgt eine Korrektur bei abgebenden,
einmal beim aufnehmenden Unternehmen. Diese
Unterscheidung erscheint ungewöhnlich. Im Ergebnis würde die Rechtsprechung durch ein nachfolgendes Gesetz letztlich im Sinne der Finanzverwaltung „korrigiert“.
Für eine Überraschung sorgte allerdings der Finanzausschuss des Bundestags, der in seiner Sitzung
vom 16.1.2013 die vorgeschlagene Gesetzesänderung ablehnte.
Jedoch ist es wahrscheinlich, dass das Gesetzesvorhaben dennoch umgesetzt wird (wenn nicht
in dem GemEntBG, dann ggf. in einem anderen
anstehenden bzw. bereits laufenden Gesetzgebungsverfahren). Irritierend war das fast heimliche,
streichartige Vorgehen, das Gesetzesvorhaben
umzusetzen. Der übliche Lauf eines Gesetzgebungsverfahrens mit Reaktionsmöglichkeiten der
Praxis, ggf. Anhörung von Experten, Stellungnahmen von Verbänden und Betroffenen, war zeitlich
stark begrenzt.
Ausblick
Die Gründe für die Ablehnung durch den Finanzausschuss sind nicht bekannt, so dass sich über
die Zukunft der Bewertung von Pensionsverpflichtungen nur spekulieren lässt. Ob der aktuelle
Vorschlag unverändert so erhalten geblieben wäre,
erschien zwar ungewiss, aber auch die Ablehnung
wirft viele Fragen auf. Insoweit bleibt der weitere
Gang der Gesetzgebung abzuwarten.
Der steuerliche zulässige Ansatz der Pensionsverpflichtungen jenseits des § 6a EStG mit z. B.
handelsbilanziellen Werten ist, zumindest seit
dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG),
eine ständige Forderung, die auf Grundlage der
Rechtsprechung greifbar scheint. Das Anschaffungskostenprinzip vertritt die Finanzverwaltung
im Fall der Einzelübernahmen selbst im R 6a Abs.
13 EStR seit Jahrzehnten. Die Ablehnung bei der
Übernahme eines Kollektivs erscheint vor dem
Hintergrund nicht konsequent. Der Schuldbeitritt
mit Erfüllungsübernahme ist in der Praxis relativ
einfach umsetzbar. Die Entwicklungsgeschichte um
den Schuldbeitritt (vom Erlass vom 15.1.1959 bis
zum BMF-Schreiben vom 16.12.2005/3.1.2007)
zeigt aber auch die möglichen Problemfelder.
Heinz-Josef Heger
heinz-josef.heger@
towerswatson.com
Telefon: +49 611 794-236
Fazit
Das laufende bzw. hängende Gesetzgebungsverfahren führt zu einer erheblichen Unsicherheit im
Umgang mit Pensionsverpflichtungen. Von daher ist eine schnelle Klärung bzw. Klarstellung der
Rechtslage wünschenswert.
Mehr zum Thema
Die einschlägigen BMF-Schreiben sind nachzulesen unter www.bundesfinanzministerium.de/Web/
DE/Service/Publikationen/BMF_Schreiben/bmf_schreiben.html. Die BFH-Urteile sind einzusehen
unter www.bundesfinanzhof.de/entscheidungen.
Benefits! 41
Muster-Rubrik
Administration & Software
„Zukünftig
„
mögliche Einsatzgebiete für
elektronische Medien sind breit gestreut.“
Apps & Co. in der bAV-Verwaltung
Marktpraxis und Trends – Umfrage von Towers Watson
Welche elektronischen Medien werden schon heute in der bAV-Verwaltung eingesetzt – und wie wird
sich dies in Zukunft entwickeln? Einzelheiten dazu fördert eine Umfrage von Towers Watson zutage.
Die Bedeutung der betrieblichen Altersversorgung
(bAV) wird künftig weiter steigen – darin sind sich die
Mehrheit der befragten Unternehmen (90 Prozent)
einig. Mit der Bedeutung der bAV steigt auch der Informations- und Kommunikationsbedarf und damit nicht
zuletzt auch der Einsatz von elektronischen Medien.
Besonders häufig setzen Unternehmen auf einen
elektronisch unterstützten Employee Self Service
(ESS). So bestätigen über 60 Prozent der Unternehmen, die bereits heute elektronische Medien
einsetzen, über einen ESS zu verfügen oder den Einsatz eines solchen Services zu planen. Die Hälfte
dieser Gruppe bietet über elektronisch unterstützte
Konto- und Leistungsinformationen an, mit denen
die Mitarbeiter über den Stand ihrer Versorgungsansprüche informiert werden. Darüber hinaus wurde
ein breit gestreutes Portfolio an elektronischen
Medien genannt, die entweder bereits eingesetzt
werden oder künftig genutzt werden sollen (siehe
Abb. 1). Hier sind die elektronische Verfügbarkeit
allgemeiner bAV-Informationen (FAQ, Informationen
zu Regelungen/Abläufe, Marketing) per Internetoder Intranet-Lösung zu erwähnen, genauso wie
bAV-Rechner oder umfassende bAV-Apps.
Hingegen gaben über 50 Prozent der Befragten
an, weder aktuell noch künftig auf elektronische
Medien zu setzen.
42 towerswatson.de
Zukünftig mögliche Einsatzgebiete für elektronische
Medien sind nach den Meinungen der befragten
Unternehmen breit gestreut. Fast alle (95 Prozent)
gehen davon aus, dass zumindest allgemeine, nicht
individualisierte Informationen zu den Versorgungswerken elektronisch zur Verfügung zu stellen sein
werden. Aber auch die zeitgemäße Unterstützung
mit Simulationen/Hochrechnungen, mit Informationen zur Entgeltumwandlung, jährlichen Konto- und
Leistungsinformationen, FAQ oder auch Formularen
werden in Zukunft erwartet (siehe Abb. 2).
Thomas Hoffmann
[email protected]
Telefon: +49 611 794-168
Marco Stolz
[email protected]
Telefon: +49 611 794-4490
Abb. 1: Employee Self Service am häufigsten genutzt
Welche elektronischen Medien setzen Sie bereits ein bzw. planen Sie, zukünftig einzusetzen?
Employee Self Service
63
Konto-/Leistungsinformationen
50
Information
13
Infos zu Regelung und Abläufen
6
bAV-App
6
bAV-Rechner
6
FAQ im Intranet
6
Intranet-Informationen
6
Excel-Rechentools
6
Vorsorgerechner
6
Internetseite
6
Allgemeines Marketing
6
0%
10 %
20 %
30 %
40 %
50 %
60 %
70 %
Abb. 2: Künftige Einsatzgebiete für elektronische Medien
Welche Einsatzgebiete für elektronische Medien werden Ihrer Meinung nach künftig im Rahmen der
bAV zu erwarten sein?
Allgemeine Informationen
zur bAV/zum Versorgungswerk
95
74
Simulationen/Hochrechnungen
Entgeltumwandlungsinformationen
72
Jährliche Konto-/­
Leistungsinformationen
72
FAQ
72
64
Formular zur Entgeltumwandlung
Struktur und Höhe der jährlichen
Arbeitgeberleistung zur bAV
62
Kommunikation mit HR-/bAVAnsprechpartnern im Unternehmen
38
Vollumfänglicher bAV-EmployeeSelf-Service
31
Laufende Leistungshöhe bei
­dynamischen Versorgungszusagen
26
Kommunikation mit externen bAVAnsprechpartnern/bAV-Dienstleistern
26
0%
10 %
20 %
30 %
40 %
50 %
60 %
70 %
80 %
90 %
100 %
Fazit
Ein eindeutiger Trend zur weiteren Automatisierung der Hilfsmittel in der Landschaft der bAV-Administration zeichnet sich deutlich ab. Generell wird eine deutlich höhere Transparenz der individuellen
Versorgungssituation erwartet, verbunden mit einem verstärkten Bedarf der Kommunikation mit den
Mitarbeitern. Die Möglichkeiten der modernen elektronischen Medien lassen einen zielgerichteten
Einsatz des passenden Instrumentariums zu, um diese Herausforderungen zu meistern.
Benefits! 43
Muster-Rubrik
HR-Strategie, Talent & Rewards
„Für
„ die Mitarbeitergewinnung, -bindung und
-motivation ist nicht nur die Vergütung, s­ondern
das gesamte Geben und N
­ ehmen zwischen
Unternehmen und Mitarbeiter relevant.“
Besser? Schlechter? Anders!
Vergütungsunterschiede zwischen Konzernen und mittelständischen Unternehmen
Große Konzerne vergüten ihre Mitarbeiter höher als Mittelständler, so eine landläufige Meinung. Ein
Blick auf die Fakten offenbart jedoch ein differenzierteres Bild.
Kleine und mittlere Unternehmen machen das
Gros der Unternehmen in Deutschland aus. Kolportiert wird immer wieder, dass sie ihre Mitarbeiter
niedriger vergüten würden als große Konzerne. Tatsache ist aber: Beide Unternehmenstypen setzen
unterschiedliche Schwerpunkte in der Vergütung,
wie eine Analyse aktueller Vergütungsdatensätze
auf Basis der Vergütungsstudien von Towers Watson
zeigt. Insbesondere die Vergütungshöhen bei den
verschiedenen Mitarbeitergruppen unterscheiden
sich signifikant. Mittelständler vergüten einige
44 towerswatson.de
Funktionen höher, andere niedriger als Konzerne.
Die auffälligsten Abweichungen finden sich in
folgenden Bereichen:
Einstiegsgehälter: Einsteiger in der Produktion
oder nach der Ausbildung als Sachbearbeiter/
Facharbeiter und Techniker sowie in der Managementlaufbahn profitieren in den mittelständischen
Unternehmen von höheren Gehältern auf einem
Junior-Level. Dies trifft nicht nur auf das Grundgehalt, sondern auch auf die variable Vergütung zu.
Abb. 1: Grundgehälter für unterschiedliche Funktionen im Mittelstand und Großunternehmen (Durchschnittswerte)
(Angaben in Euro)
120.000
100.000
80.000
60.000
40.000
20.000
Kleine und mittelständische Unternehmen
Management (Top)
Management
Management
(Einstieg)
Experten (Senior)
Experten
Experten (Einstieg)
Vertrieb (Senior)
Vertrieb
Vertrieb (Einstieg)
Kaufmännische/
technische Funktionen
(Leitung)
Kaufmännische/
technische Funktionen
Kaufmännische/
technische Funktionen
(Einstieg)
Produktionsmitarbeiter
Produktionsmitarbeiter (Einstieg)
0
Großunternehmen
Quelle: Vergütungsstudien von Towers Watson
Nach erfolgreicher Ausbildung kann der Absolvent
in der Fachlaufbahn ohne Studium in mittelständischen Unternehmen im Laufe der Karriere schnell
rund 45.000 Euro Zielbarvergütung erreichen,
Großunternehmen bieten dahingegen auf einem
vergleichbaren Level ein Barvergütungspaket von
rund 38.000 Euro. Hochschulabsolventen können
ungeachtet der Unternehmensgröße im Median
eine Gesamtbarvergütung von 54.000 Euro erzielen.
Bei der Einstellung neuer Mitarbeiter geben Mittelständler gerne Bewerbern den Vorzug, die von
der umfassenden Erfahrung einer Ausbildung oder
ersten Berufserfahrung in einem Großunternehmen profitieren konnten. Die Vergütungspakete
von Großunternehmen sind dagegen attraktiver für
den Einstieg von Vertriebsspezialisten und Expertenfunktionen, typischerweise mit Studium.
Fachlaufbahn (typischerweise ohne Studium): In
kleinen und mittleren Unternehmen liegen die
Grundgehälter in den kaufmännischen und technischen Funktionen (ohne Leitungsfunktion) im
Mittelwert etwa neun Prozent höher als in Großunternehmen. Nebenleistungen wie z. B. ein Firmenwagen sind unabhängig von der Unternehmensgröße für diese Stellen generell unüblich. Diese
sind im Mittelstand wie auch bei Großunternehmen den Beschäftigten der mittleren bis oberen
Vertriebs- und Managementlaufbahn vorbehalten.
Zusätzlich ist zu beobachten, dass Mittelständler
einen konstanten prozentualen Zielleistungsbonus
(z. B. acht Prozent des Grundgehalts) gewähren,
während Großunternehmen einen steigenden Zielleistungsbonus mit steigender Erfahrung von z. B.
zehn bis 25 Prozent gewähren.
Vertriebsfunktionen: Generell lässt sich sagen,
dass Vertriebsfunktionen über alle Ebenen hinweg
– auch über die Einstiegsphase hinaus – in Großunternehmen höher vergütet werden. Vertriebsprovisionen werden in mittelständischen Unternehmen
seltener gezahlt und sind erst ab dem Seniorlevel
marktüblich. Dieses Vergütungsinstrument wird in
Großunternehmen gleichermaßen auf den verschiedenen Stufen der Vertriebs-Fachlaufbahn und auf
den Management-Ebenen stärker eingesetzt. Hier
erhalten rund 50 Prozent der Positionsinhaber eine
Vertriebsprovision, teilweise zusätzlich zu Leistungsboni und Gewinnbeteiligung. Die Vertriebsprovisionen rangieren im Median bei den Großunternehmen über alle Stufen hinweg bei 38 Prozent des
Grundgehalts.
Expertenlaufbahn: Während Hochschulabsol­
venten und Young Professionals im Mittelstand
mit 42.000 Euro Grundgehalt einsteigen, können
in Großunternehmen schon 50.000 Euro Grundgehalt winken. Spezialisten sind bei Unternehmen
aller Größen gefragt. Sie werden daher – sowohl
Benefits! 45
HR-Strategie, Talente & Rewards
im Hinblick auf das Grundgehalt als auch auf das
Gesamtbarpaket – unabhängig von der Unternehmensgröße ähnlich vergütet. Es ist zu beobachten, dass die Zielbarvergütung im Mittelstand und
in Großunternehmen für Einsteiger identisch ist,
dass jedoch Mittelständler ihren Experten generell eine höhere variable Vergütung ermöglichen.
(Top-)Management: Auch im Bereich der Führungsfunktionen finden sich Unterschiede: Während
mittelständische Unternehmen in den unteren
Managementstufen höher vergüten, zahlen Großunternehmen in den höheren Managementebenen
höhere Gehälter in der Grund- und Zielbarvergütung
(Summe der garantierten Grundvergütung und der
variablen Zielvergütung).
Unterschiedliche Vergütungsschwerpunkte
Bezüglich des Leistungsbonus lässt sich funktionsübergreifend feststellen, dass bei Mittelständlern
eine variable Vergütung auf allen Karrierestufen –
vom ungelernten Arbeiter über Einstiegspositionen
bis hin zur strategischen Führungskraft – marktüblich ist. In der Regel ist eine größere Anzahl von
Mitarbeitern für einen Leistungsbonus berechtigt
als in Großunternehmen, dieser fällt jedoch insgesamt leicht geringer aus als in Großunternehmen.
Auch Gewinnbeteiligungsmodelle (Company Profit
Sharing) sind im Mittelstand weit verbreitet: 40 Prozent der Positionsinhaber erhalten eine Gewinnbeteiligung. In Großunternehmen erhalten hingegen
durchschnittlich nur fünf Prozent der Positionsinhaber eine reine Gewinnbeteiligung. Jedoch wird
eine Gewinnbeteiligung in Großunternehmen häufig
im Rahmen anderer variabler Vergütungsinstrumente, wie z. B. Leistungsboni, berücksichtigt.
Das Pauschalurteil, dass Großunternehmen
höhere Vergütungen zahlen würden, lässt sich
anhand der Datenlage also nicht bestätigen.
Vielmehr gilt: Mittelständler und Großunternehmen setzen unterschiedliche Vergütungsschwerpunkte. Ihre Attraktivität am Arbeitsmarkt wird
daher je nach Mitarbeitergruppe, Berufserfahrung und angestrebten Karrieremöglichkeiten
unterschiedlich beurteilt werden, wobei keiner
der beiden Unternehmenstypen ausschließlich
die Nase vorn hat.
46 towerswatson.de
Hinweis für die Praxis
Unternehmen, die nun ihre Vergütungspolitik noch einmal auf den
Prüfstand stellen, sollten dabei im Blick behalten, dass für Mitarbeitergewinnung, -bindung und -motivation nicht nur die Grundvergütung und
der Leistungsbonus, sondern das gesamte Geben und Nehmen zwischen Unternehmen und Mitarbeiter relevant ist. Hierzu zählen auch
nicht-monetäre Aspekte, wie etwa die Karriereentwicklung oder das
Arbeitsumfeld. Ein Vergütungspaket ist dann optimal aufgestellt, wenn
es für die Mitarbeiter den größtmöglichen Wert bietet und gleichzeitig
das Verhalten fördert, das für das Unternehmen den größten Return on
Investment (ROI) erzeugt.
Paul Fabiszak
[email protected]
Telefon: +49 69 1505-5171
News
„Professionalisieren
„
– Optimieren – Strukturieren:
So meistern Pensionskassen stürmische Zeiten“
Towers Watson Pensionskassentag 2013
Konferenz am 17. April 2013 in Frankfurt am Main
Unter dem Motto „Professionalisieren – Optimieren – Strukturieren: So meistern Pensionskassen
stürmische Zeiten“ stellen Experten von Towers
Watson konkrete Ansätze und Lösungsmöglichkeiten vor, um die aktuellen Herausforderungen zu
meistern. Zudem werden sie anhand von Praxisbeispielen aufzeigen, wie zum Beispiel die Auslagerung
von Funktionen und Prozessen auf einen externen
Dienstleister erfolgreich durchgeführt werden kann.
Pensionskassen stehen vor vielfältigen Herausforderungen. Die vorläufigen Ergebnisse der
durchgeführten Quantitative Impact Studies (QIS)
werden verdeutlichen, welche finanziellen Auswirkungen eine Verschärfung der EU-Regulierung
hätte. Quantitative und qualitative Risiken sind zu
strukturieren und die Effizienz der Kapitalanlage
im Niedrigzinsumfeld zu optimieren. Steigende
Qualitätsanforderungen bei der Anwartschafts- und
Rentenadministration sowie bei der Berichterstattung führen zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand
und machen eine Professionalisierung von Administration und IT unumgänglich.
Die Veranstaltung richtet sich speziell an Vorstände, Aufsichtsräte und Entscheider von Pensionskassen sowie HR- und Finanzentscheider von
Trägerunternehmen, die sich über die aktuellen
Herausforderungen informieren und mit Fachkollegen
austauschen möchten.
Information und Anmeldung
Die detaillierte Agenda, die Möglichkeit
zur kostenfreien Anmeldung sowie weitere
Informationen stehen unter
www.towerswatson.com/germany/events/
17156/ zur Verfügung.
Benefits! 47
News
HR Executive-Branchenkonferenz Banken
und Versicherungen 2013
6. Juni 2013 in Frankfurt am Main
eines neuen „Markenimages“ für Bewerber und
Mitarbeiter. In diesem Spannungsfeld gilt es, die
Personalarbeit im Unternehmen strategisch voran
zu bringen.
Banken und Versicherungen blicken einem herausfordernden Jahr entgegen. Auf der einen Seite
befinden sich die Änderungen des aufsichtsrechtlichen Rahmens weiterhin im Fluss. Das betrifft
sowohl die Vergütungssysteme als auch Regelungen des Verbraucherschutzes. Auf der anderen
Seite müssen Finanzdienstleister ihr Leistungsangebot an die Mitarbeiter – die so genannte Employee Value Proposition (EVP) – neu definieren, um
erfolgreich Mitarbeiter zu werben und zu binden.
Die Neugestaltung betrifft dabei viele Bereiche, von
der Umstrukturierung der Nebenleistungen im Rahmen eines Total-Rewards-Ansatzes, über gezielte
Fort- und Weiterbildungsangebote im Rahmen
des Karrieremanagements bis hin zur Etablierung
Diese und ähnliche Themen stehen im Fokus der
branchenspezifischen Fachkonferenz für Personalexperten und -entscheider aus dem Finanzdienstleistungsbereich, die bereits im sechsten Jahr
in Folge stattfindet. So stellen Referenten aus
namhaften Instituten Praxisbeispiele zu Vorstandsvergütung, Vergütungsintegration, Personalentwicklungsprozesse oder weltweiten Mitarbeiterbefragungen (Global Engagement Survey) vor.
Die Veranstaltung richtet sich an Entscheidungsträger aus den unterschiedlichsten HR-Funktionsbereichen, die sich über die aktuellen Herausforderungen informieren und mit Fachkollegen
austauschen möchten. Selbstverständlich stehen
auch nationale und internationale Experten von
Towers Watson für Gespräche zur Verfügung.
Information und Anmeldung
Die detaillierte Agenda, die Möglichkeit zur kostenfreien Anmeldung
sowie weitere Informationen stehen unter www.towerswatson.com/
germany/events/17155/ zur Verfügung.
Towers Watson HR Executive-Konferenz
am 4. Juli 2013 in Frankfurt am Main
Zur jährlichen HR Executive-Konferenz lädt Towers
Watson Personalmanager am 4. Juli 2013 in die
Villa Kennedy nach Frankfurt am Main ein. In spannenden Keynotes und Fachvorträgen widmet sich
die Veranstaltung den aktuellen Herausforderungen des HR-Managements. In hochkarätig besetzten Expertenworkshops werden Best-Practice-Beispiele aus internationalen Konzernen und großen
mittelständischen Unternehmen vorgestellt. Damit
bietet die Konferenz eine attraktive Plattform für
den Wissens- und Erfahrungsaustausch unter
HR-Experten. Towers Watson veranstaltet diese
exklusive Jahreskonferenz bereits zum elften Mal.
48 towerswatson.de
Information und Anmeldung
Die detaillierte Agenda, die Möglichkeit zur Anmeldung sowie weitere
Informationen stehen demnächst unter http://events.towerswatson.com
zur Verfügung. Die Towers Watson HR Executive-Konferenz 2013
ist eine kostenfreie Veranstaltung. Eine Anmeldung bis 20. Juni 2013
ist erforderlich.
Über Towers Watson
Towers Watson ist eine der führenden Unternehmens­
beratungen weltweit und unterstützt seine Kunden, ihren
Unternehmenserfolg durch ein effektives HR-, Finanz- und
Risikomanagement zu steigern. Weltweit sind wir mit rund
14.000 Mitarbeitern vertreten, in Deutschland mit ca.
800 Mitarbeitern an den Standorten Frankfurt, Köln, München, Reutlingen und Wiesbaden. Wir entwickeln Lösungen
für die betriebliche Altersvorsorge und Nebenleistungen,
für das Personal- und Vergütungsmanagement sowie das
Risiko- und Finanzmanagement, einschließlich der Beratung
von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen.
Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung bietet Towers
Watson die Expertise, um Unternehmen weltweit bei der
Gestaltung, dem Finanzmanagement, der Administration und
der Kommunikation der verschiedensten Versorgungspläne
zu unterstützen. In Deutschland haben die Experten von
Towers Watson zahlreiche bAV-Neuordnungen bei großen
Unternehmen gestaltet und dabei die Gestaltungsmodelle
für Pensionspläne maßgeblich weiterentwickelt. Fast alle
derzeit zugelassenen Unternehmenspensionsfonds wurden
bzw. werden von Towers Watson beraten.
Ebenso ist Towers Watson ein führender Anbieter im stark
wachsenden Markt der bAV-Administration (betriebliche Versorgungswerke, Unterstützungskassen, Pensionsfonds, Pensionskassen etc.) und weiterer Long-Term Employee Benefits
(z. B. Zeitwertkonten). Ein Mehrwert für zahlreiche Kunden
wird durch effiziente Administrationslösungen, zertifizierte
Prozesse und transparente, planbare Kosten geschaffen.
Towers Watson verwaltet mehrere hunderttausend Versorgungsanwartschaften und rechnet über einhunderttausend
Betriebsrenten ab.
Experten von Towers Watson sind als anerkannte Spezialisten aktiv beratende Mitglieder in zahlreichen Verbänden,
Arbeitsgemeinschaften und Organisationen. Ebenso sind sie
gefragte Fachautoren und Referenten für zahlreiche Seminare und Vorträge. Towers Watson führt regelmäßig Studien
zu HR-, bAV- und Risikomanagement durch.
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